Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2015 - 22 CS 15.310

bei uns veröffentlicht am16.03.2015

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. Januar 2015 werden geändert.

Dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 wird folgende Maßgabe beigefügt:

Die Beigeladene wird verpflichtet, auf etwaiges Verlangen der Antragstellerin, das mit geplanten Arbeiten auf den Grundstücken FlNr. 19000 der Gemarkung H. und FlNr. 16000 der Gemarkung O. begründet sein muss, die streitgegenständliche Windkraftanlage zum Stillstand zu bringen und die in der Nebenbestimmung Nr. 10.2 des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 genannte „Gondelpositionierung“ zu aktivieren. Die Verpflichtung, den Stillstand der Windkraftanlage herbeizuführen, gilt ab Bekanntgabe dieses Beschlusses bis einschließlich 30. April 2015, und innerhalb dieses Zeitraums an insgesamt maximal 7 Tagen unter der Voraussetzung, dass das Verlangen gegenüber der Beigeladenen mindestens 24 Stunden vor der gewünschten Abschaltzeit geäußert wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts Würzburg vom 26. September 2013 (in der derzeitigen Fassung), mit dem der Beigeladenen - unter Zulassung von Abweichungen vom Abstandsflächengebot nach Art. 6 BayBO - Bau und Betrieb einer Windkraftanlage immissionsschutzrechtlich genehmigt wurden. Die Antragstellerin ist Eigentümerin landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Außenbereich der Gemarkungen O. und H., auf denen sie im Erwerbsobstbau Spalierobst anbaut; einen Teil der Flächen hat sie verpachtet. Der Standort der Windkraftanlage liegt innerhalb eines im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellten Bereichs.

Die Grundstücke der Antragstellerin liegen an der nördlichen Seite und dem nördlichen Teil der westlichen Seite des Baugrundstücks. An beiden Seiten sind sie vom Baugrundstück nur durch ein jeweils ca. 4 m bis 5 m breites Feldweggrundstück getrennt; sie umschließen die nordwestliche Ecke des Baugrundstücks etwa im rechten Winkel. In dieser Ecke des Baugrundstücks steht die mittlerweile in Betrieb genommene Windkraftanlage; der Abstand von ihrem Mastmittelpunkt bis zur nördlichen wie zur westlichen Grenze des Baugrundstücks beträgt jeweils etwa zwischen 52 m und 55 m, der Rotorradius der Windkraftanlage ist 50,5 m. Der Turm der Windkraftanlage hat am Fuß einen Durchmesser von 10,73 m und ist an der Nabe 135 m hoch; die Anlagengesamthöhe beträgt ca. 186 m. Von der Rotorspitze bis zum Mittelpunkt des Mastes sind es 6 m. Die Spalierobstanlage erstreckt sich auf den Grundstücken westlich des Baugrundstücks in Nord-Süd-Richtung auf einer Länge von ca. 500 m; sie beginnt jenseits der Nordseite des Baugrundstücks und reicht durchgehend über den Standort der Windkraftanlage hinaus. Der Abstand vom Mastmittelpunkt der Windkraftanlage bis zur Grenze des (teils mit Hecken eingesäumten) Spalierobstgrundstücks beträgt - an der engsten Stelle - ca. 56 m; bis zur ersten Spalierobstreihe sind es ca. 80 m. Südwestlich der Windkraftanlage befinden sich in einer Entfernung von ca. 250 m weitere Spalierobstreihen.

Die Arbeitnehmer der Antragstellerin, die auf deren Grundstücken (insbesondere in der Spalierobstanlage und an den Hecken) arbeiten, wohnen auf dem der Antragstellerin gehörenden Gut G., dessen nächstgelegenes Gebäude von der Windkraftanlage etwa 1,37 km entfernt ist. In der Nähe der streitigen Anlage (östlich bis nordöstlich von ihr) und mit größerer Entfernung zum Gut G. (etwa zwischen 1,5 km und 1,9 km) stehen schon drei weitere Windkraftanlagen.

Nach Angabe der Antragstellerin liegen die Qualitätsanforderungen des von ihr erzeugten Obstes noch über denen der sonstigen Ökologischen Landwirtschaft. Grundlage sei ein Konzept, bei dem auch Flora und Fauna (insbesondere Vögel und Fledermäuse zur natürlichen Bekämpfung von Obstschädlingen) in der Umgebung der Spalierobstanlage eingebunden seien, wozu die Antragstellerin mit hohem Aufwand einen Biotopverbund geschaffen und z. B. Heckensysteme und Nisthöhlen angelegt habe. Für das Obst habe sie nur einen einzigen Abnehmer, der allerdings für die außergewöhnlich hochwertigen Früchte einen weit überdurchschnittlichen Marktpreis zahle.

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 wurde mehrmals geändert bzw. ergänzt (Bescheide vom 5.3.2014, 31.7.2014 und 13.10.2014). Gegen die Genehmigung haben sowohl die Antragstellerin als auch mehrere ihrer Arbeitnehmer Anfechtungsklagen erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Außerdem haben die Beigeladene, die Antragstellerin und ihre Arbeitnehmer verschiedene vorläufige Rechtsschutz-, Beschwerde- und Anhörungsrügeverfahren betrieben. Den in erster Instanz erfolgreichen Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die Genehmigung der Windkraftanlage hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Beschwerde der Beigeladenen hin mit Beschluss vom 19. August 2014 - 22 CS 14.1597 - abgelehnt.

Unter dem 15. Dezember 2014 beantragte die Antragstellerin, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juli 2014 - W 4 S 14.613 - und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 - 22 CS 14.1597 - zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 (in der aktuellen Fassung) wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 16. Januar 2015 - W 4 S 14.1306 - abgelehnt und hierzu ausgeführt, der Änderungsantrag sei bereits unzulässig, weil veränderte Umstände im Sinn des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO nicht vorlägen; deshalb sei auch keine Änderung des Beschlusses von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO veranlasst.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 16. Januar 2015 und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der streitigen Windkraftanlage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der gewechselten Schriftsätze wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im Wesentlichen unbegründet. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen grundsätzlich nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014. Davon ausgenommen ist lediglich die im Tenor des vorliegenden Beschlusses verfügte, den Beschluss vom 19. August 2014 ergänzende Maßgabe.

1. Der Antrag auf Änderung des Beschlusses vom 19. August 2014 ist zulässig, weil in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 veränderte Umstände im Sinn von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen; er ist aber im Wesentlichen unbegründet.

1.1. Der Verwaltungsgerichtshof geht hier davon aus, dass veränderte Umstände im Sinn von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen.

Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses wegen veränderter oder wegen im ursprünglichen Verfahren unverschuldet nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das gerichtliche Änderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist zweistufig angelegt. Ein zulässiger Änderungsantrag setzt voraus, dass veränderte oder im vorangegangenen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände vorgetragen werden und vorliegen, die ein Abweichen von der ursprünglichen Entscheidung rechtfertigen können (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 103 m. w. N.); aus den neu vorgetragenen Umständen muss sich zumindest die Möglichkeit einer Änderung der früheren Eilentscheidung ergeben (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 196 m. w. N.). Das Vorliegen veränderter oder ohne Verschulden des Änderungsantragstellers bislang nicht geltend gemachter Umstände ist demnach Voraussetzung dafür, dass überhaupt auf dessen Verlangen erneut über den Fortbestand oder die Änderung der im Eilrechtsschutzverfahren getroffenen vorläufigen Entscheidung befunden werden muss. Dieser Prüfung nachgelagert ist die Frage, ob bei einer neuen, selbstständigen, vom vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO losgelösten, aber nach denselben Grundsätzen wie in diesem vorzunehmenden Prüfung (Schmidt in Eyermann, a. a. O., § 80 Rn. 101 und 108 jeweils m. w. N.; Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 Rn. 191, 199, 202 jeweils m. w. N.) eine Änderung der vorherigen Entscheidung geboten ist.

Ob im Sinn von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Änderung der im Eilrechtsschutzverfahren getroffenen vorläufigen Entscheidung geboten ist, ist anhand desselben Entscheidungsrahmens zu beurteilen, der auch für den Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO gilt. Gebildet wird dieser Rahmen nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum zum Einen von der summarischen Beurteilung der Rechtmäßigkeit desjenigen belastenden Verwaltungsakts, um dessen sofortige Vollziehung es geht (Erfolgsaussichten des Anfechtungsrechtsbehelfs), zum Andern von der Abwägung der Vor- und Nachteile für die betroffenen Rechtsgüter der Beteiligten für den Fall, dass sich die im Eilrechtsschutzverfahren getroffene tatsächliche und/oder rechtliche Bewertung später im Klageverfahren als unzutreffend erweisen sollte (Interessenabwägung); diese Abwägung trifft das Gericht eigenständig und originär nach der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage (Eyermann, a. a. O., § 80 Rn. 71 m. w. N.; Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 Rn. 146 m. w. N.).

Eine im Sinn des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO maßgebliche Änderung der Umstände ist vorliegend infolge des Ergänzungsbescheids des Landratsamts vom 13. Oktober 2014 eingetreten. Mit diesem Bescheid hat das Landratsamt der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine neue Nebenbestimmung Nr. VI.10.2 beigefügt und damit nicht nur den Einsatz des Eiserkennungssystems, sondern auch im Fall der Eisbildung die Positionierung der Gondel in einem Maximalabstand der vom Rotor überstrichenen Fläche zu den Grundstücken der Antragstellerin rechtsverbindlich vorgeschrieben. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 22 CS 14.2157 u. a. - Rn. 20 ausgeführt hat, ist diese Nebenbestimmung so zu verstehen, dass mit ihr die feste Gondelpositionierung in Parallelstellung des Rotors zu den einschlägigen Grundstücksgrenzen unabhängig von der im jeweiligen Zeitpunkt herrschenden Windstärke vorgeschrieben wird, so dass insofern die Nebenbestimmung Nr. 10.2 von der „Beschreibung der Gondelpositionierung bei Eiserkennung“, die mit Nr. I.1. des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 als Nr. IV.19 zum Bestandteil der Genehmigung gemacht worden ist, abweicht und über die „Beschreibung der Gondelpositionierung bei Eiserkennung“ noch hinausgeht.

Der rechtlichen Wertung, dass aufgrund des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 veränderte Umstände eingetreten sind und einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO rechtfertigen, kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die mit diesem Bescheid herbeigeführte Änderung für die Antragstellerin ausschließlich vorteilhaft wäre. Zwar kann es einem Erfolg eines Änderungsantrags entgegenstehen, wenn sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage für den die Änderung begehrenden Beteiligten offensichtlich nicht verschlechtert oder sogar verbessert hat. Vorliegend macht die Antragstellerin indes geltend, dass mit der Nebenbestimmung Nr. 10.2 im Ergänzungsbescheid vom 13. Oktober 2014 unter bestimmten Witterungsbedingungen ein nach den Genehmigungsunterlagen, insbesondere der technischen Betriebsbeschreibung, nicht vorgesehener und gutachterlich nicht geprüfter Betriebszustand (starre Gondelpositionierung auch bei Windgeschwindigkeiten über 10 m/s) vorgeschrieben werde, so dass dadurch eine Beschädigung oder ein Umsturz der Windkraftanlage bei starkem Wind eintreten und die Obstplantage und die darin arbeitenden Beschäftigten gefährdet sein könnten. Insofern kann von einer offensichtlich nicht nachteiligen Veränderung nicht ausgegangen werden. Hinzukommt, dass durch die erstmalige Inbetriebnahme im Hochwinter die im Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 22 CS 14.2157 u. a. - Rn. 24 erörterten „Anlaufschwierigkeiten“ des Schutzsystems vor Eiswurfgefahren sich gerade dann auswirken könnten, wenn das Schutzsystem seine volle Wirksamkeit bereits entfalten müsste. Der rechtlichen Wertung des Verwaltungsgerichts, dass mit der im Ergänzungsbescheid vom 13. Oktober 2014 verfügten Aufnahme von Nebenbestimmungen eine so weitgehende Änderung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verbunden sei, dass die Änderung nicht im Weg des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO berücksichtigt werden könnte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Die Beifügung oder Modifizierung von Nebenbestimmungen, mit denen die ursprüngliche Genehmigung erhalten bleibt, schließt vielmehr die Berücksichtigung der Änderungen im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht aus (Eyermann, a. a. O., § 80 Rn. 100 m. w. N.).

Auch dass die Eiswurfgefahr erst von Beschäftigten der Antragstellerin, nicht aber von dieser selbst im vorherigen Verfahren thematisiert worden ist, steht entgegen der Ansicht der Beigeladenen einem zulässigen Änderungsantrag nicht entgegen. Denn der Änderungsgrund liegt in der Ergänzung der angefochtenen Genehmigung um Nebenbestimmungen, nicht aber in der dieser Änderung zugrunde liegenden, von der Antragstellerin selbst bis dahin nicht angesprochenen Thematik.

1.2. Die Änderungen der Sach- und Rechtslage in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 und der erstmaligen Inbetriebnahme im Hochwinter rechtfertigen keine Änderung dieses Beschlusses, ausgenommen nur die im vorliegenden Tenor verfügte Maßgabe.

Was den Schutz der Sonderkulturen sowie der darin arbeitenden Menschen vor Eiswurf und Eisfall angeht, hat sich die summarische Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung auch unter Berücksichtigung des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 und der erstmaligen Inbetriebnahme im Hochwinter im Vergleich zur Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Beschlusses vom 19. August 2014 nicht maßgeblich geändert. Die nach Erlass des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 vorgetragenen Einwände der Antragstellerin betreffen vor allem die Frage, ob die - von der Windgeschwindigkeit unabhängige - starre Gondelpositionierung parallel zur östlichen Grenze des am stärksten gefährdeten Grundstücks der Antragstellerin andere oder noch größere Gefahren dadurch hervorruft, dass die Windkraftanlage starken Winden nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt (durch den zugelassenen „Trudelbetrieb“ des Rotors) nachgeben kann und somit bruchgefährdet oder gar einsturzgefährdet ist. Die Beigeladene hat insoweit zwar dem Vortrag der Antragstellerin nicht widersprochen, wonach die von der Windgeschwindigkeit unabhängige starre Positionierung der Gondel ein in den technischen Unterlagen nicht vorgesehener und gutachterlich nicht geprüfter Betriebszustand ist. Andererseits sieht die Beigeladene gleichwohl keine Bruch- oder Einsturzgefahren und hat auf den Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 22 CS 14.2157 u. a. - nicht mit Änderungsanträgen reagiert. Dies hat Gewicht. Denn die Beigeladene hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, dass die Windkraftanlage nur in einem Zustand betrieben wird, der nicht zu einem den Ertrag aus der Energiegewinnung übersteigenden Schaden an der Anlage führt oder sogar die von der Antragstellerin befürchtete Havarie hervorrufen könnte, mit der die getätigten beträchtlichen Investitionen wohl völlig entwertet würden. Es ist deshalb fernliegend, dass die Beigeladene seit mittlerweile mehr als fünf Monaten (bzw. drei Monaten seit dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 4.12.2014) einen unter bestimmten Witterungsbedingungen erforderlichen Betriebsmodus, der ihre Windkraftanlage zerstören könnte, widerspruchslos hingenommen und die Anlage trotz solcher Gefahren seit etwa einem Monat betrieben haben sollte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat insofern im Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 22 CS 14.2157 u. a. - eine Interessenabwägung und eine Abschätzung der Erfolgsaussichten vorgenommen. Neue Erkenntnisse sind dem Verwaltungsgerichtshof seither nicht bekannt geworden; infolgedessen hält er grundsätzlich an der bisherigen Interessenabwägung fest und hält auch hier eine Maßgabe mit einer besonderen Verpflichtung der Beigeladenen für geboten. Abweichungen vom Beschluss vom 4. Dezember 2014 ergeben sich zum Einen aus ergänzendem Vorbringen der Antragstellerin, zum Andern aus von den Beteiligten mitgeteilten Vollzugsproblemen. Der Verwaltungsgerichtshof ist bestrebt, die Regelung so einfach wie möglich zu gestalten.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass diejenigen potentiellen Gefahren, die durch Eiswurf oder Eisfall namentlich unter Berücksichtigung der im Beschluss vom 4. Dezember 2014 - 22 CS 14.2157 u. a. - Rn. 24 erörterten Anlaufschwierigkeiten für Menschen und Sachen auf den Grundstücken der Antragstellerin entstehen könnten, voraussichtlich nur noch einige Wochen bestehen (die Bildung von Eis in einer „gefährlichen“ Schichtstärke an der Windkraftanlage erfordert Luftfeuchtigkeit und zugleich Minustemperaturen über einen längeren Zeitraum). Für die vorübergehende Zeit von einigen Wochen, in denen im nunmehr ausgehenden Winter noch Eiswurf oder Eisfall auftreten könnte, hält der Verwaltungsgerichtshof die mit dem Beschluss vom 4. Dezember 2014 verfügte und mit dem Tenor im jetzt getroffenen Beschluss modifizierte Maßgabe grundsätzlich weiterhin für ausreichend und sachgerecht.

Den von der Antragstellerin vorgebrachten Einwand, wonach die im Beschluss vom 4. Dezember 2014 vom Verwaltungsgerichtshof ihr eingeräumte Zahl von maximal sieben „Stillstandstagen“ insgesamt (d. h. diese Zahl ist nicht mit der Anzahl derjenigen Beschäftigten zu multiplizieren, die prozessiert haben) für die nunmehr bevorstehenden arbeitsintensiven Bewirtschaftungsphasen zu gering sei, berücksichtigt der Verwaltungsgerichtshof mit der jetzt verfügten Maßgabe, indem für die nunmehr verbleibende Zeit - immer noch - sieben Tage zur Verfügung stehen. Die Antragstellerin hat hinreichend konkret vorgetragen, während des Knospenaufbruchs der Obstbäume nachts Schutzmaßnahmen gegen das Erfrieren durch Ausbringen von Bodennebel ergreifen zu müssen, wenn Nachtfröste herrschen und Eiswurfgefahr bestehe; dieser Fall trete pro Saison ca. 5 bis 7 Mal ein. Die Beigeladene ist dem nicht substantiiert entgegen getreten.

Dem Einwand der Antragstellerin, während der Zeit des Aufbrechens der frostempfindlichen Apfelblüten seien nicht nur in den frühen und späten Nachtstunden Arbeiten in der Spalierobstanlage notwendig, sondern die ganze Nacht über, trägt der Verwaltungsgerichtshof dadurch Rechnung, dass die uhrzeitliche Beschränkung für das von der Antragstellerin zu äußernde und von der Beigeladenen zu befolgende „Stillstands-Verlangen“ (zwischen 5:00 Uhr und 20:00 Uhr) entfallen ist. Mangels substantiierter Einwände der Beigeladenen gegen die von der Antragstellerin vorgetragenen betrieblichen Notwendigkeiten geht der Verwaltungsgerichtshof auch insofern im Wesentlichen von deren Vortrag aus.

2. Auch die mittlerweile verstrichene Zeit und deren Folgen für die Aktualität der Fledermausproblematik führen nicht zu einer Änderung des Beschlusses vom 19. August 2014.

Zwar hat sich die Prognose des Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 19. August 2014, das Hauptsacheverfahren werde voraussichtlich noch vor Beginn des Vegetationszyklus im Frühjahr 2015 abgeschlossen sein, nicht erfüllt. Allerdings beträgt der Zeitraum, für den eine vorübergehende „Lösung“ im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffen werden muss, nunmehr voraussichtlich nur etwa zwei bis drei Monate. Nach Kenntnis des Verwaltungsgerichtshofs ist in dem beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahren für den 19. Mai 2015 mündliche Verhandlung anberaumt. Diese Verhandlung ist gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 VwGO so vorzubereiten, dass der Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung erledigt werden kann; insoweit sind vorliegend aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung im vorbereitenden Verfahren oder auch aufgrund von Erklärungen von Beteiligten oder Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung Erkenntnisse zu erwarten, die einen Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens ermöglichen.

Andererseits kann angesichts des von der Antragstellerin geltend gemachten Zeitablaufs seit dem Beschluss vom 19. August 2014 und der nunmehr bevorstehenden Vegetationsperiode die von der Antragstellerin vorgebrachte Fledermausproblematik nicht mehr ausgeblendet werden. Die Antragstellerin befürchtet Ertragseinbußen in ihrer Spalierobstanlage dadurch, dass an der Windkraftanlage Fledermäuse zu Schaden kommen oder durch die Windkraftanlage aus der Umgebung der - ein Wohnungs- oder Nahrungshabitat darstellenden - Spalierobstanlage vertrieben werden, dass dadurch der Bestand an Insekten vertilgenden Nützlingen der freien Wildbahn zahlenmäßig abnimmt und wiederum hierdurch die einschlägigen Schädlinge derart stark überhandnehmen, so dass letztlich als Ergebnis dieser Ursachen der Ernteertrag im Jahr 2015 und - über mehrere Jahre hinweg betrachtet - in einem für die Antragstellerin nicht hinnehmbaren, entscheidungserheblichen Maß geschmälert würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich am Ende der beschriebenen Kausalkette ein solcher Schaden für die Antragstellerin bereits dann einstellt, wenn die Windkraftanlage vorläufig bis zur Entscheidung im Klageverfahren in Betrieb ist, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof allerdings sehr gering, so dass sich auch hieraus kein Grund dafür ergibt, den Beschluss vom 19. August 2014 zu ändern. Dabei sind folgende Gesichtspunkte zu beachten:

Einerseits:

- In der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung der Fa. ANUVA vom 31. Januar 2013 („Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung [saP]“) wird als Ergebnis zusammenfassend ausgeführt, dass für bestimmte Fledermausarten eine Erhöhung des Tötungsrisikos „nicht sicher ausgeschlossen“ und für andere Fledermausarten „nicht ausgeschlossen“ werden könne (ANUVA vom 31.1.2013, S. 18), dass aber bei Beachtung verschiedener (in Kap. 3.1 der Untersuchung erläuterter) Vermeidungsmaßnahmen (in Bezug auf Fledermäuse: Gondelmonitoring und ggf. Abschaltalgorithmus gemäß den Vorgaben des „Bayerischen Winderlasses“ [BayStMl et al. 2011] in Verbindung mit den aktuellen „Hinweisen zum Windkrafterlass Bayern - Teil I FAQ Fledermäuse“ [LfU 2012]) es durch das geplante Vorhaben nicht zu einem Verstoß gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG komme. Ein solches Gondelmonitoring ist aber derzeit nicht in der angefochtenen Genehmigung vorgeschrieben.

- Der von der Antragstellerin beauftragte Sachverständige Dr. L. hat - insofern im Einklang mit der saP-Untersuchung (ANUVA vom 31.1.2013) - eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nicht ausgeschlossen und bemängelt, dass das im weiteren Umfeld der Windkraftanlage vorhandene herausragende Fledermausvorkommen, das alle acht in Bayern als besonders schlagempfindlich geltenden Arten umfasse, in der Untersuchung von ANUVA nicht berücksichtigt worden sei. Insoweit mag von Bedeutung sein, dass dem Hinweis in der Genehmigungsunterlage 5.2 (Fa. ANUVA, Landschaftspflegerischer Begleitplan vom 31.1.2013, S. 20) zufolge die Vogel- und Fledermauserfassungen für die Windkraftanlage im Zeitraum von Juni 2010 bis Juli 2011, also vor Erscheinen des Bayerischen „Windkrafterlasses“ vom Dezember 2011, gewesen sind und nicht den im „Windkrafterlass“ geforderten Kriterien entsprochen haben.

- In einem frühen Stadium des Verfahrens, das vorliegend zum gemeinsamen Flächennutzungsplan von fünf Gemeinden mit der Ausweisung u. a. des streitgegenständlichen Windkraftsondergebiets geführt hat, haben die Fachbehörden das von der Spalierobstanlage ca. 1,3 km entfernte Sondergebiet 1 „S-berg/A-berg“ - anders als das vorliegend streitgegenständliche Sondergebiet 2 „K.“ - als avifaunistisch und in Bezug auf dort vorkommende Fledermäuse problematisch angesehen (vgl. VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz des Landratsamts vom 14.7.2014, Fax-Seiten 43 und 44).

Andererseits:

- Bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung gem. § 3 Abs. 1 BauGB im August/September 2003 hat die Antragstellerin nur bezüglich zweier anderer seinerzeit vorgesehenen, später aber weggefallenen Sondergebiete („V.“ und „I.“) Bedenken wegen der befürchteten, von Windkraftanlagen ausgehenden Beeinträchtigung des von ihr angelegten weitläufigen Biotopverbundsystems mit „vielen Tier- und Vogelarten“ vorgetragen, nicht aber in Bezug auf das - damals schon vorgesehene - nunmehr streitgegenständliche Sondergebiet „K.“ (VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz vom 14.7.2014, Fax-Seite 6); das Landratsamt hat sich seinerzeit zum Bereich „K.“ nur in Bezug auf den ca. 250-300 m östlich davon liegenden FFH-geschützten Wald und die Avifauna geäußert (VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz vom 14.7.2014, Fax-Seiten 15/16, 17/18); der Bund Naturschutz forderte eine genauere Untersuchung und hob hierbei gerade andere Bereiche als das Gebiet „K.“ als kritisch hervor (VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz vom 14.7.2014, Fax-Seite 30).

- Nach einer Umplanung, die u. a. noch zu einer Erweiterung des Gebiets „K.“ geführt hat, hat die Antragstellerin in Rahmen der Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB im Januar/Februar 2004 keine Einwände mehr vorgebracht. (VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz vom 14.7.2014, Fax-Seiten ab S. 36). Seitens des Landratsamts wurden gegen die Plandarstellung des Bereichs „K.“ keine fachlichen Bedenken erhoben (VG-Akte zum Verfahren W 4 S 14.613, Anlage zum Schriftsatz vom 14.7.2014, Fax-Seite 43).

Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass eine eventuelle Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht drittschutzrelevant wäre, weil die Vorschrift das nicht drittschützende allgemeine ökologische Schutzziel (vgl. hierzu Gärditz, VwGO, § 42 Rn. 92) des Erhalts der Artenvielfalt betrifft und sich aus den Tatbestandsmerkmalen der Norm kein von der Allgemeinheit unterschiedener Personenkreis bestimmen lässt (Eyermann, a. a. O., § 42 Rn. 87 m. w. N.). Die Tötung von Fledermäusen könnte allenfalls dann etwa unter dem Aspekt des Gebots der Rücksichtnahme relevant sein, wenn deshalb die Schädlinge in den Sonderkulturen so überhandnehmen würden, dass die von der Antragstellerin angelegten Sonderkulturen erheblich weniger Erträge bringen würden. Das Vorbringen der Antragstellerin lässt insofern aber keine quantitative Abschätzung zu, nicht einmal eine grobe. Eine solche Entwicklung ist vielmehr vollkommen unabsehbar.

Dieser geringen Wahrscheinlichkeit stehen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende beträchtliche Einbußen der Beigeladenen gegenüber, die von ihr auf 50.000 € in jedem Monat beziffert werden, in dem die Windkraftanlage nicht betrieben werden kann. Die Höhe dieses Betrags ist für den Verwaltungsgerichtshof aus anderen Rechtsstreitigkeiten um die Errichtung von Windkraftanlagen nachvollziehbar; der Eintritt des Schadens dann, wenn mit der errichteten Windkraftanlage kein Strom erzeugt werden kann, ist nicht wahrscheinlich, sondern gewiss. Diese Nachteile werden nicht dadurch geringer, dass die bereits eingetretenen Verzögerungen schon zu finanziellen Verlusten der Beigeladenen geführt haben, die (wegen des verstrichenen Stichtags 31.12.2014 für die Inbetriebnahme der Anlage) nicht mehr behebbar sind.

3. Im Hinblick auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Schmälerung ihres Obstertrags durch die zeitweilige Verschattung der Spalierobstanlage haben sich seit dem 19. August 2014 keine Änderungen ergeben, die zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage - zugunsten oder zulasten der Antragstellerin - führen. Insbesondere liegt die vom Verwaltungsgerichtshof angeregte Stellungnahme einer unabhängigen Fachkraft, etwa der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchheim, zur Frage etwaiger Ertragseinbußen bei den Sonderkulturen der Antragstellerin (vgl. B. v. 19.8.2014, Rn. 19) bislang anscheinend nicht vor.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 3 VwGO; soweit der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde nicht vollständig, sondern nur mit einer Maßgabe zurückgewiesen hat, sind der Antragsgegner und die Beigeladene nur zu einem geringen Teil im Sinn des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO unterlegen.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nrn. 1.5, 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (wie Vorinstanz).

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Tenor

I.

Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juli 2014 werden geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Beigeladene wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht verfügte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013 (in der derzeitigen Fassung), mit dem der Beigeladenen Bau und Betrieb einer Windkraftanlage genehmigt wurden und der mit Bescheid vom 1. Juli 2014 für sofort vollziehbar erklärt worden war.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke FlNrn. 16000 und 1917 der Gemarkung O. sowie FlNr. 19000 der Gemarkung H. Die Grundstücke FlNrn. 1917 und 16000 liegen nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks FlNr. 3548 der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück FlNr. 19000 schließt sich im Westen des Baugrundstücks, von diesem ebenfalls durch einen Feldweg getrennt, auf eine Länge von ca. 70 m an. Das Baugrundstück ist in Nord-Süd-Richtung ca. 400 m lang und zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) breit. Ein Teil des ca. 8,2 ha großen Baugrundstücks ist im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt.

Der Turm der genehmigten Windkraftanlage soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben, an der Nabe 135 m hoch und die Windkraftanlage insgesamt - bei einem Rotordurchmesser von 101 m - ca. 186 m hoch sein (mit dem Änderungsbescheid vom 5.3.2014 wurde eine Erhöhung des Fundaments um ca. 1 m genehmigt). Der Abstand von der Rotorspitze bis zum Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. In Nr. III der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, welche die Baugenehmigung einschließt (Nr. II des Bescheids), wird „die Abweichung von den Abstandsflächen [wird] gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren wurde - außer zwei Gemeinden als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt, eine Ausfertigung der Genehmigung wurde ihnen nicht zugestellt; die Antragstellerin erhielt auf Anforderung am 27. Juni 2014 eine solche Ausfertigung.

Die streitgegenständliche Windkraftanlage wird derzeit errichtet; die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Gegen die Genehmigung vom 26. September 2013 hat die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Anfechtungsklage erhoben (W 4 K 14.604), über die noch nicht entschieden worden ist.

Nachdem sich die Antragstellerin zunächst außergerichtlich gegenüber der Beigeladenen und dem Landratsamt gegen die Windkraftanlage gewandt hatte, ordnete das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 an. Hiergegen begehrte die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 1. Juli 2014.

2. Mit Beschluss vom 10. Juli 2014 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statt und führte hierzu im Wesentlichen aus: Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung im Bescheid vom 1. Juli 2014 sei rechtlich bedenklich, weil sie praktisch nur in der Übernahme der von der Beigeladenen vorgebrachten Antragsbegründung bestehe und keine auf den Einzelfall bezogenen, konkreten Erwägungen für die Entscheidung, den Suspensiveffekt auszuschließen, enthalte. Zudem spreche viel dafür, dass die streitgegenständliche Genehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstoße. Die notwendigen Abstandsflächen mit einer Tiefe von 191,5 m (185,5 m + 6,0 m ab dem Mastmittelpunkt) kämen am geplanten Standort nach allen Seiten (ausgenommen nach Süden) auf fremden Grundstücken zu liegen. Die vom Landratsamt unter Nr. III der Genehmigung erteilte Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen sei wohl zu unbestimmt, weil insbesondere für die Grundstücksnachbarn nicht verständlich sei, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken und in welchem Ausmaß eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen werde. Zudem sei angesichts des großen Grundstücks (ca. 8,2 ha) fraglich, ob die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik vorliege. Jedenfalls aber sei die Ermessensausübung des Landratsamts bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen ungenügend und gehe insbesondere auf die Belange der Antragstellerin nicht ein, die westlich und nördlich des Baugrundstücks keine „einfachen“ Landwirtschaftsflächen habe, sondern dort - nur 80 m von der Windkraftanlage entfernt - auf größeren Flächen Spalierobst anbaue und u. a. geltend mache, der Ernteertrag werde durch die von der Windkraftanlage ausgehenden Beeinträchtigungen gemindert und die Obstplantage könne - z. B. bei einem Unfall der Windkraftanlage - gefährdet werden. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankomme, sei - im Hinblick auf in den Akten vorhandene diesbezügliche Unterlagen und Stellungnahmen - auch zweifelhaft, ob die Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) im Speziellen vereinbar sei und ob Beeinträchtigungen der Belange der Wasserwirtschaft (Standort der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung) dem Vorhaben entgegenstünden.

Einen Antrag der Beigeladenen auf Änderung des Beschlusses vom 10. Juli 2014 nach § 80 Abs. 7 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Juli 2014 ab.

3. Die Beigeladene hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. Juli 2014 zu ändern und (sinngemäß) den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin abzulehnen. Nach Einlegung der Beschwerde hat das Landratsamt mit Bescheid vom 31. Juli 2014 die streitgegenständliche Genehmigung vom 26. September 2013 in Nr. III und Nr. IV des Tenors sowie in Nr. II.6 der Begründung ergänzt.

4. Der Antragsgegner hat sich mit Schriftsatz vom 11. August 2014 geäußert, aber keinen Antrag gestellt. Die Antragstellerin verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts und hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Sie betrifft im Kern die Frage, ob die sofortige Vollziehung der die Beigeladene begünstigenden, die Antragstellerin - als sog. „Dritte“ - nach ihrem Vortrag aber belastenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu Recht fortbestehen kann. Bei Drittanfechtungsklagen stehen sich i.d.R. konkrete Rechtspositionen Privater gegenüber, die grundsätzlich gleichrangig sind. Die Frage, wer hier bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, bestimmt sich in erster Linie nach dem materiellen Recht, also den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs. Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass hier eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsste. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs im Eilrechtsschutzverfahren kommt es indes nicht allein auf die objektive Rechtswidrigkeit an. Vielmehr sichert Art. 19 Abs. 4 GG dem Einzelnen (nur) Rechtsschutz für die Verletzung seiner Rechte durch die öffentliche Gewalt und erlaubt dem Bürger gerade keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltung, sondern trifft eine Systementscheidung für den Individualrechtsschutz (BayVGH, B.v. 4.9.2013 - 22 AS 13.40052 - NVwZ-RR 2014, 36; BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - BayVBl 2009, 398, juris Rn. 21 und 22, m. w. N.).

Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet im Beschwerdeverfahren nach denselben Regeln wie im erstinstanzlichen Verfahren (allerdings mit der thematischen Beschränkung auf die dargelegten Gründe gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nach eigener Interessenabwägung auf der Grundlage der Erkenntnisse des Beschwerdeverfahrens darüber, ob der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufrechtzuerhalten oder zu ändern ist (BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 22 CS 12.2110 u. a., juris Rn. 6, m. w. N.). Vorliegend können die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage noch nicht abschließend beurteilt werden. Die gebotene Interessenabwägung führt dazu, vorläufig den Belangen der Beigeladenen den Vorzug zu geben und dementsprechend den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.

1. Die vom Landratsamt gegebene Begründung für die mit Bescheid vom 1. Juli 2014 angeordnete sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 ist ausreichend. Das Verwaltungsgericht weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Begründung besondere, auf den Einzelfall bezogene konkrete Gründe erfordert, welche die anordnende Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen; dies bezweckt unter anderem, der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen zu führen und sie zu veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob wirklich ein besonderes öffentliches - oder auch privates - Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Andererseits dürfen - was das Verwaltungsgericht gleichfalls erkannt hat - an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere handelt es sich im Falle von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nur um ein formelles Begründungserfordernis, so dass im Rechtsbehelfsverfahren das Gericht nicht die inhaltliche Tragfähigkeit der für die Anordnung des Sofortvollzugs gegebenen Begründung hinterfragt, sondern - nach den oben dargelegten Grundsätzen - prüft, ob der konkrete Einzelfallbezug gegeben ist. Übernimmt - wie vorliegend - die Behörde weitestgehend eine vom Genehmigungsinhaber vorformulierte Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung, so rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Folgerung, die Behörde sei sich des Ausnahmecharakters der Sofortvollzugsanordnung nicht bewusst gewesen und habe deren Erforderlichkeit nicht hinreichend geprüft. Maßgebend war im konkreten Fall die Einschätzung des Landratsamts, der angefochtene Genehmigungsbescheid sei offensichtlich rechtmäßig und die Anfechtungsklage der Antragstellerin sei demgemäß offensichtlich ohne Erfolgsaussicht. Dass dem ein Verfahrensfehler vorausgegangen war, weil das Landratsamt den Kreis der immissionsschutzrechtlich und baurechtlich als „Nachbarn“ anzusehenden Grundstückseigentümer zu klein gezogen hatte, wirkt sich möglicherweise auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung, aber nicht darauf aus, dass dem Erfordernis einer formellen Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt ist.

2. Bedenken gegen die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) der angegriffenen Genehmigung bestehen nicht (mehr). Streitgegenständlich ist nunmehr der Bescheid vom 26. September 2013 in der Fassung, die er (außer durch den Änderungsbescheid vom 5.3.2014 auch) durch den Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 erhalten hat. Mit diesem Bescheid hat das Landratsamt die von den Abweichungen betroffenen Grundstücke und das Ausmaß der zugelassenen Abweichungen genau bezeichnet (Nr. III des Bescheidstenors vom 26.9.2013; Nr. I des Ergänzungsbescheids: Verringerung der - grds. gesetzlich gebotenen - Abstandsflächentiefe von 192,7 m um den Mastmittelpunkt auf einen Radius von nunmehr 52,0 m); es hat der Antragstellerin zudem (wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11.8.2014 unwidersprochen vorgetragen hat) den Abstandsflächenplan - da eine Übermittlung per Telefax nicht möglich gewesen sei - per Post übersandt.

3. Entscheidungserhebliche Fehler des Verwaltungsverfahrens bestehen wohl nicht mehr. Zwar hat das Landratsamt rechtsfehlerhaft die Antragstellerin nicht am Genehmigungsverfahren beteiligt. Es war offensichtlich, dass durch das genehmigte Vorhaben nachbarschützende Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten werden und dass durch die zugelassenen Abweichungen demgemäß subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin geschmälert werden. Damit war es geboten, die Antragstellerin vor der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen anzuhören (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG); die verfahrensrechtlichen Anforderungen nach Art. 66 BayBO dagegen gelten entgegen der Ansicht der Antragstellerin aufgrund der formellen Konzentrationswirkung (§ 13 BImSchG) der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht (Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 9; Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 18). Die unterlassene Anhörung der Antragstellerin ist vorliegend aber dadurch geheilt worden, dass das Landratsamt das Antrags- und Klagevorbringen der Antragstellerin zur Kenntnis genommen und dieses mit einer zusätzlichen Begründung im Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 gewürdigt hat (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).

[4] Die vom Verwaltungsgericht angezweifelte Atypik, die für ein Abweichen von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nach Art. 63 BayBO erforderlich ist, dürfte bei summarischer Prüfung aufgrund der zwischenzeitlichen Erkenntnisse im Beschwerdeverfahren zu bejahen sein. Das Verwaltungsgericht hat im Ansatz zutreffend erkannt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof (U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - NVwZ-RR 2009, 992) angesprochene atypische Fallgestaltung bei Windkraftanlagen im Außenbereich unter anderem darauf beruht, dass derart große Abstandsflächen, wie sie bei Windkraftanlagen neuester Art mit Gesamthöhen von annähernd 200 m erforderlich sind, nach Größe und Zuschnitt der Außenbereichsgrundstücke regelmäßig kaum nach allen Seiten eingehalten werden können (dies gilt jedenfalls in weiten Teilen Bayerns mit den hierzulande üblichen verhältnismäßig kleinen landwirtschaftlichen Grundstücken). Dies nötigt aber nicht dazu, bei verhältnismäßig großen Grundstücken wie im vorliegenden Fall die Atypik in Frage zu stellen. Diese ergibt sich nämlich auch aus der Eigenart der Windkraftanlage als Bauwerk (vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - a. a. O., Rn. 30). Vielmehr bietet die Ermessensausübung bei der Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO ein geeignetes Instrument, trotz grundsätzlich bejahter Atypik mit den jeweils betroffenen Belangen sachgerecht umzugehen.

5. Soweit die Ermessensausübung bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen betroffen ist, geht der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung davon aus, dass vorliegend die Ergänzung der Abweichungsentscheidung (Nrn. I.1 und I.2 des Ergänzungsbescheids vom 31.7.2014) sowie der Begründung für die Ermessensentscheidung (Nr. I.3) materiell-rechtlich zulässig ist und sich im Rahmen dessen hält, was nach § 114 Satz 2 VwGO prozessual zu berücksichtigen ist. Inwieweit Ermessenserwägungen ergänzt werden können, bestimmt das materielle Recht. Hierzu gehören zunächst Erfordernisse in Bezug auf die Eindeutigkeit und Klarheit der Begründung sowie die sorgfältige Trennung zwischen zusätzlichen Begründungsteilen einerseits und prozessualem Verteidigungsvorbringen der Behörde andererseits (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14/10 - juris Rn. 18). Diesen Anforderungen genügt vorliegend die Handhabung des Antragsgegners, der zur Ergänzung der Begründung einen förmlichen Bescheid erlassen hat. Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern vorliegend die Ergänzung der Begründung für die Zulassung von Abweichungen den Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert oder für die Antragstellerin die Rechtsverteidigung erschwert haben sollte (vgl. zu diesem Erfordernis ebenfalls BVerwG, U.v. 13.12.2011, a. a. O., juris Rn. 18, m. w. N.). Die rechtlichen Grenzen für das Nachschieben von Ermessenserwägungen sind in den Fällen überschritten, in denen das Ermessen überhaupt noch nicht ausgeübt oder wesentliche Teile der Ermessenserwägungen ausgetauscht oder erst nachträglich nachgeschoben wurden (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 114 Rn. 50 m. w. N.). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Denn vorliegend wurden mit dem Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 keine wesentlichen Ermessenserwägungen ausgetauscht oder nachgeholt. Das Landratsamt hat - wie sich aus der Formulierung der ursprünglichen Nr. 6 der Bescheidsbegründung ergibt - zweifelsfrei erkannt, dass es bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen eine Einzelfallentscheidung treffen und hierbei sein Ermessen ausüben muss. Defizitär war dagegen die Begründung in Bezug auf die - nach Erlass des Bescheids von der Antragstellerin vorgebrachten speziellen Belange der Antragstellerin im Hinblick auf den Anbau von Sonderkulturen. Die Antragstellerin macht insofern geltend, sie baue im Einwirkungsbereich der Windkraftanlage solches Obst an, das erstens besonders hochwertig und zweitens besonders empfindlich sei und - insbesondere durch Schattenwurf und etwaige unfallbedingte Gefahren - vor allem während der Reifung, aber auch zu anderen Jahreszeiten infolge seiner Einbindung in ein ökologisches, Tiere wie Pflanzen konzeptionell einschließendes Umfeld von den Einwirkungen der Windkraftanlage gestört werden könne. Das Landratsamt war hingegen von üblicher landwirtschaftlicher Nutzung ausgegangen und hatte der strittigen Windkraftanlage insofern unter Berücksichtigung der Zwecke der Abstandsfläche (hier insbesondere der Besonnung der betroffenen Grundstücke, vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - a. a. O., Rn. 32 ff.) keine besondere Störwirkung beigemessen. Ein Eingehen auf Sonderkulturen ist zwar nicht erfolgt, die Thematik war jedoch dieselbe.

6. Ob die ergänzenden Ermessenserwägungen des Landratsamts rechtlich haltbar sind, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Ob überhaupt und in welchem Ausmaß durch die Zwecke der Abstandsflächenvorschriften geschützte Belange der Antragstellerin vorliegend betroffen sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof im summarischen Verfahren nicht abschließend zu beurteilen. Die Stellungnahme des Fachberaters für Gartenkultur und Landespflege des Landratsamts vom 14. Juli 2014 hat insofern wohl keine genügende Aussagekraft. Diese spezielle Fachberater-Stellungnahme ist in Bezug auf etwaige Beschattungseffekte nicht nur weniger ausführlich als die (gleichfalls dem Verwaltungsgericht vorgelegte) Einschätzung des Umweltamts am Landratsamt vom 14. Juli 2014, sondern enthält auch einen sachlichen Fehler insofern, als darin von Obstkulturen südwestlich der Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. 16000 der Gemarkung H. die Rede ist. FlNr. 16000 befindet sich aber in der Gemarkung O. und liegt nordwestlich der Windkraftanlage; zur Gemarkung H. dagegen gehört FlNr. 19000 und liegt - wie in der Stellungnahme des Umweltamts vom 14. Juli 2014 richtig beschrieben - eher westlich als südwestlich der Windkraftanlage. Überdies könnte sich empfehlen, zur Frage etwaiger Ertragseinbußen bei den Sonderkulturen der Antragstellerin durch die von der Windkraftanlage ausgehenden Wirkungen die Einschätzung einer unabhängigen Fachkraft (etwa von der Bayer. Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchheim) einzuholen. Insoweit räumt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. August 2014 (S. 20) in anderem Zusammenhang allerdings ein, dass wissenschaftlich noch völlig ungeklärt sei, welche Auswirkungen eine Windkraftanlage auf eine Spalierobstanlage habe, so dass sich möglicherweise keine konkreten Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung feststellen lassen. Es bedarf weiter der Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob die mit dem Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 nachgeholte Ermessensbegründung in Bezug auf die konkret genehmigte Position der Windkraftanlage innerhalb des Baugrundstücks rechtens ist oder ob ohne Nachteil für das konkrete Vorhaben und die Windenergienutzung im betreffenden Sondergebiet 2 ohne Weiteres ein von den Grundstücken der Antragstellerin weiter entfernter Standort hätte gewählt werden können. Es ist dabei auch zu beachten, dass in dem Sondergebiet 2 (Bereich K.) nach Nr. 6.2 des Erläuterungsberichts (vom 25.6.2004, Stand 8.4.2004) nicht nur eine, sondern zwei Windkraftanlagen untergebracht werden sollen. Außerdem muss der horizontale Mindestabstand zwischen Rotorblattspitze in ungünstigster Stellung und äußerstem ruhenden Leiter nach DIN EN 50341-3-4 - VDE 0210-12 - bei Freileitungen mit Schwingungsschutzmaßnahmen größer als der Rotordurchmesser sein.

Ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Belange des Natur- und Artenschutzes und der Trinkwasserversorgung bei der Entscheidung über die Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen überhaupt berücksichtigt werden können, obwohl sie nicht zu den Zwecken des Abstandsflächenrechts gehören, braucht vorliegend im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls gilt Eines: Bei der Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO hat der Nachbar keinen Anspruch darauf, dass das Vorhaben in jeder Hinsicht mit allen objektiv zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmt. Vielmehr sind nur diejenigen öffentlichen Belange in die Abwägung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO einzustellen, die mit der die Abweichung auslösenden konkreten Maßnahme in einem funktionalen Zusammenhang stehen (Simon/Busse, BayBO, Art. 63 Rn. 35; vgl. auch Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 15 bis 18). Als die Abweichung auslösende konkrete Maßnahme in diesem Sinn dürfte vorliegend die Positionierung der Windkraftanlage innerhalb des Baugrundstücks anzusehen sein, nicht aber der Bau der Windkraftanlage schlechthin.

Bezüglich der von der Antragstellerin geltend gemachten Gefahren für die Trinkwasserversorgung infolge unzureichender Standsicherheit der Anlage fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass trotz der auf die Standsicherheit bezogenen Nebenbestimmungen unter Nr. VI der angefochtenen Genehmigung (z. B. Nrn. 3.2, 3.3., 3.4., 3.11 und 3.14) derartige Gefahren tatsächlich bestehen.

7. Soweit die Antragstellerin geltend macht, von der strittigen Windkraftanlage gingen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) in Gestalt von tieffrequenten Geräuschen oder sonstige Gefahren im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (insb. Brandgefahr, Eiswurfgefahr) aus, hat sie nur die abstrakte Möglichkeit solcher Gefahren aufgezeigt, aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt, dass derartigen Gefahren nicht durch die Konzeption der Anlage und den Genehmigungsbescheid ausreichend vorgebeugt werden könnte.

8. Angesichts der nicht abschließend zu beurteilenden Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage sind vorliegend im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die gegensätzlichen Interessen abzuwägen. Zu betrachten ist einerseits die Möglichkeit, dass die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wiederhergestellt würde und die Beigeladene demnach weiterbauen dürfte, sich aber im Klageverfahren die immissionsschutzrechtliche Genehmigung oder die Zulassung der Abweichung von den Abstandsflächen (insgesamt oder zumindest im vorliegend bewilligten Ausmaß) als rechtswidrig erweisen würde. Zu betrachten ist andererseits die Möglichkeit, dass die Verwirklichung des Vorhabens vorläufig gestoppt, sich dann aber im Klageverfahren die Genehmigung als rechtmäßig erweisen würde.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie von den Beteiligten vorgetragen wurde und auf den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 5. August 2014 vorgelegten Luftbildern zu sehen ist - der Bau der Windkraftanlage schon weit fortgeschritten ist: Der Mast einschließlich der Gondel oder eines wesentlichen Teils der Gondel, an der noch der Rotor zu befestigen ist, steht bereits. Ein erheblicher Anteil der Kosten für die Errichtung der Anlage ist deshalb bereits angefallen. Würde sich im Klageverfahren die streitgegenständliche Genehmigung als rechtswidrig erweisen und würde - im Extremfall - ein Abbau der Windkraftanlage notwendig werden, so wären die Kosten hierfür nach Fertigstellung der Anlage zwar höher, als wenn die Anlage im gegenwärtigen, nahezu fertigen Ausbauzustand zurückgebaut werden müsste. Die durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts ermöglichten weiteren Investitionen wären aber geringer als bei einem vollständigen Neubau. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Fällen, in denen mit dem Bau der strittigen Windkraftanlage noch nicht begonnen worden ist. Die Schaffung vollendeter Tatsachen wird nur in geringerem Umfang ermöglicht.

Die für die Beigeladene entstehenden finanziellen Einbußen bei einer weiteren Verzögerung des Vorhabens mit der Folge, dass die Anlage später als geplant oder gar nicht mehr im Jahr 2014 in Betrieb genommen werden kann, sind beträchtlich und treten mit jedem Tag der Verzögerung ein. Die Beigeladene hat dies unter Nr. B.II ihrer Beschwerdebegründung vom 22. Juli 2014 anschaulich und nachvollziehbar geschildert; die Gründe dafür sind - soweit sie auf den rechtlichen Rahmenbedingungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz beruhen - auch gerichtsbekannt. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen (Minderung des Ertrags ihrer Spalierobstanlagen und Holunderanlagen) würden sich noch nicht im Jahr 2014 (allenfalls in geringerem Ausmaß), sondern erst ab dem Frühjahr 2015 einstellen, weil bei den von der Antragstellerin angebauten Äpfeln die Wachstumsphase abgeschlossen oder fast abgeschlossen ist, im Jahr 2014 also „nur“ noch die Reifephase des Obstes ansteht und ein neuer Vegetationszyklus erst nach dem Winter beginnt. Bis dahin aber kann mit einem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens gerechnet werden. Keinesfalls kann angenommen werden, dass sich die von der Antragstellerin geltend gemachte Existenzgefährdung - wenn überhaupt - infolge der Beeinträchtigungen ihres Obstanbaus durch die Windkraftanlage bis zu diesem Zeitpunkt einstellen könnte. Mit dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens aber hingen die Rechtsfolgen vom Ergebnis des Hauptsacheverfahrens und nicht mehr dem Ergebnis des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ab.

Die Abwägung der - je nach Ausgang des Klageverfahrens eintretenden - Vorteile oder Nachteile für die Antragstellerin bzw. die Beigeladene (als wirtschaftlich betroffene Beteiligte) führt deshalb dazu, vorerst die weitere Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens zuzulassen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG; Nr. 1.5, Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalog 2013 (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.

2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.

Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.

3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.

4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.

2. Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.

3. Der Antrag ist begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.

3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH vom 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Ob dem hier Genüge getan wurde, ist aus Sicht der Kammer zweifelhaft, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.

3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.

Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.

3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Demgemäß beträgt die Tiefe der von der Windkraftanlage einzuhaltenden Abstandsfläche grundsätzlich 1 H (Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO). Sie bemisst sich gemäß Art. 6 Abs. 4 S. 1 und 2 BayBO nach dem Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Ein H beträgt vorliegend (135 m + 50,5 m =) 185,5 m. Die Abstandsfläche der Windkraftanlage ist gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 BayBO einzuhalten ab einem Kreis um die Mittelachse der Anlage, dessen Radius durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt bestimmt wird (fiktive Außenwand - vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Im vorliegenden Fall ist der an der Gondel angebrachte Rotor zum Mastmittelpunkt um 6 m versetzt. Damit liegen die höchsten Punkte der Anlage aufgrund der Drehbewegungen des Rotors in einem Kreis mit einem Radius von 6 m vom Mastmittelpunkt aus in einer Höhe von 185,5 m. Dieser Versatz stellt, senkrecht projiziert auf die Geländeoberfläche, die fiktive Außenwand der Anlage dar, von der ab die nach der Gesamthöhe von 185,5 m berechneten Abstandsflächen einzuhalten sind.

Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.

Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:

3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH vom 21.2.2011 - 11 B 09.3032 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2014, § 37 Rn. 7). Für die Bestimmtheit genügt, wenn der Inhalt der Regelung bestimmbar ist.

Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.

Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.

Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).

3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.

3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).

3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH vom 18.6.2014 - 22 B 13.1358). Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass sich weitere rechtliche Zweifel an der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch aus den Stellungnahmen des Zweckverbandes der Fernwasserversorgung Mittelmain, der Regierung von Unterfranken und des Regionalen Planungsverbandes W. ergeben, und zwar wegen möglicher Beeinträchtigung der Belange der Wasserwirtschaft aufgrund der Lage der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung. Auch hiermit hat sich die streitgegenständliche Genehmigung überhaupt nicht auseinander gesetzt.

3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.

Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.

4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.

Tenor

I.

Nrn. I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juli 2014 werden geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Beigeladene wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht verfügte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013 (in der derzeitigen Fassung), mit dem der Beigeladenen Bau und Betrieb einer Windkraftanlage genehmigt wurden und der mit Bescheid vom 1. Juli 2014 für sofort vollziehbar erklärt worden war.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke FlNrn. 16000 und 1917 der Gemarkung O. sowie FlNr. 19000 der Gemarkung H. Die Grundstücke FlNrn. 1917 und 16000 liegen nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks FlNr. 3548 der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück FlNr. 19000 schließt sich im Westen des Baugrundstücks, von diesem ebenfalls durch einen Feldweg getrennt, auf eine Länge von ca. 70 m an. Das Baugrundstück ist in Nord-Süd-Richtung ca. 400 m lang und zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) breit. Ein Teil des ca. 8,2 ha großen Baugrundstücks ist im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt.

Der Turm der genehmigten Windkraftanlage soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben, an der Nabe 135 m hoch und die Windkraftanlage insgesamt - bei einem Rotordurchmesser von 101 m - ca. 186 m hoch sein (mit dem Änderungsbescheid vom 5.3.2014 wurde eine Erhöhung des Fundaments um ca. 1 m genehmigt). Der Abstand von der Rotorspitze bis zum Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. In Nr. III der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, welche die Baugenehmigung einschließt (Nr. II des Bescheids), wird „die Abweichung von den Abstandsflächen [wird] gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren wurde - außer zwei Gemeinden als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt, eine Ausfertigung der Genehmigung wurde ihnen nicht zugestellt; die Antragstellerin erhielt auf Anforderung am 27. Juni 2014 eine solche Ausfertigung.

Die streitgegenständliche Windkraftanlage wird derzeit errichtet; die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Gegen die Genehmigung vom 26. September 2013 hat die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Anfechtungsklage erhoben (W 4 K 14.604), über die noch nicht entschieden worden ist.

Nachdem sich die Antragstellerin zunächst außergerichtlich gegenüber der Beigeladenen und dem Landratsamt gegen die Windkraftanlage gewandt hatte, ordnete das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 an. Hiergegen begehrte die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 1. Juli 2014.

2. Mit Beschluss vom 10. Juli 2014 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statt und führte hierzu im Wesentlichen aus: Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung im Bescheid vom 1. Juli 2014 sei rechtlich bedenklich, weil sie praktisch nur in der Übernahme der von der Beigeladenen vorgebrachten Antragsbegründung bestehe und keine auf den Einzelfall bezogenen, konkreten Erwägungen für die Entscheidung, den Suspensiveffekt auszuschließen, enthalte. Zudem spreche viel dafür, dass die streitgegenständliche Genehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstoße. Die notwendigen Abstandsflächen mit einer Tiefe von 191,5 m (185,5 m + 6,0 m ab dem Mastmittelpunkt) kämen am geplanten Standort nach allen Seiten (ausgenommen nach Süden) auf fremden Grundstücken zu liegen. Die vom Landratsamt unter Nr. III der Genehmigung erteilte Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen sei wohl zu unbestimmt, weil insbesondere für die Grundstücksnachbarn nicht verständlich sei, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken und in welchem Ausmaß eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen werde. Zudem sei angesichts des großen Grundstücks (ca. 8,2 ha) fraglich, ob die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik vorliege. Jedenfalls aber sei die Ermessensausübung des Landratsamts bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen ungenügend und gehe insbesondere auf die Belange der Antragstellerin nicht ein, die westlich und nördlich des Baugrundstücks keine „einfachen“ Landwirtschaftsflächen habe, sondern dort - nur 80 m von der Windkraftanlage entfernt - auf größeren Flächen Spalierobst anbaue und u. a. geltend mache, der Ernteertrag werde durch die von der Windkraftanlage ausgehenden Beeinträchtigungen gemindert und die Obstplantage könne - z. B. bei einem Unfall der Windkraftanlage - gefährdet werden. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankomme, sei - im Hinblick auf in den Akten vorhandene diesbezügliche Unterlagen und Stellungnahmen - auch zweifelhaft, ob die Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) im Speziellen vereinbar sei und ob Beeinträchtigungen der Belange der Wasserwirtschaft (Standort der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung) dem Vorhaben entgegenstünden.

Einen Antrag der Beigeladenen auf Änderung des Beschlusses vom 10. Juli 2014 nach § 80 Abs. 7 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. Juli 2014 ab.

3. Die Beigeladene hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. Juli 2014 zu ändern und (sinngemäß) den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin abzulehnen. Nach Einlegung der Beschwerde hat das Landratsamt mit Bescheid vom 31. Juli 2014 die streitgegenständliche Genehmigung vom 26. September 2013 in Nr. III und Nr. IV des Tenors sowie in Nr. II.6 der Begründung ergänzt.

4. Der Antragsgegner hat sich mit Schriftsatz vom 11. August 2014 geäußert, aber keinen Antrag gestellt. Die Antragstellerin verteidigt den Beschluss des Verwaltungsgerichts und hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Sie betrifft im Kern die Frage, ob die sofortige Vollziehung der die Beigeladene begünstigenden, die Antragstellerin - als sog. „Dritte“ - nach ihrem Vortrag aber belastenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu Recht fortbestehen kann. Bei Drittanfechtungsklagen stehen sich i.d.R. konkrete Rechtspositionen Privater gegenüber, die grundsätzlich gleichrangig sind. Die Frage, wer hier bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, bestimmt sich in erster Linie nach dem materiellen Recht, also den Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs. Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass hier eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsste. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs im Eilrechtsschutzverfahren kommt es indes nicht allein auf die objektive Rechtswidrigkeit an. Vielmehr sichert Art. 19 Abs. 4 GG dem Einzelnen (nur) Rechtsschutz für die Verletzung seiner Rechte durch die öffentliche Gewalt und erlaubt dem Bürger gerade keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltung, sondern trifft eine Systementscheidung für den Individualrechtsschutz (BayVGH, B.v. 4.9.2013 - 22 AS 13.40052 - NVwZ-RR 2014, 36; BVerfG, B.v. 1.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - BayVBl 2009, 398, juris Rn. 21 und 22, m. w. N.).

Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet im Beschwerdeverfahren nach denselben Regeln wie im erstinstanzlichen Verfahren (allerdings mit der thematischen Beschränkung auf die dargelegten Gründe gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nach eigener Interessenabwägung auf der Grundlage der Erkenntnisse des Beschwerdeverfahrens darüber, ob der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufrechtzuerhalten oder zu ändern ist (BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 22 CS 12.2110 u. a., juris Rn. 6, m. w. N.). Vorliegend können die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage noch nicht abschließend beurteilt werden. Die gebotene Interessenabwägung führt dazu, vorläufig den Belangen der Beigeladenen den Vorzug zu geben und dementsprechend den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.

1. Die vom Landratsamt gegebene Begründung für die mit Bescheid vom 1. Juli 2014 angeordnete sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26. September 2013 ist ausreichend. Das Verwaltungsgericht weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Begründung besondere, auf den Einzelfall bezogene konkrete Gründe erfordert, welche die anordnende Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen; dies bezweckt unter anderem, der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen zu führen und sie zu veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob wirklich ein besonderes öffentliches - oder auch privates - Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Andererseits dürfen - was das Verwaltungsgericht gleichfalls erkannt hat - an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere handelt es sich im Falle von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nur um ein formelles Begründungserfordernis, so dass im Rechtsbehelfsverfahren das Gericht nicht die inhaltliche Tragfähigkeit der für die Anordnung des Sofortvollzugs gegebenen Begründung hinterfragt, sondern - nach den oben dargelegten Grundsätzen - prüft, ob der konkrete Einzelfallbezug gegeben ist. Übernimmt - wie vorliegend - die Behörde weitestgehend eine vom Genehmigungsinhaber vorformulierte Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung, so rechtfertigt dies nicht ohne weiteres die Folgerung, die Behörde sei sich des Ausnahmecharakters der Sofortvollzugsanordnung nicht bewusst gewesen und habe deren Erforderlichkeit nicht hinreichend geprüft. Maßgebend war im konkreten Fall die Einschätzung des Landratsamts, der angefochtene Genehmigungsbescheid sei offensichtlich rechtmäßig und die Anfechtungsklage der Antragstellerin sei demgemäß offensichtlich ohne Erfolgsaussicht. Dass dem ein Verfahrensfehler vorausgegangen war, weil das Landratsamt den Kreis der immissionsschutzrechtlich und baurechtlich als „Nachbarn“ anzusehenden Grundstückseigentümer zu klein gezogen hatte, wirkt sich möglicherweise auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung, aber nicht darauf aus, dass dem Erfordernis einer formellen Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt ist.

2. Bedenken gegen die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) der angegriffenen Genehmigung bestehen nicht (mehr). Streitgegenständlich ist nunmehr der Bescheid vom 26. September 2013 in der Fassung, die er (außer durch den Änderungsbescheid vom 5.3.2014 auch) durch den Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 erhalten hat. Mit diesem Bescheid hat das Landratsamt die von den Abweichungen betroffenen Grundstücke und das Ausmaß der zugelassenen Abweichungen genau bezeichnet (Nr. III des Bescheidstenors vom 26.9.2013; Nr. I des Ergänzungsbescheids: Verringerung der - grds. gesetzlich gebotenen - Abstandsflächentiefe von 192,7 m um den Mastmittelpunkt auf einen Radius von nunmehr 52,0 m); es hat der Antragstellerin zudem (wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11.8.2014 unwidersprochen vorgetragen hat) den Abstandsflächenplan - da eine Übermittlung per Telefax nicht möglich gewesen sei - per Post übersandt.

3. Entscheidungserhebliche Fehler des Verwaltungsverfahrens bestehen wohl nicht mehr. Zwar hat das Landratsamt rechtsfehlerhaft die Antragstellerin nicht am Genehmigungsverfahren beteiligt. Es war offensichtlich, dass durch das genehmigte Vorhaben nachbarschützende Abstandsflächenvorschriften nicht eingehalten werden und dass durch die zugelassenen Abweichungen demgemäß subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin geschmälert werden. Damit war es geboten, die Antragstellerin vor der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen anzuhören (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG); die verfahrensrechtlichen Anforderungen nach Art. 66 BayBO dagegen gelten entgegen der Ansicht der Antragstellerin aufgrund der formellen Konzentrationswirkung (§ 13 BImSchG) der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht (Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 9; Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 18). Die unterlassene Anhörung der Antragstellerin ist vorliegend aber dadurch geheilt worden, dass das Landratsamt das Antrags- und Klagevorbringen der Antragstellerin zur Kenntnis genommen und dieses mit einer zusätzlichen Begründung im Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 gewürdigt hat (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).

[4] Die vom Verwaltungsgericht angezweifelte Atypik, die für ein Abweichen von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nach Art. 63 BayBO erforderlich ist, dürfte bei summarischer Prüfung aufgrund der zwischenzeitlichen Erkenntnisse im Beschwerdeverfahren zu bejahen sein. Das Verwaltungsgericht hat im Ansatz zutreffend erkannt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof (U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - NVwZ-RR 2009, 992) angesprochene atypische Fallgestaltung bei Windkraftanlagen im Außenbereich unter anderem darauf beruht, dass derart große Abstandsflächen, wie sie bei Windkraftanlagen neuester Art mit Gesamthöhen von annähernd 200 m erforderlich sind, nach Größe und Zuschnitt der Außenbereichsgrundstücke regelmäßig kaum nach allen Seiten eingehalten werden können (dies gilt jedenfalls in weiten Teilen Bayerns mit den hierzulande üblichen verhältnismäßig kleinen landwirtschaftlichen Grundstücken). Dies nötigt aber nicht dazu, bei verhältnismäßig großen Grundstücken wie im vorliegenden Fall die Atypik in Frage zu stellen. Diese ergibt sich nämlich auch aus der Eigenart der Windkraftanlage als Bauwerk (vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - a. a. O., Rn. 30). Vielmehr bietet die Ermessensausübung bei der Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO ein geeignetes Instrument, trotz grundsätzlich bejahter Atypik mit den jeweils betroffenen Belangen sachgerecht umzugehen.

5. Soweit die Ermessensausübung bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen betroffen ist, geht der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung davon aus, dass vorliegend die Ergänzung der Abweichungsentscheidung (Nrn. I.1 und I.2 des Ergänzungsbescheids vom 31.7.2014) sowie der Begründung für die Ermessensentscheidung (Nr. I.3) materiell-rechtlich zulässig ist und sich im Rahmen dessen hält, was nach § 114 Satz 2 VwGO prozessual zu berücksichtigen ist. Inwieweit Ermessenserwägungen ergänzt werden können, bestimmt das materielle Recht. Hierzu gehören zunächst Erfordernisse in Bezug auf die Eindeutigkeit und Klarheit der Begründung sowie die sorgfältige Trennung zwischen zusätzlichen Begründungsteilen einerseits und prozessualem Verteidigungsvorbringen der Behörde andererseits (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14/10 - juris Rn. 18). Diesen Anforderungen genügt vorliegend die Handhabung des Antragsgegners, der zur Ergänzung der Begründung einen förmlichen Bescheid erlassen hat. Auch ist nicht ersichtlich, inwiefern vorliegend die Ergänzung der Begründung für die Zulassung von Abweichungen den Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert oder für die Antragstellerin die Rechtsverteidigung erschwert haben sollte (vgl. zu diesem Erfordernis ebenfalls BVerwG, U.v. 13.12.2011, a. a. O., juris Rn. 18, m. w. N.). Die rechtlichen Grenzen für das Nachschieben von Ermessenserwägungen sind in den Fällen überschritten, in denen das Ermessen überhaupt noch nicht ausgeübt oder wesentliche Teile der Ermessenserwägungen ausgetauscht oder erst nachträglich nachgeschoben wurden (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 114 Rn. 50 m. w. N.). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Denn vorliegend wurden mit dem Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 keine wesentlichen Ermessenserwägungen ausgetauscht oder nachgeholt. Das Landratsamt hat - wie sich aus der Formulierung der ursprünglichen Nr. 6 der Bescheidsbegründung ergibt - zweifelsfrei erkannt, dass es bei der Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen eine Einzelfallentscheidung treffen und hierbei sein Ermessen ausüben muss. Defizitär war dagegen die Begründung in Bezug auf die - nach Erlass des Bescheids von der Antragstellerin vorgebrachten speziellen Belange der Antragstellerin im Hinblick auf den Anbau von Sonderkulturen. Die Antragstellerin macht insofern geltend, sie baue im Einwirkungsbereich der Windkraftanlage solches Obst an, das erstens besonders hochwertig und zweitens besonders empfindlich sei und - insbesondere durch Schattenwurf und etwaige unfallbedingte Gefahren - vor allem während der Reifung, aber auch zu anderen Jahreszeiten infolge seiner Einbindung in ein ökologisches, Tiere wie Pflanzen konzeptionell einschließendes Umfeld von den Einwirkungen der Windkraftanlage gestört werden könne. Das Landratsamt war hingegen von üblicher landwirtschaftlicher Nutzung ausgegangen und hatte der strittigen Windkraftanlage insofern unter Berücksichtigung der Zwecke der Abstandsfläche (hier insbesondere der Besonnung der betroffenen Grundstücke, vgl. BayVGH, U.v. 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - a. a. O., Rn. 32 ff.) keine besondere Störwirkung beigemessen. Ein Eingehen auf Sonderkulturen ist zwar nicht erfolgt, die Thematik war jedoch dieselbe.

6. Ob die ergänzenden Ermessenserwägungen des Landratsamts rechtlich haltbar sind, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Ob überhaupt und in welchem Ausmaß durch die Zwecke der Abstandsflächenvorschriften geschützte Belange der Antragstellerin vorliegend betroffen sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof im summarischen Verfahren nicht abschließend zu beurteilen. Die Stellungnahme des Fachberaters für Gartenkultur und Landespflege des Landratsamts vom 14. Juli 2014 hat insofern wohl keine genügende Aussagekraft. Diese spezielle Fachberater-Stellungnahme ist in Bezug auf etwaige Beschattungseffekte nicht nur weniger ausführlich als die (gleichfalls dem Verwaltungsgericht vorgelegte) Einschätzung des Umweltamts am Landratsamt vom 14. Juli 2014, sondern enthält auch einen sachlichen Fehler insofern, als darin von Obstkulturen südwestlich der Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. 16000 der Gemarkung H. die Rede ist. FlNr. 16000 befindet sich aber in der Gemarkung O. und liegt nordwestlich der Windkraftanlage; zur Gemarkung H. dagegen gehört FlNr. 19000 und liegt - wie in der Stellungnahme des Umweltamts vom 14. Juli 2014 richtig beschrieben - eher westlich als südwestlich der Windkraftanlage. Überdies könnte sich empfehlen, zur Frage etwaiger Ertragseinbußen bei den Sonderkulturen der Antragstellerin durch die von der Windkraftanlage ausgehenden Wirkungen die Einschätzung einer unabhängigen Fachkraft (etwa von der Bayer. Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchheim) einzuholen. Insoweit räumt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. August 2014 (S. 20) in anderem Zusammenhang allerdings ein, dass wissenschaftlich noch völlig ungeklärt sei, welche Auswirkungen eine Windkraftanlage auf eine Spalierobstanlage habe, so dass sich möglicherweise keine konkreten Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung feststellen lassen. Es bedarf weiter der Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob die mit dem Ergänzungsbescheid vom 31. Juli 2014 nachgeholte Ermessensbegründung in Bezug auf die konkret genehmigte Position der Windkraftanlage innerhalb des Baugrundstücks rechtens ist oder ob ohne Nachteil für das konkrete Vorhaben und die Windenergienutzung im betreffenden Sondergebiet 2 ohne Weiteres ein von den Grundstücken der Antragstellerin weiter entfernter Standort hätte gewählt werden können. Es ist dabei auch zu beachten, dass in dem Sondergebiet 2 (Bereich K.) nach Nr. 6.2 des Erläuterungsberichts (vom 25.6.2004, Stand 8.4.2004) nicht nur eine, sondern zwei Windkraftanlagen untergebracht werden sollen. Außerdem muss der horizontale Mindestabstand zwischen Rotorblattspitze in ungünstigster Stellung und äußerstem ruhenden Leiter nach DIN EN 50341-3-4 - VDE 0210-12 - bei Freileitungen mit Schwingungsschutzmaßnahmen größer als der Rotordurchmesser sein.

Ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Belange des Natur- und Artenschutzes und der Trinkwasserversorgung bei der Entscheidung über die Zulassung von Abweichungen von den Abstandsflächen überhaupt berücksichtigt werden können, obwohl sie nicht zu den Zwecken des Abstandsflächenrechts gehören, braucht vorliegend im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls gilt Eines: Bei der Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO hat der Nachbar keinen Anspruch darauf, dass das Vorhaben in jeder Hinsicht mit allen objektiv zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen übereinstimmt. Vielmehr sind nur diejenigen öffentlichen Belange in die Abwägung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO einzustellen, die mit der die Abweichung auslösenden konkreten Maßnahme in einem funktionalen Zusammenhang stehen (Simon/Busse, BayBO, Art. 63 Rn. 35; vgl. auch Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 15 bis 18). Als die Abweichung auslösende konkrete Maßnahme in diesem Sinn dürfte vorliegend die Positionierung der Windkraftanlage innerhalb des Baugrundstücks anzusehen sein, nicht aber der Bau der Windkraftanlage schlechthin.

Bezüglich der von der Antragstellerin geltend gemachten Gefahren für die Trinkwasserversorgung infolge unzureichender Standsicherheit der Anlage fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass trotz der auf die Standsicherheit bezogenen Nebenbestimmungen unter Nr. VI der angefochtenen Genehmigung (z. B. Nrn. 3.2, 3.3., 3.4., 3.11 und 3.14) derartige Gefahren tatsächlich bestehen.

7. Soweit die Antragstellerin geltend macht, von der strittigen Windkraftanlage gingen schädliche Umwelteinwirkungen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) in Gestalt von tieffrequenten Geräuschen oder sonstige Gefahren im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (insb. Brandgefahr, Eiswurfgefahr) aus, hat sie nur die abstrakte Möglichkeit solcher Gefahren aufgezeigt, aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt, dass derartigen Gefahren nicht durch die Konzeption der Anlage und den Genehmigungsbescheid ausreichend vorgebeugt werden könnte.

8. Angesichts der nicht abschließend zu beurteilenden Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage sind vorliegend im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die gegensätzlichen Interessen abzuwägen. Zu betrachten ist einerseits die Möglichkeit, dass die sofortige Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung wiederhergestellt würde und die Beigeladene demnach weiterbauen dürfte, sich aber im Klageverfahren die immissionsschutzrechtliche Genehmigung oder die Zulassung der Abweichung von den Abstandsflächen (insgesamt oder zumindest im vorliegend bewilligten Ausmaß) als rechtswidrig erweisen würde. Zu betrachten ist andererseits die Möglichkeit, dass die Verwirklichung des Vorhabens vorläufig gestoppt, sich dann aber im Klageverfahren die Genehmigung als rechtmäßig erweisen würde.

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass - wie von den Beteiligten vorgetragen wurde und auf den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 5. August 2014 vorgelegten Luftbildern zu sehen ist - der Bau der Windkraftanlage schon weit fortgeschritten ist: Der Mast einschließlich der Gondel oder eines wesentlichen Teils der Gondel, an der noch der Rotor zu befestigen ist, steht bereits. Ein erheblicher Anteil der Kosten für die Errichtung der Anlage ist deshalb bereits angefallen. Würde sich im Klageverfahren die streitgegenständliche Genehmigung als rechtswidrig erweisen und würde - im Extremfall - ein Abbau der Windkraftanlage notwendig werden, so wären die Kosten hierfür nach Fertigstellung der Anlage zwar höher, als wenn die Anlage im gegenwärtigen, nahezu fertigen Ausbauzustand zurückgebaut werden müsste. Die durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts ermöglichten weiteren Investitionen wären aber geringer als bei einem vollständigen Neubau. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu Fällen, in denen mit dem Bau der strittigen Windkraftanlage noch nicht begonnen worden ist. Die Schaffung vollendeter Tatsachen wird nur in geringerem Umfang ermöglicht.

Die für die Beigeladene entstehenden finanziellen Einbußen bei einer weiteren Verzögerung des Vorhabens mit der Folge, dass die Anlage später als geplant oder gar nicht mehr im Jahr 2014 in Betrieb genommen werden kann, sind beträchtlich und treten mit jedem Tag der Verzögerung ein. Die Beigeladene hat dies unter Nr. B.II ihrer Beschwerdebegründung vom 22. Juli 2014 anschaulich und nachvollziehbar geschildert; die Gründe dafür sind - soweit sie auf den rechtlichen Rahmenbedingungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz beruhen - auch gerichtsbekannt. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen (Minderung des Ertrags ihrer Spalierobstanlagen und Holunderanlagen) würden sich noch nicht im Jahr 2014 (allenfalls in geringerem Ausmaß), sondern erst ab dem Frühjahr 2015 einstellen, weil bei den von der Antragstellerin angebauten Äpfeln die Wachstumsphase abgeschlossen oder fast abgeschlossen ist, im Jahr 2014 also „nur“ noch die Reifephase des Obstes ansteht und ein neuer Vegetationszyklus erst nach dem Winter beginnt. Bis dahin aber kann mit einem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens gerechnet werden. Keinesfalls kann angenommen werden, dass sich die von der Antragstellerin geltend gemachte Existenzgefährdung - wenn überhaupt - infolge der Beeinträchtigungen ihres Obstanbaus durch die Windkraftanlage bis zu diesem Zeitpunkt einstellen könnte. Mit dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens aber hingen die Rechtsfolgen vom Ergebnis des Hauptsacheverfahrens und nicht mehr dem Ergebnis des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ab.

Die Abwägung der - je nach Ausgang des Klageverfahrens eintretenden - Vorteile oder Nachteile für die Antragstellerin bzw. die Beigeladene (als wirtschaftlich betroffene Beteiligte) führt deshalb dazu, vorerst die weitere Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens zuzulassen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG; Nr. 1.5, Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalog 2013 (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragt, einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO sowie die Beschwerdeentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wieder herzustellen.

1. Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Windkraftanlage auf dem Grundstück FlNr. 35... der Gemarkung H. und ordnete mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung an.

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013 (in der derzeitigen Fassung) Anfechtungsklage erhoben (Az. W 4 K 14.604). Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 10. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. wiederhergestellt (Az. W 4 S 14.613). Der Antrag wurde nach Ergänzung der Genehmigung durch Bescheid vom 31. Juli 2014 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf Beschwerde der Beigeladenen hin abgelehnt (B.v. 19.8.2014 - 22 CS 14.1597). Bezüglich der Begründung der Beschlüsse wird auf die Prozessakten in den Verwaltungsstreitsachen W 4 S 14.613 und 22 CS 14.1597 verwiesen. Über die Hauptsacheklage ist noch nicht entschieden.

Das Landratsamt W. hat mit weiterem Bescheid vom 13. Oktober 2014 die streitgegenständliche Genehmigung vom 26. September 2013 (in der Fassung vom 31. Juli 2014) erneut im Tenor und in den Gründen ergänzt; die Ergänzung betrifft die geltend gemachte Gefahr, dass Arbeiter bei ihrer Tätigkeit auf der Spalierobstanlage durch von der Windkraftanlage herabfallende oder vom sich drehenden Rotor weggeschleuderte Eisstücke verletzt werden könnten. In der Folge hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Verwaltungsstreitsachen 22 CS 14.2157, 22 CS 14.2158 und 22 CS 14.2161 mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 zur Eiswurfproblematik Stellung genommen.

2. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 beantragt die Antragstellerin,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Juli 2014, Az. W 4 S 14.613, und des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014, Az. 22 CS 14.597, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 26. September 2013 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 5. März 2014, in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 31. Juli 2014 sowie in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 13. Oktober 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Es lägen veränderte Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO vor. Zum einen sei eine neue Beschluss- und Erkenntnislage durch die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2014 (Az. 22 CS 14.2157, 22 CS 14.2158 und 22 CS 14.2161) gegeben, durch die die Antragstellerin in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht unzumutbar nachteilig betroffen würde. Zudem habe sich die Bescheidlage durch den Ergänzungsbescheid vom 13. Oktober 2014 sowie die Vorlage weiterer Unterlagen zur Eiserkennung, darunter ein TÜV-Gutachten zur Risikobewertung, wesentlich geändert. Zuletzt seien verschiedene Faktoren, die für den 22. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im vorausgegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO den Ausschlag für die Ablehnung des Antrags gegeben hätten, nicht mehr gegeben. Dies beträfe vor allem die der Abwägung zugrunde gelegte wirtschaftliche Situation der Beteiligten. Wegen des ausführlichen Vorbringens wird im Übrigen auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 15. Dezember 2014 und vom 12. Januar 2015 verwiesen.

2. Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Da der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig sei und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze, überwiege ein etwaiges Interesse der Antragstellerin an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage die Interessen des Bauherren nicht. Im Übrigen sei der Antrag auch deshalb abzulehnen, da die genannten Umstände unter Berücksichtigung der auch sonst für das Aussetzungsverfahren geltenden Grundsätze zu keiner anderen Entscheidung führen können als im ursprünglichen Verfahren. Veränderte Umstände seien nicht ersichtlich.

3. Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es wird zur Begründung angeführt, dass der Antrag weder zulässig noch begründet sei. Der Antrag sei bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen. Im Zuge der einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei eine abschließende Prüfung der in Frage kommenden drittschützenden Rechte erfolgt. Darüber hinaus sei der Antrag als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Die Antragstellerin versuche, sich durch den gegenständlichen Antrag ein nicht vorgesehenes Rechtsmittel gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2014 zu erschleichen. Da im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO die gleichen Prüfungsmaßstäbe wie im Rahmen des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gelten, wäre zumindest die Verletzung drittschützender Rechte geltend zu machen. Dies erfolge jedoch nicht. Einem weiteren Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stehe die Rechtskraft des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 19. August 2014, Az. 22 CS 14.597, sowie der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. November 2014 über die Anhörungsrüge entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

1. Das Verwaltungsgericht Würzburg ist als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO zuständig. Gericht der Hauptsache ist das Gericht, bei dem die Hauptsacheklage anhängig ist (vgl. Az. W 4 K 14.604). Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen, § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Eine Umdeutung des Antrags in einen neuen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt aufgrund der eindeutigen Antragstellung und aufgrund des Antragsbegehrens (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO), das auf Abänderung der vorhergehenden Beschlüsse im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichtet ist, nicht in Betracht.

2. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist kein Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbstständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der Entscheidung nach Abs. 5, sondern die Neuregelung der Vollziehung des Verwaltungsakts für die Zukunft in einem abweichenden Sinn ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 199). Gleichwohl stimmen beide Verfahren hinsichtlich der Verfahrensregeln und der Entscheidungsmaßstäbe überein, insbesondere ist der Verfahrensgegenstand identisch (BeckOK, VwGO, Stand: Okt. 2013, § 80 Rn. 198). Die Abänderungsbefugnis ist auch nicht auf stattgebende Entscheidungen beschränkt. Ein Anspruch nach Abs. 7 Satz 2 ist dann gegeben, wenn eine der beiden dort genannten Alternativen erfüllt ist. Die erste Alternative erfasst dabei entscheidungserhebliche Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art, die nach der Eilentscheidung eingetreten sind. Veränderte Umstände sind in erster Linie Änderungen der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage. Dies trifft zunächst für tatsächliche Veränderungen zu, wenn neue Fakten vorliegen oder nachträglich bekannt geworden sind bzw. eine Neubewertung von Fakten aufgrund eines Gutachtens erfolgt (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 80 Rn. 585). Dies gilt aber auch für eine Änderung der Rechtslage, worunter neben einer Gesetzesänderung auch die nachträgliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage fällt (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 197, Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 585). Dasselbe gilt bei einer Veränderung der Prozesslage etwa aufgrund neuer Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren oder einer inzwischen im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidung (Kopp/Schenke a. a. O., Schoch/Schneider/Bier a. a. O.). Ein schlichter Meinungswechsel hinsichtlich der Beurteilung des Aussetzungsbegehrens reicht aber nicht aus (OVG NW, B.v. 4.2.1999 - 11 B 74/99 - juris). Ebenso stellt ein in Reaktion auf die gerichtliche Aussetzung erlassener weiterer Verwaltungsakt keine Änderung der Umstände dar, da dies eine Änderung des Streitgegenstands bedeutet, für die das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht zur Verfügung steht (Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 80 Rn. 67). Schließlich muss sich aus den veränderten Umständen die Abänderung der früheren Eilentscheidung ergeben. Die veränderten Umstände müssen unter Berücksichtigung der auch sonst für das Aussetzungsverfahren geltenden Grundsätze zu einer anderen Entscheidung führen als im ursprünglichen Aussetzungsverfahren (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 202).

Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 (Az. 22 CS 14.1597) abzulehnen, weil keine gegenüber dem Zeitpunkt dieses Beschlusses veränderten Umstände im Sinn von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO geltend gemacht wurden, die zu einer Abänderung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 (Az. 22 CS 14.597) Anlass geben. Der Antrag ist daher wegen Fehlens der Antragsbefugnis unzulässig.

a) Infolge des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2014 (Az. 22 CS 14.2157, 22 CS 14.2158, 22 CS 14.2161) ist es nicht zu einer nachträglichen Veränderung der Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gekommen. Der Beschluss steht zwar in einem sachlichen Zusammenhang mit der Klage der Antragstellerin in der Hauptsache. Er ist hier jedoch nicht maßgeblich. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin wertet den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2014 aus (vgl. Antragsschriftsatz vom 15.12.2014, S. 27 ff. sowie Schriftsatz vom 12.01.2015, S. 17 ff.), verkennt jedoch, dass die Antragstellerin an dem Verfahren nicht beteiligt war. Unmittelbar aus dem Beschluss ergeben sich für die Antragstellerin demnach keine rechtlichen Bindungen, die zusätzlich neben etwaigen arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihren Mitarbeitern zur Geltung kommen könnten. Darüber hinaus trifft der Beschluss vom 4. Dezember 2014 keine abschließenden Aussagen zur Eiswurfproblematik (vgl. Az. 22 CS 14.2157, 22 CS 122 CS 14.2158 und 22 CS 122 CS 14.2161, Rn. 29). Eine darüber hinausgehende inhaltliche Würdigung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2014 ist der Kammer im vorliegenden Verfahren verwehrt.

b) Des Weiteren nimmt die Antragstellerin Bezug auf nachträgliche Änderungen infolge des Bescheids des Antragsgegners vom 13. Oktober 2014 zur Eiswurfproblematik. Auch hierin ist kein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO im Bereich der durch die Anlage drohenden Gefahren durch Eiswurf und Eisfall zu sehen. Es handelt sich um eine komplexe Problematik, die sich auch aufgrund weiterer gutachterlicher Stellungnahmen einer abschließenden rechtlichen Beurteilung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO verschließt (so der BayVGH, B.v. 04.12.2014 - Az. 22 CS 14.2157, 22 C22 CS 14.2158 und 22 C22 CS 14.2161, Rn. 29).

Eine Beachtung der Regelung vom 13. Oktober 2014 im Verfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO scheidet auch schon deshalb aus, weil mit Erlass des Bescheids vom 13. Oktober 2014 der ursprüngliche Streitgegenstand abgeändert wird. Erstmals wird die eigenständig zu betrachtende Thematik des „Eiswurfs/Eisfalls“ in die Ausgangsregelung integriert. Mit der eingefügten Nebenbestimmung Nr. VI.10 „Eiswurf“ wird vorgeschrieben, dass die Windkraftanlage mit dem in den Antragsunterlagen beschriebenen Eisüberwachungssystem auszustatten ist (Nr. VI.10.1), beim Abschalten der Windkraftanlage wegen Eisbildung die in den Antragsunterlagen beschriebene Gondelpositionierung in einer bestimmten Art und Weise zu aktivieren ist (Nr. VI.10.2), die Windkraftanlage nach dem Abschalten der Windkraftanlage wegen Eisbildung erst nach einer Sichtkontrolle wieder in Betrieb genommen werden darf (Nr. VI.10.3) und das unmittelbare Umfeld der Windenergieanlage im Umkreis von 50,5 m (Radius) mit Warnschildern in einer bestimmten Art und Weise zu kennzeichnen ist (Nr. VI.10.4). Mit der neu eingefügten Nr. II.7 in der Begründung wurden die im Hinblick auf die Gefährdung durch Eiswurf hinzugefügten Nebenbestimmungen erläutert. Der Ausgangsbescheid erfährt durch den in Reaktion auf die gerichtliche Auseinandersetzung erlassenen Bescheid vom 13. Oktober 2014 mithin eine inhaltliche Modifizierung, mit der eine Änderung des Streitgegenstands, d. h. eine rechtserhebliche Änderung des Vorhabens verbunden ist. Für diese Fälle ist eine Überprüfung im Rahmen des § 80 Abs. 7 VwGO nicht vorgesehen (Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 80 Rn. 67 mit Hinweis auf OVG NRW, B.v. 03.06.1996 - Az. 11 B 1276/96 - juris).

c) Schließlich stellt der Bevollmächtigte der Antragstellerin darauf ab, dass sich aufgrund des Zeitablaufs die Umstände, die der ursprünglichen Interessenabwägung zugrunde gelegen haben, wesentlich geändert hätten und deshalb eine Neubewertung der Interessen erfolgen müsste. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Beendigung des Rechtsstreits bis zum Frühjahr 2015 und die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligten. Bezüglich dieser Aspekte ist jedoch keine Veränderung der für die Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu erkennen.

Der Bewertung der Verfahrensdauer durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 19. August 2014 (Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25) liegt lediglich eine vorläufige Einschätzung aufgrund von Erfahrungswerten zugrunde. Bestätigt sich diese Einschätzung nicht, handelt es sich nicht per se um eine im Rahmen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO beachtliche Änderung der Umstände. Vielmehr bleiben die tatsächlichen Rahmenbedingungen identisch. Die Ansicht, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei hierbei von nicht zutreffenden Annahmen ausgegangen, ist eine Frage der rechtlichen Wertung. Diese ist nicht vom Gericht der Hauptsache im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO durchzuführen, da es sich nicht um ein Rechtsmittelverfahren handelt (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 199; Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80 Rn. 66).

Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass sich die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten, insbesondere das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen am Betrieb der Anlage, wesentlich geändert haben. Es liegt auf der Hand, dass die finanziellen Einbußen bei einer Verzögerung des Vorhabens im Jahr 2015 weiterhin gegeben sind. Insofern ist keine Abweichung zu der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof festgestellten Ausgangssituation für das Jahr 2014 zu verzeichnen (vgl. BayVGH, B.v. 19.08.2014 - Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25). In diesem Zusammenhang hatte die Beigeladene jedoch die Frage der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch den verzögerten Betrieb dargelegt. Ein veränderter Umstand im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist daher nicht gegeben.

Die Kammer kann auch im Übrigen die Antragstellerin betreffend keine wesentliche Abweichung der wirtschaftlichen Gesamtsituation feststellen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der Entscheidung vom 19. August 2014 die Frage der Existenzgefährdung der Antragstellerin ausdrücklich offen gelassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.08.2014 - Az. 22 CS 14.1597, Rn. 25), so dass dieser Aspekt sehr wohl gesehen wurde und in die Abwägung eingeflossen ist. Eine wesentliche Änderung der Sachlage im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegt insofern nicht vor.

d) Da es an einer Geltendmachung veränderter Umstände im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO fehlt und die vorgetragenen Gründe nicht zu einer Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. August 2014 führen können, ist der Antrag unzulässig. Die Kammer macht daher auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch, den Beschluss nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern oder aufzuheben.

3) Der Antrag war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2 i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere

1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen;
2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
3.
Auskünfte einholen;
4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen;
5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend;
6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden.
7.
(weggefallen)

(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.

2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.

Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.

3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.

4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.

2. Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.

3. Der Antrag ist begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.

3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH vom 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Ob dem hier Genüge getan wurde, ist aus Sicht der Kammer zweifelhaft, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.

3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.

Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.

3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Demgemäß beträgt die Tiefe der von der Windkraftanlage einzuhaltenden Abstandsfläche grundsätzlich 1 H (Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO). Sie bemisst sich gemäß Art. 6 Abs. 4 S. 1 und 2 BayBO nach dem Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Ein H beträgt vorliegend (135 m + 50,5 m =) 185,5 m. Die Abstandsfläche der Windkraftanlage ist gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 BayBO einzuhalten ab einem Kreis um die Mittelachse der Anlage, dessen Radius durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt bestimmt wird (fiktive Außenwand - vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Im vorliegenden Fall ist der an der Gondel angebrachte Rotor zum Mastmittelpunkt um 6 m versetzt. Damit liegen die höchsten Punkte der Anlage aufgrund der Drehbewegungen des Rotors in einem Kreis mit einem Radius von 6 m vom Mastmittelpunkt aus in einer Höhe von 185,5 m. Dieser Versatz stellt, senkrecht projiziert auf die Geländeoberfläche, die fiktive Außenwand der Anlage dar, von der ab die nach der Gesamthöhe von 185,5 m berechneten Abstandsflächen einzuhalten sind.

Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.

Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:

3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH vom 21.2.2011 - 11 B 09.3032 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2014, § 37 Rn. 7). Für die Bestimmtheit genügt, wenn der Inhalt der Regelung bestimmbar ist.

Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.

Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.

Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).

3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.

3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).

3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH vom 18.6.2014 - 22 B 13.1358). Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass sich weitere rechtliche Zweifel an der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch aus den Stellungnahmen des Zweckverbandes der Fernwasserversorgung Mittelmain, der Regierung von Unterfranken und des Regionalen Planungsverbandes W. ergeben, und zwar wegen möglicher Beeinträchtigung der Belange der Wasserwirtschaft aufgrund der Lage der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung. Auch hiermit hat sich die streitgegenständliche Genehmigung überhaupt nicht auseinander gesetzt.

3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.

Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.

4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.

2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.

Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.

3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.

4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.

2. Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.

3. Der Antrag ist begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.

3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH vom 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Ob dem hier Genüge getan wurde, ist aus Sicht der Kammer zweifelhaft, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.

3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.

Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.

3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Demgemäß beträgt die Tiefe der von der Windkraftanlage einzuhaltenden Abstandsfläche grundsätzlich 1 H (Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO). Sie bemisst sich gemäß Art. 6 Abs. 4 S. 1 und 2 BayBO nach dem Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Ein H beträgt vorliegend (135 m + 50,5 m =) 185,5 m. Die Abstandsfläche der Windkraftanlage ist gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 BayBO einzuhalten ab einem Kreis um die Mittelachse der Anlage, dessen Radius durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt bestimmt wird (fiktive Außenwand - vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Im vorliegenden Fall ist der an der Gondel angebrachte Rotor zum Mastmittelpunkt um 6 m versetzt. Damit liegen die höchsten Punkte der Anlage aufgrund der Drehbewegungen des Rotors in einem Kreis mit einem Radius von 6 m vom Mastmittelpunkt aus in einer Höhe von 185,5 m. Dieser Versatz stellt, senkrecht projiziert auf die Geländeoberfläche, die fiktive Außenwand der Anlage dar, von der ab die nach der Gesamthöhe von 185,5 m berechneten Abstandsflächen einzuhalten sind.

Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.

Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:

3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH vom 21.2.2011 - 11 B 09.3032 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2014, § 37 Rn. 7). Für die Bestimmtheit genügt, wenn der Inhalt der Regelung bestimmbar ist.

Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.

Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.

Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).

3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.

3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).

3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH vom 18.6.2014 - 22 B 13.1358). Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass sich weitere rechtliche Zweifel an der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch aus den Stellungnahmen des Zweckverbandes der Fernwasserversorgung Mittelmain, der Regierung von Unterfranken und des Regionalen Planungsverbandes W. ergeben, und zwar wegen möglicher Beeinträchtigung der Belange der Wasserwirtschaft aufgrund der Lage der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung. Auch hiermit hat sich die streitgegenständliche Genehmigung überhaupt nicht auseinander gesetzt.

3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.

Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.

4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2013, für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau einer Windkraftanlage, die das Landratsamt W. mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilt und für die es mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hat.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Fl. Nrn. 160... und 191... der Gemarkung O. sowie der Fl. Nr. 190... der Gemarkung H. Die Grundstücke Fl. Nrn. 191... und 160... der Gemarkung O. befinden sich nördlich bzw. nordwestlich des Grundstücks Fl. Nr. 354... der Gemarkung H. (Baugrundstück) und sind nur durch einen Flurweg von diesem getrennt. Das Grundstück Fl. Nr. 190... schließt sich im Westen des Baugrundstücks, ebenfalls nur durch einen Feldweg getrennt, mit einer Länge von ca. 70 m an dieses an. Das Baugrundstück weist in Nord-Süd-Richtung eine Länge von ca. 400 m und eine Breite zwischen 155 m (im Norden) und 250 m (im Süden) auf. Auf dem ca. 8,2 ha großen Baugrundstück, das im Flächennutzungsplan der Gemeinde H. als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist, wird eine Windkraftanlage errichtet, wobei der Turm und die Gondel bereits hergestellt sind. Derzeit finden Arbeiten am Rotor statt; die Rotorblätter sind noch nicht befestigt worden.

2. Auf den Antrag der Beigeladenen vom 6. Februar 2013 führte das Landratsamt W. ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durch, an dem - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der angrenzenden Flurwege - keiner der Grundstücksnachbarn beteiligt wurde. Der Genehmigungsantrag enthält u. a. einen Antrag auf Abweichung von der Abstandsfläche gemäß Art. 63 BayBO. Ein Abstandsflächenplan befindet sich nicht in den Genehmigungsunterlagen.

Mit Bescheid vom 26. September 2013 erteilte das Landratsamt W. der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E 101 mit einer Nennleistung von 3 Megawatt (Ziffer I). Der Turm soll am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m haben. Die Nabenhöhe beträgt 135 m, der Rotor-Durchmesser 101 m, so dass die Gesamthöhe der Anlage bis zur Spitze der senkrecht stehenden Rotorblätter ab Geländeoberkante sich auf 185,50 m errechnet. Der Abstand der Rotorspitze vom Mittelpunkt des Mastes beträgt 6 m. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung beinhaltet gleichzeitig die Baugenehmigung (Ziffer II). Der Bescheid enthält unter Ziffer III folgende Regelung: „Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen.“ Der Antragstellerin - wie auch den übrigen Nachbarn - wurde keine Ausfertigung des Genehmigungsbescheids zugestellt. Nachdem sich die Antragstellerin Anfang Juni 2014 an das Landratsamt W. gewandt hatte, erhielt sie auf diese Anforderung am 27. Juni 2014 eine Ausfertigung des streitgegenständlichen Bescheids zugestellt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin am 1. Juli 2014 Klage erheben (W 4 K 14.604), mit dem Antrag den vg. Bescheid aufzuheben.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 30. Juni 2014 ordnete das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids vom 26. September 2013 an.

3. Die Antragstellerin ließ am 3. Juli 2014 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. Juli 2014 gegen den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid des Landratsamts W. vom 26. September 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen deutlich überwiege, da die streitgegenständliche Genehmigung rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze. Zum einen sei die dramatische Verkürzung der Abstandsflächen bereits ermessensfehlerhaft, da keine bedeutsamen Gründe hierfür vorlägen. Zum anderen sei die Abwägung völlig abstrakt ausgefallen und die Interessen der Antragstellerin seien nicht in die Abwägung eingestellt worden. Im Übrigen lägen 1,42 ha Spalierobst-Anlagen und 0,5 ha Holunder im direkten Einwirkungsbereich der Anlage. Aufgrund der enormen Verkürzung der Abstandsfläche sei eine erhebliche konkrete Gefährdung des landwirtschaftlichen Ertrags zu befürchten.

4. Das Landratsamt W. beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Vorliegend bestehe eine atypische Fallgestaltung wegen der Eigenart der Windkraftanlage, so dass eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den gesetzlichen Abstandsflächen habe zugelassen werden können. Die getroffene Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen der Nachbarn sei, auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange, nicht zu beanstanden. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Antragstellerin sei nicht zu befürchten.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Über den Antrag konnte entschieden werden, obwohl die Beigeladene, der mit Schreiben des Gerichts vom 9. Juli 2014 eine Stellungnahmefrist bis 14. Juli um 8 Uhr eingeräumt worden war, noch keine schriftliche Äußerung abgegeben hat. Denn aufgrund der eingetretenen Eilbedürftigkeit war eine unverzügliche Entscheidung der Kammer geboten. Im Übrigen hat der spätere Bevollmächtigte der Beigeladenen seine wesentlichen Gründe bereits in zwei Telefongesprächen dem Berichterstatter gegenüber vorgetragen.

2. Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 26. September 2013 entfällt, weil das Landratsamt W. auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 1. Juli 2014 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. In einem solchen Fall kann das Gericht gemäß § 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen.

3. Der Antrag ist begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Der Antragsgegner muss das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids ausreichend und schriftlich begründet haben (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Im Übrigen trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung ist mit den Interessen der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BayVGH, B. v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68). Denn es besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Genehmigung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen.

3.1. Die Kammer hat bereits ernste Zweifel, ob die vom Landratsamt W. in seinem Bescheid vom 1. Juli 2014 angeführte Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen an eine ausreichende Begründung i. S. v. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt. Denn es hat wortwörtlich die von der Beigeladenen vorgebrachte Antragsbegründung in seinen Bescheid übernommen. Von einer eigenständigen Begründung kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Darüber hinaus stellt diese Begründung nicht auf den hier gegebenen Einzelfall ab, sondern kann in einer Vielzahl von Fällen, in denen es um die Errichtung einer Windkraftanlage geht, Verwendung finden. Die Begründung erfordert aber besondere, auf den Einzelfall bezogene, konkrete Gründe, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Schmidt in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43). In diesem Sinne ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen andererseits nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (Schmidt in Eyermann, VwGO a. a. O. § 80 Rn. 43). Die Begründungspflicht soll u. a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (Warnfunktion), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH vom 24.3.1999 - 10 CS 99.27 - BayVBl 1999, 465). Ob dem hier Genüge getan wurde, ist aus Sicht der Kammer zweifelhaft, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.

3.2. Denn im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg hat, da sich die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts W. vom 26. September 2013 voraussichtlich als rechtswidrig erweist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Nachbar, der eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anficht, kann mit seiner Klage nur Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in eigenen (subjektiven) Rechten verletzt wird. Solche eigenen Rechte vermitteln nachbarschützende Normen oder das baurechtliche Rücksichtnahmegebot. Bei einem eventuellen Verstoß gegen andere, aber nicht nachbarschützende Vorschriften dürfte das Verwaltungsgericht auch eine objektiv-rechtswidrige Genehmigung auf eine Nachbarklage hin nicht aufheben (vgl. z. B. BVerwG vom 30.9.1983 - DÖV 1984, 173; vom 5.10.1990 - DÖV 1991, 279). Als nachbarschützende Norm kommt hier Art. 6 Abs. 1 BayBO in Betracht, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BImSchG im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen ist.

Es spricht viel dafür, dass die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage gegen nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstößt.

3.2.1. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 BayBO sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen freizuhalten. Dies gilt gemäß Satz 2 entsprechend für andere Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Bei dem Fertigteilturm, der am Mastfuß einen Durchmesser von 10,73 m aufweist, sowie der Gondel, handelt es sich um eine selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und somit um ein Gebäude i. S. d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 2 BayBO. Bei dem Rotor handelt es sich zwar nicht um ein Gebäude, allerdings gehen von diesem Wirkungen wie von einem Gebäude aus (vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Demgemäß beträgt die Tiefe der von der Windkraftanlage einzuhaltenden Abstandsfläche grundsätzlich 1 H (Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO). Sie bemisst sich gemäß Art. 6 Abs. 4 S. 1 und 2 BayBO nach dem Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt der vom Rotor bestrichenen Fläche. Ein H beträgt vorliegend (135 m + 50,5 m =) 185,5 m. Die Abstandsfläche der Windkraftanlage ist gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 BayBO einzuhalten ab einem Kreis um die Mittelachse der Anlage, dessen Radius durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt bestimmt wird (fiktive Außenwand - vgl. BayVGH vom 28.7.2009 - 22 BV 08.3427 - juris). Im vorliegenden Fall ist der an der Gondel angebrachte Rotor zum Mastmittelpunkt um 6 m versetzt. Damit liegen die höchsten Punkte der Anlage aufgrund der Drehbewegungen des Rotors in einem Kreis mit einem Radius von 6 m vom Mastmittelpunkt aus in einer Höhe von 185,5 m. Dieser Versatz stellt, senkrecht projiziert auf die Geländeoberfläche, die fiktive Außenwand der Anlage dar, von der ab die nach der Gesamthöhe von 185,5 m berechneten Abstandsflächen einzuhalten sind.

Bei der sonach mit einem Kreis von 6 m vom Mastmittelpunkt aus einzuhaltenden Abstandsfläche kann eine Abstandsflächentiefe von 185,5 m bei dem von der Beigeladenen beantragten Standort im nordwestlichen Bereich des Baugrundstücks nur Richtung Süden auf dem Baugrundstück eingehalten werden. Ansonsten, nämlich Richtung Westen, Norden und Osten kommen die Abstandsflächen auf fremden Grundstücke zum Liegen, so dass das Vorhaben gegen Art. 6 Abs. 1 Sätze und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO verstößt.

Zwar hat hier das Landratsamt W. mit Ziffer III der streitgegenständlichen Genehmigung eine Abweichung von den vg. gesetzlichen Abstandsflächen erteilt. Allerdings bestehen in mehrerlei Hinsicht erhebliche rechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Im Einzelnen:

3.2.2. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Diese Vorschrift gilt auch für Baugenehmigungen und die darin enthaltenen Entscheidungen über Abweichungen von bauaufsichtlichen Vorschriften i. S. v. Art. 63 Abs. 1 BayBO. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können. Bei der Ermittlung des Inhalts der Regelung ist nicht auf die Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde den Verwaltungsakt erlassen haben, sondern auf den objektiven Erklärungswert, wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BayVGH vom 21.2.2011 - 11 B 09.3032 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2014, § 37 Rn. 7). Für die Bestimmtheit genügt, wenn der Inhalt der Regelung bestimmbar ist.

Hier ist aber für die Adressaten des Bescheids, insbesondere für die Grundstücksnachbarn, aus dem Tenor der unter Ziffer III getroffenen Regelung („Die Abweichung von den Abstandsflächen wird gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“) aus sich heraus nicht verständlich, gegenüber welchem Grundstück bzw. welchen Grundstücken eine Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen zugelassen wird, welches Maß die Tiefe der gesetzlichen Abstandsfläche hat und auf welches Maß die Abstandsfläche reduziert wird. Auch aus den Bescheidsgründen ergibt sich keinerlei Antwort auf diese Fragen. Selbst in der Begründung der Abweichung von den Abstandsflächen findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, hinsichtlich welcher Grundstücke die Abweichung erteilt wurde; es ist auch keine Berechnung der Abstandsflächentiefe von 1 H bzw. der dann reduzierten Abstandsflächentiefe enthalten. Der von der Beigeladenen gestellte „Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 BayBO auf 0,2716 H = 50,50 m“ enthält zwar eine Berechnung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe und einen Antrag auf die begehrte Abstandsflächentiefe, aber keine Aussage, welche Grundstücke von der Reduzierung der Abstandsflächen betroffen sein sollen. Im Bauantragsformular selbst werden - außer den Gemeinden H. und L. als Eigentümer der Flurwege - keinerlei Nachbarn bzw. Grundstücke, die betroffen sein könnten, genannt.

Schließlich lässt sich aus den sonstigen Verfahrensunterlagen, insbesondere den Bauvorlagen, die Bestandteil der streitgegenständlichen Genehmigung sind, nicht hinreichend klar und eindeutig entnehmen, welche Grundstücke betroffen sind. So enthält auch der vorgelegte Katasterauszug nur Angaben zu den Grundstückseigentümern der Flurwege, nicht aber zu den weiteren Grundstücken, die im Bereich der gesetzlichen Abstandsflächen liegen. Dies macht deutlich, dass hier sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen viel zu engen Begriff des „Nachbarn“ zugrunde gelegt haben. Der in den Antragsunterlagen enthaltene „Lageplan“ bzw. die „Lageplan-Übersicht“ enthalten ebenfalls keine Einzeichnung der gesetzlichen Abstandsfläche. Ein Abstandsflächenplan - wie ihn § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) in dem hier unzweifelhaft vorliegenden Fall, das dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, fordert, ist in den Antragsunterlagen nicht enthalten. Nach allem ist für die Beteiligten, insbesondere die Grundstücksnachbarn, vollkommen unklar, zu welchen Grundstücken eine Abweichung für erforderlich angesehen bzw. zu welchen Grundstücken überhaupt eine Abweichung von den Abstandsflächen erteilt wurde. Diese Problematik hat auch der mit der Erstellung der bauordnungsrechlichen Stellungnahme, also der Erteilung der „internen“ Baugenehmigung bzw. der Abweichung nach Art. 63 BayBO befasste Sachbearbeiter des Bauamts des Landratsamts W. so gesehen, wenn er in seiner fachlichen Stellungnahme vom 4. April 2013 (Bl. 43 ff. der Verfahrensakte) ausführt: „Für die endgültige Entscheidung über die beantragte Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Abstandsflächen ist vom Antragsteller zunächst ein Lageplan mit der Bemaßung der gesetzlichen Abstandsflächen vorzulegen, damit festgestellt werden kann zu welchen Nachbargrundstücken eine Abweichung erforderlich wird“ und er zu dem abschließenden Ergebnis kommt „Entscheidung ist erst nach Vorlage des Abstandsflächenplanes möglich“. Aus welchen Gründen dann aber die Genehmigungsbehörde keinen Abstandsflächenplan anfordert und auch sonst keine Nachbesserung des Antrags nach Art. 63 BayBO, vielmehr ersichtlich ohne jegliche weitere Prüfung und ohne jegliche konkrete Aussage im Genehmigungsbescheid entscheidet, dass „die Abweichung von den Abstandsflächen (…) gemäß Art. 63 BayBO zugelassen“ wird, ist der Verfahrensakte nicht zu entnehmen und kann von der Kammer auch nicht nachvollzogen werden. Auch die Antragserwiderung des Antragsgegners trägt zur Aufklärung dieser Frage nichts bei.

Nach allem kann hier von einer hinreichenden Bestimmtheit der Abweichung nach Art. 63 BayBO von den gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gesprochen werden. Diese inhaltliche Bestimmtheit kann vom Nachbarn auch geltend gemacht werden, soweit dadurch - wie hier gegeben - nicht sichergestellt ist, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspricht (vgl. Simon/Busse, BayBO, 115. Erg. Lief. 2014, Art. 68 Rn. 472).

3.2.3. Darüber hinaus ist nach summarischer Prüfung sehr fraglich, ob in dem hier gegebenen Fall, der ein großes Grundstück (ca. 8,2 ha) betrifft, die für die Erteilung einer Abweichung erforderliche Atypik gegeben ist. Das Landratsamt W. hat in der Begründung der Entscheidung über die Abweichung die Frage der Atypik nicht direkt angesprochen, hat vielmehr darauf abgestellt, dass aufgrund der schmalen Bauweise einer Windkraftanlage und der sich drehenden Rotorblätter der Schattenwurf vergleichsweise gering ausfalle. In der Antragserwiderung hat der Antragsgegner die atypische Fallgestaltung in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Juli 2009 (22 BV 08.3427 - juris) die atypische Fallgestaltung zum einen in der Eigenart der Windkraftanlage gesehen, die in verschiedener Hinsicht keine typische bauliche Anlage ist, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hatte, hat aber andererseits darauf abgestellt, dass es kaum Grundstücke gebe, die von Größe und Zuschnitt her die Einhaltung der eigentlich gebotenen Abstandsflächen von 1 H ermöglichen. Aufgrund der Größe des Baugrundstücks mit einer Länge von ca. 400 m und einer Breite zwischen 155 und 240 m wäre es bei einer Verschiebung der Anlage aber immerhin möglich gewesen auf drei „Seiten“ die Abstandsflächen einzuhalten. Ob in dem hier gegebenen Fallkonstellation, dass bei einem derart großen Baugrundstück die Windkraftanlage so weit in eine Grundstücksecke „geschoben“ wird, dass die Rotorblätter nahezu die nördliche und die westliche Grundstücksgrenze berühren, aber weder von Seiten der Beigeladenen noch von Seiten des Antragsgegners für diese Entscheidung irgendwelche Gründe angeführt wurden, die eine Anordnung im Randbereich des Grundstücks begründen könnten, noch von einer atypischen Fallkonstellation ausgegangen werden kann, hätte jedenfalls einer Überprüfung bedurft. Denn grundsätzlich dürften für ein Bauvorhaben kaum Gründe für eine Abweichung von den Abstandsflächen gegeben sein, wenn der Bauherr dieses Bauvorhaben auch unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf diesem Baugrundstück errichten kann. Nach allem ist hier nach summarischer Prüfung aus Sicht der Kammer jedenfalls fraglich, ob noch von einer atypischen Fallgestaltung gesprochen werden kann.

3.2.4. Jedenfalls hätte sich aber diese Frage, ob nämlich die Anordnung der Anlage in der Grundstücksecke, in deren Bereich die Antragstellerin ihre intensiv durch Obstbau genutzten Grundstücke hat, obwohl eine Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen auf dem Grundstück weitgehend möglich ist und und die Frage, durch eine Verschiebung der Anlage Richtung Süden die gesetzlichen Abstandsflächen von 1 H gegenüber den Grundstücken der Antragstellerin und auch gegenüber anderen Grundstücksnachbarn eingehalten werden können oder die Anlage zumindest in einem deutlich größerem Abstand zu ihren Grundstücken errichtet werden kann, im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Ermessensentscheidung aufdrängen müssen. Insgesamt fällt auf, dass der Antragsgegner im Rahmen der Ermessensentscheidung keinerlei konkrete nachbarliche Interessen der Antragstellerin in die Abwägung eingestellt hat. Dies verwundert auch nicht, denn ausweislich der dem Gericht vorliegenden Behördenakten wurde eine Nachbarbeteiligung nicht durchgeführt; ebenso wurde der streitgegenständliche Bescheid der Antragstellerin nach seinem Erlass nicht zugestellt.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift zulassen. Der Behörde ist mithin Ermessen eingeräumt. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Der der Behörde zustehende Entscheidungsspielraum ist dabei nur beschränkt überprüfbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Um das Ermessen pflichtgemäß ausüben zu können, ist es dabei zunächst erforderlich, dass die Behörde den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt vollständig ermittelt, damit sie alle für die Ermessensausübung tragenden Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Dies hat das Landratsamt W. hier offenkundig versäumt, denn es hat weder die Grundstücksnachbarn - mit Ausnahme der Wegeeigentümer - am Genehmigungsverfahren beteiligt noch eine fachliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft zur Frage der landwirtschaftlichen Nutzung der betroffenen Grundstücke und eventueller Auswirkungen der Windkraftanlage auf die konkret dort stattfindenden Nutzungen eingeholt. Dabei hätte sich schon beim Betrachten der in den Verfahrensunterlagen enthaltenen Luftbilder aufdrängen müssen, dass es sich bei den westlich und nördlich an das Baugrundstück anschließenden Grundstücken der Antragstellerin nicht um „einfache“ landwirtschaftliche Grundstücke handelt, sondern dass hier in einer Entfernung von nur 80 m zur geplanten Windkraftanlage auf größeren Flächen Spalierobstanbau betrieben wird. Beruht die getroffene Entscheidung hiernach auf einem unvollständigen Sachverhalt, so ist sie selbst dann aufzuheben, wenn sie auch bei einem vollständigen Sachverhalt vertretbar wäre (Rennert in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 25).

3.2.5. Darüber hinaus ist hier - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - auch fraglich, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit den Belangen des Naturschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB im Allgemeinen und mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG im Speziellen in Einklang zu bringen ist. Nach der letztgenannten Vorschrift ist es u. a. verboten, wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Die Antragstellerin hat dem Landratsamt W. als Teil der Antragsunterlagen „Naturschutzfachliche Angaben zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)“ vorgelegt, die u. a. die Aussage treffen, dass der nächstgelegen Rotmilanhorst etwa 2 km von der streitgegenständlichen Windkraftanlage entfernt liegt. Darüber hinaus befindet sich wohl auch ein Brutrevier in der näheren Umgebung (vgl. Karte 3: Rotmilan). Dennoch hat sich weder die streitgegenständliche Genehmigung noch die in der Behördenakte enthaltene naturschutzfachliche Stellungnahme in irgendeiner Weise mit der Frage des signifikant erhöhten Tötungsrisikos auseinandergesetzt, obwohl der Bayerische Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 hierfür ein standardisiertes Vorgehen vorsieht (vgl. hierzu und zu der Folge eines entsprechenden Fehlers BayVGH vom 18.6.2014 - 22 B 13.1358). Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass sich weitere rechtliche Zweifel an der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch aus den Stellungnahmen des Zweckverbandes der Fernwasserversorgung Mittelmain, der Regierung von Unterfranken und des Regionalen Planungsverbandes W. ergeben, und zwar wegen möglicher Beeinträchtigung der Belange der Wasserwirtschaft aufgrund der Lage der Anlage im Fallbereich der Fernwasserleitung. Auch hiermit hat sich die streitgegenständliche Genehmigung überhaupt nicht auseinander gesetzt.

3.3. Nachdem die Klage der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, musste hier die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende Interessenabwägung bereits aus diesem Grund eindeutig zulasten des Antragsgegners und der Beigeladenen ausgehen. Es bleibt daher bei der vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage.

Soweit darüber hinaus von Beigeladenenseite in zwei Telefongesprächen mit dem Berichterstatter erhebliche wirtschaftliche Schäden durch einen Baustopp reklamiert wurden, bleibt darauf hinzuweisen, dass auch von Seiten der Antragstellerin umfangreiche Angaben zu Ernteausfällen in beträchtlicher Höhe getätigt wurden.

4. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. Ziffer 19.2 i.V.m Ziffer 2.2.2. i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

5. Die Textpassage in Ziffer I. des am 10. Juli 2014 der Geschäftsstelle übergebenen und den Beteiligten übermittelten Beschlusstenors, „… für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“ wird durch Ziffer I. des Tenors dieses Beschlusses wie folgt berichtigt: „ … für den das Landratsamt W. mit Bescheid vom 1. Juli 2014 die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, wird wiederhergestellt“. Der hier gegebene offenkundige Schreibfehler konnte gemäß § 118 Abs. 1 VwGO vom Gericht berichtigt werden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.