Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2015 - 13a ZB 15.50005

published on 11.02.2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2015 - 13a ZB 15.50005
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Previous court decisions
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 8 K 14.50082, 28.11.2014

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

GrĂŒnde

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. November 2014 ist unbegrĂŒndet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht vorliegen. Das Urteil betrifft die Nr. 1 des Bescheids des Bundesamts fĂŒr Migration und FlĂŒchtlinge vom 8. April 2014 mit dem Ausspruch, dass der Asylantrag des KlĂ€gers unzulĂ€ssig ist.

Das Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 VwGO. Die Beklagte rĂŒgt, das Verwaltungsgericht stelle darauf ab, dass der bislang zustĂ€ndige Mitgliedstaat nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr zur Übernahme bereit sei, und nehme dadurch Tatsachen an, von denen ein sachkundiger Prozessbeteiligter nicht ausgehen mĂŒsse. Sie sieht darin eine Überraschungsentscheidung und beruft sich somit auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und BerĂŒcksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren AusfĂŒhrungen und AntrĂ€gen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 -1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, könnte nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich keine generelle Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel oder den Tatsachenvortrag des Asylbewerbers einschĂ€tzt. Eine unzulĂ€ssige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsĂ€chlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunĂ€chst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, B. v. 19.7.2010 - 6 B 20.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 54 = NVwZ 2011, 372; B. v. 19.6.1998 - 6 B 70.97 - Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 56 = NVwZ-RR 1998, 759).

Gemessen an diesen höchstrichterlichen GrundsĂ€tzen ist vorliegend eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zu erkennen. Das Verwaltungsgericht hat das Bundesamt mit Schreiben vom 12. November 2014 um Stellungnahme zum Ablauf der Überstellungsfrist gebeten. Dabei wurde Bezug genommen auf die Regelung in Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der fĂŒr die PrĂŒfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zustĂ€ndig ist (Dublin III-VO), wonach der zustĂ€ndige Mitgliedstaat nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr zur Aufnahme verpflichtet ist und die ZustĂ€ndigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat ĂŒbergeht. Im Hinblick auf dieses gerichtliche Schreiben und einen fehlenden Hinweis der Beklagten, dass Ungarn vorliegend entgegen des gesetzlichen ZustĂ€ndigkeitsĂŒbergangs auf die Bundesrepublik ausnahmsweise dennoch zur Aufnahme bereit wĂ€re, gibt die EinschĂ€tzung des Gerichts zur Übernahmebereitschaft Ungarns dem Rechtsstreit keine unerwartete Wende. Von einer Übernahmebereitschaft nach Ablauf der Überstellungsfrist kann angesichts des gesetzlichen ZustĂ€ndigkeitsĂŒbergangs auf die Bundesrepublik grundsĂ€tzlich nicht ausgegangen werden, so dass die Annahmen des Verwaltungsgerichts nicht als fernliegend anzusehen sind. Mit Recht weist der KlĂ€ger darauf hin, dass es Sache der Beklagten wĂ€re, eine ausnahmsweise trotz Fristablaufs vorhandene Bereitschaft zur (Wieder-)Aufnahme entsprechend mitzuteilen. Die gegenteilige Annahme im Urteil kommt bei dem hier vorliegenden Verfahrensablauf nicht ĂŒberraschend.

Das Urteil weicht auch nicht von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Februar 1998 (9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 = NVwZ 1998, 861) ab. Eine Divergenz i. S. v. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem sein Urteil tragenden Obersatz von einem Obersatz des höheren Gerichts abgewichen ist (BVerwG, B. v. 19.8.1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Die Beklagte rĂŒgt insoweit, das Verwaltungsgericht lege den Rechtssatz zugrunde, gegen die gemĂ€ĂŸ § 27a AsylVfG erfolgte Antragsablehnung sei (nur) die Anfechtungsklage statthaft. Dies stehe im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, weil im Gegensatz zu dessen Anforderungen keine das asylrechtliche Folgeverfahren abschließende Entscheidung getroffen werde.

Die Beklagte weist selbst zunĂ€chst selbst darauf hin, dass die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Folgeantragsregelung nach § 71 AsylVfG ergangen ist. Vorliegend ist Klagegegenstand aber eine Entscheidung ĂŒber die UnzulĂ€ssigkeit eines Asylantrags nach § 27a AsylVfG. Das Bundesamt hat nur darĂŒber entschieden und im Übrigen darauf verwiesen, dass eine materielle PrĂŒfung nicht erfolgt ist. In dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem ausgefĂŒhrt, dass der Aspekt, ob das Asylverfahren wieder aufgenommen werden mĂŒsse, lediglich den geltend gemachten Anspruch auf Asylanerkennung betreffe. Dass die Anforderungen fĂŒr die Durchbrechung der Bestandskraft des Erstbescheids erfĂŒllt seien, sei Voraussetzung fĂŒr den Anspruch auf Asyl, nicht aber gebe es einen selbststĂ€ndig neben diesem stehenden und eigenstĂ€ndig einklagbaren Wiederaufgreifensanspruch. Damit könne weder lediglich auf „Wiederaufgreifen“ geklagt noch vom Gericht „isoliert“ ĂŒber die Frage, ob wiederaufzugreifen sei, entschieden werden. Eine derartige Fallkonstellation ist vorliegend aber nicht gegeben. Zum einen steht hier als Vorfrage zum Anerkennungsanspruch des KlĂ€gers die ZustĂ€ndigkeit zur DurchfĂŒhrung eines Asylverfahrens nach den Anforderungen der Dublin III-VO im Streit. Zum anderen klagt der KlĂ€ger weder „isoliert“ auf Wiederaufgreifen noch macht er (materiell) einen Anspruch auf Asylanerkennung geltend. Er geht vielmehr allein gegen die Feststellung vor, dass sein Asylantrag unzulĂ€ssig sei und beantragt nur die Aufhebung dieses feststellenden Verwaltungsakts. Dem ist das Verwaltungsgericht gefolgt und davon ausgegangen, dass ein (isolierter) Anfechtungsantrag statthaft ist. Mit dieser Annahme wird kein Obersatz aufgestellt, welcher der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung widersprechen wĂŒrde, weil ein Anspruch auf Asylanerkennung und damit ein materielles Verpflichtungsbegehren, wie es der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fallkonstellation zugrunde lag, hier nicht im Raum stand.

Der Streitsache kommt schließlich auch nicht die ihr von der Beklagten hilfsweise zugemessene grundsĂ€tzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zu. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage fĂŒr die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre KlĂ€rung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine ĂŒber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Die Beklagte hĂ€lt fĂŒr grundsĂ€tzlich klĂ€rungsbedĂŒrftig, ob „bei einem als unzulĂ€ssig i. S. d. § 27a AsylVfG abgelehnten Asylantrag die prozessuale Dispositionsbefugnis der KlĂ€gerseite EinschrĂ€nkungen bzw. Maßgaben unterliegt und deshalb eine isolierte Anfechtungsklage als zulĂ€ssige Klageart ausscheidet, weil vielmehr auch dann zwingend eine Verpflichtungsklage zu erheben ist, sowie ob die Tatsachengerichte gehalten sind, dem folgend das Vorliegen eines insgesamt verfahrensrelevanten Asylantrags festzustellen und ferner, ob dann auch das Asylbegehren in der Sache spruchreif zu machen ist“. Im in besonderer Weise von der Verwirklichung der GrundsĂ€tze einer Verfahrenskonzentration und -beschleunigung geprĂ€gten Asylverfahren sei nur eine auf Statuszuerkennung gerichtete Klage, nicht aber ein nur auf bloße Anfechtung oder auf RĂŒckverweisung zur nochmaligen behördlichen Befassung gerichtetes Begehren zulĂ€ssig.

Diese Fragen rechtfertigen mangels KlĂ€rungsbedĂŒrftigkeit nicht die Zulassung der Berufung. Denn sie sind durch die neuere obergerichtliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklĂ€rt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Urteil vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) als statthafte Klageart gegen die Feststellung, dass der Asylantrag unzulĂ€ssig ist, die Anfechtungsklage angesehen. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu revisiblem Bundesrecht der Rechtssache nicht die grundsĂ€tzliche Bedeutung nimmt (BVerfG, B. v. 11.2.2008 - 2 BvR 2575/07 - InfAuslR 2008, 240) und eine KlĂ€rung durch das Bundesverwaltungsgericht noch nicht erfolgt ist. Ein weitergehender KlĂ€rungsbedarf besteht aber im Gegensatz zu der Fallkonstellation, die der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag, vorliegend dennoch nicht, weil die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs mit der allgemeinen obergerichtlichen Rechtsprechung im Einklang steht (siehe NdsOVG, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14 - AuAS 2014, 273; OVG Saarl, B. v. 12.9.2014 - 2 A 191/14 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - AuAS 2014, 118 = DVBl 2014, 790; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 643/12 - juris). Danach ist gegen Entscheidungen des Bundesamts, die DurchfĂŒhrung eines Asylverfahrens nach Maßgabe von § 27a AsylVfG abzulehnen, eine Anfechtungsklage statthaft. Die ZustĂ€ndigkeitsprĂŒfung nach der Dublin II- bzw. Dublin III-VO ist der PrĂŒfung des Asylantrags vorgelagert und von dem Verfahren zur inhaltlichen PrĂŒfung des Asylverfahrens zu unterscheiden. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 5.9.2013 - 10 C 1.13 - BVerwGE 147, 329 = NVwZ 2014, 158; U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - NVwZ 1996, 80) im vergleichbaren Fall einer EinstellungsverfĂŒgung durch das Bundesamt nach §§ 32, 33 AsylVfG die vom KlĂ€ger beantragte (bloße) Aufhebung des Einstellungsbescheids fĂŒr ausreichend erachtet mit der Folge, dass die Sachentscheidung zunĂ€chst dem Bundesamt vorbehalten bleibt. Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zwar die Sache grundsĂ€tzlich spruchreif zu machen habe, dies aber nicht ausnahmslos gelte. Es könne nicht generell Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, anstelle des mit besonderer Sachkunde versehenen Bundesamts, das mit der Sache noch gar nicht befasst gewesen sei und demgemĂ€ĂŸ auch eine Entscheidung ĂŒber das Asylbegehren noch gar nicht habe treffen können, ĂŒber den Asylanspruch zu befinden. § 113 Abs. 3 VwGO lasse sich jedenfalls der Rechtsgedanke entnehmen, dass die Verwaltungsgerichte auch bei der Kontrolle eines rechtlich gebundenen Verwaltungsakts nicht in jedem Falle selbst die Spruchreife herbeifĂŒhren mĂŒssten, sondern bei erheblichen AufklĂ€rungsdefiziten zunĂ€chst der Behörde Gelegenheit geben könnten, eine den Streitstoff erschöpfende Sachentscheidung zu treffen. Die besondere - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz stehe im Falle versĂ€umter Sachentscheidung durch das Bundesamt der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hĂ€tte, in Betracht kĂ€me. DarĂŒber hinaus ginge dem Asylantragsteller eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien wie persönliche Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) und Amtsermittlungsgrundsatz (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ausgestattet sei. Die Regelungen des Asylverfahrensgesetzes ließen darauf schließen, dass die sachliche PrĂŒfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen sei und nicht generell eine Pflicht zum „Durchentscheiden“ angenommen werden könne. Diese AusfĂŒhrungen können auf vorliegende Konstellation ĂŒbertragen werden.

Das Urteil des zweiten Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-WĂŒrttemberg vom 19. Juni 2012 (A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213), auf das sich die Beklagte beruft, unterscheidet sich dadurch, dass sich der KlĂ€ger hier in zulĂ€ssiger Weise auf einen Anfechtungsantrag beschrĂ€nkt, wohingegen der dortige KlĂ€ger einen Verpflichtungsantrag gestellt hatte. In diesem Zusammenhang erwĂ€hnt der Verwaltungsgerichtshof die Pflicht des Gerichts, die Streitsache spruchreif zu machen. Zudem dĂŒrfte die Entscheidung durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des EuropĂ€ischen Gerichtshofs zwischenzeitlich ĂŒberholt sein, worauf auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-WĂŒrttemberg im Urteil vom 16. April 2014 (a. a. O.) hinweist.

Auch die weiter aufgeworfenen Rechtsfragen, „ob die Aufrechterhaltung einer mit UnzulĂ€ssigkeit gemĂ€ĂŸ § 27a AsylVfG begrĂŒndeten Ablehnung der inhaltlichen AsylantragsprĂŒfung auf anderer Rechtsgrundlage bzw. die Umdeutung einer so begrĂŒndeten Entscheidung nach der asylverfahrensrechtlichen Konzeption ausscheidet, insbesondere auch dann, wenn es sich um den Fall eines Zweitantrags i. S. d. § 71a AsylVfG handelt, und ob sich das Tatsachengericht darauf beschrĂ€nken darf, in diesen Konstellationen, zumal wenn ein ohne Statuszuerkennung gebliebenes Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat der Dublin-Verordnung hinzukommt, fĂŒr die Aufhebung eines behördlich zum Nachteil des Antragstellers mit Verweis auf § 27a AsylVfG ergangenen Bescheides insoweit hinsichtlich des im Bundesgebiet gestellten Asylbegehrens nur zu prĂŒfen und festzustellen, dass die Voraussetzungen fĂŒr die Ablehnung nach § 27a AsylVfG nicht (mehr) erfĂŒllt sind, oder ob es bei zugleich gegebenen ZweitantrĂ€gen noch der weitergehenden Feststellung bedarf, dass ĂŒberhaupt ein verfahrensrelevanter Asylantrag vorliegt, nicht nur weil die VerfahrenszustĂ€ndigkeit Deutschlands besteht, sondern zudem WiederaufgreifensgrĂŒnde nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG dargetan sind“, begrĂŒnden nicht die Zulassung der Berufung.

Da sich der KlĂ€ger zulĂ€ssigerweise auf eine Anfechtungsklage beschrĂ€nkt hat, mangelt es bereits an einem entsprechenden Verpflichtungsbegehren. Zudem bedarf die Frage einer Umdeutung keiner KlĂ€rung in einem Berufungsverfahren, da sie durch eine Subsumtion unter die Voraussetzungen des § 47 VwVfG beantwortet werden kann. Danach kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmĂ€ĂŸig hĂ€tte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen fĂŒr dessen Erlass erfĂŒllt sind. Eine Umdeutung ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht zulĂ€ssig, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wĂ€re, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widersprĂ€che oder seine Rechtsfolgen fĂŒr den Betroffenen ungĂŒnstiger wĂ€ren als die des fehlerhaften Verwaltungsakts. Hier sind die beiden möglichen Verwaltungsakte, die Feststellung der UnzulĂ€ssigkeit des Asylantrags einerseits und die inhaltliche Ablehnung eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG, schon nicht auf das gleiche Ziel gerichtet. Ersteres dient allein der Feststellung, dass nicht die Bundesrepublik, sondern ein anderer Staat fĂŒr die DurchfĂŒhrung des Asylverfahrens zustĂ€ndig ist. Das Asylbegehren steht hierbei nicht inmitten. Die zweite Variante hingegen hat die materielle DurchfĂŒhrung eines weiteren Asylverfahrens zum Ziel. Auch wĂŒrde die Umdeutung der im Bescheid explizit genannten Absicht, den Asylantrag in der Bundesrepublik nicht materiell zu prĂŒfen, widersprechen. Dadurch unterscheidet sich vorliegende Konstellation auch von derjenigen, die der von der Beklagten genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 24.11.1998 - 9 C 53.97 - BVerwGE 108, 30 = NVwZ 1999, 302) zugrunde liegt. Dort hat das Bundesamt den Asylantrag materiell geprĂŒft und eine Asylanerkennung zurĂŒckgenommen. In einem solchen Fall, der schon den Anerkennungsanspruch des KlĂ€gers zum Gegenstand hat, hat das Gericht der Entscheidung zufolge zu prĂŒfen, ob sich der Aufhebungsbescheid als Widerruf der Asylanerkennung aufrechterhalten lĂ€sst. Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Da hiernach die Beklagte die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen hat, bedurfte es keiner Entscheidung ĂŒber den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

10 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trÀgt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der KlÀger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
47 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 28.02.2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurĂŒckgewiesen. II. Der KlĂ€ger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorlĂ€ufig vollstreckbar. Der KlĂ€ger kann die Vollstreckung durch Siche
published on 12.09.2014 00:00

Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. Januar 2014 - 5 K 1699/12 - wird zurĂŒckgewiesen.Die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens trĂ€gt die Beklagte. Gr
published on 16.04.2014 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geĂ€ndert.Die Klage wird abgewiesen.Der KlĂ€ger trĂ€gt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider RechtszĂŒge.Die Revisio
published on 07.03.2014 00:00

Tenor Das angefochtene Urteil wird geĂ€ndert. Die Klage wird abgewiesen. Der KlĂ€ger trĂ€gt die Kosten des Verfahrens, fĂŒr das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden RechtszĂŒgen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorlĂ€ufig vollstreckbar. Der KlĂ€g
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 27.05.2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. GrĂŒnde I. Der KlĂ€ger ist (nach
published on 02.03.2016 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamts fĂŒr Migration und FlĂŒchtlinge vom 
 April 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens tragen die KlĂ€ger und die Beklagte je zur HĂ€lfte. III.
published on 29.04.2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der KlÀger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorlÀufig vollstreckbar. Der KlÀger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistu
published on 06.05.2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der KlÀger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorlÀufig vollstreckbar. Der KlÀger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistu
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmĂ€ĂŸig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der AusĂŒbung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der ProzeßfĂŒhrung ausdrĂŒcklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mĂŒndliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften ĂŒber die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit GrĂŒnden versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Wer aus GewissensgrĂŒnden unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Artikels 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

(2) Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden sind, haben im Spannungs- oder Verteidigungsfall statt des Wehrdienstes Zivildienst außerhalb der Bundeswehr als Ersatzdienst nach Artikel 12a Absatz 2 des Grundgesetzes zu leisten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der KlĂ€ger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rĂŒckgĂ€ngig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulĂ€ssig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch ZurĂŒcknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der KlĂ€ger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der KlĂ€ger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berĂŒcksichtigten oder nicht berĂŒcksichtigten tatsĂ€chlichen oder rechtlichen VerhĂ€ltnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzĂŒglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geĂ€nderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) HĂ€lt das Gericht eine weitere SachaufklĂ€rung fĂŒr erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter BerĂŒcksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunĂ€chst nicht zurĂŒckgewĂ€hrt werden mĂŒssen. Der Beschluß kann jederzeit geĂ€ndert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulÀssig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der KlÀger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den KlÀger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen ĂŒber die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachtrÀglich zugunsten des Betroffenen geÀndert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen gĂŒnstigere Entscheidung herbeigefĂŒhrt haben wĂŒrden;
3.
WiederaufnahmegrĂŒnde entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulĂ€ssig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund fĂŒr das Wiederaufgreifen in dem frĂŒheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund fĂŒr das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zustĂ€ndige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberĂŒhrt.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmĂ€ĂŸig hĂ€tte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen fĂŒr dessen Erlass erfĂŒllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wĂ€re, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widersprĂ€che oder seine Rechtsfolgen fĂŒr den Betroffenen ungĂŒnstiger wĂ€ren als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulĂ€ssig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurĂŒckgenommen werden dĂŒrfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trÀgt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er AntrĂ€ge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberĂŒhrt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberĂŒhrt.