Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2015 - 22 CS 15.310
vorgehend
Tenor
I.
Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. Januar 2015 werden geändert.
Dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 wird folgende Maßgabe beigefügt:
Die Beigeladene wird verpflichtet, auf etwaiges Verlangen der Antragstellerin, das mit geplanten Arbeiten auf den Grundstücken FlNr. 19000 der Gemarkung H. und FlNr. 16000 der Gemarkung O. begründet sein muss, die streitgegenständliche Windkraftanlage zum Stillstand zu bringen und die in der Nebenbestimmung Nr. 10.2 des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 genannte „Gondelpositionierung“ zu aktivieren. Die Verpflichtung, den Stillstand der Windkraftanlage herbeizuführen, gilt ab Bekanntgabe dieses Beschlusses bis einschließlich 30. April 2015, und innerhalb dieses Zeitraums an insgesamt maximal 7 Tagen unter der Voraussetzung, dass das Verlangen gegenüber der Beigeladenen mindestens 24 Stunden vor der gewünschten Abschaltzeit geäußert wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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Tenor
I.
Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.
2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.
Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.
3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.
4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.
2. Der Antrag ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
3. Der Antrag ist begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.
3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH
3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.
Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.
3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH
Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.
Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:
3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH
Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.
Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.
Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).
3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.
3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.
Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).
3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH
3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.
Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.
4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.
Tenor
I.
Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin beantragt, einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO sowie die Beschwerdeentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wieder herzustellen.
1. Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. 35... der Gemarkung H. und ordnete mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung an.
Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013 (in der derzeitigen Fassung) Anfechtungsklage erhoben (Az. W 4 K 14.604). Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 10. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. wiederhergestellt (Az. W 4 S 14.613). Der Antrag wurde nach Ergänzung der Genehmigung durch Bescheid vom 31. Juli 2014 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf Beschwerde der Beigeladenen hin abgelehnt (B.v. 19.8.2014 - 22 CS 14.1597). Bezüglich der Begründung der Beschlüsse wird auf die Prozessakten in den Verwaltungsstreitsachen W 4 S 14.613 und 22 CS 14.1597 verwiesen. Über die Hauptsacheklage ist noch nicht entschieden.
Das Landratsamt W. hat mit weiterem Bescheid vom 13. Oktober 2014 die streitgegenständliche Genehmigung vom 26. September 2013 (in der Fassung vom 31. Juli 2014) erneut im Tenor und in den Gründen ergänzt; die Ergänzung betrifft die geltend gemachte Gefahr, dass Arbeiter bei ihrer Tätigkeit auf der Spalierobstanlage durch von der Windkraftanlage herabfallende oder vom sich drehenden Rotor weggeschleuderte Eisstücke verletzt werden könnten. In der Folge hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Verwaltungsstreitsachen 22 CS 14.2157, 22 CS 14.2158 und 22 CS 14.2161 mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 zur Eiswurfproblematik Stellung genommen.
2. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 beantragt die Antragstellerin,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Es lägen veränderte Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO vor. Zum einen sei eine neue Beschluss- und Erkenntnislage durch die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
2. Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Da der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze, überwiege ein etwaiges Interesse der Antragstellerin an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage die Interessen des Bauherren nicht. Im Übrigen sei der Antrag auch deshalb abzulehnen, da die genannten Umstände unter Berücksichtigung der auch sonst für das Aussetzungsverfahren geltenden Grundsätze zu keiner anderen Entscheidung führen können als im ursprünglichen Verfahren. Veränderte Umstände seien nicht ersichtlich.
3. Die Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es wird zur Begründung angeführt, dass der Antrag weder zulässig noch begründet sei. Der Antrag sei bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen. Im Zuge der einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei eine abschließende Prüfung der in Frage kommenden drittschützenden Rechte erfolgt. Darüber hinaus sei der Antrag als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Antragstellerin versuche, sich durch den gegenständlichen Antrag ein nicht vorgesehenes Rechtsmittel gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.
II.
1. Das Verwaltungsgericht Würzburg ist als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO zuständig. Gericht der Hauptsache ist das Gericht, bei dem die Hauptsacheklage anhängig ist (vgl. Az. W 4 K 14.604). Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen, § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Eine Umdeutung des Antrags in einen neuen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt aufgrund der eindeutigen Antragstellung und aufgrund des Antragsbegehrens (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO), das auf Abänderung der vorhergehenden Beschlüsse im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichtet ist, nicht in Betracht.
2. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbstständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der Entscheidung nach Abs. 5, sondern die Neuregelung der Vollziehung des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem abweichenden Sinn ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 199). Gleichwohl stimmen beide Verfahren hinsichtlich der Verfahrensregeln und der Entscheidungsmaßstäbe überein, insbesondere ist der Verfahrensgegenstand identisch (BeckOK, VwGO, Stand: Okt. 2013, § 80 Rn. 198). Die Abänderungsbefugnis ist auch nicht auf stattgebende Entscheidungen beschränkt. Ein Anspruch nach Abs. 7 Satz 2 ist dann gegeben, wenn eine der beiden dort genannten Alternativen erfüllt ist. Die erste Alternative erfasst dabei entscheidungserhebliche Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art, die nach der Eilentscheidung eingetreten sind. Veränderte Umstände sind in erster Linie Änderungen der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage. Dies trifft zunächst für tatsächliche Veränderungen zu, wenn neue Fakten vorliegen oder nachträglich bekannt geworden sind bzw. eine Neubewertung von Fakten aufgrund eines Gutachtens erfolgt (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 80 Rn. 585). Dies gilt aber auch für eine Änderung der Rechtslage, worunter neben einer Gesetzesänderung auch die nachträgliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage fällt (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 197, Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 585). Dasselbe gilt bei einer Veränderung der Prozesslage etwa aufgrund neuer Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren oder einer inzwischen im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidung (Kopp/Schenke a. a. O., Schoch/Schneider/Bier a. a. O.). Ein schlichter Meinungswechsel hinsichtlich der Beurteilung des Aussetzungsbegehrens reicht aber nicht aus (OVG NW, B.v. 4.2.1999 - 11 B 74/99 - juris). Ebenso stellt ein in Reaktion auf die gerichtliche Aussetzung erlassener weiterer Verwaltungsakt keine Änderung der Umstände dar, da dies eine Änderung des Streitgegenstands bedeutet, für die das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht zur Verfügung steht (Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 80 Rn. 67). Schließlich muss sich aus den veränderten Umständen die Abänderung der früheren Eilentscheidung ergeben. Die veränderten Umstände müssen unter Berücksichtigung der auch sonst für das Aussetzungsverfahren geltenden Grundsätze zu einer anderen Entscheidung führen als im ursprünglichen Aussetzungsverfahren (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 202).
Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
a) Infolge des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
b) Des Weiteren nimmt die Antragstellerin Bezug auf nachträgliche Änderungen infolge des Bescheids des Antragsgegners vom 13. Oktober 2014 zur Eiswurfproblematik. Auch hierin ist kein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO im Bereich der durch die Anlage drohenden Gefahren durch Eiswurf und Eisfall zu sehen. Es handelt sich um eine komplexe Problematik, die sich auch aufgrund weiterer gutachterlicher Stellungnahmen einer abschließenden rechtlichen Beurteilung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO verschließt (so der BayVGH, B.v. 04.12.2014 - Az. 22 CS 14.2157, 22 C22 CS 14.2158 und 22 C22 CS 14.2161, Rn. 29).
Eine Beachtung der Regelung vom 13. Oktober 2014 im Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO scheidet auch schon deshalb aus, weil mit Erlass des Bescheids vom 13. Oktober 2014 der ursprüngliche Streitgegenstand abgeändert wird. Erstmals wird die eigenständig zu betrachtende Thematik des „Eiswurfs/Eisfalls“ in die Ausgangsregelung integriert. Mit der eingefügten Nebenbestimmung Nr. VI.10 „Eiswurf“ wird vorgeschrieben, dass die Windkraftanlage mit dem in den Antragsunterlagen beschriebenen Eisüberwachungssystem auszustatten ist (Nr. VI.10.1), beim Abschalten der Windkraftanlage wegen Eisbildung die in den Antragsunterlagen beschriebene Gondelpositionierung in einer bestimmten Art und Weise zu aktivieren ist (Nr. VI.10.2), die Windkraftanlage nach dem Abschalten der Windkraftanlage wegen Eisbildung erst nach einer Sichtkontrolle wieder in Betrieb genommen werden darf (Nr. VI.10.3) und das unmittelbare Umfeld der Windenergieanlage im Umkreis von 50,5 m (Radius) mit Warnschildern in einer bestimmten Art und Weise zu kennzeichnen ist (Nr. VI.10.4). Mit der neu eingefügten Nr. II.7 in der Begründung wurden die im Hinblick auf die Gefährdung durch Eiswurf hinzugefügten Nebenbestimmungen erläutert. Der Ausgangsbescheid erfährt durch den in Reaktion auf die gerichtliche Auseinandersetzung erlassenen Bescheid vom 13. Oktober 2014 mithin eine inhaltliche Modifizierung, mit der eine Änderung des Streitgegenstands, d. h. eine rechtserhebliche Änderung des Vorhabens verbunden ist. Für diese Fälle ist eine Überprüfung im Rahmen des § 80 Abs. 7 VwGO nicht vorgesehen (Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 80 Rn. 67 mit Hinweis auf OVG NRW, B.v. 03.06.1996 - Az. 11 B 1276/96 - juris).
c) Schließlich stellt der Bevollmächtigte der Antragstellerin darauf ab, dass sich aufgrund des Zeitablaufs die Umstände, die der ursprünglichen Interessenabwägung zugrunde gelegen haben, wesentlich geändert hätten und deshalb eine Neubewertung der Interessen erfolgen müsste. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Beendigung des Rechtsstreits bis zum Frühjahr 2015 und die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligten. Bezüglich dieser Aspekte ist jedoch keine Veränderung der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu erkennen.
Der Bewertung der Verfahrensdauer durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 19. August 2014 (Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25) liegt lediglich eine vorläufige Einschätzung aufgrund von Erfahrungswerten zugrunde. Bestätigt sich diese Einschätzung nicht, handelt es sich nicht per se um eine im Rahmen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO beachtliche Änderung der Umstände. Vielmehr bleiben die tatsächlichen Rahmenbedingungen identisch. Die Ansicht, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei hierbei von nicht zutreffenden Annahmen ausgegangen, ist eine Frage der rechtlichen Wertung. Diese ist nicht vom Gericht der Hauptsache im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO durchzuführen, da es sich nicht um ein Rechtsmittelverfahren handelt (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 199; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80 Rn. 66).
Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass sich die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten, insbesondere das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen am Betrieb der Anlage, wesentlich geändert haben. Es liegt auf der Hand, dass die finanziellen Einbußen bei einer Verzögerung des Vorhabens im Jahr 2015 weiterhin gegeben sind. Insofern ist keine Abweichung zu der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof festgestellten Ausgangssituation für das Jahr 2014 zu verzeichnen (vgl. BayVGH, B.v. 19.08.2014 - Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25). In diesem Zusammenhang hatte die Beigeladene jedoch die Frage der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch den verzögerten Betrieb dargelegt. Ein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist daher nicht gegeben.
Die Kammer kann auch im Übrigen die Antragstellerin betreffend keine wesentliche Abweichung der wirtschaftlichen Gesamtsituation feststellen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der Entscheidung vom 19. August 2014 die Frage der Existenzgefährdung der Antragstellerin ausdrücklich offen gelassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.08.2014 - Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25), so dass dieser Aspekt sehr wohl gesehen wurde und in die Abwägung eingeflossen ist. Eine wesentliche Änderung der Sachlage im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegt insofern nicht vor.
d) Da es an einer Geltendmachung veränderter Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO fehlt und die vorgetragenen Gründe nicht zu einer Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
3) Der Antrag war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2 i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere
- 1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen; - 2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen; - 3.
Auskünfte einholen; - 4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen; - 5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend; - 6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden. - 7.
(weggefallen)
(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.
(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.
2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.
Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.
3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.
4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.
2. Der Antrag ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
3. Der Antrag ist begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.
3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH
3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.
Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.
3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH
Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.
Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:
3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH
Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.
Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.
Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).
3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.
3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.
Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).
3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH
3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.
Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.
4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder - 2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können, - 2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können, - 3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und - 4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.
2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.
Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.
3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.
4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.
2. Der Antrag ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
3. Der Antrag ist begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.
3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH
3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.
Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.
3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH
Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.
Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:
3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH
Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.
Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.
Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).
3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.
3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.
Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).
3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH
3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.
Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.
4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder - 2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können, - 2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können, - 3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und - 4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.
2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.
Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.
3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.
4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.
2. Der Antrag ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.
3. Der Antrag ist begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.
3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH
3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.
Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.
3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH
Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.
Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:
3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH
Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.
Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.
Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).
3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.
3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.
Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).
3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH
3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.
Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.
4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.
(1) Es ist verboten,
- 1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, - 3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(2) Es ist ferner verboten,
- 1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote), - 2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c - a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, - b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.
(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.
(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
- 1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann, - 2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, - 3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.