Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2014 - 22 ZB 14.1594
vorgehend
Tenor
I.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
II.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Antragsverfahrens je zur Hälfte.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 432.400 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2014 - 22 ZB 14.1594
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2014 - 22 ZB 14.1594
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Dez. 2014 - 22 ZB 14.1594 zitiert oder wird zitiert von 26 Urteil(en).
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
Tenor
-
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde wird auf 250.000 € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) festgesetzt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG).
(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
- 1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und - 2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.
(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber
- 1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird, - 2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden, - 3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und - 4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.
(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.
(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
I.
Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
IV.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen im Außenbereich. Sie verfügt über einen positiven Bauvorbescheid, der ihr auf ihre Klage hin erteilt worden war. Ihren Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lehnte der Beklagte aus Gründen des Naturschutzrechts ab. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin blieb in erster Instanz erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Vorhaben sei aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig. Die naturschutzrechtlichen Fragen seien im Vorbescheid nicht mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Aufgrund der Feststellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit könne dem Vorhaben zwar nicht mehr entgegengehalten werden, ihm stünden Belange des Naturschutzes im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Das bedeute aber nicht, dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr zu prüfen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätten die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für Vorhaben im Außenbereich einen jeweils eigenständigen Charakter und seien unabhängig voneinander zu prüfen. Der Betrieb der Windenergieanlagen verstoße in Bezug auf die Vogelart "Rotmilan" gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot. Dem Beklagten komme insoweit ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu. Die Einschätzung, dass der Rotmilan durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei, sei naturschutzfachlich vertretbar.
- 2
-
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
- 3
-
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht zwar nicht in jeder Hinsicht in Einklang mit Bundesrecht. Es erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Es liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vor. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Über die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ist nicht bereits aufgrund des bestandskräftigen Bauvorbescheids mit Bindungswirkung zugunsten der Klägerin entschieden worden. Bei der danach im Genehmigungsverfahren gebotenen artenschutzrechtlichen Prüfung verfügt die Behörde über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.
- 4
-
1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, für eine naturschutzrechtliche Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbote sei trotz der verbindlich festgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, bei der auch das Entgegenstehen von Belangen des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geprüft worden sei, noch Raum, steht nicht in Einklang mit Bundesrecht.
- 5
-
Ist über die Frage, ob einem privilegierten Außenbereichsvorhaben Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, bereits im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheids abschließend entschieden worden, steht einer erneuten - naturschutzrechtlichen - Entscheidung über das Entgegenstehen artenschutzrechtlicher Verbote die Tatbestandswirkung des Bauvorbescheids entgegen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass artenschutzrechtliche Verbote zwingendes Recht darstellen, von dem nur abgewichen werden darf, wenn die Voraussetzungen für eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG) vorliegen. Die Annahme, aus diesem Grund sei zwischen planungsrechtlicher und naturschutzrechtlicher Zulässigkeit eines Vorhabens zu trennen, beruht aber auf einer Verkennung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auf das Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 3.01 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 350) kann sich das Oberverwaltungsgericht nicht stützen. Die Entscheidung des Senats ist auf die Besonderheiten der naturschutzrechtlichen Abwägung im Rahmen der sog. Eingriffsregelung zugeschnitten und betrifft zudem die nicht mehr geltende rahmenrechtliche Rechtslage (§ 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG a.F.). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass die bauplanungsrechtlichen und die naturschutzrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen generell unabhängig voneinander zu prüfen sind, hat der Senat nicht aufgestellt.
- 6
-
Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "zugleich" Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen (Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 35). Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie "naturschutzbezogen" sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine "nachvollziehende" Abwägung (zum Begriff z.B. Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>) ist kein Raum. Voraussetzung der nachvollziehenden Abwägung ist, dass die Entscheidung Wertungen zugänglich ist, die gewichtet und abgewogen werden können. Das ist bei zwingenden gesetzlichen Verboten nicht der Fall.
- 7
-
2. Die Berufungsentscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Ergebnis zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht prüfen durfte. Zwar verfügt die Klägerin über einen positiven Bauvorbescheid, der in dem Umfang, in dem er dem Vorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bescheinigt, Tatbestandswirkung entfaltet. Der positive Bauvorbescheid, der der Klägerin auf ihre Klage hin erteilt worden ist, enthält jedoch keine Aussage zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht.
- 8
-
An die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, der Bauvorbescheid stelle die planungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens "insgesamt" fest, ist der Senat entgegen § 137 Abs. 2 VwGO nicht gebunden. Im Revisionsverfahren ist eine vom Tatsachengericht vorgenommene Auslegung einer materiellrechtlich erheblichen Erklärung zwar nur in beschränktem Umfang einer Nachprüfung zugänglich (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 46). Lässt die Auslegung einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen, tritt eine Bindung aber nicht ein (Urteil vom 5. November 2009 - BVerwG 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18). So liegt der Fall hier. Die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit dem positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens "insgesamt" entschieden worden sei, wird von der bundesrechtswidrigen Auffassung getragen, artenschutzrechtliche Verbote seien nicht nur im Rahmen der planungsrechtlichen Prüfung als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustellen, sondern unabhängig davon Gegenstand einer eigenständigen naturschutzfachlichen Zulässigkeitsprüfung. Inmitten steht damit nicht lediglich die Feststellung des konkreten Inhalts einer behördlichen Erklärung durch das Tatsachengericht, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich durch den unzutreffenden bundesrechtlichen Maßstab vielmehr bei der Auslegung den Blick verstellt. Das Auslegungsergebnis des Tatsachengerichts ist deshalb für das Revisionsgericht nicht bindend.
- 9
-
Danach ist der Senat selbst zur Auslegung des Bauvorbescheids berechtigt. Die Auslegung ergibt, dass der Bauvorbescheid keine Aussage zur artenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB enthält. Bereits der Umstand, dass im Vorbescheidsverfahren ausweislich der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts artenschutzrechtliche Fragen noch gar nicht geprüft worden sind, weil die zuständige Behörde den Vorbescheidsantrag wegen - aus ihrer Sicht - entgegenstehender anderer Belange als denen des Naturschutzes abgelehnt hat (UA S. 14), legt es nahe, dass die Behörde nicht über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt, sondern nur über bestimmte (einzelne) Fragen entschieden hat. Der Bescheid enthält zudem die Einschränkung, dass er "für die im Antrag formulierten Fragestellungen" erteilt werde. Das deckt sich wiederum mit dem Tenor des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 3. Juli 2005, mit dem die Behörde verpflichtet wurde, der Klägerin einen Bauvorbescheid "gemäß ihrem Antrag" zu erteilen. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass mit dem Bauvorbescheid lediglich über die zum damaligen Zeitpunkt strittigen bauplanungsrechtlichen Fragen entschieden worden ist. Ferner hat das Verwaltungsgericht zur Begründung der Annahme, dass dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 nicht entgegenstünden, zu § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB lediglich ausgeführt, dass der Landschaftsschutz nicht in nennenswerter Weise beeinträchtigt werde. Dementsprechend hat die damals zuständige Behörde den Vorbescheid ausdrücklich mit "Auflagen" verbunden, die naturschutzrechtliche Vorgaben enthalten. Die Auflagen entsprechen im Übrigen den "Hinweisen", die bereits im ersten, ursprünglich ablehnenden Bescheid enthalten waren, der Gegenstand der erfolgreichen Verpflichtungsklage war. Bei der Entscheidung über den Vorbescheidsantrag lagen auch keine prüffähigen Unterlagen zu artenschutzrechtlichen Fragen vor. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Sie greift zwar die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, Artenschutz sei im Vorbescheidsverfahren nicht geprüft worden, mit der Verfahrensrüge als aktenwidrige Feststellung an. Der Vortrag, das Protokoll der Ämterberatung am 4. April 2001 nach Anlage K1 belege, dass naturschutzrechtliche Fragen aus Anlass des Vorbescheids behandelt worden seien, genügt jedoch hierfür nicht. Aus der Teilnahme eines Vertreters der Naturschutzbehörde an einer Ämterbesprechung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens lässt sich nicht ableiten, dass die naturschutzrechtlichen Fragen auch abschließend geprüft worden sind.
- 10
-
3. Da mit dem positiven Bauvorbescheid nicht über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Naturschutzrecht entschieden worden ist, musste der Beklagte im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren prüfen, ob der Genehmigung als Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das artenschutzrechtliche Tötungs- und Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.
- 11
-
3.1 In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Tatbestand des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur dann erfüllt ist, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219). Das ist hier der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass aus den ausgewerteten Erkenntnismitteln - naturschutzfachlich vertretbar - abgeleitet werden könne, dass für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windenergieanlagen grundsätzlich dann ausgegangen werden könne, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1 000 m betrage (UA S. 22). Soweit die Klägerin auf die für Rotmilane untypische Größe eines Horstes verweist, ist die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, dass die Beobachtungen der Klägerin keine taugliche Grundlage böten, um das Vorkommen des Rotmilans in diesem Gebiet zuverlässig erfassen zu können. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin einen förmlichen Beweisantrag stellen müssen; eine Beweisanregung genügt nicht. Die Rüge zur fehlenden Ermittlung von Maßnahmen zur Minderung des Kollisionsrisikos scheitert schon daran, dass die Klägerin nicht aufzeigt, welche Maßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen.
- 12
-
Die weitere Verfahrensrüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe in unzulässiger Weise Behauptungen eines "Hobbyornithologen" zugrunde gelegt und nicht beachtet, dass es zwingend einer unabhängigen fachlichen Überprüfung bedurft habe, ist unbegründet. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Erfassungen aus der Brutsaison 2011, mit denen der Beklagte das Vorkommen des Rotmilans in der näheren Umgebung der vorgesehenen Windenergieanlagenstandorte untermauert hat, von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter durchgeführt worden, der seit 1986 für das Museum für Vogelkunde in Halberstadt (Heineanum) und - seinen Angaben zufolge - seit 1977 für die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie der Stadt Quedlinburg tätig ist. Dass sich der Beklagte bei der Erfassung und Kartierung des artenrechtlichen Bestands der Vogelart "Rotmilan" auf Angaben eines solchen ehrenamtlich tätigen Mitarbeiters gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht, das den ehrenamtlichen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört hat, musste den Vortrag der Klägerin nicht zum Anlass für weitere Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung nehmen. Das Tatsachengericht darf grundsätzlich nach seinem tatrichterlichen Ermessen entscheiden, ob es zusätzliche Sachverständigengutachten einholt (stRspr; vgl. Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268). Ein Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachliche Stellungnahmen sind nur dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet. Von einer Missachtung wissenschaftlicher Mindeststandards kann keine Rede sein. Die Aufgabe der naturschutzfachlichen Erfassung und Kartierung von Arten kann auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet werden, sofern sie sich als sachkundig erweisen. Bestandserfassungen bedürfen nicht zwingend der Heranziehung eines als Sachverständigen ausgebildeten und anerkannten Gutachters. Auch eine langjährige Befassung im Rahmen ehrenamtlicher naturschutzfachlicher Tätigkeit kann die notwendige Sachkunde vermitteln, um Beobachtungen vor Ort vornehmen und über den Befund berichten zu können. Das zeigt auch die Praxis der Naturschutzverbände und -vereinigungen, die regelmäßig mit ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten und die mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in das Verfahren einbringen und als Verwaltungshelfer angesehen werden (vgl. nur Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <361> und vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 19). Die Klägerin zeigt auch nicht auf, dass im konkreten Fall Anlass bestand, an der durch jahrzehntelange Befassung geschulten Sachkunde des ehrenamtlichen Mitarbeiters zu zweifeln. Einer solchen Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil das Oberverwaltungsgericht den Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung gehört und sich damit einen Eindruck von seiner fachlichen Versiertheit bei der Vogelbeobachtung verschafft hat.
- 13
-
Weitere als Verfahrensrügen erhobene Einwände der Klägerin zielen darauf, den vom Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht, für maßgeblich gehaltenen Abstand der Windenergieanlagen durch andere Faktoren zu ersetzen. Auch diese Einwände bleiben ohne Erfolg.
- 14
-
3.2 In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, einen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren (vgl. Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 65, 91, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38, vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 113 und vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 99) gelten auch in Genehmigungsverfahren. Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden.
- 15
-
Grund für die Zuerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutiger Erkenntnisgeber erweist. Bei zahlreichen Fragestellungen steht - jeweils vertretbar - naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen. Eine naturschutzfachliche Meinung ist einer anderen Einschätzung nicht bereits deshalb überlegen oder ihr vorzugswürdig, weil sie umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen oder "strengere" Anforderungen für richtig hält. Das ist erst dann der Fall, wenn sich diese Auffassung als allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat und die gegenteilige Meinung als nicht (mehr) vertretbar angesehen wird (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66). Die naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative folgt nicht aus einer bestimmten Verfahrensart oder Entscheidungsform, sondern aus der Erkenntnis, dass das Artenschutzrecht außerrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu denen es jedenfalls nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine eindeutigen Antworten gibt.
- 16
-
Die Überprüfung behördlicher Einschätzungsprärogativen ist wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz, nämlich bezogen auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des behördlichen Einschätzungsspielraums, und genügt damit den verfassungsrechtlichen Erfordernissen (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 67). Die Einräumung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative führt zwar zu einer Rücknahme gerichtlicher Kontrolldichte. Das Gericht bleibt aber verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen.
- 17
-
3.3 Fehler bei der Anwendung der artenschutzrechtlichen Maßstäbe sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht dem Beklagten mit der Begründung, es lägen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass Rotmilane (verhaltensbedingt) im Straßenverkehr in vergleichbarer Zahl getötet würden wie durch Windenergieanlagen (UA S. 25), bestätigt, dass er sich bei der Bewertung der Gefahren im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative bewegt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift die Klägerin zwar an, erhebt aber lediglich allgemein gehaltene Einwände und zeigt nicht auf, dass die Quelle, auf die sich das Oberverwaltungsgericht zur Begründung gestützt und die Erhebungen über einen Zeitraum von 1991 bis 2006 zur Grundlage hat, methodischen Bedenken ausgesetzt sein könnte.
(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.
(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.
(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es
- 1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und - 2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.
(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.
(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.
(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.
(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.
(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.
Tenor
I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.
II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
-
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde wird auf 250.000 € (in Worten: zweihundertfünfzigtausend Euro) festgesetzt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens; die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 60.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.
II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gründe
-
I.
- 1
-
Der 1979 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wendet sich gegen seine Ausweisung. Im Alter von drei Jahren zog er gemeinsam mit seiner Mutter zu seinem als Arbeitnehmer in Deutschland lebenden Vater. Er erwarb hier den Hauptschulabschluss und absolvierte eine Berufsausbildung. 1996 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. In der Folgezeit ist er mehrfach strafgerichtlich verurteilt worden. 2006 erfolgte eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Zuletzt wurde der Kläger im Jahre 2007 wegen Diebstahls und einer Vielzahl von Betäubungsmitteldelikten unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Jahre 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Beklagte wies ihn mit Bescheid vom 4. November 2008 aus dem Bundesgebiet aus, wobei sie seine Rechtsstellung nach Art. 7 Satz 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG - Türkei (ARB 1/80) berücksichtigte. Seine Anfechtungsklage blieb vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof ohne Erfolg. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.
-
II.
- 2
-
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
- 3
-
1. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entnehmen. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind u.a. dann nicht erfüllt, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist oder aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann.
- 4
-
a) Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob Ausweisungen assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger bei Fehlen eines Rechtsbehelfsverfahrens, gegebenenfalls in Form eines Widerspruchsverfahrens, das auch eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Ausweisung ermöglicht, auch nach dem Außerkrafttreten der Richtlinie 64/221/EWG mit Wirkung vom 30.04.2006 von vornherein unheilbar rechtswidrig sind" (Beschwerdebegründung vom 10. Oktober 2012 S. 2). Für die Zulassung der Grundsatzrevision wegen dieser Frage fehlt es an dem erforderlichen Klärungsbedarf, weil in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist, dass die Frage zu verneinen ist (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 22 - 25, vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 1 C 20.11 - juris Rn. 28 - 34 und vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 10.12 - juris Rn. 23 f.).
- 5
-
Der Senat hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2012 (a.a.O. Rn. 22) entschieden, dass Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG und die darin vorgesehene Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren nicht für Ausweisungsverfügungen gilt, die nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG zum 30. April 2006 erlassen wurden. Das gilt auch für die hier angegriffene Ausweisung, die mit Bescheid vom 4. November 2008 verfügt wurde. Der Senat hat dies zum einen damit begründet, dass die Vorschrift durch Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG mit Wirkung zum 30. April 2006 aufgehoben worden ist. Weiter hat er darauf abgestellt, dass als unionsrechtlicher Bezugsrahmen für die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nunmehr Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen heranzuziehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 79). Der Senat hat aber auch für den Fall, dass die für Unionsbürger maßgebliche Vorschrift des Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG auf die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger anwendbar wäre, entschieden, dass sich daraus keine Verpflichtung zur Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren ergibt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 29 f.). Weder in der für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige vorgesehenen noch in der für Unionsbürger maßgeblichen Regelung ist die Beteiligung einer unabhängigen Stelle vorgeschrieben (so erneut Urteil vom 15. Januar 2013 a.a.O. Rn. 23).
- 6
-
Soweit die Beschwerde darauf abstellt, dass Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG weiterhin das Erfordernis einer vollständigen, ggf. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens vorzunehmenden Ermessensüberprüfung enthält (Beschwerdebegründung S. 5 - 8), hat der Senat hierzu in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 30) ausgeführt:
-
"Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG sehe weiter die Beteiligung einer unabhängigen Stelle vor, was sich zum einen daraus ergebe, dass der Rechtsbehelf nach Art. 31 Abs. 1 'gegebenenfalls' auch bei einer Behörde eingelegt werden könne und sich die Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren gemäß Art. 31 Abs. 3 nicht nur auf Tatsachen, sondern auch auf 'Umstände' zu beziehen habe. Denn der Verweis in Art. 31 Abs. 1 auf die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf gegebenenfalls bei einer Behörde einzulegen (englische Fassung: 'where appropriate'), bezieht sich erkennbar auf die Fälle, in denen das nationale Recht das so vorsieht, etwa wenn der gerichtlichen Überprüfung noch ein behördliches Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist. Eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Beteiligung einer zweiten Stelle im Verwaltungsverfahren ergibt sich daraus jedoch nicht. Entsprechendes gilt für die in Art. 31 Abs. 3 vorgeschriebene Überprüfung der Tatsachen und Umstände, auf denen die Entscheidung beruht. Aus dem Begriff der 'Umstände' (englische Fassung: 'circumstances') lässt sich eine Zweckmäßigkeitsprüfung - wie sie in Deutschland einer Behörde vorbehalten wäre - nicht ableiten. Die Formulierung ist vielmehr im Zusammenhang mit Art. 31 Abs. 3 Satz 2 zu sehen, der die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Entscheidung im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 vorschreibt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind alle 'Umstände' zu berücksichtigen, die Art. 28 bezeichnet."
- 7
-
Im Übrigen ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG, dass die Mitgliedstaaten nicht zur Aufrechterhaltung einer Regelung verpflichtet werden sollten, wonach vor Ausspruch der Ausweisungsentscheidung eine unabhängige Stelle einzuschalten ist. Vielmehr sollte die Aufnahme einer entsprechenden Regelung der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers überlassen werden. Die seinerzeit in Art. 29 des Kommissionsentwurfs vom 23. Mai 2001 enthaltene Regelung zum Rechtsschutz bei Ausweisungsentscheidungen wurde u.a. wie folgt begründet (KOM(2001) 257 endgültig S. 23 f.):
-
"1. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, den Aufenthaltsberechtigten den Zugang zu Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln und somit einen lückenlosen Rechtsschutz zu sichern.
-
2. Ein lückenloser Rechtsschutz schließt nicht aus, dass ein Mitgliedstaat vorsieht, dass ein Rechtsbehelf bei einer Behörde eingelegt werden kann. In diesem Fall müssen die in Artikel 9 der Richtlinie 64/221/EWG genannten Objektivitätsgarantien gegeben sein, insbesondere die vorherige Stellungnahme einer anderen Behörde, als die, die Einreiseverweigerung oder die Ausweisung verfügen soll, sowie Garantie in Bezug auf die Rechte der Verteidigung."
- 8
-
Die fehlende Verpflichtung zur Normierung eines behördlichen Rechtsbehelfsverfahrens ergibt sich auch aus der Begründung der Kommission zu ihrem geänderten Vorschlag vom 15. April 2003, der die heute in Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie enthaltene Formulierung einführte, dass ein Rechtsbehelf bei einem Gericht und "gegebenenfalls" bei einer Behörde eingelegt werden kann. Diese lautete (KOM(2003) 199 endgültig, S. 10 zum damaligen Art. 29 Abs. 1):
-
"Die Änderung soll klarstellen, dass der Rechtsbehelf stets bei einem Gericht eingelegt werden muss und ein Rechtsbehelf bei einer Behörde nur dann ebenfalls zulässig ist, wenn der Aufnahmemitgliedstaat dies vorsieht (zum Beispiel bevor ein Rechtsbehelf bei einem Gericht eingelegt werden kann)."
- 9
-
Auch die Begründung der Kommission zur heute in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie geregelten Vorschrift über den Inhalt und Umfang der Überprüfung im Rechtsbehelfsverfahren entspricht der oben wiedergegebenen Auslegung des Senats in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 30), dass darin eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Hinblick auf die Erfordernisse von Art. 28 der Richtlinie geregelt wird, aber keine Zweckmäßigkeitsprüfung, wie sie in Deutschland nur von einer Behörde erfolgen könnte (vgl. KOM(2003) 199 endgültig, S. 10 zum damaligen Art. 29 Abs. 4).
- 10
-
Ergibt sich aber aus Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG nicht das Erfordernis der Einschaltung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren, kommt es für die Beantwortung der aufgeworfenen Grundsatzfrage nicht darauf an, ob für die verfahrensmäßigen Anforderungen an die Ausweisung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG oder Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG Anwendung findet. Damit sind auch die Einwände der Beschwerde gegen die Auslegung des EuGH-Urteils in der Sache Ziebell durch das Berufungsgericht unerheblich, die sich gegen eine Erstreckung der dort getroffenen Aussagen zur Anwendbarkeit von Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG auf die verfahrensrechtlichen Regelungen bei Ausweisungen und damit die Nichtanwendbarkeit von Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG wenden (Beschwerdebegründung S. 17 - 23).
- 11
-
Das früher in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG geregelte Erfordernis der Einschaltung einer unabhängigen Stelle bei Ausweisungen gilt auch nicht - wie die Beschwerde meint - als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Europarechts, der aus dem im EGV bzw. AEUV verankerten Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit abzuleiten wäre, für Unionsbürger wie Berechtigte nach dem ARB 1/80 fort (Beschwerdebegründung S. 9 - 10). Vielmehr hat der Richtliniengeber die Verfahrenssicherungen bei Ausweisungen ohne vertragsrechtliche Bindung an das Modell der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG neu geregelt und durfte dies auch tun. Im Rahmen seines gemeinschaftsrechtlichen Regelungsspielraums hat er in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG den Wegfall der Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Verwaltungsverfahren, wie sie noch in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG vorgeschrieben war, durch einen erhöhten Rechtsschutz im gerichtlichen Verfahren ausgeglichen - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (Rn. 29) hingewiesen hat. Die Frage eines solchen Ausgleichs ist mit Blick auf die Rechtslage in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu betrachten und nicht isoliert für einen einzelnen Staat wie Deutschland. In vielen europäischen Staaten unterlagen ausländerbehördliche Entscheidungen bis zum Inkrafttreten von Art. 31 der Richtlinie 2004/38/EG aber keiner vollständigen gerichtlichen Kontrolle in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
- 12
-
Aus dem von der Beschwerde zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juni 2005 in der Sache Dörr/Ünal (Rs. C-136/03 - Slg. 2005, I-4759 Rn. 61 - 69) ergibt sich nur, dass die Rechtsschutzgarantien der Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG in dem Umfang, in dem sie für freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger und deren Familienangehörige gelten, auch auf Berechtigte nach Art. 6 und 7 ARB 1/80 zu übertragen sind. Nachdem an die Stelle der bisherigen Regelungen zum Rechtsschutz neue getreten sind, gelten die Grundsätze des Gerichtshofs zur Übertragbarkeit für diese, führen aber nicht zur Aufrechterhaltung der alten, außer Kraft gesetzten Vorschriften.
- 13
-
In der Rechtsprechung des Senats ist mittlerweile auch geklärt, dass eine Aufrechterhaltung der früher in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG getroffenen Regelung nur für Berechtigte nach dem ARB 1/80 - wie sie vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426 <429>) erörtert worden ist - gegen das Besserstellungsverbot des Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP - verstoßen würde. Der Senat hat dies wie folgt begründet (Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 23 f.):
-
"Da Ausgangspunkt der Betrachtung des Gerichtshofs die Verfahrensgarantien sind, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden, erweist sich seine Rechtsprechung zur Übertragung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige schon im Ansatz offen für Fälle von Rechtsänderungen, die die Stellung der Unionsbürger betreffen. Für diese gewährleistet Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG gegen Entscheidungen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung getroffen werden, einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde. Im Rechtsbehelfsverfahren sind nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände zu überprüfen, auf denen die Entscheidung beruht. Nach Satz 2 gewährleistet das Rechtsbehelfsverfahren, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG nicht unverhältnismäßig ist. Demzufolge gebietet Unionsrecht bei Ausweisungen von Unionsbürgern keine behördliche Kontrolle mehr nach dem 'Vier-Augen-Prinzip'. Dann können assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nach der dynamisch angelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Übertragung von Rechten auf diese Gruppe keine bessere verfahrensrechtliche Rechtsstellung beanspruchen.
-
Demgegenüber beruft sich der Kläger auf die Stillhalteklauseln in Art. 13 ARB 1/80 und Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP. Gemäß Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Aus diesen Stand-Still-Klauseln ergibt sich nach Auffassung des Klägers, dass Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei der Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger weiterhin anzuwenden sei. Dem folgt der Senat nicht.
-
Gegen die Auffassung des Klägers spricht bereits, dass Art. 13 ARB 1/80 seinem Wortlaut nach nur die Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union verpflichtet. Art. 41 Abs. 1 ZP betrifft sachlich nur Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, nicht aber die der Arbeitnehmerfreizügigkeit zuzurechnende aufenthaltsrechtliche Stellung aus Art. 7 ARB 1/80. Des Weiteren erscheint fraglich, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittenen Stand-Still-Klauseln überhaupt Verfahrensregelungen bei der Aufenthaltsbeendigung erfassen (vgl. Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 20 zu den gesetzlichen Erlöschenstatbeständen für Aufenthaltstitel) und ob die Aufhebung des 'Vier-Augen-Prinzips' mit Blick auf die gerichtliche Überprüfbarkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG eine merkliche Verschlechterung der Rechtsposition darstellt. Das kann aber dahinstehen, da die weitere Anwendung des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige selbst bei Annahme einer rechtserheblichen Verschlechterung gegen Art. 59 ZP verstoßen würde. Nach dieser Vorschrift darf der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Das wäre aber bei weiterer Anwendung des 'Vier-Augen-Prinzips' im Vergleich zu den Verfahrensrechten von Unionsbürgern aus Art. 31 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG - wie oben dargelegt - der Fall."
- 14
-
Einer Klärung durch den EuGH bedarf es insoweit nicht. Es ist im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs offenkundig ("acte clair"), dass zur Rechtfertigung einer verfahrensrechtlichen Besserstellung von Berechtigten nach dem ARB 1/80 nicht auf den weitergehenden materiellrechtlichen Ausweisungsschutz von Unionsbürgern nach der Richtlinie 2004/38/EG abgestellt werden kann. Denn dieser erhöhte Schutz beruht auf der besonderen Rechtsstellung der Unionsbürger, mit der die Berechtigten nach dem ARB 1/80 keine Gleichstellung verlangen können (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422 Rn. 68 - 74). Das von der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 12 f.) herangezogene Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juli 2007 in der Sache Derin (Rs. C-325/05 - Slg. 2007, I-6495 Rn. 68 f.) trifft für den Vergleich mit der Rechtsstellung von Unionsbürgern keine Aussage, da es zur Auslegung von Art. 59 ZP lediglich die Vor- und Nachteile der Rechtsstellung von Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit der von Berechtigten nach ARB 1/80 vergleicht, ohne auf die besondere Rechtsstellung von Unionsbürgern einzugehen. Jedenfalls in dem Umfang, in dem sich die Vertragsparteien EWG und Türkei in Art. 59 ZP völkerrechtlich zur Beachtung des Besserstellungsverbots verpflichtet haben, durfte die Union den Wegfall einer Regelung zum außergerichtlichen Rechtsschutz, der für die Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten geschaffen worden war, auch mit Wirkung für die Berechtigten nach dem ARB 1/80 entfallen lassen.
- 15
-
Der Rechtsauffassung der Kommission in ihrer Stellungnahme vom 15. Dezember 2006 in der Rechtssache Polat (Rs. C-349/06), auf die sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2011 (a.a.O. S. 429) bezogen hat, dass die Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG durch die Unionsbürgerrichtlinie auf die Auslegung des Assoziationsabkommens und die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte keinen Einfluss habe, ist der Gerichtshof nicht gefolgt. Vielmehr hat er für Regelungen zum Ausweisungsschutz, bei denen die für Unionsbürger geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG im Hinblick auf ihren Gegenstand und Zweck nicht auf Berechtigte nach dem Assoziationsrecht EWG - Türkei übertragbar sind, Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG als neuen unionsrechtlichen Bezugsrahmen bestimmt, nicht aber die außer Kraft getretenen Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG zugunsten der assoziationsrechtlich Begünstigten für weiterhin anwendbar angesehen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 74 - 79).
- 16
-
b) Die Beschwerde hält des Weiteren die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
-
"ob sich für einen assoziationsrechtlich begünstigten türkischen Staatsangehörigen, der sich in Strafhaft befindet, aus Art. 9 Assoziationsabkommen EWG-Türkei (AssAbk.), Art. 37 Zusatzprotokoll zum Assoziationsabkommen (ZP), Art. 10 ARB 1/80 und Art. 3 ARB 3/80 i.V.m. §§ 27, 40 SGB V und §§ 9, 15 SGB VI ein Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hinsichtlich seiner Drogenabhängigkeit in Deutschland ergibt, und ob dieser europarechtliche Anspruch dazu führt, dass entweder bei der Prüfung des Vorliegens der für seine aufgrund von Drogendelikten erwogene Ausweisung erforderlichen gegenwärtigen Wiederholungsgefahr die erfolgreiche Durchführung der Drogentherapie unterstellt werden muss, oder aber eine Ausweisungsentscheidung erst nach tatsächlichem Abschluss dieser Drogentherapie getroffen werden darf" (Beschwerdebegründung S. 40).
- 17
-
Die Beschwerde ist insoweit bereits unzulässig, da sie die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Grundsatzfrage nicht aufzeigt. Zunächst legt sie schon nicht dar, dass der Kläger drogenabhängig ist und aufgrund dieser Abhängigkeit einen Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hat. Des Weiteren hat die beteiligte Landesanwaltschaft zutreffend darauf hingewiesen (Schriftsatz vom 28. November 2012, S. 7), dass das Berufungsgericht die Ausweisung unabhängig vom Ergebnis - auch bei einem möglichen Erfolg - einer Drogentherapie als rechtmäßig angesehen hat (UA S. 55 Rn. 94). Das Berufungsgericht hat zur Begründung unter anderem auf die "dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung" des Klägers (UA S. 38) und dessen "antisoziale(n) Persönlichkeitsanteile" (UA S. 39) hingewiesen (ähnlich UA S. 41), die unabhängig von suchtbedingten Risiken eine erhöhte Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten begründeten (UA S. 39). Geht das Berufungsgericht nach seinen nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen aber von einer die Ausweisung rechtfertigenden schweren Gefährdung für ein Grundinteresse der Gesellschaft unabhängig von der Drogenabhängigkeit des Klägers aus, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit einer Klärung der hierzu aufgeworfenen Grundsatzfrage.
- 18
-
Im Übrigen bedürfte es aber auch im Fall der Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, da sie schon aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung beantwortet werden kann und zu verneinen ist.
- 19
-
Dabei kann offenbleiben, ob ein Berechtigter nach dem Assoziationsabkommen EWG - Türkei, dem Zusatzprotokoll zum Assoziationsabkommen, dem ARB 1/80 oder ARB 3/80 in der Situation des Klägers ein Anspruch auf Durchführung einer Entwöhnungstherapie hinsichtlich seiner Drogenabhängigkeit hat, wie das die Beschwerde behauptet. Denn selbst wenn ihm ein solcher Anspruch aus einer der von der Beschwerde angeführten Vorschriften zustünde, lässt sich aus diesem kein Ausweisungshindernis ableiten, wie es in der aufgeworfenen Grundsatzfrage formuliert ist. Alle angeführten Vorschriften des Assoziationsrechts haben Diskriminierungsverbote zum Inhalt. Diese verbieten allgemein oder für ihren spezifischen Regelungsbereich eine Diskriminierung assoziationsrechtlich begünstigter türkischer Staatsangehöriger gegenüber den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates oder anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Auch soweit sich nach der Rechtsprechung des EuGH aus einzelnen Diskriminierungsverboten aufenthaltsrechtliche Ansprüche ergeben können, beschränken diese nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den Aufenthalt aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zu beenden (vgl. EuGH, Urteile vom 2. März 1999 - Rs. C-416/96, EI-Yassini - Slg. 1999, I-1209 Rn. 45 und vom 14. Dezember 2006 - Rs. C-97/05, Gattoussi - Slg. 2006, I-11917 Rn. 40 f. zu Diskriminierungsverboten in Abkommen der Union mit Marokko und Tunesien; zur Übertragbarkeit auf das Diskriminierungsverbot nach Art. 10 ARB 1/80 vgl. Urteil vom 26. Oktober 2006 - Rs. C-4/05, Güzeli - Slg. 2006, I-10279 Rn. 52 f.). Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist insoweit allein daran zu messen, ob die Voraussetzungen des Art. 14 ARB 1/80 erfüllt sind, wobei als Bezugsrahmen mangels günstigerer Vorschriften im Assoziationsrecht EWG -Türkei Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG heranzuziehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 75 ff.). Danach kann ein nach dem Assoziationsrecht Berechtigter nur ausgewiesen werden, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt. Außerdem darf die Ausweisungsverfügung nicht auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhen. Schließlich haben die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats, bevor sie eine solche Verfügung erlassen, die Dauer des Aufenthalts der betreffenden Person im Hoheitsgebiet dieses Staates, ihr Alter, die Folgen einer Ausweisung für die betreffende Person und ihre Familienangehörigen sowie ihre Bindungen zum Aufenthaltsstaat oder fehlende Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Hingegen kommt es für die Erfüllung der Ausweisungsvoraussetzungen nicht darauf an, ob der Betroffene Anspruch auf die Durchführung einer Drogentherapie hatte, diese aber nicht bewilligt und durchgeführt wurde. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht, da die Rechtslage und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Voraussetzungen einer Ausweisung assoziationsrechtlich privilegierter türkischer Staatsangehöriger insoweit offenkundig ist ("acte clair").
- 20
-
2. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht entnehmen. Die Beschwerde entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426) geltend macht (vgl. Beschwerdebegründung S. 52 ff.).
- 21
-
Eine solche, die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat; für die behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt Entsprechendes (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328).
- 22
-
a) Soweit die Beschwerde hier eine Abweichung von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Oktober 2011 (2 BvR 1969/09 - NVwZ 2012, 426) geltend macht (vgl. Beschwerdebegründung S. 52 ff.), entspricht sie bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, da sie den tragenden abstrakten Rechtssatz nicht benennt. Sie trägt vielmehr vor, das Bundesverfassungsgericht habe in seinem im angeführten Verfahren ergangenen Beschluss vom 24. Oktober 2011 (a.a.O. S. 428) festgestellt, dass die Frage nach der Weitergeltung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei Ausweisungen assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichts ungeklärt gewesen sei. Dem widerspreche die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, wonach die Frage durch das Urteil des EuGH vom 8. Dezember 2011 geklärt sei und zwar dahin, dass die Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG in Fällen wie dem vorliegenden weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sei (UA S. 13).
- 23
-
Die von der Beschwerde behauptete Abweichung bezieht sich nicht auf einen Rechtssatz. Ein Rechtssatz beschreibt den Inhalt einer Norm, indem er diese als abstrakten richterrechtlichen Obersatz näher konkretisiert (vgl. Beschluss vom 7. März 2001 - BVerwG 8 B 36.01 - juris - Rn. 8; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 35). Die geltend gemachte Abweichung bedeutet keine solche rechtssatzgemäße Auslegung des materiellen Rechts, sondern würdigt lediglich, ob die Rechtsfrage vom EuGH geklärt ist oder nicht. Mit einer solchen Rüge kann die Beschwerde die Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht erreichen.
- 24
-
b) Soweit die Beschwerde auf eine Abweichung der angegriffenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt wird, führt sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.
- 25
-
(1) Die Beschwerde sieht eine entscheidungserhebliche Abweichung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst darin, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 13. September 2005 (BVerwG 1 C 7.04 - BVerwGE 124, 217), vom 9. August 2007 (BVerwG 1 C 47.06 - BVerwGE 129, 162) und vom 2. September 2009 (BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54) entschieden habe, dass sich das Rechtsbehelfsverfahren bei der Ausweisung von Berechtigten nach dem ARB 1/80 auch auf Ermessenserwägungen erstrecken müsse, "die über den Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit hinausgehen" (Beschwerdebegründung S. 54 f.). Dem stehe die Rechtsauslegung des Berufungsgerichts entgegen, das auf Seite 23 bis 27 des angefochtenen Urteils die "Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Ausweisung mit einer bloßen Überprüfung der Ausweisungsentscheidung am Maßstab des materiellen Europarechts gleichgesetzt" habe.
- 26
-
Mit diesem Vorbringen genügt die Beschwerde ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn sie bezeichnet schon keine für den vorliegenden Fall intertemporal maßgebliche Rechtsvorschrift, bei deren Anwendung ein Rechtssatzwiderspruch vorliegen könnte. Die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezog sich auf die Auslegung von Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG, auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, die von der Beschwerde angeführt werden, beziehen sich auf diese Norm. Damit fehlt es aber zusätzlich an der Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Abweichung. Denn Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG ist - wie oben unter Ziffer 1a dieses Beschlusses näher ausgeführt - mit Wirkung zum 30. April 2006 aufgehoben worden und findet auf nach diesem Zeitpunkt ausgesprochene Ausweisungsentscheidungen keine Anwendung mehr. Das betrifft auch die streitgegenständliche Ausweisung des Klägers. Ein Klärungsbedarf besteht deshalb nicht.
- 27
-
(2) Allerdings zeigt die Beschwerde eine Divergenz der angegriffenen Entscheidung zum Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - auf (Beschwerdebegründung S. 56 ff.).
- 28
-
Eine entscheidungserhebliche Abweichung liegt hier in der divergierenden Auslegung des Rechtsschutzbegehrens bei Anfechtung einer Ausweisung. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Senats haben Ausländer seit Inkrafttreten der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet (Urteile vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 Rn. 30 ff., vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 1 C 20.11 - Rn. Rn. 38 und vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 10.12 - Rn. 26). Fehlt eine Befristung der Ausweisungsentscheidung, kann der Ausländer zugleich mit der Anfechtung der Ausweisung seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung gerichtlich durchsetzen. In seinem Anfechtungsantrag ist deshalb zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung ihrer Rechtmäßigkeit ein Hilfsantrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung zu sehen, sofern eine solche nicht bereits von der Ausländerbehörde verfügt worden ist.
- 29
-
Im vorliegenden Fall waren die Wirkungen der Ausweisung im angegriffenen Bescheid vom 4. November 2008 nicht befristet worden, so dass die Anfechtungsklage des Klägers nach der vorzitierten Rechtsprechung einen Hilfsantrag auf nachträgliche Beifügung einer Befristung umfasste. Über diesen Antrag hätte das Berufungsgericht entscheiden müssen, da es die Ausweisung als rechtmäßig eingestuft hat. Sein - der Entscheidung unausgesprochen zugrunde liegender - Rechtssatz, dass dies nicht erforderlich sei, begründet die von der Beschwerde gerügte Divergenz.
- 30
-
Dennoch kommt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht, da die Beschwerde insoweit inzwischen unzulässig geworden ist. Der Beklagte hat den angegriffenen Bescheid durch eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf acht Jahre ergänzt. Dem Befristungsanspruch des Klägers ist damit Rechnung getragen, so dass sein im Anfechtungsantrag enthaltener Hilfsantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur nachträglichen Befristung ins Leere geht und eine Entscheidung über seine Divergenzrüge zur Durchsetzung dieses Befristungsanspruchs nicht mehr erforderlich ist. Für eine Zulassung der Revision allein zur Prüfung der Frage, ob die Behörde die Befristung im Einzelfall fehlerfrei bemessen hat, besteht kein Rechtsschutzinteresse, da diesem Begehren auf andere, einfachere Weise Rechnung getragen werden kann (vgl. Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 1 B 17.12 - Rn. 12 f.).
- 31
-
Eine Rechtsschutzlücke zu Lasten des Klägers entsteht nicht. Vielmehr kann er die - gerichtlich in vollem Umfang überprüfbare - nachträgliche Befristungsentscheidung vom 25. März 2013 gesondert durch einen Anfechtungsantrag angreifen, der - falls der Befristungsentscheidung (wie hier) eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigegeben war - innerhalb eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung bei dem zuständigen Verwaltungsgericht anhängig gemacht werden muss. Das Revisionsverfahren kann zur gerichtlichen Durchsetzung des Befristungsanspruchs nur dann genutzt werden, wenn es bereits aus anderen Gründen ohnehin eröffnet ist. Die vorgenannte Rechtsprechung des Senats, wonach das Revisionsverfahren ausnahmsweise auch für die Bescheidung des im Anfechtungsbegehren hilfsweise enthaltenen Verpflichtungsantrags genutzt werden kann, zielt lediglich auf Übergangsfälle einer nachträglichen Befristung von Bescheiden, die ohnehin in der Revisionsinstanz anhängig sind. Sie darf jedoch nicht dazu führen, die Revision in Fällen zuzulassen, in denen keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Im Übrigen steht es dem Kläger gegebenenfalls zusätzlich frei, bei einer geltend zu machenden Veränderung entscheidungserheblicher Umstände seit der maßgeblichen Befristungsentscheidung jederzeit einen Antrag auf nachträgliche Verkürzung der zunächst festgesetzten Frist bei dem Beklagten zu stellen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
Tenor
I.
Der Streitwert für das Klageverfahren wird unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Mai 2014 auf 432.400 Euro festgesetzt.
II.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.