Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 9 CS 19.374

bei uns veröffentlicht am16.07.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Ansbach, AN 17 S 18.2454, 31.01.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Unter Aufhebung der Nummern I und II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 26. Januar 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2016 angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, wobei der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin und der Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.

III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf 5000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich als Nachbarn gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2016, mit dem dem Beigeladenen der Einbau von fünf Wohnungen und Lagerräumen in ein zwei- bis dreigeschossiges ehemaliges Fabrikgebäude auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung A* … genehmigt wurde. Die Antragsteller sind Miteigentümer (Antragsteller zu 2) bzw. Nießbraucherin (Antragstellerin zu 1) der unmittelbar angrenzenden Grundstücke FlNrn. … und … derselben Gemarkung.

Die Antragsteller erhoben am 26. Januar 2017 gegen die Baugenehmigung Klagen zum Verwaltungsgericht, über die noch nicht entschieden ist. Zudem beantragten sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 31. Januar 2019 abgelehnt, da die Baugenehmigung rechtmäßig sei. Soweit ein Abstandsflächenplan fehle, sei es den Antragstellern mangels eigener Rechtsverletzung nicht möglich, sich auf die Unbestimmtheit der Baugenehmigung zu berufen. Nach den Bauplänen führe das Bauvorhaben zu Verbesserungen für die Antragsteller. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei die Erschließung des Beigeladenengrundstücks über die Grundstücke FlNr. … und … und die insoweit ins Grundbuch eingetragenen Geh- und Fahrtrechte gesichert, sodass ihnen nicht die Gewährung eines Notwegerechts drohe. Die uneingeschränkte Grunddienstbarkeit folge den zeitgemäßen Nutzungsbedürfnissen des herrschenden Grundstücks. Bei fünf Wohnungen sei keine Ausweitung der Ausübung des dinglichen Herrschaftsrechts zu erwarten. Die Frage der Erschließung durch Feuerwehr und Rettungsdienst diene jedenfalls nicht dem Nachbarschutz. Die historisch bedingt fehlende Doppelsicherung des Geh- und Fahrtrechts sei ohne Belang. Auch die Gewährung von Abweichungen von den Abstandsflächenregeln sei rechtens. Aufgrund der von dicht aneinander gebauten Altbauten geprägten Umgebung ergebe sich eine besondere Situation. Das Gebäude auf dem Baugrundstück, für das bauordnungsrechtlicher Bestandsschutz anzunehmen sei, könne nur in der vorhandenen Umfassung sinnvoll genutzt werden. Mit dem Bauvorhaben gehe auch keine wesentliche, die Nachbarschaft beeinträchtigende Änderung einher. Ermessensfehler der Antragsgegnerin seien nicht ersichtlich. Gleiches gelte für die Abweichung hinsichtlich der brandschutzrechtlichen Vorschriften. Ebenso wie bei den Abstandsflächen komme es jedenfalls zu keiner negativen Veränderung für die Antragsteller, zumal Öffnungen in Brandwänden geschlossen würden.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihren Beschwerden. Es bestehe die Gefahr der Entstehung eines Notwegerechts. Im Jahr 1909 sei vereinbart worden, dass eine „Durchfahrt unter einem Ziegeleigebäude“ auf dem Grundstück FlNr. … zulässig sein solle. Diese räumliche Eingrenzung spräche dafür, dass das Geh- und Fahrtrecht wegen eines vom amtlichen Lageplan abweichenden, seit Jahrzehnten vorhandenen Gebäudebestandes gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen sei. Jedenfalls fehle die dingliche Sicherung zugunsten der Bauaufsichtsbehörde. Das Fahrtrecht umfasse nicht die Zufahrtsberechtigung zu fünf Wohnungen mit Kraftfahrzeugen. Die Breite der Zufahrt von der K* …straße betrage nach Messung durch ein beauftragtes Architekturbüro nur ca. 2,36 m und nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen habe, 3 m. Es bestünden keine ausreichenden Bewegungsflächen. Die Baugenehmigung sei überdies zulasten der Kläger zu unbestimmt, da sich aus ihr nicht ergebe, in welchem Umfang von der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen abgewichen werden dürfe. Das Verwaltungsgericht nehme hinsichtlich der Abstandsflächen auch fälschlich an, dass wegen der atypischen Grundstückssituation eine Rechtsverletzung der Antragsteller ausscheide. Das streitgegenständliche Gebäude, das seit September 2002 leer stehe, sei nicht mehr bestandsgeschützt. Die Antragsteller könnten sich des Weiteren auf eine Verletzung brandschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die diesbezüglichen Abweichungen hätten im Hinblick auf die zu enge Zufahrt und Fensteröffnungen in der Brandwand zum Grundstück FlNr. … nicht gewährt werden dürfen. Die Antragsteller würden durch die Baugenehmigung unzulässig darin eingeschränkt, an ihrem Grundstück FlNr. … bauliche Veränderungen vorzunehmen oder es sonst zu nutzen.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin und der Beigeladene beantragen jeweils,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin stellt die Richtigkeit der Messung der Zufahrtsbreite durch die Antragstellerseite infrage. Jedenfalls seien die Mindestanforderungen des Art. 4 BayBO erfüllt. Der bauliche Bestand genieße Bestandsschutz. Zum Brandschutz sei zu ergänzen, dass es mit Blick auf Art. 5 BayBO nicht erforderlich sei, dass Feuerwehrfahrzeuge in den Hinterhof einfahren könnten. Die Antragstellerin zu 1 sei im Übrigen nicht Miteigentümerin eines Nachbargrundstücks. Es fehle ihr die Beschwerdebefugnis.

Die Beigeladene weist u.a. noch darauf hin, dass sie die Zufahrt ohne Probleme für den Um- und Ausbau nutze.

Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2019 beantragten die Antragsteller die Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Ansbach (Az. 2 O 585/19) über das Bestehen eines Anspruchs der Antragsteller auf Bewilligung der Löschung des Geh- und Fahrtrechts gegenüber dem Beigeladenen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Dem Aussetzungsantrag der Antragsteller war nicht näherzutreten, weil die Beschwerdeentscheidung vom Ausgang des zivilgerichtlichen Verfahrens betreffend das Bestehen eines Geh- und Fahrtrechts auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung A* … zugunsten des Beigeladenen nicht abhängt.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung zu Unrecht abgelehnt. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung und unter Zugrundelegung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens werden die Anfechtungsklagen voraussichtlich Erfolg haben, sodass das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehbarkeit überwiegt.

1. Die Beschwerden beider Antragsteller sind zulässig. Auch die Antragstellerin zu 1 ist beschwerdebefugt. Sie ist Inhaberin von im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrechten und somit eigentumsähnlichen Rechten an den Grundstücken FlNrn. … und … (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 132. EL Dezember 2018, Art. 66 Rn. 85, 86 m.w.N.).

2. Die Beschwerden sind auch begründet. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 verletzt die Antragsteller voraussichtlich in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie in Bezug auf die an das Bauvorhaben zu stellenden Brandschutzvorgaben jedenfalls in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt ist. Es kann somit derzeit dahinstehen, ob die außerdem aufgeworfenen Fragen zur Erschließung und zum Abstandsflächenrecht dem Bauvorhaben entgegenstehen würden. Schon im Hinblick auf den offenen Ausgang des zivilrechtlichen Rechtsstreits betreffend das streitige Geh- und Fahrtrecht auf dem Grundstück FlNr. … werden Erschließungsfragen ggf. wohl noch zu diskutieren sein.

a) Die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 ist in einer für die Antragsteller nachteiligen Weise unbestimmt, weil aus ihr nicht ablesbar ist, ob den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über das Erfordernis von Brandwänden hinsichtlich der beiden nördlichsten Fensteröffnungen im ersten Obergeschoss (1. OG) auf der Nordostseite (Fensteröffnungen für Kinderzimmer und Schlafzimmerfenster) ausreichend Rechnung getragen wurde.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 9.4.2019 - 9 CS 18.2200 - juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 30).

Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Brandwände als Gebäudeabschlusswand (vgl. Art. 28 Abs. 1 Alt. 1 BayBO) dienen - anders als die Vorschriften über innere Brandwände - dem Nachbarschutz, weil sie das Übergreifen des Brandes auch auf Nachbargebäude verhindern sollen. Für Gebäudeabschlusswände an Stelle von Brandwänden i.S.d. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO kann nichts anderes gelten (vgl. Art. 28 Abs. 11 BayBO; BayVGH, B.v. 8.3.2018 - 15 CE 17.2599 - juris Rn. 58 m.w.N.).

Nach Art. 28 Abs. 1 BayBO müssen Brandwände als Gebäudeabschlusswände ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude verhindern. Brandwände sind grundsätzlich durchgehend (vgl. Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayBO), öffnungslos (Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2, Abs. 8 BayBO) zu errichten. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO sind Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich, wenn diese an der Grenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Anstelle von äußeren Brandwänden sind nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayBO bei Gebäuden der Gebäudeklasse 3 - wie hier - hochfeuerhemmende Wände zulässig. Müssen Gebäude, die über Eck zusammenstoßen, durch eine Brandwand getrennt werden, so muss der Abstand dieser Wand von der inneren Ecke nach Art. 28 Abs. 6 BayBO in der Regel mindestens 5 m betragen; dies gilt unter anderem nicht, wenn mindestens eine Außenwand bei Gebäuden der Gebäudeklasse 1 bis 4 auf 5 m als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist. Hochfeuerhemmend ist ein Bauteil grundsätzlich, wenn es 60 Minuten lang der Brandprüfung standhält (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2016 - 15 B 13.2435 - juris Rn. 26 m.w.N.).

Mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung wurde die beantragte Abweichung nach Art. 28 Abs. 6 BayBO (Nr. 26.1 des vom Beigeladenen im Bauantragsverfahren vorgelegten Brandschutznachweises des Architekten A* … V* … vom 7.3.2016) für die beiden nördlich gelegenen Fenster im 1. OG auf der Nordostseite nicht erteilt. Nach II. des Textteils der Baugenehmigung sind Abweichungen von Brandschutzanforderungen nur nach Art. 28 Abs. 8 BayBO und Art. 32 Abs. 4 BayBO erteilt worden. Für die benannten Fenster folgt die Notwendigkeit einer Brandwand jedoch aus dem nahezu rechtwinkligen Anbau des Gebäudes des Beigeladenen an die Südwand des Gebäudes der Antragsteller auf dem Grundstück FlNr. … Ob diese Außenwand als hochfeuerhemmende Wand im Sinne des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO ausgebildet ist, lässt sich nach der Aktenlage nicht feststellen; die Antragsgegnerin ging hiervon anscheinend im Ergebnis nicht aus. Der Begründung zur Baugenehmigung betreffend die beantragten Abweichungen zu Art. 28 Abs. 6 BayBO ist zu entnehmen, dass bereits in einem früheren Genehmigungsverfahren für die jeweils am nördlichsten liegenden Fenster in der südwestlichen und nordöstlichen Außenwand an der Grenze zu den Grundstücken FlNrn. … und … angeordnet worden sei, dass sie in Brandwandqualität zu schließen seien. Insoweit dürfe unterstellt werden, dass diese brandschutzkonforme Anpassung erfolgt sei. Weitergehende Anforderungen würden nicht für erforderlich gehalten. Es würden somit keine zusätzlichen Abweichungen erteilt. Auf die Nebenbestimmungen zum Brandschutz, die für den Fall, dass die nördlichsten Fensteröffnungen noch nicht in Brandwandqualität hergestellt seien, dies bis zum Nutzungsbeginn anordnen, werde verwiesen. Ohne jede Begründung offen bleibt somit der Abweichungsantrag Nr. 26.1 des Brandschutznachweises hinsichtlich des sich südlich an das am nördlichsten gelegene Kinderzimmerfenster anschließenden Schlafzimmerfensters im 1. OG der Nordostseite des Bauvorhabens. Zudem zeigen sowohl der mit Genehmigungsvermerk versehene Grundrissplan als auch der ebenso genehmigte Plan zur Nordansicht das betreffende Kinderzimmerfenster. Dies ist mit dem Textteil der Baugenehmigung nicht in Einklang zu bringen.

b) Im Übrigen werfen auch die zu Art. 28 Abs. 8 BayBO erteilten Abweichungen noch Fragen auf.

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der fünf südlichen Fenster in der Nordostwand auf Höhe des 1. OG.

Soll der Einbau von Fenstern in eine Brandwand als Gebäudeabschlusswand im Weg der Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO gestattet werden, ist der „Zweck der jeweiligen Anforderung“ zu berücksichtigen. Zweck der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Öffnungen in Brandwänden als Gebäudeabschlusswand ist es, die Brandausbreitung auf andere Gebäude zu verhindern (Art. 28 Abs. 1 Alt. 1 BayBO). Die Brandwand bildet das klassische Bauteil der brandschutztechnischen Abschottung, an dem ein Brand zunächst auch ohne Eingreifen der Feuerwehr gestoppt werden soll und sich jedenfalls nicht weiter ausbreiten darf (vgl. Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Baukammergesetzes, LT-Drs. 16/13683, § 1 Nr. 8 Buchst. d Doppelbuchst. bb und Begründung hierzu auf S. 12). Dieses Schutzziel kann nur erreicht werden, wenn die Brandwand keine Öffnungen aufweist, durch die Feuer und Hitze austreten können. Hiervon ausgehend weicht die weitere Zulassung der betreffenden fünf Fenster ohne die Anordnung irgendwelcher Brandschutzvorkehrungen (vgl. Art. 28 Abs. 8 Satz 2 BayBO zu inneren Brandwänden) nicht nur vom Grundsatz der öffnungslosen Brandwand ab, sondern sie widerspricht auch dem Drittschutz vermittelnden Schutzziel der brandschutztechnischen Abschottung von Brandwänden. Dass dies vorliegend wegen herausgehobener Bedeutung von privaten Interessen des Beigeladenen gerechtfertigt wäre, lässt sich im summarischen Verfahren nicht nachvollziehen.

Die Antragsgegnerin hat die Abweichung im angefochtenen Bescheid damit begründet, dass die betreffenden Fensteröffnungen unverändert bleiben und dies hinnehmbar sei, da auf FlNr. … ein zukünftiges Gebäude nur eingeschossig mit einer Höhe von 3 m im Mittel errichtet werden dürfe. Andernfalls seien die Abstandsflächenregeln verletzt. Diese Einschätzung beruht auf einer falschen Annahme. Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, ob dem Umstand, dass sich im 1. OG keine Öffnungen in grenznahen Wänden gegenüberliegen würden, die von der Antragsgegnerin beigemessene Bedeutung für die Frage der Brandausbreitung zukommen kann, ist jedenfalls unzutreffend, dass auf dem Grundstück FlNr. … allenfalls ein eingeschossiges (Neben-)Gebäude entstehen könnte. Vielmehr spricht wegen der im Hinblick auf die Einhaltung von Grenzabständen „regellosen“ Umgebung einiges dafür, dass bei einem Bauvorhaben im südlichen Bereich dieses Grundstücks Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zum Tragen käme und somit die grenzständige Errichtung auch eines Gebäudes, das nicht der Ausnahme in Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO unterfällt, grundsätzlich in Betracht kommen könnte. Infolge der vorliegenden Grundstücksituation kann jedenfalls die Notwendigkeit der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächenregeln nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Dass das klägerische Grundstück im fraglichen Bereich wohl weniger als 4 m breit ist, steht dem nicht entgegen. Inwieweit sich der Beigeladene dagegen auf einen durch die Baugenehmigung von 1972 oder später erteilte Baugenehmigungen vermittelten Bestandsschutz hinsichtlich der brandschutztechnischen Anforderungen an die seinerzeit zugelassenen Fenster berufen kann, bedarf noch weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren. Dem Bauantrag kann nicht entnommen werden, dass bzw. ob die Fenster im Zuge des aktuellen Bauvorhabens ausgetauscht werden. Es steht aber jedenfalls zu vermuten, dass seit 1972 Veränderungen vorgenommen wurden.

bb) Vorstehendes gilt entsprechend auch für die Tür im südlichen Windfang, die unabhängig davon, dass südlich davon Fenster geschlossen werden, eine Öffnung in der Brandwand mit entsprechenden Auswirkungen im Brandfall darstellt.

cc) Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass auch die Begründung zur Erteilung einer Abweichung in Bezug auf die Türöffnung im nördlichen Windfang nicht tragen würde, weil sich der vorherige Zugang wie auch der neue Zugang - anders als im Bescheid dargestellt - an der Südseite des Anbaus befand. Zudem schließt ein bestehendes Geh- und Fahrtrecht auf FlNr. … einen Grenzanbau oder grenznahen Anbau nicht aus. Insoweit wären Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO, die Möglichkeiten, Abweichungen von den Abstandsflächenregeln zu beantragen und ggf. auch § 1023 BGB, wonach die Ausübung einer Grunddienstbarkeit verlegt werden kann, in den Blick zu nehmen. Allerdings würde sich dies nach der Entscheidung des Großen Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 1989 (14 B 87.04029 - BayVBl 1990, 116), nach der Außenwände eines Gebäudes, die senkrecht zur Nachbargrenze verlaufen, in einem Abstand bis zu 2,5 m von dieser Grenze nicht als Brandwände zu errichten sind (a.A. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, 132. EL Dezember 2018, Art. 28 Rn. 47), nicht auswirken.

Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren folgen aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

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(2) Die Vorschrift des § 892 findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Oktober 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 19. Juli 2018 gegen den Bescheid des Landratsamts W.… vom 23. Mai 2018 wird angeordnet, soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Errichtung und der Betrieb einer Lautsprecheranlage genehmigt wurden. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt jeder Beteiligte zu jeweils einem Drittel.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (Änderungsgenehmigung) zur zusätzlichen Errichtung von zwei Containern neben einer zuvor genehmigten und bereits errichteten Freilufthalle auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung T., mit der zugleich die bis dahin untersagte Aufstellung und der Betrieb einer Lautsprecheranlage in der Freilufthalle zugelassen wurde.

Die Freilufthalle gehört zur Bezirkssportanlage der Beigeladenen an der Straße „A.“. Östlich der Sportanlage schließt auf der gegenüberliegenden Straßenseite das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück der Antragstellerin FlNr. … Gemarkung T.an.

Die Baugenehmigung für die Freilufthalle wurde mit Bescheid des Landratsamts W. vom 10. August 2017 unter immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen erteilt. In Nr. 6.2 der Baugenehmigung wurde dabei geregelt, dass das geplante Vorhaben entsprechend den Planungsunterlagen, der Betriebsbeschreibung vom 28. Mai 2017 und der schalltechnischen Untersuchung (des Ingenieurbüros K. GmbH) vom 26. Mai 2017 auszuführen und zu betreiben ist. Die Aufstellung und der Betrieb einer Lautsprecheranlage sind nicht zulässig (Nr. 6.8).

Nach Errichtung der Freilufthalle im Laufe des Jahres 2017 wurde dem Landratsamt bekannt, dass dort auch eine Lautsprecheranlage installiert wurde und betrieben wird. Am 15. Februar 2018 stellte die Beigeladene einen Tekturantrag betreffend die zusätzliche Errichtung von zwei Containern an der Freilufthalle und legte hierzu u.a. eine „Schalltechnische Zusatzberechnung zur Bestimmung der maximalen Schallleistungspegel für zwei Lautsprecher in der bestehenden Freilufthalle in der Stadt T., Landkreis W.“ des Ingenieurbüros K. GmbH vom 15. Februar 2018 sowie einen geänderten Plan Grundriss Querschnitt zur Freilufthalle vor, in dem neben zwei Containern auch zwei Lautsprecher eingezeichnet sind.

Mit Bescheid des Landratsamts vom 23. Mai 2018 wurde die Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Containern an der Freilufthalle erteilt. Der Bescheid enthält u.a. folgende „Auflagen“ der unteren Immissionsschutzbehörde:

„6.1 Ein Betrieb der Lautsprecheranlage ist nur innerhalb der Betriebszeit von 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr erlaubt.

6.2 Pro Lautsprecher darf ein Schallleistungspegel von 90 dB(A) nicht überschritten werden. Dies ist gegebenenfalls durch den Einbau eines Limiters sicherzustellen.

Bis auf Auflage 6.8 des Baugenehmigungsbescheids vom 10.08.2017 gelten die Nebenbestimmungen 6.1 bis 6.7 weiterhin.“

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigungen vom 10. August 2017 und 23. Mai 2018, ihr jeweils zugestellt am 21. Juni 2018, Klagen zum Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Zudem hat sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 1. Oktober 2018 abgelehnt. Ein Verstoß dieser Baugenehmigung gegen drittschützende Normen, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen gewesen seien, sei aller Voraussicht nach nicht gegeben. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteile sich nach § 35 BauGB. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Von unzumutbaren Lärmbelästigungen durch die Lautsprecheranlage sei nach den Maßstäben des Immissionsschutzrechts bzw. der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und in Anbetracht der immissionsschutzrechtlichen Auflagen in den angefochtenen Bescheiden nicht auszugehen. Es könne offen bleiben, ob sich das Grundstück der Antragstellerin in einem allgemeinen oder reinen Wohngebiet befinde. Wegen seiner Lage am Rande zum Außenbereich könne die Antragstellerin nur die Einhaltung der Immissionsrichtwerte eines allgemeinen Wohngebietes verlangen. Das Gericht habe auch keine Bedenken, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte eingehalten werden könnten. Dies ergebe sich aus der schalltechnischen Zusatzberechnung des Ingenieurbüros K. GmbH vom 15. Februar 2018 sowie den schalltechnischen Untersuchungen aus den Jahren 2013 und 2017 desselben Büros, die Grundlagen der schalltechnischen Zusatzberechnung seien. Die insoweit getroffenen Feststellungen seien ausreichend und auch sonst nicht zu beanstanden. Auch der Nutzungsumfang der Freilufthalle sei ausreichend berücksichtigt. Der zugelassene Schul- und Vereinssport müsse sich an die Kapazitäten nach den Planungsunterlagen, der Betriebsbeschreibung und der schalltechnischen Untersuchung anpassen. Dies werde durch die Auflage Nr. 6.2 der Baugenehmigung vom 10. August 2017 sichergestellt. Die bei der schallschutztechnischen Untersuchung ermittelten geringfügigen Überschreitungen seien hinzunehmen, zumal entsprechende Vorbelastungen bestünden. Auch für eine Mehrbelastung der Antragstellerin gegenüber den untersuchten Immissionsorten spreche nichts.

Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Das Verwaltungsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass für das Grundstück der Antragstellerin von den für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Lärmschutzwerten auszugehen sei. Bei der Erweiterung und der Vergrößerung der Sportanlage sei die ausnahmslos bestehende Wohnbebauung östlich der Straße „A.“ und das damit einhergehende gesteigerte Ruhebedürfnis zu berücksichtigen. Es seien auch in Anbetracht der Lage des klägerischen Grundstücks am Rande zum Außenbereich strengere Werte anzulegen als für ein allgemeines Wohngebiet. Ein Emittent müsse bei Heranrücken an ein reines Wohngebiet Rücksicht auf die vorhandene Wohnbebauung nehmen. Die Freilufthalle rufe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zusätzliche Immissionen hervor, weil sie anders als das zuvor an gleicher Stelle bestehende Kleinsoccerfeld nicht der spontanen Nutzung durch Kinder, sondern der durch Erwachsene gegen Entgelt diene. Die Lautsprecheranlage verstärkte noch den Unterhaltungslärm. Es sei von einem anderen Nutzungsverhalten, anderen Nutzungszeiten und mehr Nutzern auszugehen. Die schalltechnische Untersuchung sei insoweit und auch darüber hinaus unzureichend. Es sei u.a. keine Betrachtung des worst case durchgeführt worden. Die der Schallberechnung zugrunde gelegten zehn Spieler und sieben Zuschauer seien nicht durch Nebenbestimmungen gewährleistet und nicht einzuhalten. Die Öffnungszeiten entsprächen nicht denen der Lärmbegutachtung. Die in der Baugenehmigung festgesetzten Lärmwerte seien selbst nach den gutachterlichen Berechnungen nicht einhaltbar. Es werde eine Überschreitung am Nachbargrundstück der Antragstellerin von 0,4 dB(A) festgestellt. Die schalltechnische Zusatzberechnung vom 15. Februar 2018, die auf der schalltechnischen Untersuchung vom 26. Mai 2017 basiere, sei nicht geeignet, die Einhaltung von Lärmschutzwerten beim Betrieb der Lautsprecheranlage zu gewährleisten.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschuss des Verwaltungsgerichts Ansbach zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 23. Mai 2018 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der vom Verwaltungsgericht angenommene beschränkte Schutzanspruch der Antragstellerin aufgrund der Nachbarschaft zum Außenbereich sei nicht zu beanstanden. Der Wertung des Verwaltungsgerichts, wonach die Überschreitung der Immissionsschutzwerte um 0,4 dB(A) rundungstechnisch tolerierbar sei, werde nichts entgegengesetzt. Der Hinweis auf die zu erwartende Nutzung durch Erwachsene zeige keine Rechtsfehler auf. Missbräuchliche Nutzung durch Erwachsene über die sportliche Zweckbestimmung hinaus könne ordnungsrechtlich aufgegriffen werden. Im Übrigen werde auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts vom 31. August 2018 verwiesen.

Die Beigeladene beantragt ohne weitere Begründung ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten des Landratsamts verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat zum Teil Erfolg.

1. Die Beschwerde ist begründet, soweit mit der Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 in der Freilufthalle die Errichtung und der Betrieb einer Lautsprecheranlage zugelassen wurde. Insoweit verletzt diese Baugenehmigung die Antragstellerin voraussichtlich in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt ist. Die Baugenehmigung ist hinsichtlich der Lautsprecheranlage und der ebenfalls genehmigten Errichtung von zwei Containern auch ohne weiteres teilbar (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2014 - 2 CS 13.2472 - juris Rn. 7).

Gegenstand der Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 ist - entgegen der Bezeichnung im Betreff und unstrittig - nicht nur die Errichtung von zwei Containern, sondern nach Auslegung unter Berücksichtigung der Regelungen im Baugenehmigungsbescheid auf der Grundlage der mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen auch die Änderung der Baugenehmigung für die Freilufthalle vom 10. August 2017 insoweit, als die Aufstellung und der Betrieb einer Lautsprecheranlage mit der Nebenbestimmung Nr. 6.8 in diesem Bescheid ursprünglich nicht genehmigt worden war und nunmehr unter „Auflagen“ (Nrn. 6.1 und 6.2 des Tekturbescheids) zugelassen worden ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 - juris Rn. 13; B.v. 19.7.2016 - 9 ZB 14.1147 - juris Rn. 9).

Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten - gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung - eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten - wie hier - ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 13 m.w.N.).

Die Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 wurde auf der Basis der schalltechnischen Zusatzberechnung des Ingenieurbüros K. GmbH vom 15. Februar 2018 für eine Lautsprecheranlage mit 90 dB(A) zu dessen schallschutztechnischer Untersuchung vom 26. Mai 2017 erteilt. Diese wiederum ist Grundlage der Baugenehmigung vom 10. August 2017. Die Genehmigung der Lautsprecheranlage unterliegt folglich der Prämisse, dass durch die Freilufthalle in der bestehenden Sportanlage der Beigeladenen an den untersuchten Immissionsorten die für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte eingehalten werden können. Die Bestimmtheit der Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 hängt daher auch davon ab, ob die ebenfalls angefochtene Baugenehmigung vom 10. August 2017 hinsichtlich der zu erwartenden Geräuschimmissionen als bestimmt genug angesehen werden kann. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Antragstellerin auf der Grundlage dieser Baugenehmigungen nicht zweifelsfrei feststellen kann, ob durch die Zulassung der Freilufthalle mit der Lautsprecheranlage schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an ihrem Wohnhaus zu erwarten sind.

a) In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf hier in Rede stehende schädliche Lärmeinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Genüge getan ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Treffen - wie hier - verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot ebenso eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat wie in § 34 Abs. 1, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 15 m.w.N.).

b) Was der Antragstellerin danach an Immissionen durch Geräusche im konkreten Einzelfall zugemutet werden kann, bemisst sich vorliegend voraussichtlich nach der 18. BImSchV, jedenfalls soweit die Freilufthalle, in der die Lautsprecheranlage installiert ist und betrieben wird, nach ihrer Baulichkeit entsprechend den genehmigten Plänen und dem ebenfalls zum Gegenstand der Baugenehmigung vom 10. August 2017 (Auflage Nr. 6.2) gemachten Betriebsmodell vom 28. Mai 2017 der Hochschule für … … … … als Kunstrasen-Trainingsmöglichkeit zum Zweck der Ausübung verschiedener Sportarten (Fußball, Fitness-Training, Schul- und Kindergartensport, Leichtathletik) dient und einer Genehmigung nach § 4 BImSchG nicht bedarf (s. § 1 der 18. BImSchV). Unabhängig davon, ob man die Freilufthalle isoliert in den Blick nimmt oder als Änderung der Bezirkssportanlage der Beigeladenen betrachtet, ist der von einer Sportanlage ausgehende Lärm zu beurteilen (zum Sportanlagenbegriff vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2003 - 7 B 88/02 - juris Rn. 5). Der Errichtung einer Sportanlage sind bauliche Veränderungen gleichzusetzen, welche eine Sportanlage wesentlich verändern (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 87. EL Juli 2018, 18. BImSchV, § 1 Rn. 7).

Soweit die Freilufthalle zu anderen (nicht sportlichen) Zwecken genutzt wird, was nach dem zum Gegenstand der Baugenehmigung vom 10. August 2017 in der Fassung vom 23. Mai 2018 gemachten Betriebsmodell vom 28. Mai 2017 und insbesondere dem darin vorgesehenen Belegungsmodell möglicher Weise nicht ausgeschlossen werden kann, dürften die Vorschriften der 18. BImSchV keine Anwendung finden. Solche Nutzungen wären nach dem jeweils einschlägigen Regelwerk - in der Regel der TA Lärm oder der Freizeitlärmrichtlinie - zu beurteilen (vgl. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, a.a.O. Rn. 8 ff.). Eine entsprechende Betrachtung ist im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung vom 26. Mai 2017 allerdings unterblieben, so dass die Antragstellerin aufgrund der Angaben im Bauantrag nicht nachvollziehen könnte, ob sie insoweit mit schädlichen Umwelteinwirkungen zu rechnen hätte.

c) In welcher Höhe der Antragstellerin eine vorhabenbedingte Geräuschbelastung zugemutet wird, ergibt sich aus der Nebenbestimmung Nr. 6.4 im Bescheid vom 10. August 2017. Danach sind hinsichtlich der maßgeblichen Immissionsorte im Wohngebiet der Antragstellerin die in § 2 Abs. 1 der 18. BImSchV geregelten Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet einzuhalten. Bedenken gegen diese zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes und die Festlegung eines Summenpegels für die gesamte Sportanlage bestehen nicht, da § 2 Abs. 1 der 18. BImSchV beides ausdrücklich vorsieht (s. auch Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 87. EL Juli 2018, 18. BImSchV, § 2 Rn. 10 f.).

d) Allerdings ist wegen uneindeutiger Angaben im Bauantrag nicht gewährleistet, dass die festgesetzten Immissionswerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 - 9 CS 18.10 - juris Rn. 19).

Die Immissionsbelastung kann derzeit nicht verlässlich beurteilt werden, weil sich aus den Regelungen in der Baugenehmigung vom 10. August 2017 in der Fassung vom 23. Mai 2018, dem mitgenehmigten Betriebsmodell vom 28. Mai 2017 sowie der zum Gegenstand der Genehmigung gemachten schalltechnischen Untersuchung vom 26. Mai 2017 (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2015 - 9 ZB 12.1377 - juris Rn. 7 m.w.N.) nicht zweifelsfrei ablesen lässt, ob der Betrieb der Freilufthalle den Einschränkungen hinsichtlich der Zahl der Nutzer unterliegt, die bei dieser schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegt wurden.

Eine Einschränkung des Betriebs auf zehn Spieler und sieben Zuschauer, wie in der schalltechnischen Untersuchung vom 26. Mai 2017 bei den Berechnungen zur Freilufthalle anhand der Lärmimmissionen eines Bolzplatzes mit Kommunikationsgeräuschen nach der LfU-Studie zu Geräuschen von Trendsportanlagen (Teil 2: Beachvolleyball, Bolzplätze, InlineSkaterhockey, Streetball, Augsburg, Juni 2006) bzw. der VDI 3770 in Form von 17 Spielern exakt zugrunde gelegt (s. S. 16 der Untersuchung), kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf eine Stellungnahme der unteren Immissionsschutzbehörde des Landratsamts W. vom 31. August 2018 Bezug nimmt, anhand des Betriebsmodells vom 28. Mai 2017 nicht nachvollzogen werden. Hierzu sahen sich anscheinend auch die Gutachter nicht in der Lage, die wegen der Anzahl der Spieler und Zuschauer auf Angaben im Rahmen einer Rücksprache mit der Beigeladenen zurückgriffen (s. S. 8 der Untersuchung). Im Betriebsmodell ist zwar ausgeführt, dass „die Halle in der Regel für kleinere Sportveranstaltungen (z.B. bis zu 10 Spieler)“ genutzt werde und Zuschauer „in der Regel“ nicht vor Ort seien. Dass mehr als zehn Spieler und auch Zuschauer in größerer Anzahl vor Ort sein können, ist aber gerade nicht ausgeschlossen. Weil ausweislich des Belegungsmodells im Betriebsmodell zu den vier Hauptbenutzergruppen auch Schulen des Landkreises und zwar zu Sonderkonditionen und mit privilegierten Belegungszeiten zählen, spricht vielmehr einiges dafür, dass eine größere Anzahl von Spielern und Zuschauern trotz fehlender festinstallierter Zuschauertribünen keine Ausnahme, sondern die Regel sein könnte. Schon einzelne Schulklassen weisen im Normalfall mehr als bis zu siebzehn Schüler auf; annähernd 30 Schüler sind keine Seltenheit. Begleitpersonal käme noch hinzu. Auch bei den übrigen Hauptbenutzergruppen (Vereine im Landkreis, Studierende der Hochschule für … …, gewerbliche Nutzer) ergibt sich nicht ohne weiteres, dass die jeweilige Gruppe auf „in der Regel“ zehn Spieler und keine oder nur bis zu sieben Zuschauer beschränkt wäre, zumal das Betriebsmodell daneben u.a. die „Multifunktionsfähigkeit“ und die „Sozialverträglichkeit“ der Freilufthalle bewirbt und ausführt, dass die Freilufthalle von verschiedensten Gruppen, wie Vereinen, Schulen, Kindergärten, Betrieben, Privatpersonen, aus dem gesamten Landkreis und darüber hinaus genutzt werden könne. Das Betriebsmodell für die Freilufthalle vermittelt damit den deutlichen Eindruck, dass vor allem eine möglichst hohe Auslastung angestrebt wird und eine strikte Nutzerbegrenzung - die dem wohl auch abträglich wäre - gerade nicht besteht. Eine eindeutige Begrenzung im Sinne der Berechnungsgrundlagen der schalltechnischen Untersuchung, z.B. mittels einer Auflage zur zulässigen Anzahl der Nutzer je Buchung, enthält die Baugenehmigung vom 10. August 2017 in der Fassung vom 23. Mai 2018 nicht.

Nachdem die schalltechnische Untersuchung vom 26. Mai 2017 ergab, dass die nach der Nebenbestimmung Nr. 6.4 in der Baugenehmigung vom 10. August 2017 einzuhaltenden Immissionswerte, die den Immissionsrichtwerten der 18. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet entsprechen, an einzelnen Immissionsorten sogar überschritten werden, kommt es vorliegend nicht in Betracht, die eindeutige Beschränkung der Zahl der Nutzer in der angefochtenen Baugenehmigung als entbehrlich anzusehen. U.a. wird am Immissionsort IO4, dem unmittelbaren Nachbargrundstück der Antragstellerin, der Immissionsrichtwert zur Tagzeit außerhalb der Ruhezeiten (Abend) um 0,4 dB(A) überschritten. Wie diese Überschreitung der nach den angefochtenen Baugenehmigungen maßgeblichen Immissionswerte ansonsten zu beurteilen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Dies gilt auch für die Frage, ob es vorliegend zulässig und geboten war, sich an den Immissionsrichtwerten für ein allgemeines Wohngebiet zu orientieren, wobei allerdings zu berücksichtigen wäre, dass die 18. BImSchV im Baugenehmigungsverfahren auch bei unmittelbarer Anwendung Raum für die differenzierte Bewertung von Nutzungskonflikten zwischen einem Gebiet für Sportanlagen und einem angrenzenden Wohngebiet nach Maßgabe des Gebots der Rücksichtnahme lässt (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - juris Rn. 25) und es somit ggf. noch weiterer Aufklärung der Umstände des Einzelfalls bedürfte.

2. Soweit die hier ohne weiteres als entsprechend teilbar anzusehende Baugenehmigung vom 23. Mai 2018 die Errichtung von zwei Containern neben der Freilufthalle betrifft, kann die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Antragstellerin diesbezüglich für einen Antrag nach §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO die erforderliche Antragsbefugnis fehlt. Es ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, wieso die Baugenehmigung im Hinblick auf die geplanten Container zu einer Verletzung der Rechte der Antragstellerin führen könnte. Dass durch das - unstreitig - dem Außenbereich zuzuordnende Vorhaben diesbezüglich gegen das einzig in Betracht kommende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen sein könnte, ist bei der nach Aktenlage deutlich mehr als 100 m betragenden Entfernung des Standorts zum Grundstück der Antragstellerin nicht ansatzweise erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke (FlNr. ... und ... der Gemarkung Z...) gegen eine dem Beigeladenen unter dem 30. Mai 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Wohn- und Geschäftshaus mit Mittelgarage“ auf dem (getrennt durch die öffentliche Verkehrsfläche FlNr. ...) südlich benachbarten Baugrundstück (FlNr. ... und FlNr. ...2 sowie südlicher Teil der FlNr. ...).

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 27. Juni 2016 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ der Stadt Z... Gegen diesen hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gestellt (15 N 17.1175), über den noch nicht entschieden wurde. Nachdem der Beigeladene ursprünglich die Bauunterlagen der Stadt im Genehmigungsfreistellungsverfahren am 25. Mai 2016 vorgelegt hatte, hat das Landratsamt R... auf Antrag der Stadt vom 30. Mai 2016 das (vereinfachte) Genehmigungsverfahren durchgeführt. Die streitgegenständliche Baugenehmigung erging unter (maßgeblich den südlichen Gebäudeteil betreffenden) Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans sowie unter diversen zugelassenen Abweichungen von brandschutzbezogenen Regelungen des Bauordnungsrechts. Nach den genehmigten Plänen sind eine offene Parkgarage im Erdgeschoss, Ladennutzung im 1. Obergeschoss, ein Bürokomplex sowie ein „Fitness“-Bereich im 2. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss eine Wohnnutzung mit Dachterrasse vorgesehen.

Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 30. Juni 2017 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 22. November 2017 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung – unabhängig davon, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan gültig sei oder nicht – mangels Rechtsverletzung voraussichtlich keinen Erfolg habe.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Zusammengefasst trägt er im Beschwerdeverfahren vor, es sei aufgrund der beengten örtlichen Situation offen, wie die Stellplätze im Erdgeschossbereich des geplanten Neubaus angefahren werden könnten. Für größere Fahrzeuge (Müllabfuhr, Winterdienst, Lastkraftwagen, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes) fehle eine Wendemöglichkeit, sodass es auch insoweit erhebliche Lärmbelästigungen der Anwohner geben werde. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Das genehmigte Bauvorhaben verletze zudem die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften und wahre deshalb auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Die Baugenehmigung sei wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zudem unbestimmt.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2017 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht habe sich das Erstgericht mit allen in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Gesichtspunkten bereits erschöpfend und zutreffend auseinandergesetzt. Die Erwägungen zur Zulässigkeit des Vorhabens für den Fall, dass der Bebauungsplan unwirksam sein sollte, seien erkennbar hilfsweise angestellt worden. Die vom Antragsteller angesprochenen abstandsflächenrechtlichen Fragen seien von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, weil im vereinfachten Verfahren keine Abstandsflächen zu prüfen seien.

Der Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und führt hierzu aus, aus den in den Akten befindlichen Plänen sei erkennbar, dass durch die Verringerung der Größe des geplanten Vorhabens die öffentlich nutzbaren Flächen größer geworden seien. Eine Verschlechterung des ursprünglichen Zustands sei somit nicht gegeben. Der Antragsteller habe seine Behauptungen zu beengten Verhältnissen hinsichtlich des an- und abfahrenden Verkehrs nicht durch stichhaltige Argumente untermauert. Die Befürchtung eines Chaos wegen fehlender Wendemöglichkeit sei abwegig, zumal es bereits mit den alten engeren Wegen nicht zu Beschwerden hinsichtlich der Versorgungsfahrzeuge gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe schlüssig und widerspruchsfrei sowohl eine Verletzung des Abstandsflächenrechts als auch des Rücksichtnahmegebots verneint. Auch sei der notwendige Abstand zu dem westlich gelegenen Gebäude eingehalten. Dieses stehe in seinem Eigentum und solle bei nächster Gelegenheit ohnehin abgebrochen werden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass sich das geplante Vorhaben auch ohne einen neuen Bebauungsplan in die nähere Umgebung einfüge.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Antragsgegner ergänzend mit, dass Baugenehmigungen und sonstige Bauakten für den Altbestand (B... 3 und 5) weder beim Landratsamt noch bei der Stadt Z... existieren. Zur Verdeutlichung des zwischenzeitlich bereits abgebrochenen Altbestands legte der Antragsgegner Lichtbilder vor, auf die verwiesen wird. Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich des anhängigen Normenkontrollverfahrens 15 N 17.1175) und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Nachbarn – wie hier der Antragsteller – können sich als Dritte auch im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Aus den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründen‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ ist nicht ersichtlich, dass die Klage in der Hauptsache Erfolg hätte (im Folgenden 1. und 2.). Selbst wenn über die vom Antragsteller ausdrücklich vorgebrachten Argumente und damit über den engen Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus von Seiten des Senats weitere Aspekte des Park- und Anlieferlärms in die Beschwerdeprüfung einbezogen werden und ein Erfolg der Anfechtungsklage dann als offen zu bewerten wäre, fällt eine dann vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung dennoch zu Lasten des Antragstellers aus (unten 3.).

1. Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots setzt voraus, dass ein einschlägiger Bebauungsplan für eine solche noch offen ist. Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf der Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist; in diesem Fall ist das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist von der planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“ (BVerwG, U.v. 12.9.2013 – BVerwGE 147, 379 = juris Rn. 20).

Der ein Mischgebiet ausweisende vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ wurde speziell für das Vorhaben des Beigeladenen erlassen. In den textlichen Festsetzungen finden sich zum Maß der baulichen Nutzung Regelungen zur Wand- und zur Firsthöhe. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche sind geschossweise differenzierte Baugrenzen festgesetzt. In Absatz 9 der textlichen Festsetzungen werden Unterschreitungen der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO für zulässig erklärt. In der Schlussabwägung zum Bebauungsplan am 20. Juni 2016 hat sich der Grundstücks- und Bauausschuss der Stadt Z... in Reaktion auf die im Verfahren der Bauleitplanung erhobenen Einwendungen des Antragstellers auch mit den beengten Straßenverhältnissen (Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge), den Abstandsflächen, der Verschattungsproblematik sowie der Frage der Lärmbelastung durch Ziel- und Quellverkehr auseinandergesetzt. In der Begründung des Bebauungsplans werden sowohl die Platzverhältnisse mit Blick auf die Abfallentsorgung und den Winterräumungsdienst (Nr. 4.2.4) als auch die Abstandsflächenfrage (Nr. 5.5) thematisiert.

Sollte der vorhabenbezogene Bebauungsplan, der vorbehaltlich einzelner im Rahmen der Baugenehmigung erteilter Befreiungen auf das genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen zugeschnitten wurde, wirksam sein, wäre mithin zu hinterfragen, ob die angefochtene Baugenehmigung das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aufgrund einzelner oder aller vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen (erdrückende Wirkung, Verschattung, chaotische Park- und Verkehrsverhältnisse aufgrund beengten Raums im Bereich des B...) womöglich deshalb nicht verletzen kann, weil diese Fragen im Rahmen der Abwägung womöglich einer endgültigen Konfliktbewältigung zugeführt worden sind. Diese Frage bedarf im vorliegenden Eilverfahren keiner Klärung, weil der Eilantrag des Antragstellers auch dann unbegründet ist, wenn im Baugenehmigungsverfahren Raum für die Prüfung der im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen am Maßstab des Rücksichtnahmegebots verbleiben sollte (vgl. im Folgenden 2. und 3.). Insofern kann hier auch dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan als wirksam anzusehen ist oder nicht. Dies bleibt der Prüfung des Senats im Normenkontrollverfahren 15 N 17.1175 vorbehalten.

2. Geht man davon aus, dass trotz des vorhabenbezogenen Bebauungsplans eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend gemachten Einwendungen durch die Baugenehmigung möglich bleibt – wie in der folgenden Prüfung (auch unten 3.) unterstellt wird – und legt man gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein den Vortrag des Antragstellers zugrunde, ist nicht ersichtlich, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung Erfolg haben kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Soweit der Antragsteller in Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts vorträgt, dass die angefochtene Baugenehmigung die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO verletze bzw. mangels Abstandsflächenplans als Bestandteil der Bauunterlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt sei, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

aa) Der Einwand des Antragstellers, das Vorhaben widerspreche Art. 6 BayBO, ist für die Frage des Erfolgs des Eilantrags und damit auch der vorliegenden Beschwerde irrelevant. Damit kann auch in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan wirksam ist (und ob sich die Vorgaben des Abstandsflächenrechts daher aufgrund abweichender Bauleitplanung nach Art. 6 Abs. 5 Satz 3 und / oder Abs. 1 Satz 3 BayBO richtet) oder ob das Verwaltungsgericht unter der alternativen Prämisse der Unwirksamkeit des Bebauungsplans die abstandsflächenrechtliche Rechtsanwendung am Maßstab von Art. 6 BayBO im Einzelnen korrekt oder falsch durchgeführt hat.

Der Antragsteller kann sich zur Begründung eines Genehmigungsabwehranspruchs nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn die Feststellungswirkung der im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilten Baugenehmigung umfasst Art. 6 BayBO nicht, weil im Genehmigungsverfahren eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO nicht beantragt wurde. Da Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO, wonach die Genehmigungsbehörde den Bauantrag im Falle eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Prüfprogramms des Genehmigungsverfahrens ablehnen darf, nicht dazu bestimmt ist, nachbarlichen Interessen zu dienen, kann sich auch hieraus kein erweiterter Nachbarschutz ergeben (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 16; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3; B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 10 f.; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsteller kann einen voraussichtlichen Erfolg seiner Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung auch nicht mit der Einwendung begründen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO auf die Einhaltung des (drittschützenden) bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme geschlossen. Auch für das Verwaltungsgericht war die von ihm angenommene Einhaltung der Vorgaben des Abstandsflächenrechts nur eine von mehreren Erwägungen, die aus seiner Sicht dafür sprachen, dass dem Vorhaben keine erdrückende Wirkung zukomme. Es hat darüberhinausgehend ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass von dem geplanten Vorhaben derart gravierende Auswirkungen, wie sie in der Rechtsprechung für die Annahme einer im Einzelfall erdrückenden Wirkung diskutiert würden, ausgingen, und dabei darauf hingewiesen, dass die Gebäude des Antragstellers – getrennt durch eine Straße – (teilweise) schräg gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen situiert und von diesem insgesamt mindestens 15 m entfernt seien.

Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall der Wirksamkeit der Baugenehmigung), über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall eines sog. „faktischen Baugebiets“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (im Falle einer sog. „Gemengelage“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer (behaupteten) Verletzung des Abstandsflächenrechts und aus den speziell vom Abstandsflächenrecht anvisierten Schutzzielen (insbesondere bezüglich der Belichtung) kann nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen, kann hieraus im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht). Hierzu hat die Antragstellerseite in der Beschwerdebegründung allerdings nichts vorgetragen und sich insbesondere nicht substanziiert mit den einzelfallbezogenen Wertungen des Erstgerichts auseinandergesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht) kann eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin – neben der bloßen Distanz – insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn 13; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810 = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 – 3 S 2167/15 – juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 – 1 A 556/14 – juris Rn. 15 f.; B.v. 25.7.2016 – 1 B 91/16 – juris Rn. 13 ff.). Nach dem mit Genehmigungsstempel versehenen Lageplan sind die nördlich gelegenen Gebäude des Antragstellers mindestens 15 m vom Baukörper des streitgegenständlichen Vorhabens entfernt. Das geplante Wohn- und Geschäftshaus des Beigeladenen lässt an seinen Längsseiten nach Osten und nach Westen hin Freiräume nach Süden in Richtung des Schwarzen Regen. Nach Aktenlage und summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht ersichtlich, wie das Gebäude mit Blick auf die tatsächlichen Abstände zu den nördlich gelegenen Gebäuden des Antragstellers und mit Blick auf seine Situierung trotz seiner Höhe zu Lasten des Antragstellers in der ohnehin dicht besiedelten Innenstadtlage einen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effekt haben könnte. Jedenfalls wurde im Beschwerdeverfahren nichts Gegenteiliges in substanziierter Weise vorgetragen, woraus konkret geschlossen werden könnte, dass die streitgegenständliche bauliche Anlage des Beigeladenen den nördlich angrenzenden Gebäuden förmlich „die Luft nehme“, weil es derartig übermächtig wäre, dass die Gebäude auf den Antragstellergrundstücken nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würden (vgl. OVG NRW, U.v. 19.7.2010 – 7 A 3199/08 – BauR 2011, 248 = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 – 7 A 1251/15 – juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6).

Ähnliches gilt für die Verschattungsproblematik, zumal der Antragsteller diese nicht konkret zum Gegenstand seines Beschwerdevortrags gemacht hat. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind in aller Regel und insbesondere – wie hier – in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 16; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 15; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch nicht veröffentlicht). Dies gilt auch, soweit es zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen des Nachbarn kommen sollte (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 – 15 CS 13.1561 – juris Rn. 15; VG Köln, B.v. 5.10.2017 – 23 L 3346/17 – juris Rn. 22 m.w.N.). Auch das Verwaltungsgericht hat auf diese Erwägungen jedenfalls ergänzend abgestellt. Diesbezüglich hat der Antragsteller Besonderheiten, aus denen sich im vorliegenden Fall für ihn unter diesem Blickwinkel eine besondere Belastungswirkung ergeben könnten, im Beschwerdeverfahren nicht näher dargelegt, sodass schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hierauf nicht vertieft eingegangen werden muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Verfahren der Bauleitplanung für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan von einem Architektenbüro eine „Studie zu den Auswirkungen der Planung auf die Verschattung der angrenzenden Gebäude des Plangebietes“ vom 20. August 2015 erstellt wurde. Auch mit dieser Studie, nach der jedenfalls für einen Zwischenstand der Bauleitplanung eine erhebliche Zusatzverschattung im Vergleich zum Altbestand nicht konstatiert wurde, hat sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt (zur Heranziehung der DIN 5034-1 als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit von Verschattungen durch neue Baukörper vgl. OVG LSA, U.v. 21.10.2015 – 2 K 194/12 – BauR 2016, 626 = Rn. 176 m.w.N.).

bb) Die Baugenehmigung verletzt auch nicht deswegen Nachbarrechte des Antragstellers, weil sie wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zu unbestimmt wäre.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4 m.w.N.). Selbst in den Fällen, in denen das nachbarschützende Abstandsflächenrecht zum Prüfprogramm im Genehmigungsverfahren gehört, mag zwar ein fehlender Abstandsflächenplan die Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO erschweren, allerdings dürften – wenn auch mit Mehraufwand – im Regelfall über die in den Bauvorlagen im Übrigen angegebenen Maße des Bauvorhabens die gem. Art. 6 BayBO einzuhaltenden Abstandsflächen ermittelt werden können. Jedenfalls soweit – wie vorliegend – im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfprogramm gehört und der Baugenehmigung mithin diesbezüglich keine Feststellungswirkung zukommt, kann die Baugenehmigung wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans am Maßstab von Art. 6 BayBO nicht unbestimmt sein.

b) Eine Verletzung seiner Nachbarrechte wegen Verstoßes gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hinsichtlich zu prognostizierender Belastungen durch den künftigen, dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Parkverkehr sowie durch An- und Ablieferungsverkehr (auch durch Lkw), Müllabfuhr und Räumungsfahrzeuge (Winterdienst) ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Einwendungen – auf die der Senat nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein abzustellen hat – nicht.

Das Gebot der Rücksichtnahme schützt Nachbarn nur vor unzumutbaren Beeinträchtigungen (s.o.). Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind demgegenüber grundsätzlich – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte, die vom Antragsteller im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht thematisiert worden sind (hierzu unten 3.) – im Regelfall hinzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich die verkehrliche Situation gegenüber dem bisherigen Zustand merklich verschlechtert. Die Grenze zur Rücksichtslosigkeit ist allerdings dann überschritten, wenn die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse das vorgenannte Maß handgreiflich überschreiten und sich in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen. Das kann in Einzelfällen – unabhängig von konkreten Lärmwerten und Lärmmessungen – auch dann der Fall sein, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird (vgl. NdsOVG, B.v. 20.12.2013 – 1 ME 214/13 – NVwZ-RR 2014, 296 = juris Rn. 12 – An- und Abfahrtverkehr einer Kindertagesstätte in einer beengten Sackgasse).

Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot mit der Erwägung verneint, dass auch in einem Mischgebiet Stellplätze nach § 12 Abs. 1 BauNVO ohne weitere Einschränkungen durch § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO zulässig seien. Die Vorschrift begründe für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen, wie z.B. die An- und Abfahrt sowie das Öffnen und Schließen der Autotüren, eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Für eine abweichende Beurteilung bestünden vorliegend angesichts der geringen Zahl von lediglich 10 Stellplätzen keine Anhaltspunkte, zumal sich die Zufahrten zu den Stellplätzen ausweislich der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan an den beiden Längsseiten des geplanten Bauvorhabens und damit nicht direkt gegenüber den Grundstücken des Antragstellers befänden. Der vom Antragsteller befürchtete Parksuchverkehr dürfte sich auf den Erdgeschossbereich des Bauvorhabens beschränken, da dort neun der zehn Parkplätze angesiedelt seien. Aufgrund der überschaubaren Anzahl von Parkplätzen und der übersichtlichen Anlage dürfte jedoch schnell und ohne weitere Wendemanöver ein freier Parkplatz gefunden werden. Die Befürchtung von Lärmimmissionen durch größere Rangiermanöver werde nicht geteilt. Die mit einem Geh- und Leitungsrecht zugunsten der Allgemeinheit belastete Fläche diene ausweislich Ziffer 5.10 der Begründung zum Bebauungsplan vordringlich der Sicherung der städtischen Abwasserleitung. Auch wenn daneben die fußläufige Erschließung zwischen dem Uferweg und dem B... für die Öffentlichkeit gesichert werde, sei nicht ersichtlich, wieso im Bereich zwischen dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und dem Anwesen „B... 1“ überhaupt ein erhebliches Verkehrsaufkommen gegeben sein soll. Die dortige Verkehrsfläche führe zum Ufer hin und diene wohl hauptsächlich der Zufahrt zu den Parkplätzen im Erdgeschoss des Bauvorhabens. Sollten in diesem Bereich Fußgänger unterwegs sein, seien keine größeren Ausweichmanöver nötig. Es reiche ein bloßes Abwarten und Passierenlassen der Fußgänger vor der Einfahrt zu den Stellplätzen oder der Ausfahrt aus dem Parkplatzbereich. Aus den Plänen sei auch nicht ersichtlich, dass die Verkehrsfläche des B... verkleinert worden wäre. Insbesondere scheine neben dem streitgegenständlichen Vorhaben nunmehr mehr Platz zur Verfügung zu stehen. Auch Ziffer 4.2.4 der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan führe aus, dass für Fahrzeuge des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Donau-Wald eine gleichgroße Wendefläche zur Verfügung stehe und auch der Winterdienst die Flächen problemlos von Schnee befreien könne. Die Befürchtung, dass aufgrund einer Verschärfung der Verkehrssituation erhebliche Lärmimmissionen zu erwarten seien, werde daher nicht geteilt.

Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung hat der Senat im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf hier vorgebrachten Argumente des Antragstellers einzugehen, wonach unzumutbare Belastungen mit Blick auf die Beengtheit der Platzverhältnisse sowie aufgrund zu erwartender „Rangiermanöver“ o.ä. verursacht würden. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdebegründung ausgeführt, es sei ihm nicht um Einhaltung der – nach Ansicht des Erstgerichts nicht nachbarschützenden – Pflicht gem. Art. 47 Abs. 1 BayBO zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen gegangen, sondern um die Lage und Anfahrbarkeit dieser Stellplätze. Das Verwaltungsgericht verweise insoweit unzutreffend auf § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO und beschränke sich auf spekulative Annahmen. Die Situation sei durch die bereits vorhandenen öffentlichen Stellplätze (ringsum) gekennzeichnet, sodass umfangreiche Rangiermanöver die Folge seien. Es sei offen, wie die Stellplätze angefahren werden sollen. Zudem fehle für Lkw, Müllabfuhr, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes, Räumungsfahrzeuge etc. eine Wendemöglichkeit. Insofern werde es erhebliche Lärmbelastungen zulasten der Anwohner einschließlich des Antragstellers geben. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Aufgrund eines auf der Ostseite des Baugrundstücks bestehenden Geh- und Leitungsrechts zugunsten der Allgemeinheit und des hieraus resultierenden Fußgängerverkehrs werde umso mehr Rangierverkehr verursacht. Das Verwaltungsgericht hätte weitere Aufklärung vornehmen müssen. Die Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung. So müssten zwischen den Stellplätzen tragende Wände oder zumindest Säulen vorhanden sei, welche die lichte Breite zusätzlich einengten. Grundriss und Ansicht (von Osten) gäben insoweit kein einheitliches Bild ab.

Der Senat teilt anhand der vorliegenden Akten resp. anhand der Planzeichnungen zur Baugenehmigung und zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht die Einschätzung des Antragstellers, dass es zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und deswegen zu außergewöhnlichem und unzumutbarem „Rangierlärm“ aufgrund der Lage und der Anfahrbarkeit der dem streitgegenständlichen Vorhaben zugeordneten Stellplätze sowie aufgrund unzureichender Wendemöglichkeiten kommt. Der Senat folgt insoweit den Gründen des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:

Soweit der Antragsteller moniert, der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruhe aufgrund diverser Formulierungen („dürfte“, „scheint“) auf spekulativen Annahmen, ist daran zu erinnern, dass im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage geboten und demnach auch ausreichend ist. Insbesondere nach den vorliegenden Planzeichnungen zur Baugenehmigung ermöglichen die örtlichen Verhältnisse problemlos Ein- und Ausparkvorgänge im geplanten Neubau. Für die in einem Einfahrtswinkel von 90˚ zu den westlich und östlich des Bauvorhabens gelegenen Fahrgassen angeordneten Stellplätze im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen genügt nach § 4 Abs. 2 GaStellV eine Fahrgassenbreite ab 6,50 m, bei Stellplätzen der vorliegenden Art mit einer Breite von 2,50 m ist hiernach sogar eine Fahrgassenbreite im unmittelbaren Zu- bzw. Abfahrtsbereich von 6 m ausreichend. Diese Anforderungen sind nach den vorliegenden Plänen erfüllt. Östlich des Neubaus hält das streitgegenständliche Gebäude zum bestehenden Gebäude B... 1 Abstände von 6,50 m (Norden) bis 10,30 m (Süden) sowie im Westen zum bestehenden Gebäude B... 7 zwischen 11 und 12 m ein. Soweit die öffentlichen Parkplätze westlich des Gebäudes belegt sind, verbleibt immer noch eine mehr als ausreichende Fahrgassenbreite von etwa 9 m. Ferner sehen die rechtlich nicht verbindlichen „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RASt 06“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2006), die – soweit ihre Vorgaben eingehalten sind – als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden können (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2013 – 8 S 1694/11 – BauR 2014, 1120 = juris Rn. 22 m.w.N.; VGH BW, B.v. 9.8.2016 – 5 S 437/16 – BauR 2016, 2073 = juris Rn. 37), in Nr. 6.1.1.2 i.V. mit Tabelle 7 für die Errichtung von schlichten zweistreifigen Erschließungsstraßen eine Fahrbahnbreite ab 4,50 m als ausreichend an. Diese Breite weist der Zu- und Abfahrtsbereich des B... im Bereich des Platzes zwischen den Anwesen des Antragstellers und dem Baugrundstück sowie im Verbindungsbereich nach Osten zur Dr.-S...-Straße durchgehend auf, sodass auch insofern besondere Probleme bei der Abwicklung des Parkverkehrs nicht erkennbar sind. Aus der Einhaltung der Anforderungen des für sich nicht nachbarschützenden § 4 Abs. 2 GaStellV sowie der nicht rechtsverbindlichen Vorgaben der Nr. 6.1.1.2 RASt 06 kann abgeleitet werden, dass besondere Probleme für die Nutzung der Parkflächen aufgrund ihrer Lage und ihrer Anfahrbarkeit nicht bestehen. Dasselbe gilt – ohne dass dies gesondert im Beschwerdeverfahren gerügt wurde – im Übrigen auch für das zu prognostizierende Parkverkehrsaufkommen. Der Bedarf an 10 Stellplätzen für das streitgegenständliche Vorhaben, von denen sich 9 Stellplätze im Erdgeschossbereich des streitgegenständlichen Neubaus und ein Stellplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft auf FlNr. ... (B... 1) befinden, wurde anhand der im Internet abrufbaren Satzung der Stadt Z... über die Herstellung und Ablösung von Stellplätzen (Stellplatzsatzung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 2002 ermittelt (Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO, vgl. Bl. 92 der Baugenehmigungsakte des Landratsamts Az. 00315-Z16). Unabhängig davon, dass diese Berechnung vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht infrage gestellt wurde, und unabhängig davon, dass bauordnungsrechtliche Regelungen über die erforderliche Anzahl von Stellplätzen als solche nicht drittschützend sind (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; B.v. 9.5.2016 – 2 AS 16.420 – juris Rn. 7; B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 17; OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 8 ff.), sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der zugrunde gelegte Bedarf zu niedrig sein könnte und dass es wegen eines tatsächlich zu prognostizierenden höheren Parkverkehrsaufkommens zu einem erheblichen Park- und Parksuchverkehr mit der Folge einer für den Antragsteller möglicherweise unzumutbaren Lärmbelastung oder Verschlechterung der Erschließungssituation, die die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigen würde, kommen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.8.2009 a.a.O.; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 10.1.2008 – 3 S 2773/07 – NVwZ-RR 2008, 600 = juris Rn. 13; OVG LSA, B.v. 5.9.2016 – 2 M 49/16 – NVwZ-RR 2017, 283 = juris Rn. 25 f.; VG München, B.v. 7.2.2017 – M 8 SN 16.4986 – juris Rn. 82; VG Augsburg, B.v. 22.2.2017 – Au 4 K 16.816 – juris Rn. 35; U.v. 13.12.2017 – Au 4 K 17.1431 – juris Rn. 73). Inwiefern der im Beschwerdeverfahren erneut vorgebrachte Einwand, die genehmigten Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung, eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers bewirken könnte, ist nicht ersichtlich und in der Beschwerdebegründung auch nicht substanziiert dargetan.

Ebenso wenig vermag der Senat im Eilverfahren zu erkennen, dass es bei Umsetzung der Baugenehmigung zu einer unzumutbaren Belastung der Nachbarschaft durch Rangiervorgänge von Großfahrzeugen (Anlieferungsverkehr, Müllabfuhr, Winterdienst / Räumungsfahrzeuge) kommen wird. Allein der Umstand, dass bestimmte Sonderfahrzeuge sporadisch (die Müllabfuhr typischerweise wiederkehrend in bestimmten Zeitabständen, der Winterdienst nur in besonderen Bedarfslagen) innerhalb des B... – wie für eng besiedelte Innenstadtlagen nicht unüblich – ggf. rangieren oder notfalls rückwärts fahren müssen, um diesen wieder zu verlassen, bedeutet für die Anwohner keine unzumutbare Belastung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind gerade deswegen auch keine besonderen Lärmbelastungen erkennbar, zumal der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt hat, warum es insofern überhaupt zu einer verschärften Situation im Vergleich zum Altbestand kommt. Auf die Anlage von Wendemöglichkeiten in Stichstraßen für Großfahrzeuge (z.B. für Müllfahrzeuge) nach Maßgabe der rechtlich nicht verbindlichen RASt 06 (vgl. etwa deren Nr. 6.1.2.2) besteht kein Anspruch. Soweit eine solche im Bereich einer ohnehin eng besiedelten Innenstadtlage fehlt, bedeutet dies nicht, dass wegen beengter Verhältnisse automatisch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorläge. Warum herkömmliche Warenanlieferungen für die im Neubau des Beigeladenen vorgesehenen Läden vom Mündungsbereich der Dr.-S...-Straße über den östlichen, durchgehend 5 m breiten Bereich des B... zu einem „Chaos“, das unzumutbaren Lärm verursache, führen sollen, wird vom Antragsteller nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch wenn Anlieferfahrzeuge möglicherweise nicht in einem Zug wenden können, lassen der ca. 25 m x 15 m breite Platz im Bereich des B... zwischen den Grundstücken des Antragstellers und dem südlich davon gelegenen Baugrundstück sowie die hinreichend breiten Fahrgassen östlich und westlich des geplanten Neubaus (s.o.) auch unter Berücksichtigung der in den Plänen verzeichneten öffentlichen Parkplätze erfahrungsgemäß Möglichkeiten, um das Anlieferfahrzeug in drei Zügen zu wenden. Sollte dies bei einem besonders großen Transportfahrzeug tatsächlich scheitern, müsste im Einzelfall eine Rückwärtsfahrt über den östlichen Teil des B... zurück auf die Dr.-S...-Straße erfolgen. Da es sich beim B... zudem um eine öffentliche Straße handelt, ist davon auszugehen, dass die Straßenverkehrsbehörde durch verkehrsrechtliche Beschilderung dafür Sorge trägt, dass die Einfahrt in diesen Erschließungsbereich nur für solche Fahrzeuge erlaubt wird, die diesen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der öffentlichen Parkplätzte tatsächlich gefahrlos und ohne Blockierung des sonstigen Verkehrs auch wieder verlassen können.

3. Der Senat weist darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht vertretene Ausgangsthese, wonach aus Art. 12 Abs. 1 – 3 BauNVO eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der durch Parkvorgänge im Erdgeschossbereich des Neubauvorhabens ausgelösten Lärmbelastung für die Nachbarschaft abzuleiten sei, nicht unproblematisch ist. Unabhängig von der Begrenzung der Prüfbefugnis des Beschwerdegerichts durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO [vgl. im Folgenden a) ], wären hierauf abstellend – auch soweit eine diesbezügliche Konfliktbewältigung nicht im Rahmen der Bauleitplanung abschließend erfolgt ist bzw. soweit der Bebauungsplan unwirksam sein sollte (vgl. oben 1.) – die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers allenfalls als offen zu bezeichnen [vgl. b) ]. Die dann durchzuführende allgemeine Interessenabwägung führte ebenfalls zum Ergebnis der Unbegründetheit des Eilantrags, sodass die Entscheidung des Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig ist.

a) Der Senat hat sich bei der Prüfung der „dargelegten Gründe“ auf den Beschwerdevortrag des Antragstellers zu beschränken, der zur Lärmproblematik ausschließlich auf vermeintlich chaotische Verkehrsverhältnisse abgestellt hat und in diesem Zusammenhang die Lage und die Anfahrbarkeit der Stellplätze sowie die Wendemöglichkeiten für größere Fahrzeuge thematisiert hat (s.o.). Der Antragsteller hat sich hingegen in seiner Beschwerdebegründung nicht konkret gegen die vom Verwaltungsgericht aus Art. 12 BauNVO abgeleitete Vermutung der Nachbarverträglichkeit des Parkverkehrs gewandt, sondern die Richtigkeit dieser These vielmehr ohne kritische, substanziierte Auseinandersetzung dahinstehen lassen. Steht man demgegenüber auf dem Standpunkt, das Beschwerdegericht könne oder müsse bei einer zulässig erhobenen Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO (hier i.V. mit § 80a Abs. 3 VwGO) über den für eine strikte Prüfbeschränkung sprechenden Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus die Erfolgsaussichten einer eigenen umfassenden Sachprüfung unterziehen, wäre – ohne dass der diesbezügliche Streitstand (vgl. Mayer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 146 Rn. 13f - 15) geklärt werden müsste – im Ergebnis die Beschwerde ebenfalls unbegründet. Denn in diesem Fall führte bei dann offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage eine nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende allgemeine Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass den Interessen des Beigeladenen als Vorhabenträger gegenüber den Interessen des Antragstellers der Vorrang einzuräumen ist.

b) (Lärm-) Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt auch in Bezug auf Lärmauswirkungen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (exemplarisch BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.).

Es ist vorliegend nicht auszumachen, dass die Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der Lärmbelastung ohne Weiteres hinreichend gesichert ist. Die Lärmauswirkungen des genehmigten Vorhabens sind im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich nicht überprüft worden. Weder hat der Beigeladene ein Lärmgutachten vorgelegt, noch wurde ein solches von ihm seitens des Antragsgegners eingefordert. Hierfür hätte aber nach den gegebenen Umständen Anlass bestanden. Demgemäß finden sich in der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch keine Nebenbestimmung zum Lärmschutz, die geeignet wären, unzumutbare Lärmimmissionen für den Antragsteller durch die genehmigte Nutzung auszuschließen (BayVGH, B.v. 18.10.2017 a.a.O. Rn. 30; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsgegner und der Beigeladene dürften sich bei einer Prüfung der Zumutbarkeit des zu prognostizierenden Park- und Anlieferverkehrs entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wohl nicht darauf berufen können, dass für die Zumutbarkeit des aufgrund der dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Park- und Anlieferlärm wegen § 12 BauNVO eine tatsächliche Vermutung bestehe.

§ 12Abs. 2 BauNVO, wonach in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie in Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig sind, begründet für den Regelfall eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der Nutzung von Stellplätzen in von Wohnbebauung geprägten Bereichen. Der Grundstücksnachbar hat hiernach die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen (insbes. Lärm-) Belastungen durch zu- und abfahrende Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich, d.h. im Regelfall, als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59.02 – NVwZ 2003, 1516 = juris 6, 7; BayVGH, B.v. 9.2.2004 – 14 CS 03.2977 – juris Rn. 16; B.v. 12.7.2007 – 15 ZB 06.3088 – juris Rn. 7; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 14; B.v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 15; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; B.v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 – VBlBW 2014, 275 = juris Rn. 10; vgl. Seite 103 der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, 6. Aufl. 2007). In diesen Fällen besteht also nur in besonderen Ausnahmefällen ein Bedürfnis, die zu prognostizierende Lärmbelastung in der Nachbarschaft durch Parkvorgänge zu untersuchen und ggf. am Maßstab des Rücksichtnahmegebots gesondert zu beurteilen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts dürfte diese Vermutung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Die o.g. Rechtsprechung betrifft bislang nur Stellplätze in Wohngebieten nach § 12 Abs. 2 BauNVO (vgl. auch VG Hamburg B.v. 13.11.2015 – 9 E 2858/15 – juris Rn. 44). Soweit die o.g. Vermutung überhaupt auf Mischgebiete Anwendung finden kann, dürfte dies allenfalls auf Parklärm begrenzt sein, der auf Wohnnutzung bezogen ist. Denn der Grund für die Privilegierung von notwendigen Stellplätzen in Wohngebieten ist die Tatsache, dass es ansonsten aufgrund der strengen Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu weitreichenden Beschränkungen der Zulässigkeit offener Stellplätze im Wohngebiet kommen würde. Beispielsweise wäre in allgemeinen Wohngebieten nachts ein Parkverkehr in einem Abstand von rd. 25 m zu bestehenden Wohnhäusern nicht zulässig, weil bei jedem einzelnen Zu- bzw. Abfahrtsvorgang der Spitzenpegel überschritten würde. Ein solches Ergebnis ließe sich aber mit der vom Verordnungsgeber in § 12 Abs. 2 BauNVO anerkannten Sozialadäquanz des Parkverkehrs im Wohngebiet nicht vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; VG Hamburg B.v. 13.11.2015 a.a.O.). Diese Betrachtung passt jedoch auf eine Parkanlage (hier im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen), die auch gewerblichen Zwecken dient (Kunden und Mitarbeiter von Ladengeschäften im 1. OG, Mitarbeiter der Bürobereiche im 2. OG), sowie auf gewerblichen Warenanlieferverkehr (für die Ladengeschäfte) nicht, zumal die diesbezügliche Anzahl der Fahrbewegungen pro Zeiteinheit sich nach gänzlich anderen Kriterien als bei bloßer Wohnnutzung richtet.

Es kann nach Aktenlage auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine konkrete Ermittlung der Lärmbelastung entbehrlich war, weil es dem streitgegenständlichen Vorhaben hinsichtlich des Park- und Anlieferlärms an einer Steigerung im Vergleich zur Vorbelastung durch den Altbestand fehlte (vgl. hierzu OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 37, 38). Der Senat kann nicht anhand von Baugenehmigungen des Altbestandes feststellen, dass es insofern zu keiner Verschärfung der bisherigen bestandsgeschützten Situation kommen wird. Der Antragsgegner war – auch nach Rücksprache mit der Stadt Z... – nicht imstande, Baugenehmigungen und Bauakten über den Altbestand vorzulegen. Die vorgelegten Lichtbilder des zwischenzeitlich abgebrochenen Altbestandes lassen eher darauf schließen, dass hier (neben einer ggf. eher untergeordneten gewerblichen Nutzung) Wohnnutzung dominant gewesen sei dürfte. Jedenfalls lassen weder die Lichtbilder noch sonstige konkrete Hinweise in den Akten erkennen, dass schon im Rahmen des Altbestandes eine gewerbliche Nutzung mit einem identischen oder sogar höheren Park- und Anlieferverkehr stattfand.

c) Bei hier erfolgter Unterstellung, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan keine umfassende Konfliktbewältigung zur Park- und Anlieferverkehrsfrage enthält bzw. dass dieser unwirksam ist (s.o. 1), wäre daher eine konkrete Lärmermittlung durch Sachverständigengutachten schon im Baugenehmigungsverfahren geboten gewesen, die hier unterblieben ist. Soweit wegen unterlassener Vorlage einer entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der auf das Neubauvorhaben bezogene Park- und Anlieferlärm gegenüber dem Antragsteller zumutbar oder rücksichtslos sein wird, ist der Beschwerde dennoch der Erfolg zu versagen. Denn dann wären die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs offen, weil gegenwärtig mangels Vorlage einer konkreten (gutachterlichen) Immissionsermittlung nicht feststeht, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtswidrig und nachbarrechtsverletzend ist. Sind die Erfolgsaussichten der Klage aber offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Bei der Interessenabwägung muss zu Gunsten des Bauherrn berücksichtigt werden, dass die Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. auch OVG NRW, B.v. 22.3.2016 – 7 B 1083/15 – juris Rn. 12). Auch wenn § 212a Abs. 1 BauGB die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn verschiebt, bedeutet dies nicht, dass sich in den von § 212 a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse des Bauherrn gegenüber dem Aufschubinteresse des Rechtsmittelführers regelmäßig durchsetzt. Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern (vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30). Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn oder einer ihre Planungshoheit verteidigenden Gemeinde) generell der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert. Die Belange eines Dritten haben bei der Abwägung umso mehr Gewicht, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (zum Ganzen BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 76 ff. m.w.N.)

Im vorliegenden Fall fällt die Interessenabwägung zugunsten des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners und zu Lasten des Antragstellers aus. Hierfür spricht neben der Gewichtungsvorgabe durch § 212a Abs. 1 BauGB zunächst die Erwägung, dass es sich vorliegend um ein im Bau befindliches, später auch gewerblich zu nutzendes Projekt handelt, bei dem ein Baustopp im Hinblick auf eine verzögerte Inbetriebnahme sowie mit Blick auf Baustellensicherungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen wird. In (überplanten oder faktischen) Mischgebieten in eng besiedelten städtischen Lagen sind gewerbliche Nutzungen mit Park- und Anlieferverkehr von Objekten mittlerer Größe nichts Ungewöhnliches, sodass nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein derartiges Projekt ohne Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme betrieben werden kann, auch wenn ggf. beschränkende Regelungen über Nutzungs- und Anlieferungszeiten, eventuell auch über Anlieferungszonen notwendig sein könnten, um die Lärmbelastung für die Nachbarschaft auf ein zumutbares, mit dem Rücksichtnahmegebot zu vereinbarendes Maß zu reduzieren (zu den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots im Falle eines Mischgebiets unter Heranziehung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 10; zur Berücksichtigung von Nr. 7.4 der TA Lärm bei Parklärm vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 – 4 B 23.12 – ZfBR 2013, 265 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 29; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 28). Soweit m.a.W. ein ggf. noch zu erstellendes Lärmgutachten zum Ergebnis käme, dass Zumutbarkeitsgrenzen überschritten sind, dürfte in einem ergänzenden Bescheid die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung über eine nachträglich zum Inhalt der Baugenehmigung erklärte Betriebsbeschreibung und / oder über Auflagen hergestellt werden können. Kann aber im noch nicht entschiedenen Hauptsachverfahren geklärt werden, ob und welche weiteren Ergänzungsregelungen in der Baugenehmigung notwendig sind, um eine ggf. verbleibende unzumutbare Lärmbelastung des Nachbarn auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und ein damit einhergehender Baustopp auf unbestimmte Zeit, die insbesondere für den Beigeladenen gravierende Nachteile mit sich bringen würde, inopportun (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2011 – 2 CS 11.1418 – juris Rn. 4; B.v. 24.10.2000 – 26 ZS 99.3637 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 80; vgl. mit etwas anderer Nuancierung auch BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 45; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 21).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2017 wird abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene wendet sich gegen eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, ihr gegenüber Bauarbeiten einzustellen und die Nutzung bestimmter Räume eines neu errichteten Anbaus zu untersagen.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2011 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Erweiterung und Umbau des bestehenden Einfamilienwohnhauses“ auf dem Baugrundstück (FlNr. ...5 der Gemarkung P...). Nach den genehmigten Bauunterlagen soll ein in der Fläche ca. 15,5 m x 5,5 m großer Anbau westlich an das bestehende Wohnhaus angebunden werden, der an seiner Westseite an der gemeinsamen Grenze zum Grundstück der Antragsteller (FlNr. ...4) verläuft. Der kürzeste Abstand der Westwand des genehmigten Anbaus zur Ostwand des Wohnhauses der Antragsteller beträgt nach Maßgabe des mit Genehmigungstempel vom 12. Juli 2011 versehenen Lageplans etwa 3 m. Nach der im Genehmigungsverfahren zugrundeliegenden Baubeschreibung sollten die Außenwände als „Ziegelmauerwerk, verputzt“ hegestellt werden. Die Baugenehmigung wurde unter diversen Befreiungen vom einschlägigen Bebauungsplan Nr. ... erteilt, in dessen Geltungsbereich das Baugrundstück und das Grundstück der Antragsteller liegen. Zudem wurde im Baugenehmigungsbescheid vom 12. Juli 2011 eine Abweichung „von den Vorschriften des Art. 6 BayBO für die aufgrund der Grenzbebauung des Gebäudeanbaus im Westen nicht eingehaltene Abstandsfläche“ zugelassen. Die Geltungsdauer der Baugenehmigung wurde mit Bescheid vom 8. Juni 2015 bis zum 17. Juli 2017 verlängert. Baubeginn erfolgte laut Anzeige am 1. Juli 2015.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Änderungsgenehmigung. In der Baubeschreibung zum Änderungsbauantrag werden die Außenwände als „Holzständerkonstruktion mit Zwischendämmung, Beplankung aus GK-Platten und Holzwerkstoffplatten“ und deren Bekleidung als „Holzschalung außen“ umschrieben. Laut der mit Genehmigungsstempel versehenen Ansicht Nord – West ist eine Fassade mit „Vergrauungsglasur ‚schiefergrau‘ eingelassen“ beschrieben. In den Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung finden sich

– ein „Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis Nr. ...“ der M... GmbH vom 30. März 2015 (Geltungsdauer bis 29. März 2020) für verschiedene Wandkonstruktionen der Firma „G... GmbH& Co. KG“,

– eine „Übereinstimmungserklärung“ des bauausführenden Unternehmens (Firma H... GmbH) vom 7. März 2017, in der bestätigt wird, dass die tragende, raumabschließende Wandkonstruktion mit einer Feuerwiderstandsklasse REI 90 hinsichtlich aller Einzelheiten und unter Einhaltung aller Bestimmungen des vorgenannten Prüfzeugnisses hergestellt und aufgebaut worden sei, sowie

– eine „Bescheinigung Brandschutz III (Vorliegen der Voraussetzung für eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO)“ eines Prüfsachverständigen vom 15. März 2017, in der unter Bezugnahme auf einen anliegenden Prüfbericht Nr. ... vom 15. März 2017 desselben Prüfsachverständigen die Abweichungsfähigkeit gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO vom grundsätzlichen bauordnungsrechtlichen Erfordernis nichtbrennbarer Oberflächen bestätigt wird. Mit Blick auf die Fassadenbekleidung heißt es im Prüfbericht vom 15. März 2017 wörtlich:

„Abweichung vom Bauordnungsrecht:

Die Brandwand des Anbaus befindet sich unmittelbar auf der Grundstücksgrenze. Da das Nachbargebäude bis ca. 3,00 m an die Wandaußenseite heranragt, handelt es sich bauordnungsrechtlich um eine ‚Gebäudeabschlusswand‘.

Für diese gilt nach Art. 28 BayBO, dass die Brandwand für ein Brandereignis von außen nach innen ‚feuerbeständig‘ zu sein hat und andersherum feuerhemmend. Außerdem müssen die Oberflächen ‚nicht brennbar‘ – A1 oder A2 – sein. Letztere Eigenschaft ist an der Außenseite nicht gegeben.

Stellungnahme dazu:

Im vorliegenden Fall schränkt die Abweichung keinerlei Forderung aus Art. 3 (1) BayBO ein. Gemäß Art. 63 (1) Satz 2 BayBO wird die Zulässigkeit der o.a. Abweichung bescheinigt, solange die u.a. Bedingungen eingehalten bleiben.

Begründung:

Gegen die hier vorgesehene Bekleidung mit einer Fassadenbekleidung aus Hartholz bestehen keine Bedenken, weil

1. die Gebäudeabschlusswand mit dem zugelassenen System Fa. H... GmbH & Co KG, Typ ‚ ...‘ EI90/1 nach DIN EN 135901, AbP ... vom 30.03.2015, gültig bis 29.03.2020 eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten von außen nach innen aufweist,

2. die Gebäudeabschlusswand durch Beplankung mit 2 x 18 mm mineralischen Brandschutzplatten an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand bietet (F-30-A),

3. diese Brandwandqualität einen Brandüberschlag auf das Nachbargrundstück ausreichend lang und absolut zuverlässig verhindert, solange keine Öffnungen in der Gebäudeabschlusswand vorhanden sind,

4. Hartholz bereits ab Bohlendicke von 26 mm als schwer entflammbar gilt (bei geringerer Materialstärke alternativ: zugelassener intumeszierender Anstrich für Außenbereich mit Schutzziel ‚schwer entflammbar‘),

5. Eine mögliche Entzündung allein vom Nachbargrundstück möglich ist (...) und

6. sich auf dem Nachbargrundstück das Gebäude an allen Stellen deutlich weiter entfernt als 2,50 m befindet.“

Über die von den Antragstellern gegen die Änderungsgenehmigung erhobene Nachbar-Anfechtungsklage (RO 2 K 17.1183) hat das Verwaltungsgericht Regensburg noch nicht entschieden.

Im Rahmen der Bauausführung wurde von dem im allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2015 vorgesehenen Wandaufbau für eine „Wandkonstruktion REI 90/1“ (vgl. Seite 9 sowie Anlage 3.1) abgewichen, indem an der Außenseite anstelle eines Außenputzes („mind. 6 mm ...“) eine 12,5 mm dicke „Gipskartonplatte ...“ verbaut wurde. Auf diese wurde eine Konter- und Querlattung als Unterkonstruktion für die als Holzfassade ausgeführte Außenwandbekleidung aufgebracht. Die Antragsteller widersprachen im Anschluss der Aussage im Prüfbericht des Prüfsachverständigen, wonach die auf dem Antragstellergrundstück gelegenen Gebäude mehr als 2.50 m entfernt von der Außenwand lägen, und wiesen darauf hin, dass ihre Kellertreppe nur 1,50 m und ihr Lager für Brennholz nur 2,05 m von der Gebäudeabschlusswand der Beigeladenen entfernt sei.

Der von der Beigeladenen beauftragte Prüfsachverständige führte gegenüber der Antragsgegnerin ergänzend per E-Mail vom 28. Juni 2017 aus, er habe die Abweichung, wonach statt einer „nichtbrennbaren“ Oberfläche eine „schwer entflammbare Oberfläche“ genüge, sorgsam begründet. Eine unzulässige Abweichung vom Bauordnungsrecht sei nicht ersichtlich. Auf dem Grundstück der Antragsteller befindliche Geländer oder Holzstapel seien keine nach bauordnungsrecht relevanten Gebäude. Im vorliegenden Fall könne aus dem Innern des betreffenden Gebäudes keine Brandweiterleitung auf die schwer entflammbare Fassade (außen) gelangen, weil sich dazwischen eine bauaufsichtlich zugelassene feuerbeständige Brandwand befinde. Allenfalls könne von den Holzstapeln der Antragsteller die Bekleidung des Anbaus der Beigeladenen in Brand geraten. Das sei dann aber „kein Fall für das Bauordnungsrecht“, sondern für das Zivilrecht. Die Gebäudeabschlusswand zur Nachbarseite müsse nicht unbedingt verputzt werden. Mit E-Mail vom 29. Juni 2017 bestätigte das bauausführende Unternehmen, dass die Fassadenverkleidung der Brandwand des Bauvorhabens an der Grenze zu den Antragstellern mit einem Brandschutzanstrich versehen werde, wodurch für diese die Klassifizierung „schwer entflammbar“ erreicht werde.

Unter dem 25. Juli 2017 legte das ausführende Bauunternehmen „ergänzende Unterlagen zur Übereinstimmungserklärung vom 19.06.2017“ vor und bestätigte unter Bezugnahme auf Schreiben von Herstellern einzelner Bauprodukte (Schreiben der K... KG vom 17. Juli 2017; E-Mail der Firma G... GmbH & Co. KG vom 21. Juli 2017) für die streitgegenständliche Außenwand an der Grundstücksgrenze „gemäß Musterbauordnung § 22 (...) die Übereinstimmung mit den technischen Regeln nach § 17 Abs. 2, den allgemein bauaufsichtlichen Zulassungen, den allgemein bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen oder Zustimmungen im Einzelfall“. Hinsichtlich der Verwendung der „... Gipskarton Feuerschutzplatte“ anstelle einer Putzschicht an der Wandaußenseite liege nur eine geringe Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vor. Die Befestigung der Gipskartonplatte mittels Konterlatte als Unterkonstruktion für die abschließende Fassade stelle keine Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik dar. Die Holzfassade könne – wie bereits beschrieben – brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Alternativ könne die Holzfassadenverkleidung inkl. Unterkonstruktion und ...platte entfernt sowie ein Putz aufgetragen werden, sodass dann ein Aufbau erreicht werde, der nicht mehr vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis abweiche.

Am 6. November 2017 stellten die Antragsteller über ihre Bevollmächtigten, die bereits vorher von der Antragsgegnerin wiederholt ein bauordnungsrechtliches Einschreiten eingefordert hatten, beim Verwaltungsgericht Regensburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zuletzt beantragten sie, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten der Beigeladenen auf dem Baugrundstück stillzulegen sowie dieser die Nutzung des Bauvorhabens zu untersagen (erstinstanzlicher Schriftsatz vom 13. Dezember 2017).

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2017 verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg – unter Antragsablehnung im Übrigen – die Antragsgegnerin im Verfahren gem. § 123 VwGO zum einen dazu, der Beigeladenen gegenüber die Einstellung der Arbeiten am und im Erweiterungsbau auf dem Baugrundstück anzuordnen, und zum anderen, die Nutzung bestimmter Räume des Erweiterungsanbaus (Wohnen 21,26 m², Essen 20,95 m², Kochen 5,94 m², Bad 10,55 m²) nach Maßgabe der mit dem Änderungsgenehmigungsantrag vom 29. Mai 2017 eingereichten Grundrisszeichnung vom 23. Mai 2017 auf dem Baugrundstück zu untersagen; hinsichtlich des Windfangs (9,25 m²) wurde ebenfalls grundsätzlich die Verpflichtung zur Nutzungsuntersagung ausgesprochen, die Nutzung zum Zweck des Betretens des Altbaus aber hiervon ausgenommen. Die Antragsteller hätten einen entsprechenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung seien entgegen der Mitteilung der Beigeladenen, dass keine Baumaßnahmen mehr stattfinden bräuchten, noch Handwerker vor Ort tätig gewesen. Die derzeitige Bauausführung der Gebäudeabschlusswand widerspreche den Brandschutzvorgaben aus Art. 24 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 7 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) und sei deshalb materiell baurechtswidrig. Nach den genannten Brandschutzvorschriften sei die Gebäudeabschlusswand als Brandwand auszuführen und müsse eine nichtbrennbare Außenwandbekleidung (einschließlich der Dämmstoffe und der Unterkonstruktion) aufweisen. Die derzeitige Wandbekleidung bestehe nicht aus einem nichtbrennbaren Baustoff. Auf eine Legalisierungswirkung aufgrund der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 oder aufgrund der „Bescheinigung Brandschutz III“ des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 könne sich die Beigeladene nicht berufen. Der Wandaufbau weiche von den Bauunterlagen zur Änderungsbaugenehmigung, wonach Brandwände bzw. Wände anstelle von Brandwänden „gemäß Prüfzeugnis“ erstellt worden seien, ab. Brandschutzvorschriften seien zudem vom Prüfumfang im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) nicht umfasst. Die erteilte „Bescheinigung Brandschutz III“ bestätige nur für den in dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2015 vorgesehenen Wandaufbau das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO. Inwieweit die statt des Putzes angebrachte „Gipskartonplatte ...“ die Brandwandeigenschaft beeinträchtige und dadurch die jeweilige Feuerwiderstandsdauer verringere, sei völlig offen. Aus den Schreiben der Hersteller einzelner Bauprodukte vom 17. Juli 2017 und vom 21. Juli 2017 ergebe sich gerade nicht, dass die Abweichung des Wandaufbaus in Bezug auf den Brandschutz unproblematisch sei. Für den tatsächlichen Wandaufbau existiere keine offizielle Bescheinigung. Die verletzten brandschutzrechtlichen Anforderungen dienten auch dem Schutz der Nachbarn. Es lägen sowohl die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO) als auch für eine Nutzungsuntersagung (Art. 76 Satz 2 BayBO) vor. Weder die Baueinstellung noch die Nutzungsuntersagung sei unverhältnismäßig. Aufgrund der hohen Wertigkeit der betroffenen nachbarlichen Belange sei sowohl für die Baueinstellung als auch für die Nutzungsuntersagung von einer Ermessensreduzierung auf null auszugehen. Die Sicherstellung des Brandschutzes diene dem Schutz von Leib und Leben der potenziell von einem Brand betroffenen Personen. Hieraus resultiere ein entsprechender Anspruch der Antragsteller auf behördliches Einschreiten. Hinsichtlich der Nutzungsuntersagung sei auch ein präventives behördliches Handeln vor einer entsprechenden Nutzungsaufnahme geboten. Bei einer Nutzungsaufnahme sei von einer deutlichen Erhöhung der Brandgefahr auszugehen. Der glaubhaft gemachte Anordnungsgrund ergebe sich aus dem Umstand, dass sich durch die beabsichtigte und zu erwartende Nutzungsaufnahme des Anbaus jedenfalls die Brandgefahr erhöhe, zumal dort mit der Änderungsgenehmigung auch ein Holzofen eingebaut worden sei. Um die Beigeladene nicht obdachlos zu stellen und ihr das Betreten des Altbaus zu ermöglichen, sei die Nutzungsuntersagung auf den tenorierten Rahmen beschränkt worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beigeladene mit ihrer Beschwerde. Eine Feuerwiderstandsfähigkeit „F30“ von innen nach außen erreiche eine Gebäudeabschlusswand laut gutachterlicher Aussage schon bei einer Gipslatte (GKF) an der Wandinnenseite mit einer Stärke von nur 9,5 mm. Für die an der Innenseite der Wandkonstruktion befindlichen beiden Gipsplatten mit einer Stärke von jeweils 18 mm sei eine Feuerwiderstandsfähigkeit „REI 90“ bzw. „F90“ von innen gutachterlich bestätigt. Mit dieser Konstruktion sei das Erfordernis der Nichtbrennbarkeit für einen Teil der Hausabschlusswand auf jeden Fall gegeben. Aufgrund dessen sei für die Antragsteller eine Brandgefahr ausgeschlossen. Es liege zwar – bei einer Übereinstimmung mit dem Prüfzeugnis im Übrigen – eine Abweichung von der Änderungsgenehmigung vor, weil anstelle des vom Prüfzeugnis verlangten 6 mm starken Putzes tatsächlich eine 12,5 mm dicke Gipskartonplatte verbaut worden sei, sodass insoweit die Antragsgegnerin bei Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens grundsätzlich gegen sie – die Beigeladene – vorgehen könnte. Eine Ermessensreduzierung sei aber nicht ersichtlich. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein Brandschutz für die Antragsteller nicht gewährleistet sei, sei nicht zwingend. Denn die Annahme einer Brandgefahr müsse sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientieren und sei keine automatische Folge bei einer Verletzung einer Bauvorschrift. Die außen angebrachte Gipskartonplatte anstelle des Putzes habe die Brandwiderstandsdauer zusätzlich sogar verbessert. Von daher sei auch von außen bei dem vorliegenden Wandaufbau ein hinreichender Feuerwiderstand gewährleistet. Die aus 2 x 30 mm Konterlatten und 22 mm Fassadenbrettern bestehende Wandverkleidung sei zwar nicht als nichtbrennbar zu bezeichnen. Konterlatte, Traglatte und Fassadenbretter müssten ertüchtigt werden. Laut Aussage des beauftragten Prüfingenieurs für Brandschutz seien die Fassadenbretter nur zu dünn, es müssten 26 mm starke Bretter angebracht werden. Ansonsten wären die Voraussetzungen für eine „Befreiung“ erfüllt. Es sei nunmehr der Antragsgegnerin überlassen zu prüfen, ob die aufgebrachte „12,5 mm ...platte“ entfernt werden müsse, denn möglicherweise könnten zusätzlich aufzubringende Materialien den gesetzlichen Brandschutzvorschriften entsprechen. Sie – die Beigeladene – könne ggf. diese Platte überall mit dem Zusatz „Typ A“ oder „GFK“ ergänzen, damit auch hier eine Klarstellung für die Nichtbrennbarkeit hergestellt werde. Sie arbeite derzeit mit einem beauftragten Fachunternehmen und stehe in ständigem Kontakt zur Antragsgegnerin bezüglich einer alternativen Bauweise. Die Antragsgegnerin habe zwischenzeitlich in Umsetzung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts eine Einstellungs- und Untersagungsverfügung erlassen. Das gesamte Bauvorhaben – bis auf die streitige Hausabschlusswand – sei auf der Grundlage der erteilten Baugenehmigung beanstandungsfrei errichtet worden. Die Beseitigung einer Brandgefahr durch Veränderung der Wandverkleidung könne nicht nur durch Nutzungsuntersagung der Räumlichkeiten, sondern auch durch andere Verfügungen erreicht werden. Die Nutzung der Räumlichkeiten an sich führe nicht zu einer Brandgefahr für die Antragsteller. Dem stehe auch nicht das Vorhandensein eines mit Holz zu betreibenden Ofens entgegen, da auch dessen Errichtung vorschriftsmäßig erfolgt sei. Im Übrigen werde der Erweiterungsbau nicht durch den Ofen beheizt, sondern durch eine installierte Heizungsanlage, die nicht mit Holz betrieben werde. Eine Nutzung der Räumlichkeiten verhindere oder erschwere nicht durchzuführende Änderungsmaßnahmen an der Wandbekleidung und der Außenwand. Entgegen den begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts müssten weitere Baumaßnahmen, durch die sich der bestehende Zustand verfestige und durch die eine Brandgefahr erhöht werde, tatsächlich nicht durchgeführt werden, zumal das Verwaltungsgericht auch offengelassen habe, welche brandgefahrerhöhenden Baumaßnahmen noch durchzuführen seien. Es werde eingeräumt, dass jedenfalls die Wandverkleidung nicht den Brandschutzvorschriften entspreche. Die Brandgefahr gehe vorliegend allerdings nicht von einer Nutzung der Räumlichkeiten aus, denn gegen einen Brand von innen sei ein Schutz wegen der nichtbrennbaren zweifach angebrachten 18 mm GFK-Platten gegeben. Eine Brandgefahr gehe möglicherweise von außen, von der Wandverkleidung aus, weil diese nicht aus nichtbrennbaren Bestandteilen bestehe. Inwieweit die Nutzungsuntersagung – und nicht etwa eine Entfernung der Wandverkleidung – diese Brandgefahr aufheben und verhindern könne, sei schwer verständlich.

Die Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2017 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus ihrer Sicht habe das Verwaltungsgericht richtig entschieden. Zu ihrem Schutz von Leib und Leben seien sowohl die Baueinstellung als auch die vorläufige Nutzungsuntersagung aufrechtzuerhalten, bis die Beigeladene den Brandschutz der Gebäudeabschlusswand durch eine rechtskonforme und von der Antragsgegnerin geprüfte Änderung des Wandaufbaus herstellen lasse. Die Gebäudeabschlusswand sowie ihre Fassade erfüllten die brandschutzrechtlichen Anforderungen nicht. Insbesondere seien die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt. Nach DIN 4102 falle Holz mit mehr als 2 mm in die Baustoffklasse B 2 (brennbar, normal entflammbar). Die Fassadenkonstruktion weise nicht die vom Prüfsachverständigen als „schwer entflammbar“ eingestufte Stärke von 26 mm, sondern nur eine solche von 22 mm auf. Auch die Wandbestandteile „Holzständer“ und „60 mm ...“ seien entflammbar. Die Beigeladene unterschlage zudem eine vorhandene „Dampfbremse“. Hinsichtlich der Bohlenstärke der Holzfassade und hinsichtlich der Anbringung einer „...gipskartonplatte“ anstelle einer 6 mm dicken Putzschicht weiche der tatsächliche Wandaufbau nicht nur vom Prüfzeugnis sondern auch von der Änderungsgenehmigung ab. Dass diese Bauausführung die Brandwiderstandsdauer zusätzlich verbessere und mindestens einen gleichwertigen Brandschutz gewährleiste, sei eine Behauptung der Beigeladenen ins Blaue. Die Herstellerfirmen hätten mit ihren Stellungnahmen vom 17. und 21. Juli 2017 dies gerade nicht bestätigt; insbesondere sei eine angeratene Eignungsprüfung nicht erfolgt. Zudem bescheinige sowohl das Prüfzeugnis vom 30. März 2015 als auch der Prüfbericht vom 15. März 2017 einen hinreichenden Brandschutz nur für den gesamten Wandaufbau, nicht aber für (Teil-) Ausschnitte hiervon. Jedenfalls hinsichtlich der Wandverkleidung räume die Beigeladene ein, dass der bisherige Zustand brandschutzrechtlich so nicht verbleiben könne. Aufgrund der von der Baubeschreibung und der Änderungsgenehmigung abweichenden Ausführung der Wandbekleidung bedürfe es (inklusive ggf. weiterer Änderungen bzw. Ertüchtigungen) einer neuen Änderungsgenehmigung. Allein eine Baueinstellung stelle sicher, dass die Beigeladene gehalten sei, eine Tekturgenehmigung zu beantragen und hierzu prüffähige Bauvorlagen und Nachweise vorzulegen, um zu gewährleisten, dass sowohl dem formellen als auch dem materiellen Baurecht Geltung verschafft werde. Zutreffend gehe das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss von einer Ermessensreduzierung auf null aus, da nachbarrechtliche Belange von hoher Wertigkeit betroffen seien. Ein milderes Mittel – wie die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene vollständige Beseitigung der Wandbekleidung / Fassade – sei nicht ersichtlich, da auch der verbleibende Wandaufbau brandgefährdet sei. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung der betroffenen Räume sei geeignet und verhältnismäßig, um angesichts der Gefahr für Leib und Leben der Antragsteller rechtskonforme Zustände herzustellen. Die Nutzung eines nicht den Brandschutzvorschriften entsprechenden Anbaus stelle eine erhebliche Brandgefahr dar. Eine erhöhte Brandgefahr infolge der Nutzungsaufnahme der betroffenen Räumlichkeiten gehe von einer Möblierung sowie dem dort befindlichen Holzofen aus. Durch das Überhitzen von elektrischen Geräten könne es zu Überspannungsschäden kommen. Die durch das Bewohnen ohnehin gegebene Brandgefahr werde vorliegend durch den beabsichtigten Einzug einer sehr alten, demenzkranken Frau erhöht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe, habe auch die Lagerung von Gegenständen (z.B. Möbel, Kleider, Bücher) im Anbau zu unterbleiben. Gelagerte Gegenstände seien regelmäßig brennbar und könnten die Gefährlichkeit eines sich ausbreitenden Brandes intensivieren.

Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt, geht aber davon aus, dass das Eingriffsermessen entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller vorliegend nicht auf null reduziert sei. Eine Gefahr für Leib und Leben der Antragsteller sei nicht gegeben. Trotz abweichender Bauausführung sei der Brandschutz gewährleistet. Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 lasse der Gesetzgeber eine Mischbauweise zu. Die Gebäudeanschlusswand an der gemeinsamen Grenze erfülle die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO sowohl von innen nach außen als auch umgekehrt. Für einen Wandaufbau nach dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis vom 30. März 2017 sei von innen nach außen eine Gipsplatte Typ A mit einer Stärke von mindestens 9,5 mm gefordert. Laut Prüfbericht vom 15. März 2017 biete die Gebäudeabschlusswand durch die Beplankung mit 2 x 18 mm „... Brandschutzplatten“ und einer 15 mm „...-Platte“ an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand (F30). Ferner hätten gutachterliche Äußerungen der M... GmbH für ähnliche Wandaufbauten eine Feuerwiderstandsfähigkeit von 90 Minuten bei einer Brandbeanspruchung von der Wandinnenseite bestätigt. Die angebrachte „... Gipskartonplatte“ an der Außenseite der Gebäudeabschlusswand führe nicht zu einer Minderung des Brandschutzes, sondern verbessere sogar die Feuerwiderstandsdauer. Die Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten bei einem Brandfall von außen werde weiterhin gewährleistet, zumal ein Brand vom Grundstück der Antragsteller ausgehen müsste. Unabhängig davon, dass die Bauarbeiten tatsächlich abgeschlossen seien, sei vorliegend eine Anordnung zur Baueinstellung nicht zielführend und kein geeignetes Mittel, um rechtskonforme Zustände herzustellen. Diese könnten durch andere geeignete Maßnahmen, wie etwa durch Austausch der Fassadenbretter oder Ertüchtigung mit einem intumeszierenden Anstrich oder sogar durch vollständige Beseitigung der Wandbekleidung, erreicht werden. Die momentane Baueinstellung verhindere die Ertüchtigung der Wandbekleidung, für die im vereinfachten Verfahren gem. Art. 59 BayBO keine Änderungsgenehmigung erforderlich sei. Auch die Nutzungsuntersagung sei nicht geeignet, um rechtskonforme Zustände herzustellen. Sie sei auch nicht verhältnismäßig, da eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Antragsteller nicht gegeben sei und rechtskonforme Zustände mit den oben geschilderten Maßnahmen erreicht werden könnten. Die Nutzung der Räume allein führe nicht zu einer Erhöhung der Brandgefahr. Der Erweiterungsbau sei ein erdgeschossiger Anbau, dessen Rettungswege im Brandfall ausreichend sichergestellt seien. Insbesondere sei ein Verbot der Lagerung von Gegenständen nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Auch wenn – wie aus der Beschwerdebegründung hervorgeht – die Antragsgegnerin zwischenzeitlich in Umsetzung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts eine Einstellungs- und Untersagungsverfügung erlassen hat, ist hierdurch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde der Beigeladenen entfallen, weil die Beigeladene durch eine obsiegende Beschwerdeentscheidung weiterhin ihre Rechtsstellung verbessern kann. Denn es verbleibt die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin, die – wie ihre Stellungnahme im Beschwerdeverfahren zeigt – diese Anordnung nicht aus rechtlicher Überzeugung, sondern in Umsetzung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2017 getroffen hat, diese Verfügung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats gem. Art. 48 oder Art. 49 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) wieder korrigiert.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Auf Basis der von der Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht (teilweise) stattgegeben hat. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, weil die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Die Beigeladene hat zu Recht hinreichend eingewandt und dargelegt, dass mit der für den streitgegenständlichen Anbau an der gemeinsamen Grenze ausgeführten Wandkonstruktion in nachbarschutzrechtlicher Hinsicht – also speziell g e g e n ü b e r d e n A n t r a g s t e l l e r n – ein hinreichender Brandschutz gewährleistet ist.

a) Soweit die Eingriffsvoraussetzungen der Art. 75, 76 BayBO als bauordnungsrechtliche Befugnisnormen einschlägig sind, ist hierdurch nicht automatisch eine Anspruchsposition des Nachbarn – sei es auf bauordnungsrechtliches Einschreiten, sei es auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber – gegeben, sondern nur dann, wenn die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage des Bauherrn gerade auf einem Verstoß gegen eine öffentlich-rechtliche Vorschrift beruht, die zugunsten des Nachbarn Drittschutz vermittelt. Ein subjektives Recht der Antragsteller auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag kommt mithin nur in Betracht, wenn die Beigeladene als Bauherrin mit dem streitgegenständlichen Vorhaben gegen eine auch Nachbarn schützende gesetzliche Anforderung verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2009 – 1 ZB 07.3058 – juris Rn. 22; Numberger, BayVBl. 2008, 741/744; Seidel, NVwZ 2004, 139/141; allg. zur sog. Schutznormtheorie vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.).

b) Keiner Klärung bedarf, ob wegen abweichender Bauausführung im Vergleich zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 der von der Beigeladenen tatsächlich umgesetzte Anbau gemäß Art. 55 ff. BayBO einer weiteren Änderungs- oder Tekturgenehmigung bedarf, um einen ggf. vorliegenden (formellen) Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beseitigen. Soweit die Bauaufsichtsbehörde befugt ist, schon bei sog. formeller Rechtswidrigkeit gegen den Bauherrn gem. Art. 75 Abs. 1 BayBO (Baueinstellung) oder Art. 76 Satz 2 BayBO (Nutzungsuntersagung) vorzugehen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 13 m.w.N.), ist hiervon die Frage der subjektiven Rechtsbetroffenheit des Nachbarn zu trennen. Allein die formelle Rechtswidrigkeit einer baulichen Anlage – also das (möglicherweise) Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung bzw. eine von einer vorhandenen Genehmigung abweichende Bauausführung – genügt als solche nicht, um in diesem Sinn die Betroffenheit eines subjektiven Rechts des Nachbarn zu begründen. Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht (Art. 55 ff. BayBO) dienen allein dem öffentlichen Interesse und sind daher nicht nachbarschützend (BayVGH, B.v. 19.5.2011 – 2 B 11.397 – NVwZ-RR 2011, 851 = juris Rn. 19; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 55 Rn. 4 m.w.N.). Entscheidend ist daher im vorliegenden Fall vielmehr, ob durch das Bauvorhaben eine die benachbarten Antragsteller materiell schützende Rechtsnorm verletzt wird.

c) Die – hier nicht näher aufzuklärende – Möglichkeit, dass die tatsächlich umgesetzte Gebäudeabschlusswand auf dem Baugrundstück an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller als wohl nicht geregeltes Bauprodukt (Bauteil) bzw. als nicht geregelte Bauart ggf. den Anforderungen der Art. 15 ff. BayBO nicht genügt, mag zwar aus objektiv-rechtlicher Sicht die Bauaufsichtsbehörde zum Eingreifen ermächtigen (vgl. auch die ausdrückliche Regelung in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Nr. 4 BayBO). Auch dies kann aber den Antragstellern als Nachbarn weder einen Anspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen aus Art. 75, Art. 76 Satz 2 BayBO noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber vermitteln. Auch wenn die Regelungen des III. Abschnitts des dritten Teils der Bayerischen Bauordnung über Bauprodukte und Bauarten (Art. 15 – 23 BayBO) der Abwehr von Gefahren dienen, die der Allgemeinheit durch mangelnde Sicherheit von baulichen Anlagen drohen, folgt hieraus kein Drittschutz zugunsten individualisierbarer Personen und insbesondere zugunsten von Nachbarn (BayVGH, B.v. 9.11.1998 – 1 CS 98.2821 – NVwZ 1999, 446 = juris Rn. 9; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2017, Vorb. Art. 15 Rn. 6; Dirnberger in Simon/Bus-se, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2017, Art. 66 Rn. 278). Die grundsätzliche Brauchbarkeit – wie etwa eine hinreichende Feuerwiderstandsfähigkeit – eines nicht geregelten Bauprodukts oder einer Bauart kann zwar über einen im dritten Teil, Abschnitt III der BayBO vorgesehenen Nachweis (etwa auch durch ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, Art. 17, Art. 19 Abs. 1 Satz 2 BayBO) sowie eine nach Maßgabe von Art. 20, 21 BayBO erfolgte Übereinstimmungserklärung des Herstellers ggf. belegt werden (vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO, Art. 12 Rn. 27). Allein aus dem Umstand, dass ein verwendetes Bauprodukt / Bauteil oder eine verwendete Bauart nicht den Anforderungen der Art. 15 ff. BayBO entspricht, folgt aber nicht, dass ein Nachbar deshalb Abwehransprüche bzw. Ansprüche auf bauordnungsrechtliches Eingreifen geltend machen kann.

d) Ein Anordnungsanspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen nach Maßgabe von Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO kommt auch nicht wegen einer Verletzung des Art. 28 Abs. 3 BayBO in Betracht. Die Gebäudeabschlusswand des neu errichteten Anbaus der Beigeladenen verletzt keine nachbarschützenden Brandschutzanforderungen aus 28 Abs. 3 BayBO. Im vorliegenden Fall muss die an der Grenze zum Antragstellergrundstück stehende Gebäudeabschlusswand des Anbaus der Beigeladenen in brandschutzrechtlicher Hinsicht nicht die strengen Voraussetzungen für eine Brandwand gem. Art. 28 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO erfüllen. Es genügt vielmehr, wenn die verminderten Anforderungen an eine Gebäudeabschlusswand nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO eingehalten werden, vgl. im Folgenden aa). Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die Anforderungen dieser Norm, soweit sie nachbarschützend ist, nicht eingehalten sind, vgl. unten bb). Hiervon zu trennen ist die Frage, ob die Anforderungen an die Außenwandbekleidung einschließlich ihrer Unterkonstruktion gem. Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO erfüllt sind und inwieweit die Antragsteller hieraus Nachbarschutz beanspruchen können, vgl. unten e).

aa) Als unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäudeabschlusswand, die zum Wohngebäude der Antragsteller einen geringeren Abstand als 5 m aufweist, wäre die Außenwand des Anbaus auf der gemeinsamen Grenze von Baugrundstück und Antragstellergrundstück gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO an sich als Brandwand auszuführen. Für diese bestimmt die BayBO, dass diese ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte verhindern (Art. 28 Abs. 1 BayBO) und hierfür auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein sowie aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen (Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO). Bei dem Gebäude der Beigeladenen handelt es sich nach den vorliegenden, der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 zugrundeliegenden Planzeichnungen auch nach der Fertigstellung des neuen Anbaus allerdings entweder um ein Gebäude der Gebäudeklasse 1 oder um ein solches der Gebäudeklasse 2, sodass vorliegend die hierfür geltenden Brandschutzanforderungen der BayBO maßgebend sind, mithin die Einhaltung der für Gebäudeabschlusswände geltenden Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO genügt.

Zur Gebäudeklasse 1 zählen freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m². Nach der von keinem Beteiligten bestrittenen Darstellung des Bestands in den gestempelten Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 (vgl. „Schnitt AA“) beträgt das für die Bemessung der Gebäudehöhe gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BayBO relevante Maß der Fußbodenoberkante des Obergeschosses des Bestandsgebäudes als höchstgelegenes Geschoss des Gesamtgebäudes über der Geländeoberfläche weniger als 4 m. Bei Übernahme der von keinem Beteiligten bestrittenen Grundflächenberechnung aus den Bauunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 (229,493 m², mit Außenflächen) unter Einbeziehung des Dachgeschosses im Bestandsteil [laut den vorgenannten Bauunterlagen 8,480 m x 7,356 = 62,38 m²) ergibt sich eine relevante Brutto-Grundfläche (vgl. Art. 2 Abs. 6 BayBO) von unter 300 m², die mithin unterhalb der in Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO vorgesehenen Grenze von 400 m² (ohne Einbeziehung der Kellergeschossflächen, Art. 2 Abs. 3 Satz 3 BayBO) liegt. Dasselbe ergibt sich, wenn man überschlagsmäßig auf die im gestempelten Grundrissplan dargestellten Außenmaße des Gesamtgebäudes abstellt [Altbestand ca. 2 x (8,5 m x 7,7 m) = 130,9 m²; neuer Anbau: ca. 15,50 m x 5,50 m = 85,25 m²; Übergangsbereich Altbestand – Anbau: ca. 4,20 m x 1 m = 4,20 m²]. Nach der Errichtung des Anbaus verfügt das Gesamtgebäude laut den vorliegenden Bauunterlagen zu den der Beigeladenen erteilten Genehmigungen für den Anbau über nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten (eine Wohnnutzungseinheit im Altbestand und eine neue Nutzungseinheit im Anbau). Der in der BayBO nicht näher definierte Begriff der Nutzungseinheit umfasst eine Summe von Räumen, die auf Grund der organisatorischen und räumlichen Struktur als Einheit betrachtet werden können. Es kommt nicht darauf an, wie die Nutzungseinheit ausgestaltet ist, also vor allem ob und in welcher Weise ein Raum bzw. eine Mehrheit von Räumen gegenüber einem anderen Raum oder einer anderen Mehrheit von Räumen baulich abgeschlossen ist. Entscheidend ist vielmehr die insbesondere von der der Entscheidung des Bauherrn abhängige Einheitlichkeit der Nutzung und des Nutzungskreises (vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 2 Rn. 80 ff.; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 2 Rn. 293). Auch wenn aufgrund der räumlichen Trennung durch das Treppenhaus im Erd- und Dachgeschoss des Altbestands auf dem Baugrundstück jeweils selbständige kleine Wohneinheiten in einer Größenordnung von jeweils etwa 40 m² geschaffen werden könnten, ist mangels anderweitiger Hinweise aus den vorliegenden Unterlagen und den Erklärungen der Beteiligten davon auszugehen, dass derzeit dort nur von einer einzigen Wohneinheit auszugehen ist. Hierfür sprechen auch die vorliegenden Planzeichnungen zu den Genehmigungen vom 12. Juli 2011 und 17. Juni 2017, weil hiernach nur das Erdgeschoss, nicht aber das Dachgeschoss über eine Küche verfügt. Weil das Gebäude der Beigeladenen auch nach seiner Errichtung nicht mit einem anderen entsprechenden Gebäude zusammengebaut ist, dürfte es auch als freistehend i.S. von Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO anzusehen (vgl. Dirnberger in Simon/ Busse, BayBO, Art. 2 Rn. 286, 287; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 25) und damit der Gebäudeklasse 1 zuzuordnen sein.

Soweit in der Literatur (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Sept. 2017, Art. 2 Rn. 86b; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 2 Rn. 74c) und in Nr. 2.3.1.1.1 der Vollzugshinweise zur BayBO 2008 (IMS v. 13.12.2007 – Az. II B-4101-065/02, abgedruckt z.B. bei Molodovsky a.a.O. als Anhang 2.10) für das Merkmal „freistehend“ auch die jetzige und künftige Einhaltung von Abstandsflächen zwischen Gebäuden gefordert wird und der Abstand zwischen dem Wohngebäude der Antragsteller und dem auf dem Baugrundstück an der gemeinsamen Grenze errichteten Anbau der Beigeladenen von nur ca. 3 m hierfür als nicht hinreichend angesehen werden sollte, handelt es sich bei dem Wohngebäude der Beigeladenen (inklusive Anbau) jedenfalls höchstens um ein Gebäude der Gebäudeklasse 2, weil gem. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO für diese Einordnung bei im Übrigen identischen Voraussetzungen wie bei Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO auf das Gebäudemerkmal freistehend verzichtet wird.

Weil es sich um ein Gebäude der Gebäudeklassen 1 oder 2 handelt, kommt es auf die Frage, ob die Gebäudeabschlusswand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze die Qualitätsmerkmale einer Brandwand gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO aufweist, nicht an. Denn eine Gebäudeabschlusswand für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 kann gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO statt als Brandwand zulässigerweise auch als Wand ausgestaltet werden, die jeweils

– von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes (vgl. hierzu Art. 25 BayBO), mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO) hat,

– während von außen nach innen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 2, Satz 3 Nr. 1 BayBO) gegeben sein muss.

Für solche Wände, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, müssen zudem die Anforderungen entsprechend Art. 28 Abs. 4 bis 10 BayBO erfüllt sein, Art. 28 Abs. 11 BayBO. Damit müssen jedenfalls Außenwandbekleidungen (einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen) von Gebäudeabschlusswänden auch bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 nach Maßgabe von Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO nichtbrennbar sein.

bb) Für die Beurteilung der Feuerwiderstandsfähigkeit eines Baustoffs oder eines Bauteils kann die in ihren relevanten Teilen gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayBO als Technische Baubestimmung eingeführte „DIN 4102 – Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ (teilw. abgedruckt bei Simon/Busse, BayBO, Teil D. Anhang Nr. 258) als sachverständige Grundlage für die Beurteilung der Feuersicherheit der baulichen Anlagen und der Feuerwiderstandsdauer ihrer Bauteile herangezogen werden (zur umstrittenen Einordnung als normkonkretisierende oder lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 3 Rn. 58 ff.). Der Senat geht davon aus, dass hiernach die Gebäudeabschlusswand an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit von innen nach außen erfüllt. Offen ist demgegenüber, ob die umgesetzte Wandkonstruktion von außen nach innen die Feuerwiderstandsdauer feuerbeständiger Bauteile hat, wie dies Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO fordert. Hierauf kommt es aber bei dem vorliegend geltend gemachten Anspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten nicht an, weil die brandschutzrechtlichen Anforderungen der genannten Norm an die Feuerwiderstandsfähigkeit für die Wirkrichtung von außen nach innen nicht nachbarschützend sind, sodass insofern eine subjektive Anspruchsposition der Antragsteller ausscheidet.

Der Senat kann nach Aktenlage nicht beurteilen, ob die Gebäudeabschlusswand an der Grenze zum Grundstück der Antragsteller von a u ß e n n a c h i n n e n die gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) einhält. Es ist ungeklärt, ob und wie bei einer Feuereinwirkung über die mit einer Konterlattung befestigte Holzfassade derart auf die statt des Außenputzes verbaute Gipskartonplatte mechanisch eingewirkt wird, dass der Wandkonstruktion nicht mehr die Feuerwiderstandsfähigkeit „feuerbeständig“ (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) in der Wirkrichtung von außen nach innen attestiert werden kann (vgl. auch Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 4 BayBO).

Die tatsächliche Umsetzung der Gebäudeabschlusswand weicht vom vorliegenden allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015 für eine Wand mit der dort attestierten Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile (F 90-AB, vgl. Nrn. 5.4.1 und 5.4.2 sowie Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2) ab, weil anstelle des dort vorgesehenen Klebe- und Spachtelputzes als „2. Lage außen“ tatsächlich eine 12,5 mm dicke „Gipskartonplatte ...“ eingebaut wurde. Aus diesem Grund ist die vom bauausführenden Unternehmen unter dem 7. März 2017 ausgestellte „Übereinstimmungserklärung“ (vgl. Art. 20 und 21 BayBO), in der bestätigt wird, dass die tragende, raumabschließende Wandkonstruktion mit einer Feuerwiderstandsklasse „REI 90“ hinsichtlich aller Einzelheiten unter Einhaltung der Bestimmungen des allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses vom 30. April 2015 hergestellt und aufgebaut worden sei, für den Nachweis der Feuerwiderstandsfähigkeit nicht aussagekräftig. Die Stichhaltigkeit der Behauptung im Ergänzungsschreiben des ausführenden Bauunternehmens vom 19. Juni 2017, die Verwendung der „...platte“ anstelle einer Putzschicht an der Wandaußenseite stelle nur eine geringe Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis dar, steht infrage, weil die in Bezug genommenen Schreiben der Herstellerfirmen der Bauprodukte dies gerade nicht belegen. So heißt es im Schreiben der K... KG vom 17. Juli 2017 zur Aufbringung der hölzernen Außenfassade auf die „Gipskartonplatte ...“, dass brandschutzbezogen sowie mit Blick auf die Druckfestigkeit der Dämmstoffplatte und die Verteilung des Anpressdrucks durch geeignete Lattung über der Gipskartonplatte „die Befestigung der Beplankungs-Ebenen (Gipskartonplatte mit darüber liegendem Witterungsschutz) übereinander“ nicht bewertet werden könne. In der E-Mail der G... GmbH & Co. KG vom 21. Juli 2017 wird hierzu ausgeführt, dass auch von dort nicht beurteilt werden könne, wie sich die putzersetzende Gipskartonplatte „unter dem Anpressdruck der Konterlattung auf einer biegeweichen Holzweichfaserdämmplatte verhält“. Die Festigkeit müsse gegeben sein, damit die Platte die Konstruktion wie eine Armierungsschicht vor Hitze und Flammeneinwirkung schütze. Sollte durch den Anpressdruck der Konterlattung ein Brechen der Platte dafür sorgen, dass diese innerhalb kurzer Zeit die Schutzfunktion gegen Flammen und Hitze durch Herunterfallen verliere, sei keine geringfügige Abweichung ausstellbar und die Konstruktion müsste von einem Institut geprüft werden. Es werde geraten, die Anwendbarkeit explizit auf die realisierte Wandkonstruktion zu prüfen. Schließlich kann auch über den Prüfbericht des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017, der Grundlage der Bescheinigung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO für eine Abweichung von den Anforderungen an die Außenwandbekleidung war – vgl. unten e) – das Vorliegen der Voraussetzungen der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer von außen nach innen nicht hinreichend belegt werden. Denn in diesem Prüfbericht wird vorausgesetzt, dass eine Gebäudeabschlusswand laut Prüfungszeugnis vom 30. März 2015 mit einer Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten von außen nach innen vorliegt, was aber – s.o. – wegen Ersetzung des Außenputzes durch eine Gipsplatte gerade infrage steht.

Demgegenüber geht der Senat nach Aktenlage davon aus, dass die Gebäudeabschlusswand des streitgegenständlichen Anbaus an der Grenze zum Antragstellergrundstück die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit hinsichtlich der Wirkrichtung von i n n e n n a c h a u ß e n erfüllt. Da Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 BayBO für tragende und aussteifende Wände in Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 keine strikteren Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit verlangt, ist im vorliegenden Fall für die Beurteilung einer gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO hinreichenden Feuerwiderstandsdauer von innen nach außen entscheidend, ob die Gebäudeabschlusswand mindestens die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO) aufweist. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn sie nach Maßgabe eines Brandversuchs nach Nr. 5.2 (Nrn. 5.2.1 – 5.2.8) der DIN 4102 – Teil 2 die Feuerwiderstandsqualität F 30 füllt (= Feuerwiderstandsdauer von mehr als 30 Minuten, wobei während der Prüfzeit auch die hinreichende Standfestigkeit und Tragfähigkeit nicht verloren gehen dürfen; vgl. auch Tabelle 2 der DIN 4102 – Teil 2).

Die vorliegenden Unterlagen sprechen dafür, dass die Außenwand an der Grundstücksgrenze von innen nach außen mindestens über die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile verfügt und damit „in Richtung“ des Antragstellergrundstücks den gesetzlichen Anforderungen genügt. Der – zum Zweck der Beurteilung einer Ausnahme von der Nichtbrennbarkeit der Außenfassade erstellte [s.u. e) ] – Prüfbericht des Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 bestätigt aus fachlicher Sicht, dass „die Gebäudeabschlusswand durch Beplankung mit 2 x 18 mm mineralischen Brandschutzplatten an der Innenseite mindestens 30 Minuten Feuerwiderstand bietet (F-30-A)“. Diesbezüglich wurde die sachverständige Bewertung im Prüfbericht vom 15. März 2017 von keinem der Beteiligten substanziiert in Frage gestellt oder sogar erschüttert (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – Rn. 29, 32 m.w.N.). Dass tatsächlich sogar eine noch höhere Feuerwiderstandsfähigkeit vorliegt, ist aus den Ausführungen auf Seite 3 der in den Akten befindlichen „Ergänzung der gutachterlichen Stellungnahme Nr. ... der M... GmbH vom 21. Januar 2016 für eine ähnliche, von der Innenseite her zunächst entsprechende Wandkonstruktion (2 x 18 mm GKFbzw. GF-Platten und im Anschluss 15 mm dicke ...-Platte) abzuleiten:

„Bei einer Brandbeanspruchung von den Wandinnenseiten wird die tragende Holzkonstruktion mindestens durch 2 x 18 mm dicke GFKbzw. GF-Platten und eine 15 mm dicke ...-Platte geschützt. Nach DIN EN 1995-1-2: 2010-12 [2] werden nach 75 Brandminuten die für Sperrholz kritische Temperatur von 270 °C hinter den GFKbzw. GF-Platten erreicht. Zu diesem Zeitpunkt beginnt frühestens der Abbrand der darunter liegenden ...-Platte. Die ...-Platte hat gemäß DIN EN 1995-1-2: 2010-12 [2] eine Abbrandrate von 1,0 mm/Min. Es wird frühestens in der 90. Brandminute die für Holz kritische Temperatur von 300 °C an den Ständern erreicht. Es ist aus brandschutztechnischer Sicht ausreichend sichergestellt, dass bei einer 90-minütigen Brandbeanspruchung von der Wandinnenseite die Tragfähigkeit, die Wärmedämmung und der Raumabschluss der Wandkonstruktion erhalten bleibt.“

Zu einem entsprechenden Ergebnis kommt die ebenfalls in den Akten befindliche „Gutachterliche Stellungnahme Nr. ... der M ... GmbH vom 25. Mai 2017 (dort Seite 7 i.V. mit Anlage 1, Tabelle 3).

Vor diesem Hintergrund ist die Abweichung vom allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015, soweit es brandschutzrechtlich um die Beurteilung der Feuerwiderstandsdauer der Außenwand in der Wirkrichtung von innen nach außen geht, nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aus Sicht des Senats als nicht wesentlich anzusehen (vgl. Art. 20 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO), sodass – im Gegensatz zur Beurteilung der Feuerwiderstandsdauer in der Wirkrichtung von außen nach innen (s.o.) – die Übereinstimmungserklärung des Herstellers (bauausführendes Unternehmen) jedenfalls insofern im Verfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO als hinreichender Nachweis der Verwendbarkeit als Gebäudeabschlusswand i.S. von Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO angesehen werden kann. Die Bedenken der Bauprodukthersteller in den Stellungnahmen vom 17. Juli 2017 (K... KG) und vom 21. Juli 2017 (E-Mail der G... GmbH & Co. KG) beziehen sich zudem der Sache nach nur auf die unmittelbare Hitze- und Flammeneinwirkung auf die putzersetzende Gipskartonplatte mit aufgesetzter Konterlattung mit Holzfassade – also von außen. Da Art. 24 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayBO keine besonderen Anforderungen an die Baustoffe feuerhemmender Bauteile stellt, können diese Bauteile uneingeschränkt aus brennbaren Baustoffen bestehen (Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 24 Rn. 17; vgl. auch Rn. 18 mit Tabelle 1). Damit kommt es für die Frage, ob die an der Grenze zum Antragstellergrundstück stehende Gebäudeabschlusswand von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit feuerhemmender Bauteile aufweist, nicht darauf an, ob und inwiefern diese aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht [zu Besonderheiten bezüglich der Außenbekleidung vgl. unten e) ].

Durch die Einhaltung der erforderlichen Feuerwiderstandsfähigkeit von innen nach außen wird bei der hier vorliegenden Gebäudeabschlusswand eines Gebäudes der Gebäudeklasse 1 bzw. 2 den n a c h b a r s c h ü t z e n d e n Anforderungen gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO Genüge getan. Die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO für die Wirkrichtung von außen nach innen sind nicht nachbarschützend und vermögen daher den Antragstellern keine subjektiven Anspruchspositionen auf bauordnungsrechtliches Einschreiten zu vermitteln.

Brandschutzvorschriften entfalten nicht per se nachbarschützende Wirkung, sondern nur dann, wenn sie „nach außen“ zielen (Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 12), also nicht auf den Schutz des von der Anforderung betroffenen Gebäudes und seiner Bewohner bzw. Benutzer begrenzt sind, sondern mit Blick auf die Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und Rauch in der Umgebung jedenfalls auch auf den Schutz des Nachbargrundstücks und der sich dort befindlichen Personen und / oder (unbeweglichen und beweglichen) Sachen ausgerichtet sind (BayVGH, B.v. 10.7.2014 – 9 CS 14.998 – BayVBl. 2014, 727 = juris Rn. 13; B.v. 30.1.2018 – 15 ZB 17.1459 – juris Rn. 16, unter Rekurs auf: OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 21; OVG NRW, B.v. 29.7.2002 – 7 B 583/02 – juris Rn. 15; OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.5.2007 – OVG 11 S 83.06 – juris Rn. 70; OVG Saarl, U.v. 26.1.2006 – 2 R 9/05 – juris Rn. 58; VG Augsburg, U.v. 21.1.2009 – Au 4 K 08.718 – juris Rn. 32; VG Karlsruhe, U.v. 16.10.2014 – 9 K 3426/13 – juris Rn. 37; Seidel, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Nachbarschutz, 2000, Rn. 472 ff.). Bei Regelungen über Brandwände ist grundsätzlich zu unterscheiden: Während Regelungen über innere Brandwände zur Bildung bzw. Begrenzung von Brandabschnitten innerhalb eines Gebäudes von ihrem Schutzzweck her gesehen ausschließlich „nach innen“ bezogen sind und daher keine nachbarschützende Wirkung entfalten, sind Regelungen für Brandwände als Gebäudeabschlusswände (Art. 28 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BayBO), weil ihnen auch der normative Schutzzweck zukommt, einen Brandübergriff auf Nachbargebäude zu verhindern, zugunsten von unmittelbar angrenzenden Nachbarn grundsätzlich drittschützend (BayVGH, B.v. 30.1.2018 – 15 ZB 17.1459 – juris Rn. 15, 17; Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 12 Rn. 3; Art. 28 Rn. 14; Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 12, Art. 28 Rn. 7, 8; Jäde in ebenda, Art. 66 Rn. 480; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 279; vgl. auch BayVGH, U.v. 21.12.1977 – 273 II 75 – BayVBl 1978, 669 = juris Rn. 22; B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18; OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Rn. 34; OVG Rh-Pf, U.v. 28.3.1974 – 1 A 116/73 – BRS 28 Nr. 142; VGH BW, U.v. 16.3.1976 – VIIl 289/75 – BRS 30 Nr. 135; U.v. 24.7.1984 – 8 S 2047/83 – VBlBW 1985, 102/103; U.v. 26.2.1992 – 3 S 2947/91 – juris Rn. 22; OVG NRW, U.v. 11.1.1973 – X A 419/71 – ZMR 1974, 126; U.v. 25.4.1973 – VII A 345/72 – BRS 27 Nr. 103; VG München, U.v. 22.10.2015 – M 11 K 14.4211 – juris Rn. 31).

Hieraus folgt für den Nachbarschutz aus Art. 28 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 BayBO folgende Differenzierung: Ebenso wie Regelungen über die Feuerwiderstandsfähigkeit tragender und aussteifender Wände und Stützen (Art. 25 BayBO), über Außenwände (Art. 26 BayBO) sowie über Trennwände (Art. 27 BayBO) ausschließlich vor Brandgefahren innerhalb des betroffenen Gebäudes schützen und deshalb nicht nachbarschützend sind (vgl. Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 25 Rn. 16; Art. 26 Rn. 14; Art. 27 Rn. 15; Bauer in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 25 Rn. 5, Art. 26 Rn. 5, 7, Art. 27 Rn. 4), haben die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO keinen Schutznormcharakter zugunsten der Nachbarschaft, soweit diese sich auf den Schutz des Bestands der der Gebäudeabschlusswand zuzuordnenden baulichen Anlage und deren Nutzer begrenzen. Das ist aber gerade der Fall, soweit es um Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit von außen nach innen geht. Die Reichweite des Nachbarschutzes aus Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO hängt damit von der Wirkrichtung der von der Rechtsnorm geforderten Feuerwiderstandsfähigkeit ab: Drittschutz ist aus der Regelung nur abzuleiten, soweit die Gebäudeabschlusswand hiernach von innen nach außen die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Teile des Gebäudes, mindestens jedoch feuerhemmende Bauteile haben muss; hingegen kommt der gesetzlichen Anforderung einer Feuerwiderstandsfähigkeit feuerbeständiger Bauteile in der Wirkrichtung von außen nach innen kein Nachbarschutz zu.

Eine Verletzung eines subjektiven Rechts aus Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO BayBO als Voraussetzung eines (Anordnungs-) Anspruchs auf bauordnungsrechtliches Eingreifen oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber haben die Antragsteller daher nicht glaubhaft machen können. Da einerseits die drittschützenden Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Gebäudeabschlusswand von innen nach außen (in Richtung Nachbargrundstück) nach Aktenlage eingehalten sind, und andererseits die Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Gebäudeabschlusswand von außen nach innen nicht nachbarschützend sind, scheidet insofern ein Anordnungsanspruch der Antragsteller auf bauordnungsrechtliches Einschreiten gem. § 123 Abs. 1 VwGO i.V. mit Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO aus. Es kommt insofern mithin nicht auf die Fragen an, ob die brandschutzrechtlichen Anforderungen in der Wirkrichtung von außen nach innen tatsächlich erfüllt sind.

e) Soweit die Anforderungen an die Nichtbrennbarkeit der Außenwandbekleidung gem. Art. 28 Abs. 11, Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt sind und eine Abweichungsfähigkeit gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO sowie eine ordnungsgemäße Abweichungsbescheinigung gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO in Frage stehen, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an, weil die von den Antragstellern im gerichtlichen Eilverfahren allein verfolgten Maßnahmen einer Baueinstellung sowie einer Nutzungsuntersagung keine geeigneten Reaktionen zur Unterbindung einer diesbezüglichen nachbarlichen Rechtsverletzung darstellen.

Es spricht Vieles dafür, dass die über Art. 28 Abs. 11 BayBO auch bei einer Gebäudeabschlusswand für ein Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 geltende Anforderung des Art. 28 Abs. 7 Satz 3 BayBO, wonach die Außenwandbekleidung einschließlich ihrer Unterkonstruktionen und Dämmstoffe (die zusätzlich außen angebracht werden, vgl. Famers in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 28 Rn. 116) nichtbrennbar sein müssen, nachbarschützend ist. Denn diese Vorschrift dürfte darauf zielen, auch im Fall eines Brandherds von außen einen Brandübergriff über die Wandfassade auf benachbarte Gebäude zu verhindern (vgl. OVG NRW, U.v. 24.5.2017 – 10 A 1997/15 – juris Rn. 34). Dennoch haben die Antragsteller auch insofern hinsichtlich der von ihnen im Verfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO begehrten Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer Baueinstellung (Art. 75 BayBO) sowie einer Nutzungsuntersagung (Art. 76 Satz 2 BayBO) keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Auch wenn unstreitig sein dürfte, dass die tatsächlich umgesetzte Fassadenkonstruktion grundsätzlich brennbar ist und damit die gesetzlichen Anforderungen gemäß Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO nicht erfüllt sind, steht damit nicht automatisch und ohne Weiteres fest, dass damit auch die Eingriffsvoraussetzungen der Art. 75 BayBO, Art. 76 Satz 2 BayBO wegen Widerspruchs der streitgegenständlichen baulichen Anlage zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt sind. Denn nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der BayBO zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Auf eine solche behördliche Abweichungszulassung kann sogar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO verzichtet werden, wenn entsprechende bautechnische Nachweise durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt werden. Im vorliegenden Fall wurde eine bautechnische Bescheinigung eines Prüfsachverständigen („Bescheinigung Brandschutz III“) vom 15. März 2017 vorgelegt. Diese nimmt hinsichtlich der Angaben zur Abweichung von brandschutzrechtlichen Vorschriften auf den Prüfbericht desselben Prüfsachverständigen vom 15. März 2017 Bezug, in dem ausgeführt wird, dass die „Oberflächen“ der Gebäudeabschlusswand (wohl gemeint: die Außenwandbekleidung mit der Unterkonstruktion i.S. von Art. 28 Abs. 7 Satz 3 BayBO) zum Nachbargrundstück hin nicht „nichtbrennbar“ („A1“ oder „A2“) seien. Unter dort weiter zugrunde gelegten Prämissen (vgl. Nr. 1 bis Nr. 6 der Begründung) bleibe dies aber nicht hinter den Grundsatzanforderungen aus Art. 3 Abs. 1 BayBO zurück, sodass die Zulässigkeit der Abweichung gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO sachverständig bescheinigt werden könne. Ob und mit welcher Reichweite einer solchen Bescheinigung Legalisierungswirkung zukommt und damit auch eine bauaufsichtliche Durchgriffsmöglichkeit der Bauaufsichtsbehörde aufgrund gesetzlich zugewiesener Verantwortlichkeiten ausgeschlossen oder eingeschränkt ist, ist im Einzelnen umstritten (zu den divergierenden Ansichten in der Kommentarliteratur vgl. Jäde in Jäde u.a., Die neue BayBO, Art. 63 Rn. 72 i.V. mit Art. 62 Rn. 61 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 62 Rn. 31; Molodovsky in Molodovsky u.a., BayBO, Art. 63 Rn. 11 i.V. mit Art. 62 Rn. 108). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass bestimmte, vom Prüfsachverständigen zugrunde gelegte Prämissen entweder tatsächlich nicht gegeben sind (so die Annahme, die Gebäudeabschlusswand entspreche in allen Einzelheiten dem allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis Nr. ... vom 30. März 2015) oder in tatsächlicher Hinsicht bzw. in der rechtlichen Bewertung unter den Beteiligten umstritten sind (so etwa mit Blick auf die Relevanz der wohl weniger als 2 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernten Kellertreppe der Antragsteller).

Die diesbezüglichen Einzelfragen bedürfen vorliegend keiner Klärung. Auch wenn Fragen einer Abweichung bzw. Abweichungsmöglichkeit ausgeklammert werden und eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller als Nachbarn hinsichtlich Art. 28 Abs. 11 i.V. mit Abs. 7 Satz 3 BayBO unterstellt wird, würde dies den Antragstellern für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs nichts nutzen. Denn weder eine Baueinstellung noch eine Nutzungsuntersagung stellten eine geeignete Reaktion dar, um einen Rechtsverstoß wegen rechtswidriger Fassadenbekleidung zum Schutz der Nachbarn zu unterbinden. Die Holzfassade ist bereits an der Außenseite der Gebäudeabschlusswand in Richtung des Antragstellergrundstücks angebracht, sodass eine schlichte Baueinstellung das Ziel, die Antragsteller vor einem Brandübergriff aufgrund der Brennbarkeit der Außenwandbekleidung mit Unterkonstruktion zu schützen, nicht mehr fördern kann. Auch eine Nutzungsuntersagung vermag dem Nachbarschutz der Antragsteller nicht zu dienen, weil die Gebäudeabschlusswand gerade von innen nach außen über eine hinreichende Feuerwiderstandsfähigkeit gem. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO verfügt (s.o.) und damit eine relevante Gefahrerhöhung für eine Brandausbreitung von innen nach außen und folglich auch für einen Brand der Außenwandbekleidung aufgrund einer Brandursache im Innern des Anbaus der Beigeladenen kraft gesetzlicher Wertung ausgeschlossen ist. Selbst wenn die Bauordnungsbehörde aufgrund eines eventuellen Widerspruchs zum objektiven Recht eine Baueinstellung und / oder eine Nutzungsuntersagung in Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens nach Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO erlassen dürfte bzw. könnte, ist nicht ersichtlich, dass hierfür gerade von Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO geschützte Belange der Antragsteller als Nachbarn eine Direktive für die Ausübung des behördlichen Ermessens sein könnten. Vor diesem Hintergrund kann in dieser Situation eine subjektive Anspruchsposition der Antragsteller – und sei es nur auf ermessensfehlerfreie Entscheidung – gerade in Bezug auf eine Baueinstellung und / oder eine Nutzungsuntersagung wegen der Außenfassade und ihrer Befestigungskonstruktion nicht begründet sein. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass Belange der Antragsteller als Nachbarn diesbezüglich eine Ermessensreduzierung auf null zu ihren Gunsten begründen könnten (vgl. z.B. VG München, B.v. 11.11.2014 – M 8 E1 14.4665 – Rn. 42 ff.; B.v. 8.6.2017 – M 8 E 17.2327 – juris Rn. 49 ff.).

Es verbliebe zum Schutz der Antragsteller als Nachbarn allenfalls ein auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 und / oder Abs. 4 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – NVwZ-RR 2018, 14 = juris Rn. 14) zu stützender nachbarlicher Anspruch auf bauordnungsrechtliches Eingreifen bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein solches mit dem Ziel der Beseitigung oder der brandschutzrechtlichen Ertüchtigung der brennbaren Außenbekleidung und ihrer Unterkonstruktion. Unabhängig von den oben aufgeworfenen Fragen, ob die Abweichung der Außenbekleidung mit Unterkonstruktion von den Vorgaben des Art. 28 Abs. 11, Abs. 7 Satz 3 BayBO am Maßstab von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO zulassungsfähig wäre (zu den Anforderungen bei Brandwänden vgl. BayVGH, B.v. 19.7.2016 – 9 CS 15.336 – NVwZ-RR 2017, 87 ff.) und ob die vorliegende „Bescheinigung Brandschutz III“ vom 15. März 2017 die Rechtmäßigkeit der Abweichung fingiert, ist es dem Senat gem. § 88 VwGO und dem hierin zum Ausdruck kommenden Grundsatz „ne ultra petita“ verwehrt, die Antragsgegnerin in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgericht zum Erlass derartiger Maßnahmen zu verpflichten. Nach § 88 VwGO, der über § 122 Abs. 1 VwGO auch im Verfahren gem. § 123 VwGO anwendbar ist, darf das Gericht über das Antragsbegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt. Zwar steht es gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 938 Abs. 1 ZPO grundsätzlich im freien Ermessen des Gerichts, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks, d.h. zur Sicherung des Rechts oder zur vorläufigen Regelung, i.S. von § 123 Abs. 1 VwGO getroffen werden. Trotz dieser gewissen „Lockerung“ von der Antragsbindung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14 Aufl. 2014, § 123 Rn. 64) dürfen die Verwaltungsgerichte auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO nichts aussprechen, was vom ersichtlichen Willen des Antragstellers nicht getragen ist (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 123 Rn. 134). Insbesondere legitimiert § 88 VwGO das Gericht nicht dazu, an die Stelle dessen, was eine Partei erklärtermaßen will, das zu setzen, was sie – nach Meinung des Gerichts – zur Verwirklichung ihres Bestrebens wollen sollte (vgl. BVerwG, B.v. 14.4.2003 – 3 B 141.02 – juris Rn. 2; speziell zu § 123 VwGO vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 – juris Rn. 12 ff.). Nach dem anwaltlich eindeutig formulierten Antrag schon im erstinstanzlichen Verfahren ist das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller hier ausschließlich auf die (vorläufige) Baueinstellung und Nutzungsuntersagung – also auf Maßnahmen nach den speziellen Eingriffsnormen gem. Art. 75 Abs. 1, Art. 76 Satz 2 BayBO – gerichtet. Alternative Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BayBO, wie etwa eine Ertüchtigung der Außenfassade mit Unterkonstruktion bis hin zu deren Beseitigung, gegen die sowohl die Beigeladene (vgl. Seite 5 der Beschwerdebegründung vom 19. Januar 2018) als auch die Antragsgegnerin (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes vom 14. Februar 2018; im erstinstanzlichen Verfahren vgl. bereits Schriftsätze vom 24. November 2017, 14. Dezember 2017) offenbar nichts Grundsätzliches einzuwenden hätten, entsprechen demgegenüber offensichtlich nicht dem Rechtsschutzziel der Antragsteller im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Denn sie haben schriftsätzlich ausdrücklich klargestellt, dass eine Ertüchtigung der Brandwand nicht Gegenstand des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist (vgl. Seite 4 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 1. Dezember 2017). Zudem wurden derartige Ersatzmaßnahmen von ihnen wiederholt als unzureichend beurteilt. Zuletzt haben die Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren ausgeführt, selbst an einer auch vollständigen Beseitigung der Wandbekleidung (Fassade) kein Interesse zu haben, da aus ihrer Sicht auch der verbleibende Wandaufbau den Brandschutzanforderungen nicht entspreche. Angesichts dieser Umstände würde sogar eine gerichtlich ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass einer Anordnung zur Beseitigung der Holzfassade mit Unterkonstruktion die Grenzen einer zulässigen Auslegung des Eilantrags gem. § 88 VwGO überschreiten.

f) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller auch nicht wegen der Verletzung des Abstandsflächenrechts (Art. 6 BayBO) in Betracht kommt. Die in der Baugenehmigung vom 12. Juli 2011 unter Textziffer IV, 2. Tiret erteilte Abweichung von der nach Westen nicht eingehaltenen Abstandsfläche, die laut der Änderungsgenehmigung vom 7. Juni 2017 fortwirken soll, dürfte ins Leere gehen, weil nach dem Bebauungsplans Nr. ... – dessen Wirksamkeit im Eilverfahren zu unterstellen ist – die streitgegenständliche Grenzbebauung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zulässig war. Der Bebauungsplan sieht an entsprechender Stelle auf der Grenze zwischen dem Baugrundstück und dem Antragstellergrundstück eine Baulinie vor, auf der gem. § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO gebaut werden muss. Korrespondierend hierzu wird gemäß § 5 Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans u.a. für das hier betroffene Wohngebiet „WA 110“ eine abweichende Bauweise gem. § 22 Abs. 4 BauNVO festgesetzt, wonach „in Abweichung von der offenen Bauweise (...) eingeschossige Erweiterungsbauten mit einseitigem Grenzanbau an den vorgeschlagenen Grundstücksgrenzen zulässig“ sind (vgl. auch Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 23 m.w.N.). Selbst wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre, dürfte aufgrund der durch auch durch Anbauten an den Grundstückswestgrenzen geprägten Umgebungsbebauung (vgl. die über den BayernAtlasPlus recherchierbaren Luftbilder und Lagepläne) das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen wohl auch in Anwendung von § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich an die Grenze gebaut werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2013 – 9 CS 13.1636 – juris Rn. 10 f.; VGH BW, U.v. 2.6.2015 – 8 S 1914/14 – NVwZ-RR 2016, 19 = juris Rn. 42 ff.; VG Würzburg, U.v. 27.7.2017 – W 5 K 16.938 – juris Rn. 20 ff.).

g) Auf die weitere Frage, ob es zudem mangels Eilbedürftigkeit an einem Anordnungsgrund mangelt, weil keine erheblichen konkreten Beeinträchtigungen oder Gefahren für die Antragsteller bestehen, die sofort beseitigt werden müssten (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2013 – 2 CE 13.2253 – juris Rn. 2 f.), bzw. (unterstellte) verbleibende Gefahren aufgrund der umgesetzten Holzfassade ggf. jederzeit durch eine brandschutztechnische Ertüchtigung der Gebäudeabschlusswand an der gemeinsamen Grenze (bis hin zur ggf. möglichen Auswechslung der Außenwandbekleidung mit Unterkonstruktion unter gleichzeitiger Ersetzung der Gipskartonplatte durch den ursprünglich vorgesehenen Putz) beseitigt werden könnten, kommt es nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragsteller tragen billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil sich diese in beiden Rechtszügen durch die Stellung von Sachanträgen einem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO) und ihre Beschwerde erfolgreich ist. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Senat orientiert sich neben Nr. 1.5 an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014), weil die Bedeutung der Sache für einen Kläger bei einem Nachbaranspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ähnlich zu bewerten ist wie bei einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung (BayVGH, B.v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 10 m.w.N.).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 15 B 13.2435

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. März 2016

(VG Regensburg, Entscheidung vom 31. Mai 2012, Az.: RO 2 K 12.399)

15. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Zulassung einer Abweichung,

Äußere Brandwand,

Einbau eines feuerbeständigen Glaselements

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt Regensburg, vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt, Domplatz 3, 93047 Regensburg,

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...,

2. ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Antrag auf Zulassung einer Abweichung (Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. Mai 2012,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Seidel ohne mündliche Verhandlung am 9. März 2016 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Mai 2012 wird geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladenen je zur Hälfte. Die Beigeladenen haften gesamtschuldnerisch.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung Regensburg, das mit einem in die Denkmalliste eingetragenen (D-3-62-000-1030) Wohnhaus (dreigeschossiger und traufständiger Satteldachbau, Vorderhaus 16./17. Jahrhundert, Rückgebäude im Kern um 1200, Umbauten und Überformungen 14. bis 18. Jahrhundert) bebaut ist. Dieses und die umliegenden Gebäude befinden sich zugleich im Ensemble Altstadt Regensburg mit Stadtamhof (E-3-62-000-1).

Im Dezember 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr für den Einbau von drei Fenstern in die bisher geschlossene Südfassade des rückwärtigen, traufseitig an der Grenze zu den Nachbargrundstücken FlNr. ... und ... stehenden Gebäudeteils eine Abweichung vom Verbot von Öffnungen in Brandwänden (Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO) sowie die denkmalpflegerische Erlaubnis für diese Maßnahmen zu erteilen. Die Klage gegen die - unter Ausklammerung denkmalrechtlicher Fragen - nur auf bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte gestützte Ablehnung durch den Bescheid vom 30. Januar 2012 wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 31. Mai 2012 ab. Die Beklagte habe den Antrag auf Abweichung von einer nachbarschützenden Vorschrift zu Recht versagt, da keine atypische Grundstücksituation vorliege, aus der sich ein Konflikt zwischen dem Regelungsziel und der vom Gesetz angeordneten Rechtsfolge ergebe. Der Einbau dreier Fenster der Feuerwiderstandsdauer F 90 verschlechtere die gesetzeskonforme Ausgangssituation auch zulasten der Nachbarn. Bei dem im ersten Obergeschoss betroffenen Raum handele es sich um ein Bad. Von den beiden im zweiten Obergeschoss als Wohn-/Pflegeraum bzw. Schlafraum gekennzeichneten Zimmern sei das östliche bereits durch ein in der dortigen Fassade vorhandenes Fenster belichtet, angesichts zu geringer Raumhöhe fehle hier auch die Eignung als Aufenthaltsraum. Dem zweiten Raum fehle diese Eigenschaft ebenfalls, weil mangels Befensterung keine ausreichende Belichtung mit Tageslicht gegeben sei. Für Räume, die objektiv nicht zum dauernden Aufenthalt geeignet seien, könne sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des Art. 45 Abs. 2 BayBO berufen, die verlangt, dass Aufenthaltsräume ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden können.

Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen

zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Abweichung zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, über den klägerischen Antrag unter Beachtung

der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Atypische Grundstückssituationen seien im Gegensatz zur Annahme des Verwaltungsgerichts im konkreten Fall für die Altstadt von Regensburg geradezu typisch. Deshalb gebe es auch zahlreiche Beispielsfälle von Fenstern in grenzständigen Außenwänden. Nach der Argumentation des Verwaltungsgerichts käme eine Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO wegen einer Verschlechterung der brandschutzrechtlichen Situation praktisch nie in Frage. Diese Auslegung werde weder dem Eigentumsgrundrecht noch dem planungsrechtlichen Ziel, gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen, gerecht. Angesichts der in Regensburg in vergleichbaren Lagen anzutreffenden Verhältnisse verletze die Versagung der Abweichung gerade im Fall der Klägerin auch das Gebot der Gleichbehandlung; die Beklagte gebe keine Gründe an, nach welchen prinzipiellen Erwägungen sie bei der Zulassung von entsprechenden Fenstern vorgehe.

In einem Schriftsatz vom 11. September 2013 erklärte sich die Klägerin dazu bereit, die Verglasung blickdicht („satiniert“) auszuführen. Mit Schreiben vom 7. April 2014 ergänzte die Klägerin, sie strebe selbstverständlich - auch - den Einbau selbstschließender F 90 Brandschutzdrehflügelfenster an. Im Juli 2014 wurde von der Klägerseite schließlich das Angebot einer Fachfirma für den Einbau eines fest eingesetzten, nicht zu öffnenden, 80 cm breiten und 100 cm hohen Elements einer mit einer Mattfolie (Milchglas) ausgestatteten F 90 Verglasung vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der von der Klägerin nach ihrem im Dezember 2011 eingegangen Antrag geplante Einbau von Fenstern, die nur zur Reinigung geöffnet werden können und feuerbeständig (F 90) verglast sind, entspreche nicht den grundlegenden Anforderung, die an eine Brandwand zu stellen seien. Nähme man für dicht bebauten innerstädtische Bereiche praktisch überall atypische Verhältnisse an, die Abweichungen wie die im Verfahren beantragte grundsätzlich erlaubten, könnten die Brandschutzvorschriften ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Anders als bei Abweichungen von den Abstandsvorschriften gehe es hier darum, dass die vorgesehene Bauausführung der vom Gesetz geforderten gleichwertig sei. Daran fehle es hier.

Eine vom Gericht vorgeschlagene Einigung - der Einbau eines bauartzugelassenen, selbstschließenden F 90 Brandschutzdrehflügelfensters in dem mit „Wohn-/Schlafraum Eltern“ bezeichneten Zimmer im zweiten Obergeschoss - scheiterte am Widerstand der Eigentümer des benachbarten Grundstücks FlNr. ..., die anschließend zum Verfahren beigeladen wurden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Es gebe keine Veranlassung, an dem seit langer Zeit bestehenden Zustand etwas zu ihren Lasten zu verändern. Ihr Interesse am Fortbestand des durch den ruhigen Innenhof gegebenen Schutzes ihrer Privatsphäre habe Vorrang vor den Wünschen der Klägerin. Durch die Zulassung einer Abweichung werde ihnen dauerhaft das Recht zum Anbau genommen.

Am 11. Mai 2015 hat der Berichterstatter als beauftragter Richter den von der Klägerin und den Beigeladenen angeregten Augenschein auf den benachbarten Grundstücken durchgeführt, auf das Protokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten beim Ortstermin vom 11. Mai 2015 hierauf verzichtet und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern. Die Klägerin hat - vorbehaltlich des für das Vorhaben positiven Ausgangs der unten (unter 5.) näher beschriebenen Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 DSchG - einen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte die beantragte Abweichung von Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO für den Einbau eines nicht zu öffnenden, matt verglasten und als F 90 bauartzugelassenen Elements („Fenster“) im zweiten Obergeschoss vor dem in den Bauvorlagen vom 11. November 2011 mit „Wohn-/Schlafraum Eltern“ beschriebenen Raum und mit den in der Anlage zum Schreiben vom 21 Juli 2014 angegebenen Maßen erteilt (Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BayBO, Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO entsprechend). Die Beklagte hat die auf eine Befunduntersuchung beschränkte denkmalfachliche Prüfung nachzuholen (dazu unten 5.).

1. In dem für die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der heutigen Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist - nur noch - darüber zu befinden, ob der Einbau einer feuerbeständigen Verglasung (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 1 BayBO; Feuerwiderstandsdauer 90 Minuten, vgl. die Begründung zu § 1 Nr. 20 (Art. 28) des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und Änderungsgesetz vom 15.1.2007, LT-Drs 15/7161 S. 49) in die grenzständige südliche Außenwand des Wohnhauses der Klägerin zugelassen werden kann. Die Klägerin hat den ursprünglich auf den Einbau von drei Fenstern, die zu Reinigungszwecken geöffnet werden können, gerichteten Antrag mit der in ihrem Schreiben vom 21. Juli 2014 enthaltenen Modifizierung dahin präzisiert, dass nunmehr eine bauartzugelassene, blickdichte („Milchglas“) Brandschutzverglasung fest eingesetzt werden soll, die die Anforderungen der DIN 4102-13 an eine Brandschutzverglasung (F 90, feuerbeständig) erfüllt. Damit liegt begrifflich kein Fenster mehr vor. Nach der Fertigstellung des Vorhabens verfügt die Außenwand auch nicht mehr über eine Öffnung.

2. Diese Maßnahme ist baugenehmigungspflichtig, Art. 55 Abs. 1 BayBO, weil die Substanz der baulichen Anlage durch einen Austausch der Baustoffe in dem entsprechenden Bereich geändert werden soll. Das Vorhaben erfüllt keinen der in Art. 57 BayBO genannten Verfahrensfreiheitstatbestände. Es wird kein Fenster errichtet (vgl. Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. d BayBO). Die Änderung betrifft eine tragende Außenwand des Wohngebäudes im Sinn des Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 Buchst. b BayBO; diese Regelung stellt jedoch nur Änderungen innerhalb von Wohngebäuden verfahrensfrei.

3. Infolge des ausdrücklich gestellten Abweichungsantrags erstreckt sich der Prüfumfang in diesem Genehmigungsverfahren auf den in Abschnitt IV des Dritten Teils der Bayerischen Bauordnung geregelten baulichen Brandschutz, Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO. Es liegt kein Sonderbau (vgl. Art. 2 Abs. 4 BayBO) vor. Da der Fußboden im Dachgeschoss des Hauses, in dem nach den Maßangaben auf den Schnitten der eingereichten Pläne (wohl) Aufenthaltsräume (Art. 2 Abs. 5, Art. 45 Abs. 1 Satz 2 BayBO) möglich sind, auch vom Niveau der St.-Leonhards-Gasse aus betrachtet nur geringfügig über 8,50 m hoch ist, ist das Baudenkmal nach heutigen Maßstäben in die Gebäudeklasse 4 einzustufen. Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 BayBO definiert diese Gebäude als solche, bei denen das Maß der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in ein Aufenthaltsraum möglich ist, bis zu 13 m über der Geländeoberfläche im Mittel beträgt.

4. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 vereinbar sind.

4.1 Nach Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO sind Öffnungen in Brandwänden unzulässig. Das Vorhaben fällt nicht unter dieses Verbot. Feuerbeständige Verglasungen lässt das Gesetz in Art. 28 Abs. 9 BayBO nur in inneren Brandwänden zu, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind. Über die Zulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Verglasung in der grenzständigen Gebäudeabschlusswand ist daher im Wege der Abweichung zu entscheiden (so auch: Famers in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1.12.2015, Art. 28 Rn. 131). Den einschlägigen Vorschriften ist nicht zu entnehmen, dass eine kleinflächige Teilverglasung in einer äußeren Brandwand nach der gegenwärtigen Rechtslage generell verboten („abweichungsfest“) wäre.

4.1.1 Für Brandwände gelten folgende allgemeine Regeln: Nach Art. 28 Abs. 1 BayBO müssen Brandwände als Gebäudeabschlusswände ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude verhindern. Brandwände sind grundsätzlich durchgehend (vgl. Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayBO), öffnungslos (Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2, Abs. 8 BayBO) und aus einheitlichen Materialien (Art. 28 Abs. 9 BayBO arg. e contrario) zu errichten. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO sind Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich, wenn diese an der Grenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Anstelle von äußeren Brandwänden sind nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayBO bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 Wände zulässig, die auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung hochfeuerhemmend sind (vgl. ergänzend Famers in Molodovsky/Famers/Kraus, a. a. O. Art. 28 Rn. 65). Müssen Gebäude, die über Eck zusammenstoßen, durch eine Brandwand getrennt werden, so muss der Abstand dieser Wand von der inneren Ecke nach Art. 28 Abs. 6 BayBO in der Regel mindestens 5 m betragen; dies gilt unter anderem nicht, wenn mindestens eine Außenwand bei Gebäuden der Gebäudeklasse 1 bis 4 auf 5 m als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist. Hochfeuerhemmend ist ein Bauteil grundsätzlich, wenn es 60 Minuten lang der Brandprüfung standhält (vgl. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 3, Satz 3 Nr. 2 BayBO und DIN 4102 Teil 2, zitiert nach Famers in Molodovsky/Famers/Kraus, a. a. O. Art. 24 Rn. 13, 70 ff.).

Hier folgt die Notwendigkeit einer Brandwand im verfahrensgegenständlichen Bereich (vgl. Art. 28 Abs. 6 BayBO) aus dem nahezu rechtwinkligen Anbau des Gebäudes der Beigeladenen, welches über die in Ost West-Richtung verlaufende W...straße erschlossen wird, an das Baudenkmal der Klägerin, das an der nach Norden gerichteten St.-L...-Gasse liegt.

4.1.2 In Bezug auf den Einbau von Teilflächen aus geeignetem Glas in Brandwände enthielt Art. 31 Abs. 10 BayBO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung eine (gesetzesunmittelbare) „materielle Erleichterung“ (vgl. LT-Drs. 13/7008 vom 22.1.1997, Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung, § 1 Nr. 20 g, S. 33). Danach waren in Brandwänden kleine Teilflächen aus lichtdurchlässigen, nichtbrennbaren Baustoffen zulässig, wenn diese Flächen feuerbeständig sind, der Brandschutz gesichert ist und Rettungswege nicht gefährdet werden. Die mit Wirkung vom 1. Januar 1998 (vgl. GVBl 1997 S. 433) eingeführte Erleichterung gegenüber den Vorläuferbestimmungen (vgl. bereits Art. 32 Abs. 5 BayBO 1962) bestand darin, dass auf die Notwendigkeit einer Gestattung im Einzelfall verzichtet wurde; ansonsten blieb der Wortlaut der Vorschrift mehr als 45 Jahre unverändert.

Die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle hat den Text der nun in Art. 28 Abs. 9 BayBO enthaltenen Vorschrift gestrafft und den Anwendungsbereich dieser gesetzlichen Ausnahmeregelung auf innere Brandwände beschränkt. Einen Grund für diese Einschränkung nennt die Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht; der neue, Brandschutzverglasungen zulassende Absatz 9 „entspreche in der Zielrichtung Art. 31 Abs. 10 a. F.“ (vgl. LT-Drs. 15/7161 vom 15.1.2007, § 1 Nr. 20 und Zu § 1 Nr. 20 S. 49). Die dargestellte Historie legt den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber mit den zuletzt vorgenommenen Änderungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Verglasungen in äußeren Brandwänden lediglich den vom 1. Oktober 1962 bis zum 31. Dezember 1997 ununterbrochen geltenden Rechtszustand wieder herstellen wollte, wonach dafür eine Zulassung im Einzelfall („können gestattet werden“) erforderlich ist.

Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht nicht zuletzt, dass die Bayerische Bauordnung anlässlich der Umsetzung des Brandschutzkonzepts der überarbeiteten Musterbauordnung in Landesrecht (vgl. LT-Drs. 15/7161 Zu § 1 Nr. 20, v.a. S. 46 bis 50) bei den brandschutztechnischen Anforderungen in zahlreichen Einzelfällen Erleichterungen eingeführt hat. So wurde etwa zusätzlich zu den bisherigen beiden Kategorien für die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen (Art. 28 Abs. 1 BayBO 1998: feuerbeständig bzw. feuerhemmend, F 90 bzw. F 30) eine dritte, dazwischen liegende Anforderungsstufe (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO: hochfeuerhemmend, F 60) eingeführt und der - ebenfalls neuen - Gebäudeklasse 4 (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 BayBO: Oberkante des Fußbodens von Aufenthaltsräumen bis zu 13 m, Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m²) zugeordnet. Die Ausnahmen von der Forderung, dass Brandwände aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen, wurden deutlich erweitert. Nach Art. 31 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BayBO 1998 waren bei Wohngebäuden geringer Höhe (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayBO 1998: Gebäude, bei denen der Fußboden keines Geschosses, in dem Aufenthaltsräume möglich sind, an einer Stelle mehr als 7 m über der Geländeoberfläche liegt) feuerbeständige Wände zulässig. Jetzt lässt Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayBO bei allen Gebäuden bis zu einer Fußbodenoberkantenhöhe von 7 m über der Geländeoberfläche im Mittel (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayBO: Gebäudeklasse 3) hochfeuerhemmende Wände genügen.

4.2 Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihr Antrag positiv beschieden wird.

4.2.1 Soll von einer bautechnischen Anforderung abgewichen werden und kann der mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zweck auch auf andere Weise erfüllt werden, weil der Bauherr eine gleichwertige Lösung plant, bedarf die Abweichung im Allgemeinen keiner weiteren Rechtfertigung. Es genügt, dass der Normzweck auf andere Weise erfüllt werden kann. Kann der Schutzzweck der gesetzlichen Anforderung mit der vom Bauherrn verfolgten Planung nicht oder nur eingeschränkt verwirklicht werden, müssen im Einzelfall rechtlich erhebliche Umstände vorliegen, die das Vorhaben als einen von der Regel unterscheidbaren, atypischen Fall erscheinen lassen und dadurch eine Abweichung rechtfertigen können. Erweist sich die von der fraglichen Anforderung abweichende Planung als annähernd gleichwertig mit einer gesetzeskonformen Ausführung, sind an das Vorliegen eines atypischen Falls geringe Anforderungen zu stellen (zum Ganzen: Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 10 bis 12).

Gemessen daran ist eine Abweichung hier grundsätzlich gerechtfertigt. Der in Rede stehende Einbau eines feuerbeständigen, 0,80 m² großen Glaselements in die Außenwand des Baudenkmals bringt in Bezug auf den bisher durch diese Wand vermittelten Brandschutz - wenn überhaupt - keine ins Gewicht fallende Verschlechterung der Situation mit sich. Eine andere Möglichkeit, die Lichtverhältnisse in dem grundsätzlich zu Aufenthaltszwecken geeigneten Raum im zweiten Obergeschoss des Baudenkmals wenigstens geringfügig zu verbessern, gibt es nicht. Die beengte Lage innerhalb der dicht und vielfach grenzständig bebauten historischen Innenstadt von Regensburg ist vorgegeben.

4.2.2 Mit in den Art. 28 Abs. 9 BayBO enthaltenen, einschränkenden Bestimmungen über die einzelerlaubnisfreie Zulässigkeit von Verglasungen in inneren Brandwänden bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er in Brandwänden fest eingebaute Glasteile („feuerbeständige Verglasungen“) den Bauteilen nicht als völlig gleichwertig ansieht, die durchgängig aus anderen, wenn auch verschiedenen (vgl. bezüglich hochfeuerhemmend: Art. 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 Nr. 2 BayBO) Baustoffen bestehen. Denn diese Verglasungen sind in inneren Brandwänden kraft Gesetzes nur zulässig, wenn sie auf die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt bleiben. Nach fachlicher Einschätzung können feuerbeständige Verglasungen nicht widerstandfähig gegen mechanische Beanspruchung sein, weshalb die Funktion der Brandwand im Bereich der Verglasungsfläche geschwächt wird (vgl. Famers in Molodovsky/Famers/Kraus, a. a. O., Rn. 133). Die Erteilung einer Abweichung für den Einbau von Verglasungen in eine äußere Brandwand kommt deshalb in Bezug auf ihre Zahl und Größe nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht.

Im vorliegenden Fall spricht für eine Zulassung einer weniger als 1 m² großen Verglasung neben der geringen Größe auch der Umstand, dass dieses Bauteil selbst mit seinen Eigenschaften (F 90) die vom Gesetz an die Brandwand eines Neubaus vor Ort allgemein aufgestellten Anforderungen übertrifft. Die Regelanforderung des Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayBO, wonach Brandwände auch unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung feuerbeständig sein und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen, wird für die Gebäudeklasse 4 durch Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayBO abgeschwächt. Hier genügen Wände, die unter zusätzlicher mechanischer Beanspruchung hochfeuerhemmend (F 60) sind.

Inwiefern der von der Klägerin zuletzt erwogene Einbau eines festen, feuerbeständigen Glaselements die Standfestigkeit der Südwand des Hauses im Brandfall insgesamt sollte schwächen können, ist weder ersichtlich, noch wurde dafür etwas vorgetragen. Es ist ferner nicht anzunehmen, dass die Verwirklichung des in seinen Abmessungen im Verhältnis zur gesamten Wand äußerst kleinen Vorhabens zu einer mehr als nur ganz geringfügigen und deshalb zu vernachlässigenden Schwächung der Brandschutzfunktion der vorhandenen Wand führt.

4.2.3 Die Einwände der Beigeladenen gegen das Vorhaben sind nicht stichhaltig. Die Baumaßnahme führt nicht zu neuen, bisher nicht vorhandenen Einblicksmöglichkeiten in den Innenhof ihres Grundstücks oder in die Fenster ihres rechtwinklig an das Baudenkmal angebauten Wohnhauses. Der Behauptung, nach dem Einbau könnte in diesem Bereich auf dem eigenen Grundstück nicht mehr angebaut werden, kann gegenwärtig nicht näher nachgegangen werden, weil die Beigeladenen keine konkreten Planungsabsichten geäußert haben. Über die öffentlichrechtliche Pflicht der Klägerin zur Duldung eines Grenzanbaus ist zu gegebener Zeit nach den Grundsätzen über das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu entscheiden (vgl. BayVGH, U. v. 27.11.1992 - 14 B 91.3209 - juris Rn. 25; U. v. 16.7.1997 - 2 B 96.201 - juris Rn.19). Im Übrigen ergeht die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet der privaten Rechte Dritter.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich in der zum Innenhof ausgerichteten Westfassade des Hauses der Beigeladenen großflächige Fenster befinden, die für sich gesehen nicht mit den Anforderungen zu vereinbaren sind, die Art. 28 Abs. 6 BayBO an die Entfernung solcher Öffnungen von der inneren Ecke zweier Gebäude stellt, die in einem Winkel von 120 Grad oder kleiner zueinander stehen. Gegenwärtig profitieren die Beigeladenen von der Ausnahmeregel des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 Alt. 2 BayBO, die es ausreichen lässt, wenn eine der betroffenen Wände - hier die des Hauses der Klägerin - als öffnungslose, hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist.

5. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG ist die Veränderung eines Baudenkmals erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz entfällt gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG, wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall (vgl. oben unter 2.). Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO erstreckt den Prüfumfang im Baugenehmigungsverfahren auf den mit dem Vorhaben verbundenen denkmalrechtlichen Erlaubnistatbestand.

Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. In Bezug auf das äußere Erscheinungsbild der Wand sind keine Gesichtspunkte hervorgetreten, die dem beabsichtigten Einbau der streitigen Verglasung entgegengehalten werden könnten. Für die Entfernung des vorhandenen Mauermaterials im Bereich des Vorhabens dürfte nichts anderes gelten. Art. 1 Abs. 1 DSchG verlangt als zentrale Norm des Denkmalrechts, dass die Erhaltung der entsprechenden Gegenstände aus vergangener Zeit wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Der Eingriff in die vorhandene Substanz erscheint marginal; Gründe dafür, weshalb es im öffentlichen Interesse geboten sein könnte, dass das vorhandene Mauerwerk in einem derart geringen Umfang nicht entfernt und gegen ein Glaselement ausgetauscht wird, sind nach Lage der Dinge zumindest gegenwärtig nicht erkennbar. Eine messbare Beeinträchtigung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes insgesamt ist mit dieser Maßnahme nicht verbunden.

Ungeachtet dessen muss die Beklagte die bisher unterbliebene Befunduntersuchung noch nachholen.

6. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits in der ersten Instanz. Die Beklagte und die Beigeladenen tragen als Unterlegene die Kosten des Rechtstreits in der zweiten Instanz je zur Hälfte, die Beigeladenen haften als Gesamtschuldner, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 159 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

7. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder der Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligen, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigentümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Teil des Grundstücks, auf den sich die Ausübung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.

(2) Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.