Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2017 - 12 C 16.1693

bei uns veröffentlicht am30.01.2017

Tenor

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Bevollmächtigte des Antragstellers wendet sich mit ihrer Beschwerde unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 2016 (2 BvR 2231/13 - juris) gegen Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. August 2016, mit dem dem Antragsteller für seinen Antrag, im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO die Fortsetzung seiner stationären Unterbringung in der therapeutisch-heilpädagogischen Wohngruppe „K.“ für weitere vier Monate anzuordnen, die Gewähr von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung wegen mangelnder Erfolgsaussichten versagt worden ist.

Die zulässige Beschwerde hat indes keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch gemessen an den vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Maßstäben zu Recht abgelehnt.

1. Mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 8.7.2016 - 2 BvR 2231/13 - juris Rn. 13) ist zunächst davon auszugehen, dass es dem Grunde nach zulässig ist, dass die Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag und einen Eilrechtsschutzantrag in einem einheitlichen Beschluss ergehen. Dabei ist es von Verfassungs wegen auch nicht generell ausgeschlossen, dass die Begründung zur Ablehnung von Prozesskostenhilfe lediglich auf die Ausführungen zur Begründetheit des Eilrechtsschutzantrags Bezug nimmt. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich allerdings - ausgehend von unterschiedlichen Erfolgsmaßstäben im Prozesskostenhilfe- und im Eilrechtsschutzverfahren - die Notwendigkeit einer eigenständigen Begründung der Ablehnung von Prozesskostenhilfe ergeben.

2. Insoweit lag, was die Bevollmächtigte des Antragstellers indes in der Beschwerdebegründung unberücksichtigt lässt, der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Fallkonstellation zugrunde, bei der wohl die Mehrzahl der publizierten Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte die sich in der Sache stellende Frage in einem für den Beschwerdeführer positiven Sinne entschieden hatte, während das Verwaltungsgericht einer anderen Auffassung gefolgt war und den Eilantrag abgelehnt hatte. Erst dieser Umstand führt dazu, dass ein auf das Begründungserfordernis hinsichtlich der Prozesskostenhilfeentscheidung durchschlagender relevanter Unterschied zwischen der sog. ex-ante-Perspektive im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags und der ex-post-Perspektive nach rechtlicher Würdigung des Antragsvorbringens entsteht. In einem solchen Fall muss daher bei der Bewertung der Erfolgsaussichten des Antrags im Prozesskostenhilfeverfahren allein auf die ex-ante-Perspektive abgestellt werden und die Prozesskostenhilfeentscheidung eigens und ggf. abweichend von der Entscheidung über den Eilantrag begründet werden.

Im vorliegenden Fall zeigt die Bevollmächtigte des Antragstellers indes ein Auseinanderfallen von ex-ante- und ex-post-Perspektive bei der Entscheidung über den Eilantrag nicht auf. Denn auch aus der ex-ante-Perspektive, d.h. abstellend auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, besaß das Begehren des Antragstellers, seine stationäre Unterbringung in der Einrichtung „K“ im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung um vier Monate zu verlängern, keine Erfolgsaussichten.

3. So setzt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die beantragte Bewilligung einer Eingliederungshilfemaßnahme für junge Volljährige nach § 41 Abs. 1, 2, § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) das Bestehen einer Teilhabebeeinträchtigung voraus, die das Jugendamt des Antragsgegners feststellen muss. Es werden jedoch weder im Eilrechtsschutzantrag Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung glaubhaft gemacht noch ergeben sich diese aus dem Akteninhalt. Auch hat der Antragsgegner die stationäre Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung „K.“ gerade nicht auf § 41 in Verbindung mit § 35a SGB VIII, sondern vielmehr auf § 34 SGB VIII gestützt. Mit der Beschwerde werden ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte zum Vorliegen der Voraussetzungen für eine stationäre Unterbringung als Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35a SGB VIII vorgetragen. Weder aus ex-antenoch aus ex-post-Sicht liegen daher die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfe vor. Das Verwaltungsgericht hat dem auf § 35a SGB VIII gegründeten Antrag daher zu Recht keine Erfolgsaussichten beigemessen.

4. Dies gilt gleichermaßen für einen aus § 41 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 34 SGB VIII abgeleiteten Anspruch auf Weiterführung der stationären Unterbringung in der Einrichtung „K“. Insoweit geht das Verwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass der Antragsgegner einen Anspruch des Antragstellers nach § 41 Abs. 1 SGB VIII dem Grunde nach bejaht hat, d.h. dass beim volljährigen Antragsteller ein Bedarf nach Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenständigen Lebensführung besteht. Bei der Festlegung der im Einzelfall geeigneten und notwendigen Hilfe kommt dem Antragsgegner indes ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Jugendhilfeträger muss die Entscheidung über die konkrete Maßnahme im Rahmen eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung von Fachkräften sowie des Hilfeempfängers treffen, wobei diese Entscheidung nicht dem Anspruch objektiver Richtigkeit unterliegt, sondern vielmehr eine angemessene Lösung der festgestellten Belastungssituation enthalten muss, die ihrerseits fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss (sog. Maßstab der „sozialpädagogischen Fachlichkeit“, ständige Rechtsprechung vgl. BayVGH, B.v. 28.6.2016 - 12 ZB 15.1641 - juris Rn. 26).

Will ein Hilfeempfänger im vorläufigen Rechtsschutzverfahren durch Erlass einer einstweiligen Anordnung den Jugendhilfeträger zu einer bestimmten Jugendhilfemaßnahme verpflichten, folgt aus dem vorstehend Ausgeführten - auch unter dem Aspekt der Vorwegnahme der Hauptsache - seine Verpflichtung aufzuzeigen, dass es sich bei der beanspruchten Maßnahme nach dem Maßstab der sozialpädagogischen Fachlichkeit um die einzig mögliche Maßnahme zur Beseitigung der festgestellten Belastungssituation handelt (vgl. mit weiteren Nachweisen BayVGH, B.v. 17.8.2015 - 12 AE 15.1691 - juris Rn. 31). Darlegungen dahingehend, dass im vorliegenden Fall die Unterbringung des Antragstellers in einer Gemeinschaftsunterkunft verbunden mit der Bewilligung einer Erziehungsbeistandschaft im Umfang von 8 Fachleistungswochenstunden bei Fortführung bzw. Neubeginn einer ambulanten Psychotherapie eine fachlich ungeeignete Maßnahme darstellt und dass sich allein die Fortführung der stationären Unterbringung in der Einrichtung „K.“ als geeignete Maßnahme erweist, enthält weder die Antragsnoch die Beschwerdebegründung der Bevollmächtigten des Antragstellers. Auch aus dem Akteninhalt, insb. unter Berücksichtigung der letzten Hilfeplanfortschreibung, lässt sich die Ungeeignetheit der vom Antragsgegner bewilligten Hilfemaßnahme nicht entnehmen. Mithin fehlten dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags die Erfolgsaussichten, sodass das Verwaltungsgericht auch diesbezüglich die Gewähr von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt hat. Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

5. Einer Kostenentscheidung bedurfte es vorliegend nicht, da Gerichtskosten in Angelegenheiten der Jugendhilfe nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben und Kosten im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Dr. Mayer Kurzidem Abel

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 41 Hilfe für junge Volljährige


(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform


Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwi

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2015 - 12 AE 15.1691

bei uns veröffentlicht am 17.08.2015

Tenor I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am 1. Juli

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 08. Juli 2016 - 2 BvR 2231/13

bei uns veröffentlicht am 08.07.2016

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. August 2013 - 5 L 1018/13.TR - und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 12. September 2013 - 5 L 1018/13.TR - verletzen den Besc

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. August 2013 - 5 L 1018/13.TR - und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 12. September 2013 - 5 L 1018/13.TR - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. August 2013 - 5 L 1018/13.TR - wird aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 12. September 2013 - 5 L 1018/13.TR - gegenstandslos. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Trier zurückverwiesen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Sierra Leones und beantragte 2004 in der Bundesrepublik Asyl. Der Antrag blieb erfolglos. Am 23. März 2011 stellte er einen Folgeantrag mit der Begründung, er sei Kindersoldat gewesen und bei einer Rückkehr nach Sierra Leone weiterhin in Gefahr. Das Bundesamt lehnte den Antrag ab, das Verwaltungsgericht wies die Verpflichtungsklage des Beschwerdeführers ab.

2

In der Folge forderte die Ausländerbehörde den Beschwerdeführer zur Mitwirkung bei der Beschaffung von Passersatzpapieren auf. Er sah sich krankheitsbedingt nicht in der Lage, die hierfür erforderlichen Reisen anzutreten. Am 22. März 2012 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, am 26. November 2012 einen Wiederaufgreifensantrag beim Bundesamt. Diesen begründete er unter anderem mit einem am 6. Oktober 2012 erstellten 35-seitigen psychologischen Fachgutachten einer Flüchtlingsorganisation, in dem eine bei ihm vorliegende schwere posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde.

3

2. Unter dem 29. Juli 2013 verpflichtete die Ausländerbehörde den Beschwerdeführer durch Ordnungsverfügung, am 22. August 2013 zur Anhörung durch Mitarbeiter der Botschaft Sierra Leones am Münchener Flughafen zu erscheinen. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Verfügung am 7. August 2013 Klage und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, jeweils verbunden mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 16. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren ab.

4

3. Am 16. August 2013 wurde der Beschwerdeführer als Notfall stationär in eine psychiatrische Klinik aufgenommen. Er beantragte unter dem 19. August 2013, ihm rechtliches Gehör zu gewähren und das Verfahren fortzuführen, hilfsweise den Beschluss über die Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes vom 16. August 2013 nach § 80 Abs. 7 VwGO abzuändern. Weiter hilfsweise erhob er Gegenvorstellung gegen diesen Beschluss. Mit weiterem Schreiben vom 19. August 2013 erhob er Gegenvorstellung gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 16. August 2013. Die Erfolgsaussichten seien zumindest als offen zu beurteilen gewesen. Das Gericht habe über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht aus einer ex-post-Perspektive entschieden.

5

4. Mit Schreiben vom 20. August 2013 teilte die Ausländerbehörde mit, dass sie die streitgegenständliche Verfügung wegen des stationären Klinikaufenthalts aufgehoben habe. Der Beschwerdeführer erklärte die mit dem ersten Schreiben unter dem 19. August 2013 gestellten Anträge in der Folge für erledigt.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Gegenvorstellung zur Verweigerung der Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. September 2013 zurück, da die Erfolgsaussichten nicht als offen zu beurteilen gewesen wären. Die Entscheidungsreife des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sei mit derjenigen des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zusammengefallen, so dass es nicht geboten gewesen sei, in einem ersten Schritt die Erfolgsaussichten im Hinblick auf eine Prozesskostenhilfebewilligung als offen zu beurteilen und dann in einem zweiten Schritt den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

7

5. Der Beschwerdeführer hat am 11. September 2013 Verfassungsbeschwerde erhoben, mit der er eine Verletzung der Rechtsschutzgleichheit geltend macht. Es habe sich um schwierige Rechtsfragen gehandelt, die von zahlreichen Verwaltungsgerichten anders beurteilt worden seien; die Erfolgsaussichten seien deshalb zumindest als offen zu beurteilen gewesen. Das Verwaltungsgericht habe weiterhin offene Tatsachenfragen unzulässiger Weise schon in der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013, eingegangen am Folgetag, hat er den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die Gegenvorstellung zurückgewiesen wurde, übersandt.

8

6. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Rheinland-Pfalz hatte Gelegenheit zur Äußerung.

II.

9

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwer-de ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Sinn offensichtlich begründet.

10

1. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz, das für die öffentlich-rechtliche Gerichtsbarkeit aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitet wird, gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 78, 104 <117 f.>; 81, 347 <356> m.w.N.). Es ist dabei verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Jedoch überschreiten die Fachgerichte ihren Entscheidungsspielraum, wenn sie die Anforderungen an das Vorliegen einer Erfolgsaussicht überspannen und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlen (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 f.>). Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung in dem dafür vorgesehenen Verfahren zugeführt werden können (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 57/13 -, juris, Rn. 10). Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

11

Die Auslegung und Anwendung des § 114 Satz 1 ZPO - hier in Verbindung mit § 166 VwGO - obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den - verfassungsgebotenen - Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>; BVerfGK 17, 149 <152>). Das Bundesverfassungsgericht kann nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>).

12

2. Diesem Maßstab werden die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts nicht gerecht. Sie lassen in der Begründung insbesondere nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe angemessen berücksichtigt hat. Der Beschluss vom 16. August 2013 enthält zunächst auf über sechs Seiten Ausführungen zu den Erfolgsaussichten des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Darin setzt sich das Verwaltungsgericht mit der gegenteiligen, wohl überwiegenden Auffassung anderer Verwaltungsgerichte auseinander, bei deren Zugrundelegung der Antrag des Beschwerdeführers auf Eilrechtsschutz erfolgreich gewesen wäre, und lehnt diese Auffassung ab. Im Anschluss stellt das Verwaltungsgericht mit zwei geringfügig abweichenden Formulierungen fest, dass Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen sei, weil keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe. In dem die Gegenvorstellung zurückweisenden Beschluss hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass zu einer abweichenden Beurteilung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe einerseits und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes andererseits kein Anlass bestanden habe, nachdem beide zeitgleich entscheidungsreif geworden seien.

13

Das Verwaltungsgericht hat hiermit gegen die aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden verfassungsrechtlichen Vorgaben verstoßen. Dies gilt zunächst für den Beschluss vom 16. August 2013. Zwar ist es dem Grunde nach zulässig, dass die Entscheidungen über Prozesskostenhilfe und den Eilrechtsschutzantrag in einem Beschluss ergehen. Es ist auch von Verfassungs wegen nicht generell ausgeschlossen, dass die Begründung zur Ablehnung von Prozesskostenhilfe lediglich auf die Ausführungen zur Begründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO Bezug nimmt (vgl. allerdings auch mit Blick auf die einfach-rechtlichen Folgeprobleme kritisch: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. November 2004 - 7 S 2219/04 -, juris, Rn. 5).

14

Dies ändert aber nichts daran, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und diejenige über das Begehren in der Sache unterschiedlichen Maßstäben unterliegen und dass sich - wie hier - aus den Umständen des Einzelfalls die Notwendigkeit einer separaten Begründung der Ablehnung von Prozesskostenhilfe ergeben kann. Eine derartige gesonderte Begründung für das Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten wäre vorliegend erforderlich gewesen, weil es für den Zugang des Beschwerdeführers zu gerichtlichem Rechtsschutz von entscheidender Bedeutung ist, dass wohl die Mehrzahl der publizierten Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte die sich in der Sache stellende Frage in einem für den Beschwerdeführer positiven Sinn entschieden hatte. Zwar hätte dies das Verwaltungsgericht - auch bei einer obergerichtlich nicht entschiedenen Rechtsfrage - für sich genommen noch nicht zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe verpflichtet. Es hätte jedoch zumindest einer - aus einer Sicht ex ante vorzunehmenden - Prüfung und gesonderten Darlegung bedurft, ob und warum eine schwierige und ungeklärte Rechtsfrage vorlag, für deren Klärung Prozesskostenhilfe zu bewilligen gewesen wäre.

15

Auch mit der Begründung in dem Beschluss vom 12. September 2013 über die Gegenvorstellung verfehlt das Verwaltungsgericht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Es steht der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht im Wege, dass sich der Richter, bevor er über den Antrag entscheidet, eine abschließende Meinung zu der rechtlichen Lösung des Falles gebildet hat. Denn für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt es aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Rechtsschutzgleichheit nicht auf die Auffassung des Richters nach Abschluss seiner rechtlichen Überlegungen, sondern auf jene des verständigen, unbemittelten Rechtssuchenden bei Klageerhebung an. Dies bedeutet, dass bei einer zeitgleichen Entscheidung über den Eilrechtsschutzantrag und den zugehörigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe die Möglichkeit bestehen und durch das Verwaltungsgericht berücksichtigt werden muss, dass der Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz abgelehnt und gleichwohl Prozesskostenhilfe bewilligt wird, wenn der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur in einer ex-ante-Perspektive hinreichende Erfolgsaussichten besitzt.

III.

16

Das Land Rheinland-Pfalz hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am 1. Juli 1995 geborene Antragsteller beansprucht vom Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Übernahme des Schulgelds der privaten O.-Schule in O. sowie die Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung im T. Kinder- und Jugendhilfezentrum e.V. in O. ab Beginn des Schuljahrs 2015/2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegenwärtig beim Senat als Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 2. Juli 2015 anhängigen Berufungsverfahrens.

Beim Antragsteller liegt nach den Feststellungen des Instituts für Psychologie der Universität W. eine Hochbegabung (IQ von 139) vor. Er besuchte nach der Grundschule zunächst das H.-S.-Gymnasium in H. Seit Beginn des Jahres 2012 blieb er dem Schulunterricht zunehmend fern, einhergehend mit ebenfalls zunehmendem Isolations- und Rückzugsverhalten im privaten Bereich. In der Folge erreichte er das Klassenziel der 11. Jahrgangsstufe nicht. Nach einer Bescheinigung des zuständigen Schulpsychologen vom 24. Juli 2012 hätten Beratungsgespräche mit dem Antragsteller seit Februar 2012 zu keiner Verhaltensänderung geführt. Der Antragsteller habe immer seltener die Motivation für den Schulbesuch aufgebracht und sei auch zu vereinbarten Beratungsterminen nicht mehr erschienen. Aufgrund der Gefahr der Habitualisierung dieser Verhaltensweisen und des Abrutschens in eine depressive Phase sei dringend zu einer Therapie geraten worden.

Auch im Zuge der Wiederholung der 11. Jahrgangsstufe im Schuljahr 2012/2013 blieb der Antragsteller dem Unterricht häufig fern (Schulabsentismus), was seitens der Schule und des Elternhauses indes über Monate nicht bemerkt wurde. Laut kinder- und jugendpsychiatrischer Bescheinigung des Facharztes G. vom 28. November 2012 habe der Antragsteller aufgrund seiner massiven Konfliktsituation seinen altersadäquaten Entwicklungsaufgaben nicht entsprochen und zu Rückzug und zu sozialer Isolation geneigt. Infolge der komplexen Problematik und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen könne ein ordnungsgemäßer Schulbesuch von ihm nicht bewältigt werden. Um einer Verschärfung der aktuellen Lebenssituation entgegenzuwirken solle aus psychiatrischer und psychotherapeutischer Sicht eine Befreiung vom Schulbesuch erfolgen.

Nach Beginn einer ambulanten Psychotherapie bei Dr. L. im Oktober 2012 befand sich der Antragsteller von Januar bis März 2013 in stationärer Behandlung im Psychotherapeutischen Zentrum B. M.. Dort wurden bei ihm die Diagnosen „Angst und depressive Störung“ (ICD 10: F 41.2) gemischt mit „Soziale Phobien“ (ICD 10: F 40.1) gestellt. Nach dem Schlussbericht vom 4. März 2013 befindet sich der Antragsteller in einer schweren Entwicklungskrise. Er vermeide Blickkontakte und generalisiere eine Scheu gegenüber allen Menschen. Seine aktiven und leistungsorientierten Eltern fühlten sich damit überfordert und reagierten mit Druck. Trotz einer diagnostizierten Hochbegabung habe er nur mittelmäßige Noten und bleibe immer wieder der Schule fern. Der starke Rückzug und der fehlende Blickkontakt könne dabei als unterdrückte Aggression und Abgrenzungsversuch gegen die fordernden Eltern, insbesondere die Mutter gesehen werden. Für den weiteren Verlauf angeraten werde in schulischer Hinsicht der Wechsel auf eine kleinere Schule mit einer besseren individuellen Betreuung, was von Seiten der Eltern bereits in Erwägung gezogen worden sei. Darüber hinaus werde dringend zu einer Weiterführung der ambulanten Psychotherapie, zusätzlich zu einer Gruppentherapie und der Wiederaufnahme in die Klinik bei entsprechender Indikation, Therapiemotivation sowie Aufrechterhaltung der Stabilisierungsfortschritte zur Intervallbehandlung geraten.

Im Anschluss an die stationäre Behandlung besuchte der Antragsteller erneut das H.-S.-Gymnasium, wohl regelmäßiger als in der Vergangenheit. Aufgrund seiner häufigen Fehlzeiten wurde ihm dieses Schuljahr nicht angerechnet und ihm zugleich die Möglichkeit angeboten, die 11. Jahrgangsstufe nochmals zu wiederholen.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2013 beantragte der mittlerweile volljährige Antragsteller beim Antragsgegner Eingliederungshilfe für junge Volljährige, nachdem sich seine Mutter zuvor telefonisch über mögliche Jugendhilfemaßnahmen erkundigt hatte. Zur näheren Begründung trug er am 6. September 2013 vor, er benötige Hilfe beim Aufbau von sozialen Kontakten, Abbau von Ängsten und dem Erlangen ausreichender Selbstständigkeit. Durch seinen Krankheitsverlauf habe er sowohl im privaten wie auch im schulischen Bereich fast alle Kontakte abgebrochen.

Mit im Zuge der Antragstellung vorgelegter Stellungnahme vom 5. August 2013 diagnostiziert der behandelnde Psychotherapeut Dr. L. beim Antragsteller eine „Kombinierte Störung im Bereich Ängste und Depression“ (ICD 10: F 41.2). Aufgrund seiner Empfehlung sei der Antragsteller in die Fachklinik in B. M. aufgenommen worden. Dort habe sich gezeigt, dass bestimmte Krankheitsmuster im stationären Rahmen teilweise durchbrochen werden konnten. Im weiteren Verlauf der ambulanten Therapie habe es jedoch einen Rückfall in alte Verhaltensmuster gegeben. Es sei festzustellen, dass beim Antragsteller die seelische Gesundheit schon länger als sechs Monate von einem für sein Lebensalter typischen Zustand in deutlicher Weise abweiche und eine seelische Behinderung bereits in chronifizierender Form bestehe. Aufgrund dieser Befundlage sei eine intensive Hilfe dringend erforderlich. Empfohlen werde die Integration des Antragstellers in eine entsprechende schulische Einrichtung mit Wohngruppe, um der seelischen Behinderung entgegenzuwirken und die soziale und schulische Integration zu unterstützen. Dabei sei zugleich die Hochbegabung des Antragstellers zu berücksichtigen.

Nachdem das Fachteam des Jugendamts des Antragsgegners zunächst unter Annahme einer aus einer seelischen Behinderung resultierenden Teilhabebeeinträchtigung die stationäre Unterbringung des Antragstellers in der Einrichtung „i.“ in G. vorgeschlagen, für Hilfen zur angemessenen Schulbildung indes angesichts der Erfüllung der Schulpflicht und dem Erreichen eines mittleren Bildungsabschlusses keinen Bedarf gesehen hatte, traten die Eltern des Antragstellers anlässlich eines Gesprächs am 16. September 2013 dieser Auffassung entgegen. Als einzige, für den Antragsteller geeignete Hilfe erweise sich vielmehr der Besuch der privaten O.-Schule in O. sowie seine Unterbringung in einer Wohngruppe des angeschlossenen T. Kinder- und Jugendhilfezentrums. Beide Einrichtungen seien auf sog. „underachiever“, d. h. hochbegabte Minderleister mit seelischen Problemen wie beim Antragsteller spezialisiert. Allein die O.-Schule vermittle als private Förderschule diesem Personenkreis den Zugang zum Abitur.

In der Folge hospitierte der Antragsteller jedenfalls seit Herbst 2013 an der O.-Schule, im Februar 2014 wurde er dort als regulärer Schüler angenommen. Demgegenüber erfolgte eine Aufnahme in das T. Kinder- und Jugendhilfezentrum in O. mangels einer entsprechenden Zuweisung durch das Jugendamt des Antragsgegners nicht.

Nachdem die Eltern des Antragstellers beim Antragsgegner eine Neubewertung seiner jugendhilferechtlichen Situation angeregt hatten, führt er anlässlich eines Gesprächstermins mit Vertretern des Antragsgegners am 22. Oktober 2013 aus, dass sich durch den Besuch der O.-Schule sein Gesundheitszustand verbessert habe. Er besuche nunmehr regelmäßig die Schule und fühle sich dort wohl; er könne dort auch Kontakte knüpfen. Auch die familiäre Situation habe sich etwas entspannt und es gelinge ihm, den Kontakt mit seiner Freundin aufrecht zu erhalten.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers nach vorheriger Anhörung ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe für junge Volljährige seien zwar dem Grunde nach erfüllt. Hingegen bestehe auf die vom Antragsteller konkret begehrte Ausgestaltung der Hilfe kein Anspruch. Die Übernahme des Schulgelds der privaten O.-Schule scheide deshalb aus, weil der Hilfebedarf des Antragstellers im Rahmen des öffentlichen Schulsystems gedeckt werden könne. Da er hinsichtlich der Eigenverantwortung Fortschritte mache und sich offensichtlich sowohl in sozialer wie emotionaler Hinsicht öffne, könne davon ausgegangen werden, dass er mit entsprechender individueller Unterstützung im therapeutischen, sozialpädagogischen und schulischen Bereich zum Besuch der Regelschule fähig sei. Ein sonderpädagogischer Förderbedarf, der den Besuch einer privaten Förderschule mit Förderschwerpunkt bei der sozial-emotionalen Entwicklung bzw. der Förderung der „underachiever“ erfordere, sei zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Gegenüber der beantragten stationären Unterbringung werde die Auffassung vertreten, dass mit ambulanter psychotherapeutischer Unterstützung und bedarfsgerechter ambulanter Eingliederungshilfe zur Verselbstständigung nach § 41 SGB VIII dem krankheitsbedingten Bedarf des volljährigen Antragstellers begegnet und sein Wunsch nach Verselbstständigung unterstützt werden könne.

Hiergegen ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 20. Januar 2014 Widerspruch einlegen, den die Regierung von U. unter Annahme einer unzureichenden Bevollmächtigung mit Bescheid vom 24. Juli 2014 als unzulässig zurückwies. Daraufhin ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 6. August 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Im Zuge des Klageverfahrens wurden weitere Stellungnahmen zu seiner aktuellen Situation vorgelegt:

Im „Schulbericht“ der O.-Schule vom 10. Oktober 2014 wird festgestellt, dass der Antragsteller nach einem Explorationstermin am 28. Oktober 2013 seit dem 1. Februar 2014 offiziell aufgenommen worden sei. Für ihn sei zeitnah ein Antrag auf sonderpädagogische Förderung beim Staatlichen Schulamt O. eingereicht worden (Mai/Juni 2014), dem stattgegeben worden sei. Der Antragsteller besuche die Schule gerne. Er sei bemüht und besitze ein großes Leistungsvermögen ebenso wie Interesse an Bildung und wissenschaftlicher Erkenntnis. In den vergangenen Monaten sei der Antragsteller nach Einbrüchen wegen depressiver Stimmungslagen über mehrere Tage oder Wochen nicht in der Lage gewesen, die Schule zu besuchen. In Phasen, in denen der Schulbesuch gelinge, werde der Antragsteller entsprechend beschleunigt, um Verpasstes aufzuholen, was bei seinem Lerntempo sehr gut möglich sei. Vor dem Hintergrund der großen seelischen Belastungen und Probleme sei eine professionelle sonderpädagogische Begleitung des Antragstellers geboten.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2014 weist der Psychotherapeut Dr. L. darauf hin, dass sich der Wechsel des Antragstellers auf eine Schule, die fachlich kompetent entsprechenden Störungsbildern, wie sie der Antragsteller aufweise, begegnen könne, positiv auf sein inneres Konzept auswirke. Die Psychotherapie werde durch den schulischen Wechsel unterstützt, da vor diesem Hintergrund mit dem Antragsteller dessen Konflikte und Beeinträchtigungen erarbeitet werden könnten. Wichtiger Faktor sei zudem die Spezialisierung der Schule auf hochbegabte Schüler, da Hochbegabung eine kritische Lebenssituation darstelle, die sich vor allem im sozialen und schulischen Kontext präsentiere.

In einer weiteren Stellungnahme vom 13. Januar 2015 schildert er, dass u. a. eine konflikthafte altersentsprechende Loslösung des Antragstellers von seinem Elternhaus wesentliche Zielsetzung des psychotherapeutischen Behandlungsprozesses sei. Vor dem Hintergrund der psychischen Erkrankung halte er es für äußerst sinnvoll, eine schulische Einrichtung zu wählen, die den kognitiven Fähigkeiten wie auch den emotionalen Konflikten des Antragstellers fachlich adäquat begegnen könne. Die weitere Beschulung am Heimatort wie auch die Beschulung am K.-Gymnasium in A. stände einer Stabilisierung und psychischen Gesundung des Antragstellers entgegen, da die Gefahr der Regression in pathogene Verhaltensmuster bestehe.

Schließlich teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 26. Juni 2015 im Klageverfahren mit, dass der Antragsteller seit Wochen nicht mehr in der Lage sei, die O.-Schule zu besuchen. Seine Eltern bemühten sich um eine stationäre Einweisung in eine Klinik. Hierzu führte Dr. L. mit Schreiben vom gleichen Tag aus, dass sich die Krisensituation und der Leidensdruck des Antragstellers zunehmend verschärft hätten. Der entgegen seinem Anraten erfolgende weitere Verbleib des Antragstellers in seinem Lebensumfeld - bei gleichzeitigem Besuch der O.-Schule - habe einen progressiven Entwicklungsprozess gehemmt und zu alten pathogenen Konfliktmustern geführt. Seine Fehlzeiten in der Schule seien Ausdruck seiner besonders prekären psychischen Situation.

Mit Urteil vom 2. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht die auf die Übernahme des Schulgelds der O.-Schule ab Februar 2014 und der stationären Unterbringung des Antragstellers im T. Kinder- und Jugendhilfezentrum in O. gerichtete Klage als unbegründet ab (Az.: W 3 K 14.738). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Hiergegen ließ der Antragsteller Antrag auf Zulassung der Berufung stellen und zugleich beim Senat sinngemäß im Wege der einstweiligen Anordnung beantragen, den Antragsgegner vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens zu verpflichten,

die Kosten für die stationäre Unterbringung des Antragstellers im T. Kinder- und Jugendhilfezentrum e.V. in O. ab Beginn des Schuljahrs 2015/2016 zu übernehmen und den Antragsteller dem T. Kinder- und Jugendhilfezentrum zuzuweisen, ferner ihn

bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der O.-Schule in O. durch den Antragsteller vorläufig zu übernehmen.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung waren eidesstattliche Versicherungen der Eltern des Antragstellers beigefügt, die im Wesentlichen den Gang des Jugendhilfeverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zum Gegenstand haben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Würzburg verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist zulässig. Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 2. Juli 2015 (Az.: W 3 K 14.738) mit Schriftsatz vom 27. Juli 2015 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat, ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO das für die Gewähr von Eilrechtsschutz zuständige Gericht der Hauptsache.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch unbegründet. Zwar kann das Gericht der Hauptsache nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Dies setzt indes voraus, dass der Antragsteller sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrunds wie auch eines Anordnungsanspruchs glaubhaft macht. Sowohl für die vom Antragsteller nach § 41 Abs. 1, 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Verbindung mit § 35a SGB VIII als Maßnahme der Eingliederungshilfe für junge Volljährige beanspruchte Übernahme des Schulgelds der privaten O.-Schule wie auch die Übernahme der Kosten für die stationäre Unterbringung im T. Kinder- und Jugendhilfezentrum fehlt es vorliegend an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (2.2) wie auch eines Anordnungsgrunds (2.1), so dass der Antrag im Ergebnis abzulehnen war.

2.1 Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund der Eilbedürftigkeit hat der Antragsteller vorliegend weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht. Dabei kann zunächst dahingestellt bleiben, ob mangels ausreichender Bevollmächtigung von Rechtsanwalt M. als Vertreter des Antragstellers die Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2013 bereits verfristet war und der Ablehnungsbescheid daher in Bestandskraft erwachsen ist oder ob, wie das Verwaltungsgericht im Urteil vom 2. Juli 2015 annimmt, die im Zuge des Klageverfahrens erfolgte Bevollmächtigung von Rechtsanwalt M. auch rückwirkend für das Verwaltungsverfahren Geltung beansprucht.

Denn angesichts der Mitteilung des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 26. Juni 2015 im Klageverfahren, der Antragsteller sei seit Wochen nicht in der Lage, die O.-Schule zu besuchen und seine Eltern strebten eine erneute stationäre Therapie an, steht es grundlegend in Frage, ob der Antragsteller zum gegenwärtigen Zeitpunkt die im Wege der einstweiligen Anordnung beanspruchten Jugendhilfemaßnahmen überhaupt wahrnehmen kann bzw. will. Zur Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit der vorläufigen Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren hätte es einerseits der Darlegung des aktuellen Sachstands bedurft. Andererseits hätte der Antragsteller auch erläutern müssen, weshalb entgegen der Mitteilung vom 26. Juni 2015 er sich nunmehr in der Lage sieht, die angestrebten Maßnahmen auch tatsächlich wahrzunehmen. Ausführungen hierzu enthalten indes weder die Antragsbegründung noch die beigegebenen eidesstattlichen Versicherungen der Eltern des Antragstellers. Für den Senat ist daher gegenwärtig die Eilbedürftigkeit der beantragten Regelung nicht erkennbar. Damit fehlt es bereits aus diesem Grund an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds.

Darüber hinaus ist die beantragte vorläufige Übernahme des Schulgelds der O.-Schule ab Beginn des Schuljahrs 2015/2016 auch deshalb nicht eilbedürftig, weil dem Antragsteller jedenfalls bis zu einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung insoweit keine wesentlichen Nachteile drohen. Denn aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass bislang die O.-Schule gegenüber dem Antragsteller bzw. seinen Eltern auf die Erhebung des Schulgelds verzichtet und zugleich ihre Absicht bekundet hat, den Antragsteller während des jugendhilferechtlichen Rechtstreits über die Kostenübernahme nicht von der Schule zu verweisen. Darüber hinaus hat der Vater des Antragstellers wiederholt erklärt, den Schulbesuch notwendigenfalls auch selbst finanzieren zu wollen. Demzufolge unterliegt der Antragsteller jedenfalls bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung nicht der Gefahr, durch ein Verlassenmüssen der O.-Schule mangels Kostenübernahme durch den Antragsgegner unabwendbaren und nicht kompensierbaren Nachteilen ausgesetzt zu sein. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher auch aus diesem Grund nicht eilbedürftig.

2.2 Für die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beanspruchten Maßnahmen fehlt es überdies an einem Anordnungsanspruch.

2.2.1 Einen derartigen Anspruch gegenüber dem Antragsgegner auf Übernahme des Schulgelds der privaten O.-Schule als Eingliederungshilfemaßnahme für junge Volljährige hat der Antragsteller mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht.

Zwar kommt für ihn als jungen Volljährigen im Sinne von § 41 Abs. 1 SGB VIII nach § 41 Abs. 2 SGB VIII in Verbindung mit § 35a Abs. 2, Abs. 3 SGB VIII, § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ein Anspruch auf Hilfen zur einer angemessenen Schulbildung dann in Betracht, wenn bei ihm nach § 35a Abs. 1 SGB VIII zunächst eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom Alterstypischen und eine daraus abgeleitete, zumindest drohende Teilhabebeeinträchtigung vorliegt. Angesichts der Aktenlage ist diese Tatbestandsvoraussetzung beim Antragsteller unstreitig.

Die Feststellung einer - zumindest drohenden - Teilhabebeeinträchtigung verpflichtet den zuständigen Träger der Jugendhilfe jedoch nicht automatisch zu einer bestimmten Hilfemaßnahme. Denn nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung unterliegt die Entscheidung über die Erforderlichkeit und Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme einem kooperativen, sozialpädagogischen Entscheidungsprozess unter Mitwirkung der Fachkräfte des Jugendamts und des betroffenen Hilfeempfängers, der nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, sondern vielmehr eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation beinhaltet, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss (sog. sozialpädagogische Fachlichkeit). Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich in diesem Fall darauf, dass allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden, keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind. Die Entscheidung über die Geeignetheit und die Notwendigkeit einer bestimmten Hilfemaßnahme ist daher nur auf ihre Vertretbarkeit hin überprüfbar (vgl. BVerwG, U. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 - BVerwGE 109, 155 ff.; BayVGH, U. v. 24.6.2009 - 12 B 09.602 - juris Rn. 26).

Will ein Antragsteller die Verpflichtung des Trägers der Jugendhilfe zur Durchführung einer bestimmten Hilfemaßnahme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erwirken, muss er im Hinblick auf den in den Grenzen der sozialpädagogischen Fachlichkeit bestehenden Beurteilungsspielraum des Jugendamts darlegen und glaubhaft machen, dass allein die beanspruchte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich und geeignet, mithin fachlich vertretbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 - juris Rn. 30; B. v. 2.8.2011 - 12 CE 11.1180 - juris Rn. 46; B. v. 22.12.2009 - 12 CE 09.2371 - juris Rn. 21 ff.).

Richtet sich der Anspruch darüber hinaus - wie im vorliegenden Fall - auf die Übernahme der Kosten einer Privatschule durch den Antragsgegner, setzt aufgrund des Nachrangs der Jugendhilfe nach § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die Hilfegewährung voraus, dass keine Möglichkeit besteht, den Hilfebedarf des jungen Volljährigen im Rahmen des öffentlichen Schulsystems zu decken (vgl. BayVGH, B. v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 - juris Rn. 31).

Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen für den Erlass einer auf die Übernahme der Kosten einer Privatschule als Eingliederungshilfemaßnahme gerichteten einstweiligen Anordnung hat der Antragsteller indes vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Zunächst fehlt es bereits grundlegend am Nachweis der Eignung des beanspruchten Privatschulbesuchs für den Hilfebedarf des Antragstellers nach den Maßstäben der sozialpädagogischen Fachlichkeit. Soweit es sich aus den dem Senat vorliegenden Akten entnehmen lässt, hat der Antragsteller ab Oktober 2013 die O.-Schule zunächst als Hospitant, ab Februar 2014 als regulärer Schüler besucht. Zuvor hatte er am H.-S.-Gymnasium die 10. Jahrgangsstufe mit Erfolg abgeschlossen und damit den Zugang zur gymnasialen Oberstufe mit dem Ziel der Ablegung des Abiturs erworben. Ob die Leistungen des Antragstellers, die er in den Schuljahren 2013/2014 und 2014/2015 an der O.-Schule erbracht hat, erwarten lassen, dass er dort das Abitur erreicht, innerhalb welchen Zeitraums er es gegebenenfalls erreicht und welchen speziellen schulischen Defiziten des Antragstellers gerade in der O.-Schule durch welche, nur dort verfügbare Maßnahmen Rechnung getragen wird, hat er in seinem Antrag weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Allein die Vorlage einer angeblich mit 15 Punkten bewerteten Gedichtinterpretation reicht hierfür nicht aus. Angaben über die tatsächlichen Leistungen des Antragstellers enthält auch der „Schulbericht“ vom 10. Oktober 2014 nicht, der zu den schulischen Leistungen bzw. Defiziten des Antragstellers keinerlei Stellung nimmt. Auch hat der Antragsteller keinerlei Zeugnisse vorgelegt, die einen Rückschluss auf die Eignung der O.-Schule als Maßnahme zum Erwerb einer angemessenen Schulbildung zulassen.

Schließlich fehlt es auch an der Vorlage des für die Aufnahme an der O.-Schule erforderlichen sonderpädagogischen Gutachtens des zuständigen Schulamts. Die hierzu von der O.-Schule abgegebenen Stellungnahmen sind insoweit widersprüchlich, als im „Schulbericht“ vom 10. Oktober 2014 zunächst vom Eingang eines entsprechenden Antrags beim Schulamt O. im Mai/Juni 2014 die Rede ist, dem stattgegeben worden sei. Demgegenüber wird in einer E-Mail an den Vater des Antragstellers vom 6. Oktober 2014 lediglich erwähnt, eine Stattgabe des Ersuchens sei „zu erwarten“. Wie auch immer geartete Unterlagen, aus denen sich der spezielle schulische Förderbedarf des Antragstellers - insbesondere als sog. „underachiever“ - ergibt und die die spezielle Eignung der O.-Schule zur Beschulung des Antragstellers feststellen, sind bislang weder im Antragsverfahren vorgelegt worden noch befinden sie sich in den Verfahrensakten. Damit ist für den Senat bereits die Eignung der gewählten Privatschule zur Vermittlung einer angemessenen Schulbildung nicht nachvollziehbar.

Darüber hinaus fehlt es im Vorbringen des Antragstellers auch an der Glaubhaftmachung, dass eine angemessene Schulbildung für seinen spezifischen Bedarf im regulären Schulsystem nicht zu erlangen ist und es sich bei der O.-Schule daher um die einzig mögliche Hilfemaßnahme für eine angemessene Schulbildung handelt. Zwar trägt dies der Antragsteller im Laufe des Verfahrens wiederholt vor und wird dies wohl auch - allerdings ohne nähere Begründung - vom Psychotherapeuten Dr. L. so gesehen. Indes ergibt sich aus der Auswertung des Akteninhalts, insbesondere der Verfahrensakte des Jugendamts, dass der Antragsgegner für den Antragsteller verschiedene, auch seinem behaupteten Bedarf als hochbegabter „underachiever“ Rechnung tragende Möglichkeiten der Ablegung des Abiturs im regulären Schulsystem bei gleichzeitiger spezifischer Förderung aufgezeigt hat. Weshalb insbesondere das K.-Gymnasium in A., das sich zu einer Aufnahme des Antragstellers ausdrücklich bereit erklärt hat, das über kleine Klassen und Erfahrung mit Inklusionsschülern verfügt, das mit dem Klinikum in A. zusammenarbeitet und das über den Schulpsychologen und den MSD spezielle Hilfestellungen angeboten hat, für eine angemessene Schulausbildung nicht in Betracht kommen soll, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls fehlen hierzu sowohl in der Antragsbegründung wie auch in den beigefügten eidesstattlichen Versicherungen entsprechende Erläuterungen. Dies gilt ebenso für den Vorschlag einer Beschulung des Antragstellers in der Hochbegabtenklasse des D.-Gymnasiums in W., die speziell auf die Förderung Hochbegabter in kleinen Klassen eingerichtet ist. Dass einzig der Besuch der O.-Schule in O. für den Antragsteller in Betracht zu ziehen ist, hat der Antragsteller folglich nicht unter Ausschluss aller anderen in Frage kommenden Alternativen substantiiert dargetan.

Darüber hinaus gilt es im vorliegenden Zusammenhang ergänzend zu berücksichtigen, dass sowohl nach dem „Schulbericht“ vom 10. Oktober 2014 wie auch dem Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers im Klageverfahren vom 26. Juni 2015 der Antragsteller, wie zuvor an der Regelschule, auch dem Unterricht der O.-Schule aufgrund seiner Erkrankung Tage bzw. Wochen ferngeblieben ist. Wie das Verwaltungsgericht im Urteil vom 2. Juli 2015 (Umdruck S. 24) zutreffend ausgeführt hat, führt dieses Verhalten des Antragstellers zu der Einschätzung, dass seine Teilhabebeeinträchtigung nicht speziell und primär im Bereich der „Schule“ mit der Erforderlichkeit des Besuchs einer privaten Sonderschule liegt, sondern dass vielmehr eine Teilhabebeeinträchtigung im persönlichen Bereich vorliegt, die lediglich mittelbar Auswirkungen auf den Schulbesuch zeitigt, indem der Antragsteller bereits am Weg zur Schule scheitert. Damit wäre die Eignung der O.-Schule zur Deckung des Hilfebedarfs des Antragstellers ebenfalls in Frage gestellt.

Zu einer anderen Beurteilung führt vorliegend auch das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfebedürftigen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht, weil sich dieses nur auf eine Auswahl unter fachlich geeigneten Maßnahmen richtet (vgl. Schindler in Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 5 Rn. 5; Münder in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 5 Rn. 8). Das Wunsch- und Wahlrecht erlaubt es hingegen nicht, die Entscheidung des Jugendamts über die Eignung einer Hilfemaßnahme zu überspielen und den Antragsgegner damit zur Finanzierung einer unter fachlichen Gesichtspunkten ungeeigneten Maßnahme zu verpflichten.

Fehl geht im vorliegenden Fall schließlich der Hinweis des Bevollmächtigten des Antragstellers auf die Verschiebung des Prüfungsmaßstabs bei selbstbeschafften Hilfen im Rahmen von § 36a Abs. 3 SGB VIII (in BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 ff. Rn. 34), da es im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, anders als im Klageverfahren, nicht um die Erstattung von in der Vergangenheit für die Selbstbeschaffung einer Hilfsmaßnahme aufgewandter Kosten, sondern um die Anordnung der Kostenübernahme für eine in der Zukunft liegende Maßnahme geht, bei der eine Selbstbeschaffung noch gar nicht vorliegt.

2.2.2 Weiterhin fehlt es auch an der Glaubhaftmachung des Anspruchs auf Übernahme der Kosten für die stationäre Unterbringung des Antragstellers im T. Kinder- und Jugendhilfezentrum.

Sowohl der Antragsgegner wie auch das Verwaltungsgericht im Urteil vom 2. Juli 2015 gehen zutreffend davon aus, dass es sich hierbei ebenfalls um keine für den Antragsteller zur Deckung seines Hilfebedarfs geeignete Maßnahme handelt. Dass der Antragsteller zwingend auf eine stationäre Unterbringung gerade im T. Kinder- und Jungendhilfezentrum angewiesen wäre, lässt sich bereits aus den vorliegenden ärztlichen und psychotherapeutischen Einschätzungen nicht ableiten. Zwar stellen insbesondere die Stellungnahmen des Psychotherapeuten Dr. L. gerade den Verbleib des Antragsteller in seinem bisherigen Umfeld als seine Entwicklung hemmend dar. Dass seine Verselbstständigung nicht auch außerhalb des T. Kinder- und Jugendhilfezentrums - beispielsweise in einer ambulant betreuten Wohngruppe - geleistet werden könne, lässt sich den Stellungnahmen indes nicht entnehmen. Darüber hinaus lässt sich aus der zwischen dem T. Kinder- und Jugendhilfezentrum und dem Jugendamt O. nach §§ 78a ff. SGB VIII abgeschlossenen Leistungsvereinbarung ebenfalls nicht entnehmen, dass es sich hierbei gerade um eine für die Betreuung des Antragstellers geeignete Einrichtung handelt, da sich nach der Leistungsbeschreibung das Zentrum speziell der Aufnahme von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und vierzehn Jahren widmet und diese dann gegebenenfalls bis zur Volljährigkeit betreut. Indes ist die (Erst-)Aufnahme junger Volljähriger in die Einrichtung nicht vorgesehen. Sie wird im Übrigen auch nicht zur Voraussetzung für den Besuch der O.-Schule gemacht. Mit den dem Antragsteller bereits seit Ablehnung seines Antrags bekannten Zweifeln an der Eignung des T. Kinder- und Jugendhilfezentrums setzt sich sein Vorbringen zur Begründung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht substantiiert auseinander. Auch insoweit fehlt es daher an der nötigen Glaubhaftmachung.

Nachdem der Antragsteller mithin weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

3. Der Antragsteller trägt nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Rechtsstreits, für den nach § 188 Satz 2, 1 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.