vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 9 K 11.2941, 23.01.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 als Gesamt-schuldner. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Nachbarn gegen die Änderung der Baugenehmigung vom 17. Mai 2011, mit der immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen für den Betrieb einer Tankstelle mit Waschhalle und Verkaufsraum auf dem benachbarten Grundstück neu gefasst worden sind; dabei ist zu ihren Lasten der Immissionsrichtwert um 3 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite ihres Wohnhauses angehoben worden.

Die Kläger haben zunächst in einem Vergleich vor der 16. Kammer des Verwaltungsgerichts München die Baugenehmigung vom 4. November 1999 in der Fassung der 1. Änderung vom 3. Dezember 1999 für die Errichtung einer Tankstelle mit Waschhalle, Verkaufsraum und Tankstellendach akzeptiert. In der Genehmigung war festgesetzt worden, dass der Betriebslärm den Immissionsrichtwert von 57 dB(A) vor den Fenstern in der Nordfassade ihres Wohnhauses nicht überschreiten darf. Nachdem die Kläger durch eine Immissionsprognose der Fa. … von September 2004 belegt hatten, dass - anders als nach der von der Beigeladenen zu 1 zunächst eingeholten Lärmprognose - der Immissionsrichtwert bei einer realistischen Kundenfrequenz von 612 Fahrzeugen pro Tag überschritten werde, verlangten sie vom Landratsamt, das Genehmigungsverfahren wiederaufzugreifen. Mit rechtskräftigem Urteil des Senats vom 30. Juli 2009 (Az. 1 B 08.2890) wurde der Beklagte verpflichtet, das Baugenehmigungsverfahren hinsichtlich der Prüfung der Lärmbelastung des Anwesens der Kläger wiederaufzugreifen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Im wiederaufgegriffenen Verfahren wurde auf Anforderung des Landratsamts von der Beigeladenen zu 1 eine schalltechnische Untersuchung zur Geräuschentwicklung in der Nachbarschaft der I* … … … … … … mbH (nachfolgend „…“) vom 15. April 2011 vorgelegt. Danach werde an den Immissionsorten auf dem Anwesen der Kläger der für ein Mischgebiet maßgebliche Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags eingehalten. Da weitere gewerbliche Geräuschemittenten in der Umgebung der Tankstelle nicht vorhanden und auch nicht geplant seien, sei es auch angesichts der vorhandenen Vorbelastung durch den Verkehrslärm (Bahnlinie, Straßenverkehr) aus fachlicher Sicht vertretbar, im südlich von der Tankstelle gelegenen Mischgebiet den vollen Immissionsrichtwert nach der TA-Lärm für die Tankstelle zur Verfügung zu stellen. In der Folge wurde mit Bescheid vom 17. Mai 2011 u.a. die immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmung in der Baugenehmigung in Nummer 2.2.2 dahingehend abgeändert, dass der maßgebliche Beurteilungspegel an Nordseite des Wohnhauses der Kläger tags den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) nicht überschreiten dürfe.

Die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 17. Mai 2011 sowie auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 4. November 1999 in der Fassung der 1. Änderung vom 3. Dezember 1999 hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Bescheid vom 17. Mai 2011 sei rechtmäßig. Das Landratsamt habe im Änderungsbescheid gegenüber der ursprünglichen Baugenehmigung den Immissionsrichtwert für die Nordseite des Wohnhauses der Kläger zu Recht um 3 dB(A) und damit im zulässigen Rahmen des Richtwerts für Dorf- und Mischgebiete angehoben. Die von den Klägern angenommene maximale Auslastung von 1.344 Kfz pro Tag gehe von einer in der Realität unmöglichen Tankgeschwindigkeit aus und könne daher nicht Grundlage für eine entsprechende Berechnung sein. Auch die Hessische Tankstellenstudie, die auch dem von den Klägern in Auftrag gegebene Gutachten der Fa. … vom 6. September 2004 zugrunde gelegen habe, gehe nicht von einer technisch möglichen, sondern von der üblichen Auslastung aus. Die Einhaltung der beauflagten Lärmrichtwerte ergebe sich aus den Berechnungen des Gutachters der Fa. …, denen die tatsächliche Auslastung im zweitumsatzstärksten Monat des Jahres aufgrund einer Auswertung der Kassenzettel zugrunde gelegen habe. Die maßgeblichen Werte der Spitzenpegel von 90 dB(A) würden sowohl nach dem Gutachten der Fa. … als auch nach dem Gutachten der Fa. … unterschritten. Dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2009 könne keine Bindungswirkung entnommen werden, nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger zu treffen. Im Übrigen sei der Antrag auf Aufhebung der (ursprünglichen) Baugenehmigung unzulässig, da die Baugenehmigung bestandskräftig sei und es auch - mangels Rechtsverletzung der Kläger - an einem sachlichen Grund für die Aufhebung fehle.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger weiterhin ihr Begehren in unverändertem Umfang. Der Vergleich vom 25. September 2001 in dem Verfahren vor der 16. Kammer des Verwaltungsgerichts sei spätestens durch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juli 2009 gegenstandslos geworden. Der Beklagte sei darin zu einem Wiederaufgreifen des Baugenehmigungsverfahrens verurteilt worden, weil die ursprüngliche Baugenehmigung, beruhend auf falschen Angaben der Beigeladenen zu 1, keinen ausreichenden Lärmschutz für die Kläger vorgesehen habe und daher von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) sei nicht erkennbar. Der Senat habe den Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens verpflichtet, weil mit dem …-Gutachten vom 6. September 2004 ein neues Beweismittel vorgelegen habe, das zu einer für die Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte. Dabei sei es nicht um eine Ergebnisoffenheit gegangen, vielmehr habe für den Senat festgestanden, dass es zu einem besseren Lärmschutz für die Kläger kommen werde. Offen sei lediglich gewesen, welche Nebenbestimmungen im Einzelnen zu treffen seien. Insoweit sei ein Vertrauensschutz der Kläger zu berücksichtigen gewesen. Im Übrigen gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem faktischen Mischgebiet aus. Tatsächlich handle es sich um ein faktisches allgemeines Wohngebiet, insbesondere gehörten zu diesem Gebiet auch die westlich der B … gelegenen Grundstücke. Zudem müsse auch die vor Errichtung der Tankstelle vorhandene (Wohn-) Nutzung berücksichtigt werden. Der ursprünglich festgesetzte Wert von 57 dB(A) stelle einen zulässigen Mittelwert dar. Auch leide das Gutachten der Fa. … an entscheidungserheblichen Mängeln, insbesondere sei die ehemalige Werkstatt der Kläger entgegen Buchst. b der Nummer A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm nicht als Immissionsort herangezogen worden, obwohl das Gebäude nach der Lebensplanung der Kläger zu Wohnzwecken ausgebaut werden solle. Der Berechnung müsse die maximale Auslastung der Tankstelle entsprechend den Vorgaben der Nummer A. 1.2 Abs. 2 Buchst. a des Anhangs der TA Lärm zugrunde gelegt werden, zumindest aber müsse auf den umsatzstärksten Monat abgestellt werden. Bei einer derartigen Auslastung könne - auch wenn entsprechend der Genehmigung nur von einem Tank-Lkw pro Tag ausgegangen werde - ein Wert von 60 dB(A) nicht eingehalten werden. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht darauf abgestellt, dass Überschreitungen ein „Vollzugsproblem“ darstellen würden.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Januar 2013 den Bescheid des Beklagten vom 17. Mai 2011 aufzuheben. Sie beantragen weiter, die der Beigeladenen zu 1 mit Bescheiden vom 4. November 1999 und 3. Dezember 1999 erteilte Baugenehmigung aufzuheben, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen‚

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigen das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Wegen der beim Ortstermin am 2. Mai 2017 getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift mit der beigefügten Fotodokumentation verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

Die gegen die Baugenehmigung aus dem Jahr 1999 gerichtete Anfechtungsklage ist bereits unzulässig (1.). Die gegen den Änderungsbescheid gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid des Landratsamts vom 17. Mai 2011 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (2.). Die dabei zu Lasten der Kläger erfolgte Anhebung des Immissionsrichtwerts um 3 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite ihres Wohnhauses (IO 2a) auf 60 dB(A) ist rechtmäßig. Sie ist weder durch das wiederaufgegriffene Verwaltungsverfahren gesperrt, noch überschreitet die Belastung durch die Tankstelle der Beigeladenen zu 1 den festgesetzten Immissionsrichtwert.

1. Der Antrag der Kläger auf Aufhebung des ursprünglichen Baugenehmigungsbescheids ist unzulässig. Die Anfechtungsklage scheitert an der Bestandskraft der ursprünglichen Baugenehmigung aufgrund des vor dem Verwaltungsgericht im Verfahren M 16 K 00.1037 am 25. September 2001 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Darin hatten sich die Kläger, der Beklagte und die Beigeladene zu 1 darauf geeinigt, dass mit den dort im Einzelnen getroffenen Regelungen die Streitigkeiten hinsichtlich der Tankstelle der Beigeladenen zu 1 ihre Erledigung finden. Dieser Vergleich ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht durch das Urteil des Senats vom 30. Juli 2009 gegenstandslos geworden. Denn durch das vorgenannte Urteil wurde der Beklagte nur verpflichtet, das Baugenehmigungsverfahren für die Tankstelle hinsichtlich der Prüfung der Lärmbelastung des Anwesens der Kläger wieder aufzugreifen. Die Schlussfolgerung der Kläger, die Verpflichtung zum Wiederaufgreifen des Baugenehmigungsverfahrens ermögliche es, die Baugenehmigung als Ganzes zu Fall zu bringen, ergibt sich daraus nicht. Die Sachentscheidung in Nummer I des Tenors, wonach die Verpflichtungsklage auf Aufhebung der gesamten Baugenehmigung abgewiesen wurde und die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des vorgenannten Urteils (UA Rn. 57, 59, 60 und 70), dass aufgrund der Prognose der Fa. … vom 6. September 2004 im aufzugreifenden Verwaltungsverfahren lediglich eine Verschärfung der dem Schutz des Anwesens der Kläger vor den Tankstellengeräuschen dienenden Nebenbestimmungen der Baugenehmigung zu erwarten sei, lassen die Bestandskraft der Baugenehmigung im Übrigen unberührt.

Aus diesem Grund bleibt auch der hilfsweise gestellte Antrag, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, ohne Erfolg.

2. Die Anfechtungsklage gegen den Änderungsbescheid des Landratsamts vom 17. Mai 2011 ist teils unzulässig, teils unbegründet.

Soweit die Kläger sich gegen die Nummern 3.3.2 (zum Beurteilungspegel an der Westfassade des Wohnhauses der Kläger von 57 dB(A) tags), 3.3.3 (zu den kurzzeitigen Geräuschspitzen) und 3.3.4.2 (zum Nachtbetrieb) wenden, ist sie unzulässig. Denn die in Nummern 3.3.2 und 3.3.3 getroffenen Nebenbestimmungen entsprechen der Regelung in der bestandskräftigen ursprünglichen Baugenehmigung. Die in Nummer 3.3.4.2 getroffene Regelung resultiert aus dem Vergleich vom 25. September 2001. Sie dient ebenfalls dem Schutz der Kläger und stellt eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Baugenehmigung dar. Es fehlt daher an der erforderlichen Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Soweit die Kläger die Aufhebung der Anhebung des Immissionsrichtwerts auf 60 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite ihres Wohnhauses (IO 2a) verfolgen, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Die Anhebung des Immissionsrichtwerts auf 60 dB(A) an der nördlichen Gebäudeseite des Wohnhauses der Kläger in Nummer 3.3.2 des Änderungsbescheids im Rahmen des insoweit wiederaufgenommenen Baugenehmigungsverfahren nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG ist rechtmäßig und für die Kläger zumutbar. Sie entspricht dem objektiv-rechtlich den Klägern zustehenden Schutzniveau. Da es sich bei einer Baugenehmigung einschließlich etwaiger Nebenbestimmungen um eine ohne Ermessensspielraum zu treffende (gebundene) Verwaltungsentscheidung handelt, kommt es weder auf die Frage, wann der Tankstellenbetrieb auf dem westlich der B … liegendem Grundstück FlNr. … eingestellt wurde, noch auf die Hintergründe der Festsetzung des Immissionsrichtwerts von 57 dB(A) in der ursprünglichen Baugenehmigung entscheidungserheblich an. Ebenso wenig ist es wegen Art. 46 BayVwVfG von Bedeutung, ob an der angegriffenen Entscheidung Personen mitgewirkt haben, die möglicherweise nach Art. 21 BayVwVfG befangen gewesen sind. Die Kläger werden durch die Anhebung des Immissionsrichtwerts nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Welche Geräuschimmissionen den Klägern aufgrund des Tankstellenbetriebs der Beigeladenen zu 1 zuzumuten sind, beurteilt sich anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998 (GMBl S. 303). Dabei kommt der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift des Bundes, soweit sie - wie hier - für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit jeweils konkrete Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209; U.v. 11.12.2003 - 7 C 19.12 - BVerwGE 119, 329; BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 - BayVBl 2011, 181). Einen weitergehenden Schutz als die Einhaltung des Immissionsrichtwerts nach Nummer 6.1 Buchst. c der TA Lärm von tags 60 dB(A) können die Kläger nicht beanspruchen, weil das Gebiet, in dem das Grundstück der Kläger liegt, bestenfalls einem Mischgebiet entspricht (Nummer 6.6 Satz 2 TA Lärm).

Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Tankstelle, die aufgrund ihrer bestandskräftigen Genehmigung bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu berücksichtigen ist, und die südlich anschließende Bebauung im Osten der B … die Anforderungen an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil erfüllen. Auf die Bebauung westlich der B … kommt es nicht an, weil der Bundesstraße wegen ihrer Breite und Verkehrsbedeutung trennende Wirkung zukommt. Nördlich der Tankstelle endet die Bebauung. Das Bahnhofsgebäude folgt erst in einer Entfernung von 150 m. Südlich der Tankstelle stehen das Wohngebäude der Kläger und ein weiteres Wohnhaus. Da im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheids die südlich anschließende Freifläche noch nicht bebaut war - das Haus mit Apotheke und Arztpraxis ist erst Ende 2011 genehmigt worden -, und der weiter südlich folgende Gasthof mit Metzgerei sowie der Lebensmittelmarkt mehr als 70 m von den Wohnhäusern entfernt sind, spricht einiges dafür, dass auch südlich des zweiten Wohnhauses der Bebauungszusammenhang endet. Einer Tankstelle und zwei Wohnhäusern fehlt aber bereits das für einen Ortsteil erforderliche siedlungsstrukturelle Gewicht. Bei einem Siedlungssplitter im Außenbereich wäre das angemessene Schutzniveau mangels eines Außenbereichs-Immissionsrichtwerts unter Berücksichtigung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme auf Grund einer Beurteilung im Einzelfall zu bestimmen, das keinesfalls besser als der Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet liegen kann.

Aber auch soweit zu Gunsten der Kläger unterstellt wird, dass der Bebauungszusammenhang östlich der B … sich bis zum Edeka-Markt erstreckt und damit von einem Innenbereich nach § 34 BauGB auszugehen ist, können die Kläger einen weitergehenden Schutz als die Einhaltung eines Immissionsrichtwerts nach Nummer 6.1 Buchst. c der TA Lärm von tags 60 dB(A) für ein Mischgebiet nicht beanspruchen. Denn bei dieser städtebaulichen Situation, bei der aufgrund der prägenden Wirkung, die dem bestandskräftig genehmigten Tankstellenbetrieb der Beigeladenen zu 1 zukommt sowie aufgrund der im weiteren südlichen Verlauf überwiegend vorhandenen gewerblichen Nutzungen, sind die Wohnnutzung und die das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung weder quantitativ noch qualitativ in etwa gleich ausgeprägt (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309). Insoweit liegt es nahe, aufgrund der im Vordergrund stehenden gewerblichen Nutzung von einer Gemengelage auszugehen, wobei nach Nummer 6.7 Abs. 1 Satz 2 der TA Lärm auch insoweit der Immissionsrichtwert für ein Mischgebiet/Dorfgebiet nicht überschritten werden soll.

Entgegen der Auffassung der Kläger stellt sich die das Lärmschutzniveau vorgebende nähere Umgebung nicht als allgemeines Wohngebiet, sondern als Gemengelage oder bestenfalls als Mischgebiet dar. Bei der Bestimmung der näheren Umgebung ist darauf abzustellen, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die Umgebung auswirkt und andererseits die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369). Soweit die Kläger die Wohnbebauung westlich der Bundesstraße zur näheren Umgebung rechnen, weil die Emissionen des Tankstellenbetriebs sich auch dort auswirken und daher in der Baugenehmigung Immissionsrichtwerte für die Wohngebäude westlich der Bundesstraße festgesetzt worden sind, verkennen sie, dass allein die Reichweite der Immissionen eines Gewerbebetriebs die nähere Umgebung nicht zu bestimmen vermag. Vielmehr wird die wechselseitige bodenrechtliche Prägung durch Bau- und Nutzungsstrukturen, Freiflächen und andere Trennungslinien entsprechend der tatsächlichen baulichen Situation bestimmt, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.02 - juris). Auf der Grundlage der Feststellungen im Ortstermin vom 2. Mai 2017 gehört die Bebauung westlich der B … nicht mehr zur näheren Umgebung des Tankstellengeländes. Neben der Breite der Bundesstraße und ihrer Verkehrsbedeutung finden sich zu beiden Seiten der Bundesstraße deutlich abgegrenzte unterschiedliche Nutzungsstrukturen. Während der Bereich westlich der Bundesstraße überwiegend von Wohnnutzung geprägt ist, herrscht östlich der Bundesstraße die gewerbliche Nutzung vor. Selbst wenn man zugunsten der Kläger wegen der ebenfalls anzutreffenden Wohnnutzung ein Mischgebiet annimmt mit der Folge, dass sich nach § 34 Abs. 2 BauGB die zulässige Nutzungsart allein nach § 6 BauNVO bestimmt, können die Kläger keinen günstigeren Immissionsrichtwert als 60 dB(A) beanspruchen.

b) Entgegen der Auffassung der Kläger ist im vorliegenden Fall nach der TA Lärm keine Reduzierung des Immissionsrichtwerts um 3 dB(A) geboten, weil keine relevante Vorbelastung vorhanden ist. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche ist nach Nummern 3.2.1 Abs. 1 und 2.4 Abs. 3 der TA Lärm sichergestellt, wenn die aus Vor- und Zusatzbelastung bestehende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 der TA Lärm nicht überschreitet. Als Vorbelastung sind nach Nummer 2.4 der TA Lärm nur Geräuschemissionen von solchen Anlagen zu berücksichtigen, für die die TA Lärm gilt. Außer Betracht bleiben im vorliegenden Fall also insbesondere der von der B … ausgehende Verkehrslärm sowie der Lärm von der Bahnstrecke M* …-I* …, da Verkehrslärm - sofern er nicht anlagenbezogen ist - nach Nummer 1 der TA Lärm nicht dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfällt. Der von dem westlich der B … gelegenen Betrieb auf der FlNr. … ausgehende Lärm muss den Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet einhalten. Daher kann dessen Immissionsbeitrag nicht zu einer relevanten Erhöhung der vom Tankstellenbetrieb ausgehenden Zusatzbelastung führen. Maßgeblicher Immissionsort auf dem Grundstück der Kläger sind nach Nummern 2.3 Abs. 1 und A.1.3 Buchst. a der TA Lärm die Fenster in der Nordfassade des Wohnhauses der Kläger. Entgegen der Auffassung der Kläger kann das ehemalige Werkstattgebäude des Klägers auf demselben Grundstück ungeachtet einer eventuellen Absicht, das Werkstattgebäude zu Wohnzwecken zu nutzen, nicht als Immissionsort berücksichtigt werden. Denn Nummer A.1.3 Buchst. b der TA Lärm findet keine Anwendung, wenn sich der maßgebliche Immissionsort wie vorliegend bereits nach Buchst. a der Vorschrift bestimmt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift, der nach bebauten und unbebauten Flächen differenziert sowie aufgrund der Systematik der Vorschrift.

c) Die Erhöhung des Immissionsrichtwerts um 3 dB(A) auf 60 dB(A) ist auch nicht durch das Wiederaufgreifen des Verfahrens aufgrund des Urteils des Senats vom 30. Juli 2009 gesperrt. Denn die Rechtsfolge des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG, der die Korrektur einer bestandskräftigen Entscheidung erlaubt, beinhaltet nicht die Verpflichtung zum Erlass einer „günstigeren“ Entscheidung, sondern die Verpflichtung zum Erlass einer rechtmäßigen Entscheidung. Das Verwaltungsverfahren wird dabei zunächst in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung befunden hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.1992 - 9 B 18.92 - NVwZ-RR 1993, 667). Zugleich kann es in diesem neuen, vom ursprünglichen und abgeschlossenen Verfahren unabhängigen Verfahren darüber hinaus erforderlich werden, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Bei der zu treffenden Sachentscheidung ist allein die für den Verwaltungsakt aktuell geltende materielle Rechtslage maßgebend (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1982 - 8 C 75.80 - BayVBl 1983, 24). Die Behörde ist im wiederaufgegriffenen Verfahren nicht auf die in Art. 48 und Art. 49 BayVwVfG normierten Möglichkeiten der Aufhebung des Verwaltungsakts ex tunc oder ex nunc beschränkt, sondern sie hat zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen, geändert oder im Wege eines Zweitbescheids bestätigt werden soll (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121).

Auch aus dem Urteil des Senats vom 30. Juli 2009 ergibt sich nichts anderes. Die dortigen Ausführungen (Rn. 60 und 70) stehen erkennbar im Zusammenhang mit den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG im Wiederaufnahmeverfahren. Davon unberührt bleibt jedoch die in einem zweiten Schritt vorzunehmende Prüfung und Entscheidung, welche Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung erforderlich sind, um das Anwesen der Kläger vor einer unzumutbaren Belastung durch die von der Tankstelle herrührenden Geräusche zu schützen (Rn. 64).

Die Kläger haben auch weder einen Anspruch auf Fortbestand des in der ursprünglichen Baugenehmigung festgesetzten Immissionsrichtwerts von 57 dB(A) noch genießen sie insoweit Vertrauensschutz. Denn aufgrund des Verweises in Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG auf die Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG, nicht aber auf die Vertrauenstatbestände der Art. 48 Abs. 1 Satz 2, Art. 49 Abs. 2, 3 und 6 BayVwVfG ist klargestellt, dass ihnen kein Vertrauensschutz nach Art. 48 und Art. 49 BayVwVfG zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.1992 a.a.O.; Falkenbach in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 51 Rn. 24). Die Kläger haben mit dem von ihnen eingelegten „außerordentlichen Rechtsbehelf“ des Art. 51 BayVwVfG den Bestandsschutz der ursprünglichen Baugenehmigung, die einen Immissionsrichtwert von 57 dB(A) festgesetzt hat, selbst in Frage gestellt. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich auf die näheren Umstände des Erlasses der Baugenehmigung an. Vor diesem Hintergrund ist auch eine Verböserung, d.h. eine dem Antragsteller ungünstigere Entscheidung im wiederaufgegriffenen Verfahren grundsätzlich möglich.

d) Der somit für die nördliche Gebäudeseite des Wohnhauses der Kläger maßgebliche Immissionsrichtwert nach Nummer 6.1 Buchst. c der TA Lärm von tags 60 dB(A) wird durch den vom Tankstellenbetrieb ausgehenden Lärm nach den Berechnungsergebnissen der schalltechnischen Untersuchung der Fa. … nicht überschritten (Nummern 3.2.1 Abs. 1, 2.4 Abs. 2 und 2.10 der TA Lärm), sodass durch die festgelegten Nebenbestimmungen ein ausreichender Schutz der Kläger gewährleistet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209; U.v. 11.12.2003 - 7 C 19.12 - BVerwGE 119, 329; BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 - BayVBl 2011, 181).

Die Zusatzbelastung wird nach Nummer A.1.2 Abs. 2 Buchst. a der TA Lärm nach der „bestimmungsgemäßen Betriebsart“ mit dem höchsten Beurteilungspegel ermittelt. Diese Betriebsart wird durch die Betriebsbeschreibung des Inhabers des Betriebs und gegebenenfalls durch behördliche Regelungen bestimmt. Sie erfasst die üblicherweise anzutreffenden Betriebsmodalitäten, nicht jedoch die Maximalauslastung. Denn anderenfalls wäre für seltene Ereignisse nach Nummer 7.2 der TA Lärm kein Anwendungsbereich mehr vorhanden. Der Nummer 7.2 der TA Lärm liegt jedoch das Anliegen zugrunde, einen gerechten Ausgleich zwischen den Belangen der Nachbarschaft der emittierenden Anlage und dem Wunsch des Anlagenbetreibers zu schaffen, diese fallweise auch unter Überschreitung der grundsätzlich einzuhaltenden Immissionsrichtwerte nutzen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2015 - 22 B 14.395 - BauR 2015, 962). Da die Kundenfrequenz durch den Betreiber bei Tankstellen nur bedingt steuerbar ist aufgrund der im Einzelfall zu beachtenden Öffnungszeiten, der Lage der Tankstelle sowie etwaiger Zusatzangebote, ist von der üblichen Kundenfrequenz der konkreten Tankstelle auszugehen, die durch Erhebungen zu ermitteln ist. In diesem Sinn verfahren auch die Hessische Tankstellenstudie (Technischer Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen von Tankstellen der Hessischen Landesanstalt für Umwelt vom 1. Februar 1991 und 31. August 1999) und die Bayerische Parkplatzlärmstudie (Empfehlungen zur Berechnung von Schallemissionen aus Parkplätzen, Autohöfen und Omnibusbahnhöfen sowie von Parkhäusern und Tiefgaragen) des Bayerischen Landesamts für Umwelt von August 2007. Beide Studien gehen von einem realistischen Durchschnittsbetrieb aus. Die Hessische Tankstellenstudie aus dem Jahr 1999, die nach Erlass der TA Lärm 1998 überarbeitet wurde um die Auswirkungen auf die Beurteilung der Tankstellengeräusche zu untersuchen und das Prognosemodell auf die Systematik der neuen TA Lärm anzupassen, führt dazu unter Nummer 5.2.3 ausdrücklich aus, dass die beobachtete durchschnittliche Kundenzahl erheblich unter der (möglichen) Maximalauslastung liegt.

Die vorliegend zugrunde gelegte Kundenfrequenz im zweitstärksten Umsatzmonat mit 580 Fahrzeugen im Zeitraum von Montag bis Freitag entspricht diesen Anforderungen. Die insoweit von der Beigeladenen zu 1 vorgelegten Zahlen, die sich aus der tatsächlichen Auslastung im zweitstärksten Umsatzmonat des Jahres 2010 ergeben und auf einer Auswertung der Kassenzettel beruhen, wurden von den Klägern nicht substantiiert bestritten. Demgegenüber stellt sich die unter Beweis gestellte Forderung der Kläger, die Beigeladene zu 1 müsse zur Aufklärung der Frage der Höhe der tatsächlichen Frequentierung der Tankstelle sämtliche Buchhaltungs- und Geschäftsunterlagen seit Eröffnung der Tankstelle im Jahr 1999 vorlegen, als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar. Die Richtigkeit der zugrunde gelegten Kundenfrequenz wird auch durch die Werte der mit der Tankstelle der Beigeladenen zu 1 vergleichbaren Tankstelle in der Anlage 4 Nummer 4 der Tankstellenstudie bestätigt, die bei sechs Zapfstellen (vgl. dazu Nummer 5.2.5 der Tankstellenstudie) eine Gesamtanzahl von 647 Pkw aufweist. Darüber hinaus hat die Untersuchung der Fa. … auch entsprechend der Bayerischen Parkplatzlärmstudie den Lärmbeitrag von besonderen Fahrzeugbewegungen, insbesondere von Motorrädern und Lkw berücksichtigt, um die Lärmentwicklung der Tankstelle realistisch zu erfassen. Entgegen der Behauptung der Kläger hat die Untersuchung der Fa. … auch Tankvorgänge von Motorrädern, Lkw und Traktoren erfasst (s. Nummer 4.2 Tankvorgänge). Das gilt in gleicher Weise für Besuche von Kunden, die nicht tanken, sondern lediglich im Shop einkaufen (s. Nummer 4.2 Pkw-Parkgeräusche). Dabei sind entsprechend der Hessischen Tankstellenstudie auch die begleitenden Geräusche, wie laute Unterhaltung und Radiogeräusche oder Hupen, erfasst. Parkvorgänge direkt an der Grenze zum Grundstück der Kläger und die mehrfache Anlieferung von Treibstoff pro Tag wurden zutreffend nicht berücksichtigt, da sie den in der Baugenehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen und der in Nummer II des gerichtlichen Vergleichs vom 25. September 2001 getroffenen Vereinbarung widersprechen. Da die schalltechnische Untersuchung der Fa. … nachvollziehbar und schlüssig zu dem Ergebnis kommt, dass durch den Betrieb der Tankstelle der maßgebliche Immissionsrichtwert nicht überschritten wird, besteht kein Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Eine Verminderung der Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Nummer 7.4 Abs. 2 der TA Lärm ist im vorliegenden Fall aufgrund der umgehenden Vermischung mit dem Verkehr auf der Bundesstraße nicht geboten. Auch der Spitzenpegel, der im hier maßgeblichen Mischgebiet tagsüber bis zu 90 dB(A) betragen darf, wird im vorliegenden Fall unterschritten. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang darauf abstellen, dass auch das (ehemalige) Werkstattgebäude als maßgeblicher Immissionsort zu berücksichtigen wäre, ist auf die vorstehenden Ausführungen unter Buchst. b zu verweisen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 als Gesamtschuldner (§ 154 Abs. 1, § 159 S. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO), weil ihr Rechtmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Beigeladene zu 2, die sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2017 - 1 B 15.1575 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2015 - 22 B 14.395

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Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. April 2013 wird abgeändert. II. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. III. Die Klägerin hat ein weiteres Zehntel der im ersten Rechtszug entstandenen Koste
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Apr. 2019 - 15 ZB 18.979

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulassungsve

Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Mai 2018 - M 9 K 17.325

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger als Gesamtschuldner haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig volls

Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. März 2018 - M 9 M 17.3417

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Tenor I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen. II. Die Antragsteller haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gründe I. Die Antragsteller wenden sich gegen den Kostenfes

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. April 2013 wird abgeändert.

II. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

III. Die Klägerin hat ein weiteres Zehntel der im ersten Rechtszug entstandenen Kosten sowie die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wandte sich im ersten Rechtszug gegen eine der Beigeladenen am 27. Februar 2012 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer auch als „Speedwaybahn“ bezeichneten Anlage zur Übung und Ausübung des Motorsports.

1. Die Speedwaybahn verläuft rings um das Fußballfeld, das sich in einem der Beigeladenen gehörenden Sportstadion befindet. Dieses Stadion liegt südöstlich der durch das Stadtgebiet der Beigeladenen führenden Bundesstraße B 12 und westlich der F.Straße. Westlich des Stadions befindet sich ein Sportplatz; der Raum zwischen dem Stadion und der F. Straße wird vor allem durch Tennisplätze sowie eine Tennis- und Squashhalle eingenommen. Weiter nach Süden hin schließt sich ein Baggersee an, an dessen östlichem Ufer ein Freibad angelegt wurde.

Die Klägerin bewohnt ein auf dem ihr gehörenden Grundstück Fl.Nr. 830 stehendes Haus. Dieses Anwesen liegt in einem dreiecksförmigen Areal, das im Flächennutzungsplan der Beigeladenen als Gewerbegebiet dargestellt ist und nach Nordwesten hin durch die B 12, im Süden im Wesentlichen durch das Stadion sowie die Tennis- und Squashhalle und nach Osten hin durch die F. Straße begrenzt wird. Für dieses Gebiet besteht kein Bebauungsplan.

Durch Urteil vom 28. Januar 2010 (Az. RN 7 K 09.1668), gegen das kein Rechtsmittel eingelegt wurde, hob das Verwaltungsgericht auf die Klage der Schwester der Klägerin hin - sie ist Eigentümerin des zwischen dem Anwesen der Klägerin und dem Stadion liegenden Grundstücks Fl.Nr. 830/2 - eine der Beigeladenen am 8. November 2007 zur „Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Übung und Ausübung des Motorsports, Speedwaybahn“ erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung einschließlich mehrerer hierzu ergangener Änderungsbescheide auf, da der zulässige Betriebsumfang in diesen Bescheiden nicht so bestimmt festgelegt worden sei, dass die Einhaltung der nach der TA Lärm maßgeblichen Immissionswerte hinreichend sicher zu erwarten stehe.

2. Am 20. Dezember 2011 beantragte die Beigeladene beim Landratsamt P. erneut die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Übung und Ausübung des Motorsports (Speedwaybahn).

Die Beigeladene legte ferner ein von ihr in Auftrag gegebenes, vom 14. Dezember 2011 datierendes schalltechnisches Gutachten der Fa. A. GmbH vor, das der prognostischen Ermittlung der durch die vorgesehenen Betriebszustände hervorgerufenen Geräuschimmissionen diente. Diese Untersuchung wurde u. a. in Bezug auf einen Immissionsort durchgeführt, der sich im Erdgeschoss des auf dem Grundstück Fl.Nr. 830/2 bestehenden Gebäudes an der dem Stadion zugewandten Südfassade 0,5 m vor dem dortigen, geöffneten Schlafzimmerfenster befindet. Das Gutachten gelangte zu dem Ergebnis, durch die im Genehmigungsantrag als „regulärer Trainingsbetrieb“ bezeichneten Betriebszustände würden sowohl der nach der Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm an dem vorgenannten Anwesen einzuhaltende Beurteilungspegel von 60 dB(A) als auch der nach der Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm zulässige Maximalpegel von 90 dB(A) nicht überschritten. Die im Genehmigungsantrag als „Trainings- und Wettkampfbetrieb“ gekennzeichneten Betriebszustände bewegten sich innerhalb der nach der Nr. 6.3 TA Lärm bei seltenen Ereignissen maßgeblichen Immissionsrichtwerte. Für den Betriebszustand „Speedway-Training mit 50 Trainingseinheiten à 1,5 min an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten“ ergebe sich an jenem Gebäude ein Beurteilungspegel von 65 dB(A) und ein Maximalpegel von 80 dB(A).

Durch Bescheid vom 27. Februar 2012 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die „Errichtung und [den] Betrieb einer Anlage zur Übung und Ausübung des Motorsports, Speedwaybahn“. Die Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors lautet wie folgt:

„- Bei der Betriebsweise ‚Regulärer Trainingsbetrieb‘ darf an Werktagen zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten nach Nr. 6.5 der TA Lärm alternativ nur jeweils eine der folgenden Trainingsarten durchgeführt werden:

o 60 min Schüler-Training oder

o 25 min Quad-Training oder

o 10 min Motocross-Training oder

o 30 min Schüler-Training und 5 min Motocross-Training oder

o 30 min Schüler-Training und 20 min Quad-Training.

- Bei der Betriebsweise ‚Trainings- und Wettkampfbetrieb‘, der auf der Anlage an nicht mehr als zehn Tagen eines Kalenderjahrs und nicht an mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden, gemäß den Kriterien für seltene Ereignisse gemäß Nr. 7.2 der TA Lärm, durchgeführt werden darf, ist der folgende Betriebsablauf zulässig, wobei an einem Tag jeweils nur einer der folgenden Betriebszustände stattfinden darf:

o Speedway-Vereinstraining mit 50 Trainingseinheiten á 1,5 min, an maximal sechs Tagen, nur an Werktagen zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten nach Nr. 6.5 der TA Lärm oder

o Speedway-Wettkampftraining mit 50 Trainingseinheiten á 1,5 min, an maximal zwei Tagen, nur an Werktagen zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten nach Nr. 6.5 der TA Lärm oder

o Speedway-Wettkampf mit maximal 28 Rennläufen, einschließlich möglicher Restarts und Stechen, an maximal zwei Tagen, an Werktagen zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten nach Nr. 6.5 der TA Lärm oder an Sonn- und Feiertagen zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten nach Nr. 6.5 der TA Lärm.“

Die Nr. 3.2.1.4 des Bescheidstenors legt fest:

„Die eingesetzten Speedway-Motorräder, die Spezialfahrzeuge sind, dürfen ausschließlich einen Motor mit 500 cm³ Hubraum besitzen und müssen den Technischen Bestimmungen für Bahnsport des Deutschen Motor Sport Bundes e.V. DMSB, Stand 08.12.2011, und des internationalen Motorsportverbandes FIM entsprechen.

Die Speedway-Motorräder müssen mit den seit 2010 vorgeschriebenen Schalldämpfern ausgestattet sein. Ausnahmen, die sich aus anderen Regelwerken herleiten lassen, sind nicht zulässig.

Die eingesetzten Schüler-Motorräder sind Spezialfahrzeuge für Kinder der jeweiligen Altersklasse.

Die eingesetzten Quads und Motocross-Räder müssen eine Straßenzulassung besitzen.“

3. Mit der von ihr am 27. März 2012 zum Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Klage beantragte die Klägerin die Aufhebung des Genehmigungsbescheids. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dieser Bescheid verletze sie schon deshalb in ihren Rechten, weil er keine Regelungen zur Verhinderung bzw. Minimierung von Staub-, Feinstaub- und Abgasimmissionen enthalte. Wie das Verwaltungsgericht bereits im Urteil vom 28. Januar 2010 (Az. RN 7 K 09.1668) ausgeführt habe, handele es sich bei dem Speedway-Vereinstraining nicht um eine voraussehbare Besonderheit beim Betrieb der Anlage im Sinn der Nr. 7.2 TA Lärm, sondern um deren regelmäßigen, bestimmungsgemäßen Gebrauch, so dass diese Betriebsform nicht als „seltenes Ereignis“ zugelassen werden könne. Ob die maßgeblichen Immissionswerte an ihrem Anwesen eingehalten würden, sei im Gutachten vom 14. Dezember 2011 nicht untersucht worden. Zwar gehöre das auf dem Grundstück Fl.Nr. 830/2 stehende Haus zu den dem Stadion nächstgelegenen Gebäuden. Aufgrund von Reflexionswirkungen und Beugungseffekten, die durch ein auf dem Grundstück Fl.Nr. 521 errichtetes Bauwerk hervorgerufen würden, seien an ihrem Haus jedoch höhere Beurteilungspegel zu erwarten als an dem auf dem Grundstück Fl.Nr. 830/2 stehenden Gebäude. Außerdem seien im Rahmen jenes Gutachtens die beim Osterrennen 2009 durch Messung gewonnenen Werte im Hinblick auf zwischenzeitlich verwendete neue Schalldämpfer um knapp 5 dB(A) verringert worden. Diesen Abschlag habe man jedoch nur bei einem nachgestellten Rennbetrieb messtechnisch ermittelt, der den realen Rennbetrieb nicht widerspiegele. Rechtswidrig sei der Bescheid schließlich deshalb, weil er jedwede Summation mit anderen Geräuschen unbeachtet lasse. Auch auf den in der Nähe liegenden Tennis- und Fußballplätzen sowie auf dem zu dem Baggersee gehörenden Freizeitgelände fänden „seltene Ereignisse“ z. B. in Gestalt von Vereinsmeisterschaften, Ligaspielen und „Beachsound-Partys“ statt. Derartige Vorkommnisse dürften nach der Nr. 7.2 TA Lärm insgesamt nicht öfter als 14-mal pro Jahr auftreten.

Durch Urteil vom 11. April 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 27. Februar 2012 insoweit auf, als darin unter der Nr. 3.2.1.1 ein Speedway-Vereinstraining mit mehr als zehn Trainingseinheiten à 1,5 Minuten zugelassen wurde; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Für das Speedway-Vereinstraining könnten die Ausnahmeregelung für seltene Ereignisse nach der Nr. 7.2 TA Lärm und der hierfür geltende erhöhte Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel von 70 dB(A) deshalb nicht in Anspruch genommen werden, da diese Bestimmung nicht auf eine generelle Erhöhung der zulässigen Richtwerte an einer bestimmten Anzahl von Tagen abziele; bloße Schwankungen innerhalb des Normalbetriebs der Anlage, die bei wertender Betrachtung nicht als außergewöhnliche Betriebszustände angesehen werden könnten, stellten keine „seltenen Ereignisse“ dar. Hierzu gehöre in aller Regel namentlich nicht die volle Auslastung der Anlagenkapazität. Es könne nicht als „Besonderheit“ anerkannt werden, wenn auf einer genehmigten Speedwaybahn mit Speedway-Motorrädern gefahren werde; dies entspreche vielmehr dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Anlage. Dass sie der Ausübung des Speedway-Motorsports diene, ergebe sich auch aus der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Betriebskurzbeschreibung. Die Nutzung durch erfahrene Fahrer statt durch Sporteinsteiger stelle nach allgemeiner Verkehrsanschauung ebenfalls keine Besonderheit einer für beide Gruppen geeigneten Sportanlage dar. Nach den Angaben eines Vertreters der Fa. A. GmbH in der mündlichen Verhandlung sei jedoch mit der erforderlichen Gewissheit davon auszugehen, dass bei höchstens zehn Trainingseinheiten der nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm maßgebliche Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten werde.

4. Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. April 2013 wird abgeändert. Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.

Zur Begründung macht er geltend, die vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Einschränkungen des Anwendungsbereichs der Nr. 7.2 TA Lärm fänden in dieser Verwaltungsvorschrift keine Grundlage. Insbesondere könne aus dem Umstand, dass die inmitten stehende Anlage nach der Betriebskurzbeschreibung dazu bestimmt sei, der Ausübung des Speedway-Motorsports zu dienen, nicht hergeleitet werden, dass jeder Betrieb mit Speedway-Motorrädern, bei dem es sich nicht um einen Wettkampf oder ein diesem vorgelagertes Training handele, kein seltenes Ereignis darstelle. Es komme vielmehr darauf an, dass die „Besonderheiten“ eindeutig vom Normalbetrieb abgrenzbar seien. Die Unterschiede zwischen den im Rahmen des Normal- und den im Rahmen des Sonderbetriebs zulässigen Nutzungen ergäben sich mit hinreichender Bestimmtheit aus der Nr. 3.2.1.4 des Bescheidstenors. Beim Normalbetrieb dürfe nicht mit Speedway-Motorrädern im Sinn des ersten Absatzes dieser Nummer, sondern nur mit Motorrädern der Schülerklassen gefahren werden. Zudem nähmen am Speedway-Vereinstraining ausschließlich erfahrene Motorsportler teil, während der reguläre Trainingsbetrieb insbesondere der Nachwuchsförderung dienen solle.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bringt im Wesentlichen vor, auf der Anlage fänden lediglich das Speedway-Vereinstraining sowie Wettkämpfe statt. Eine Durchführung der weiteren im Bescheid vom 27. Februar 2012 genannten Betriebszustände sei nie beabsichtigt gewesen; hierzu werde es auch nicht kommen. Sie bezieht sich in diesem Zusammenhang auf einen ihrer Darstellung zufolge am 1. Februar 2014 erschienenen Zeitungsartikel, dem zufolge Funktionsträger des Motorsport-Clubs P. e.V. erklärt hätten, es gebe keine jugendlichen Fahrer mehr, und der Verein sei von 240 auf 70 Mitglieder geschrumpft. Auf Vorhalt, warum ein Nachwuchstraining trotz der insoweit bestehenden Genehmigung nicht stattfinde, gaben die Funktionsträger des Motorsport-Clubs P. e.V. ausweislich der Darstellung in diesem Zeitungsartikel an, der Aufwand „für ein paar Kinder oder Jugendliche“ sei „viel zu groß“, da für ein Training etwa 15 Helfer sowie ein Krankenwagen, Sanitäter und ein Arzt benötigt würden. Bei warmer Witterung müsse zudem für ein am Freitag einer Woche stattfindendes Training bereits am Montag mit dem Wässern der Bahn begonnen, ein Traktor besorgt werden etc.; allein die Fremdkosten für ein Training würden sich auf reichlich 700 € belaufen. Die Klägerin vertritt vor diesem Hintergrund die Auffassung, der „Trainings- und Wettkampfbetrieb“ stelle die reguläre Nutzungsform der Speedwaybahn dar; die Betriebsweise „regulärer Trainingsbetrieb“ sei nur vorgeschoben, um das für die Zulassung seltener Ereignisse notwendige Regel-Ausnahme-Verhältnis darstellen zu können. Der Regelbetrieb finde jedoch weder statt noch sei er von Anfang an gewollt gewesen.

Die Beigeladene macht geltend, wegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das Speedway-Vereinstraining nicht zu erlauben, stehe nahezu die gesamte Vereinsarbeit des Motorsport-Clubs P. e.V. still. Nur das sechsmal jährlich stattfindende Speedway-Vereinstraining und der reguläre Betrieb gemeinsam stellten für diesen Verein eine „tragfähige Zukunftsvision“ dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof und die vom Beklagten hierbei übergebenen Unterlagen, ferner auf die dem Verwaltungsgericht mit Schreiben des Landratsamts vom 30. März 2012 und vom 7. März 2013 übersandten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die das Speedway-Vereinstraining betreffende Regelung in der Nr. 3.2.1.1 des Bescheids vom 27. Februar 2012 zu Unrecht teilweise aufgehoben. Dieser behördliche Ausspruch ist jedoch in vollem Umfang rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn das Speedway-Vereinstraining erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen, die an „seltene Ereignisse“ im Sinn der Nr. 7.2 TA Lärm zu stellen sind.

1. Zum einen liegen im vorliegenden Fall voraussehbare Besonderheiten des Betriebs der strittigen Anlage vor.

1.1 Das Verwaltungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass es für die Inanspruchnahme der Vergünstigung, die sich aus dieser Bestimmung ergibt, nicht genügt, dass die von einer Anlage ausgehenden Geräusche sich innerhalb des durch die Nr. 6.3 TA Lärm gezogenen Rahmens halten. Denn die Nr. 7.2 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm verlangt über die Wahrung dieser Erfordernisse hinaus, dass eine Überschreitung der ansonsten einzuhaltenden Richtwerte (sie ergeben sich grundsätzlich aus der Nr. 6.1 TA Lärm) auf „voraussehbaren Besonderheiten“ beim Betrieb der Anlage beruht. Zutreffend wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass der Nr. 7.2 TA Lärm - wie namentlich aus den Sätzen 1 und 3 des Absatzes 2 dieser Bestimmung hervorgeht - das Anliegen zugrunde liegt, einen gerechten Ausgleich zwischen den Belangen der Nachbarschaft der emittierenden Anlage und dem Wunsch des Anlagenbetreibers zu schaffen, diese fallweise auch unter Überschreitung der grundsätzlich einzuhaltenden Immissionsrichtwerte nutzen zu können (OVG NRW, B.v. 3.5.2012 - 8 B 1458/11 u. a. - UPR 2012, 446/451).

Allerdings bedarf es im Anwendungsbereich der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm nicht stets eines Vorkommnisses mit „Eventcharakter“, um die an die Nr. 7.2 TA Lärm geknüpften Rechtsfolgen auszulösen. Unbeschadet der nach der Nr. 7.2 TA Lärm zusätzlich zu erfüllenden Voraussetzungen reicht für die Bejahung des im Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmals der „voraussehbaren Besonderheit“ vielmehr jede dem Grunde nach prognostizierbare Abweichung von den ansonsten anzutreffenden Betriebsmodalitäten der Anlage aus, die nach außen hin hervortritt und die mit der Erzeugung einer größeren Lärmfracht einhergeht, als sie für den Anlagenbetrieb ansonsten kennzeichnend ist. Es kann sich dabei z. B. um den Einsatz besonderer Maschinen handeln, aber auch um eine besondere Art des Betriebs der üblicherweise eingesetzten Maschinen.

Das Erfordernis, dass es zu für Außenstehende wahrnehmbaren Modifizierungen im Betriebsablauf kommen muss, die für ein höheres Maß an Geräuschentwicklung ursächlich sind, erscheint geboten, um das Vorhandensein objektiver, verifizierbarer Anknüpfungspunkte für die weitere durch die Nr. 7.2 TA Lärm vorgeschriebene Prüfung sicherzustellen. So ist z. B. zu prüfen, ob die sich aus Nr. 6.1 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte auch bei Beachtung des Standes der Lärmminderungstechnik nicht eingehalten werden könnten und ob ferner organisatorische oder betriebliche Lärmminderungsmöglichkeiten im Sinn der Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm bestehen (vgl. hierzu Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Nr. 7.2 Rn. 23; ähnlich Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Dezember 2006, TA Lärm Rn. 23). Andererseits erlaubt gerade der Umstand, dass mit der Bejahung einer „voraussehbaren Besonderheit“ im Sinne der Nr. 7.2 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm noch nicht feststeht, ob der Anlagenbetreiber zu einer Überschreitung der ansonsten einzuhaltenden Immissionswerte berechtigt ist, diese Befugnis vielmehr von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen, namentlich vom Resultat einer Abwägung seiner Interessen mit den Belangen der Nachbarschaft abhängt (vgl. Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm), der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ein vergleichsweise weit gefasstes Begriffsverständnis zugrunde zu legen.

1.2 Das Speedway-Vereinstraining weist gegenüber den unter dem ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors erwähnten, „regulären“ Betriebsformen der Anlage die erforderliche Besonderheit im Sinn des vorstehend entwickelten Verständnisses der Nr. 7.2 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm auf. Sie besteht darin, dass bei diesem Training die in den beiden ersten Absätzen der Nr. 3.2.1.4 des Bescheidstenors erwähnten „Speedway-Motorräder“ zu verwenden sind.

Solche Motorräder weisen eine Mehrzahl technischer Besonderheiten auf, die sie von anderen Zweiradfahrzeugen in signifikanter Weise unterscheiden. Maßgeblich sind insofern die für Speedway-Motorräder geltenden Vorgaben nationaler und internationaler Motorsportverbände, deren Einhaltung der Beigeladenen durch die Nr. 3.2.1.4 des Bescheidstenors verbindlich aufgegeben wurde. Derartige Fahrzeuge werden sonst bei keiner der Betriebsformen eingesetzt, die nach dem ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors als Normalbetrieb der Anlage zulässig sind. Für das Quad- und das Motocross-Training bedarf dies keiner näheren Darlegung. Ausweislich der Niederschrift über die im ersten Rechtszug durchgeführte mündliche Verhandlung (vgl. den zweiten Absatz auf der dortigen Seite 2) stimmten die Beteiligten bereits damals darin überein, dass auch im Rahmen des Schüler-Trainings die in der Nr. 3.2.1.4 beschriebenen Speedway-Motorräder nicht verwendet werden. Der erste Vorsitzende des Motorsport-Clubs P. e.V. hat seinerzeit vielmehr dargelegt, dass das Schüler-Training mit Motorrädern durchgeführt wird, deren Hubraum je nach Klasse („Schüler A“, „Schüler B“ und „Schüler C“) 50, 125 oder 250 cm³ umfasst (vgl. Seite 2 unten der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 11.4.2013). Der Beklagte hat damals ausgeführt, der Bescheid vom 27. Februar 2012 sei in diesem Sinne zu verstehen; die Beigeladene hat bekräftigt, auch sie gehe von einer solchen Gegebenheit aus (vgl. dazu ebenfalls Seite 2 unten der gleichen Niederschrift). Dass Fahrer, die den Klassen A, B oder C der „Schüler“ (bzw. der „Junioren“) zugeordnet werden, bei der geregelten Sportausübung Motorräder benutzen, die nur über Hubräume von 50, 125 oder 250 cm³ verfügen, ergibt sich auch aus den Abläufen bei der motorsportlichen Veranstaltung, die am 19. April 2014 im Stadion der Beigeladenen stattgefunden hat (vgl. die diesbezüglichen Angaben auf Seite 5 des sich auf dieses Ereignis beziehenden Prognosegutachtens der Fa. A. GmbH vom 12.3.2014, Bl. 91 der VGH-Akte). Für das Speedway-Vereinstraining fordert die Nr. 3.2.1.4 des Bescheidstenors demgegenüber den Einsatz von Motorrädern mit einem Hubraum von 500 cm³.

Dieser Unterschied ist nicht nur theoretischer Natur; er wirkt sich vielmehr in gewichtiger Weise auf die Höhe der von der Anlage ausgehenden Emissionen aus. Die von der Fa. A. GmbH am 25. Juni 2004 bei einer Trainingsveranstaltung im Stadion der Beigeladenen durchgeführten Messungen zeitigten ausweislich der Tabelle 3 des hierüber am 10. August 2004 erstellten Messberichts folgende Ergebnisse:

Art und Zahl der Fahrer bzw. Fahrzeuge

Messdauer

(in Sekunden)

Leq

(Messort

)

LAFTeq

(Messort

)

Lmax

(Messort

)

Leq

(Messort

)

LAFTeq

(Messort

)

Lmax

(Messort

)

Leqk

(Messort

)

LAFTeqk

(Messort

)

8 Schüler

342

72,5

76,6

83,7

62,8

66,0

72,7

60,8

63,6

5 (4) Speedway-Maschinen

353

81,4

87,1

98,2

71,4

77,4

85,9

71,2

77,3

Leqk: fremdgeräuschkorrigierter Mittelungspegel

LAFTeqk: fremdgeräuschkorrigierter Taktmaximal-Mittelungspegel

Alle vorbezeichneten Pegelwerte sind in dB(A) angegeben.

Diese Übersicht zeigt, dass selbst das gleichzeitige Training von (annähernd) doppelt so viel Schülern wie von Personen, die synchron Speedway-Motorräder benutzten, Geräuschpegel hervorrief, die im Durchschnitt ca. 10 dB(A) unter den Immissionen lagen, die durch den Trainingsbetrieb von Speedway-Motorrädern verursacht wurden.

Dass Trainingsläufe mit Speedway-Motorrädern, die über einen Hubraum von 500 cm³ verfügen, mit einer deutlich höheren Geräuschentwicklung einhergehen, als das bei einem Training mit Motorrädern der Fall ist, die kleinere Hubräume aufweisen, hat sich auch am 19. April 2014 bestätigt (vgl. den ersten Absatz im Abschnitt 5.1 des am 8.7.2014 über die damalige Veranstaltung erstellten Messberichts der Fa. A. GmbH), wenngleich die aus jenem Anlass festgestellten Unterschiede - allen erkennbaren Umständen nach bedingt durch die zwischenzeitlich obligatorische Ausstattung von Speedway-Motorrädern der 500-cm³-Klasse mit verbesserten Schalldämpfern - kein ähnlich hohes Ausmaß wie im Jahr 2004 mehr erreichten (vgl. die auf den Seiten 7 und 10 des letzterwähnten Messberichts abgedruckten Tabellen, soweit sich diese auf den Trainingsbetrieb beziehen). Sollten die unterschiedlich hohen Geräuschemissionen eines Trainings mit Speedway-Motorrädern der 500-cm³-Klasse im Vergleich zu den Fahrzeugen, die aus demselben Anlass von als „Schüler“ bezeichneten Personen verwendet werden, auch auf Abweichungen im Fahrverhalten beider Gruppen beruhen, so würde das den Befund zusätzlich bekräftigen, dass sich das Speedway-Training von den im ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors erwähnten Betriebsformen - auch was die damit jeweils einhergehende Lärmentwicklung anbetrifft - äußerlich erkennbar abhebt. Gewisse Abweichungen im Fahrverhalten ergeben sich zwangsläufig durch die Zweckbestimmung des Speedway-Vereinstrainings, die Trainierenden bestmöglich auf bevorstehende nationale und internationale Wettkämpfe vorzubereiten.

1.3 Der Bejahung einer solchen voraussehbaren Besonderheit steht es nicht entgegen, dass die verfahrensgegenständliche Anlage im Betreff des Bescheids vom 27. Februar 2012 und in der Nr. 1 des Bescheidstenors als „Speedwaybahn“ bezeichnet wird. Diese Wortwahl hat nicht zur Folge, dass alle Betätigungen, die sich als Ausübung des Speedwaysports darstellen, von Rechts wegen dem Normalbetrieb der Anlage zugeordnet werden müssen und es sich bei ihnen nicht um seltene Ereignisse im Sinn der Nr. 7.2 TA Lärm handeln kann. Einer solchen Annahme steht entgegen, dass auch Formen des Anlagenbetriebs, hinsichtlich derer die Vergünstigungen eingreifen sollen, die sich aus der letztgenannten Bestimmung ergeben, von einer ggf. erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mitumfasst sein müssen. Ist das nicht der Fall und stellt eine solche Nutzung auch keine nur „unwesentliche“ Änderung im Sinn von § 15 BImSchG dar, besitzt sie keinen Anspruch auf lärmschutzrechtliche Privilegierung; sie hat vielmehr zu unterbleiben. Auch bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungspflichtigen Anlagen steht es der Bejahung eines „seltenen Ereignisses“ im Sinn der Nr. 7.2 TA Lärm nicht entgegen, wenn sich das Vorkommnis, für das die nach dieser Bestimmung ggf. zulässigen erhöhten Immissionswerte in Anspruch genommen werden, seiner Art nach innerhalb des Rahmens bewegt, der durch die allgemeine Zweckbestimmung der Anlage vorgegeben ist (vgl. z. B. VG Aachen, B.v. 11.6.2010 - 6 L 204/10 - juris Rn. 33 ff. für die Geräusche, die bei dem - pro Jahr an ein und derselben Stelle in der Regel nicht öfter als zehnmal erforderlichen - Einsatz eines der Hagelbekämpfung dienenden Schockwellengenerators auftreten: ferner - allerdings mit Blickrichtung auf § 5 Abs. 5 und Nr. 1.5 des Anhangs der 18. BImSchV - OVG NRW, B.v. 18.3.2011 - 2 A 2581/09 - juris Rn. 30 ff. für dem Aufstieg in eine höhere Liga dienende Fußballspiele sowie im Rahmen dieser Liga stattfindende Montagsspiele in einem Fußballstadion; VGH BW, U.v. 8.11.2000 - 10 S 2317/99 - NVwZ 2001, 1184/1186 in Bezug auf nächtliche Ernteeinsätze im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs, die wegen der in der Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm getroffenen Regelung freilich nur zur Gewinnung von Anhaltspunkten anhand der Nr. 7.2 TA Lärm beurteilt werden können). Auf den Umstand, dass sowohl der Betreff des Bescheids vom 27. Februar 2012 als auch dessen Nr. 1 sich nicht mit der schlagwortartigen Umschreibung der Zweckbestimmung der verfahrensgegenständlichen Anlage als „Speedwaybahn“ begnügen, sondern dass dieser Begriff jeweils nur ergänzend zu der umfassenderen Charakterisierung des Genehmigungsgegenstandes als „Anlage zur Übung und Ausübung des Motorsports“ hinzutritt, ist bei alledem nur zusätzlich hinzuweisen.

2. Das Landratsamt ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass der Klägerin die mit dem Speedway-Vereinstraining einhergehenden Geräuschimmissionen auf der Grundlage der in der Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm aufgestellten Kriterien zugemutet werden können.

Die Klägerin bezweifelt zwar die Sinnhaftigkeit eines Speedway-Vereinstrainings, das nur 6 Mal im Jahr stattfinden darf, und folgert daraus wohl eine Minderung des Gewichts der hier abzuwägenden Belange des Anlagenbetreibers. Der Verwaltungsgerichtshof folgt dem deshalb nicht, weil sich hier jedenfalls in der Zusammenschau mit Trainingsmöglichkeiten auf anderen Anlagen eine greifbare Verbesserung der Trainingsmöglichkeiten ergibt.

Hierfür spricht zunächst, dass sowohl die Beurteilungs- als auch die Spitzenpegel, die durch diese Betriebsform an ihrem Anwesen hervorgerufen werden, jeweils erheblich unter den nach der Nr. 6.3 TA Lärm zulässigen Werten liegen. Berücksichtigt werden muss hierbei vor allem, dass bereits die Immissionswerte, die in Abschnitt 4.6 des Gutachtens vom 14. Dezember 2011 in Bezug auf das Wohnhaus der Schwester der Klägerin als Folge der Speedway-Vereinstrainings prognostiziert wurden, die nach der Nr. 6.3 TA Lärm zulässige Geräuschbelastung bei weitem nicht ausschöpfen. Am Wohngebäude der Klägerin sind nach der auch aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls dem Grunde nach zutreffenden Ausarbeitung der Fa. A. GmbH vom 6. August 2012 nochmals deutlich niedrigere Lärmpegel zu erwarten.

In gleichgerichtetem Sinn wirkt es sich aus, dass auch die Geräusche, denen sich die Klägerin durch den im ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors zugelassenen Normalbetrieb der Anlage ausgesetzt sieht, signifikant sowohl hinter dem nach der Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm maßgeblichen Beurteilungs- als auch hinter dem nach der Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm zulässigen Maximalpegel zurückbleiben. Das gilt umso mehr, als auch insoweit ein Abzug von den in den Abschnitten 4.1 bis 4.5 des Gutachtens vom 14. Dezember 2011 für das Anwesen der Schwester der Klägerin prognostizierten Werten vorzunehmen ist. Ebenfalls nicht voll ausgeschöpft wird nach dem gleichen Gutachten bereits am Anwesen der Schwester der Klägerin (und damit erst recht am Wohngebäude der Klägerin selbst) der bei seltenen Ereignissen zulässige erhöhte Beurteilungspegel durch die im zweiten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors außerdem zugelassenen Betriebsarten „Speedway-Wettkampftraining“ und „Speedway-Wettkampf“.

Unbillig hintangesetzt wird das Ruhebedürfnis der Klägerin durch die Zulassung eines maximal sechsmal pro Jahr erlaubten Speedway-Vereinstrainings ferner deshalb nicht, weil diese Betriebsform - ebenso wie der gesamte Normalbetrieb und das Speedway-Wettkampftraining - nur an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten stattfinden darf, und weil selbst an den beiden Sonn- oder Feiertagen, an denen der Bescheid vom 27. Februar 2012 die Durchführung von Speedway-Wettkämpfen erlaubt, die Ruhezeiten hiervon ausgenommen sind.

Der Stand der Technik zur Lärmminderung wurde vom Landratsamt beachtet; die Ausstattung der Speedway-Motorräder mit Schalldämpfern ist ausnahmslos vorgeschrieben. Mehr kann insofern nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Erkenntnissen nicht erreicht werden.

Den sich aus der Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm ergebenden Anforderungen hat das Landratsamt zudem dadurch Rechnung getragen, dass der Beigeladenen unter den Nrn. 3.2.1.5 bis 3.2.1.7 sowie 3.2.1.9 des Bescheidstenors eine Mehrzahl technischer bzw. organisatorischer Lärmminderungsmaßnahmen aufgegeben wurden. Mehr kann insofern nicht erreicht werden; die Klägerin hat diesbezüglich nichts vorgetragen und auch der Verwaltungsgerichtshof sieht insofern keine weiteren Möglichkeiten.

3. Mit dem Vorbringen, der unter dem ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors erwähnte Normalbetrieb der Anlage finde weder gegenwärtig statt noch werde er künftig ausgeübt werden, kann die Klägerin im Berufungsverfahren nicht durchdringen. Dasselbe gilt für den Einwand, diese Betriebsform sei von Anfang an nicht gewollt gewesen und nur vorgeschoben worden, um ein für die Zulassung „seltener Ereignisse“ notwendiges Regel-Ausnahme-Verhältnis darstellen zu können.

Zu diesem Vorbringen ist vorab anzumerken, dass die bloße Nichtausnutzung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als solche die Rechtswidrigkeit desjenigen Genehmigungsteils, in dem - gestützt auf die Nr. 7.2 TA Lärm - ein mit höheren Geräuschimmissionen einhergehender Anlagenbetrieb gestattet wird, schon deshalb nicht nach sich ziehen kann, weil eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur „erlaubenden“ Charakter besitzt und ihr Empfänger durch sie nicht verpflichtet wird, die genehmigte Anlage tatsächlich zu errichten und zu betreiben (vgl. z. B. Scheuing/Wirths in GK-BImSchG, Stand Dezember 2007, § 18 Rn. 30).

Ob die Rechtmäßigkeit desjenigen Teils einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, durch die - gestützt auf die Nr. 7.2 TA Lärm - ein die nach der Nr. 6.1 TA Lärm grundsätzlich einzuhaltenden Immissionswerte nicht wahrender Anlagenbetrieb bei seltenen Ereignissen zugelassen wird, dann abweichend von dem Vorgesagten zu beurteilen wäre, falls der genehmigte Normalbetrieb von vornherein nicht ernstlich gewollt wird, sondern die Anlage überhaupt nur in dem nach der Nr. 7.2 TA Lärm zulässigen Umfang genutzt werden soll (und genutzt wird), kann hier dahinstehen. Sollte nämlich derjenige Teil der Genehmigung, der sich auf den Normalbetrieb bezieht, dann rechtswidrig sein, wenn eine solche Anlagennutzung allein deshalb zugelassen wurde, um damit eine - vermeintlich oder tatsächlich - erforderliche Voraussetzung für die Gestattung des Anlagenbetriebs im Rahmen „seltener Ereignisse“ zu schaffen, so wäre dem Verwaltungsgerichtshof die Berücksichtigung dieser Gegebenheit im vorliegenden Fall verwehrt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Genehmigung des Normalbetriebs würde sich für den Fall, dass ein derartiger rechtlicher Zusammenhang besteht, als Vorfrage im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassung der Anlagennutzung im Rahmen seltener Ereignisse stellen. Ist ein Verwaltungsakt, der einen für die Rechtmäßigkeit eines anderen Verwaltungsakts vorgreiflichen Gesichtspunkt regelt, in Bestandskraft erwachsen, so dürfen die durch diesen unanfechtbaren Verwaltungsakt geregelten Fragen später zwischen den gleichen Beteiligten nicht mehr erneut anhand der gesetzlichen Voraussetzungen geprüft werden; die im bestandskräftigen Verwaltungsakt getroffene Regelung ist zumindest in einer solchen Fallgestaltung vielmehr - unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit - ungeprüft dem daran anknüpfenden Verwaltungsakt zugrunde zu legen (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 46 m. w. N.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Bestandskraft des erstgenannten Verwaltungsakts - wie hier - darauf beruht, dass eine gegen ihn erhobene Anfechtungsklage unanfechtbar abgewiesen wurde und die Rechtskraft dieser gerichtlichen Entscheidung auch zwischen den Beteiligten des Verfahrens wirkt, in dem über die Rechtmäßigkeit des anderen Verwaltungsakts zu befinden ist: Die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verhindert in solchen Fällen, dass der Verwaltungsakt, der Gegenstand des unanfechtbar gewordenen Urteils war, von den gleichen Beteiligten - sei es auch nur inzidenter - erneut zur Überprüfung gestellt wird (Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Januar 2012, § 121 Rn. 27; Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 79). Denn die sich aus § 121 Nr. 1 VwGO ergebende Bindungswirkung einer unanfechtbaren gerichtlichen Entscheidung tritt auch dann ein, wenn die rechtskräftige Zu- oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs (im vorliegenden Fall: des von der Klägerin im ersten Rechtszug geltend gemachten Verlangens auf Aufhebung u. a. des ersten Spiegelstrichs der Nr. 3.2.1.1 des streitgegenständlichen Bescheids) für einen anderen, zwischen denselben Beteiligten streitigen prozessualen Anspruch (hier: für die Forderung der Klägerin, es bei der erstinstanzlich erfolgten Teilaufhebung der Genehmigung des Speedway-Vereinstrainings zu belassen) vorgreiflich sein sollte (BVerwG, U.v. 22.10.2009 - 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137/142).

Selbst wenn zum einen ein Normalbetrieb der Anlage tatsächlich nicht ernstlich gewollt war und ein solcher Umstand zum anderen einen rechtlichen Makel der sich auf diese Betriebsform beziehenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach sich zieht, wäre dies in der vorliegenden prozessualen Konstellation nur erheblich, falls die Genehmigung des Normalbetriebs nichtig sein sollte. Nichtigkeitsgründe im Sinn von Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG liegen aber nicht vor; insbesondere könnte selbst dann keine Rede davon sein, die unter dem ersten Spiegelstrich der Nr. 3.2.1.1 des Bescheidstenors getroffene Regelung verstoße gegen die guten Sitten (Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG), wenn in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen sein sollte, die Beigeladene habe eine solche Betriebsform nur beantragt, um eine Zulassung des Betriebs der Speedwaybahn auf der Grundlage der Nr. 7.2 TA Lärm zu ermöglichen, und das Landratsamt habe die Genehmigung hierfür ausschließlich zum diesem Zweck erteilt. Ein Sittenverstoß läge darin nicht, denn wird für eine Anlage eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, die sowohl einen Normalbetrieb als auch eine Nutzung im Rahmen seltener Ereignisse umfasst, unterbleibt der Normalbetrieb nach den (ggf. von Anfang an gehegten) Plänen des Genehmigungsempfängers jedoch, so wirkt sich das ausschließlich zugunsten der immissionsbetroffenen Nachbarschaft aus. An der fehlenden Verwerflichkeit einer solchen Handlungsweise würde sich vor diesem Hintergrund selbst dann nichts ändern, falls auch der Genehmigungsbehörde bewusst gewesen sein sollte, dass die immissionsschutzrechtliche Zulassung des Normalbetriebs allein zu dem Zweck beantragt wurde, die Anlage höchstens zehnmal pro Jahr in den durch die Nr. 7.2 TA Lärm vorgegebenen Grenzen nutzen zu können. Zudem stellt es jedenfalls dann ein grundsätzlich legitimes Verhalten dar, wenn ein Anlagenbetreiber sich eine „überschießende“, d. h. für die von ihm eigentlich verfolgten Ziele u. U. nicht erforderliche Berechtigung zuerkennen lässt, wenn rechtlich ungewiss ist, ob er sein Anliegen auch ohne diese zusätzliche Befugnis verwirklichen kann, und das Mehr an zuerkannter Berechtigung mit keiner Verletzung von Gemeinwohlinteressen oder Belangen Dritter einhergeht. Hinsichtlich der isolierten, d. h. nicht mit der Genehmigung eines Normalbetriebs einhergehenden Zulassung von seltenen Betriebsereignissen kann nach der bisherigen Entwicklung von Rechtsprechung und Lehre eine solche Ungewissheit bejaht werden.

Ein der Beigeladenen ggf. fehlender Wille, die Speedwaybahn für jene Betriebsformen zu nutzen, die unter dem ersten Spiegelstrich dieser Nr. zusammengefasst sind, stünde der Ernstlichkeit ihres Willens, auch für den Normalbetrieb eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erlangen, auch deshalb nicht entgegen, weil die Beantragung einer solchen Genehmigung angesichts der fehlenden Verpflichtung, von ihr Gebrauch zu machen, nicht ohne weiteres die konkludente Erklärung beinhaltet, der Betrieb werde im beantragten Umfang tatsächlich durchgeführt werden.

4. Nicht zu folgen ist dem im Berufungsverfahren ausdrücklich aufrechterhaltenen Einwand der Klägerin, die Genehmigung eines sechsmaligen Speedway-Vereinstrainings pro Jahr lasse unberücksichtigt, dass in der Umgebung zahlreiche weitere, mit erheblichen Geräuschentwicklungen einhergehende „seltene Ereignisse“ stattfänden.

Nach der Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA Lärm sind unzumutbare Geräuschbelästigungen in der Regel dann anzunehmen, wenn auch durch seltene Ereignisse, zu denen es bei anderen Anlagen kommt, Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach der Nr. 6.1 TA Lärm verursacht werden können, und solche Überschreitungen am selben Einwirkungsort an insgesamt mehr als 14 Kalendertagen eines Jahres auftreten. Beruhen derartige Richtwertüberschreitungen ausschließlich auf dem Betrieb von Sportanlagen, erhöht sich die Zahl der von den Betroffenen hinzunehmenden seltenen Ereignisse nach der Nr. 1.5 des Anhangs zur Sportanlagenlärmschutzverordnung auf 18. Sind „seltene Ereignisse“ Anlagen zuzuordnen, deren akustische Auswirkungen anhand unterschiedlicher Regelwerke zu beurteilen sind, muss sich die Festsetzung der zulässigen Zahl derartiger Vorkommnisse an den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der gebotenen gegenseitigen Rücksichtnahme ausrichten (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - NVwZ 2001, 1167/1169).

Die Zulassung des Speedway-Vereinstrainings in einem geringerem Umfang als an sechs Werktagen wäre danach nur veranlasst gewesen, wenn zum einen festgestanden hätte, dass das zulässige Kontingent an Vorkommnissen, zu deren Gunsten die Privilegierung für „seltene Ereignisse“ eingreift, bereits ausgeschöpft war und zum anderen keine Möglichkeit bestünde, aus Anlass derartiger sonstiger Vorkommnisse Anordnungen zu erlassen, die auf die Einhaltung der zulässigen Zahl seltener Ereignisse abzielen. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat in Abschnitt 2.2.4 der Klagebegründung vom 20. April 2012 insoweit zunächst vorgebracht, anlässlich von Vereinsmeisterschaften, die auf den in der Umgebung liegenden Tennisplätzen stattfänden, seien seltene Ereignisse „zu erwarten“. Sollten sie tatsächlich stattfinden, sollten hierbei - zweitens - die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV zulässigen Immissionsrichtwerte nicht eingehalten werden können, und sollte - drittens - dadurch das zulässige Kontingent „seltener Ereignisse“ überschritten werden, so stünde nichts entgegen, diesem Umstand durch immissionsschutzrechtliche Anordnungen gegenüber dem Veranstalter der Tennismeisterschaften Rechnung zu tragen. Gleiches gälte, falls auf dem Gelände, das an den südlich liegenden Baggersee angrenzt, erneut „Events“ stattfinden sollten mit Geräuschimmissionen jenseits der Grenzen der Nr. 6.1 TA Lärm bzw. der Nr. 4.1 Buchst. c der insoweit ggf. als Beurteilungshilfe heranziehbaren Freizeitlärm-Richtlinie (NVwZ 1997, 469 ff.).

Bei den in Abschnitt 2.2.4 der Klagebegründung vom 20. April 2012 außerdem erwähnten Fußballspielen, die im Rahmen des normalen Ligabetriebs regelmäßig im Stadion der Beigeladenen abgehalten werden (vgl. die in der mündlichen Verhandlung am 5.2.2015 diesbezüglich übergebene Zusammenstellung), handelt es sich demgegenüber bereits nicht um seltene Ereignisse im Sinn der in Abschnitt 1 der Entscheidungsgründe dieses Urteils vorgenommenen Begriffsbestimmung. Denn das zumeist im Abstand von zwei bis drei Wochen stattfindende Aufeinandertreffen der ersten und zweiten Mannschaft des örtlichen Fußballvereins mit Mannschaften, die in einer vergleichbaren Ligaklasse spielen, stellt mangels signifikanter, nach außen hin hervortretender und mit erhöhter Geräuschentwicklung verbundener Abweichungen von den Nutzungen, die auf dem Fußballfeld eines solchen Stadions ansonsten ausgeübt werden, keine „Besonderheit“ von der Art dar, wie sie in der Nr. 7.2 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm vorausgesetzt wird. Fußballspiele, die in einem Stadion abgehalten werden, das der Durchführung von Wettkämpfen in dieser sportlichen Disziplin dient, können vielmehr nur dann als „Besonderheiten“ im Sinn dieser Bestimmung angesehen werden, wenn es sich um lediglich punktuell auftretende Ereignisse handelt, die sich für den heimischen Verein und seine Anhängerschaft im Vergleich zum regelmäßigen Spielbetrieb als außergewöhnlich darstellen und mit einem überdurchschnittlichen Publikumsaufkommen verbunden sind (vgl. OVG NRW, B.v. 18.3.2011 - 2 A 2581/09 - juris Rn. 31 ff. zu § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV). Abgesehen davon sähe § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV auch bei seltenen Ereignissen nur ein Absehen von Betriebszeitbeschränkungen vor, nicht aber von baulichen, technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen, soweit diese verhältnismäßig sind (vgl. auch Ketteler, NVwZ 2002, 1070/1074). Daher könnte z. B. der von der Klägerin beanstandete Einsatz von Lautsprechern Gegenstand behördlicher Überprüfungen sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO nicht der Billigkeit, die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene auch im zweiten Rechtszug keinen Antrag gestellt hat und sie damit ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen ist.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.