Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 CS 19.180

bei uns veröffentlicht am27.02.2019

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller den in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 weiter.

Der Antragsteller ist Halter des am 14. August 2017 geborenen Rottweilerrüden „Arni“. Auf seinen Antrag erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. Dezember 2017 ein bis 13. Februar 2019 befristetes „Negativzeugnis“, wonach festgestellt wird, dass „Arni“ keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist und demnach keine Erlaubnispflicht nach Art. 37 LStVG besteht. Nach Mitteilung eines Beißvorfalls vom 29. August 2018 verfügte die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. August 2018 einen Leinen- und Maulkorbzwang für „Arni“.

Nachdem der Antragsgegnerin weitere (Beiß-)Vorfälle mitgeteilt worden waren, erfolgte am 19. November 2018 beim Antragsteller eine angemeldete Überprüfung der Hundehaltung, bei der neben dem Antragsteller und Vertretern der Antragsgegnerin auch der Amtstierarzt des Landratsamtes Neumarkt i.d.Opf. - Veterinäramt - zugegen war. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, dass „Arni“ ein ausgeprägtes Revier- und Dominanzsowie nicht abschließend kontrollierbares Impulsverhalten habe, das der Antragsteller „nicht immer bändigen“ könne. Da dieser zudem zu erkennen gegeben habe, dass er die Anordnungen zur Gefahrenabwehr nicht in letzter Konsequenz befolge, könnten erneute Zwischenfälle nicht sicher ausgeschlossen werden. Daraufhin untersagte die Antragsgegnerin dem Antragssteller mit Bescheid vom 26. November 2018 die Haltung des Rottweilers „Arni“ (Nr. 1.), widerrief den Bescheid vom 6. Dezember 2017 (Nr. 2.), ordnete eine Abgabeverpflichtung an (Nr. 3.), drohte für den Fall der Zuwiderhandlung der Abgabeverpflichtung unmittelbaren Zwang an (Nr. 4) und ordnete den Sofortvollzug der Nrn. 1. bis 4. des Bescheids an (Nr. 5). Den Bescheid hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 28. November 2018 gegen Empfangsbestätigung persönlich ausgehändigt und dabei mündlich die Gründe für die Entscheidung nochmals erläutert. Der Antragsteller hat hierzu Stellung genommen.

Mit Beschluss vom 8. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. Dezember 2018 gegen Nr. 4 des Bescheids vom 26. November 2018 angeordnet und im Übrigen den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt. Das Verwaltungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden sei. Denn sie lasse erkennen, weshalb dem sofortigen Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin Vorrang eingeräumt werde. Dabei sei in zulässiger Weise auf die zur Haltungsuntersagung erfolgte Bescheidsbegründung Bezug genommen worden. Der Bescheid sei formell rechtmäßig ergangen, insbesondere sei der Antragsteller angehört worden. Nach Angaben der Antragsgegnerin sei bei dem Überprüfungstermin auch darauf hingewiesen worden, dass eine Haltungsuntersagung erwogen werde. Soweit der Antragsteller vorbringe, dass sich ihm der Sinn des Termins nicht erschlossen habe und er von der Entscheidung überrascht worden sei, habe er damit das Vorliegen einer wirksamen Anhörung nicht hinreichend bestritten. Im Übrigen erweise sich die Widerrufsentscheidung aufgrund der aktenkundigen Beiß- und weiteren Vorfälle als rechtmäßig. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Aufgrund der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs des Negativzeugnisses sei die Haltung des Hundes „Arni“ fortan als genehmigungspflichtige aber ungenehmigte Kampfhundehaltung zu erachten und erfülle demzufolge den Ordnungswidrigkeitstatbestand des Art. 37 Abs. 4 LStVG. Die formelle Illegalität einer Kampfhundehaltung stelle eine von der Sicherheitsbehörde zu unterbindende bzw. zu verhindernde Gefahr dar. Die Haltungsuntersagung erweise sich auch als verhältnismäßig, weil sich nicht sicher absehen lasse, dass sich die rechtswidrigen Zustände in Kürze änderten. Es gebe keine Hinweise auf eine erneute Erteilung eines Negativzeugnisses. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Die Abgabeverpflichtung erweise sich als Folgeanordnung der Haltungsuntersagung aus denselben Gründen als rechtmäßig. Hingegen sei der angedrohte unmittelbare Zwang in Form der Wegnahme des Hundes unverhältnismäßig und daher rechtswidrig. Es bestünden keine ausreichenden Hinweise darauf, dass ein Zwangsgeld zur Durchsetzung der auferlegten Pflichten nicht erfolgversprechend sei.

Zur Begründung seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs nur formelhaft erfolgt sei. Soweit insofern auf die Gründe für den Bescheidserlass verwiesen worden sei, fehle es an einer klaren und hinsichtlich der jeweiligen Regelung differenzierten Bezugnahme in der Begründung. So sei beispielsweise in der Begründung des Sofortvollzugs von einer Haltung ohne erforderliche Erlaubnis überhaupt nicht die Rede. Die Haltungsuntersagung sei nur auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG und nicht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt worden. Entgegen der Annahme des Gerichts sei keine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt. Dies gehe weder aus dem Bescheid noch aus der Stellungnahme des Veterinäramts vom 21. November 2018 hervor. Der Antragsteller habe den Überprüfungstermin nicht als Anhörungstermin wahrgenommen und sei von der Entscheidung völlig überrascht worden. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin zur Begründung der Haltungsuntersagung nur auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG abgestellt, für die Annahme der Voraussetzungen dieser Vorschrift fehle es aber an der erforderlichen konkreten Gefahr. Demzufolge gingen auch die Ausführungen des Gerichts zur Verhältnismäßigkeit der Anordnung nicht mit denen im Bescheid konform. Da der Antragsteller die Durchführung eines Wesenstests veranlasst und die Erteilung eines Negativzeugnisses beantragt habe, sei davon auszugehen, dass sich der rechtswidrige Zustand, den die Antragsgegnerin ohnehin durch ihre Widerrufsentscheidung erst geschaffen habe, in Kürze ändern werde. Im Übrigen sei die Ermessensausübung nur formelhaft und daher unzureichend erfolgt. Schließlich erweise sich auch die Widerrufsentscheidung als rechtswidrig. Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin diese Entscheidung aufgrund der Beißvorfälle getroffen, ein Bezug zur amtstierärztlichen Stellungnahme sei indes nicht hergestellt worden. Darüber hinaus habe der Veterinär nicht die erforderliche fachliche Befähigung und Berechtigung, um eine Wesenseinschätzung vorzunehmen. Der Widerruf sei unverhältnismäßig, weil der Leinen- und Maulkorbzwang hierbei Berücksichtigung hätte finden müssen. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass „Arni“ nunmehr einen Wesenstest durchgeführt und bestanden habe und daher ein unbefristetes Negativzeugnis beantragt worden sei.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. Februar 2019 entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Ergänzend wird auf die beigezogene Behördenakte sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der mit der Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen ergibt sich nicht, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen.

1. Soweit der Antragsteller die Anordnung des Sofortvollzugs für formell rechtswidrig erachtet, weil die Begründung nur formelhaft erfolgt sei, sich nicht mit den Besonderheiten des Einzelfalles befasse und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch keinen hinreichend klaren sowie differenzierten Bezug auf die Entscheidungsgründe erkennen lasse, kann er damit die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.

Zwar verlangt die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 - juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26.01 - juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 - 10 CS 13.1782 - juris Rn. 16; B.v. 7.3.2016 - 10 CS 16.301 - juris Rn. 3; B.v. 15.2.2018 - 10 CS 18.98 - juris Rn. 6). Andererseits sind an dieses Begründungserfordernis inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr eine schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2019 - 9 CS 18.2533 - juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 14; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).

Auch kann in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. In diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2018, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 80 Rn. 247 f. m.w.N.).

Gemessen hieran erweist sich die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs als (noch) ausreichend. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Antragsgegnerin die widerstreitenden Intereressen erkannt und ihrer konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt hat. Die Antragsgegnerin hat zuerkennen gegeben, weswegen sie eine Anordnung des Sofortvollzugs des Verwaltungsakts für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2; B.v 30.1.2019 - 9 CS 18.2533 - juris Rn. 19). Da die Haltungsuntersagung und Abgabepflicht in den Nrn. 1 und 3 des streitgegenständlichen Bescheids vorliegend letztlich Konsequenz der unter Nr. 2 verfügten Widerrufsentscheidung sind, genügt es, wenn die Antragsgegnerin das besondere Vollziehbarkeitsinteresse „des Verwaltungsakts“ hierauf bezogen darlegt. Eine weitergehende Differenzierung ist hinsichtlich des Begründungserfordernisses nicht angezeigt (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 14). Auch ist nichts daran zu erinnern, dass bei einer (Teil-)Identität zwischen dem Erlassinteresse am Verwaltungsakt und dem besonderen Vollzugsinteresse auf die insofern zentralen Begründungselemente im Verwaltungsakt Bezug genommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2018 - 10 CS 18.98 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dies hat die Antragsgegnerin durch die Wortwahl „wie oben ausgeführt“ ebenfalls hinreichend klar zum Ausdruck gebracht.

2. Hinsichtlich der summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass diese voraussichtlich erfolglos sein wird.

a) Soweit sich der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen gegen den unter Nr. 2 des streitbefangenen Bescheids ausgesprochenen Widerruf des Negativzeugnisses wendet, kann dieser nicht (mehr) zulässiger Gegenstand einer Anfechtungsklage sein, nachdem er inzwischen durch Zeitablauf erledigt ist. Der Widerruf des bis 13. Februar 2019 befristeten Negativzeugnisses hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil es zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG; s. auch BayVGH, U.v. 11.10.2016 - 10 BV 15.590 - juris Rn. 16 für den Widerruf einer befristeten glücksspielrechtlichen Erlaubnis). Nachteilige Rechtswirkungen für den abgelaufenen Zeitraum sind für den Adressaten nicht zu vergegenwärtigen, weil sich insofern keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angegriffenen Bescheid ergeben. Denn abgesehen davon, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Nr. 4 des Bescheids die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat, hat die Antragsgegnerin bestätigt, dass bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes von einem Vollzug abgesehen wird.

b) Der streitbefangene Bescheid begegnet aber auch im Übrigen, soweit er noch anfechtbar ist, weder in formeller (aa)) noch in materieller (bb)) Hinsicht Bedenken.

aa) Soweit der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen die Durchführung einer ordnungsgemäßen Anhörung in Frage stellt, bedarf dies im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung, weil ein eventueller Verstoß gegen die Verpflichtung der Antragstellerin zur Anhörung, der nicht nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich wäre, da eine Ermessensentscheidung in Streit steht, gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 12.5.2014 - 10 B 12.2084 - juris Rn. 29 m.w.N.). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Die Antragsgegnerin hat den streitgegenständlichen Bescheid im Rahmen eines „Gesprächstermins“ dem Antragsteller am 28. November 2018 ausgehändigt. Aus dem hierüber gefertigten Aktenvermerk geht hinreichend klar hervor, dass sich die Antragsgegnerin nicht darauf beschränkte, ihre getroffene Entscheidung lediglich zu erläutern, sondern das Vorbringen des Antragstellers zur Kenntnis genommen, aber auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände keinen Anlass gesehen hat, von der getroffenen Entscheidung Abstand zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 - 7 C 5.14 - NVwZ-RR 2016, 449 = juris Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.9.2016 - 20 ZB 16.587 - juris Rn. 5 ff.; U.v. 1.6.2017 - 20 B 16.2241 - juris Rn. 31; B.v. 13.11.2017 - 15 ZB 16.1885 - juris Rn. 9). Dessen ungeachtet spricht vorliegend auch viel dafür, dass wegen des dringenden Handlungsbedarfs die Anhörung des Antragstellers wegen Gefahr in Verzug als entbehrlich hätte erachtet werden können (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG).

bb) Das Verwaltungsgericht ist schließlich auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass unabhängig von einer Gefährdung anderer Tiere oder Menschen die Anordnung der Untersagung der Hundehaltung auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG gestützt werden kann. Mit Wirksamwerden des sofort vollziehbaren Widerrufs des Negativzeugnisses ist der Nachweis, wonach der Hund „Arni“ entgegen der Vermutung des § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit i.d.F. vom 4.9.2002 (KampfhundeVO) nicht gesteigert aggressiv oder gefährlich ist, nicht (mehr) erbracht, so dass die Haltung des Hundes einer Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bedarf. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Antragsgegnerin den Aspekt, dass bei einer Haltung eines Kampfhundes ohne die er erforderliche Erlaubnis der Ordnungswidrigkeitentatbestand nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 LStVG erfüllt wird und zur Verhütung oder Unterbindung dieser rechtswidrigen Taten nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG die weitere Haltung untersagt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2016 - 10 CS 15.2239 - juris Rn. 15, B.v. 30.1.2018 - 10 CS 17.2335 - juris Rn. 13; B.v. 19.10.2018 - 10 CS 18.280 - juris Rn. 13), zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen (s. Nr. II.3 2. Absatz). Die Ausführungen des Antragstellers, wonach die für Anwendung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG erforderliche konkrete Gefahr im vorliegenden Fall nicht vorliege, gehen daher schon deshalb ins Leere.

Darüber hinaus richtet sich die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U. v. 27.1.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356; U.v. 19.8.1988 - BVerwG 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96/98; U.v. 31.3.2010 - 8 C 12.09 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 1.2.2016 - 10 CS 15.2689 - juris Rn. 29). So liegt der Fall hier. Der Austausch beider Normen ließe den Tenor der Grundverfügung unberührt und würde auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Ermessenserwägungen erfordern. Den Bescheidsgründen ist bei sachgerechter Auslegung ohne weiteres zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin im Ermessenswege eine Einzelanordnung zur Unterbindung einer Ordnungswidrigkeit treffen wollte („kann deshalb nach pflichtgemäßen Ermessen nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zur Unterbindung dieser Ordnungswidrigkeit Anordnungen treffen“).

Ein Ermessensfehler liegt auch nicht deshalb vor, weil die Antragsgegnerin ein milderes Mittel (hier: Maulkorb- und Leinenzwang) als nicht ausreichend erachtet sowie in den Bescheidsgründen zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG keine weiteren Ausführungen hinsichtlich der Ermessensausübung gemacht habe. Zwar eröffnet Art. 7 Abs. 2 LStVG grundsätzlich einen Ermessenspielraum („können … Anordnungen … treffen“). Für die Beseitigung der Gefahr, die von Kampfhunden ausgeht, besteht jedoch im Hinblick auf die gesetzliche Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum. Der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit von Menschen genießt Vorrang vor allen anderen Interessen und setzt die Eingriffsschwelle für die Sicherheitsbehörde von vornherein herab (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.1996 - 24 CS 96.2724 - BeckRS 1996, 18146; B.v. 18.12.2000 - 24 ZS 00.3326 - juris Rn. 10). In der Regel ist es bei fehlendem berechtigten Interesse geboten, die unerlaubte Haltung eines Kampfhundes zu untersagen, da nur so der Gesetzeszweck verwirklicht werden kann (Art. 40 BayVwVfG) und die Sicherheitsbehörde es nicht hinnehmen kann, dass von einem Kampfhund eine Gefahr für Menschen oder Tiere ausgeht. Sie ist vielmehr gehalten, die Gefahr zu bekämpfen und gegen den Halter des Kampfhundes sicherheitsrechtlich einzuschreiten. Die Anordnung eines Leinen- oder Maulkorbzwangs stellt im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr einer nicht erlaubten Kampfhundehaltung dar (vgl. BayVGH, 9.5.1996 - 24 C 95.3302 - juris Rn. 20 ff.; B.v. 18.12.2000 - 24 ZS 00.3326 - juris Rn. 10). Das Ermessen der Sicherheitsbehörde, ob sie einschreitet und welche Maßnahmen sie trifft, ist in diesen Fällen grundsätzlich bis zur Reduzierung auf Null eingeschränkt (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2004 - 24 CS 04.3062 - juris Rn. 25; B.v. 18.12.2000 - 24 ZS 00.3326 - juris Rn. 10; Schwabenbauer, BeckOK, Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Art. 37 Rn. 121). Gesichtspunkte, die für den Antragsteller und gegen die Untersagung der Hundehaltung sprechen, mussten sich der Antragsgegnerin zum hier grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 106 m.w.N.; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 80 Rn. 418 f.) nicht aufdrängen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 25.10.1999 - 24 ZS 99.2904 - juris Rn. 9). Nachdem die Antragsgegnerin insbesondere aufgrund der dokumentierten (Beiß-)Vorfälle und unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Ortstermins das Negativzeugnis widerrufen hat, war bei der zugleich erfolgten Entscheidung über die Haltungsuntersagung auch nicht zu erwarten gewesen, dass sie für den Hund „Arni“ ein solches sogleich wieder ausstellen würde. Auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, wonach damit zu rechnen gewesen war, dass sich der rechtswidrige Zustand in Kürze hätte ändern können (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 18; Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand August 2018, Art. 37 Rn. 73). Zwar hat der Antragsteller mittlerweile am 13. Februar 2019 ein „Sachverständigen Gutachten über Eignung und Verhalten des Rottweiler Rüden Arni im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und anderen Tieren“ (Wesenstest) vorgelegt. Die Entscheidung darüber, ob auf Grundlage dieses Gutachtens die gesetzliche Vermutung der Kampfhundeeigenschaft widerlegt ist, bleibt aber dem behördlichen Prüfverfahren vorenthalten und ist von der Gemeinde zu beurteilen (zu den Anforderungen vgl. Nr. 37.3.2 ff. VollzBekLStVG; s. auch Schwabenbauer a.a.O. Rn. 37 ff.).

Erweist sich die Untersagung der Hundehaltung voraussichtlich als rechtmäßig, durfte die Antragsgegnerin auch die Abgabeanordnung verfügen (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 - 10 CS 14.1245 u.a. - juris Rn. 20).

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. November 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 14. Dezember 2017 wird hinsichtlich Nummer I. des Be

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2016 - 10 CS 15.2239

bei uns veröffentlicht am 12.01.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - 20 CS 17.1797

bei uns veröffentlicht am 03.05.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2500 € festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2018 - 10 CS 18.98

bei uns veröffentlicht am 15.02.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 11 CS 19.1041

bei uns veröffentlicht am 04.07.2019

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung erster Instanz für beide Rechtszüge auf jewe

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 bis 4 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. November 2015 (Nr. 5), mit denen dem Antragsteller insbesondere aufgegeben wurde, für die ausbruchsichere Unterbringung seines Hundes auf bestimmten, näher bezeichneten Grundstücken zu sorgen und ihn außerhalb dieser Grundstücke nur mit einer reißfesten Leine zu führen. Unter Zugrundelegung des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vorgegebenen Prüfungsrahmens erweist sich die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts als zutreffend. Die Antragsgegnerin vermag mit ihrem Beschwerdevortrag‚ eine weitere als die im Bescheid vorgenommene Begründung des Sofortvollzugs sei im konkreten Fall wie bei den meisten sicherheitsrechtlichen Anordnungen nicht erforderlich‚ weil sich die Notwendigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit aus „den im Bescheid zugrunde liegenden Vorkommnissen“ ergebe‚ der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 - 2 BvR 2718/95 - juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substanziierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26/01 - juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. insgesamt: BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 - 10 CS 13.1782 - juris R. 16).

Diesen Vorgaben wird die Begründung im angefochtenen Bescheid‚ die sich in dem Satz erschöpft‚ „die sofortige Vollziehung der Nr. 1‚ 2‚ 3 und 4 des Bescheids wurde im besonderen öffentlichen Interesse im Sinn von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet“‚ nicht gerecht. Aus der Formulierung ergibt sich insbesondere nicht‚ welche besonderen Gründe die Antragsgegnerin dazu bewogen haben zu verfügen‚ dass ihre Anordnungen zur Haltung des Hundes des Antragstellers schon jetzt und nicht erst nach Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft vollzogen werden müssen. Die verwendete Formulierung deutet vielmehr darauf hin‚ dass die Antragsgegnerin gewissermaßen von einer mit dem System des § 80 VwGO nicht zu vereinbarenden „Automatik“ dahingehend ausgeht‚ sicherheitsrechtliche Anordnungen seien stets ohne weitere Begründung für sofort vollziehbar zu erklären. Dem Beschwerdevorbringen ist zuzugeben‚ dass sich zwar in den meisten sicherheitsrechtlichen Anordnungen die Notwendigkeit eines Sofortvollzugs gerade aus der mit dem Bescheid bezweckten Gefahrenabwehr ergibt; an den Inhalt der Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO sind deswegen auch keine zu hohen Anforderungen zu stellen; die Behörde kann sich sehr wohl auch auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen‚ wenn diese zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 80 Rn. 36‚ 43). Gleichwohl muss sie diese Überlegungen dann in der für die sofortige Vollziehbarkeit gegebenen Begründung offenlegen und kann sich nicht mit der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts begnügen.

Auch der Vortrag der Beschwerde‚ „der besondere Schutz der Fußgänger vor Attacken des Hundes des Antragstellers“ überwiege dessen Interessen‚ seinen Hund freilaufen lassen zu können‚ wird der vorliegenden rechtlichen Problematik nicht gerecht. Entsprechende Überlegungen hätten ggf. im angegriffenen Bescheid Niederschlag finden müssen‚ um die Anordnung des Sofortvollzugs in rechtlich ausreichender Weise zu begründen; sie können jedoch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (vgl. Schmidt in Eyermann‚ a. a. O., § 80 Rn. 44). Denn eine solche Möglichkeit wäre mit dem Schutzzweck des Begründungszwangs nicht vereinbar‚ der das Bewusstsein der anordnenden Behörde von der besonderen Situation im Zeitpunkt ihrer Anordnung erfordert.

Im Übrigen kommt hinzu‚ dass die Anordnung des Sofortvollzugs von Nr. 3 des Bescheids vom 30. November 2015‚ wonach der Kläger seinen Hund außerhalb der benannten Grundstücke stets an der Leine zu führen hat, ein konkretes Begründungsdefizit aufweist. Denn die Anzeigeerstatterin hat am 21. Oktober 2015 zur Niederschrift bei der Antragsgegnerin angegeben‚ der Schäferhund gehorche dem Antragsteller grundsätzlich und zeige in dessen Gegenwart kein aggressives Verhalten; daher war eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, warum gleichwohl diese Anordnung vor Eintritt ihrer Bestandskraft vollzogen werden muss.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zu Last‚ weil sie mit ihrem Rechtsmittel unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (RN 4 K 17.1854) durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017. Die Klage richtet sich gegen mehrere „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“, die die Antragsgegnerin der der Antragstellerin erteilten Befreiung von der Erlaubnispflicht (Negativzeugnis) gemäß Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 26. September 2017 beigefügt hat.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses ausgeführt, die Anordnung des Sofortvollzugs in dem Bescheid der Antragsgegnerin sei schon formell rechtswidrig, weil der Bescheid keinerlei Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO enthalte. Außerdem ergebe auch eine Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein; die Antragstellerin sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Anordnungen nicht angehört worden, zudem fehle jegliche Begründung für diese Anordnungen, die gerade im Hinblick auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig gewesen wäre.

Die Antragsgegnerin meint, die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid sei ausreichend. Die Rechtsprechung habe wiederholt festgehalten, dass diese Begründung durchaus knapp gehalten werden könne und dass es für bestimmte Rechtsbereiche eine „latente Sofortvollzugslage“ gebe, in denen die Anordnung ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall begründet werden könne. Hier habe sich die Antragsgegnerin schon mit Bescheid vom 12. Juli 2016 (gemeint ist ein „zeitlich begrenztes Negativzeugnis“) mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es mache hier keinen Sinn, keinen Sofortvollzug anzuordnen, denn dies würde die völlige Ungefährlichkeit des Tieres implizieren.

Damit kann die Antragsgegnerin die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.

Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substanziierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26/01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. insgesamt: BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3).

Lediglich in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, kann zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. Auch in diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2016, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 80 Rn. 247 f., jew. m.w.N.).

Nichts anderes ergibt sich auch aus den von der Antragsgegnerin herangezogenen Rechtsprechungsnachweisen (VGH BW, B.v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – juris Rn. 8 f., und OVG Hamburg, B.v. 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 – juris Rn. 4, jeweils zur einer Entziehung der Fahrerlaubnis, sowie VGH BW, B.v. 10.2.2005 – 8 S 2834/04 – juris Rn. 2 f., zu einer Baueinstellungsverfügung). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass in den jeweils gegenständlichen Bescheiden die genannten Anforderungen an die Begründung des Vollzugsinteresses eingehalten wurden.

Für die „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“ zu dem Negativzeugnis vom 26. September 2017 ist keinerlei Begründung angegeben oder auch sonst in irgendeiner Weise ersichtlich. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Vordruck auf der Rückseite des Negativzeugnisses nur der Hinweis, diese sei im öffentlichen Interesse geboten, „da ein eventuell eingelegter Widerspruch aufschiebende Wirkung hätte“. Dass ein eventueller Rechtsbehelf (hier richtig: Klage) aufschiebende Wirkung entfaltet, ist lediglich der Anlass dafür, dass die Verwaltungsbehörde gegebenenfalls die sofortige Vollziehung gesondert anordnen muss (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), jedoch keine Begründung für das besondere Interesse im Sinn des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Als Begründung des besonderen Vollzugsinteresses gibt es damit hier weder eine Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids noch überhaupt eine Bescheidsbegründung, auf die Bezug genommen werden könnte.

Auch die Abwägung des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann die Antragsgegnerin nicht in Frage stellen. Es trifft nicht zu, dass sich hier die Gefahrenlage „auch sich selbst“ ergibt und auch der Antragstellerin dies „aus dem bereits erteilten Bescheid“ (gemeint ist anscheinend das „zeitlich begrenzte Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016) bekannt sein musste. Das Sachverständigengutachten vom 24. Juli 2017, aufgrund dessen das Negativzeugnis erteilt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass für den Hund der Antragstellerin die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG zu befürworten sei, weil eine von ihm ausgehende Gefahr nicht zu erkennen sei. Die in dem „zeitlich begrenzten Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016 dargelegten Gründe waren weder unmittelbar noch durch eine Bezugnahme Gegenstand des hier streitgegenständlichen Bescheids; ihnen lag im Übrigen zugrunde, dass damals aufgrund des Alters des Hundes noch keine gesicherte Aussage zu einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit getroffen werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Bescheid keinerlei Begründung enthält, dies aber gerade im Hinblick auf die zu treffenden Ermessenserwägungen unerlässlich gewesen wäre (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. November 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 14. Dezember 2017 wird hinsichtlich Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine von der Antragsgegnerin mit Sofortvollzug versehene Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer an ihrem Wohnhaus angebauten, grenzständigen Garage sowie eine damit verbundene Zwangsgeldandrohung.

Das Grundstück der Antragsteller, FlNr. … Gemarkung E., liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin. Dieser enthält u.a. Festsetzungen zu Garagen und Stellplätzen im Hinblick auf die abstandsflächenrechtlichen Vorschriften.

Mit Bescheid vom 13. März 1991 wurde den Antragstellern die Errichtung eines Wohnhauses mit Flachdach-Grenzgarage genehmigt, wobei diese Garage nie ausgeführt wurde. Im Jahr 2004 beantragten die Antragsteller die Genehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage, die ihnen nach Änderung der Planung und teilweiser Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit Zustimmung der Nachbarn mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2004 unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Die tatsächliche Bauausführung erfolgte abweichend von den mit dieser Baugenehmigung genehmigten Plänen. Insbesondere überschreiten sowohl die Grenzwand als auch das Dach die genehmigte Höhe deutlich und abweichend von der Genehmigung befindet sich über der Garage ein von den Antragstellern als „Lagerraum“ bezeichneter Raum mit großer Glasfront zur Südseite, der von der Garage aus nicht, sondern nur vom Wohnhaus her zugänglich ist. Das Garagendach ist ebenfalls abweichend von der genehmigten Fassung als Dachterrasse ausgestaltet. Die von den Antragstellern beantragte Tekturgenehmigung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 abgelehnt. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684).

Mit Bescheid vom 20. November 2017 verfügte die Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsgeld gegenüber den Antragstellern unter Angabe der einzuhaltenden Anforderungen die teilweise Beseitigung der auf deren Anwesen im Bereich der nordöstlichen Grundstücksecke befindlichen Garage binnen vier Monaten nach Zustellung dieses Bescheids. Gleichzeitig ordnete sie insoweit die sofortige Vollziehung an. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Klage (AN 9 K 17.02606) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf Hinweis des Verwaltungsgerichts änderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. September 2018 den Tenor der Beseitigungsanordnung.

Den Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. November 2018 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller sind der Ansicht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Zudem bestehe keine besondere Dringlichkeit. Darüber hinaus sei die Beseitigungsanordnung rechtswidrig, da es an einer Anhörung der Antragsteller fehle und rechtmäßige Zustände durch die Erteilung einer Abweichung hergestellt werden könnten.

Sie beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 8. November 2018 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 10. September 2018 wiederherzustellen und gegen Nummer II. anzuordnen, hilfsweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass keine neuen Aspekte vorgetragen seien, die nicht bereits im Verfahren zur Versagung der Baugenehmigung und in erster Instanz ausführlich behandelt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Diese Entscheidung ist deshalb dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellern gegen die Beseitigungsanordnung in Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen ist.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt zwar dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (1.) und die Beseitigungsanordnung vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig (2.), die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beruht hier jedoch nicht auf einem besonderen Vollzugsinteresse (3.). Hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer II. des Bescheids war der Antrag abzulehnen (4.).

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - wie hier betreffend die Beseitigungsanordnung - das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 - 9 CS 18.996 - juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Die Antragsgegnerin hat hier auf den bisherigen Verfahrensablauf und dessen Zeitdauer sowie die Interessen der Nachbarn abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge geleistet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2).

2. Die von der Antragsgegnerin verfügte Beseitigungsanordnung wird sich im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtmäßig erweisen.

a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Beseitigungsanordnung nicht wegen fehlender Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG formell rechtswidrig. Zwar mag die Argumentation des Verwaltungsgerichts zur Heilung einer fehlenden Anhörung im gerichtlichen Verfahren nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsgegnerin im Änderungsbescheid vom 10. September 2018 zweifelhaft sein. Die Antragsteller übersehen jedoch, dass die Antragsgegnerin sie bereits im vorangegangenen Verfahren der Ablehnung der Tekturgenehmigung mehrfach, u.a. mit Schreiben vom 13. Juni 2012, vom 28. August 2012 und 9. Oktober 2012, auch zur Stellungnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Beseitigungs- und Rückbauanordnung aufgefordert hat und damit auch insoweit eine Anhörung stattgefunden hat. Neue Gesichtspunkte hierzu werden im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

b) Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Die Antragsteller haben für die bereits errichtete, genehmigungspflichtige Grenzgarage keine Baugenehmigung. Dieses Bauvorhaben ist zudem - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht genehmigungsfähig, was aufgrund der Ablehnung des Tekturantrags vom 17. Januar 2012 durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Oktober 2014 (AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684) bindend feststeht (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.1975 - IV C 15.73 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 2; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 121 Rn. 33). Hieran ändert auch der Hinweis auf die im Osten erfolgten Abgrabungen nichts, da dieser Gesichtspunkt ebenfalls bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens war.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von der Antragsgegnerin erlassene Beseitigungsanordnung, insbesondere im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen, weder hinsichtlich der Ermessensausübung noch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 3). Bereits die Baugenehmigung vom 7. Juli 2004 wurde mit einer Abweichung erst nach Zurückstellung der nachbarlichen Interessen wegen deren Zustimmung erteilt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht zudem fest, dass das ausgeführte Bauvorhaben gegenüber der damaligen Genehmigung ein aliud darstellt und nicht nur bezüglich der Kubatur, sondern deutlich von dem mit Bescheid vom 7. Juli 2004 genehmigten Vorhaben abweicht (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684). Insoweit ist auch das Risiko einer baurechtswidrigen Bauausführung vom Bauherrn selbst zu tragen und der Einwand eines Substanzverlustes nicht tragfähig (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.1996 - 4 B 117.96 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.05.2005 - 26 B 03.2454 - juris Rn. 31).

3. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung ist hier gleichwohl nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 - 15 CS 12.130 - juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - juris Rn. 13; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, § 39 Rn. 760) nur ausnahmsweise vorliegen wird (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2018, Art. 76 Rn. 333; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., § 58 Rn. 1301k). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - juris Rn. 27). Dieses besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Bescheid vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 nicht.

a) Allein der Hinweis, ein besonderes öffentliches Interesse bestehe daran, den baurechtswidrigen Zustand in angemessener Zeit zu beseitigen, genügt hierfür nicht, weil das besondere öffentliche Interesse bei einer Baubeseitigung nach den o.g. Maßstäben über das Interesse an der Schaffung ordnungsgemäßer Zustände - auch in angemessener Zeit - hinausgehen muss (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 332; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK BayBO, Stand 15.7.2018, Art. 76 Rn. 65). Die Antragsgegnerin übersieht, dass an die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Beseitigungsanordnung nach den o.g. Maßstäben höhere Anforderungen zu stellen sind, als beispielsweise bei einer Nutzungsuntersagung oder einer Baueinstellung, für die regelmäßig das besondere Vollzugsinteresse mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 348 und Art. 75 Rn. 109).

b) Soweit die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass „nunmehr endgültig feststeht, dass seitens der Nachbarn nicht mit weiteren Zugeständnissen zur Erteilung von Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen gerechnet werden kann“ und sie deshalb gehalten ist, die „vollständige Beseitigung oder die Rückführung des Gebäudes in einen rechtmäßigen baulichen Zustand in angemessener Zeit durchzusetzen“, kann dies ebenfalls kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung begründen. Es mag zwar - wie oben ausgeführt - zutreffen, dass das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und dessen materielle Illegalität, insbesondere auch wegen fehlender Möglichkeit, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herstellen zu können, feststeht. Diese Argumentation zielt letztlich aber auf das bloße Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ab, die deren sofortige Vollziehung nicht per se zu rechtfertigen vermögen (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 17). Auch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.7.2015 - OVG 10 S 14.15 - juris Rn. 19).

c) Auch soweit die Antragsgegnerin anführt, die Nachbarn wurden durch „jahrelange Verwaltungs- und Gerichtsverfahren faktisch zur Duldung der rechtswidrigen Zustände genötigt“, ergibt sich daraus kein besonderes Vollzugsinteresse. Den Antragstellern steht es - insbesondere im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - frei, den Rechtsweg sowohl hinsichtlich der Erteilung einer Baugenehmigung als auch hinsichtlich der Anfechtung der Beseitigungsanordnung auszuschöpfen. Allein die dadurch bedingte Zeitdauer vermag daran - ohne weitere Anhaltspunkte - nichts zu ändern. Selbst wenn hieraus abzuleiten wäre, dass die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass es sich um einen massiven Verstoß gegen die Bestimmungen des Abstandsflächenrechts handeln mag, der für das fachkundige Publikum ohne weiteres erkennbar ist, bedarf es darüber hinaus weiterer Anhaltspunkte zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.1998 - 2 ZS 98.2043 - juris Rn. 7).

d) Ein Anhaltspunkt, der die Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen vermag, kann zwar in einer negativen Vorbildwirkung gesehen werden, auf die sich die Antragsgegnerin ebenfalls beruft. Im Hinblick auf die o.g. Maßstäbe genügt jedoch eine lediglich abstrakte Bezugsfallwirkung nicht (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 335; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Stand 10.7.2018, Art. 76 Rn. 131). Eine konkrete Nachahmungsgefahr ist bei den gegebenen Umständen im wohl vollständig bebauten Baugebiet auf Grundlage des Bebauungsplans Nr. E 14 aus dem Jahr 1984 weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 12). Auch ist - im Hinblick auf den seit längerem bestehenden Bauzustand der Garage - nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Schaffung vollendeter Tatsachen oder eine weitere Verfestigung der rechtswidrigen Nutzung verhindert sowie den Antragstellern die sofortige Durchsetzung der Beseitigungsanordnung mit Nachdruck vor Augen geführt werden müsste.

Die Antragsgegnerin hat sich hier ersichtlich nicht mit den Fallgruppen, die eine sofortige Vollziehung rechtfertigen können, auseinandergesetzt oder sich hieran argumentativ und auf den konkreten Einzelfall abstellend orientiert (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 334 ff.; OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 5 ff.). Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass im Hinblick auf die Möglichkeit eines Teilrückbaus nach summarischer Prüfung kein wesentlicher Substanzverlust durch die Beseitigung drohe, erscheint dies angesichts des Umfangs der Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften und den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin zumindest fraglich. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe des Gerichts, über den vorhandenen Akteninhalt hinaus weitere Tatsachen zu ermitteln, die die Anordnung des Sofortvollzugs tragen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.1984 - 26 CS 84 A.1329 - BRS 42 Nr. 221), zumal die Antragsgegnerin hierzu weder in der Anordnung oder im Bescheid noch im gerichtlichen Verfahren Ausführungen gemacht hat, noch Angaben hierzu vorliegen oder offensichtlich sind (vgl. zu möglichen Fallgruppen: Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 343).

4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bleibt erfolglos.

Die Zwangsgeldandrohung nach Art. 31, 36 VwZVG in Nummer II. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Da die Antragsgegnerin in Nummer I. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 die Erfüllungsfrist im Falle der Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheids abhängig gemacht hat, ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG genüge geleistet. Im Übrigen sind rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohung weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 14 GG fällt die Interessenabwägung - trotz aller Wahrscheinlichkeit nach fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache - mangels Vorliegen eines besonderen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung zugunsten der Antragsteller aus. Der bisher bereits lange Zeitablauf ändert nichts daran, dass es sowohl den Nachbarn als auch der Antragsgegnerin mangels besonderer Anhaltspunkte zumutbar erscheint, mit der Vollstreckung der Beseitigungsanordnung auch noch das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Letztlich resultiert der Zeitablauf auch aus der von der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ablehnung der Tekturgenehmigung mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 und der Anordnung der Beseitigung mit Bescheid vom 20. November 2017 gewählten getrennten Vorgehensweise.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsteller sind mit ihrem wesentlichen Begehren der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsanordnung erfolgreich. Das Unterliegen hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Zwangsgeldandrohung ist demgegenüber untergeordnet (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 - 21 CS 17.1077 - juris Rn. 16).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2500 € festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Die dem Bescheid vom 15. März 2016 beigefügte Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell rechtmäßig (hierzu 1.). Im Rahmen der vom Beschwerdegericht vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen für und gegen die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen die mit der Beschwerdebegründung vorgetragenen Argumente auch keine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (hierzu 2.).

1. Die Pflicht zur schriftlichen Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen: Einerseits wird die Behörde angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Daneben soll der Betroffene über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet werden, damit er die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO prüfen kann. Schließlich soll die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen dem Gericht eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle ermöglichen (vgl. zum Ganzen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. Ergänzungslieferung Juni 2017, § 80 Rn. 245; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 42). Ausgehend von diesen Funktionen prüft das Gericht bei der Frage, ob die formellen Anforderungen an die Begründung eingehalten sind, ob die Warnfunktion eingehalten wurde, indem die Mindestanforderungen an die Begründung gewahrt sind (Schoch a.a.O., Rn. 247 m.w.N.). Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falls bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Die Vollziehbarkeitsanordnung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist (Schmidt a.a.O. § 80 Rn. 42 unter Verweis auf OVG Münster, B.v. 22.1.2001 - 19 B 1757/00, 19 E 886/00 – NJW 2001, 3427). Die Begründung kann durchaus knapp gehalten sein, aus ihr muss jedoch hervorgehen, dass und warum die Verwaltung in concreto dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (Schoch a.a.O.). Dabei sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, jedoch müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe, die die Behörde zum Ausschluss des Suspensiveffekts bewogen haben, angegeben werden (Schmidt a.a.O., § 80 Rn. 43). Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt dagegen an dieser Stelle nicht.

Das Landratsamt hat im vorliegenden Fall die Anordnung des Sofortvollzugs damit begründet, dass ihm keine aktuellen Angaben zu den im Betrieb der Antragstellerin Beschäftigten und deren fachlicher Qualifikation vorlägen. Bei einem Zuwarten bis zu einer endgültigen Entscheidung bestehe die Gefahr, dass durch eine unsachgemäße Ausübung von krankenpflegerischen Tätigkeiten durch nicht entsprechend ausgebildetes Personal Leben und Gesundheit von Personen, die Dienste des Betriebes der Antragstellerin wahrnähmen, gefährdet werden könnten.

Mit dieser zwar relativ knapp gehaltenen Begründung hat der Antragsgegner gezeigt, dass er sich den Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs bewusst war. Die auf den konkreten Einzelfall bezogenen Gründe werden zwar knapp, aber nachvollziehbar und ausreichend dargestellt.

Die Beschwerde macht dagegen geltend, dass tatsächlich eine Eilbedürftigkeit für die Anordnung des Sofortvollzugs nicht bestanden habe, da das Landratsamt lange Zeit untätig gewesen sei und die Vorlage der in Art. 18 Abs. 1 und 2 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG) genannten Unterlagen nur halbherzig betrieben habe. Damit macht die Beschwerde aber einen Aspekt geltend, der nicht die formelle Begründungspflicht, sondern materielle Anforderungen an die Anordnung des Sofortvollzugs betrifft. Für die Frage, ob die Anforderungen an die Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 VwGO gewahrt sind, ist dies aber irrelevant. Gleiches gilt, soweit geltend gemacht wird, dass tatsächlich keine Gefahr für die Gesundheit der von der Antragstellerin betreuten Personen bestehe. Denn auch insoweit handelt es sich um einen hier nicht zu berücksichtigenden materiellen Aspekt.

2. Darüber hinaus rechtfertigen auch die übrigen in der Beschwerdebegründung vorgetragenen, materiell-rechtlichen Erwägungen keine von der Abwägungsentscheidung des Verwaltungsgerichts abweichende Abwägungsentscheidung im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Argumentation deckt sich insoweit mit der im Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Mai 2017 (AN 14 K 16.636). Daher wird zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Begründung des am heutigen Tage ergangenen Beschlusses im Zulassungsverfahren (20 ZB 17.1892) Bezug genommen.

Die Antragstellerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG, Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 VwGO.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. November 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 14. Dezember 2017 wird hinsichtlich Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine von der Antragsgegnerin mit Sofortvollzug versehene Beseitigungsanordnung hinsichtlich einer an ihrem Wohnhaus angebauten, grenzständigen Garage sowie eine damit verbundene Zwangsgeldandrohung.

Das Grundstück der Antragsteller, FlNr. … Gemarkung E., liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin. Dieser enthält u.a. Festsetzungen zu Garagen und Stellplätzen im Hinblick auf die abstandsflächenrechtlichen Vorschriften.

Mit Bescheid vom 13. März 1991 wurde den Antragstellern die Errichtung eines Wohnhauses mit Flachdach-Grenzgarage genehmigt, wobei diese Garage nie ausgeführt wurde. Im Jahr 2004 beantragten die Antragsteller die Genehmigung zur Errichtung einer Grenzgarage, die ihnen nach Änderung der Planung und teilweiser Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit Zustimmung der Nachbarn mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2004 unter Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Die tatsächliche Bauausführung erfolgte abweichend von den mit dieser Baugenehmigung genehmigten Plänen. Insbesondere überschreiten sowohl die Grenzwand als auch das Dach die genehmigte Höhe deutlich und abweichend von der Genehmigung befindet sich über der Garage ein von den Antragstellern als „Lagerraum“ bezeichneter Raum mit großer Glasfront zur Südseite, der von der Garage aus nicht, sondern nur vom Wohnhaus her zugänglich ist. Das Garagendach ist ebenfalls abweichend von der genehmigten Fassung als Dachterrasse ausgestaltet. Die von den Antragstellern beantragte Tekturgenehmigung wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 abgelehnt. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684).

Mit Bescheid vom 20. November 2017 verfügte die Antragsgegnerin unter Androhung von Zwangsgeld gegenüber den Antragstellern unter Angabe der einzuhaltenden Anforderungen die teilweise Beseitigung der auf deren Anwesen im Bereich der nordöstlichen Grundstücksecke befindlichen Garage binnen vier Monaten nach Zustellung dieses Bescheids. Gleichzeitig ordnete sie insoweit die sofortige Vollziehung an. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Klage (AN 9 K 17.02606) erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf Hinweis des Verwaltungsgerichts änderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 10. September 2018 den Tenor der Beseitigungsanordnung.

Den Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. November 2018 ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller sind der Ansicht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits nicht ordnungsgemäß begründet. Zudem bestehe keine besondere Dringlichkeit. Darüber hinaus sei die Beseitigungsanordnung rechtswidrig, da es an einer Anhörung der Antragsteller fehle und rechtmäßige Zustände durch die Erteilung einer Abweichung hergestellt werden könnten.

Sie beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 8. November 2018 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 10. September 2018 wiederherzustellen und gegen Nummer II. anzuordnen, hilfsweise, die Anordnung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass keine neuen Aspekte vorgetragen seien, die nicht bereits im Verfahren zur Versagung der Baugenehmigung und in erster Instanz ausführlich behandelt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses. Diese Entscheidung ist deshalb dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung der von den Antragstellern gegen die Beseitigungsanordnung in Nummer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen ist.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt zwar dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (1.) und die Beseitigungsanordnung vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 erweist sich bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage, wie sie das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnet, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig (2.), die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beruht hier jedoch nicht auf einem besonderen Vollzugsinteresse (3.). Hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Nummer II. des Bescheids war der Antrag abzulehnen (4.).

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit trägt dem Begründungserfordernis ausreichend Rechnung.

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO - wie hier betreffend die Beseitigungsanordnung - das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind regelmäßig die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe anzugeben, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2018 - 9 CS 18.996 - juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind jedoch inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Die Antragsgegnerin hat hier auf den bisherigen Verfahrensablauf und dessen Zeitdauer sowie die Interessen der Nachbarn abgestellt und ist damit auf die Besonderheiten des konkreten Falles eingegangen. Den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist damit Genüge geleistet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 - 20 CS 17.1797 - juris Rn. 2).

2. Die von der Antragsgegnerin verfügte Beseitigungsanordnung wird sich im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtmäßig erweisen.

a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Beseitigungsanordnung nicht wegen fehlender Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG formell rechtswidrig. Zwar mag die Argumentation des Verwaltungsgerichts zur Heilung einer fehlenden Anhörung im gerichtlichen Verfahren nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsgegnerin im Änderungsbescheid vom 10. September 2018 zweifelhaft sein. Die Antragsteller übersehen jedoch, dass die Antragsgegnerin sie bereits im vorangegangenen Verfahren der Ablehnung der Tekturgenehmigung mehrfach, u.a. mit Schreiben vom 13. Juni 2012, vom 28. August 2012 und 9. Oktober 2012, auch zur Stellungnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Beseitigungs- und Rückbauanordnung aufgefordert hat und damit auch insoweit eine Anhörung stattgefunden hat. Neue Gesichtspunkte hierzu werden im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

b) Rechtsgrundlage der Beseitigungsanordnung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Die Antragsteller haben für die bereits errichtete, genehmigungspflichtige Grenzgarage keine Baugenehmigung. Dieses Bauvorhaben ist zudem - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht genehmigungsfähig, was aufgrund der Ablehnung des Tekturantrags vom 17. Januar 2012 durch rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Oktober 2014 (AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684) bindend feststeht (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.1975 - IV C 15.73 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 2; Rennert in Eyermann, a.a.O., § 121 Rn. 33). Hieran ändert auch der Hinweis auf die im Osten erfolgten Abgrabungen nichts, da dieser Gesichtspunkt ebenfalls bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens war.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die von der Antragsgegnerin erlassene Beseitigungsanordnung, insbesondere im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen, weder hinsichtlich der Ermessensausübung noch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2005 - 2 ZB 03.2786 - juris Rn. 3). Bereits die Baugenehmigung vom 7. Juli 2004 wurde mit einer Abweichung erst nach Zurückstellung der nachbarlichen Interessen wegen deren Zustimmung erteilt. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht zudem fest, dass das ausgeführte Bauvorhaben gegenüber der damaligen Genehmigung ein aliud darstellt und nicht nur bezüglich der Kubatur, sondern deutlich von dem mit Bescheid vom 7. Juli 2004 genehmigten Vorhaben abweicht (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.10.2014 - AN 9 K 13.01920; BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 9 ZB 14.2684). Insoweit ist auch das Risiko einer baurechtswidrigen Bauausführung vom Bauherrn selbst zu tragen und der Einwand eines Substanzverlustes nicht tragfähig (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.1996 - 4 B 117.96 - juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 12.05.2005 - 26 B 03.2454 - juris Rn. 31).

3. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung ist hier gleichwohl nicht gegeben.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung des Sofortvollzugs ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich. Die Vollziehung des Verwaltungsakts muss wegen öffentlicher oder überwiegender privater Interessen besonders dringlich sein und keinen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2012 - 15 CS 12.130 - juris Rn. 12). Eine baurechtliche Beseitigungsanordnung ist in aller Regel eine schwerwiegende Maßnahme, deren Vollzug dem Betroffenen hohe Kosten verursacht und nur mehr schwer rückgängig zu machende Zustände schafft. Ihr Gewicht wird durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstärkt, weil dadurch die Entscheidung in der Hauptsache im Kern vorweggenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 16). Erforderlich ist deshalb ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Falle der Baubeseitigung grundsätzlich nicht mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist und regelmäßig im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 Abs. 1 und 2 VwGO (vgl. BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - juris Rn. 13; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage 2017, § 39 Rn. 760) nur ausnahmsweise vorliegen wird (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Oktober 2018, Art. 76 Rn. 333; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., § 58 Rn. 1301k). Bei Beseitigungsanordnungen ist deshalb regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 28.3.2007 - 1 CS 06.3006 - juris Rn. 27). Dieses besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Bescheid vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 nicht.

a) Allein der Hinweis, ein besonderes öffentliches Interesse bestehe daran, den baurechtswidrigen Zustand in angemessener Zeit zu beseitigen, genügt hierfür nicht, weil das besondere öffentliche Interesse bei einer Baubeseitigung nach den o.g. Maßstäben über das Interesse an der Schaffung ordnungsgemäßer Zustände - auch in angemessener Zeit - hinausgehen muss (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 332; Manssen in Spannowsky/Manssen, BeckOK BayBO, Stand 15.7.2018, Art. 76 Rn. 65). Die Antragsgegnerin übersieht, dass an die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Beseitigungsanordnung nach den o.g. Maßstäben höhere Anforderungen zu stellen sind, als beispielsweise bei einer Nutzungsuntersagung oder einer Baueinstellung, für die regelmäßig das besondere Vollzugsinteresse mit dem Interesse am Erlass des Bescheids identisch ist (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 348 und Art. 75 Rn. 109).

b) Soweit die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass „nunmehr endgültig feststeht, dass seitens der Nachbarn nicht mit weiteren Zugeständnissen zur Erteilung von Abweichungen, Befreiungen oder Ausnahmen gerechnet werden kann“ und sie deshalb gehalten ist, die „vollständige Beseitigung oder die Rückführung des Gebäudes in einen rechtmäßigen baulichen Zustand in angemessener Zeit durchzusetzen“, kann dies ebenfalls kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung begründen. Es mag zwar - wie oben ausgeführt - zutreffen, dass das Vorhaben im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und dessen materielle Illegalität, insbesondere auch wegen fehlender Möglichkeit, auf andere Weise rechtmäßige Zustände herstellen zu können, feststeht. Diese Argumentation zielt letztlich aber auf das bloße Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Beseitigungsanordnung nach Art. 76 Satz 1 BayBO ab, die deren sofortige Vollziehung nicht per se zu rechtfertigen vermögen (vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2000 - 2 CS 98.2373 - juris Rn. 17). Auch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung genügt in der Regel nicht, um deren sofortige Vollziehung zu begründen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.7.2015 - OVG 10 S 14.15 - juris Rn. 19).

c) Auch soweit die Antragsgegnerin anführt, die Nachbarn wurden durch „jahrelange Verwaltungs- und Gerichtsverfahren faktisch zur Duldung der rechtswidrigen Zustände genötigt“, ergibt sich daraus kein besonderes Vollzugsinteresse. Den Antragstellern steht es - insbesondere im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - frei, den Rechtsweg sowohl hinsichtlich der Erteilung einer Baugenehmigung als auch hinsichtlich der Anfechtung der Beseitigungsanordnung auszuschöpfen. Allein die dadurch bedingte Zeitdauer vermag daran - ohne weitere Anhaltspunkte - nichts zu ändern. Selbst wenn hieraus abzuleiten wäre, dass die Antragsgegnerin darauf abstellt, dass es sich um einen massiven Verstoß gegen die Bestimmungen des Abstandsflächenrechts handeln mag, der für das fachkundige Publikum ohne weiteres erkennbar ist, bedarf es darüber hinaus weiterer Anhaltspunkte zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.1998 - 2 ZS 98.2043 - juris Rn. 7).

d) Ein Anhaltspunkt, der die Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen vermag, kann zwar in einer negativen Vorbildwirkung gesehen werden, auf die sich die Antragsgegnerin ebenfalls beruft. Im Hinblick auf die o.g. Maßstäbe genügt jedoch eine lediglich abstrakte Bezugsfallwirkung nicht (vgl. Decker in SB, Art. 76 Rn. 335; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Stand 10.7.2018, Art. 76 Rn. 131). Eine konkrete Nachahmungsgefahr ist bei den gegebenen Umständen im wohl vollständig bebauten Baugebiet auf Grundlage des Bebauungsplans Nr. E 14 aus dem Jahr 1984 weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 12). Auch ist - im Hinblick auf den seit längerem bestehenden Bauzustand der Garage - nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Schaffung vollendeter Tatsachen oder eine weitere Verfestigung der rechtswidrigen Nutzung verhindert sowie den Antragstellern die sofortige Durchsetzung der Beseitigungsanordnung mit Nachdruck vor Augen geführt werden müsste.

Die Antragsgegnerin hat sich hier ersichtlich nicht mit den Fallgruppen, die eine sofortige Vollziehung rechtfertigen können, auseinandergesetzt oder sich hieran argumentativ und auf den konkreten Einzelfall abstellend orientiert (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 334 ff.; OVG MV, B.v. 6.2.2008 - 3 M 9/08 - juris Rn. 5 ff.). Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstellt, dass im Hinblick auf die Möglichkeit eines Teilrückbaus nach summarischer Prüfung kein wesentlicher Substanzverlust durch die Beseitigung drohe, erscheint dies angesichts des Umfangs der Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften und den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. E 14 der Antragsgegnerin zumindest fraglich. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe des Gerichts, über den vorhandenen Akteninhalt hinaus weitere Tatsachen zu ermitteln, die die Anordnung des Sofortvollzugs tragen (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.1984 - 26 CS 84 A.1329 - BRS 42 Nr. 221), zumal die Antragsgegnerin hierzu weder in der Anordnung oder im Bescheid noch im gerichtlichen Verfahren Ausführungen gemacht hat, noch Angaben hierzu vorliegen oder offensichtlich sind (vgl. zu möglichen Fallgruppen: Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 343).

4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bleibt erfolglos.

Die Zwangsgeldandrohung nach Art. 31, 36 VwZVG in Nummer II. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Da die Antragsgegnerin in Nummer I. des Bescheids vom 20. November 2017 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2018 die Erfüllungsfrist im Falle der Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheids abhängig gemacht hat, ist den Anforderungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG genüge geleistet. Im Übrigen sind rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohung weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 14 GG fällt die Interessenabwägung - trotz aller Wahrscheinlichkeit nach fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache - mangels Vorliegen eines besonderen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung zugunsten der Antragsteller aus. Der bisher bereits lange Zeitablauf ändert nichts daran, dass es sowohl den Nachbarn als auch der Antragsgegnerin mangels besonderer Anhaltspunkte zumutbar erscheint, mit der Vollstreckung der Beseitigungsanordnung auch noch das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Letztlich resultiert der Zeitablauf auch aus der von der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Ablehnung der Tekturgenehmigung mit Bescheid vom 2. Oktober 2013 und der Anordnung der Beseitigung mit Bescheid vom 20. November 2017 gewählten getrennten Vorgehensweise.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsteller sind mit ihrem wesentlichen Begehren der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsanordnung erfolgreich. Das Unterliegen hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Zwangsgeldandrohung ist demgegenüber untergeordnet (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 - 21 CS 17.1077 - juris Rn. 16).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.2 und 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (RN 4 K 17.1854) durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017. Die Klage richtet sich gegen mehrere „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“, die die Antragsgegnerin der der Antragstellerin erteilten Befreiung von der Erlaubnispflicht (Negativzeugnis) gemäß Art. 37 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 26. September 2017 beigefügt hat.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses ausgeführt, die Anordnung des Sofortvollzugs in dem Bescheid der Antragsgegnerin sei schon formell rechtswidrig, weil der Bescheid keinerlei Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO enthalte. Außerdem ergebe auch eine Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO ein überwiegendes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die Klage werde voraussichtlich erfolgreich sein; die Antragstellerin sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Anordnungen nicht angehört worden, zudem fehle jegliche Begründung für diese Anordnungen, die gerade im Hinblick auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens notwendig gewesen wäre.

Die Antragsgegnerin meint, die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem streitgegenständlichen Bescheid sei ausreichend. Die Rechtsprechung habe wiederholt festgehalten, dass diese Begründung durchaus knapp gehalten werden könne und dass es für bestimmte Rechtsbereiche eine „latente Sofortvollzugslage“ gebe, in denen die Anordnung ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall begründet werden könne. Hier habe sich die Antragsgegnerin schon mit Bescheid vom 12. Juli 2016 (gemeint ist ein „zeitlich begrenztes Negativzeugnis“) mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Es mache hier keinen Sinn, keinen Sofortvollzug anzuordnen, denn dies würde die völlige Ungefährlichkeit des Tieres implizieren.

Damit kann die Antragsgegnerin die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern.

Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO verlangt ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann genügt‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substanziierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26/01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. insgesamt: BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3).

Lediglich in Fällen, in denen sich die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und für die Anordnung der sofortigen Vollziehung decken, also insoweit eine „(Teil-) Identität“ besteht, kann zum Zweck der Vereinfachung auf die Begründung des Verwaltungsakts Bezug genommen werden. Auch in diesem Fall gestattet aber § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Verzicht auf die Begründung; vielmehr muss die Behörde deutlich machen, dass sie in der Begründung des Verwaltungsakts auch die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sieht (vgl. im Einzelnen Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.7.2016, § 80 Rn. 88; Schoch in Schoch/Schnei-der/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 80 Rn. 247 f., jew. m.w.N.).

Nichts anderes ergibt sich auch aus den von der Antragsgegnerin herangezogenen Rechtsprechungsnachweisen (VGH BW, B.v. 24.6.2002 – 10 S 985/02 – juris Rn. 8 f., und OVG Hamburg, B.v. 15.12.2005 – 3 Bs 214/05 – juris Rn. 4, jeweils zur einer Entziehung der Fahrerlaubnis, sowie VGH BW, B.v. 10.2.2005 – 8 S 2834/04 – juris Rn. 2 f., zu einer Baueinstellungsverfügung). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass in den jeweils gegenständlichen Bescheiden die genannten Anforderungen an die Begründung des Vollzugsinteresses eingehalten wurden.

Für die „Anforderungen“ bzw. „Auflagen“ zu dem Negativzeugnis vom 26. September 2017 ist keinerlei Begründung angegeben oder auch sonst in irgendeiner Weise ersichtlich. Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem Vordruck auf der Rückseite des Negativzeugnisses nur der Hinweis, diese sei im öffentlichen Interesse geboten, „da ein eventuell eingelegter Widerspruch aufschiebende Wirkung hätte“. Dass ein eventueller Rechtsbehelf (hier richtig: Klage) aufschiebende Wirkung entfaltet, ist lediglich der Anlass dafür, dass die Verwaltungsbehörde gegebenenfalls die sofortige Vollziehung gesondert anordnen muss (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), jedoch keine Begründung für das besondere Interesse im Sinn des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Als Begründung des besonderen Vollzugsinteresses gibt es damit hier weder eine Bezugnahme auf die Gründe des Bescheids noch überhaupt eine Bescheidsbegründung, auf die Bezug genommen werden könnte.

Auch die Abwägung des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann die Antragsgegnerin nicht in Frage stellen. Es trifft nicht zu, dass sich hier die Gefahrenlage „auch sich selbst“ ergibt und auch der Antragstellerin dies „aus dem bereits erteilten Bescheid“ (gemeint ist anscheinend das „zeitlich begrenzte Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016) bekannt sein musste. Das Sachverständigengutachten vom 24. Juli 2017, aufgrund dessen das Negativzeugnis erteilt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass für den Hund der Antragstellerin die Freistellung von der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG zu befürworten sei, weil eine von ihm ausgehende Gefahr nicht zu erkennen sei. Die in dem „zeitlich begrenzten Negativzeugnis“ vom 12. Juli 2016 dargelegten Gründe waren weder unmittelbar noch durch eine Bezugnahme Gegenstand des hier streitgegenständlichen Bescheids; ihnen lag im Übrigen zugrunde, dass damals aufgrund des Alters des Hundes noch keine gesicherte Aussage zu einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit getroffen werden konnte. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Bescheid keinerlei Begründung enthält, dies aber gerade im Hinblick auf die zu treffenden Ermessenserwägungen unerlässlich gewesen wäre (Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 wird der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 insgesamt aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur Hundehaltung.

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im März 2010 Halter zweier Hunde, nämlich eines Rüden („O.“) und einer Hündin („T.“), beide Dobermann-Schäferhund-Mischlinge.

Wegen der Hunde gingen seit dem Jahr 2009 mehrere Beschwerden bei der Beklagten ein, in denen vorgebracht wurde, die Hunde verhielten sich bedrohlich und würden die Umzäunung überspringen. Am 27. November 2009 ereignete sich ein Beißvorfall, bei dem der Dackelmischling einer Spaziergängerin von der Hündin „T.“ des Klägers schwer verletzt worden ist. Noch im November 2009 wandten sich zahlreiche Nachbarn an den Kläger und baten ihn, seine Grundstückszäune instand zu setzen, damit die Hunde das Grundstück nicht mehr verlassen konnten. Sie hätten Angst um ihre Kinder und diese fürchteten sich auch vor den Hunden. Im Dezember 2009 meldete sich dann eine weitere Nachbarin bei der Beklagten, die angab, im März 2009 auf dem Fahrrad von einem Hund des Klägers attackiert worden zu sein. Sie habe Verletzungen (Bluterguss und Schürfwunden) davongetragen, sei aber nicht gebissen worden. Weitere Beschwerden von einem Nachbarn des Klägers gingen im Januar und März 2010 bei der Beklagten ein. Die Hunde verhielten sich nach wie vor aggressiv und würden ständig, auch nachts, im Garten bellen.

Mit Bescheid vom 31. März 2010 untersagte die Beklagte dem Kläger, Hunde auf seinem Grundstück in F., W.-Straße ..., außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen, solange nicht der Zaun auf mindestens 1,50 Meter erhöht und die Lücke in der Einfriedung repariert sei. Das große Eisentor sei gegen unbeabsichtigtes Öffnen entsprechend zu sichern (Nr. 1 des Bescheids). Zudem wurde dem Kläger aufgegeben, die Hunde außerhalb des Grundstücks an einer reißfesten maximal 1,50 Meter langen Leine zu führen und ihnen außerdem Beißkörbe anzulegen (Nr. 2). In Nr. 3 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 und 2 angeordnet. Für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten aus Nummer 1 und 2 des Bescheids wurde jeweils ein Zwangsgeld von 1.000 Euro bei einer Zuwiderhandlung angedroht (Nr. 4 a und b).

Zur Begründung des Bescheids führte die Beklagte aus, bereits am 27. August 2009 habe die Polizeiinspektion G. mit dem Kläger ein klärendes Gespräch geführt. Der Kläger habe gegenüber der Polizei versichert, dass die Hunde das Grundstück nicht verlassen würden. Bis heute habe der Kläger jedoch keine geeigneten Sicherungsmaßnahmen getroffen, so dass sich die Gemeinde gezwungen sehe, entsprechende Anordnungen zu erlassen. Rechtsgrundlage der Anordnungen in Nummer 1 und 2 des Bescheids sei Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die Gemeinde sei für den Erlass der Anordnungen zuständig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG lägen auch vor. Der Kläger sei als Halter der Hunde richtiger Adressat der Anordnung. Der Erlass einer Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Gemeinde halte ein Einschreiten im öffentlichen Interesse für notwendig, denn die Vorfälle zeigten, dass die beiden Hunde des Klägers ohne vorhersehbaren Anlass aus ihrer ungebändigten Natur heraus zu einer schweren Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen werden könnten, wenn ihr Aufenthalt nicht auf das Grundstück des Klägers beschränkt werde oder wenn sie sich außerhalb des Grundstücks ohne Maulkorb aufhielten. Die Anordnung hinsichtlich der Maulkörbe entspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Art. 8 LStVG.

Am 30. April 2010 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten.

Am 5. Juli 2010 ereignete sich ein weiterer Beißvorfall mit der Hündin „T.“. Die Hündin war aus dem Grundstück des Klägers entwichen und auf ein Nachbargrundstück gelaufen, wo sie eine dort angeleinte Jack-Russell-Terrier-Hündin gebissen und schwer verletzt hat.

Der Kläger begründete mit Schreiben vom 16. Februar 2011 seine Klage im Wesentlichen damit, dass der Vorfall am 10. März 2009 unzutreffend geschildert worden sei. Ursächlich dafür sei gewesen, dass sich die Leinen seiner Hunde beim Spazierengehen verheddert hätten. Seine Hündin sei dabei aus dem Halsband gerutscht. Die beteiligte Radfahrerin sei lediglich erschrocken. Der Hund habe sie nur gestreift. Der Leinenzwang sowie der Maulkorbzwang seien daher nicht erforderlich. Der Leinenzwang sei auch überflüssig, da im Gebiet der Beklagten bereits ein Leinenzwang aufgrund gemeindlicher Satzung bestehe. Dass Hunde Beißkörbe tragen, sei in L. allgemein unüblich. Löcher in der Einfriedung beziehungsweise im Zaun seines Grundstückes würden von ihm immer sofort repariert, wenn er diese bemerke. Die Schäden am Zaun seien durch die Bepflanzung auf dem Nachbargrundstück entstanden. Er habe den Nachbarn aufgefordert, die entsprechenden Gewächse zurückzuschneiden beziehungsweise zu entfernen. Das Gartentor sei ständig verschlossen. Die Hunde könnten dort nicht entweichen. Hinsichtlich der auferlegten Erhöhung der Einfriedung sei festzustellen, dass seine Hunde den bestehenden Zaun niemals übersprungen hätten. Hinsichtlich der nördlichen Einfriedung gebe es widersprüchliche Aussagen über die Eigentumsverhältnisse. Es müsse deshalb erst eine Vermessung durchgeführt werden.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Klage und trug vor, aufgrund der bereits vorgefallenen Attacken der Hunde des Klägers liege eine konkrete Gefahrenlage im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG vor, die die Beklagte zum Erlass entsprechender Einzelfallanordnungen berechtige. Die im angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen seien erforderlich, geeignet und verhältnismäßig, um die konkrete Gefahr zu begrenzen. Durch die Anordnung werde sichergestellt, dass die Hunde nicht unkontrolliert das Grundstück verlassen und Menschen beziehungsweise Tiere angreifen könnten.

Aus einem Aktenvermerk der Polizeiinspektion G. vom 8. Februar 2011 ergibt sich, dass das Grundstück des Klägers am 7. Februar 2011 in Augenschein genommen worden ist. Drei Grundstücksseiten seien gerichtet. Von den Hunden des Klägers dürfte insofern keine Gefahr mehr ausgehen. Die vierte Grundstücksgrenze sei nach wie vor provisorisch. Insoweit müsse das Grundstück noch vermessen werden.

Mit Urteil vom 24. März 2011 hob das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg die Nummer 2 sowie die Nummer 3, soweit sie sich auf Nummer 2 des Bescheids beziehe, und die Nummer 4 b des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2010 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung seiner teilweisen Klageabweisung führte das Verwaltungsgericht aus, die Anordnung in Nummer 1 des Bescheids sei rechtmäßig. Insoweit sei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen. Eine eventuell fehlende Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheids sei mittlerweile geheilt. Die Anordnung sei erforderlich, um Gefährdungen Dritter durch die Hunde vom Grundstück aus durch Anbellen oder Schnappen am Zaun sowie das Entweichen der Hunde vom Haltergrundstück mit der Folge des unbeaufsichtigten Umherlaufens zu verhindern. Eine konkrete Gefahr sei zu bejahen, weil die Einfriedung des Grundstücks des Klägers keine ausreichende Höhe aufweise beziehungsweise in einem baulichen Zustand sei, der es den Hunden ermögliche, sich auf dem Zaun mit den Vorderläufen aufzustützen und die Köpfe über die Umzäunung hinauszustrecken beziehungsweise die Einzäunung zu überwinden und unbeaufsichtigt das Grundstück zu verlassen. Auch wenn der Kläger bereits Sicherungsmaßnahmen auf dem Grundstück durchgeführt habe, habe es sich bei der letzten Grundstücksbesichtigung doch gezeigt, dass auf einer Grundstücksseite noch keine Erhöhung des Zauns erfolgt sei.

Am 12. Mai 2011 ließ der Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 stellen. Am 15. Juni 2011 wurde der Antrag damit begründet, dass der aggressivere der beiden Hunde zwischenzeitlich habe eingeschläfert werden müssen und der noch beim Kläger lebende Hund überaus friedlich sei.

Im Hinblick auf diese Änderung des Sachverhalts hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 13. September 2012 zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, die von seinen Hunden ausgehende Gefahr habe sich zwischenzeitlich durch den Tod des aggressiveren Hundes erledigt. Zudem sei die Entscheidung im Wesentlichen auf die Aussagen einer Nachbarin gestützt worden, wonach die Hunde des Klägers mehrfach über den Gartenzaun gesprungen seien. Tatsächlich sei diese Nachbarin nicht einvernommen worden. Auch gehe die in Nummer 1 des Bescheids getroffene Anordnung viel zu weit. Damit werde der Kläger verpflichtet, jeden Hund, den er derzeit oder in Zukunft halte, nicht außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen. Eine derartige Anordnung wäre nur dann rechtmäßig, wenn sie sich auf einen konkreten Hund beziehen würde. Darüber hinaus hätte das Verwaltungsgericht den in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 24. März 2011 gestellten Beweisanträgen folgen müssen. Diese hätten zum Ergebnis geführt, dass der angefochtene Bescheid vollumfänglich aufzuheben sei.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. März 2011 den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 auch im Übrigen, noch streitgegenständlichen Umfang aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Gefahr, die bisher von beiden Hunden des Klägers ausgegangen sei, sei mit dem Tod eines Hundes nicht beseitigt. Beide seien aggressiv. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stütze sich zudem nicht auf die Aussage der nicht einvernommenen Nachbarin, sondern auf die Aussage einer anderen Zeugin und die Beobachtungen der Polizeibeamten der Polizeiinspektion G. Auch der Vortrag des Klägers, der Bescheid sei zu unbestimmt, treffe nicht zu. Aus den Gründen des Bescheids ergebe sich eindeutig, auf welche beiden Hunde sich der Bescheid beziehe. Dem Kläger sei auch nicht das rechtliche Gehör beschnitten worden, denn er habe sein Einverständnis mit einer Entscheidung über seine Beweisanträge im Urteil signalisiert. Es sei zwar richtig, dass sich durch das Ableben eines Hundes eine geänderte Sachlage ergebe. Diese ändere aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Nummer 1 des Bescheids. Diese angeordnete Maßnahme sei für jeden Einzelnen der Hunde erforderlich gewesen.

Die als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligte Landesanwaltschaft Bayern stellte keinen eigenen Antrag.

Die Beklagte teilte am 1. August 2013 ergänzend mit, dass am 28. Juli 2013 im Haus des Klägers ein zehnjähriger Junge von dem „Rottweiler-Mischling“ (gemeint ist wohl der Dobermann-Schäferhund-Mischling) „O.“ in den Fuß gebissen worden sei. Auch die herbeigerufenen Polizeibeamten seien von diesem Hund in den Oberschenkel beziehungsweise in die Hand gebissen worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14. April 2014 wurde die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Der Bevollmächtigte der Beklagten gab noch abschließende Erwägungen zur streitbefangenen Verfügung zu Protokoll. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 ist, soweit er noch Gegenstand dieses Verfahrens ist, aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar ist der Bescheid formell rechtmäßig (dazu 1.) und die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011-2-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl S. 403), liegen vor (dazu 2.). Jedoch leidet der angegriffene Verwaltungsakt an einem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) (dazu 3.).

Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist ausschließlich die auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützte und vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil nicht - wie die übrigen Anordnungen - aufgehobene Verfügung in Nummer 1 des Bescheids einschließlich der diesbezüglichen Zwangsgeldandrohung in Nr. 4 a). Damit ist im Wesentlichen nur noch Streitgegenstand, ob die Beklagte dem Kläger untersagen durfte, Hunde auf seinem Grundstück in F., W.-Straße ..., außerhalb des Hauses frei laufen zu lassen, solange nicht der Zaun auf mindestens 1,50 m erhöht ist und die Lücken der Einfriedung repariert sind, sowie die Anordnung, das große Eisentor gegen unbeabsichtigtes Öffnen entsprechend zu sichern. Dabei ist der Bescheid nach seinem objektiven Erklärungswert gemäß §§ 133, 157 BGB entsprechend dahingehend auszulegen, dass er nur die beiden im Zeitpunkt seines Erlasses im Eigentum des Klägers gestandenen Hunde „T.“ und „O.“ betraf und nach dem Tod von „T.“ nur noch „O.“ betrifft. Dies entspricht unter Berücksichtigung aller dem Kläger erkennbaren Umstände dem maßgeblichen Willen der Beklagten, der sich insbesondere aus den zur Auslegung heranzuziehenden Gründen des Bescheids ergibt, in denen die beiden Hunde mit Namen bezeichnet sind und auch deren Rassezugehörigkeit genannt wird. Bereits daran ist unzweifelhaft ersichtlich, dass die Anordnungen der Beklagten nur für diese beiden Hunde erlassen worden sind und nicht in Zukunft vom Kläger angeschaffte Hunde („zwei Pudel“) betreffen sollen.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 hat nicht dadurch seine Erledigung gefunden, dass die Hündin „T.“, die im Wesentlichen in die in den Akten dokumentierten Beißvorfälle verwickelt war, inzwischen gestorben ist. Denn der Kläger besitzt weiterhin den Rüden „O.“, der bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides in seinem Besitz war und auf den sich der Bescheid ebenfalls bezieht. Die Anordnungen in Nummer 1 bis 4 des Bescheids betrafen ganz offensichtlich beide Hunde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Bescheidstenor, sondern aus der Begründung, in der immer von „Hunden“ die Rede ist. Auch werden sowohl „T.“ als auch „O.“ namentlich im Bescheid erwähnt. Damit entfaltet die noch streitbefangene Anordnung in Nummer 1 des Bescheids nach wie vor unmittelbare Regelungswirkung.

1. Der Bescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig, denn der Mangel der zunächst unzweifelhaft fehlenden Anhörung ist inzwischen geheilt (dazu 1.1.). Ob der Bescheid in vollem Umfang den formellen Anforderungen an die Begründung genügt, kann offen bleiben (dazu 1.2.).

1.1. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG schreibt vor, dass vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine solche Anhörung hat vor Erlass des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2010 nicht stattgefunden. Eine schriftliche Anhörung ist unstreitig nicht erfolgt. Weder findet sich ein Nachweis für eine solche Anhörung in den Verwaltungsakten noch behauptet die Beklagte, den Kläger förmlich angehört zu haben. Sie hat im angegriffenen Bescheid nur darauf verwiesen, dass die Polizeiinspektion G. mit dem Kläger bereits am 27. August 2009 ein klärendes Gespräch geführt habe und dieses Gespräch offenbar als Anhörung gewertet. Eine allgemeine Erörterung des Problems mit der örtlichen Polizei, dass die Hunde möglicherweise über den Zaun springen, entspricht jedoch nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG. Denn dazu muss dem Betroffenen im Verwaltungsverfahren (s. Art. 9 BayVwVfG) die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hierzu gehört insbesondere eine Anhörung zu den ins Auge gefassten Maßnahmen gegen den Betroffenen. Darüber ist aber ausweislich des Aktenvermerks vom 17. September 2009 über das Gespräch am 27. August 2009 nicht gesprochen worden. Hinzu kommt vor allem, dass die Erörterung der Gefahrenlage mit Polizeibeamten im Rahmen eines polizeilichen Verfahrens nicht im hier allein maßgeblichen die Anordnungen zur Hundehaltung betreffenden Verwaltungsverfahren erfolgt ist. Da auch keine Gründe vorliegen, die dazu führen, dass von der Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG abgesehen werden konnte oder eine Anhörung nach Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG unterbleiben durfte, liegt ein Verfahrensfehler im Sinne von Art. 45 BayVwVfG vor.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG ist eine Verletzung der Verfahrensvorschrift des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG aber unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Dies kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, also bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, erfolgen.

Im vorliegenden Fall liegt die Nachholung der Anhörung darin, dass sich der Kläger und dessen Bevollmächtigter im verwaltungsgerichtlichen Verfahren umfangreich zu den Maßnahmen der Beklagten geäußert haben und der Beklagtenvertreter das Vorbringen der Klägerseite zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen, ob der Bescheid aufgrund des Vorbringens der Klägerseite abgeändert werden sollte, einbezogen hat. Der Senat hält eine Nachholung der Anhörung in dieser Form für ausreichend, zumal Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG für die Nachholung der Anhörung lediglich eine zeitliche Grenze setzt, nämlich den Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nicht aber eine bestimmte Form vorschreibt (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2009 - 10 ZB 08.3435 - juris Rn. 12; OVG NRW, B. v. 11.2.2014 - 15 B 69/14 - juris Rn. 14). Dass eine unterlassene Anhörung allein im Rahmen eines behördlichen Verwaltungsverfahrens nachgeholt werden kann, ist dieser Regelung nicht zu entnehmen (vgl. dazu auch BayVGH, B. v. 26.1.2009 - 3 CS 09.46 - juris Rn. 23 m. w. N.). Die Gegenmeinung berücksichtigt nicht, dass die frühere Regelung des Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG den Zeitraum der Heilungsmöglichkeit noch nicht bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz vorsah (vgl. BVerwG, B. v. 15.12.1983 - 3 C 27/82 - juris Rn. 64). Schließlich überzeugt auch nicht die teilweise in der Literatur vertretene Rechtsauffassung (z. B. Kopp/Ramsauer, BayVwVfG, 14. Aufl. 2013, Art. 45 Rn. 27 und 45), dass die Nachholung der Anhörung stets eines besonderen Ergänzungs- oder Nachverfahrens vor der Ausgangsbehörde bedarf sowie nach der Nachholung einer weiteren, ergänzenden Entscheidung dieser Behörde. Denn Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG fordert die Einhaltung dieser Form gerade nicht.

1.2. Der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2010 ist zwar unzureichend begründet. Ob insoweit auch ein formeller Mangel vorliegt, kann indes offen gelassen werden (vgl. dazu nachfolgend 3.).

Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Diesen formellen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid (noch). Seine Begründung lässt zumindest in groben Zügen erkennen, von welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen und Überlegungen die Behörde bei ihrer Entscheidung ausging. Es werden die wesentlichen Gesetzesbestimmungen aufgeführt, die die Rechtsgrundlage der Anordnungen darstellen und die tatbestandlichen Voraussetzungen, nämlich dass von den klägerischen Hunden eine Gefahr ausgeht, herausgestellt. Damit genügt der Bescheid insoweit den formellen Anforderungen des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG. Ob die Begründung rechtlich zutreffend ist, ist demgegenüber eine Frage des materiellen Rechts.

Für Ermessensentscheidungen erweitert Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG jedoch die Begründungspflicht des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG und verlangt, dass die Begründung auch die Gesichtspunkte erkennen lässt, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Insoweit enthält die im Ermessen der Beklagten stehende sicherheitsrechtliche Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG lediglich folgende Ausführungen - soweit diese im Berufungsverfahren noch streitgegenständlich sind -: „… steht der Erlass von Anordnungen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Gemeinde … hält ein Einschreiten im öffentlichen Interesse für notwendig. Die Vorfälle zeigen, dass die beiden Hunde ohne vorhersehbaren Anlass aus ihrer ungebändigten Natur heraus zu einer schweren Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen werden können, wenn ihr Aufenthalt nicht auf das Grundstück des Herrn … beschränkt wird …“ Ob diese äußerst knappe Begründung, auch wenn ihr zu entnehmen ist, dass der Beklagten bewusst war, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte und dass sie dies im öffentlichen Interesse auch für erforderlich hielt, die Gesichtspunkte, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist, hinreichend erkennen lässt und damit den Anforderungen von Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG genügt, kann aber offen gelassen werden. Denn der Bescheid ist unabhängig davon rechtswidrig. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG vor (dazu 2.), jedoch ist der Bescheid letztendlich ermessensfehlerhaft (Art. 40 BayVwVfG; dazu 3.).

2. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine sicherheitsrechtliche Anordnung gegeben. Nach Art. 18 Abs. 2 LStVG können Gemeinden zum Schutz bestimmter in Absatz 1 genannter Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. In Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG sind als Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit genannt. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG vor, steht der Erlass einer Anordnung im Ermessen der Behörde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. BayVGH v. 9.11.2010 -10 BV 06.3053 - juris Rn. 22 m. w. N.) darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Ob bei einer erforderlichen Gefahrenprognose dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen ist, hier also auf den März 2010 (so das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil; vgl. auch BayVGH v. 29.8.2001 - 24 ZS 01.1967 - juris) oder ob es sich bei der betreffenden sicherheitsbehördlichen Anordnung (Untersagungsverfügung) um einen Dauerverwaltungsakt handelt, für dessen gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist - wofür mit Blick auf Art. 8 Abs. 3 LStVG erwägenswerte Gründe sprechen - (offen gelassen BayVGH, B. v. 13.1.2012 - 10 CS 11.2379 - juris Rn. 29; für tierschutzrechtliche Anordnungen vgl. BVerwG, B. v. 9.7.2013 -3 B 100/12 - juris Rn. 6; für Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang vgl. OVG NRW, B. v. 30.4.2004 - 5 A 1890/03 - juris Rn. 24) kann aber dahinstehen, denn der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ist in beiden Zeitpunkten erfüllt.

Auch wenn im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im März 2010 insbesondere die inzwischen verstorbene Hündin „T.“ aus dem Grundstück entwichen ist und in Beißvorfälle verwickelt war bzw. Menschen angegriffen und verletzt hat und die Nachbarn, insbesondere Kinder, allein durch ihr freies Herumlaufen erschreckt hat, ging von O., selbst wenn ein Entweichen aus dem Grundstück durch ihn nicht dokumentiert ist und im Nachhinein - auch durch Zeugeneinvernahmen - nicht mehr festgestellt werden kann, allein deshalb eine Gefahr aus, weil es sich bei „O.“ um einen großen und kräftigen Hund handelt, der fähig ist, seine Vorderläufe auf das Gartentor des Klägers zu stellen, und damit mit dem Kopf über das Tor reicht und auch am Gartenzaun hochspringen und Passanten erschrecken kann. Zusammen mit „T.“ ist er - vom Kläger nicht bestritten - des Öfteren am Tor und am Zaun des Grundstücks des Klägers hochgesprungen und hat Passanten angebellt. Auch in einem solchen Fall geht von einem Hund eine mit einer sicherheitsrechtlichen Anordnung bekämpfbare Gefahr aus, weil durch das Hochspringen und Bellen Passanten erschreckt werden und dadurch auch infolge unkontrollierter Reaktionen in eine gefährliche Situation kommen können. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 9. November 2010 (10 BV 06.3053 - juris Rn. 25) u. a. ausgeführt, dass von großen Hunden - und dazu gehören auch der klägerische Hund „O.“ sowie seine verstorbene Hündin „T.“, beide Dobermann-Schäferhund-Mischlinge - in vergleichbaren Situationen in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht. Selbst wenn ein großer Hund durchaus friedliche Absichten hat, kann er durch das plötzliche Hochspringen am Zaun eine vorbeigehende Person nachhaltig erschrecken und insbesondere Kinder, die keine Erfahrung im Umgang mit Hunden haben, dazu veranlassen, aus Angst vor dem hochspringenden Hund, und ohne auf den Verkehr zu achten, auf die Straße auszuweichen und von einem Fahrzeug erfasst zu werden oder zu stolpern und sich (auch) dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Schäden zuzuziehen.

Stellt man demgegenüber auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ab, geht nach dem Tod von „T.“ bereits deshalb eine konkrete Gefahr allein vom klägerischen Hund „O.“ aus, weil er anlässlich eines Beißvorfalls am 28. Juli 2013 gleich mehrere Personen verletzt hat. Dass dies im Haus des Klägers geschehen ist, spielt dabei keine Rolle. Ein Hund, der entsprechend aggressiv reagiert, ist, selbst wenn der Beißvorfall auf dem Fehlverhalten des Gebissenen beruhen sollte, als Gefahr im Sinne von Art. 18 Abs. 2 LStVG anzusehen. Es kann nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dieser Hund auch in anderen Situationen entsprechend aggressiv reagieren wird. Damit ist aber die im angefochtenen Bescheid angenommene konkrete Gefahr in keinem Fall durch den Tod der Hündin „T.“ entfallen, wie der Klägerbevollmächtigte meint.

3. Der streitgegenständliche Bescheid vom 31. März 2010 erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil er ermessensfehlerhaft ist (Art. 40 BayVwVfG). Dies trifft sowohl auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids zu (dazu 3.1.) als auch auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (dazu 3.2.), denn eine ausreichende Ermessensergänzung des Verwaltungsakts ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO erfolgt.

3.1. Der Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG liegt im Ermessen der Behörde. Die von dieser zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, also am 31. März 2010, hat die Beklagte gesehen, dass ihr ein Ermessen dahingehend zusteht, ob sie Anordnungen hinsichtlich der Haltung der Hunde des Klägers erlassen will, ein Ermessensfehlgebrauch liegt aber deshalb vor, weil die Beklagte von einem nicht vollständig aufgeklärten Sachverhalt ausging. Im Bescheid wird zudem nicht hinreichend differenziert, welche Gefahr von welchem der beiden klägerischen Hunde ausgeht, und nicht berücksichtigt, ob diese Gefahr auch mit dem streitgegenständlichen Bescheid bekämpft werden soll. Eine fehlerfreie Ermessensausübung ist aber schon vom Ansatz her nur dann möglich, wenn der Sachverhalt ausreichend ermittelt ist. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass eine ordnungsgemäße Ermessensausübung nur dann vorgelegen hätte, wenn die Beklagte die von jedem der beiden Hunde ausgehende individuelle Gefahr festgestellt und unter Abwägung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte die jeweils angemessenen Anordnungen getroffen hätte. Dies war aber nicht der Fall.

Die Beklagte nimmt wohl zutreffend an, dass der Beißvorfall am 27. November 2009 ausschließlich der Hündin „T.“ zuzurechnen ist. Hinsichtlich des Vorfalls am 10. März 2009 wird kein konkreter Hund benannt, sondern lediglich ausgeführt, dass „ein Hund“ des Klägers eine vorbeifahrende Radlerin attackiert habe. Der Kläger selbst hat zu diesem Vorfall geäußert, es habe sich bei dem außerhalb des Grundstücks befindlichen Hund nur um „T.“ gehandelt. Während nach diesen Erkenntnissen lediglich die Hündin „T.“ das Grundstück des Klägers mehrmals verlassen hat und in Beißvorfälle verwickelt war, steht nicht fest, ob der Rüde „O.“ überhaupt an irgendeinem der im Bescheid genannten Vorfälle beteiligt war und jemals aus dem Grundstück des Klägers entwichen ist. Dennoch hat die Beklagte im Bescheid nicht nach dem jeweiligen Hund differenziert, sondern hat Anordnungen für beide Hunde getroffen, obwohl nach den vorliegenden Erkenntnissen „O.“ zum damaligen Zeitpunkt keine mit dem Bescheid zu bekämpfende Gefahr dargestellt hat. Denn nach den Ausführungen im Bescheid sollten die Anordnungen (lediglich) dazu dienen, Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen, die durch ein Entweichen der Hunde aus dem Grundstück entstehen können, zu verhindern. Diese Gefahren gingen aber offenbar nur von „T.“ aus. Gefahren, die auch von „O.“ ausgehen können, hatte die Beklagte dagegen nicht im Blick. Eine solche Gefahr wird auch im Bescheid nicht erwähnt. Fehlt es aber an einer genauen Ermittlung, von welchem Hund welche mit der Anordnung zu bekämpfende Gefahr ausgeht, war die Beklagte von vorneherein schon nicht in der Lage, alle Gesichtspunkte, insbesondere diejenigen, die die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der beabsichtigten Maßnahme betreffen, bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen. Eine zweckorientierte Entscheidung ist nämlich nicht möglich, wenn von unzutreffenden oder fälschlich angenommenen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen wird.

Zudem lässt der Bescheid nicht erkennen, welche Maßnahmen die Beklagte für geeignet und erforderlich gehalten hat und warum diese dem Kläger auch zumutbar waren. Im Bescheidstenor werden zwar einzelne Maßnahmen genannt, die dem Kläger auferlegt wurden. Danach sollte er die Hunde im Haus halten, solange nicht der Zaun erhöht und Lücken in der Einfriedung repariert waren. Erst danach hätte der Kläger die Hunde wieder frei auf seinem Grundstück laufen lassen dürfen. Zudem wurde ihm auferlegt, das Eisentor zu sichern. In den Bescheidsgründen ist demgegenüber nur von der Beschränkung des Aufenthalts der Hunde auf das Grundstück des Klägers die Rede. Danach hat sich die Beklagte nicht damit auseinandergesetzt, ob mit den im Bescheidstenor angeordneten Maßnahmen die Gefahren, die einerseits von „T.“ und andererseits von „O.“ ausgehen (und die offensichtlich nicht die gleichen Gefahren sind), tatsächlich bekämpft werden können, also ob diese Anordnungen zur beabsichtigten Gefahrenabwehr überhaupt geeignet sind. Weiterhin wurden keine Ermessenserwägungen dahingehend angestellt, ob alle diese Maßnahmen erforderlich sind. Schließlich ist ebenfalls nicht zu erkennen, ob sich die Beklagte überhaupt mit Alternativen beschäftigt hat, die zum gleichen Erfolg hätten führen können und womöglich für den Kläger weniger belastend gewesen wären.

3.2. Die Beklagte hat ihre Ermessenserwägungen aber auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend (§ 114 Satz 2 VwGO) ergänzt, so dass sich der Bescheid auch dann, wenn zur Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit auf den jetzigen Zeitpunkt abzustellen wäre, nicht als ermessens-fehlerfrei erweist.

Ungeachtet der Frage, ob der ursprüngliche Bescheid überhaupt Ermessenserwägungen beinhaltet, die gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt werden können, und der Frage, ob hier ein Fall gegeben ist, in dem auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Ermessensentscheidung nachgeholt werden kann und erstmals Ermessenserwägungen angestellt werden dürfen (vgl. dazu BVerwG, U. v. 3.8.2004 -1 C 30/02 - juris Rn. 31; BVerwG, U. v. 5.9.2006 - 1 C 20/05 - juris Rn. 22), hat die Beklagten jedenfalls ihr Ermessen auch nachträglich nicht ordnungsgemäß ergänzt. Weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren wurden durch die Beklagte am Zweck der Ermächtigung orientierte und den Einzelfall in den Blick nehmende Ermessenserwägungen angestellt. Schließlich gehen auch die abschließenden Erwägungen, die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung des Senats am 14. April 2014 zur streitbefangenen Verfügung zu Protokoll gegeben hat, nicht über die Darlegung, dass der Hund „O.“ als Gefahr für Radfahrer, Jogger und Kinder angesehen werden muss, hinaus. Die besondere Gefährlichkeit des Hundes stellt aber nur eine Tatbestandsvoraussetzung dar, die überhaupt erst die Anordnung einer Maßnahme nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigt. Ermessenserwägungen sind der Erklärung der Beklagten aber gerade nicht zu entnehmen. Insbesondere bleibt nach wie vor offen, wieso gerade im Hinblick auf den Hund „O.“ die im Bescheidstenor genannten Anordnungen zum jetzigen Zeitpunkt verfügt wurden. Zwar kam es nach Erlass des Bescheids auch bei „O.“ zu einem nachgewiesenen Beißvorfall, bei dem gleich drei Personen verletzt worden sind, jedoch hat sich dieser Vorfall im Haus des Klägers ereignet und weder auf öffentlichen Straßen noch auf dem klägerischen Grundstück außerhalb des Hauses. Ob die streitgegenständlichen Anordnungen daher überhaupt geeignet sind, den von „O.“ ausgehenden Gefahren wirksam zu begegnen, ist [mehr als] fraglich. Jedenfalls hat sich die Beklagte auch mit dieser Frage überhaupt nicht auseinandergesetzt, geschweige denn ihr Ermessen im Übrigen ordnungsgemäß ausgeübt.

Aus den genannten Gründen war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 f. ZPO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 5. November 2014, mit dem er unter Zwangsgeldandrohung verpflichtet wurde, eine auf dem im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gelegenen, ca. 3 ha großen Grundstück FlNr. … der Gemarkung D … vormals als Wildschutzzaun errichtete Einfriedung zu beseitigen.

Bereits mit Schreiben des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) L. a.d. I. vom 20. März 2012 war der Kläger über die Einschätzung der Fachbehörde informiert worden, dass der Zaun zum Schutz der Forstkulturen nicht mehr notwendig sei und deshalb entfernt werden müsse. Mit weiterem Schreiben vom 4. April 2013 wiederholte das AELF den Hinweis und bat den Kläger, den Zaun unter Nutzung näher beschriebener Entsorgungsmaßnahmen bis spätestens 30. April 2014 abzubauen. Das Landratsamt D.-L. erließ sodann gegenüber dem Kläger, ohne diesen vorher selbst förmlich anzuhören, den o.g. Beseitigungsbescheid vom 5. November 2014.

Die hiergegen vom Kläger erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Juli 2016 ab. Die Beseitigungsandrohung sei formell und materiell rechtmäßig. Soweit mit den Schreiben des AELF vom 20. März 2012 und 4. April 2013 keine hinreichende Anhörung erfolgt sei, sei eine solche jedenfalls während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt worden. Die Tatbestandvoraussetzungen der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 1 BayBO für eine Beseitigungsanordnung lägen vor. Die Einzäunung sei nunmehr gem. Art. 2 Abs. 1, Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig und deshalb formell rechtswidrig geworden; die Voraussetzungen für ein verfahrensfreies Bauvorhaben gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO seien nicht mehr gegeben. Zudem sei die Herstellung rechtmäßiger Zustände auf andere Weise als durch die Beseitigung nicht möglich, da die nicht privilegierte Einfriedung am Maßstab von § 35 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Die vom Landratsamt getroffenen Ermessenserwägungen entsprächen pflichtgemäßer Ermessensausübung und seien rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO folgt die Obliegenheit des Rechtsmittelführers, zweifelsfrei kundzutun, aus welchen der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Gründe er die Zulassung der Berufung begehrt. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, das Vorbringen des Rechtsmittelführers daraufhin zu überprüfen, ob und ggf. inwieweit es einem Zulassungsgrund oder möglicherweise auch mehreren in Betracht kommenden Zulassungsgründen zugeordnet werden kann. Bezogen auf den jeweiligen Zulassungsgrund ist zudem substanziiert zu erläutern, warum die Zulassung der Berufung geboten ist. In dem innerhalb der genannten Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 fehlt demgegenüber die Bezeichnung eines Grundes i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO, aus dem die Berufung zugelassen werden soll. Die Zulassungsbegründung vom 12. Oktober 2016 ist eher im Stil einer Berufungsbegründung gehalten, sodass Bedenken bestehen, ob den Darlegungsanforderungen an die (rechtzeitige) Geltendmachung eines Berufungszulassungsgrundes schon in formaler Hinsicht Genüge getan worden ist (vgl. z.B. OVG NRW, B.v. 29.9.2017 – OVG 5 N 40.16 – juris Rn. 2; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 22.2.2017 – 3 L 21/17 – juris Rn. 2). Die fehlende Bezeichnung eines Zulassungsgrundes ist allerdings unschädlich, wenn sich das Vorbringen des Zulassungsantragstellers im Wege der Auslegung hinreichend sicher einem der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe zuordnen lässt (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BayVBl 2011, 338 = juris Rn. 12 ff.). Ob dies hier der Fall ist, kann dahingestellt bleiben. Unterstellt man, dass sich der Kläger – wie er mit späterem Schriftsatz vom 25. Januar 2017 (nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist) erklärt – bereits mit dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 in der Sache auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) berufen hat, hätte sein Zulassungsantrag dennoch keinen Erfolg.

2. Die Richtigkeit des Urteils vom 26. Juli 2016 ist nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Anhörung zur Beseitigung zwischenzeitlich ordnungsgemäß nachgeholt wurde.

Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies ist hier im Vorhinein wohl nicht geschehen. Die Anschreiben des AELF vom 20. März 2012 und vom 4. April 2013 dürften nicht als hinreichende Anhörung angesehen werden können, weil das AELF nicht im Namen des gem. Art. 53 Abs. 1 BayBO als untere Bauaufsichtsbehörde für die Entscheidung gem. Art. 76 Satz 1 BayBO zuständigen Landratsamts handelte und weil in diesem Schreiben dem Kläger keine Gelegenheit gegeben wurde, sich gegenüber dem zuständigen Landratsamt hinsichtlich einer beabsichtigten Beseitigungsanordnung zu äußern. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Ausnahmetatbestand gemäß Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG einschlägig ist, nach dem die Anhörung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten und insofern entbehrlich war.

Ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG im Verwaltungsverfahren kann aber gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG durch Nachholung der Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geheilt werden. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, tritt die Heilung aber nur dann ein, wenn die Anhörung in der Sache nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Dementsprechend sind Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten in gerichtlichen Verfahren allein zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht ausreichend. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern dass sie das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – NVwZ-RR 2016, 449 = juris Rn. 17 m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 20 ZB 16.587 – juris Rn. 5 ff.; U.v. 1.6.2017 – 20 B 16.2241 – juris Rn. 31).

Das Verwaltungsgericht hat sich in Umsetzung dieser Maßstäbe zu Recht auf den Standpunkt gestellt, der formelle Fehler einer im Verwaltungsverfahren (wohl) unterbliebenen Anhörung sei nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt, weil aufgrund der Geschehnisse während des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens (erneute Beschäftigung des Landratsamts mit dem dargelegten Konzept des Klägers unter Beteiligung des AELF als Fachbehörde) davon ausgegangen werden könne, dass die Behörde ihre Entscheidung im Licht der vorgetragenen Einwendungen in eigener Zuständigkeit nochmals überprüft habe und dass insoweit dem dem Anhörungsverfahren zugrundeliegenden Rechtsgedanken ausreichend Rechnung getragen worden sei.

Der Kläger kann mit seinen im Zulassungsverfahren hiergegen erhobenen Einwendungen, das Verwaltungsgericht sei zu großzügig mit der Möglichkeit der Nachholung der Anhörung umgegangen und habe nicht ausgeführt, in welcher tatsächlichen Handlung während des gerichtlichen Verfahrens bis zur letzten Tatsacheninstanz eine solche Anhörung gesehen werde, nicht durchdringen. Sein Vorbringen, dass sich der Beklagte nach dem Augenscheintermin und der Beteiligung der Fachstelle tatsächlich keine neuen Gedanken gemacht habe und dass der Beklagte das Vorbringen des Klägers nicht erkennbar zum Anlass genommen habe, seine Entscheidung kritisch zu überdenken, sodass Sinn und Zweck der Anhörung auch im gerichtlichen Verfahren nicht erreicht worden sei, bleibt gegenüber der insofern anderweitigen Sachverhaltsbewertung des Verwaltungsgerichts unsubstanziierte Behauptung. Das Gegenteil wird durch den Ablauf des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens, auf den auch das Verwaltungsgericht rekurriert hat, belegt:

Der Beklagte hat die Ausführungen der Klagebegründung (erstinstanzlicher Schriftsatz vom 5. Dezember 2014) in seiner Klageerwiderung vom 3. Februar 2015 zur Kenntnis genommen und diese – unter Thematisierung des Art. 76 Satz 1 BayBO als Befugnisnorm, unter der Beurteilung, dass die Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO sowie eine Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 BauGB wegen Wegfalls des Schutzzwecks des Zaunes nicht mehr gegeben sei – umfangreich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gewürdigt. Hinsichtlich des vertretenen Ergebnisses zum Wegfall des Schutzzwecks des Zauns hat der Beklagte in der Klageerwiderung sich zudem durch Verweis ergänzend die Ausführungen einer forstfachlichen Stellungnahme des AELF L. a.d. I. vom 13. Januar 2015 zu eigen gemacht. In dieser fachlichen Stellungnahme wird ausgeführt:

„1. Der errichtete Zaun erfüllt nicht mehr den Zweck, den aufwachsenden Baumbestand vor Schäden durch Wild zu schützen.

Begründung:

– Der durchschnittliche Durchmesser auf Brusthöhe beträgt 15 cm und die Höhe der Bäume beträgt geschätzt im Schnitt mehr als 12 m. Der Bestand befindet sich demnach in einem Alter, in dem er gesichert zu einem Altbestand herangewachsen wird und nicht mehr den Schutz vor Wild durch einen Zaun benötigt.

– Die Lärchen haben in diesem Alter eine ausreichend dicke Borke, so dass Schäden durch das Verfegen durch Rehwild nicht entstehen.

– Die Bestockung der Fläche, d.h. die Anzahl der Stämme je Hektar ist mehr als ausreichend, teilweise sogar überbestockt, so dass eine Pflege des Bestandes durch Entnahme von Bäumen notwendig ist. Eine Nachpflanzung ist aus forstfachlicher Sicht nicht nötig.

– Der Zaun ist an mindestens fünf Stellen niedergedrückt und stellt kein Hindernis für Wild, insbesondere Rehwild dar. Ein Schutz vor Verbiss durch Hasen hat aufgrund der großen Maschen, aus denen das Geflecht besteht, nie bestanden.

2. Die Entsorgung beziehungsweise die Beseitigung des Zaunes aus dem Wald, ist aus forstlicher, naturschutzfachlicher und tierschützerischer Sicht von hohem Interesse.

Begründung:

– Bei Inaugenscheinnahme der Fläche sind Bäume aufgefallen, die direkten Kontakt mit dem Zaun haben. Teilweise ist das Zaungeflecht in diese bereits eingewachsen.

– Das Betretungsrecht (…) ist eingeschränkt, denn diesem Zaun fehlt der legale Schutzzweck. Die Eisenkonstruktion am Zugangs Weg auf die oben genannte Fläche erweckt den Eindruck, dass die Betretung bewusst verhindert werden soll.

– Der Zaun ist im momentanen Zustand eine Gefahr für Rehwild, das sich beim Überqueren des im Boden liegenden Zaunes in selbigem verfangen und verletzen (…) kann. Ein qualvolles Verenden der Wildtiere ist in der Regel die Folge.

– Dem Wild würde durch den intakten Zaun Lebensraum entzogen werden, wodurch der Verbissdruck auf die verbleibenden Flächen steigt. Deshalb achtet das AELF darauf, dass Zaunbauten nur so lange bestehen, wie aus Sicht der Verjüngungssicherung unbedingt Notwendigkeit besteht.“

Im Anschluss an den erstinstanzlichen Augenscheintermin vom 13. Mai 2015, in dem der Kläger erklärte, der Zaun sei nach seinen Bewirtschaftungsplänen noch für einen weiteren Zeitraum von 3 – 5 Jahren erforderlich, sowie im Anschluss an die im Augenscheintermin angekündigte und unter dem Datum des 15. Juni 2015 erfolgte schriftsätzliche Vorlage eines Bewirtschaftungskonzepts des Klägers hat das Landratsamt mit Schriftsatz vom 8. September 2015 dem Verwaltungsgericht eine Stellungnahme des AELF vom 25. August 2015 mit der Erklärung vorgelegt, sich der dortigen Bewertung einer mangelnden Notwendigkeit des Wildschutzzauns anzuschließen. In der fachlichen Stellungnahme, die sich detailliert mit dem Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 15. Juni 2015 auseinandersetzt, heißt es u.a.:

„Dass auf der eingezäunten Fläche hauptsächlich ‚Tannenbäume und Laubbäume im Alter von 2 – 10 Jahren’ gepflanzt seien, ist nicht der Fall, das ist auch visuell gut erkennbar. Hauptsächlich bestockt ist der Bestand mit Bäumen im geschätzten Alter von 15 bis 50 Jahren, teilweise sogar wesentlich älter. Nur sehr vereinzelt ist er mit ‚jüngeren Tannenbäumen und Laubbäumen’ bepflanzt. Für den bei weitem größten Teil der gezäunten Fläche ist eine Gefährdung durch Rehwild keinesfalls gegeben, da diese Bäume dem Äser längst entwachsen und die allermeisten Bäume zu dick für das Verfegen durch den Rehbock sind (…).

Die vereinzelt (…) angesprochenen Fegeschäden sind selbstverständlich auch uns nicht entgangen. Allerdings ist es nicht zwingend, auf höhere Wildschäden zu schließen für den Fall, dass die Fläche nicht mehr gezäunt ist. Vielmehr ist gegenteilig davon auszugehen, dass durch vorübergehendes ‚Einsperren’ des Rehwildes sogar Wildschäden provoziert werden. Denn das Rehwild befindet sich länger innerhalb des Zaunes bis zum Wiederauffinden des ‚Ausgangs’ als es bei ungezäunten Einständen der Fall ist. Es lebt also in einer Art zeitweiligem ‚Zwangshabitat’, in dem es artgemäß seinem Äsungs-(Verbiss-) und Revierverhalten (Fegeschäden) nachgeht, allerdings auf einer den Ansprüchen des Rehwildes nicht gerechten, limitierten Fläche. Bei einer weiteren Besichtigung am 29.07.2015 ist ein solches Reh innerhalb des Zaunes gesichtet worden.

Ebenfalls nicht richtig ist, dass das Wild lediglich über einen kurzen Zeitraum in die gezäunten Flächen gelangen konnte. Unsere Fotos von 2015 und 2014 beweisen, dass der Zaun seit längerer Zeit (mehrere Jahre) nicht mehr wilddicht war und im Übrigen immer noch nicht ist (…).

Ebenfalls konnten sog. Verbissschutzmanschetten an einzelnen Jungtannen gefunden werden, die vom Waldbesitzer wirkungsvoll angebracht wurden. Aufgrund der Position an verschiedenen Jungpflanzen konnte festgestellt werden, dass diese teilweise mindestens schon im letzten Jahr angebracht wurden. Auch dies bestätigt also, dass der Kläger zumindest bereits im letzten Jahr gewusst haben muss, dass sich Rehwild regelmäßig innerhalb der Zaunfläche befindet.

Das Vorhaben des Klägers, auf einen Mischwald zu setzen, entspricht den Anforderungen, die den Wäldern der Zukunft durch den Klimawandel gestellt werden wird. Ein Ersetzen einer Laubbaumart durch eine weitere Nadelart tut dies nicht. Das geäußerte Vorhaben, auf Teilflächen eine bereits etablierte Bestockung von Birke zu entnehmen und durch Tanne zu ersetzen, entspricht nicht der guten fachlichen Praxis. Es ist auch nicht plausibel hinsichtlich des vom Kläger angesprochenen wirtschaftlichen Standpunkts, da 15 Jahre Investition in Holzwachstum wieder auf Null zurückgesetzt werden.

Wir sehen darin vielmehr den Versuch, eine waldbauliche Situation zu konstruieren, die als Vorwand dient, eine nicht den Gesetzesnormen entsprechende Zaunfläche für weitere 7 Jahre aufrecht zu erhalten. Maximal wäre hier ein Zaun zum Schutz von Forstkulturen (…) auf Teilflächen gerechtfertigt. Wirtschaftlich sinnvoller wäre Einzelschutz, noch sinnvoller, es bei dem jetzt Vorhandenen zu belassen.

Die vom Kläger mehrfach angesprochenen Monokulturen (7x erwähnt) aus Fichte oder sonstigen Baumarten stehen in der Streitsache ohnehin nicht zur Debatte. Der vom Kläger angeführte Vergleich zu eben jenen ist nicht von Belang.(…)

Waldbaulich ist der Bestand vollbestockt, die forstwirtschaftliche Ausgangslage hervorragend, zusätzliche Pflanzungen sind aus fachlichen Gründen nicht notwendig. Das anvisierte Einbringen von 1000 Tannen und 1000 Lärchen ist auch aus Sicht eines ökologischen Waldbaus unnötig und unwirtschaftlich. Durch geschickte Pflegeeingriffe kann aus der vorhandenen Substanz ein artenreicher, gut gemischter und strukturreicher Bestand herausgebildet werden. Eine dauerhafte Einfriedung ist dazu nicht notwendig.

Wirtschaftliche Vorteile entstehen nicht durch die vollständige Umzäunung der Fläche, wie es vom Kläger angeführt wird, sondern durch konsequente Pflege und Entwicklung des bereits vorhandenen biologischen Kapitals. (…)“

Das Landratsamt legte sodann – erkennbar mit zu dem Zweck, sich dieser in inhaltlicher Auseinandersetzung mit den neuerlichen Einwendungen des Klägers (Schriftsatz vom 7. Oktober 2015) anzuschließen – im erstinstanzlichen Verfahren unter dem 28. Oktober 2015 eine weitere Stellungnahme des AELF L. a.d. I. mit u.a. folgendem Inhalt vor:

„1. Der Wald ist voll verjüngt, eine ganze Baumgeberation vollständig dem Äser des Rehwildes entwachsen, ein Zaun somit nicht mehr notwendig.

2. (…) Da eine Nachpflanzung fachlich nicht notwendig ist, besteht kein weiterer Anspruch auf ein derartiges privilegiertes Errichten bzw. Erhalten eines Zauns.

Aufgrund des freien Eigentumsrechts kann der Kläger durchaus sein Vorhaben, die schnell wachsenden Birken zu entfernen und mit Neupflanzungen wieder aufzufüllen, in die Tat umzusetzen; aber eben nicht mit dem Privileg eines Zauns, weil die umzäunte Fläche ein Vielfaches größer ist als die vorhandenen Birkengruppen, die er ersetzen möchte.

Im Übrigen sei forstfachlich angemerkt, dass es sich bei Birke keinesfalls um Unkraut handelt, sondern um eine ökologisch wie waldbaulich wertvolle Baumart, die durch ihre Streu den Standort ökologisch aufwertet und als Brennholz sogar im Heizwert die Fichte und Tanne übertrifft.

3. Wie ebenfalls bereits erwähnt, würde eine privilegierte Zäunung ggf. ohnehin nur für räumlich begrenzte Forstkulturen zutreffen, keinesfalls für ganze Waldungen unterschiedlichen Alters. Dass es technisch wie wirtschaftlich nicht möglich sei, kleinflächig bzw. einzeln zu schützen, ist fachlich nicht nachvollziehbar und auch auf der Fläche nicht ersichtlich.

4. Der Zaun ist seit mehreren Jahren undicht (…).

5. Ein Zaun ist nur ein Hilfsmittel in der Verjüngung von Wäldern, nicht der Standardfall. Im Übrigen kann der Kläger auch über die Jagdgenossenschaft, in der er als Grundstückeigentümer Mitglied ist, auf Abschusshöhen und somit auch auf den Verbiss einwirken.

6. (…..)“

Schließlich legte das Landratsamt nochmals im Anschluss an einen Schriftsatz des Klägers vom 24. November 2015 eine Stellungnahme des AELF vom 25. April 2016 vor, laut der der Zaun an zahlreichen Stellen nach wie vor undicht sei. Der Kläger unternehme nichts, um die Forstpflanzen vor Wildverbiss zu schützen. Die Fläche sei voll verjüngt, der Zaun aus forstwirtschaftlicher Sicht nicht mehr nötig. Der Kläger unternehme nichts in Bezug auf Zaunabbau oder -reparatur.

Schon anhand der vorgenannten schriftsätzlichen Reaktionen des Landratsamts auf die jeweiligen klägerischen Schriftsätze unter Übernahme der fachlichen Bewertungen des AELF zeigt sich, dass der Beklagte – auch wenn er im Ergebnis am streitgegenständlichen Bescheid festgehalten hat – im Laufe des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren sich mit den Einwendungen des Klägers ausführlich auseinandergesetzt hat und dabei das gegnerische Vorbringen auch zum Anlass für ein kritisches Überdenken der Entscheidung genommen hat. Dies ergibt sich auch aus der in der Niederschrift vermerkten Erklärung der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2016:

„Wir haben uns auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens noch einmal mit der Sache beschäftigt und eine weitere Stellungnahme des Forstamts zu dem vom Kläger dargelegten Konzept eingeholt. Wir haben uns dann entschieden, am Bescheid festzuhalten.“

Damit sind aber die materiellen Anforderungen an die Nachholung einer zunächst unterbliebenen Anhörung gewahrt, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist.

3. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Erstgericht sei zu Unrecht von der formellen Illegalität des Zaunes (Maßstab: Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO) und der mangelnden Genehmigungsfähigkeit (Maßstab: von § 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB) ausgegangen. Die diesbezüglich erhobenen Einwendungen des Klägers, auf die sich die Prüfung des Senats gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO beschränkt, sind zu unsubstanziiert bzw. vermögen inhaltlich die Richtigkeit des Urteils vom 26. Juli 2016 nicht in Zweifel zu ziehen.

Gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung einer Anlage (Art. 2 Abs. 1 BayBO) anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Hiernach genügt als tatbestandliche Voraussetzung der Befugnisnorm die bloße formelle Rechtswidrigkeit grundsätzlich nicht für eine auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützte Beseitigungsanordnung, vielmehr bedarf es im Falle einer formellen Illegalität darüber hinaus auch der Feststellung, dass durch eine nachträgliche Baugenehmigung ein rechtmäßiger Zustand nicht geschaffen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 18; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 76 Rn. 5, 8, 16).

Das Verwaltungsgericht hat sein hierzu gefundenes Ergebnis in Anwendung der vorgenannten rechtlichen Maßstäbe und gestützt auf die Fachexpertisen des AELF, das die Entbehrlichkeit des Zauns wiederholt bestätigt hat (s.o. 2.), in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils wie folgt umfassend begründet: Aus dem tatbestandlichen Erfordernis des „Dienens“ folge, dass die Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO nur solange angenommen werden könne, als die Einfriedung auch tatsächlich noch für den speziellen Schutzzweck erforderlich sei. So seien z.B. Forstkulturzäune nicht mehr zum Schutz von Forstkulturen insbesondere gegen Wildverbiss notwendig, wenn diese eine entsprechende Wuchshöhe erreicht hätten. Bleibe eine solche Einfriedung über diesen Zeitpunkt hinaus stehen, handele es sich baurechtlich gesehen um eine dann gem. Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, weil die ursprüngliche Zweckbestimmung der Anlage entfallen sei (vgl. hierzu Lechner/Busse in Simon/ Busse, BayBO, Stand: Mai 2017, Art. 57 Rn. 240). Die nach Ablauf der verfahrensfreien Zeit erforderliche Baugenehmigung könne in aller Regel nicht erteilt werden, weil eine Einfriedung, die ihren Schutzzweck erfüllt habe, dem forstwirtschaftlichen Betrieb auch nicht mehr i.S. von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BayBO diene. Auch wenn der Zaun vormals verfahrensfrei habe errichtet werden dürfen, bestehe nunmehr wegen formeller und materieller Illegalität die Befugnis zur Beseitigung. Auf Basis der nachvollziehbaren Stellungnahmen der zuständigen Forstbehörde stehe fest, dass die Voraussetzungen für einen Erhalt der Einfriedung zum Zweck des Schutzes von Forstkulturen nicht mehr vorlägen. Die vom Kläger im Anschluss an die Errichtung des Wildschutzzauns durchgeführte Wiederaufforstung sowie Verjüngung seines Waldbestandes sei mittlerweile im ausreichenden Umfang erfolgt. Es könne ferner davon ausgegangen werden, dass eine für das Jahr 2007 dokumentierte Nachpflanzung zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses eine entsprechende Wuchshöhe erreicht habe, sodass diese Pflanzen nicht mehr den Schäden durch Wildverbiss ausgesetzt seien. Die von der Einfriedung umzäunte Fläche sei zum damaligen Zeitpunkt wie auch zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vollkommen bestockt, die Anzahl der Bäume völlig ausreichend. Ein weiterer Schutz durch das Belassen des im Übrigen teilweise beschädigten Zauns sei demnach nicht mehr erforderlich. Zudem liege nach Meinung der Fachbehörde bereits eine „Überausstattung“ an Bäumen vor. Auch wenn sich – wie vom Kläger durch Lichtbilder dokumentiert und auch vom AELF berücksichtigt worden sei – auf dem Waldgrundstück eine Reihe natürlich nachgewachsener bzw. gesetzter Jungpflanzen befänden, die noch keine ausreichende Höhe hätten und demnach noch der Gefahr von Verbissen und Fegeschäden ausgesetzt seien, könnten nach der nachvollziehbaren Erläuterung der Fachbehörde besonders gefährdete Einzelpflanzen, sofern der Kläger dies für erforderlich halte, durch wirtschaftlich zumutbare Einzelschutzmaßnahmen (z.B. Einzäunung kleinerer Teilflächen) gesichert werden. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit des die volle Grundstücksfläche umgebenden Zauns könne nicht auf den Schutz einzelner Bäume vor Pflanzenverbiss und Fegeschäden abgestellt werden, solange der Baumbestand – wie hier – wiederaufgeforstet und verjüngt worden sei und dies eine forstwirtschaftliche Bewirtschaftung erlaube. Auch im Lichte der Verfassungsbestimmung des Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung seien die Kriterien für die Errichtung der Erforderlichkeit eines verfahrensfreien Zaunes im Außenbereich restriktiv auszulegen und der Bestand einer solchen Einfriedung auf den unbedingt erforderlichen Zeitraum zu beschränken (zur gebotenen verfassungskonformen engen Auslegung des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO als Ausnahmetatbestand vgl. BayVGH, U.v. 1.7.1971 – 75 II 67 – BayVBl. 1971, 472/473; U.v. 8.2.1977 – 25 XV 75 – nicht veröffentlicht; Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Stand: Mai 2017, Art. 57 Rn. 231, 237). Die Gegenansicht des Klägers führe dazu, dass eine Waldfläche von mehr als 3 ha über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren dem freien Betreten sowie dem Wildwechsel entzogen wäre. Ein „vernünftiger Forstwirt“, an dem die Behörde ihre Entscheidung ausrichten könne, sei vielmehr gehalten, eine Maßnahme zu einem zeitlich hinnehmbaren Abschluss, der ein Entfernen des Zauns erlaube, zu bringen. Im Übrigen sei die Herstellung rechtmäßiger Zustände auf andere Weise als durch die Beseitigung nicht möglich, da die im Außenbereich gelegene Einfriedung bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Da keine Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 BauGB vorliege, richte sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 Abs. 2 BauGB. Das sonstige Vorhaben beeinträchtige den öffentlichen Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft sowie das Landschaftsbild (vgl. ebenso: BayVGH, U.v. 1.7.1971 a.a.O.; U.v. 4.3.1975 – 114 II 73 – nicht veröffentlicht; U.v. 28.1.1976 – 113 II 73 – nicht veröffentlicht; U.v. 8.2.1977 a.a.O.; U.v. 13.5.1993 – 26 B 90.3626 – nicht veröffentlicht; B.v. 3.2.2004 – 14 CS 03.2874 – juris Rn. 16; VG Ansbach, U.v. 1.9.2010 – AN 9 K 10.00613 – juris Rn. 40; Lechner/Busse a.a.O. Art. 57 Rn. 240).

Mit seinem Vortrag in der Zulassungsbegründung hat der Kläger den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 26. Juli 2016 nicht Substanziiertes entgegenzusetzen, was die Richtigkeit der dortigen Rechtsfindung i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Frage stellen könnte. Sein Vortrag genügt inhaltlich nicht den Anforderungen an das Gebot der Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dieses erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund (s.o. 1.) eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 8 m.w.N.). Dem werden die Ausführungen des Klägers im Zulassungsverfahren nicht gerecht.

a) In seiner – rechtzeitig innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgelegten – Zulassungsbegründung vom 12. Oktober 2016 begrenzt sich der Sachvortrag des Klägers im Wesentlichen auf den Einwand, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass sukzessive immer wieder Ausschlagungen und Neuanpflanzungen in nicht unerheblichem Umfang vorgenommen worden seien und dass es bei dieser Art der Waldbewirtschaftung notwendig sei, einen Schutzzaun zum Schutz der Forstkultur aufrechtzuerhalten. Jedenfalls hinsichtlich der Neuanpflanzungen aus den Jahren 2013, 2014 und 2015 könne die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass wegen Erreichens der Wuchshöhe der Bäume dem Erfordernis des „Dienens“ zum Schutze einer Erstaufforstung nicht mehr Genüge getan wäre, nicht zutreffen. Mit diesen knappen Ausführungen wiederholt der Kläger im Wesentlichen lediglich seine bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente und setzt sich nicht detailliert mit den ausführlichen Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, die ihrerseits auf die diversen, im behördlichen und gerichtlichen Verfahren vorgelegten fachlichen Stellungnahmen des AELF rekurrieren (s.o.), auseinander. Auch die Ergänzungen im Schriftsatz vom 25. Januar 2017 vermögen – unabhängig davon, dass diese ohnehin erst nach Ablauf der Begründungsfrist gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof erfolgten – das gebotene Maß an Substanziiertheit zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht herbeizuführen. Mit dem Argument, dass Nachpflanzungen noch nicht „dem Äser des Rehwildes entwachsen“ seien, hat sich das Verwaltungsgericht auch unter Verwertung der Stellungnahmen des AELF intensiv befasst. Dasselbe gilt für die vom Kläger vorgetragene Art der Waldbewirtschaftung (sukzessive Ersetzung von gewachsenem Baumbestand durch Neuanpflanzungen – stetige „Verjüngung“). Die vom Verwaltungsgericht unter Auswertung der Stellungnahmen des AELF angenommene Überbestockung des Baumbestandes im eingezäunten Bereich wird vom Kläger ohne weiteren konkreten fundierten Gegenvortrag in der Sache lediglich pauschal bestritten.

Insbesondere hat sich der Kläger im gesamten Zulassungsverfahren nur oberflächlich und ohne wirklich sachliche Auseinandersetzung mit den auf die fachlichen Stellungnahmen des AELF rekurrierenden Argumenten des Erstgerichts, mit denen es den Wegfall der funktionsbezogenen „Dienlichkeit“ als Schutzzaun begründet hat, auseinandergesetzt. Für das Vorliegen des sowohl für Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO als auch für § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB tatbestandlichen Erfordernisses des „Dienens“ ist entscheidend, ob ein „vernünftiger“ Betriebsinhaber (hier: ein vernünftiger Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebs) auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (speziell für Einfriedungen vgl. BayVGH, U.v. 4.3.1975 a.a.O.; U.v. 8.2.1977 a.a.O.; VG Ansbach, U.v. 1.9.2010 a.a.O. juris Rn. 36 f.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 57 Rn. 46; Lechner/Busse a.a.O. Art. 57 Rn. 231; Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: September 2017, Art. 57 Rn. 95; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Stand: Februar 2017, Art. 57 Rn. 149). In diesem Rahmen ist – wie seitens des Verwaltungsgerichts unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des AELF erfolgt – u.a. zu hinterfragen, ob Drahtgeflechte und andere Schutzabgrenzungen an den Einzel-/Jungpflanzen oder an Gruppen von Einzel-/Jungpflanzen genügen (vgl. BayVGH, U.v. 1.7.1971 a.a.O.; U.v. 4.3.1975 a.a.O.), zumal nach der Rechtsprechung das Vorhandensein einzelner Kulturen / Jungwuchsbestände sowie das Anpflanzen nur einzelner Waldbäume die Einfriedung ganzer Waldstücke nicht rechtfertigen (vgl. BayVGH, U.v. 1.7.1971 a.a.O.; VG Ansbach, U.v. 1.9.2010 a.a.O. juris Rn. 29; Molodovsky a.a.O. Art. 57 Rn. 95, 100; Lechner/Busse a.a.O. Art. 57 Rn. 237; Jäde a.a.O. Art. 57 Rn. 145). Der Kläger unterlässt es hingegen, sich auf diese Diskussion inhaltlich einzulassen, indem er insbesondere unter Berufung auf sein Eigentumsgrundrecht (Art. 14 GG) pauschal darauf verweist, es spiele keine Rolle, ob seine Nachpflanzungen erforderlich seien, es sei seine persönliche Entscheidung, wie sein Wald vernünftig bewirtschaftet werde. Aus seiner Sicht stelle es eine enteignende Maßnahme dar, wenn ihm „die Forstideologie“ des AELF aufgezwungen werden könnte; insofern müsse auch das Waldbetretungsrecht in ein vernünftiges Verhältnis zum Schutz von Neuanpflanzungen gestellt werden. Der Kläger übersieht dabei, dass gesetzliche Regelungen wie Art. 76 Satz 1 BayBO sowie Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b) BayBO und § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB Inhalt und Schranken des Eigentumsgrundrechts gerade im Interesse konfligierender (insbesondere: öffentlicher) Belange i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmen.

b) Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht hätte nicht ohne Weiteres den Ausführungen des AELF, das selbst „Partei“ sei, folgen dürfen, sondern hätte – wie angeregt worden sei – ein Sachverständigengutachten darüber einholen müssen, ob es bei der Waldbewirtschaftungsart des Klägers notwendig sei, einen Schutzzaun zum Schutz der Forstkultur aufrechtzuerhalten, vermag dies weder unter dem Gesichtspunkt „ernstlicher Zweifel“ i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch unter dem Gesichtspunkte eines (insofern ggf. andeutungsweise der Sache nach geltend gemachten) Zulassungsgrunds gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel) die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann grundsätzlich nicht auf die Rüge, das Erstgericht habe den entscheidungsrelevanten Sachverhalt – hier mit Blick auf die Würdigung der fachlichen Expertisen des AELF – falsch gewürdigt, gestützt werden. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt daher (nur) vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweisbzw. Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO daher allenfalls dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2016 – 15 ZB 16.168 – juris Rn. 8 m.w.N.). Dass solche schwerwiegenden Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hier vorliegen, zeigt der Kläger nicht substanziiert auf.

Insbesondere war es dem Verwaltungsgericht nicht verwehrt, sich die erforderliche Sachkunde hinsichtlich entscheidungserheblicher Tatsachen durch die Verwertung der von dem Beklagten vorgelegten fachlichen Äußerungen des AELF zu verschaffen (BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 68 m.w.N.). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Das ist jedoch ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2016 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Ein schriftsätzlicher „Beweisantrag“ ist, soweit eine mündliche Verhandlung stattfindet, eine bloße Ankündigung eines Beweisantrages bzw. eine Beweisanregung, die die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht auszulösen vermag. Aufgrund der umfangreichen fachlichen Äußerungen des AELF ist im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich, inwiefern sich dem Verwaltungsgericht mit Blick eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen sollen (vgl. BVerwG‚ B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – BRS 79 Nr. 73 (2012) = juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 14.2.2014 – 8 B 69/13 – juris Rn. 13; vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26; B.v. 29.8.2017 – 1 ZB 15.2013 – juris Rn. 10; B.v. 4.9.2017 – 6 ZB 17.1325 – juris Rn. 16), zumal der Kläger die fachlichen Aussagen des AELF nicht durch substanziiertes Aufzeigen erheblicher Fehler in Frage gestellt bzw. „erschüttert“ hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 68 m.w.N.).

c) Soweit der Kläger einwendet, eine Komplettbeseitigung sei – auch am Maßstab eines „vernünftigen Forstwirts“ – nicht gerechtfertigt, weil durch eine Anordnung von Teilbeseitigungen als milderes Mittel die Herstellung eines rechtmäßigen Zustands hätte erreicht werden können, wird aus der Zulassungsbegründung nicht verständlich, inwiefern – insbesondere genau wo und in welchem Umfang – das Stehenbleiben eines Teils des Zauns am Maßstab der angesprochenen Rechtsvorschriften geboten oder gerechtfertigt sein könnte. Auch insofern genügt der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht ordnungsgemäß ermittelt und nicht ordnungsgemäß unter die einschlägigen Vorschriften subsumiert, nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Es wäre im Zulassungsverfahren Sache des Klägers gewesen, durch eindeutige Aussagen gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof (ggf. unter Vorlage entsprechender Pläne bzw. Skizzen) darzulegen, in welchen genauen Teilbereichen der Zaun stehen zu bleiben habe, weil er jedenfalls genau dort – etwa am Maßstab von Art. 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB – bauplanungsrechtlich zulässig sei. Er kann es im Zulassungsverfahren nicht dem Verwaltungsgerichtshof überlassen nachzuprüfen oder zu mutmaßen, ob aus der im Ganzen gesehen formell und materiell illegalen Zaunanlage einzelne Teile abgeschichtet werden können, die lokal begrenzt als Bestandteil einer dort womöglich zulässigen kleinräumigen Einzäunung dienen (vgl. VG Ansbach, U.v. 31.1.2001 – AN 18 S. 01.00080 – juris Rn. 30, 31; U.v. 10.7.2002 – AN 18 K 01.00544 – juris Rn. 31, 32) und ggf. dort den Privilegierungstatbeständen gem. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b) BayBO und § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unterfallen könnten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.). Sie folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO)

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller den in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. September 2014 weiter.

Der Antragsteller ist Halter der am 13. Oktober 2009 geborenen American Staffordshire Terrier Mischlingshündin „Keesha“. Auf seinen Antrag erließ die für den damaligen Wohnort des Antragstellers zuständige Verwaltungsgemeinschaft H. auf der Grundlage eines Gutachtens des Sachverständigen für Hundewesen M. vom 15. Januar 2011 zur Haltung der Hündin des Antragstellers „Keesha“ einen bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 3. März 2011. Darin wurde dem Antragsteller gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG die Erlaubnis zur Haltung seiner Hündin „auf dem Grundstück Goethestraße 16, L.“ erteilt (Nr. I) sowie angeordnet, dass der Antragsteller dafür Sorge zu tragen habe, dass die Hündin auf öffentlichem Grund innerhalb der bebauten Ortschaft stets an einer reißfesten Leine von höchstens 1,5 m Länge mit schlupfsicherem Halsband geführt werde (Nr. II.), er zu gewährleisten habe, dass die Hündin das Halteranwesen Goethestraße 16, L., nicht selbstständig unbeaufsichtigt verlassen könne (Nr. III.) und das Ausführen der Hündin nur durch körperlich geeignete erwachsene Personen erfolgen dürfe, die mit dem Verhalten des Hundes vertraut und in der Lage seien, sicher auf das Tier einzuwirken (Nr. IV). Darüber hinaus wurde dem Antragsteller eine Aggressionsausbildung der Hündin sowie ein sonstiges Hervorrufen oder Fördern aggressiver Verhaltensweisen untersagt (Nr. V.) und schließlich verfügt, dass die Hündin im Falle eines Besitzerwechsels oder einer veränderten Wohnsituation einem neuerlichen Wesenstest zu unterziehen sei (Nr. VI.).

Nach dem Umzug des Antragstellers in das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, der Mitteilung eines Beißvorfalls mit seiner Hündin und nach erfolgter Anhörung des Antragstellers stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 8. September 2014 fest, dass die (unter anderem mit Rasse und Geburtsdatum näher bezeichnete) Hündin „Keesha“ nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG „der Erlaubnispflicht unterliegt“. Weiter wurde aufgrund Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG für die Hündin „Keesha“ eine Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung angeordnet (Nr. II.), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Nr. II. auferlegte Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro angedroht (Nr. III.) sowie die sofortige Vollziehung der Nr. I. bis II. des Bescheids angeordnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die dem Antragsteller mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft H. vom 3. März 2011 erteilte Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG beziehe sich nur auf das (frühere) Haltergrundstück Goethestraße 16, L. Aufgrund des Umzugs des Antragstellers sei nunmehr jedoch eine neue Erlaubniserteilung nach Art. 37 Absatz 1 LStVG durch die Antragsgegnerin erforderlich. Der Antragsteller könne jedoch kein berechtigtes Interesse zur Haltung seiner Hündin nachweisen. Die bisherige Dauer der rechtmäßigen und beanstandungsfreien Haltung der Hündin begründe für sich ebenso wenig ein solches berechtigtes Interesse wie die soziale Bindung an den Hund. Der Erlass der Anordnung unter Nr. II. stütze sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG und entspreche pflichtgemäßen Ermessen. Das private Interesse des Antragstellers an der Hundehaltung müsse gegenüber dem erheblichen Interesse der Allgemeinheit zur Verhütung von Gefahren durch einen Kampfhund der Kategorie I für Leben, Gesundheit und Eigentum zurücktreten. Die sofortige Vollziehung der Nr. II. des Bescheids werde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass gerade in der Zeit zwischen Erlass des Bescheids und dem Eintritt der Bestandskraft Schäden an Gesundheit, Leben oder Eigentum der Allgemeinheit durch die Hündin einträten.

Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 24. September 2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. September 2014 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. September 2015 abgelehnt. Es könne dahinstehen, ob der Antrag hinsichtlich der Klage gegen Nr. I. (Feststellung der Erlaubnispflicht) zulässig sei, nachdem sich die Erlaubnispflicht aus dem Gesetz ergebe und der Nr. I. insoweit wohl nur deklaratorische Wirkung zukomme. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet, weil der angefochtene Bescheid bei summarischer Überprüfung voraussichtlich rechtmäßig sei. Der Hund des Antragstellers sei ein Kampfhund im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG. Die somit für die Haltung des Hundes erforderliche Erlaubnis der zuständigen Gemeinde besitze der Antragsteller nicht. Die Erlaubnis zur Haltung der Hündin „Keesha“ der vormals örtlich zuständigen Verwaltungsgemeinschaft H. sei erkennbar nur zur Haltung auf dem dort bezeichneten Grundstück Goethestraße 16, L., erteilt worden und besitze daher keine bayernweite Geltung. Diese Erlaubnis sei vielmehr mit dem Umzug des Antragstellers gegenstandslos geworden. Ein berechtigtes Interesse zur Haltung von Kampfhunden nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG besitze der Antragsteller, der das Tier letztlich aus Liebhaberei halte, nicht. Der Antragsteller habe mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut der ihm durch die Verwaltungsgemeinschaft H. erteilten Erlaubnis auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihm auch andernorts eine Erlaubnis zur Haltung des Tieres erteilt werde. Zu Recht sei dem Antragsteller die Haltung seiner Hündin untersagt und deren Abgabeverpflichtung angeordnet worden. Die Entscheidung stütze sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 LStVG. Bereits die formelle Illegalität einer Kampfhundehaltung stelle eine von der Sicherheitsbehörde zu unterbindende oder zu verhindernde Gefahr dar. Private Interessen des Antragstellers hätten insoweit zurückzutreten.

Zur Begründung seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, eine gesetzliche Befugnis der Antragsgegnerin für den feststellenden Verwaltungsakt in Nr. I. des angefochtenen Bescheids gebe es nicht; weder Art. 7 Abs. 1 oder 2 noch Art. 18 Abs. 2 LStVG ermächtigten hierzu. Die Antragsgegnerin habe mit der Nr. I. des Bescheids eindeutig eine feststellende Regelung treffen wollen, was auch in der Anordnung des Sofortvollzugs der Nr. I. zum Ausdruck komme. Die erhobene Klage entfalte auch bei feststellenden Verwaltungsakten aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Zwar gehöre die Hündin des Antragstellers unstreitig zur Rasse American Staffordshire Terrier. Der Antragsteller halte seine Hündin jedoch nicht unerlaubt. Die ihm mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft H. vom 3. März 2011 auf der Grundlage des Art. 37 LStVG erteilte Erlaubnis sei bestandskräftig geworden und gelte bayernweit. Sie sei entgegen einer missverständlichen Formulierung in Nr. I. des Bescheids nicht nur auf das damalige Wohngrundstück des Antragstellers bezogen gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang und den weiteren Anordnungen des Bescheids. Diese Erlaubnis sei daher mit dem Umzug des Antragstellers auch nicht gegenstandslos geworden. Nach der Nr. VI. des Bescheids vom 3. März 2011 sei bei einem Wohnortwechsel allenfalls ein neuer Wesenstest bei der Hündin durchzuführen. Im Übrigen sei die Erlaubnis aber bestandskräftig. Die Haltungsuntersagung sei jedenfalls unverhältnismäßig, da ein solcher neuer Wesenstest ein milderes Mittel darstelle. Unabhängig davon hätte der Antragsteller auch einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer erneuten Erlaubnis zur Haltung seiner Hündin. Der unbestimmte Rechtsbegriff „berechtigtes Interesse“ in Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG müsse unter Berücksichtigung der Grundrechte und insbesondere des Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ausgelegt werden. Demgemäß ergebe sich aus der mehrjährigen erlaubten und unbeanstandeten Haltung der Hündin das erforderliche berechtigte Interesse des Antragstellers. Weiterhin ergebe sich ein solches Interesse daraus, dass der Antragsteller die Hündin aus dem Tierheim übernommen habe und daher das Staatsziel Tierschutz, das in Art. 20a GG und Art. 141 Abs. 1 Satz 2 BV zum Ausdruck komme, bei der Auslegung und Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs zu berücksichtigen sei. Zahlreiche andere Gesetz- und Verordnungsgeber, so z. B. auch § 4 Abs. 2 LHundG NRW, würden bei einer Vermittlung eines Hundes aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson ein berechtigtes Interesse aus Tierschutzerwägungen anerkennen. Die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 2 LStVG lägen unstreitig vor. Damit seien aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haltungsuntersagung nicht gegeben. Jedenfalls sei das Verbot ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Im Übrigen sei nach der langen Verfahrensdauer auch kein besonderes öffentliches Interesse im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO mehr zu erkennen.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 16. November 2015 entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Ergänzend wird auf die beigezogene Behördenakte sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der mit der Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen ergibt sich nicht, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen.

Der vom Antragsteller angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. September 2014 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bezüglich der in Nr. I. getroffenen Feststellung, dass die Hündin „Keesha“ der Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG unterliege, mit hoher bzw. jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig (1.). Bezüglich der in Nr. II. angeordneten Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes dagegen nicht eindeutig beantworten (2.). Die auf der Grundlage dieses Befunds erforderliche Interessenabwägung führt gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen diese Verfügungen nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verfügungen das private Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt (3.).

1. Die in Nr. I. des streitbefangenen Bescheids durch die Antragsgegnerin getroffene Feststellung der Erlaubnispflicht der Haltung der Hündin „Keesha“ ist als feststellender Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG zu qualifizieren. Den dafür erforderlichen Regelungscharakter weist die durch die Antragsgegnerin als dafür zuständige Sicherheitsbehörde getroffene Feststellung auf, weil die Antragsgegnerin mit der in Nr. I. des Bescheidstenors aufgenommenen Feststellung nach ihrem objektiven Erklärungswert (entsprechend §§ 133,157 BGB) eine rechtsverbindliche und damit regelnde Feststellung der Rechtslage bzw. hier der Pflichten des betroffenen Antragstellers dahingehend getroffen hat, dass die Haltung der Hündin „Keesha“ der gesetzlich bestimmten Erlaubnispflicht für die Haltung eines Kampfhundes nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG unterfällt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 5.11.2009 - 4 C 2.09 - juris Rn. 14 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Aufl. 2014, § 35 Rn. 24 f., 88 ff.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014 Rn. 219 f.). So hat die Antragsgegnerin nicht nur durch die Aufnahme dieser Feststellungen in den Tenor ihres Bescheids vom 8. September 2014 erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass ihrer Feststellung auch eine feststellende Regelungsqualität zukommen soll. Sie hat dies, worauf der Antragsteller zu Recht hinweist, vielmehr auch dadurch dokumentiert, dass sie für ihre Feststellung in Nr. I. unter Nr. IV. des Bescheids die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Diese Feststellung ist (wohl) darauf gerichtet, auch im Hinblick auf die Einlassung des Antragstellers im Anhörungsverfahren, dass sein „Hund aufgrund seines Wesens kein Kampfhund, sondern ein ganz liebes Tier“ sei, die abstrakt-generelle Regelung des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG gegenüber dem Antragsteller als Halter der Hündin verbindlich zu konkretisieren (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 15) und damit festzulegen, dass seine Hündin dieser Erlaubnispflicht unterliegt.

Eine darüber hinausgehende rechtsverbindliche Festlegung der Gestalt, dass die dem Antragsteller zuvor durch die Verwaltungsgemeinschaft H. erteilte Erlaubnis für die Haltung seiner Hündin aufgrund seines Umzugs nicht mehr wirksam ist und der Antragsteller deshalb einer (erneuten) Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG durch die Antragsgegnerin bedarf, ist der Feststellung in Nr. I. des Bescheids bei objektiver Würdigung dieser Erklärung allerdings nicht zu entnehmen. Vielmehr hat die Antragsgegnerin die Feststellung, dass die frühere Erlaubnis in ihrem Gemeindegebiet keine Wirksamkeit mehr entfaltet, inzident (erst) im Rahmen der Begründung der Anordnungen in Nr. II. des Bescheids (Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung) getroffen.

Die Rüge des Antragstellers, die Antragsgegnerin könne sich für ihren feststellenden Verwaltungsakt nicht auf eine dafür erforderliche gesetzliche Ermächtigung bzw. Befugnisnorm (s. Art. 7 Abs. 1 LStVG) stützen, weshalb die aufschiebende Wirkung seiner Klage (s. § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO) schon deshalb wiederhergestellt werden müsse, greift nicht durch. Zum einen ist bereits fraglich, ob es im konkreten Fall überhaupt einer besonderen gesetzlichen Grundlage (Ermächtigung) für die Feststellung in Nr. I. des Bescheids der Antragsgegnerin bedarf, da der Antragsteller auch in der Beschwerdebegründung ausdrücklich zugesteht, dass seine Hündin zur Rasse der American Staffordshire Terrier und damit gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 und 2 LStVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 (GVBl S. 268; BayRS 2011-2-7-I) zu den Hunden gehört, für die die Eigenschaft als Kampfhund stets (und unwiderleglich) vermutet wird. Damit hat aber die Antragsgegnerin in Nr. I. ihres Bescheids etwas festgestellt, was letztlich auch der Rechtsauffassung des betroffenen Antragstellers inhaltlich entspricht und sich deshalb für ihn aus diesem Grund (wohl) nicht als eine Rechtsbeeinträchtigung darstellt (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 35 Rn. 24; BVerwG, U. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 - NJW 1986,1120; U. v. 22.10.2003 - 6 C 23.02 - juris Rn. 14). Zum anderen muss eine Ermächtigungsgrundlage - soweit man eine solche auch im konkreten Fall als erforderlich ansehen würde - jedenfalls nicht ausdrücklich vorliegen; vielmehr genügt es, wenn sie durch entsprechende Auslegung des Gesetzes ermittelt werden kann (BVerwG, U. v. 22.10.2003 - 6 C 23.02 - juris Rn. 14 m. w. N.). Dies ist aber hier der Fall. Denn jedenfalls die sicherheitsbehördliche Ermächtigung gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 LStVG zum Erlass von Anordnungen zur Verhütung oder Unterbindung des Ordnungswidrigkeitentatbestandes (s. Art. 1 Abs. 2 LStVG) der Haltung eines Kampfhundes ohne die erforderliche Erlaubnis umfasst als Minus auch die Befugnis zur rechtsverbindlichen Feststellung, dass die Haltung eines Hundes der gesetzlich bestimmten Erlaubnispflicht des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG unterfällt.

2. Die in Nr. II. des streitbefangenen Bescheides angeordnete Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung erweist sich bei summarischer Prüfung dagegen weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig.

Wird ein Kampfhund ohne die erforderliche Erlaubnis gehalten, ist der Ordnungswidrigkeitentatbestand nach Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 LStVG erfüllt und es kann von der zuständigen Sicherheitsbehörde zur Verhütung oder Unterbindung dieser rechtswidrigen Tat nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG die weitere Haltung untersagt werden. Ob diese Voraussetzungen im Fall des Antragstellers vorliegen, ist allerdings offen.

Ohne die erforderliche Erlaubnis hält der Antragsteller seine Hündin nur, wenn die ihm mit bestandskräftig gewordenem Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft H. vom 3. März 2011 erteilte Erlaubnis gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG zur Haltung seiner Hündin „Keesha“ nicht mehr wirksam ist. Bei der sowohl sach- als auch personenbezogenen Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes (vgl. Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, Bayrisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG -, Stand: September 2014, Art. 37 Rn. 57) handelt die zuständige Gemeinde als Sicherheitsbehörde grundsätzlich im übertragenen Wirkungskreis, weil diese Entscheidung in ihrer Auswirkung und Tragweite, jedenfalls was ihren personenbezogenen Regelungsgehalt angeht (berechtigtes Interesse, Zuverlässigkeit des Halters) grundsätzlich unabhängig vom Aufenthaltsort des Hundes und damit nicht auf das jeweilige Gemeindegebiet beschränkt ist (vgl. Luderschmid, a. a. O., Rn. 45; VG München, B. v. 14.11.2003 - 22 S 03.1253 - juris Rn. 49 m. w. N.; VG Ansbach, U. v. 6.12.2001 - AN 5 K 00.01170 - juris Rn. 20; zur auf die Wesenseigenschaft des Hundes bezogenen Erteilung eines Negativattests nach § 1 Abs. 2 KampfhundeV vgl. BayVGH, B. v. 6.7.2012 - 10 CS 12.1367 - juris Rn. 25). Damit entfaltet eine solche Einzelfallentscheidung einer Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis aber grundsätzlich Geltung über das Gemeindegebiet hinaus für das gesamte Gebiet des Freistaats Bayern.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Gemeinde die sachliche und örtliche Reichweite ihrer Entscheidung (hier: Erlaubniserteilung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG) z. B. wegen der besonderen Bedeutung der örtlichen Situation ausdrücklich und eindeutig auf ihren Gemeindebereich beschränkt hat. Von einer solchen räumlichen Beschränkung der dem Antragsteller durch die Verwaltungsgemeinschaft H. erteilten Erlaubnis zur Haltung seiner Hündin auf das konkrete Haltergrundstück Goethestraße 16, L., sind die Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid und ihr folgend auch das Verwaltungsgericht ausgegangen mit der Folge, dass diese Erlaubnis mit dem Umzug des Antragstellers in das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin keine Wirksamkeit mehr entfalten würde. Ob diese Auslegung des Bescheids der Verwaltungsgemeinschaft H. vom 3. März 2011 vor allem wegen der entsprechenden Formulierung in Nr. I. des Bescheidstenors „auf dem Grundstück Goethestraße 16, … L., zu halten“ nach dem objektiven Erklärungswert (entsprechend §§ 133,157 BGB) oder vielmehr die Auffassung des Antragstellers zutrifft, unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs des Bescheids vom 3. März 2011 und insbesondere der folgenden Anordnungen in Nr. II. bis VI. (sowie der Bescheidsgründe) sei eine räumliche Beschränkung der Haltererlaubnis (gleichwohl) nicht erfolgt, bedarf der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren. Sachliche Gründe für eine räumliche Beschränkung der Haltererlaubnis sind den Gründen dieses Bescheids nicht zu entnehmen. Andererseits schließen sich eine solche räumliche Beschränkung der Haltererlaubnis und die weiteren Anordnungen zur Haltung der Hündin in Nr. II. bis VI. des Bescheids nicht, wie der Antragsteller meint, von vornherein gegenseitig aus, weil der Antragsteller bei einer Beschränkung der Haltung auf das (damalige) Wohngrundstück „den Hund gar nicht ausführen“ hätte dürfen. Denn Art. 37 LStVG schützt vor Gefahren, die aus der dauerhaften Haltung eines Kampfhundes vor Ort resultieren (vgl. Luderschmid, a. a. O., Rn. 42); demgemäß würde eine örtlich beschränkte Haltererlaubnis ein kurzfristiges Ausführen des Hundes oder Verlassen des Ortes bzw. des Halteranwesens nicht etwa ausschließen.

Ist demnach bereits offen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für die streitbefangene Halteruntersagung vorliegen, bedarf es keiner näheren Erörterung mehr, ob die Antragsgegnerin bei dieser Anordnung das ihr gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt (s. Art. 40 BayVwVfG) und insbesondere auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) beachtet hat. Darauf hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang lediglich zur Klarstellung, dass nach zutreffender Rechtsauffassung des Erstgerichts für die Haltungsuntersagung regelmäßig bereits die sogenannte formelle Illegalität genügt. Im Übrigen lässt sich grundsätzlich auch weder aus dem vom Antragsteller angeführten Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) und der bisherigen erlaubten und unbeanstandeten Haltung seiner Hündin noch aus der sehr allgemeinen bzw. pauschalen Berufung auf das Staatsziel Tierschutz (Art. 20a GG, Art. 141 Abs. 1 Satz 2 BV) und auf entsprechende Vorschriften anderer Bundesländer zur Hundehaltung ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG herleiten (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 2.6.2014 - 10 ZB 12.2320 - juris Rn. 5 f.).

3. Ist die Haltungsuntersagung in Nr. II. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 8. September 2014 danach weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, führt die erforderliche Interessenabwägung gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage auch gegen diese Verfügung nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der alsbaldigen Beendigung der Hundehaltung durch den Antragsteller dessen Interesse, seine Hündin „Keesha“ (vorläufig) weiter zu behalten, überwiegt. In diese Abwägung darf zunächst eingestellt werden, dass für die Hündin des Antragstellers eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit besteht. Weiter kommt im vorliegenden Fall erschwerend hinzu, dass die Hündin des Antragstellers im November 2013 - ob von dem anderen beteiligten Hund provoziert oder nicht - in einen Beißvorfall verwickelt war, so dass dem durch Art. 37 LStVG verfolgten Schutz von Menschen und Tieren vor schwerwiegenden Verletzungen durch besonders aggressive Hunde (vgl. Luderschmid, a. a. O., Rn. 1) auch unter diesem Blickwinkel eine besonders hohe Bedeutung zukommt. Zwar stellt die (vorläufige) Abgabe seiner Hündin für den Antragsteller eine gravierende Beeinträchtigung dar. Andererseits hat sich die vom Gesetzgeber bei Kampfhunden unwiderleglich vermutete gesteigerte Gefährlichkeit bei der Hündin des Antragstellers bereits einmal realisiert, so dass jedenfalls in Situationen, die von „Keesha“ als Angriff empfunden werden, jederzeit mit weiteren Beißvorfällen und damit erheblichen Gefahren für Menschen und Tiere gerechnet werden muss. Weder der im Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft H. vom 3. März 2011 angeordnete Leinenzwang noch der Einfluss des Antragstellers haben in der konkreten Situation offensichtlich ausgereicht, dass Zubeißen der Hündin des Antragstellers, die nach einer bei den Akten befindlichen Schilderung des Vorfalls ihr Maul auch nicht mehr von selbst geöffnet hat (vgl. Bl. 20 der Behördenakte), zu verhindern. Nach alledem wiegt die Beeinträchtigung der Freiheit des Antragstellers durch die vorläufige Abgabe der Hündin letztlich weniger schwer als die mögliche Gefährdung der Gesundheit von Menschen und Tieren bei erneuten Beißvorfällen mit der Kampfhündin des Antragstellers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Soweit die Beteiligten das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Nr. 1, 2 und 10 des Bescheids der Antragsgegnerin v. 7.8.2017), wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

IV. In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 25. Oktober 2017 wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 10.491,95 Euro festgesetzt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.991, 95 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz überwiegend erfolglosen Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. August 2017 weiter.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid traf die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller eine Reihe von sofort vollziehbaren Anordnungen bezüglich seiner inzwischen abgegebenen Rottweilerrüden „A“ und „M“. In Nrn. 1 und 2 des Bescheids werden die am 11. September 2012 für die Hunde erteilten Negativzeugnisse widerrufen. In Nr. 3 wird dem Antragsteller ab sofort die Haltung und Wiederinbesitznahme von Hunden jeder Art, insbesondere von „A“ und „M“ untersagt.

Nr. 4 enthält eine Betreuungsuntersagung für Hunde jeder Art, insbesondere „A“ und „M“. In Nr. 5 wird er verpflichtet, die am 7. August 2017 erfolgte Sicherstellung der beiden Hunde und deren Unterbringung im Tierheim B. zu dulden. In Nr. 6 des Bescheids wird dem Antragsteller auferlegt, Kosten in Höhe von 983,89 Euro zu erstatten, die für die Wesenseinschätzung der Hunde entstanden sind, um die Anordnungen in Nr. 3 bis 5 zu treffen. Nr. 7 regelt die Kostentragungspflicht für die Unterbringung und etwaige tierärztliche Behandlungen im Tierheim. Nr. 8 enthält eine Zwangsgeldandrohung, falls der Antragsteller der Nr. 3 oder 4 des Bescheids zuwider handelt. Nr. 9 räumt ihm die Möglichkeit ein, seine beiden Hunde getrennt voneinander an geeignete Personen abzugeben. Nr. 10 bestimmt, dass er vorab den jeweiligen Empfänger des betreffenden Hundes unter Angabe der vollständigen Adresse schriftlich zu benennen und einen gültigen Übergabe- bzw. Kaufvertrag vorzulegen hat. Nr. 11 enthält eine Zwangsgeldandrohung für den Fall, dass der Antragsteller gegen Nr. 9 des Bescheides verstößt.

Der Antragsteller beantragte beim Verwaltungsgericht Bayreuth die aufschiebende Wirkung seiner Klage seiner Klage vom 14. August 2017 (1 B K 17.640) gegen diesen Bescheid anzuordnen bzw. wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2017 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers an, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 8 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 7. August 2017 richtet. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.

Bezüglich der Nr. 3 und 4 des Bescheides führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich die vollständige Untersagung und Betreuung von Hunden bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweise. Zwar reiche die Missachtung von milderen Anordnungen wie Leinen- oder Maulkorbzwang für eine Haltungsuntersagung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für sich genommen noch nicht aus. Sie sei aber jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn sich der Hundehalter dauerhaft und hartnäckig weigere, einer bestehenden Anordnung nachzukommen. In Abweichung von diesem Grundsatz könne es jedoch im Fall schwerster Verletzungen, die ein Hund verursacht habe, geboten sein, die sofortige Untersagung der Hundehaltung und Abgabe der Hunde zu verfügen, weil ein einmaliger Vorfall ein derartiges Aggressionspotential und Risiko weiterer schwerer Verfehlungen seitens des Hundes belege, dass diesen Gefahren mit den zur Verfügung stehenden milderen Mitteln des Leinen- und Maulkorbzwangs oder der ausbruchsicheren Verwahrung nicht zuverlässig beizukommen sei. Darüber hinaus könne eine Haltungsuntersagung – als allein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr – gerechtfertigt sein, wenn der Halter für die Haltung von Hunden generell nicht geeignet sei. In der hier vorliegenden Fallkonstellation erweise sich die Untersagung der Hundehaltung jedenfalls in Zusammenschau der von den Hunden ausgehenden Gefahren und der zugleich fehlenden Zuverlässigkeit und Einsichtigkeit des Antragstellers als verhältnismäßig. Entsprechende Anhaltspunkte ließen sich bereits der ebenfalls vorgelegten Behördenakte betreffend die Vorgängerhunde „Ed“ und „Fred“ entnehmen. Mit dem damals ausgestellten Negativzeugnis vom 9. Dezember 2003 sei jeweils ein Leinenzwang für öffentliche Straßen, Plätze und Wege angeordnet worden. Der Antragsteller habe sich hier schon uneinsichtig gezeigt und die Antragsgegnerin aufgefordert, diese Anordnung aufzuheben. Bei einem Vorfall am 1. Februar 2008 hätten die Rottweilerrüden die Reifen eines Streifenwagens der Polizei zerstört. Es seien Zwangsgelder in Höhe von jeweils 100 Euro fällig gestellt worden, die mittels Gerichtsvollzieher hätten beigetrieben werden müssen. Auch für die Rottweilerrüden „Max“ und „Alfons“ sei mit zunächst befristetem Negativzeugnis vom 3. Februar 2011 ein Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet worden. Gleichwohl sei es in der Folgezeit zu Beschwerden wegen der frei laufenden Hunde gekommen. Der Antragsteller habe nicht innerhalb der angeordneten Frist das Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen vorgelegt. Deshalb sei mit Schreiben vom 14. Februar 2012 ein Zwangsgeld fällig gestellt worden. Entgegen der Anordnung in den Bescheiden vom 11. September 2012, wonach er dafür Sorge zu tragen habe, dass die Hunde das Halteranwesen nicht unkontrolliert verließen, sei am 10. März 2016 einer der Rottweilerrüden unter dem Zaun hindurch gelangt und habe einen anderen Hund gebissen. Auch am Tag des Beißvorfalls vom 27. Mai 2017 habe der Antragsteller nicht alles Erforderliche dafür getan, dass die Hunde nicht vom Grundstück entweichen konnten. Der nach dem Beißvorfall verfügten Anordnung im Bescheid vom 16. Juni 2017, den Zaun zu ertüchtigen, sei der Antragsteller ebenfalls nicht nachgekommen. Die Vorlage des mit Bescheid vom 16. Juni 2017 angeforderten Gutachtens zur Wesenseigenschaft sei verspätet erfolgt. Die Sicherstellung der Hunde in Nr. 5 des Bescheids könne rechtlich nicht beanstandet werden. Sie sei auf der Grundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG erfolgt, um zu verhindern, dass die von den Hunden ausgehende Gefahr andauere und der Antragsteller die Hunde dem Zugriff der Gemeinde entziehe. Bezogen auf die Anforderung der Kosten für die Wesenseinschätzung in Höhe von 983,89 Euro in Nr. 6 des Bescheids vom 7. August 2017 führt das Verwaltungsgericht aus, dass der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bereits unzulässig sei. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sei ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt habe. Hinsichtlich Nr. 7 des Bescheids bleibe der Antrag ebenfalls ohne Erfolg. Es handle sich um eine sog. Kostengrundentscheidung bezüglich der Verwahrungskosten, die durch die aufgrund der Sicherstellung erfolgte Unterbringung dem Tierheim entstanden seien. Gegen Nr. 9 könne sich der Antragsteller nicht mit Erfolg wenden, weil diese Regelung keine eigenständige Beschwer enthalte. Entsprechendes gelte für Nr. 10 des Bescheids. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 11 gehe ins Leere. Hinsichtlich der Bescheidsgebühr in Nr. 14 erweise sich der Antrag ebenfalls als erfolglos, da die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO nicht erfüllt seien. Zudem drohe aufgrund der nunmehr erfolgten einstweiligen Aussetzung die Beitreibung nicht mehr.

Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller fristgerecht Beschwerde ein. Zur Begründung brachte er vor, dass er sich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die schriftsätzlichen Einwände im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth beziehe. Der Beschluss vom 25. Oktober 2017 sei offensichtlich rechtswidrig, weil er sich mit seinem Vorbringen nicht auseinandersetze. Die Antragsgegnerin habe sich auf die teilweise telefonischen, teilweise schriftlichen Mitteilungen zahlreicher Zeugen verlassen und nicht berücksichtigt, dass er und seine Ehefrau eidesstattliche Versicherungen abgegeben hätten, die das Gegenteil dessen aussagten, was die Aktenlage der Antragsgegnerin ergebe. Soweit das vom Sachverständigen S. aufgrund der Anordnung im Bescheid vom 16. Juni 2017 erstellte Gutachten vom Verwaltungsgericht als nicht aussagekräftig bezeichnet werde, da der Antragsteller den Gutachter nicht über frühere Vorfälle mit den Hunden unterrichtet habe, unterliege es einem Zirkelschluss, da laut seiner eidesstattlichen Versicherung frühere Vorfälle nicht vorgekommen seien bzw. gänzlich anders abgelaufen seien als von den Zeugen geschildert. Der Gutachter S. habe sein Gutachten auch ohne Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin erstellen dürfen, da die Anordnung der Vorlage des Gutachtens nicht unter einer entsprechenden Auflage erfolgt sei. Der Gutachter selbst habe die Frage aufgeworfen, ob es sich bei den Verletzungen des Jungen überhaupt um Bisswunden von einem Rottweiler handeln könne. Insoweit sei keine falsche Information durch den Antragsteller erfolgt. Der Sachverständige S. habe anders als der von der Antragsgegnerin beauftragte Gutachter das Gutachten nach eigener Einschätzung und in Augenscheinnahme der Hunde erstellt und nicht lediglich aufgrund der Aktenlage. Hinzu komme, dass auch die Einschätzung der Hundeführer der Bayreuther Polizei vom Verwaltungsgericht als unerheblich eingeordnet worden sei. Diese hätten die Hunde wenige Tage nach dem Vorfall begutachtet und für ungefährlich befunden. Bezüglich des lebenslangen Hundehaltungsverbots bleibe offen, worauf bei dem Vorwurf der dauerhaften hartnäckigen Weigerung des Antragstellers, die Anordnungen des Ordnungsamtes zu befolgen, abgestellt werde. Die Antragsgegnerin habe sich stets nur auf die Aussagen von Zeugen verlassen. Der Zeuge H., der etwas zu dem Vorfall vom 27. Mai 2017 hätte sagen können, sei nicht angehört worden. Eine derartig einseitige Sachverhaltsermittlung und Sachverhaltsauslegung, wie von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht vorgenommen, könne nicht dazu führen, dass von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines rechtmäßigen Bescheids auszugehen sei.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 teilte der Antragsteller mit, dass er seit dem 10. Dezember 2017 nicht mehr Halter der beiden Rottweiler sei. Sie seien jeweils getrennt an neue Besitzer abgegeben worden. Mit Schreiben vom 17. Januar 2018 erklärte er das Beschwerdeverfahren bezüglich der Nr. 1, 2 und 10 des Bescheids für erledigt. Bezüglich der Nr. 3 bis 9 hielt er die Beschwerde aufrecht. Die Antragsgegnerin stimmte dieser Teilerledigungserklärung im Schriftsatz vom 22. Januar 2018 zu.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten auch im Verfahren B 1 S 17.719, B 1 X 17.594, B 1 K 17.640 und B 1 K 17.490 verwiesen.

II.

1. Das Beschwerdeverfahren war einzustellen, soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin mit ihren Erklärungen vom 17. und 22. Januar 2018 das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Dies betrifft Nr. 1, 2 sowie 10 des Bescheids.

2. Im Übrigen hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der noch mit der Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Aus den in der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründen ergibt sich nicht, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, obwohl sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO keinen Antrag erhält. Aus dem Beschwerdevorbringen und den Erläuterungen zur Erledigterklärung ergibt sich jedoch, dass der Antragsteller den Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit angreift, als sein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist (vgl. Kopp, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 41). Klarzustellen ist, dass Nr. 8 des streitbefangenen Bescheids nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahren ist, weil das Verwaltungsgericht insoweit im Beschluss vom 25. Oktober 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet hat und der Antragsteller daher nicht beschwerdebefugt ist.

Bezüglich des in Nr. 3 und 4 des streitbefangenen Bescheids angeordneten Haltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbots für die Hunde „M“ und „A“ sowie für Hunde jeder Art überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Beendigung der Hundehaltung und am Verbot einer erneuten Aufnahme der Hundehaltung durch den Antragsteller dessen Interesse, seine Hunde bis zum Abschluss des Klageverfahrens weiter zu behalten oder andere Hunde zu halten und zu betreuen, weil die Klage gegen diese Anordnungen voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

Die Antragsgegnerin hat das Haltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot für die Hunde „M“ und „A“ zu Recht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG gestützt. Mit dem Bescheid vom 7. August 2017 wurden die mit Bescheid vom 11. September 2012 erteilten Negativatteste für die beiden Hunde sofort vollziehbar widerrufen (Nr. 1 und 2). Das weitere Halten bzw. Betreuen dieser Hunde erfüllt damit den Ordnungswidrigkeitentatbestand des Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 LStVG, so dass ein Haltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt werden kann. Weiterhin ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass bei summarischer Überprüfung der Rechtslage die in Nr. 3 und 4 des Bescheids angeordneten Verbote bezüglich der Hunde „Max“ und „Alfons“ verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei ergangen sind, um Gefahren abzuwehren oder zu beseitigen, die das Leben und die Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG). Dieser Gefahrenprognose ist der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Abzustellen ist insoweit lediglich auf sein Beschwerdevorbringen, der Verweis auf erstinstanzliches Vorbringen genügt nicht, um das Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu erfüllen (Kopp, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 44). Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Gefahrenprognose auf den Vorfall vom 10. März 2016, bei dem einer der Hunde des Klägers unter dem Zaun hindurch gelangen konnte und einen anderen Hund gebissen hat, sowie auf den Beißvorfall vom 27. Mai 2017 abgestellt, bei dem ein Kind schwer verletzt worden ist. Insoweit bringt der Antragsteller lediglich vor, dass das Verwaltungsgericht diesbezüglich nicht seine eidesstattliche Versicherung, sondern nur die telefonischen oder schriftlichen Aussagen anderer Zeugen berücksichtigt habe. Die vom Kläger genannte eidesstattliche Versicherung (Bl. 25 d. Gerichtsakte im Verfahren B 1 S 17.718) bezieht sich lediglich auf einen Vorfall vom 14. März 2016, bei dem er beide Rottweiler an der Leine gehabt habe und diese so heftig gezogen hätten, dass er beim Überqueren der Straße gestürzt sei, und auf einen Vorfall vom August 2016, bei dem eine Dame von einem seiner Hunde gebissen worden sei. Diese beiden Vorfälle hat jedoch das Gericht seiner Gefahrenprognose nicht zugrunde gelegt. Soweit sich das Verwaltungsgericht auf den Vorfall vom 10. März 2016 bezieht, hat der Antragsteller ihn selbst eingeräumt. Er sieht aber das „Verschulden“ für den Vorfall bei dem anderen Hund, der seinen Hund vorher in die Nase gebissen habe. Der Antragsteller räumt noch einen weiteren Vorfall vom 20. Juni 2016 ein, bei dem seine Hunde wieder einen anderen Hund gebissen haben. Insoweit erläutert er jedoch, dass die Hunde vorher aus dem Auto gefallen und deshalb verwirrt und provoziert gewesen seien und daher den anderen Hund gebissen hätten. Bezüglich der schwerwiegenden Bissverletzung des kleinen Jungen steht aufgrund des vorläufigen Arztbriefs vom 30. Mai 2017 (Bl. 220 d. Behördenakte) zweifelsfrei fest, dass die großbogige Skalpierungsverletzung durch Hundebisse verursacht worden ist, weil sich Bissstellen auch am Hinterkopf befanden. Zudem fanden sich Bissstellen am Rücken und am rechten Unterarm des Kindes. Die Behauptung des Antragstellers, die Verletzungen am Kopf des Jungen seien durch den Sturz verursacht, die Hunde hätten den Jungen nur in den Unterarm gebissen, entspricht nicht den Tatsachen.

Angesichts der durch den Beißvorfall vom 27. Mai 2017 zutage getretenen extremen Gefährlichkeit der beiden Hunde kommt es für die Frage, ob von ihnen eine Gefahr i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG ausgeht, nicht mehr auf die Einschätzung des vom Antragsteller vorgelegten Gutachtens (Sachverständiger S.) zur Frage der Wesenseigenschaft seiner Hunde an. Mit diesem Sachverständigengutachten hat sich das Verwaltungsgericht bei der Frage, ob der Widerruf der erteilten Negativzeugnisse voraussichtlich rechtmäßig war (Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 7.8.2017), in überzeugender Weise auseinandergesetzt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dabei hervorgehoben, dass der Sachverständige S. im Sachverhalt seines Gutachtens ausführt, dass sich der Junge die Kopfverletzung durch den Sturz zugezogen habe. Dies ist jedoch – wie oben dargelegt – schlichtweg falsch. Schon deshalb kommt dieser Einschätzung des Sachverständigen für die Gefahrenprognose keine entscheidende Bedeutung zu.

Das Verwaltungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass der von den Hunden „M“ und „A“ ausgehenden Gefahr nicht wirksam mit einem Leinen- und Maulkorbzwang und anderen Anordnungen zur Hundehaltung begegnet werden kann und auch das absolut uneinsichtige Verhalten des Antragstellers, das er bislang bei der Haltung seiner Hunde an den Tag gelegt hat, es als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, dass sich das umfassende Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde im Klageverfahren als rechtmäßig erweisen wird. Es hat seiner rechtlichen Beurteilung in nicht zu beanstandender Weise die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Kriterien für ein umfassendes Hundehaltungsverbot (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; B.v. 26.2.2014 – 10 ZB 13.2476 – juris Rn. 4; B.v. 29.9.2011 – 10 ZB 10.2160 – juris Rn. 13) zugrunde gelegt.

Die Antragsgegnerin hatte bereits mit Bescheid vom 11. September 2012 einen Anleinzwang innerhalb von bebauten Gebieten angeordnet und den Hundehalter verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ein unkontrolliertes Entweichen der Hunde unterbunden wird. Zumindest gegen letztere Anordnung hat der Antragsteller verstoßen, weil die Hunde bzw. einer der Hunde bei den geschilderten Beißvorfällen das Grundstück unbeaufsichtigt verlassen konnten. Gegen die mit Bescheid vom 16. Juni 2017 verfügten Anordnungen in Nr. 5 und 6, wonach der gesamte Zaun um das Anwesen ausbruchsicher zu ertüchtigen ist und durch die Errichtung eines weiteren Zauns der Auslauf der Hunde nur noch im hinteren Bereich des Grundstücks ermöglicht werden sollte, hat der Antragsteller Klage erhoben, so dass einstweilen auch dadurch ein Entweichen der Hunde aus dem Grundstück nicht verhindert werden kann. Das Verwaltungsgericht hat zudem die Nichtbefolgung des mit Bescheid vom 9. Dezember 2003 angeordneten Leinenzwangs für die Hunde „E“ und „F“ und den Vorfall mit dem Polizeiauto am 1. Februar 2008 angeführt. Bezüglich der Hunde „M“ und „A“ hat es neben der Nichtbefolgung des Leinenzwangs im Jahr 2011 auf die Nichteinhaltung der Frist für die Vorlage eines Negativzeugnisses, die Nichteinhaltung der Anordnung der sicheren Verwahrung aus dem Bescheid vom 11. September 2012, die Nichterrichtung des mit Bescheid vom 16. Juni 2016 geforderten Zauns und die verspätete Vorlage des ebenfalls mit Bescheid vom 16. Juni 2017 geforderten neuen Wesenstests abgestellt. Insoweit bringt der Antragsteller im Zulassungsverfahren lediglich vor, dass offen bleibe, worauf das Gericht hier konkret abstelle und sich nicht mit seinen entgegenstehenden eidesstattlichen Versicherungen auseinander gesetzt habe. Dies reicht auch nicht ansatzweise, um die zahlreichen Pflichtverstöße des Antragstellers bei der Haltung seiner Hunde ernstlich in Frage zu stellen. Das Vorbringen zum Gutachten des Sachverständigen S. und zur Einschätzung der Hundeführer der Bayreuther Polizei ist insoweit ohnehin unerheblich. Soweit der Antragsteller auf den Zeugen H. verweist, wird nicht deutlich, inwieweit dieser zu den Pflichtverstößen des Antragstellers weitere Sachaufklärung leisten könnte.

Daher überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des umfassenden Haltungs- und Betreuungsverbots das Interesse des Antragstellers, noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens wieder Hunde zu halten oder Hunde anderer Personen zu betreuen. Der Antragsteller hat durch sein Verhalten in der Vergangenheit gezeigt, dass er die gerade von großen Hunden ausgehenden schwerwiegenden Gefahren für hochrangige Rechtsgüter nicht nur unterschätzt, sondern sich leichtfertig über diesbezügliche behördliche Anordnungen hinwegsetzt.

Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den in Nr. 5, 6, 7, 9, 11 und 14 des Bescheids vom 7. August 2017 getroffenen Verfügungen setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander und erfüllt somit das Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob sich diese Verfügungen erledigt haben oder insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis für das Beschwerdeverfahren besteht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 2 VwGO. Für den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Beschwerdeverfahrens (Nr. 1, 2, 10) entspricht es billigem Ermessen, die Kosten auch insoweit dem Antragsteller aufzuerlegen. Der Antragsteller wäre voraussichtlich im Beschwerdeverfahren unterlegen. Der Widerruf der erteilten Negativatteste wäre bei summarischer Prüfung als rechtmäßig anzusehen gewesen, weil das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten zum Wesenstest daran leidet, dass es im Hinblick auf die gravierende Bissverletzung am 27. Mai 2017 von einem falschen Sachverhalt ausgeht. Anhaltspunkte dafür, dass bezüglich Nr. 10 des Bescheids vom 7. August 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen gewesen wäre, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG (Haltungsverbot samt Nebenentscheidungen, Sicherstellung samt Nebenentscheidung, Widerruf der Negativatteste) und § 52 Abs. 3 GKG (Auslagenersatz), wobei in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts anzusetzen ist. Die Abänderung des Streitwertbeschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 25. Oktober 2017 beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Für die Sicherstellungsanordnung und den Widerruf der Negativatteste war jeweils der hälftige Regelstreitwert anzusetzen. Die Kostenlastentscheidung für die Verwahrungskosten im Tierheim bleibt dagegen unberücksichtigt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Januar 2018 (RO 4 S 18.42) wird in seinen Nummern I und II aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 23. August 2017 gegen die Nummern 2 bis 5 und 7 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16. August 2017 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage im Zusammenhang mit der Haltung eines im Februar 2017 geborenen Hundes (namens Cash) der Rasse „American Staffordshire Terrier“.

Die Antragstellerin hält den Hund seit 17. April 2017 und hat unter dem gleichen Datum bei der Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG beantragt. Zuvor hatte sie am 6. März 2017 ein Schreiben der Antragsgegnerin mit folgendem Inhalt erhalten: „Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass für einen Kampfhund der Kategorie I eine Genehmigung, verbunden mit Auflagen, von Seiten der Gemeinde F. erteilt wird“. Vorangegangen war eine entsprechende mündliche Auskunft der Antragsgegnerin im Februar 2017 anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin. Nachdem sie Angaben zum berechtigten Interesse an der Hundehaltung gemacht hatte, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. August 2017 die Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung des Hundes ab (Ziff. 1), untersagte sie (Ziff. 2) und gab der Antragstellerin auf, den Hund unter entsprechendem Nachweis abzugeben (Ziff. 3 bis 5); im Falle eines Verstoßes gegen diese Verpflichtungen wurden Zwangsgelder angedroht (Ziff. 7). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Zi. 6). Das für die Erlaubniserteilung nach Art. 37 Absatz 2 LStVG erforderliche berechtigte Interesse an der Haltung des Hundes, etwa zur Bewachung eines gefährdeten Grundstückes, sei nicht nachgewiesen. Die dargestellten Umstände reichten nicht über ein allgemeines Liebhaberinteresse an der Hundehaltung hinaus. Rechtsgrundlage für die Anordnungen sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 LStVG. Sein Tatbestand sei infolge der Haltung eines Kampfhundes im Sinn von § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 ohne die erforderliche Erlaubnis und durch die damit verwirklichte Ordnungswidrigkeit (Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG) erfüllt; die Ordnungswidrigkeit müsse durch die Abgabe des Tieres und das Verbot der Haltung beendet werden. Die Sicherheitsbehörde könne nicht hinnehmen, dass von einem Kampfhund eine Gefahr für Menschen ausgehe, sondern sei gehalten, gegen die Halterin einzuschreiten. Das Inaussichtstellen der Erlaubnis habe auf der Annahme beruht, die Antragstellerin erfülle die Voraussetzungen des Art. 37 LStVG. In Ausübung des Ermessens bei Abwägung aller bekannten Umstände seien die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung sowie die damit verbundenen Verpflichtungen zur Dokumentation der Übergabe an eine andere Person in verhältnismäßiger Weise festgesetzt worden. Andere Maßnahmen, wie etwa die Verhängung eines Leinen- und Maulkorbzwangs, würden dem Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf die Gefahrenabwehr nicht gerecht werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im Hinblick auf die Rechte der Bürger auf körperliche Unversehrtheit und Schutz des Eigentums im besonderen öffentlichen Interesse; hierfür sprächen auch generalpräventive Erwägungen, denn es müsse die Entstehung von Bezugsfällen durch sofort wirkende Maßnahmen verhindert werden. Das Interesse der Antragstellerin an der Fortsetzung der Hundehaltung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung sei nachrangig.

Mit Beschluss vom 27. September 2017 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Antragstellerin vom 29. August 2017 auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage (RO 4 K 17.1498) gegen den Bescheid wiederhergestellt (Ziff. 2 bis 5) bzw. angeordnet (Ziff. 7); das Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. März 2017 stelle eine einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung des Hundes einräumende Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG dar. Gegen den Beschluss vom 27. September 2017 hat die Antragsgegnerin Beschwerde (10 CS 17.2053) eingelegt.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2017 nahm die Antragsgegnerin die Bestätigung vom 6. März 2017 mit Wirkung auf diesen Zeitpunkt zurück und ordnete den Sofortvollzug der Rücknahme an. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2017 Klage (RO 4 K 17.1895). Ihren am 5. November 2017 nach Art. 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 (RO 4 S 17.1906) ab. Die Rücknahme des Schreibens der Antragsgegnerin vom 6. März 2017, das nach summarischer Prüfung als rechtswidrige Zusicherung zu qualifizieren sei, sei zwar mangels Durchführung der erforderlichen Anhörung vor Erlass des Bescheids vom 26. Oktober 2017 formell rechtswidrig, dieser Mangel könne allerdings nachgeholt werden. In materieller Hinsicht lägen die Voraussetzungen des Art. 48 BayVwVfG vor; insbesondere könne das Vertrauen der Antragstellerin in den Fortbestand der Zusicherung nicht als schutzwürdig angesehen werden. Die gegen den Beschluss vom 14. Dezember 2017 gerichtete Beschwerde hat der Senat inzwischen mit Beschluss vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102), auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen, nachdem die Antragsgegnerin die zunächst unterbliebene Anhörung nachgeholt hatte.

Mit weiterem - hier streitgegenständlichen - Beschluss vom 11. Januar 2018 (RO 4 S 18.42) lehnte das Verwaltungsgericht unter Abänderung seines Beschlusses vom 27. September 2017 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ab. Der abgeänderte Beschluss vom 27. September 2017 sei allein deshalb erfolgt, weil zum damaligen Zeitpunkt noch die Zusicherung der Antragsgegnerin vom 6. März 2017 Bestand gehabt habe. Nach ihrer mit Sofortvollzug ausgestatteten Rücknahme könne die Antragstellerin voraussichtlich nicht mehr mit der Erteilung einer Erlaubnis zur Hundehaltung rechnen, da sie bereits kein berechtigtes Interesse hieran nachgewiesen habe. Erweise sich aber die Ablehnung der Erlaubniserteilung als voraussichtlich rechtmäßig, gelte dies auch für die Anordnung der Haltungsuntersagung und der Verpflichtung zur Abgabe des Hundes an eine geeignete Einrichtung oder Person. Die Antragstellerin habe für seine Haltung niemals eine Erlaubnis besessen, sodass die von ihr begangene Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 LStVG durch die Antragsgegnerin habe unterbunden werden müssen. Die hierbei getroffenen Ermessensentscheidungen seien ausführlich und zutreffend im Ausgangsbescheid begründet worden. Da es sich um einen Kampfhund der Kategorie 1 handele, müsse die Allgemeinheit vor dessen vermuteter gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit sofort und effektiv geschützt werden. Der positive Wesenstest stelle nur eine Momentaufnahme dar und könne nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Antragstellerin führen. Durch die Abgabe des Hundes entstehe ihr selbst dann kein irreversibler Nachteil, sollte sie später in der Hauptsache doch obsiegen und der Hund wieder zurückzugeben sein.

Die Antragstellerin begründet ihre am 4. Februar 2018 gegen den Beschluss vom 11. Januar 2018 eingelegte Beschwerde insbesondere mit Hinweis auf ein fortbestehendes berechtigtes Interesse an der Haltung des Hundes. Es bestehe nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Haltung von Cash. Die Antragstellerin und ihr Ehemann seien seit frühester Kindheit mit Hunden aufgewachsen, besäßen seit fast neun Jahren zwei eigene, inzwischen behandlungsbedürftige Hunde, hätten immer wieder Pflegehunde aus Tierschutzheimen aufgenommen und mit einem von ihnen sogar einen OP-Termin wahrgenommen, kümmerten sich ehrenamtlich in Tierheimen gerade um Kampfhunde und leisteten für diverse Tierschutzorganisationen immer wieder Futter- und Geldspenden. Schließlich betrieben die Antragstellerin und ihr Ehemann einen auf Hundebedarf spezialisierten Onlinehandel und einen Fachhandel mit Ladengeschäft, in dessen Rahmen sogar eine Futterberatung für Kunden stattfinde. Damit seien weit überdurchschnittliche Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Hundehaltung nachgewiesen. Weiter sei zu beachten, dass bei der Prüfung eines berechtigten Interesses auch die Belange des Tierschutzes (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 BV) zu berücksichtigen seien. Gemäß der Vollzugsbekanntmachung (Nr. 37.4.1) des Bayerischen Staatsministeriums des Innern könne auch die „tierschützerische Aufnahme“ eines nicht wegen seiner Gefährlichkeit dem vorherigen Halter weggenommenen Kampfhundes durch eine besonders geeignete Person ein solch berechtigtes Interesse darstellen. Mit der Abgabe von Cash wäre das Wohlbefinden des Tieres erheblich beeinträchtigt, zumal letztlich nur die Aufnahme durch ein Tierheim infrage komme. Das Staatsziel Tierschutz könne durch geeignete Nebenbestimmungen zur Erlaubnis mit den Belangen der Gefahrenabwehr in Übereinstimmung gebracht werden. Das „vorläufige Gutachten“ eines Hundesachverständigen vom 4. Juli 2017 komme zu einer positiven Einschätzung, zumal die Antragstellerin und ihr Mann viermal wöchentlich mit Cash eine sachkundige Hundetrainerin in einer Hundeschule besuchten. Außerdem werde er in einem Schäferhundeverein auf seine Begleithundeprüfung vorbereitet. Damit gehe die Anschaffung des Hundes weit über das vermeintlich reine Liebhaberinteresse hinaus. Durch die Abgabe an ein Tierheim entstünde ein höchst unerwünschter Zustand, dessen Auflösung eindeutig im öffentlichen Interesse liege. Im Vertrauen auf die Zusicherung hätten die Eheleute bereits erhebliche Dispositionen getroffen, wie zum Beispiel Besuche beim Züchter, Stornierung eines gebuchten Urlaubs, Kauf eines größeren Fahrzeugs und anderes mehr. Das Verwaltungsgericht habe vor diesem Hintergrund verkannt, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe und unmittelbar in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Hund-Halter-Beziehung eingreife. Die Verpflichtung, ein liebgewonnenes Tier ohne Not weggeben zu müssen, stelle eine außerordentliche emotionale Belastung für die Antragstellerin dar, zumal sie ihre Hunde anstelle von Kindern führe. Angesichts ihrer Fähigkeiten im Umgang mit Hunden, die vielfach nachgewiesen seien, und mangels Anhaltspunkten für die Gefährlichkeit von Cash gehe es gerade nicht um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben. Die Antragstellerin sei sogar mit einem Leinen- und Maulkorbzwang einverstanden.

Die Antragsgegnerin erwidert, aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2017 ergebe sich eindeutig, warum die Antragstellerin nicht mit einer Erlaubnis zur Haltung ihres Kampfhundes habe rechnen können, ohne dass dem mit ihren Ausführungen in den Beschwerdeverfahren etwas Tragfähiges entgegengesetzt werde. Auch soweit die Trennung unter emotionalen Gesichtspunkten als schwierig für die kinderlose Antragstellerin bezeichnet werde, könne dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Das gegen den abgeänderten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. September 2017 von der Antragsgegnerin angestrengte Beschwerdeverfahren (10 CS 17.2053) ist infolge der nach Erlass des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Beschlusses abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien vom 31. Januar und 11. Februar 2018 beendet und mit Beschluss vom 27. Februar 2018 eingestellt worden, auf dessen Gründe verwiesen wird. Ein am 12. Juli 2018 vor dem Berichterstatter abgehaltener Erörterungstermin in der vorliegenden Streitsache blieb ohne Ergebnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten der verschiedenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Abänderungsbeschluss vom 11. Januar 2018 war aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. August 2017 (erneut) wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Für die im Rahmen der Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende gerichtliche Interessenabwägung sind als zentraler Entscheidungsmaßstab die Erfolgsaussichten in der Hauptsache heranzuziehen (Gersdorf in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.7.2018, § 80 Rn. 187-191). Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten der gegen die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung (nebst Nebenentscheidungen) gerichteten Anfechtungsklage der Antragstellerin als offen anzusehen (1.). Die unter Berücksichtigung dieses Befunds gebotene Abwägung der Interessen der Antragstellerin mit den öffentlichen Interessen am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheids fällt zugunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Nach der im Eilverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage beurteilt der Senat diese derzeit als offen. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für ein sicherheitsbehördliches Einschreiten vor (1.1), Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich einer fehlerfreien Ermessensausübung (1.2).

1.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind erfüllt, weil die Antragstellerin durch die Haltung von Cash ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG begeht, zu deren Unterbindung die Befugnisnorm ermächtigt.

Die nach Art. 37 Abs. 1, 2 LStVG beantragte Erlaubnis kann der Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht erteilt werden, sodass ihre insoweit erhobene Verpflichtungsklage (Ziff. 1 des Bescheids vom 16.8.2017) nach überschlägiger Prüfung ohne Erfolg bleiben wird.

1.1.1 Ein unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1, 2 LStVG folgender Erlaubnisanspruch besteht nicht, weil die Antragstellerin bisher das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Erteilung der Erlaubnis nicht nachgewiesen hat. Der Senat verweist insoweit auf die ausführliche Begründung in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102, BA S. 13, 2.2.4).

1.1.2 Ein Anspruch auf die begehrte Erlaubnis ergibt sich auch nicht (mehr) aus der Zusicherung vom 6. März 2017, nachdem diese von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Oktober 2017 - unter Anordnung des Sofortvollzugs - zurückgenommen worden war. Der Senat hat wiederum im dortigen Verfahren 10 CS 18.102 unter Zurückweisung der gegen die Ablehnung des von der Antragstellerin begehrten Eilrechtsschutzes gerichteten Beschwerde festgestellt, dass die gegen die Rücknahme der Zusicherung erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Auch insoweit kann auf die Gründe des Beschlusses vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102, BA S. 7 f.) verwiesen werden. Der Sofortvollzug des Rücknahmebescheids führt dazu, dass aus der Zusicherung derzeit keine Rechtswirkung abgeleitet werden und sie daher insbesondere nicht Grundlage für den geltend gemachten Erlaubnisanspruch sein kann.

1.2 Unter Berücksichtigung des gesamten Beschwerdevorbringens bestehen allerdings noch Zweifel an der Fehlerfreiheit der Ermessensausübung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 16. August 2017. Auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 LStVG kann die Sicherheitsbehörde für den Einzelfall Anordnungen treffen, wenn - wie hier - einer der dort genannten Tatbestände verwirklicht ist. Das danach eröffnete Ermessen ist gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen in erster Linie an dem Umstand ausgerichtet, dass die Antragstellerin die für die Hundehaltung erforderliche Erlaubnis im Klageweg nicht wird erstreiten können, weil sie das erforderliche berechtigte Interesse nicht nachweisen kann, und daher von einer rechtswidrigen, die öffentliche Sicherheit wegen der von einem Kampfhund ausgehenden Gefahren beeinträchtigenden Hundehaltung auszugehen ist. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin das Eigentumsrecht der Antragstellerin aus Art. 14 Abs. 1 GG und das hiervon umfasste „Nutzungsrecht an einer Sache“ (hier: Haltung eines Tieres) als nachrangig gegenüber dem in Artikel 7 LStVG zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse betrachtet, das die Untersagung der weiteren Haltung des Hundes erfordere.

Soweit die Antragsgegnerin ihre Entscheidung (Besch. v. 16.8.2017, 2.2.4) damit begründet, aus der Versagung einer Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes der Kategorie 1 ergebe sich „auch die Notwendigkeit der weiteren Untersagung der Haltung des Kampfhundes…und der Anordnung der Abgabe“, werden damit kein (weiteren) Ermessenerwägungen mitgeteilt. Vielmehr lassen diese Ausführungen eher den Schluss zu, es bestehe im Sinne einer gebundenen Entscheidung eine „Automatik“, die letztlich dazu führe, dass im vorliegenden Fall gar keine anderen Anordnungen als die getroffenen infrage kämen. Damit würde aber gerade im vorliegenden Fall eine Ermessensentscheidung verfehlt. Allerdings führt der Bescheid weitere, grundsätzlich zutreffende Überlegungen insbesondere zur Abwehr der von Kampfhunden ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit aus. Sie machen deutlich, dass die Antragsgegnerin die Anordnungen (wohl) nicht ausschließlich auf die Versagung der Erlaubnis zur Hundehaltung stützt.

Im Hinblick auf die Ermittlung der einzustellenden Belange der Antragstellerin erscheint jedoch problematisch, dass sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Ermessensausübung mit keinem Wort mit der Besonderheit des vorliegenden Falles auseinandersetzt. Sie besteht darin, dass sich die Antragstellerin zum Kauf und zur Haltung des Hundes erst nach Abgabe der Zusicherung vom 6. März 2017 durch die Antragsgegnerin entschlossen hatte; ab diesem Tag bis zumindest 26. Oktober 2017, dem Tag des Bescheids über die Rücknahme der Zusicherung, konnte sie auf die Erteilung einer Haltungserlaubnis vertrauen, denn ihr war insoweit ein - nunmehr in vollziehbarer Weise zurückgenommener - Anspruch eingeräumt worden (vgl. hierzu B.v. 15.10.2018 - 10 CS 18.102 - BA S. 8, 9). Durch diesen Ablauf unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz grundsätzlich von der Vielzahl derjenigen Fälle, in denen der Hundehalter ohne vorherige Absprache mit der für die Erlaubniserteilung zuständigen Gemeinde einen Kampfhund erwirbt und hält. Einer Auseinandersetzung mit dieser besonderen Konstellation hätte es auch im Rahmen der Ausübung des Ermessens bedurft. So erscheint es dem Senat jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass - auch vor dem Hintergrund des eindeutigen gesetzgeberischen Willens, wie er aus Art. 38 LStVG hervorgeht - in einem derart untypisch gelagerten Fall eine „geduldete“ Haltung auch eines Hundes der Kategorie 1 in Betracht kommen könnte, soweit durch geeignete Nebenbestimmungen Gefahren für die Allgemeinheit in angemessener Weise minimiert werden können.

Die Rücknahme der rechtswidrig, da ohne Rücksicht auf die entscheidende Frage des berechtigten Interesses an der Hundehaltung erfolgten Zusicherung einer Erlaubnis wirkt zwar nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut in rechtlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Zusicherung zurück (ex tunc). Dies bedeutet aber nicht, dass die Antragstellerin im fraglichen Zeitraum vor der Rücknahme nicht tatsächlich auf sie vertraut hat und vertrauen hat dürfen; jedenfalls ist dieser Umstand auch bei der Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung in den Blick zu nehmen.

Die von der Antragsgegnerin angeführten generalpräventiven Überlegungen tragen nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil er durch die singuläre Situation der zuvor erteilten Zusicherung gekennzeichnet ist und sich daher die Frage der Verhinderung von Bezugnahmen nicht stellen kann. Ob die Gefahren der hier streitgegenständlichen Hundehaltung auch vor dem dargestellten Hintergrund zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses führen, bedarf einer eingehenden Überprüfung, gegebenenfalls Ergänzung im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens.

2. Kann demnach aus heutiger Sicht über den Ausgang des Klageverfahrens keine hinreichend sichere Prognose abgegeben werden, verbleibt es bei einer umfassenden Abwägung der gegenläufigen Interessen. Sie fällt hier zugunsten der Antragstellerin aus.

Bei der Gewichtung des Aussetzungsinteresses ist zugunsten der Antragstellerin insbesondere zu bedenken, dass sie - wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht - bereits vielfach nachgewiesene Fähigkeiten im Umgang mit Hunden verschiedener Rassen besitzt und damit keinerlei Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit (vgl. a. Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG; BayVGH, B.v. 15.10 2018, a.a.O., BA S. 12, 2.2.1) bestehen. Unabhängig hiervon sind die von dem im Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses erst eineinhalb Jahre alten Hundes ausgehenden Gefahren auf der Basis der im Erörterungstermin am 12. Juli 2018 mitgeteilten Erkenntnisse nicht als so erheblich einzuschätzen, dass zu ihrer Abwehr die Anordnung des Sofortvollzugs geboten wäre. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin den Hund praktisch von Geburt an aufgenommen und erzogen hat. Würde sie ihn nunmehr vor einer Entscheidung über die Klage abgeben müssen, im Klageverfahren dann aber obsiegen, wäre dies eine jedenfalls nicht unerhebliche Belastung für eine erneute Aufnahme der Hundehaltung und nur dann möglich, wenn man davon ausgehen will, dass mit dem angefochtenen Sofortvollzug der Abgabeverpflichtung ein nicht wieder rückgängig zu machender Tatbestand gesetzt werden würde, weil es äußerst schwierig sein dürfte, eine zur Haltung des Hundes für den unbestimmten Zeitraum bis zum Abschluss des Klageverfahrens bereite Person oder Einrichtung zu finden.

Demgegenüber streiten für den Sofortvollzug die gesetzgeberische Wertung, dass in Bayern Kampfhunde der Kategorie 1 nur in streng begrenzten Ausnahmefällen gehalten werden dürfen (vgl. Nr. 37.4.1. VollzBek). Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die von den in der Kampfhundeverordnung näher definierten Hunderassen ausgehenden Gefahren unabhängig von individuellen Charaktereigenschaften des jeweiligen Hundes bekämpfen und damit die höchsten Rechtsgüter - Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger - vor Beeinträchtigungen schützen will. Eine Aussetzung des Sofortvollzugs würde also während ihrer Dauer das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel beeinträchtigen.

Allerdings erfordert das auf den Einzelfall bezogene besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ein Gewicht, das über das im Regelfall vorliegende Interesse am Erlass des zugrunde liegenden Verwaltungsakts hinausgeht und das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen überwiegt (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 161). In der vorliegenden Konstellation ist jedoch ein derartiges Gewicht, das beispielsweise mit einer anzunehmenden Unzuverlässigkeit der Halterin oder schon gezeigten Auffälligkeiten des Hundes begründbar wäre, nicht erkennbar. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug hat (zunächst) hinter den oben dargestellten vorrangigen Interessen der Antragstellerin zurückzustehen, ohne dass damit für den Fall der späteren Klageabweisung im Hinblick auf den Vollzug des Bescheids irreversible Zustände geschaffen werden.

Die Kosten beider Rechtszüge hat die unterlegene Antragsgegnerin zu tragen (§ 155 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. November 2015 wird der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist der Hauptbegründer und einziger Vorstand des eingetragenen Vereins „... e.V.“ mit Sitz in M., der u. a. Sport- und Ferienreisen für Kinder und Jugendliche veranstaltet und Sportunterricht anbietet. Die Reisen leitet ausweislich des Internet-Auftritts des Vereins „... e.V.“ seit 1994 alle der Antragsteller „als Hauptbegründer und 1. Vorstand des Vereins“. Weiter ist der Antragsteller im Gewerberegister der Antragsgegnerin mit den Gewerben „Durchführung von Reiseveranstaltungen“, „Organisation von Reiseveranstaltungen“ und „Erteilung von Sportunterricht“ gemeldet. In einem dem Antragsteller (privat) gehörenden Haus in B. am Plattensee in Ungarn werden Feriencamps des Vereins „... e.V.“ für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 15 Jahren durchgeführt. Für diese Veranstaltungen tritt der Antragsteller nach eigenem Vorbringen als selbstständiger Reiseveranstalter auf, der die Ferienaufenthalte für den Verein durchführt und dem Verein dafür seine Kosten sowie den Arbeitsaufwand pauschal in Rechnung stellt. Den Sportunterricht in Form von Karatetraining führt der Antragsteller nach eigenen Angaben in der von ihm gewerblich betriebenen Sportschule „Karate ...“ durch, wobei jeder angemeldete Teilnehmer zusätzlich Vereinsmitglied beim Verein „... e.V.“ wird und der Antragsteller von den Kursgebühren die darin enthaltenen Mitgliedsbeiträge an den Verein abführt.

Aufgrund des Verdachts fortgesetzter sexueller Übergriffe während eines Freizeitcamps am Plattensee in Ungarn in der Zeit vom 1. bis zum 10. August 2014 wird gegen den Antragsteller ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren (Az.: ... Js ...) wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176 StGB geführt. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens fand beim Amtsgericht M. eine ermittlungsrichterliche Vernehmung der beiden Anzeigenerstatter und Geschädigten als Zeugen statt. Die Antragsgegnerin wurde über diese Ermittlungen der Staatsanwaltschaft informiert.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 verfügte die Antragsgegnerin ein Kontaktverbot, mit dem dem Antragsteller bis zum Abschluss des Ermittlungs-/Strafverfahrens wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern untersagt wird, Kontakt mit Kindern aufzunehmen; insbesondere dürfe er sich nicht mit ihnen ohne Anwesenheit der Erziehungsberechtigten in seiner Wohnung, in anderen Räumen, Fahrzeugen, Schwimmbädern, Kinos oder an abgelegenen Orten aufhalten. Im Besonderen sei ihm die Durchführung und Planung von Sport- und Trainingsveranstaltungen und von Unternehmungen aller Art, an denen Kinder teilnehmen, untersagt (Nr. 1.). Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet (Nr. 2.) und ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Kontaktverbot angedroht (Nr. 3.).

Dagegen erhob der Antragsteller zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts am 22. Mai 2015 Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Mai 2015 aufzuheben. Gleichzeitig beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Mit Beschluss vom 18. November 2015 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Mai 2015 wiederhergestellt bzw. im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung angeordnet. Der angefochtene Bescheid erweise sich voraussichtlich als rechtswidrig. Soweit dem Antragsteller darin ausdrücklich auch die Durchführung von Sport- und Trainingsveranstaltungen und von Unternehmungen aller Art, an denen Kinder teilnehmen, verboten werde, sei die Anordnung schon wegen Heranziehung der falschen Rechtsgrundlage rechtswidrig. Insoweit sei die maßgebliche Rechtsgrundlage § 35 GewO, der gegenüber der herangezogenen Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG die spezielle gewerberechtliche Eingriffsnorm darstelle. Ein Austausch der falschen Rechtsgrundlage sei hier schon deswegen nicht möglich, da es sich bei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG um eine Ermessensentscheidung, bei § 35 GewO dagegen um eine gebundene Entscheidung handle. Der Sache nach werde hier eine Teiluntersagung des vom Antragsteller im Gewerberegister angemeldeten Gewerbes „Erteilung von Sportunterricht“ (hier: als Trainer im Karate ...) und „Organisation von Reiseveranstaltungen“ (hier: Organisation und Durchführung von Ferienveranstaltungen in B. in Ungarn) verfügt. § 35 GewO ermögliche auch eine derartige Teiluntersagung. Der Einwand der Antragsgegnerin, die Tätigkeit des Antragstellers sei nicht gewerberechtlich, sondern rein vereinsrechtlich zu qualifizieren, gehe fehl. Denn das Abrechnungsmodell zwischen dem Verein und dem Antragsteller belege, dass der Antragsteller bei der Organisation der Feriencamps gegenüber dem Verein als gewerblicher Leistungserbringer fungiere. Ebenso verhalte es sich mit dem Karatetraining des Antragstellers in der von ihm betriebenen Karateschule. Eine Maßnahme nach § 35 GewO setze im Übrigen nicht zwingend eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung voraus. Soweit dem Antragsteller mit der streitbefangenen Anordnung auch eine Kontaktaufnahme mit Kindern im privaten Bereich verboten werde, sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG als zutreffende Rechtsgrundlage herangezogen worden. Nach Auffassung des Gerichts bedeute die Verfügung des Kontaktverbots zu Kindern eine durchaus erhebliche Einschränkung der grundrechtlichen Freiheit des Antragstellers, die wohl nicht mehr auf die sicherheitsrechtliche Generalklausel gestützt werden könne, sondern einer Spezialbefugnis bedürfe. Jedenfalls vor dem Hintergrund des hohen Ranges des Schutzes von Kindern vor sexuellem Missbrauch könne aber die Generalklausel während einer Übergangszeit bis zu einer Regelung der Thematik durch den Landesgesetzgeber als (tragfähige) Grundlage herangezogen werden. Allerdings genüge die durch die Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Zwar habe das Gericht nach dem Studium der Ermittlungsakten keinen Anlass, die Ordnungsgemäßheit der Befragungen der Zeugen durch die zuständigen Strafverfolgungsorgane oder deren Einschätzung von der Glaubwürdigkeit der beiden Kinder und ihres Vortrags in Zweifel zu ziehen. Vorläufig habe deshalb bei der sicherheitsrechtlichen Prognose von einem relevanten Verdacht eines Vergehens des Antragstellers nach § 176 StGB im Rahmen des Ferienlagers 2014 ausgegangen werden können. Diese Vorfälle genügten jedoch nicht, um hier die erforderliche, hinreichend fundierte Wiederholungsgefahr annehmen zu können. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass auf derartige Vorfälle in der Regel weitere folgen würden. Die von der Antragsgegnerin angenommene Wiederholungsgefahr habe nicht ohne fachgutachterliche Hilfe festgestellt werden können. Insoweit sei vielmehr eine individuelle fachgutachterliche Abklärung beim Antragsteller erforderlich.

Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid werde um folgende Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO ergänzt: Mittlerweile seien zwei weitere Vorfälle gemeldet worden, die Anlass für polizeiliche Ermittlungen gegen den Antragsteller wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs gäben. So habe ein Teilnehmer des Feriencamps vom 30. August bis zum 6. September 2015 in Ungarn über ein Fehlverhalten des Antragstellers, der einem anderen teilnehmenden Jungen das Knie gestreichelt und die Hand gehalten habe, berichtet. Auch eine an einer Fahrt teilnehmende Studentin der Fachakademie für Sozialpädagogik habe angegeben, dass sie beobachtet habe, wie sich der Antragsteller in das Bett eines Kindes gelegt und es unter der Decke wohl gekitzelt habe. Aufgrund dieser neuerlichen Vorfälle habe das zuständige Referat der Antragsgegnerin als Sachaufwandsträgerin und Eigentümerin der Schulanlage mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 ein Hausverbot gegenüber dem Antragsteller für die gesamte Schulanlage, in der er seinen Karateunterricht durchführe, ausgesprochen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Prognose bezüglich der Wiederholungsgefahr beim Antragsteller tragfähig. So habe sich die Antragsgegnerin für ihre Prognose auf die bis dahin gesammelten Erfahrungen, die öffentlich zugänglichen Informationen von Behörden und privaten Stellen, die veröffentlichten Gerichtsentscheidungen sowie die wissenschaftlichen Abhandlungen gestützt, auch wenn diese nicht explizit im Bescheid aufgeführt worden seien. Im Übrigen sei die Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen höchstrichterlich ausdrücklich anerkannt. Insoweit beziehe sich die Antragsgegnerin nunmehr ausdrücklich auf die Erkenntnisse des Prof. Dr. B. der Charité der H.-Universität zu Berlin zur Rückfallgefahr von Tätern mit einer pädophilen Präferenzstörung. Das Verwaltungsgericht verkenne auch, dass das verfügte Kontaktverbot den privaten Bereich des Antragstellers, den Bereich als Vereinsvorstand und schließlich wohl auch denjenigen als Gewerbetreibender betreffe. Die Antragsgegnerin gehe nach wie vor davon aus, dass der Antragsteller hinsichtlich der Reiseveranstaltungen und des Karateunterrichts einzig in seiner Funktion als (alleiniger) Vereinsvorstand in Erscheinung getreten sei. Allenfalls ergänzend für einen kleinen Teilbereich könne das Gewerbe „Durchführung von Reiseveranstaltungen“ und „Erteilung von Sportunterricht“ betroffen sein. Das Gewerbe „Organisation von Reiseveranstaltungen“ sei vom Kontaktverbot dagegen ohnehin nicht betroffen gewesen. Zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses habe die Antragsgegnerin eine Gewerbeuntersagung nicht in Betracht gezogen, da wegen des Auftretens des Antragstellers als Vereinsvorstand hinsichtlich der Reisen und des Karateunterrichts eine gewerbliche Tätigkeit auch nicht auf der Hand gelegen habe. Die Vereinstätigkeit habe bei ihm immer im Vordergrund gestanden. Die Gewerbetätigkeit habe dagegen allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt und sei von der Vereinstätigkeit überlagert. § 35 GewO sei jedenfalls als Rechtsgrundlage für ein Verbot der Vereinstätigkeit nicht geeignet. Da der Antragssteller wegen des ihm zur Last gelegten Tatvorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern nicht rechtskräftig verurteilt sei und sich die Antragsgegnerin für ihren Bescheid auch nicht auf dem Beweis zugängliche eingetretene Tatsachen stützen habe können, sei eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO auch gar nicht möglich gewesen. Im Übrigen sei entgegen der vom Verwaltungsgericht geäußerten Auffassung ein Austausch der falschen Rechtsgrundlage hier nicht von vornherein unmöglich. Eine Grenze des Nachschiebens von Gründen sei nur dort gegeben, wo durch die zusätzlichen Begründungsteile der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert werde. Letzteres sei bei der Umwandlung einer Ermessensentscheidung in eine gebundene Entscheidung gerade nicht der Fall. Gleichwohl sei der Austausch der Rechtsgrundlage hier nicht angezeigt, weil die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Vereinstätigkeiten habe untersagen wollen und müssen. Dafür sei allein Art. 7 Abs. 2 LStVG die richtige und geeignete Rechtsgrundlage. Auch wenn aufgrund der Überschneidung von Gewerbe- und Vereinstätigkeit das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG des Antragsgegners betroffen wäre, sei ein Kontaktverbot auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 LStVG zulässig. Das angeordnete Kontaktverbot sei zeitlich begrenzt und betreffe die Durchführung von Reiseveranstaltungen und das Erteilen von Sportunterricht nur mit Kindern. Somit handle es sich lediglich um eine Berufsausübungsregelung, die zulässig sei, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls diese als zweckmäßig erscheinen ließen. Der Schutz überragender Rechtsgüter wie der körperlichen Unversehrtheit und der Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch überwiege letztlich deutlich gegenüber dem relativ geringfügigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose sei nicht tragfähig. Die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses durch die Polizei und eigene Recherchen erlangten Kenntnisse über die Konstruktion der vereinsbezogenen Tätigkeit des Antragstellers, die in dessen Privathaus durchgeführten Ferienfahrten des Vereins, den angezeigten sexuellen Übergriff auf zwei damals 13-jährige Jungen und das anschließende Verhalten des Antragstellers (intensiver Kontakt zu den beiden Jungen auch nach der Ferienfahrt) ließe klare einschlägige Täterstrategien wie langfristige Planung des Missbrauchs, sexualisierte Annäherung sowie langfristige Aufrechterhaltung des Zugriffs auf das Kind erkennen. Sexualdelikte seien regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt und könnten deshalb die Gefahr der Wiederholung auch bei erstmaliger Begehung mit sich bringen. In Anbetracht der schwerwiegenden Folgen für kindliche Missbrauchsopfer und des erkennbaren Vorgehens des Antragstellers nach bekanntem Täterschema habe das Vorkommnis vom August 2014 auch ohne Beiziehung einer fachgutachterlichen Stellungnahme ausgereicht, um die Prognose über eine konkrete Wiederholungsgefahr eines solchen Sexualdelikts anzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 18. November 2015 den Eilantrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO abzulehnen.

Der Antragsteller tritt der Beschwerde unter Hinweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses entgegen. Die vermeintlich neuen Erkenntnisse der Antragsgegnerin seien im Übrigen nicht Gegenstand eines Straftatbestandes und könnten daher nicht als weitere Vorfälle herangezogen werden. Er greife die verleumderischen Methoden der Antragsgegnerin an, die ihm jeweils Unwahrheiten unterstelle. Der angefochtene Verwaltungsakt sei ein unzulässiger Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt, aber auf die Abgabe einer eigenen Stellungnahme verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung der mit der Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Aus den in der Beschwerde dargelegten Gründen ergibt sich, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers zu treffende Abwägungsentscheidung zu einem anderen Ergebnis und zur Ablehnung des Eilantrags hätte führen müssen.

Der vom Antragsteller angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Mai 2015 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bezüglich des in Nr. 1. verfügten Kontaktverbots mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig, soweit damit eine Kontaktaufnahme mit Kindern im privaten Bereich sowie im Rahmen der Vereinstätigkeit des Antragstellers beim Verein „... e.V.“ untersagt wird (1.). Soweit das angefochtene Kontaktverbot darüber hinaus materiell (auch) eine gewerberechtliche Regelung im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Teilgewerbeuntersagung (s. § 35 GewO) enthalten sollte (2.1.), lässt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines solchen Verbots dagegen nicht eindeutig beantworten (2.2.). Die danach erforderliche Interessenabwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen diese Verfügung insgesamt nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Kontaktverbots das private, aber auch berufliche Suspensivinteresse des Antragstellers letztlich deutlich überwiegt (3.).

1. Soweit sich das streitbefangene Kontaktverbot mit Kindern auf den privaten Bereich des Antragstellers und vor allem dessen Vereinstätigkeit beim Verein „... e.V.“ als Veranstalter und Leiter von Feriencamps und Sportunterricht für Kinder bezieht (zur Teilbarkeit eines Verwaltungsaktes vgl. allgemein Happ in Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 17 und Schmidt, a. a. O., § 113 Rn. 9), bestehen bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken des Senats. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG ist - jedenfalls insoweit - eine tragfähige gesetzliche Ermächtigung für das erlassene Kontaktverbot (1.1.). Die Antragsgegnerin hat die Tatbestandsvoraussetzungen dieser sicherheitsrechtlichen Befugnisnorm auch zu Recht als gegeben angesehen und dabei insbesondere eine rechtlich nicht zu beanstandende Gefahrenprognose hinsichtlich einer beim Antragsteller anzunehmenden Wiederholungsgefahr angestellt (1.2.).

1.1. Die allerdings nicht entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, mit Blick auf den Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts zu der Frage, ob die polizeiliche Generalklausel eine tragfähige Rechtsgrundlage für die Dauerobservation eines aus der Sicherungsverwahrung Entlassenen bzw. eines mehrfach wegen sexueller Gewaltdelikte vorbestraften Mannes darstellt (vgl. BVerfG, B. v. 8.11.2012 - 1 BvR 22/12 - juris; BVerwG, B. v. 13.1.2014 - 6 B 59.13 - juris), bedürfe das Kontaktverbot zu Kindern als erhebliche Einschränkung der grundrechtlichen Freiheit des Antragstellers einer Spezialbefugnis und könne demgemäß nicht auf die sicherheitsrechtliche Generalklausel gestützt werden, vermag der Senat aus den nachfolgenden Gründen nicht zu teilen:

In beiden zitierten Entscheidungen ist nicht abschließend entschieden worden, dass die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für die dort streitbefangene Dauerbeobachtung nicht in Betracht komme. Dass es in anderen Bundesländern polizeirechtliche Sonderregelungen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und in diesem Rahmen Standardermächtigungen auch für Näherungs- und Kontaktverbote gibt (vgl. dazu Guckelberger/Gard, NJW 2014, 2822), ist ebenfalls kein durchgreifendes Argument gegen die Anwendung der Generalklausel in Bayern. Vor allem ist aber bezüglich der Beeinträchtigung der Grundrechte eine dauerhafte lückenlose Präsenz der den Betroffenen außerhalb seines Zimmers überwachenden Polizisten (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 23 ff.) nicht vergleichbar oder gar gleichzusetzen mit dem hier angefochtenen zeitlich begrenzten Kontaktverbot mit Kindern. Schließlich liegt der sicherheitsbehördlichen Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 LStVG im Gegensatz zur polizeirechtlichen Befugnisgeneralklausel (s. Art. 11 Abs. 1 PAG) immer noch das landesrechtliche überkommene Prinzip der Spezialermächtigung (abschließende Aufzählung: „... nur treffen, um ...“) zugrunde (vgl. Gallwas/Lindner in Gallwas/Lindner/Wolff, Bayerisches Polizei- und Sicherheitsrecht, 4. Aufl. 2015, Rn. 304 ff. und 358 ff.; Kraft in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG -, Kommentar, Stand: September 2015, vor Art. 6, Rn. 3), so dass sich angesichts der gegenüber der Generalbefugnis des Polizeirechts eingeschränkter normierten Tatbestandsvoraussetzungen die vom Verwaltungsgericht geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich einer (erforderlichen) hinreichend differenzierten Rechtsgrundlage (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 25) auch systematisch nicht ohne weiteres übertragen lassen (zur sicherheitsrechtlichen Generalklausel und dem grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalt vgl. auch Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, a. a. O., Art. 7 Rn. 8 ff.).

Soweit ersichtlich wird demgemäß in der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur ein Kontaktverbot auch auf der Grundlage der polizeilichen Befugnisgeneralklausel für zulässig angesehen (vgl. z. B. VG München, B. v. 20.7.2007 - M 7 S 07.2792 - BeckRS 2007, 36564; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, Kommentar, 4. Aufl. 2014, Art. 11 Rn. 204; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz, Handkommentar, 20. Aufl. 2010, Art. 16 Rn. 6; zu einem auf die allgemeine Befugnis für die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden nach § 11 HSOG gestützten Kontakt- und Annäherungsverbot vgl. auch HessVGH, B. v. 30.9.2011 - 8 B 1329/11 - BeckRS 2011, 56078).

1.2. Die Antragsgegnerin hat die Tatbestandsvoraussetzungen der hier anwendbaren sicherheitsrechtlichen Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG auch zu Recht als gegeben angesehen. Danach können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes (hier: § 176 StGB - Sexueller Missbrauch von Kindern) verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden (Nr. 1.) oder Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen oder verletzen (Nr. 3.). Nach § 176 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt. Die zu verhütende Straftat muss aber konkret drohen. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund objektiver Tatsachen oder bestimmter Verhaltensweisen mit dem Eintritt des Schadens für die geschützten Rechtsgüter in dem konkreten Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muss; bloße Vermutungen reichen dafür nicht. Allerdings gilt ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B. v. 17.9.2015 - 10 CS 15.1435, 10 C 1510 C 15.1434 - juris Rn. 21). Geht es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter, wie etwa auch die Gesundheit von Menschen, dürfen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadens keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; es genügt, dass die Möglichkeit von Schäden an diesen Rechtsgütern realistischerweise nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. etwa BVerwG, U. v. 31.5.2012 - 3 A 1.11 - juris Rn. 31).

Gemessen daran ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin, angesichts des vom Antragsteller gezeigten Verhaltens sei auch künftig zu erwarten, dass er sich Kindern zum Zwecke der Befriedigung seiner pädophilen Veranlagung und des sexuellen Missbrauchs nähern und erneut sexuelle Handlungen an Kindern vornehmen werde, rechtlich nicht zu beanstanden. Die sich im Wesentlichen auf die allgemeine Lebenserfahrung stützende Prognose (Gefahreinschätzung bzw. -beurteilung) ist vom Gericht in vollem Umfang nachzuvollziehen und auch hinsichtlich des darin enthaltenen Wahrscheinlichkeitsurteils nicht nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle zugänglich (st. Rspr.; vgl. BayVGH, U. v. 26.11.2014 - 10 B 14.1235 - juris Rn. 25 m. w. N.). Schon deshalb ist der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf § 114 Satz 2 VwGO und die Voraussetzungen der Ergänzung einer Ermessensentscheidung für das (nachträgliche) Heranziehen der Erkenntnisse des Prof. B. zur Rückfallgefahr bei Sexualstraftätern durch die Antragsgegnerin systematisch unzutreffend.

Im Zeitpunkt der Entscheidung der Antragsgegnerin lagen aber bereits Tatsachen vor, die die von der Antragsgegnerin getroffene Gefahrenprognose und die Annahme einer Wiederholungsgefahr beim Antragsteller hinreichend stützen. Das Verwaltungsgericht ist offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass sich die vom Antragsteller bestrittenen Vorkommnisse (sexuelle Handlungen an den beiden Kindern im Rahmen des Feriencamps im Sommer 2014 in Ungarn) so abgespielt haben, wie es von den beiden Jungen bei ihren mehrfachen Vernehmungen nachvollziehbar und glaubhaft geschildert worden ist. Demgemäß hat das Verwaltungsgericht auch keinen Grund gesehen, von der Bewertung der Strafverfolgungsbehörden, dass beim Antragsteller ein hinreichender Tatverdacht eines Vergehens nach § 176 Abs. 1 StGB vorliege, im Rahmen der sicherheitsrechtlichen Gefahrenprognose abzuweichen. Wenn das Verwaltungsgericht aber gleichwohl annimmt, diese Vorfälle genügten nicht für eine hinreichend fundierte Prognose der Wiederholungsgefahr beim Antragsteller, eine solche Prognose könne weder von der Antragsgegnerin noch vom Gericht ohne fachgutachterliche Hilfe geleistet werden, stellt es an diese Prognose zu strenge Anforderungen.

Grundsätzlich bewegen sich die Sicherheitsbehörde und das Gericht bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr mit ihrer tatsächlichen Würdigung der konkreten Umstände des Falles regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die (auch) dem Richter allgemein zugänglich sind; der Heranziehung eines Sachverständigen bedarf es danach nur ausnahmsweise (vgl. BVerwG, B. v. 25.7.1990 - 1 B 112/90 - juris Rn. 8; B. v. 11.9.2015 - 1 B 39/15 - juris Rn. 12). Ein Sachverständigengutachten könnte im Übrigen die eigene Prognoseentscheidung des Tatrichters auch nicht ersetzen, sondern hierfür nur eine Hilfestellung bieten und daher bezüglich der Wiederholungsgefahr als geeignetes Beweismittel zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung über das Bestehen einer Wiederholungsgefahr in Betracht kommen (BVerwG, B. v. 13.3.2009 - 1 B 20.08 u. a. - juris Rn. 5; BayVGH, U. v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 35).

Die Antragsgegnerin hat für die von ihr angestellte Prognose im Wesentlichen folgende Erkenntnisse und Anknüpfungstatsachen herangezogen: die Werbung des Vereins für die Ferienfahrten nach Ungarn gerade auch für zurückhaltende Kinder, die Konstruktion der Planung und Durchführung dieser Fahrten durch den Antragsteller als alleinigem Vorstand des Vereins, der die Fahrten in sein Haus in Ungarn persönlich plant und durchführt und dabei weder vereinsintern noch sonst irgendeiner Kontrolle unterliegt, die angezeigten sexuellen Übergriffe auf zwei damals 13-jährige Jungen im August 2014 während des Feriencamps in Ungarn, das Verhalten des Antragstellers und dessen enger Kontakt zu den beiden Jungen auch nach Ende der Ferienfahrt und sogar nach deren Umzug nach Österreich. Daraus und aus allgemein zugänglichen Quellen (auch Veröffentlichungen im Internet) hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise beim Antragsteller einschlägige Täterstrategien wie langfristige Planung des Missbrauchs, das Suchen und Schaffen von Voraussetzungen für sexuellen Missbrauch, die sexualisierte Annäherung sowie eine langfristige Aufrechterhaltung des Zugriffs auf das Kind erkannt. Ebenso wenig zu beanstanden ist die weitere Annahme der Antragsgegnerin, dass Sexualdelikte regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt seien und deshalb die Gefahr der Wiederholung auch bei erstmaliger Begehung mit sich brächten. Zuzustimmen ist dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang lediglich insoweit, dass die Einordnung des Antragstellers in bestimmte Kategorien sexueller Orientierung insoweit nachrangig und nicht erheblich ist.

Gründe oder besondere Umstände, aufgrund derer die Gefahrenprognose gleichwohl nicht ohne spezielle, der Antragsgegnerin und dem Gericht nicht zur Verfügung stehende fachliche Kenntnissen erstellt werden könnte, hat das Verwaltungsgericht weder genannt noch sind sie hier sonst ersichtlich.

Bei der anzustellenden Gefahrenprognose ist zudem ganz entscheidend, dass angesichts der besonders schwerwiegenden und langfristigen Folgen für kindliche Missbrauchsopfer keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schadenseintritts gestellt werden dürfen. Vor diesem Hintergrund durfte die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung bekannter, auch vom Antragsteller benutzter Täterstrategien allein auf der Grundlage der Vorkommnisse vom August 2014 von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat beim Antragsteller ausgehen.

Die durch die Antragsgegnerin erst (nachträglich) im Beschwerdeverfahren geltend gemachten neuen tatsächlichen Erkenntnisse über zwei weitere einschlägige Vorfälle im Feriencamp Ende August/Anfang September 2015 in Ungarn, die auf Angaben eines teilnehmenden Jungen und einer als Begleitperson engagierten Studentin der Sozialpädagogik beruhen und offensichtlich ebenfalls Anlass für strafrechtliche Ermittlungen gegen den Antragsteller wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs geben, sind geeignet, die durch die Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose weiter zu stützen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das sicherheitsrechtliche Kontaktverbot als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren und deshalb im Rahmen der Gefahrenprognose auch neuen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen ist.

Die Antragsgegnerin hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass Anordnungen, die (auch) die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG tangierten, grundsätzlich auf Art. 7 Abs. 2 LStVG gestützt werden könnten, und dass es sich bei dem zeitlich beschränkten Kontaktverbot für den Antragsteller um eine ihn nicht unzumutbar belastende Berufsausübungsregelung handle, weil der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch und damit der Schutz ihrer körperlichen und seelischen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) das Interesse des Antragstellers, weiterhin Ferienfahrten und Sportunterricht mit Kindern unter vierzehn Jahren durchzuführen, deutlich überwiege.

2. Würde man entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheids und dem Vorbringen der Antragsgegnerin auch im Beschwerdeverfahren im streitbefangenen Kontaktverbot (schwerpunktmäßig) eine gewerberechtliche Regelung im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Teilgewerbeuntersagung (s. § 35 GewO) sehen, erwiese sich diese Anordnung dagegen weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig.

2.1. Ob und inwieweit das angefochtene Kontaktverbot vor allem mit Blick auf den Zusatz in Nr. 1. des Bescheidstenors „Im Besonderen ist Ihnen die Durchführung und Planung von Sport- und Trainingsveranstaltungen und von Unternehmungen aller Art, an denen Kinder teilnehmen, untersagt.“ nach ihrem objektiven Erklärungswert (entsprechend §§ 133, 157 BGB) tatsächlich eine Teiluntersagung der vom Antragsteller im Gewerberegister der Antragsgegnerin angemeldeten Gewerbe „Durchführung von Reiseveranstaltungen“ und „Erteilung von Sportunterricht“ beinhaltet, lässt sich bei summarischer Prüfung nicht hinreichend sicher beantworten. Die Antragsgegnerin verweist jedenfalls zu Recht darauf, dass der Antragsteller bei seinen Reiseveranstaltungen (Feriencamps) und dem Sportunterricht (Karatetraining) auch ausweislich des Internetauftritts des Vereins „... e.V.“ ausschließlich in seiner Funktion als alleiniger 1. Vorstand des Vereins auftritt, der gleichzeitig die Funktionen „Cheftrainer Karate“ und Leiter der Feriencamps ausübt. Soweit der Antragsteller demgegenüber geltend macht, er trete als selbstständiger (gewerblicher) Reiseveranstalter und Trainer auf, der die betreffenden Veranstaltungen bzw. Kurse für den Verein durchführe und diesem die Kosten und den Arbeitsaufwand in Rechnung stelle, und hierzu auf entsprechende Rechnungen verweist, hat der Senat angesichts einer eher undurchsichtigen Konstruktion der Funktionen und Tätigkeiten des Antragstellers Zweifel, ob das Abrechnungsmodell - wie das Verwaltungsgericht meint - tatsächlich als zwingender Beleg für eine gewerbliche Leistungserbringung durch den Antragsteller angesehen werden muss. Zudem ist auch eine Teilgewerbeuntersagung, von der bestimmte Aktivitäten des Gewerbetreibenden erfasst werden (vgl. Brüning in Beck‘scher Online-Kommentar GewO, Stand: 1.10.2014, § 35 Rn. 43) letztlich darauf angelegt, eine grundsätzlich zeitlich nicht begrenzte Sperrwirkung für zukünftige entsprechende gewerbliche Tätigkeiten zu entfalten (vgl. Brüning, a. a. O., § 35 Rn. 10, 55), während vorliegend ein (zeitlich begrenztes) Kontaktverbot mit Kindern insbesondere auch bei der Durchführung (und Planung) von Sport-, Trainings- sowie Reiseveranstaltungen angeordnet wurde.

2.2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wäre selbst im Fall einer solchen gewerberechtlich zu beurteilenden Teiluntersagung ein „Austausch“ der falschen Rechtsgrundlage (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG) nicht schon deswegen unmöglich, weil es sich bei § 35 GewO im Gegensatz zu Art. 7 Abs. 2 LStVG um eine gebundene Entscheidung handelt. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid (Verwaltungsakt) materiell rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach dem Recht, das geeignet ist, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweist sie sich aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert würde, ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (st. Rspr.; vgl. z. B. BVerwG, U. v. 31.3.2010 - 8 C 12.09 - NVwZ-RR 2010,636; vgl. auch Schmidt in Eyermann, a. a. O., § 113 Rn. 16 f.). Würde man die beiden Befugnisnormen hier austauschen, bliebe der Entscheidungstenor (Kontaktverbot mit dem darin enthaltenen Verbot der Durchführung und Planung von Sport- und Trainingsveranstaltungen und von Unternehmungen aller Art, an denen Kinder teilnehmen) davon unberührt. Auch die Begründung dieses Verbots würde grundsätzlich keine wesentlich anderen Erwägungen erfordern, weil sich die gewerbliche Unzuverlässigkeit auch aus dem Vorliegen verwertbarer gewerbebezogener Verstöße gegen Strafvorschriften (hier: § 176 StGB) ergeben kann, die auf eine künftige gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Betroffenen schließen lassen (vgl. Brüning, a. a. O., § 35 Rn. 23d). Nachdem es sich bei der Befugnisnorm des § 35 GewO um eine gebundene Entscheidung handelt, wären letztlich auch keine anderen oder zusätzlichen (Ermessens-)Erwägungen anzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 31.3.2010 a. a. O.).

Ob vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen einer Teilgewerbeuntersagung nach § 35 GewO erfüllt wären, was die Antragsgegnerin nach ihrem eigenen Vorbringen mangels hinreichender Tatsachen im Sinne von § 35 Satz 1 GewO selbst bezweifelt, ist allerdings offen. Darauf hinzuweisen ist jedoch, dass es aufgrund des Schutzzwecks von § 35 GewO grundsätzlich ausreichend ist, wenn das dem Gewerbetreibenden vorgeworfene Verhalten einen Straftatbestand objektiv verwirklicht (vgl. Brüning, a. a. O., § 35 Rn. 23d); einer (rechtskräftigen) strafrechtlichen Verurteilung bedarf es nicht. Auch bei der Befugnisnorm des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG sind im Übrigen (Anknüpfungs-)Tatsachen erforderlich, die die Annahme (Prognose) der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer (erneuten) Schutzgutverletzung rechtfertigen. Solche Tatsachen hat die Antragsgegnerin - wie dargelegt - zu Recht in den Vorkommnissen vom August 2014 (sexuelle Handlungen an am Feriencamp teilnehmenden Kindern) gesehen.

Ist demnach bereits offen, ob das angefochtene Kontaktverbot tatsächlich eine Teiluntersagung der vom Antragsteller im Gewerberegister der Antragsgegnerin angemeldeten Gewerbe „Durchführung von Reiseveranstaltungen“ und „Erteilung von Sportunterricht“ beinhaltet und ob vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen einer Teilgewerbeuntersagung nach § 35 GewO erfüllt wären, bedarf es keiner näheren Erörterung mehr, ob eine gewerberechtliche Teiluntersagung auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügte.

3. Wäre nach alledem eine im angefochtenen Kontaktverbot enthaltene Teilgewerbeuntersagung weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, führt die erforderliche Interessenabwägung gleichwohl zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen diese Verfügung auch insoweit nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse, Kinder auch schon vor dem Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller wirksam vor sexuellem Missbrauch zu schützen, das private, insbesondere wirtschaftliche Interesse des Antragstellers, (vorläufig) weiter Ferienfahrten und Sportunterricht mit Kindern unter vierzehn Jahren durchführen zu können, überwiegt. Die Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Freiheit des Antragstellers durch das streitbefangene Kontaktverbot wiegt weniger schwer als die mögliche Gefährdung des hochrangigen Rechtsguts der körperlichen und seelischen Unversehrtheit von Kindern durch erneute sexuelle Übergriffe bei solchen Veranstaltungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.