Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2019 - 9 CS 18.2533

published on 30/01/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2019 - 9 CS 18.2533
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 17 S 18.1399, 08/11/2018

Gericht

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Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. November 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 14. Dezember 2017 wird hinsichtlich Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine von der Antragsgegnerin mit Sofortvollzug versehene Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer an ihrem Wohnhaus angebauten, grenzständigen Garage sowie eine damit verbundene Zwangsgeldandrohung.

Das Grundstück der Antragsteller, FlNr. … Gemarkung E., liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin. Dieser enthält u.a. Festsetzungen zu Garagen und Stellplätzen im Hinblick auf die abstandsflächenrechtlichen Vorschriften.

Mit Bescheid vom 13. März 1991 wurde den Antragstellern die Errichtung eines Wohnhauses mit Flachdach-Grenzgarage genehmigt, wobei diese Garage nie ausgeführt wurde. Im Jahr 2004 beantragten die Antragsteller die Genehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage, die ihnen nach Änderung der Planung und teilweiser Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit Zustimmung der Nachbarn mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2004 unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Die tatsächliche Bauausführung erfolgte abweichend von den mit dieser Baugenehmigung genehmigten Plänen. Insbesondere überschreiten sowohl die Grenzwand als auch das Dach die genehmigte Höhe deutlich und abweichend von der Genehmigung befindet sich über der Garage ein von den Antragstellern als „Lagerraum“ bezeichneter Raum mit großer Glasfront zur Südseite, der von der Garage aus nicht, sondern nur vom Wohnhaus her zugänglich ist. Das Garagendach ist ebenfalls abweichend von der genehmigten Fassung als Dachterrasse ausgestaltet. Die von den Antragstellern beantragte Tekturgenehmigung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 abgelehnt. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684).

Mit Bescheid vom 20. November 2017 verfügte die Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsgeld gegenüber den Antragstellern unter Angabe der einzuhaltenden Anforderungen die teilweise Beseitigung der auf deren Anwesen im Bereich der nordöstlichen Grundstücksecke befindlichen Garage binnen vier Monaten nach Zustellung dieses Bescheids. Gleichzeitig ordnete sie insoweit die sofortige Vollziehung an. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Klage (AN 9 K 17.02606) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf Hinweis des Verwaltungsgerichts änderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. September 2018 den Tenor der Beseitigungsanordnung.

Den Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. November 2018 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller sind der Ansicht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Zudem bestehe keine besondere Dringlichkeit. Darüber hinaus sei die Beseitigungsanordnung rechtswidrig, da es an einer Anhörung der Antragsteller fehle und rechtmäßige Zustände durch die Erteilung einer Abweichung hergestellt werden könnten.

Sie beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 8. November 2018 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 10. September 2018 wiederherzustellen und gegen Nummer II. anzuordnen, hilfsweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass keine neuen Aspekte vorgetragen seien, die nicht bereits im Verfahren zur Versagung der Baugenehmigung und in erster Instanz ausführlich behandelt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Diese Entscheidung ist deshalb dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellern gegen die Beseitigungsanordnung in Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen ist.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt zwar dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (1.) und die Beseitigungsanordnung vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig (2.), die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beruht hier jedoch nicht auf einem besonderen Vollzugsinteresse (3.). Hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer II. des Bescheids war der Antrag abzulehnen (4.).

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - wie hier betreffend die Beseitigungsanordnung - das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 - 9 CS 18.996 - juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Die Antragsgegnerin hat hier auf den bisherigen Verfahrensablauf und dessen Zeitdauer sowie die Interessen der Nachbarn abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge geleistet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2).

2. Die von der Antragsgegnerin verfügte Beseitigungsanordnung wird sich im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtmäßig erweisen.

a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Beseitigungsanordnung nicht wegen fehlender Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG formell rechtswidrig. Zwar mag die Argumentation des Verwaltungsgerichts zur Heilung einer fehlenden Anhörung im gerichtlichen Verfahren nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsgegnerin im Änderungsbescheid vom 10. September 2018 zweifelhaft sein. Die Antragsteller übersehen jedoch, dass die Antragsgegnerin sie bereits im vorangegangenen Verfahren der Ablehnung der Tekturgenehmigung mehrfach, u.a. mit Schreiben vom 13. Juni 2012, vom 28. August 2012 und 9. Oktober 2012, auch zur Stellungnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Beseitigungs- und Rückbauanordnung aufgefordert hat und damit auch insoweit eine Anhörung stattgefunden hat. Neue Gesichtspunkte hierzu werden im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

b) Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Die Antragsteller haben für die bereits errichtete, genehmigungspflichtige Grenzgarage keine Baugenehmigung. Dieses Bauvorhaben ist zudem - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht genehmigungsfähig, was aufgrund der Ablehnung des Tekturantrags vom 17. Januar 2012 durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Oktober 2014 (AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684) bindend feststeht (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.1975 - IV C 15.73 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 2; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 121 Rn. 33). Hieran ändert auch der Hinweis auf die im Osten erfolgten Abgrabungen nichts, da dieser Gesichtspunkt ebenfalls bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens war.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von der Antragsgegnerin erlassene Beseitigungsanordnung, insbesondere im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen, weder hinsichtlich der Ermessensausübung noch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 3). Bereits die Baugenehmigung vom 7. Juli 2004 wurde mit einer Abweichung erst nach Zurückstellung der nachbarlichen Interessen wegen deren Zustimmung erteilt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht zudem fest, dass das ausgeführte Bauvorhaben gegenüber der damaligen Genehmigung ein aliud darstellt und nicht nur bezüglich der Kubatur, sondern deutlich von dem mit Bescheid vom 7. Juli 2004 genehmigten Vorhaben abweicht (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684). Insoweit ist auch das Risiko einer baurechtswidrigen Bauausführung vom Bauherrn selbst zu tragen und der Einwand eines Substanzverlustes nicht tragfähig (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.1996 - 4 B 117.96 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.05.2005 - 26 B 03.2454 - juris Rn. 31).

3. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung ist hier gleichwohl nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 - 15 CS 12.130 - juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - juris Rn. 13; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, § 39 Rn. 760) nur ausnahmsweise vorliegen wird (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2018, Art. 76 Rn. 333; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., § 58 Rn. 1301k). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - juris Rn. 27). Dieses besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Bescheid vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 nicht.

a) Allein der Hinweis, ein besonderes öffentliches Interesse bestehe daran, den baurechtswidrigen Zustand in angemessener Zeit zu beseitigen, genügt hierfür nicht, weil das besondere öffentliche Interesse bei einer Baubeseitigung nach den o.g. Maßstäben über das Interesse an der Schaffung ordnungsgemäßer Zustände - auch in angemessener Zeit - hinausgehen muss (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 332; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK BayBO, Stand 15.7.2018, Art. 76 Rn. 65). Die Antragsgegnerin übersieht, dass an die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Beseitigungsanordnung nach den o.g. Maßstäben höhere Anforderungen zu stellen sind, als beispielsweise bei einer Nutzungsuntersagung oder einer Baueinstellung, für die regelmäßig das besondere Vollzugsinteresse mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 348 und Art. 75 Rn. 109).

b) Soweit die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass „nunmehr endgültig feststeht, dass seitens der Nachbarn nicht mit weiteren Zugeständnissen zur Erteilung von Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen gerechnet werden kann“ und sie deshalb gehalten ist, die „vollständige Beseitigung oder die Rückführung des Gebäudes in einen rechtmäßigen baulichen Zustand in angemessener Zeit durchzusetzen“, kann dies ebenfalls kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung begründen. Es mag zwar - wie oben ausgeführt - zutreffen, dass das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und dessen materielle Illegalität, insbesondere auch wegen fehlender Möglichkeit, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herstellen zu können, feststeht. Diese Argumentation zielt letztlich aber auf das bloße Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ab, die deren sofortige Vollziehung nicht per se zu rechtfertigen vermögen (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 17). Auch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.7.2015 - OVG 10 S 14.15 - juris Rn. 19).

c) Auch soweit die Antragsgegnerin anführt, die Nachbarn wurden durch „jahrelange Verwaltungs- und Gerichtsverfahren faktisch zur Duldung der rechtswidrigen Zustände genötigt“, ergibt sich daraus kein besonderes Vollzugsinteresse. Den Antragstellern steht es - insbesondere im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - frei, den Rechtsweg sowohl hinsichtlich der Erteilung einer Baugenehmigung als auch hinsichtlich der Anfechtung der Beseitigungsanordnung auszuschöpfen. Allein die dadurch bedingte Zeitdauer vermag daran - ohne weitere Anhaltspunkte - nichts zu ändern. Selbst wenn hieraus abzuleiten wäre, dass die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass es sich um einen massiven Verstoß gegen die Bestimmungen des Abstandsflächenrechts handeln mag, der für das fachkundige Publikum ohne weiteres erkennbar ist, bedarf es darüber hinaus weiterer Anhaltspunkte zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.1998 - 2 ZS 98.2043 - juris Rn. 7).

d) Ein Anhaltspunkt, der die Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen vermag, kann zwar in einer negativen Vorbildwirkung gesehen werden, auf die sich die Antragsgegnerin ebenfalls beruft. Im Hinblick auf die o.g. Maßstäbe genügt jedoch eine lediglich abstrakte Bezugsfallwirkung nicht (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 335; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Stand 10.7.2018, Art. 76 Rn. 131). Eine konkrete Nachahmungsgefahr ist bei den gegebenen Umständen im wohl vollständig bebauten Baugebiet auf Grundlage des Bebauungsplans Nr. E 14 aus dem Jahr 1984 weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 12). Auch ist - im Hinblick auf den seit längerem bestehenden Bauzustand der Garage - nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Schaffung vollendeter Tatsachen oder eine weitere Verfestigung der rechtswidrigen Nutzung verhindert sowie den Antragstellern die sofortige Durchsetzung der Beseitigungsanordnung mit Nachdruck vor Augen geführt werden müsste.

Die Antragsgegnerin hat sich hier ersichtlich nicht mit den Fallgruppen, die eine sofortige Vollziehung rechtfertigen können, auseinandergesetzt oder sich hieran argumentativ und auf den konkreten Einzelfall abstellend orientiert (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 334 ff.; OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 5 ff.). Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass im Hinblick auf die Möglichkeit eines Teilrückbaus nach summarischer Prüfung kein wesentlicher Substanzverlust durch die Beseitigung drohe, erscheint dies angesichts des Umfangs der Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften und den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin zumindest fraglich. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe des Gerichts, über den vorhandenen Akteninhalt hinaus weitere Tatsachen zu ermitteln, die die Anordnung des Sofortvollzugs tragen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.1984 - 26 CS 84 A.1329 - BRS 42 Nr. 221), zumal die Antragsgegnerin hierzu weder in der Anordnung oder im Bescheid noch im gerichtlichen Verfahren Ausführungen gemacht hat, noch Angaben hierzu vorliegen oder offensichtlich sind (vgl. zu möglichen Fallgruppen: Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 343).

4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bleibt erfolglos.

Die Zwangsgeldandrohung nach Art. 31, 36 VwZVG in Nummer II. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Da die Antragsgegnerin in Nummer I. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 die Erfüllungsfrist im Falle der Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheids abhängig gemacht hat, ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG genüge geleistet. Im Übrigen sind rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohung weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 14 GG fällt die Interessenabwägung - trotz aller Wahrscheinlichkeit nach fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache - mangels Vorliegen eines besonderen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung zugunsten der Antragsteller aus. Der bisher bereits lange Zeitablauf ändert nichts daran, dass es sowohl den Nachbarn als auch der Antragsgegnerin mangels besonderer Anhaltspunkte zumutbar erscheint, mit der Vollstreckung der Beseitigungsanordnung auch noch das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Letztlich resultiert der Zeitablauf auch aus der von der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ablehnung der Tekturgenehmigung mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 und der Anordnung der Beseitigung mit Bescheid vom 20. November 2017 gewählten getrennten Vorgehensweise.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsteller sind mit ihrem wesentlichen Begehren der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsanordnung erfolgreich. Das Unterliegen hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Zwangsgeldandrohung ist demgegenüber untergeordnet (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 - 21 CS 17.1077 - juris Rn. 16).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 25/10/2017 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.875,00 Euro festgesetzt. Gründe
published on 02/08/2018 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
published on 03/05/2018 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2500 € festgesetzt. Gründe
published on 09/08/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.00
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published on 19/03/2019 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
published on 26/02/2019 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
published on 27/02/2019 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.