Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2014 - 9 CS 14.998

bei uns veröffentlicht am10.07.2014

Tenor

I.

In Abänderung der Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 11. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 21. Februar 2014 gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 20. Januar 2014 angeordnet.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Grundstücksnachbarin gegen den Bescheid des Landratsamts W. (im Folgenden: Landratsamt) vom 20. Januar 2014, der den Beigeladenen - unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens - den Umbau und die Nutzungsänderung des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück Fl.Nr. 281 der Gemarkung W. (im Folgenden: Baugrundstück) in eine dezentrale Asylbewerberunterkunft baurechtlich genehmigt. Wegen der näheren Einzelheiten der Baugenehmigung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. 280. Sie hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben und zudem beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Zur Begründung hat sie jeweils im Wesentlichen geltend gemacht, die Baugenehmigung verletze in mehrfacher Hinsicht die bauaufsichtlichen Brandschutzanforderungen.

Mit Beschluss vom 11. April 2014 hat das Verwaltungsgericht den gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag abgelehnt. Vorliegend lasse sich bereits aufgrund einer summarischen Prüfung feststellen, dass die Klage der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Das Bauvorhaben verstoße insbesondere nicht gegen die nachbarschützenden Vorschriften über Brandwände (Art. 28 BayBO). Die zum Grundstück der Antragstellerin gelegene nördliche Außenwand des Bauvorhabens müsse nicht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO als Brandwand ausgestaltet werden, weil im Sinne dieser Vorschrift gesichert sei, dass zwischen dieser Gebäudeabschlusswand und auf dem Grundstück der Antragstellerin bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden ein Abstand von mindestens 5 m eingehalten werde. Diese Sicherung ergebe sich im vorliegenden Fall aus der zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Baugrundstücks bestehenden Dienstbarkeit und einer inhaltsgleichen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Freistaats Bayern. Diese Dienstbarkeiten hätten nicht nur den Zweck verfolgt, die fehlenden Abstandsflächen zu übernehmen, sondern auch die Einhaltung des Mindestgebäudeabstands nach dem seinerzeit geltenden Art. 31 Abs. 2 BayBO 1969 zu gewährleisten.

Im Beschwerdeverfahren wendet die Antragstellerin im Wesentlichen ein, das Vorhaben verletze entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts drittschützende Brandschutzvorschriften der Bayer. Bauordnung und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Bei den im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten handle es sich ausweislich des Wortlauts des Grundbucheintrags ebenso wie nach dem Wortlaut des Dienstbarkeitsvertrags ausschließlich um eine Abstandsflächenübernahme. An keiner Stelle des Dienstbarkeitsvertrags finde sich ein Hinweis darauf, dass die dingliche Sicherung auch die Brandschutzabstände betreffen sollte. Gerade aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtungen und des unterschiedlichen Inhalts von Bebauungsbeschränkungen aus dem Abstandsflächenrecht und solchen aus Brandschutzvorschriften hätte in der Dienstbarkeitsbestellung ausdrücklich auf die Zielrichtung Brandschutz und die sich hieraus ergebenden weiteren Beschränkungen hingewiesen werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. April 2014 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts vom 20. Januar 2014 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

Die anwaltlich nicht vertretenen Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage viel dafür, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin unter den derzeitigen Gegebenheiten erfolgreich sein wird. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin voraussichtlich in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie gegen dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

1. Das Verwaltungsgericht verweist zutreffend darauf, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Sonderbau im Sinn des Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO handelt, so dass im Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO das gesamte Bauordnungsrecht und mithin auch die von der Antragstellerin angeführten Brandschutzvorschriften zu prüfen sind. Bauaufsichtliche Brandschutzvorschriften (vgl. Art. 12 BayBO) haben zwar nicht generell, aber jedenfalls dann nachbarschützende Wirkung, wenn sie dem Schutz der Nachbarn vor einer Ausbreitung von Feuer und Rauch dienen. Einen solchen Schutzzweck haben die Bestimmungen über Brandwände. Nach allgemeiner Meinung ist daher die Vorschrift des Art. 28 BayBO über die Notwendigkeit von Brandwänden und die Anforderungen an ihre Beschaffenheit nachbarschützend (vgl. Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 28 Erl. 14 m. w. N.; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 279; BayVGH, U.v. 14.8.1973 BayVBl 1974, 193 zu Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969).

2. Von diesen Grundsätzen geht auch das Verwaltungsgericht aus. Es meint jedoch, die zum Grundstück der Antragstellerin gelegene nördliche Außenwand des Bauvorhabens müsse nicht als Brandwand ausgestaltet werden, weil nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gesichert sei, dass zwischen dieser Gebäudeabschlusswand und auf dem Grundstück der Antragstellerin bestehenden oder nach baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden ein Abstand von mindestens 5 m eingehalten wird.

Diese Rechtsauffassung teilt der Senat nicht. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts sichern die aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 23. November 1973 im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten nicht den Brandschutzabstand von 5,00 m im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO, sondern sie sollen nach ihrem klaren Wortlaut lediglich die Einhaltung der bauaufsichtlichen Abstandsflächen im Sinne des Art. 6 BayBO gewährleisten. Eine bloße Abstandsflächendienstbarkeit reicht aber - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat (a. a. O., juris Rn. 26) - für eine Sicherung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO nicht aus, da z. B. durch in Abstandsflächen zulässige Gebäude (vgl. Art. 6 Abs. 9 BayBO) oder Vorbauten eine Unterschreitung des Brandschutzabstands von 5 m nicht ausgeschlossen ist (vgl. Koch/Molodovsky/Famers, a. a. O., Art. 28 Erl. 45; Simon/Busse, a. a. O., Art. 6 Rn. 94; BayVGH, U.v.14.8.1973 BayVBl 1974, 193).

Zur Ermittlung des Inhalts einer Dienstbarkeit ist nach allgemeiner Ansicht vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen (§ 874 BGB) Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH, U.v. 8.2.2002 - V ZR 252/00 - juris Rn. 10 unter Verweis auf die ständige BGH-Rechtsprechung; BayObLGZ, U.v. 29.4.1991 - RReg 1 Z 477/90 BayVBl 1992, 219; OLG München, B.v. 21.12.2012 - 34 Wx 281/12 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.3.2007 - 2 CS 07.81 - juris Rn. 5). Unter Beachtung dieser Auslegungsregeln handelt es sich bei den seinerzeit für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshausneubaus auf dem Baugrundstück bestellten Dienstbarkeiten um eine reine Abstandsflächendienstbarkeit.

a) Der am 7. Januar 1974 erfolgte Grundbucheintrag lautet ohne nähere Konkretisierung lediglich auf „Bebauungsbeschränkung“ und verweist allein auf den Dienstbarkeitsvertrag vom 23. November 1973 URNr. 2847/1973. Zur Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeiten ist daher vorrangig auf diesen Dienstbarkeitsvertrag mit der entsprechenden Eintragungsbewilligung (vgl. Nr. II der notariellen Urkunde v. 23.11.1973 URNr. 2847/1973) abzustellen.

Nr. II des Dienstbarkeitsvertrags nennt ausdrücklich „die nach Art. 6 BayBO für dieses Bauvorhaben vorgeschriebene Abstandsfläche…“ und verweist darauf, dass diese in der Planskizze gelb eingezeichnete Abstandsfläche gemäß Art. 7 BayBO vom Eigentümer des dienenden Grundstücks, also der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, übernommen wird. Auch der Wortlaut der Nr. IV der Urkunde macht nur bei einer Abstandsflächendienstbarkeit Sinn. Demnach wurden die Beteiligten nämlich vom Notar „über die Artikel 6 und 7 BayBO belehrt und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Abstandsfläche abhängig ist von der Wandhöhe des Gebäudes…“. Zur Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (oder des seinerzeitigen Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969) ist die Wandhöhe aber ohne jeglichen Belang, weil der Brandschutzabstand von 5 m nicht an die Höhe des Gebäudes oder der betreffenden Gebäudeabschlusswand anknüpft.

Hinweise, aus denen sich für den unbefangenen Betrachter ergeben könnte, dass die Dienstbarkeiten einen Gebäudeabstand von insgesamt 5 m sichern und damit (möglicherweise) dem Brandschutz dienen sollten, finden sich weder im Urkundentext noch in der zur Urkunde gehörenden Planskizze. Die im Text der Urkunde genannten Maßangaben (von 3,82 m Tiefe und 11,0 m Länge, vgl. Nr. II der Urkunde) betreffen lediglich den auf dem Grundstück der Antragstellerin (Fl.Nr. 280) gelegenen Bereich zwischen der gemeinsamen Grundstücksgrenze und dem auf ihrem Grundstück bereits bestehenden Gebäude. Maßangaben zum Abstand des seinerzeitigen Bauvorhabens zu dieser Grundstücksgrenze fehlen hingegen völlig. In der der Urkunde beigefügten Planskizze ist zwar die übernommene Abstandsfläche gelb eingezeichnet, dieser Lageplan enthält aber keinerlei Maßangaben. So lässt sich aus ihm auch nicht entnehmen, dass nach den seinerzeitigen Eingabeplänen das auf dem Grundstück der Beigeladenen geplante Wohn- und Geschäftshaus einen Grenzabstand von 1,18 m aufweisen sollte (vgl. Grundrisse EG und 1. OG der Bauvorlagen BV 330/73).

Auch aus der vom Verwaltungsgericht für seine anderslautende Rechtsauffassung herangezogenen Formulierung des Dienstbarkeitsvertrags „Sie [d. h. die gelb gekennzeichnete Fläche auf dem Grundstück der Antragstellerin] ist somit unbebaut liegen zu lassen.“, lässt sich für die Annahme einer dem Brandschutz im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO (Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 1969) dienenden Dienstbarkeit nichts ableiten. Denn eine derartige Formulierung gab im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut des seinerzeitigen Art. 7 Abs. 7 BayBO 1969 gerade bei einer Abstandsflächendienstbarkeit einen Sinn. Danach konnten sich (u. a.) die Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 3 BayBO ganz oder teilweise auf das Nachbargrundstück erstrecken, wenn rechtlich gesichert war, dass sie nicht überbaut werden (Art. 7 Abs. 7 Satz 1 BayBO). Sie mussten zusätzlich zu den für die Bebauung des Nachbargrundstücks vorgeschriebenen Abstandsflächen von der Bebauung freigehalten werden (Art. 7 Abs. 7 Satz 2 BayBO).

b) Sprechen nach all dem der Wortlaut des Grundbucheintrags und des dort in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrags mit der darin enthaltenen Eintragungsbewilligung für das Vorliegen einer bloßen Abstandsflächendienstbarkeit, so können die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Unterlagen aus dem seinerzeitigen Baugenehmigungsverfahren (vgl. Vermerke des Kreisbaumeisters v. 12.11.1973 und 15.1.1974; Lageplan Ansichten, Grundrisse, Schnitt v. 3.1.1974; Schlussabnahmeschein v. 24.6.1975, Bauakt BV 330/73) nicht die Annahme rechtfertigen, die bestellten Dienstbarkeiten hätten einen anderen rechtlichen Inhalt, nämlich die Sicherung eines Brandschutzabstands von 5 m, bezweckt. Dem Verwaltungsgericht ist zwar darin Recht zu geben, dass die Bauaufsichtsbehörde mit der Bestellung der geforderten Dienstbarkeiten die Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne hatte. Dies zeigen zum einen schon die vom Verwaltungsgericht angeführten Vermerke und Unterlagen, ergibt sich aber in aller Deutlichkeit auch daraus, dass die für das Bauvorhaben seinerzeit erteilte Baugenehmigung vom 7. Februar 1974 ausdrücklich auch eine entsprechende Ausnahme von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 Abs. 3 Ziff. 2 BayBO 1969 i. V. m. Abs. 5 BayBO in nördlicher Richtung enthält. Allerdings entsprechen die bestellten Dienstbarkeiten nicht dem, was die Bauaufsichtsbehörde vom Bauherrn seinerzeit als Voraussetzung für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung gefordert hat. Dies mag maßgeblich darauf zurückzuführen sein, dass schon das Anschreiben des Landratsamts an das Notariat vom 14. November 1973 insoweit den Sicherungszweck irreführend bezeichnet (z. B. mit dem Betreff „Rechtliche Sicherung von Abstandsflächen“) und die Bauaufsichtsbehörde den Inhalt des Dienstbarkeitsvertrags offensichtlich ungeprüft gelassen hat. Liegt aber nach Wortlaut und Sinn des Grundbucheintrags und des darin in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrags eine Abstandsflächendienstbarkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 BayBO vor, so kann diese Dienstbarkeit nicht unter Heranziehung ergänzender Unterlagen dahingehend ausgelegt oder umgedeutet werden, dass sie (auch) eine Dienstbarkeit zur Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO darstellt. Wer als unbefangener Betrachter die Grundbucheintragung und den darin in Bezug genommenen Dienstbarkeitsvertrag vom 23. November 1973 liest, hat nämlich keinen Anlass, in ergänzenden Unterlagen nachzuforschen, ob den bestellten Dienstbarkeiten ein anderer oder ein über eine Abstandsflächendienstbarkeit hinausgehender Inhalt beizumessen ist.

Die vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vertretene Auffassung, die Anforderungen an Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO würden in einer vom Gesetz nicht geforderten Weise überspannt, wollte man dieser Vorschrift entnehmen, dass die „Zielrichtung“ einer Bebauungsbeschränkung explizit aus der Sicherung hervorgehen müsse, ist schon mit dem Gesetzeswortlaut schwerlich in Einklang zu bringen. Denn Art. 6 Abs. 2 BayBO unterscheidet - wie sich aus dem Wortlaut von Satz 1 und 3 dieser Vorschrift ergibt - ausdrücklich zwischen Abstandsflächen (im Sinne des Art. 6 Abs. 1 BayBO) und Abständen nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 und Art. 30 Abs. 2 BayBO. Diese Unterscheidung kommt im Übrigen jetzt auch im Baugenehmigungsverfahren zum Ausdruck, wenn in den verbindlich eingeführten Bauantragsformularen beim Vordruck „Zustimmung zur Abstandsflächenübernahme/Abstandsübernahme mit Erläuterungen (vgl. Anlage 5 der IMBek v. 31.10.2012 zum Vollzug der Bauvorlagenverordnung) ausdrücklich zwischen einer „Abstandsflächenübernahme“ und einer „Abstandsübernahme“ unterschieden wird (vgl. Nrn. 5 und 6 dieses Vordrucks).

3. Reichen nach all dem die bestellten Dienstbarkeiten nicht aus, um von einer Sicherung des Brandschutzabstands im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO ausgehen zu können, so überwiegen bei dieser Sach- und Rechtslage die Interessen der Antragstellerin, dass von der Baugenehmigung nicht vor der Entscheidung über ihre Klage Gebrauch gemacht wird, die Interessen des Antragsgegners und der Beigeladenen, von der streitigen Baugenehmigung schon vorher Gebrauch zu machen. Auf die weiteren von der Antragstellerin vorgetragenen Beschwerdegründe kommt es insoweit nicht mehr entscheidungserheblich an.

Ob der aufgezeigte rechtliche Mangel durch Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO aus der Welt geschafft werden kann, ist hier ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn eine solche Abweichung bedarf einer Ermessensentscheidung, wobei die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen vorliegen müssen. Im vorliegenden Fall kommt es deshalb insbesondere darauf an, ob das Vorhaben unter den gegebenen konkreten Verhältnissen die sich aus Art. 28 BayBO ergebenden Anforderungen wahrt. Dass eine solche Abweichung hier lediglich „reine Formsache“ wäre, lässt sich jedenfalls nicht sagen. In Betracht zu ziehen ist z. B. insbesondere, ob nicht auch die dauernde Freihaltung des 1,18 m tiefen Streifens vor der nördlichen Außenwand des Bauvorhabens noch zu sichern ist oder zusätzliche Anforderungen an die Ausgestaltung der in dieser Außenwand vorhandenen Öffnungen zu stellen sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung 2013, Homepage des BVerwG, Nrn. 1.5 und 9.7.1).

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. Einer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung steht die Bezugnahme auf die bisherige Eintragung nach § 44 Absatz 3 Satz 2 der Grundbuchordnung gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 252/00 Verkündet am:
8. Februar 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1018, 133 C, 157 B

a) Eine Baubeschränkung auf "eineinhalbgeschossige" Bauweise kann Inhalt einer
Grunddienstbarkeit sein.

b) Dem eingetragenen Inhalt einer Grunddienstbarkeit (hier: "eineinhalbgeschossige"
Bauweise) kann nicht aufgrund von Schlußfolgerungen aus der Lage der beteiligten
Grundstücke ein veränderter Inhalt (Verbot, den freien Blick auf die
Landschaft zu verbauen) beigemessen werden.
BGH, Urt. v. 8. Februar 2002 - V ZR 252/00 - OLG München
LG München II
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die Richterin
Dr. Lambert-Lang und die Richter Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Kläger wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. Mai 2000 aufgehoben.
Auf die Berufung der Kläger werden die Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, das auf dem Grundstück Straße, I., Flur Nr. 50/2, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts W., Gemarkung I., Band 60, Blatt 2077, errichtete Gebäude soweit abzutragen, bis dieses einer eineinhalbgeschossigen Bauweise entspricht, nämlich im Obergeschoß auf mehr als einem Drittel der Geschoßfläche hinter einer Höhe von 2,30 m (gerechnet von der fertigen Fußbodenoberkante bis zur fertigen Dachaußenhaut) zurück bleibt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1/3, die Beklagten zu 2/3.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger begehren von den Beklagten die teilweise Abtragung eines von diesen aufgestockten Gebäudes.
Die Parteien sind Nachbarn an der I. Straûe in I. Die Kläger sind Eigentümer des Hausgrundstücks Nr. 16, die Beklagten des darunter befindlichen Hausgrundstücks Nr. 8. Im Grundbuch ist zu Lasten des Grundstücks der Beklagten seit dem 26. Mai 1959 eine Bebauungs- und Bepflanzungsbeschränkung eingetragen. Die Eintragung nimmt auf die im Kaufvertrag vom 27. Juli 1957 von den Voreigentümern erteilte Bewilligung folgenden Wortlauts Bezug:
"Die Käufer verpflichten sich hiermit mit Wirkung gegen sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der heutigen Vertragsfläche zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Restfläche der (damaligen) Fl.Nr. 50 den Bewuchs auf der Vertragsfläche so zu halten und zu gestalten, daû er nicht höher als 3 m wird und auûerdem nur mit Bauwerken zu bebauen, die eineinhalbgeschossig sind." Die Beklagten erwarben im Jahre 1992 das Grundstück und nahmen einen Umbau vor.
Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten hätten das vormals eineinhalbgeschossige Haus zweistöckig ausgebaut und ihnen den freien Blick auf die Landschaft verbaut. Sie haben (in erster Linie) beantragt, die Beklagten zu verurteilen, das Gebäude bis auf eine Gesamthöhe von 5,50 m, gerechnet ab der Fuûbodenoberfläche des Erdgeschosses abzutragen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug haben die Kläger den erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, die Beklagten zu
verurteilen, das Gebäude so weit abzutragen, daû bei dem niedrigstmöglichen genehmigungsfähigen Dachneigungswinkel - unter gröûtmöglicher Erhaltung des Ausblicks auf die Alpenkette und des Einblicks in das Isartal vom Erdgeschoû des Gebäudes der Kläger aus - höchstens die Hälfte der Geschoûfläche des Dachgeschosses eine lichte Höhe von 2,20 m aufweist. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Beklagten verurteilt, das Gebäude bis auf eine Höhe von 667,37 m ü.N.N. abzutragen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts anstreben. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels und verfolgen mit der Anschluûrevision ihre zweitinstanzlichen Anträge fort. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Anschluûrevision.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Begriff der "eineinhalbgeschossigen" Bauweise sei hinreichend bestimmt. Der Ausbau des Obergeschosses auf dem Grundstück der Beklagten führe, wie sich aus den Berechnungen des beigezogenen Sachverständigen ergebe, zu einem zweiten Vollgeschoû. Das Gebäude sei auf 667,37 m ü.N.N. abzutragen, denn nach dem Sinn und Zweck der Dienstbarkeit müsse die Firsthöhe des eineinhalbgeschossigen Bauwerks noch einen durchgehenden Blick auf die Alpenkette und in das Isartal zulassen. Hierbei sei auf den Blickwinkel einer im Wohnzimmer
der Kläger aufrechtstehenden Person weiblichen Geschlechts mit durchschnittlicher Gröûe abzustellen, deren Augenhöhe das Berufungsgericht mit 1,60 m veranschlagt. Ihm sei, wie das Berufungsgericht sachverständig beraten feststellt , bei der angegebenen Differenz zur Meereshöhe Rechnung getragen.
Dies hält den Angriffen von Revision und Anschluûrevision nicht stand.

II.


Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verpflichtet die Grunddienstbarkeit die Beklagten als Eigentümer des belasteten Grundstücks lediglich , auf diesem kein Bauwerk zu errichten, das eine eineinhalbgeschossige Bauweise übersteigt. Es ist nach dem Inhalt der Dienstbarkeit nicht geboten, eine bestimmte Firsthöhe des Hauses einzuhalten. Diese richtet sich danach, was die Vorschriften des Bauordnungsrechts für die nach der Dienstbarkeit zulässige Bauweise erlauben. Die Kläger haben eine Bebauung, die sich in diesem Rahmen hält, hinzunehmen, auch wenn ihnen hierdurch der Alpen- und Isarblick eingeschränkt wird. Der in Frage kommende Zweck der Bebauungsbeschränkung ("Alpen- und Isarblick") ist nicht mit dem Inhalt der Grunddienstbarkeit gleichzusetzen.
1. Die im Grundbuch eingetragene Baubeschränkung ist zulässiger Gegenstand einer Grunddienstbarkeit im Sinne von §§ 1018, 1019 BGB (vgl. nur MünchKomm-BGB/Falckenberg, 3. Auflage, § 1018, Rdn. 35 ff. m.w.N.). Zur Ermittlung des Inhalts der Dienstbarkeit ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen (§ 874 BGB) Eintra-
gungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände auûerhalb dieser Urkunden dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Senatsrspr., vgl. BGHZ 92, 351 (355); Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885). Danach hat, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgeht, der von den Bestellern der Dienstbarkeit verwendete Begriff der "eineinhalbgeschossigen" Bauweise einen objektiv bestimmbaren und damit hinreichend bestimmten (zutr. Staudinger/Ring, BGB, 1994, § 1018 Rdn. 76 m.w.N.) Sinn (vgl. OLG Hamm, FGPrax 1996, 171; auch ErmanKüchenhoff /Grziwotz, BGB, 10. Aufl., § 1018 Rdn. 8). Es genügt grundsätzlich, die Bebauung in Höhe und Länge oder durch Beschränkung auf eine konkrete Art und Weise festzulegen (vgl. Falckenberg aaO, Rdn. 35; BGB-RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1018 Rdn. 25; Staudinger/Ring, aaO, § 1018 Rdn. 51). Das ist durch den Hinweis auf die Geschoûzahl geschehen. Die "Eineinhalbgeschossigkeit" ist zwar in den bayerischen Baugesetzen und -verordnungen nicht definiert. Allein aus dem Fehlen einer solchen Definition kann aber nicht auf eine inhaltliche Unbestimmtheit geschlossen werden (vgl. OLG Hamm aaO, 172). Für einen unbefangenen Betrachter ist aus der Eintragungsbewilligung ohne weiteres deren nächstliegende Bedeutung erkennbar, daû nämlich kein zweigeschossiges Gebäude errichtet werden darf. Dies stimmt mit der vom Berufungsgericht eingeholten amtlichen Auskunft des Landratsamts Bad T.-W. überein, wonach der Ausdruck "eineinhalbgeschossiges Bauwerk" für Gebäude Eingang gefunden hat, die nicht mehr eingeschossig, aber auch noch nicht zweigeschossig sind, und inzwischen vielfach auch als "E + D-Gebäude" oder "Kniestockhaus" bezeichnet werden. Unter Berücksichtigung dieser Vorgabe läût sich die Baugestaltung im übrigen nach den Vorschriften des Bauord-
nungsrechts festlegen. Daû diese einer inhaltlichen Veränderung zugänglich sind, berührt ihre Eignung, den Inhalt des dinglichen Rechts zu bestimmen, nicht. Die Befugnisse, die die Dienstbarkeit verleiht, oder die Beschränkungen, denen sie den Eigentümer des dienenden Grundstücks unterwirft, sind nicht ein für allemal und unwandelbar festgelegt. Sie können vielmehr einer Anpassung an technische, wirtschaftliche aber auch rechtliche Entwicklungen unterliegen , solange die Art der Nutzung oder der Eigentumsbeschränkung unverändert bleibt (Senat, Urt. v. 27. Januar 1960, V ZR 148/58, NJW 1960, 673; Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 196/90, BGHR BGB § 1018, Ausübungsbeschränkung 1). In diesem Rahmen bleiben Änderungen der rechtlichen Anforderungen an eine unter zwei Vollgeschossen bleibende Bauweise. Bautechnisch sind ihnen zudem Grenzen gesetzt.
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist der Zweck, den die Besteller seinerzeit mit der Grunddienstbarkeit verbunden haben mochten (oben vor 1), nicht geeignet, der Bebaubarkeit des dienenden Grundstücks weitere Schranken zu setzen.

a) Selbst wenn die Beteiligten, was das Berufungsgericht nicht feststellt, den Zweck, den Blick auf Alpen und Isartal freizuhalten, übereinstimmend zum Inhalt der Dienstbarkeit hätten machen wollen (dingliche Einigung), wäre eine Dienstbarkeit dieses Inhalts nicht entstanden. Er findet nämlich in der Grundbucheintragung auch unter Berücksichtigung der zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Umstände (oben zu 1) keinen Ausdruck. Ein von der Eintragung abweichender Wille muû aber unbeachtet bleiben, weil sonst der Eintragung ihre eigenständige Bedeutung als rechtsbegründender Akt (§ 873 BGB) entzogen würde (Senat, Urt. v. 27. Januar 1960, aaO). Zwar können die Verhältnisse
der beteiligten Grundstücke, insbesondere Lage und Verwendungsart des herrschenden Grundstücks, Hinweise für die Auslegung des Eingetragenen geben. Dies wird vor allem der Fall sein, soweit das Eingetragene der Deutung bedarf und die äuûeren Umstände dem Text eindeutig und offenkundig zu einem bestimmten Inhalt verhelfen (Senatsurt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885 f). Nicht zulässig ist es dagegen, dem eingetragenen Inhalt der Dienstbarkeit (hier: Baubeschränkung auf eineinhalbgeschossige Bauweise) aufgrund von Schluûfolgerungen, zu denen die Lage der Grundstücke Anlaû gab, einen veränderten Inhalt (eineinhalbgeschossige Bauweise, die zusätzlich den Blick auf Alpenkette und Isartal nicht verstellt) zu verschaffen.

b) Abgesehen davon würde eine Baubeschränkung des Inhalts, den Blick freizuhalten, den Anforderungen an die Bestimmtheit des dinglichen Rechts nicht standhalten. Dies belegen die Versuche des Berufungsgerichts, den Interessen der Parteien durch die Festlegung von Koordinaten gerecht zu werden, die den der Einsicht vorbehaltenen Landschaftsausschnitt und den Blickwinkel des Betrachters festlegen sollen (Blick aus dem Wohnzimmerfenster , dieser allerdings nicht aus Sitzhöhe, sondern im Stehen; Blickwinkel einer Person mit geschlechtsspezifisch bestimmter Augenhöhe). Sie weichen die Konturen des Rechts auf und weisen ihm einen Inhalt zu, der im Unbestimmten und letztlich Beliebigen zerflieût.
3. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht für seine Meinung die Rechtsprechung des Senats zur Pflicht des Eigentümers des dienenden Grundstücks in Anspruch, eine Baulasterklärung im Interesse der Bebaubarkeit des herrschenden Grundstücks abzugeben (vgl. BGHZ 106, 348; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885). Die Pflicht zur Abgabe der rechtsgeschäftli-
chen Erklärung ist ungeeignet, Inhalt des dinglichen Rechts im Sinne des § 1018 BGB zu sein. Die Zweckbestimmung der Dienstbarkeit begründet nach der Rechtsprechung des Senats lediglich eine besondere Nebenpflicht in dem zwischen den Eigentümern des herrschenden und dienenden Grundstücks bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis. Für eine Erweiterung des Pflichtenkreises aus diesem Schuldverhältnis besteht im Streitfalle kein Bedürfnis. Die gebotene Rücksichtnahme bei der Ausübung der Dienstbarkeit ist bereits gesetzlich , nämlich in dem vom Berufungsgericht ebenfalls herangezogenen § 1020 BGB, angeordnet. Das Berufungsgericht übersieht indessen, daû der von ihm angestrebte Erfolg, die Freihaltung des Ausblicks, nicht notwendig zu einer Schonung des Interesses der Beklagten als Eigentümer des dienenden Grundstücks führt. Die Bauweise unterhalb zweier Vollgeschosse läût nach der Bayerischen Bauordnung, wie die amtliche Auskunft des Landratsamts Bad T.W. bestätigt, unterschiedliche Firsthöhen zu. In dem von dem Landratsamt zeichnerisch dargestellten Beispiel können sie bis ca. 1,70 m differieren. Maûgeblich ist lediglich, daû die in Art. 2 Abs. 5 BayBO 1998 vorgeschriebenen Mindestmaûe eines Vollgeschosses nicht erreicht werden (im einzelnen nachfolgend zu III). In einem bestimmten Zusammenhang mit dem Blick vom herrschenden Grundstück auf die Landschaft stehen sie nicht.

II.


Danach hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. kann der Senat in der Sache selbst entscheiden.
Die Bayerische Bauordnung vom 17. Februar 1901, die bei der Bestellung der Grunddienstbarkeit im Jahre 1957 galt, verwendete zwar den Begriff des Vollgeschosses noch nicht ausdrücklich; gleichwohl waren aber auch seinerzeit bestimmte Höhenangaben vorgegeben, die (auch) aus den lichten Höhen von Aufenthaltsräumen (vgl. heute Art. 45 ff BayBO 1998) folgten (vgl. Rauscher in Simon, Bayerische Bauordnung, Stand Juni 2001, Art. 2 Rdn. 1253 f). Der seit der Bayerischen Bauordnung in der Fassung vom 1. August 1962 ausdrücklich verwendete Begriff des Vollgeschosses setzt nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes, Bayerische Bauordnung 1998, voraus , daû das Geschoû, das vollständig über der natürlichen oder festgelegten Gebäudegrundfläche zu liegen hat, über mindestens zwei Drittel seiner Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m einhält (Art. 2 Abs. 5). Das sind die den Beklagten für den Ausbau des Obergeschosses gesetzten Grenzen. Gemäû § 1027 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB können die Kläger die Abtragung des vorhandenen Bauwerks auf die danach mögliche Höhe verlangen. In diesem Rahmen steht es den Beklagten, wovon sie jedenfalls teilweise Gebrauch gemacht haben, frei, das Obergeschoû als Dachgeschoû unter Einziehung eines Kniestockes (Aufmauerung der traufseitigen Auûenwände im Bereich eines Dachgeschosses) auszubauen.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.