Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111

bei uns veröffentlicht am12.06.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 12 K 13.2210, 27.08.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Kläger verfolgen mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ihre in erster Instanz erfolglose Klage gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts des Klägers zu 1 auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU weiter. Der Kläger zu 1 ist polnischer Staatsangehöriger, lebt seit 1985 in der Bundesrepublik, ist seit 1991 mit der Klägerin zu 2, einer deutschen Staatsangehörigen, verheiratet und wurde im Mai 2008 wegen sexuellen Missbrauchs einer der gemeinsamen Töchter der Kläger sowie einer Tochter des Klägers zu 1 aus erster Ehe zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, nachdem er zuvor schon im Jahr 2003 in Polen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war, weil er nach den Feststellungen des polnischen Strafgerichts seine Nichte mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr genötigt hatte.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.) zuzulassen.

I.

Die Berufung ist zunächst nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Die Kläger wenden sich zunächst dagegen, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 16. April 2013, mit dem die Beklagte festgestellt hat, dass der Kläger zu 1 sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, nicht nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG als nichtig angesehen und deshalb die Klage abgewiesen hat, soweit sie auf die Feststellung der Nichtigkeit dieses Bescheids gerichtet war. Insoweit haben die Kläger das Urteil des Verwaltungsgerichts aber nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt, der die ausstellende Behörde nicht erkennen lässt, nichtig. Das Verwaltungsgericht hat dies jedoch zutreffend mit der Begründung verneint, dem Bescheid vom 16. April 2013 lasse sich eindeutig entnehmen, welches Landratsamt ihn erlassen habe. Denn wie das Landratsamt zu Recht ausführt, ergibt sich dies bereits daraus, dass der Bescheid mit den Worten beginnt: „Das Landratsamt Dachau erlässt den folgenden Bescheid“.

Der Erkennbarkeit der ausstellenden Behörde steht auch nicht entgegen, dass die Kopfzeile des Bescheids neben dem Wappen des Freistaats Bayern auch das des Landkreises Dachau und eine Darstellung der Umrisse dieses Landkreises enthält und damit die Wappen, wie die Kläger meinen, zu einem „Corporate Design“ gemacht würden, das den einschneidenden Folgen des Bescheids vom 16. April 2013 nicht gerecht werde. Denn die Kopfzeile des Bescheids enthält daneben die unmissverständliche Behördenbezeichnung „Landratsamt Dachau“.

Schließlich setzt die Erkennbarkeit der ausstellenden Behörde auch entgegen der Ansicht der Kläger nicht voraus, dass der Bescheid mit einem Dienstsiegel versehen ist. Zwar würde die Beifügung eines Dienstsiegels die Sicherheit erhöhen, dass der Bescheid auch tatsächlich von der im Bescheid genannten Behörde erlassen worden ist, und damit etwaigen Fälschungen, wie sie die Kläger befürchten, entgegenwirken. Die ausstellende Behörde ist aber auch ohne Verwendung eines Dienstsiegels bereits dann erkennbar, wenn sie wie hier ausdrücklich genannt wird. Dementsprechend dürfen Dienstsiegel auch nach § 25 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) außer, wenn es anders als hier gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist (§ 25 Abs. 3 Nr. 1 AGO), nur dann verwendet werden, wenn an die Form und die Beweiskraft des Dokuments wie z. B. bei Urkunden und Ausweisen besondere Anforderungen zu stellen sind (§ 25 Abs. 3 Nr. 2 AGO). Ein solcher Fall ist bei einem Bescheid, der den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt feststellt, jedoch nicht gegeben.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch nicht, soweit die Kläger geltend machen, die Schwere des Fehlers ergebe sich aus der Gesamtschau der von ihnen kritisierten Unzulänglichkeiten.

Zwar ist nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei besonderer Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Jedoch liegen Fehler, die in einer Gesamtschau einen besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler begründen könnten, hier nicht vor.

Ein schriftlicher Verwaltungsakt wie die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt (§ 11 Satz 1 FreizügG/EU in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) muss nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG die ausstellende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 16. April 2013 jedoch. Wie dargelegt, lässt er die ausstellende Behörde erkennen. Außerdem enthält er die vollständige, auch den Anfangsbuchstaben des Vornamens beinhaltende Unterschrift des als Beauftragter des Behördenleiters im Bereich des Ausländerwesens zuständigen Sachbearbeiters, die diesen neben der Zimmernummer und der Telefonnummer, die im Bescheid ebenfalls angegeben sind, von dem im Bauamt des Landratsamts tätigen Mitarbeiter gleichen Nachnamens unterscheidet.

Da Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG weitere Anforderungen an die Form eines schriftlichen Verwaltungsakts nicht stellt und daher insbesondere die Verwendung eines bestimmten Briefkopfes oder die Anbringung eines Dienstsiegels nicht vorschreibt (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 104), sind Fehler in der Form des Bescheids, die für sich genommen oder in der Gesamtschau einen besonders schwerwiegenden und nach den gesamten Umständen offenkundigen Fehler begründen und deshalb nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG die Nichtigkeit des Bescheids vom 16. April 2013 nach sich ziehen könnten, nicht ersichtlich.

II.

Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

Der Kläger macht der Sache nach geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, dadurch verletzt, dass es dem hilfsweise für den Fall der Klageabweisung gestellten Antrag nicht entsprochen habe, zum Beweis dafür, dass die Voraussetzungen für die Annahme zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit im Sinne von § 6 Abs. 5 FreizügG/EU, insbesondere einer gegenwärtigen Gefahr, einer gegenwärtigen Gefährdung für die öffentliche Sicherheit oder einer Wiederholungsgefahr, und die anderen Voraussetzungen für die Verlustfeststellung nicht vorlägen, auf die die Beklagte ihren Bescheid stütze, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

1. Ein solcher Verfahrensmangel ist aber schon nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend geltend gemacht. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die Kläger dargelegt hätten, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für sie günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B. v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B. v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B. v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht geschehen.

Die Kläger führen zur Begründung ihres Zulassungsantrags lediglich aus, die im Urteil angeführten Tatsachen wie insbesondere die gegenwärtige Gefahr, die gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und die Wiederholungsgefahr, bei denen es sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht um Rechtsfragen, sondern um Tatsachen handele, seien zu kompliziert und schwierig, um vom Gericht aus eigener Kompetenz beurteilt zu werden. Zu welchen für die Beurteilung des Vorliegens einer relevanten Wiederholungsgefahr bedeutsamen konkreten Tatsachen ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen und welche tatsächlichen Feststellungen getroffen worden wären, wenn dies geschehen wäre, legen die Kläger aber nicht dar. Auch zeigen sie nicht auf, inwiefern das unterstellte Ergebnis einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die von ihnen angebotene und zur Erstellung eines Gutachtens bereite Sachverständige zu einer für die Kläger günstigen Entscheidung geführt hätte. Stattdessen führen sie lediglich aus, ob eine Begutachtung weitere Erkenntnisse verspreche, könne nur die Gutachterin beurteilen.

2. Entgegen der Ansicht der Kläger ist auch nicht ersichtlich, dass die Erhebung eines Sachverständigenbeweises im Hinblick auf die fehlende Sachkunde des Verwaltungsgerichts erforderlich gewesen wäre.

Insbesondere in Fällen, in denen wie hier mit den Sexualdelikten des Klägers zu 1 gegenüber seiner Nichte und zweien seiner Töchter wiederholt Straftaten begangen worden sind, erfordert die Prüfung der Frage, ob die von der Behörde angenommene Befürchtung neuer Verfehlungen tatsächlich besteht, grundsätzlich nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil sich das Gericht mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen bewegt, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, B. v. 19.5.2015 - 10 ZB 13.1437 - juris Rn. 41; B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 12; B. v. 4.5.1990 - 1 B 82/89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die Prognose die Feststellung oder Bewertung von Umständen voraussetzt, für die eine dem Richter nicht zur Verfügung stehende Sachkunde erforderlich ist, wie etwa im Falle einer seelischen Erkrankung (vgl. BayVGH, B. v. 19.5.2015 - 10 ZB 13.1437 - juris Rn. 41; B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 12; B. v. 13.3.2009 - 1 B 20.08 - juris Rn. 6; B. v. 4.5.1990 - 1 B 82.89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Dass der Kläger zu 1 an einer solchen Erkrankung leidet, wird aber im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Auch bedurfte es entgegen der Ansicht der Kläger insbesondere zu der Feststellung, dem Kläger zu 1 fehle die Einsicht in seine Schuld, auf die das Verwaltungsgericht seine Gefahrenprognose unter anderem stützt, nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Denn die fehlende Schuldeinsicht ergibt sich ohne weiteres aus der Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 14. Februar 2008 und des Psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt vom 18. Mai 2012, die das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung der Wiederholungsgefahr zugrunde gelegt hat und nach denen der Kläger zu 1 jeweils seine Sexualdelinquenz geleugnet und erklärt hat, er sei unschuldig.

Schließlich musste das Verwaltungsgericht auch ein Sachverständigengutachten nicht einholen, um zu klären, was mangelnde Schuldeinsicht mit Wiederholungsgefahr zu tun hat und welche Rolle sie dabei spielt, wie die Kläger meinen. Denn es entspricht der dem Richter allgemein zugänglichen Lebenserfahrung, dass Personen, die ihr strafbares Verhalten als richtig ansehen und deshalb dessen Unrechtsgehalt leugnen, sich in vergleichbaren künftigen Situationen ähnlich verhalten und damit erneut straffällig werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 77 Schriftform; Ausnahme von Formerfordernissen


(1) Die folgenden Verwaltungsakte bedürfen der Schriftform und sind mit Ausnahme der Nummer 5 mit einer Begründung zu versehen: 1. der Verwaltungsakt, a) durch den ein Passersatz, ein Ausweisersatz oder ein Aufenthaltstitel versagt, räumlich oder zei

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2015 - 10 ZB 13.2111 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2015 - 10 ZB 13.1437

bei uns veröffentlicht am 19.05.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Aug. 2014 - 10 ZB 12.2673

bei uns veröffentlicht am 25.08.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die folgenden Verwaltungsakte bedürfen der Schriftform und sind mit Ausnahme der Nummer 5 mit einer Begründung zu versehen:

1.
der Verwaltungsakt,
a)
durch den ein Passersatz, ein Ausweisersatz oder ein Aufenthaltstitel versagt, räumlich oder zeitlich beschränkt oder mit Bedingungen und Auflagen versehen wird oder
b)
mit dem die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung zum Aufenthaltstitel versagt wird, sowie
2.
die Ausweisung,
3.
die Abschiebungsanordnung nach § 58a Absatz 1 Satz 1,
4.
die Androhung der Abschiebung,
5.
die Aussetzung der Abschiebung,
6.
Beschränkungen des Aufenthalts nach § 12 Absatz 4,
7.
die Anordnungen nach den §§ 47 und 56,
8.
die Rücknahme und der Widerruf von Verwaltungsakten nach diesem Gesetz sowie
9.
die Entscheidung über die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11.
Einem Verwaltungsakt, mit dem ein Aufenthaltstitel versagt oder mit dem ein Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht wird, sowie der Entscheidung über einen Antrag auf Befristung nach § 11 Absatz 1 Satz 3 ist eine Erklärung beizufügen. Mit dieser Erklärung wird der Ausländer über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, und über die Stelle, bei der dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, sowie über die einzuhaltende Frist belehrt; in anderen Fällen ist die vorgenannte Erklärung der Androhung der Abschiebung beizufügen.

(1a) Im Zusammenhang mit der Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte sind zusätzlich der aufnehmenden Niederlassung oder dem aufnehmenden Unternehmen schriftlich mitzuteilen

1.
die Versagung der Verlängerung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte,
2.
die Rücknahme oder der Widerruf einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte,
3.
die Versagung der Verlängerung eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder
4.
die Rücknahme oder der Widerruf eines Aufenthaltstitels zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte.
In der Mitteilung nach Satz 1 Nummer 1 und 2 sind auch die Gründe für die Entscheidung anzugeben.

(2) Die Versagung und die Beschränkung eines Visums und eines Passersatzes vor der Einreise bedürfen keiner Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung; die Versagung an der Grenze bedarf auch nicht der Schriftform. Formerfordernisse für die Versagung von Schengen-Visa richten sich nach der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(3) Dem Ausländer ist auf Antrag eine Übersetzung der Entscheidungsformel des Verwaltungsaktes, mit dem der Aufenthaltstitel versagt oder mit dem der Aufenthaltstitel zum Erlöschen gebracht oder mit dem eine Befristungsentscheidung nach § 11 getroffen wird, und der Rechtsbehelfsbelehrung kostenfrei in einer Sprache zur Verfügung zu stellen, die der Ausländer versteht oder bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Besteht die Ausreisepflicht aus einem anderen Grund, ist Satz 1 auf die Androhung der Abschiebung sowie auf die Rechtsbehelfsbelehrung, die dieser nach Absatz 1 Satz 3 beizufügen ist, entsprechend anzuwenden. Die Übersetzung kann in mündlicher oder in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt werden. Eine Übersetzung muss dem Ausländer dann nicht vorgelegt werden, wenn er unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist ist oder auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist. In den Fällen des Satzes 4 erhält der Ausländer ein Standardformular mit Erläuterungen, die in mindestens fünf der am häufigsten verwendeten oder verstandenen Sprachen bereitgehalten werden. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Ausländer noch nicht eingereist oder bereits ausgereist ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen die Anordnungen der Beklagten weiter, bei der Haltung seiner Jagdhündin dafür zu sorgen, dass diese in bewohnten Gebieten einschließlich öffentlicher Wege, Straßen und Plätze an einer reißfesten Leine von nicht mehr als 1,5 m Länge mit einem schlupfsicheren Halsband nur von einer ausreichend kräftigen und zuverlässigen Person geführt wird und dass ein Verlassen des befriedeten Besitztums des Klägers unter Missachtung dieser Vorgaben ausgeschlossen ist.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die der Sache nach geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.), noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.).

I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Zutreffend legt das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten getroffenen Anordnungen Art. 18 Abs. 2 LStVG zugrunde, nach dem in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 LStVG zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder öffentlicher Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden getroffen werden können. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geht es dabei davon aus, dass der Erlass solcher Anordnungen das Bestehen einer konkreten Gefahr für eines der genannten Rechtsgüter voraussetzt (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 6).

Eine solche Gefahr bejaht das Verwaltungsgericht mit der Begründung, die von jedem Hund ausgehende abstrakte Gefahr habe sich im Falle der Hündin des Klägers dadurch realisiert, dass es zu zwei vom Kläger auch eingeräumten Beißvorfällen gekommen sei. In diesem Fall bestehe aber die konkrete Gefahr weiterer solcher Vorfälle. Unerheblich sei, ob der Beißvorfall vom 14. November 2009, bei dem ein Mann, der Werbeprospekte verteilt habe, durch die nicht angeleinte Hündin des Klägers in die rechte Hand und den linken Oberschenkel gebissen worden sei, durch ein Fehlverhalten des Geschädigten mit verursacht worden sei. Fehlreaktionen von Passanten gegenüber frei umherlaufenden Hunden entsprächen der Lebenserfahrung. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die konkrete Gefahr auch nicht dadurch entfallen, dass zwischen dem letzten Beißvorfall am 3. September 2010, bei dem eine Frau, als sie die Straße betrat, von der sich dort aufhaltenden und nicht angeleinten Hündin des Klägers im Bereich des rechten Knies und Oberschenkels gebissen worden sei, und dem Erlass des die streitgegenständlichen Maßnahmen anordnenden Bescheids vom 24. Juni 2012 kein weiterer Beißvorfall aktenkundig geworden sei. Ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden widerlege nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage. Es bestehe kein Erfahrungssatz, dass ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum hinweg unauffällig gewesen sei, dies auch bleiben werde. Tatsachen, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass von der Hündin des Klägers in Zukunft keine Gefahren mehr ausgingen, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch die Begutachtung durch die Amtstierärztin belege nicht, dass von der Hündin keine Gefahr mehr ausgehe. Abgesehen davon, dass die durch mehrere Beißvorfälle belegte Gefährlichkeit der Hündin keiner weiteren Überprüfung durch ein Gutachten bedürfe, stelle die Tierärztin fest, dass der Kläger auf von ihm erkannte potenzielle Gefahrensituationen nicht immer prompt reagiert habe. So habe er seine Hündin erst nach einer kurzen Weile zu sich gerufen, als sie in einen nicht eingezäunten Garten mit spielenden Kindern gelaufen sei. Die fehlende Einsichtsfähigkeit eines Hundehalters in die von seinem Hund ausgehenden Gefahren verschärfe die durch das Verhalten des Hundes indizierte Gefahr.

Der Kläger macht insoweit geltend, er habe sich an seine gegenüber der Beklagten abgegebene Erklärung vom 21. Oktober 2010 gehalten, er werde den Hund künftig an der Leine führen. Der Hund sei lediglich einige Male ohne Leine zu einem befreundeten Nachbarn über die Straße gelaufen und werde in Zukunft ohne jegliche Ausnahme an der Leine geführt. Auch der in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge, der die Hündin nach seinen Angaben mehrmals unangeleint auf der Straße angetroffen habe, habe einräumen müssen, dass sich die Hündin ihm gegenüber nie aggressiv gezeigt habe und dass er jeweils davon überzeugt gewesen sei, dass sie ihm nichts tun werde. Bei dieser Sachlage könne insbesondere deshalb nicht automatisch auf eine Gefährlichkeit des Hundes geschlossen werden, weil der letzte Beißvorfall vom 3. September 2010 datiere und der Hund seitdem beanstandungsfrei geführt worden sei.

Diese Ausführungen stellen aber die das angefochtene Urteil tragende Annahme, von der Hündin des Klägers gehe eine konkrete Gefahr für die Gesundheit anderer aus, wie dies für Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG erforderlich sei, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, geht von einem Hund eine konkrete Gefahr für die Gesundheit, die Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, jedenfalls dann aus, wenn es wie hier in der Vergangenheit bereits zu Beißvorfällen gekommen ist. In solchen Fällen sind Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG zur Abwehr einer Gefahr, die sich in der Vergangenheit bereits realisiert hat, auch nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (st.Rspr.; vgl. zuletzt BayVGH, B.v.31.7.2014 - 10 ZB 14.688 - juris Rn. 9; B.v.28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 24; 10 ZB 11.1837 m. w. N.). Zu Recht geht das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass die damit angesichts der Beißvorfälle vom 14. November 2009 und 3. September 2010 von der Hündin des Klägers ausgehende konkrete Gefahr entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb entfallen ist, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nach dem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit einem Beißvorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch die vorherigen Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris Rn. 10; B.v. 28.9.2012 - 10 CS 12.1791 - juris Rn. 25).

Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht nur dann, wenn vor den Beißvorfällen bereits ein sicherheitsrechtlicher Bescheid zur Haltung der Hunde ergangen war (vgl. BayVGH, B.v.10.11.2000 - 24 ZS 00.2789 - juris, wo wie hier den einige Zeit zurückliegenden Beißvorfällen keine Anordnung nach § 18 Abs. 2 LStVG vorausgegangen war). Denn ob ein Hund, der mehrfach Personen gebissen hat, als solcher gefährlich ist und deshalb von ihm eine konkrete Gefahr ausgeht, die Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG rechtfertigen kann, hängt nicht davon ab, ob bereits Anordnungen zur Hundehaltung getroffen waren, als sich die von ihm ausgehende Gefahr durch die Beißvorfälle tatsächlich realisiert hat.

Damit hat das Verwaltungsgericht aber entgegen der Ansicht des Klägers trotz der seit den Beißvorfällen verstrichenen Zeit zu Recht eine von der Hündin des Klägers ausgehende und fortbestehende konkrete Gefahr bejaht. Denn der Kläger hat Tatsachen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden könnte, dass von seiner Hündin inzwischen keine Gefahr mehr ausgehe, nicht vorgetragen. Die Gesichtspunkte, die seiner Ansicht nach gegen eine konkrete Gefahr sprechen, rechtfertigen einen solchen Schluss jedenfalls nicht.

Insbesondere lässt sich aus der Aussage des vom Verwaltungsgericht vernommenen Zeugen, nach der die Hündin des Klägers ihm gegenüber nie aggressiv gewesen sei, nicht sicher schließen, dass von dem Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht. Denn dass das Tier dem Zeugen gegenüber, der selbst Hundehalter ist, kein aggressives Verhalten gezeigt hat, lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass es sich gegenüber anderen und vor allem gegenüber im Umgang mit Hunden weniger erfahrenen Personen ebenfalls nicht aggressiv verhalten wird oder dass es unter ähnlichen Umständen wie bei den Beißvorfällen in den Jahren 2009 und 2010 nicht erneut zubeißen wird.

Ebenso wenig lässt es die von der Hündin des Klägers als solcher ausgehende konkrete Gefahr entfallen, dass der Kläger das Tier künftig ausnahmslos an der Leine führen will. Die Gefahr, die von der Hündin des Klägers ausgeht, besteht darin, dass sie Menschen beißt und damit in ihrer Gesundheit beeinträchtigt, wenn sie auf öffentlichen Straßen frei umherläuft. Das Anleinen des Hundes stellt sich demgegenüber als Maßnahme zur Abwehr dieser Gefahr dar. Als Gefahrenabwehrmaßnahme, die nach Art. 18 Abs. 2 LStVG angeordnet werden kann, lässt das Anleinen des Hundes aber nicht das Vorliegen der konkreten Gefahr, deren Abwehr es dient, als Tatbestandsvoraussetzung der seiner Anordnung zugrundeliegenden Ermächtigungsgrundlage entfallen. Dass der Kläger seine Hündin in Zukunft ausnahmslos an der Leine führen will, wirft vielmehr die Frage auf, ob die Anordnung des Leinenzwangs deshalb rechtswidrig ist, weil sie nicht erforderlich ist und damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

2. Auch wenn man daher das Vorbringen des Klägers, er werde seine Hündin künftig ausnahmslos anleinen, so versteht, dass es sich gegen die Erforderlichkeit der den Gegenstand der Klage bildenden Anordnungen richtet, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr zu Recht davon aus, dass der Erforderlichkeit der das Anleinen des Hundes betreffenden Anordnungen der Beklagten (Nr. I.1., I.2. und I.3. des Bescheids vom 24. Juni 2012) die Zusage des Klägers, er werde seinen Hund freiwillig innerhalb bewohnter Gebiete nur noch angeleint ausführen, nicht entgegensteht. Denn dass der Kläger seine Hündin in Zukunft anleint, ohne dazu durch eine entsprechende Anordnung verpflichtet worden zu sein, ist zur Abwehr der von einem freien Umherlaufen der Hündin ausgehenden Gefahren nicht im gleichen Maß geeignet wie eine entsprechende behördliche Anordnung, die anders als die Selbstverpflichtung des Klägers mit Hilfe von Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits in einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2010 erklärt hatte, er werde seinen Hund künftig den damals beabsichtigten Anordnungen der Beklagten entsprechend an der Leine führen, er sich daran aber, wie er selbst einräumt, später nicht immer gehalten hat.

II. Die Berufung ist schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

1. Zwar macht der Kläger der Sache nach geltend, das Gericht habe seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, wenn er sinngemäß ausführt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die von ihm angebotenen Zeugen zum Anleinverhalten des Klägers nicht vernommen. Der Kläger hat den gerügten Verfahrensmangel aber nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Dass ein solcher Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B.v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht dargelegt.

Da der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2012 einen Beweisantrag nicht gestellt hat und damit die Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 18. September 2012 hinsichtlich zweier von ihm benannter Zeugen durch die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 und 30. Oktober 2012 sowie das dem Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober mitgeteilte Absehen von der Einvernahme zweier weiterer von ihm benannter Zeugen hat auf sich beruhen lassen, hätte er darlegen müssen, dass sich die Einvernahme der betreffenden Zeugen dem Gericht hätte aufdrängen müssen, weil es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Dies ist jedoch nicht in den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechender Weise geschehen.

Der Kläger legt zwar dar, dass die Zeugen hätten bekunden können, dass er seine Hündin in der Regel an der Leine geführt habe und sich die gelegentlichen Ausnahmen darauf beschränkt hätten, dass der Hund unangeleint die Straße überquert habe, um zum Grundstück eines befreundeten Nachbarn zu laufen. Er legt aber nicht dar, warum dies für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich gewesen wäre und weshalb es deshalb auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung gehabt hätte.

Dies war im Übrigen auch nicht offensichtlich. Denn das Verwaltungsgericht hat die Erforderlichkeit der das Anleinen der Hündin des Klägers betreffenden Anordnungen unter anderem damit begründet, dass sich der Kläger in der Vergangenheit nicht an seine Zusage gehalten habe, seinen Hund künftig anzuleinen. Es hat diese Feststellung nicht nur auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen, sondern auch darauf gestützt, dass der Kläger selbst eingeräumt habe, dass seine Hündin unangeleint zum auf der anderen Straßenseite gelegenen Nachbaranwesen gelaufen sei. Wenn aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts für die Erforderlichkeit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen ausreichte, dass der Kläger, wie von ihm eingeräumt, seinen Hund ohne Leine über die Straße zum Nachbaranwesen laufen ließ, so bedurfte es nach dieser Rechtsauffassung nicht mehr der vom Kläger für notwendig erachteten Klärung, ob seine Hündin im Übrigen im öffentlichen Straßenraum regelmäßig an der Leine geführt worden ist.

2. Soweit der Kläger schließlich meint, es sei erforderlich gewesen, die Gefährlichkeit des Hundes konkret bewerten zu lassen, ist auch damit ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn weder hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag gestellt, noch hat er dargelegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass es bei einer durch mehrere Beißvorfälle belegten Gefährlichkeit eines Hundes keiner weiteren Nachprüfung durch ein Gutachten bedürfe und dass ein längerer zeitlicher Abstand zwischen einem Beißvorfall und dem sicherheitsrechtlichen Tätigwerden die durch die Beißvorfälle indizierte Gefahrenlage nicht per se, sondern nur dann widerlege, wenn sonstige Tatsachen vorlägen, aus denen der Schluss gezogen werden könne, dass von der Hündin keine konkrete Gefahr mehr ausgehe. Warum das Verwaltungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen, ist dem Vorbringen des Klägers aber nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger, ein 1978 in Deutschland geborener und seitdem im Bundesgebiet lebender türkischer Staatsangehöriger, verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland weiter.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.) zuzulassen.

I. Die Berufung ist zunächst nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung vom 26. Oktober 2011 ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Tatsachengerichts (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12; U. v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 15; U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12; U. v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 9). Zu Recht und vom Kläger unbeanstandet ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass als Rechtsgrundlage für die Ausweisung des Klägers, der als im Bundesgebiet geborener Familienangehöriger eines dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland angehörenden türkischen Arbeitnehmers dort seit mindestens fünf Jahren seinen Wohnsitz und als Kind eines türkischen Arbeitnehmers dort eine Berufsausbildung abgeschlossen hat und der deshalb nach Art. 7 Satz 1 und 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 4; im Folgenden: ARB 1/80) zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt ist, nur Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG in Betracht kommt. Der Kläger kann daher nur im Ermessenswege aufgrund einer Einzelfallprüfung ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland als des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 82 und 86; BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 53).

Das Verwaltungsgericht hat auf dieser Grundlage die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig angesehen. Insbesondere ist es davon ausgegangen, dass das persönliche Verhalten des Klägers zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland dargestellt habe, dass die Ausweisung auch unter Berücksichtigung des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehe und dass die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden sei.

1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen zunächst insoweit keine ernstlichen Zweifel, als der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die in Form einer gegenwärtigen tatsächlichen und hinreichend schweren Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr bejaht.

Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme einer vom Kläger ausgehenden hinreichenden Wiederholungsgefahr im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Die Justizvollzugsanstalt, in der sich der Kläger zur Verbüßung der mit Urteil vom 5. Februar 2002 verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung aufgehalten habe, sei davon ausgegangen, dass der Kläger seine Tat nicht im erforderlichen Umfang aufgearbeitet und insbesondere eine notwendige Sozialtherapie nicht mit dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein aufgenommen habe. Unter Berücksichtigung dieser fachlichen Bewertung sei auch derzeit eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr gegeben. Wie die Verurteilung wegen Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit Bedrohung vom 19. Juni 2009 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten und die Verurteilung vom 20. Mai 2009 wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit 14 sachlich zusammentreffenden Fällen der Erpressung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit 7 tatmehrheitlichen Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zeigten, sei ohne eine erfolgreiche therapeutische Behandlung mit der Begehung derartiger Straftaten weiter zu rechnen. Die damit bestehende konkrete Wiederholungsgefahr sei auch nicht in hinreichendem Maße durch eine erfolgreiche sozialtherapeutische Behandlung des Klägers beseitigt worden. Der von der Haftanstalt beauftragte Therapeut gehe zwar davon aus, dass der Kläger keine Straftaten mehr begehen werde. Trotz dieser fachlichen Aussage und der vom Therapeuten bestätigten Teilnahme des Klägers an 44 Therapiesitzungen könne das Gericht nicht erkennen, dass die erneute Begehung von Straftaten durch den Kläger ausgeschlossen sei. Der Therapeut selbst habe in der mündlichen Verhandlung auch nach der Haftentlassung noch eine psychotherapeutische Begleitung von einem Jahr für erforderlich gehalten, um Restzweifel auszuschließen. Die Einschätzung des Gerichts werde dadurch bestätigt, dass der Kläger eine sozialtherapeutische Behandlung in der Haft zunächst abgelehnt und sich einer solchen Behandlung erst ab Mai 2012 unterzogen habe. Bei dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass ohne eine gefestigte Position im Rahmen der therapeutischen Aufarbeitung eine Wiederholungsgefahr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das im Strafvollstreckungsverfahren im Zusammenhang mit der Entscheidung über eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung eingeholte Prognosegutachten gehe von einer erhöhten Wiederholungsgefahr aus. Zwar spreche das Gutachten nicht zwingend für eine solche Gefahr, weil es noch nicht abschließend erstellt sei. Jedoch fehle es jedenfalls an einer abschließenden gutachterlichen Äußerung, die eine andere Bewertung der Frage der Wiederholungsgefahr zur Folge haben könne.

Der Kläger macht insoweit geltend, er werde seiner Problematik sowohl im Hinblick auf die Sexual- als auch hinsichtlich der Drogendelikte gerecht. Er habe sich nicht nur im Rahmen seiner ersten, sondern auch während seiner zweiten Inhaftierung Therapiemaßnahmen unterzogen und dafür gesorgt, dass er nach der Haftentlassung nahtlos in sexual- und drogentherapeutische Behandlung übernommen worden sei. Der Therapeut, bei dem er zuletzt in der Justizvollzugsanstalt behandelt worden sei, habe bestätigt, dass von ihm jedenfalls dann keine Gefahr mehr ausgehe, wenn er die Therapie nach der Haftentlassung noch ein Jahr lang fortsetze. Die Wiederholungsgefahr werde daher durch die bereits durchgeführten Therapiemaßnahmen und ihre Fortsetzung nach der Haft dauerhaft gebannt. Das im Rahmen der Strafvollstreckung erstellte Gutachten berücksichtige nicht, dass die Wiederholungsgefahr durch die begleitende Therapie ausgeschlossen werde. Eine gefestigte Position im Rahmen der therapeutischen Aufarbeitung könne nicht gefordert werden, solange durch begleitende Therapien gesichert sei, dass es nicht zu Wiederholungen komme. Außerdem werde der Kläger durch die ständige therapeutische Begleitung innerhalb kurzer Zeit in eine solche Position hineinwachsen. Nach Einschätzung des Therapeuten, bei dem sich der Kläger nach der Haftentlassung einer Verhaltenstherapie mit dem Ziel unterzogen habe, die Ursachen für die wiederholten Straftaten und das frühere Suchtverhalten des Klägers zu erarbeiten, das Unrechtsbewusstsein und die Frustrationstoleranz zu erhöhen und die Impulskontrolle zu erhöhen, gehe vom Kläger nach menschlichem Ermessen keine Gefahr mehr für andere Menschen aus. Auch aus Sicht des für den Kläger im Rahmen der Führungsaufsicht zuständigen Bewährungshelfers sei die Gefahr einer erneuten Straftat äußerst gering.

Durch diese Ausführungen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, vom Kläger gehe nach wie vor eine konkrete Wiederholungsgefahr aus, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Bei der Prüfung, ob eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft vorliegt, gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind im Rahmen der Gefahrenprognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Demgemäß gelten umso geringere Anforderungen an den Eintritt eines Schadens für ein bedrohtes Rechtsgut, je bedeutender dieses ist. Jedoch reicht auch bei hochrangigen Rechtsgütern nicht jede auch nur entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr aus. Auch insoweit dürfen vielmehr keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16; U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 16; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 55). Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung mit sich bringen können, die das Verhalten des Betroffenen für das in Rede stehende Grundinteresse der Gesellschaft darstellen kann (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 84; BayVGH a. a. O.). Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme einer fortdauernden Wiederholungsgefahr aber auch unter Berücksichtigung Verhaltenstherapie, der sich der Kläger nach der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2013 unterzogen hat, nicht zu beanstanden.

Anlass für die Ausweisung des Klägers war seine Verurteilung vom 20. Mai 2009 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Dieses Sexual- und Körperverletzungsdelikt, für das das Strafgericht im Rahmen der Gesamtstrafenbildung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten für angemessen hielt und das eine schwerwiegende Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit des Tatopfers und damit von Grundinteressen der Gesellschaft darstellte, beging der Kläger, nachdem er gemeinsam mit dem Opfer, mit dem er parallel zu seiner festen Beziehung zu seiner späteren Ehefrau ein Verhältnis unterhielt, 4 g Kokain und im Anschluss daran Wodka konsumiert hatte. Seiner Verurteilung vom 5. Februar 2002 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten lag ein vergleichbares Sexualdelikt zugrunde. Auch hier handelte es sich um eine Beziehungstat, der der Konsum von Kokain und Alkohol vorangegangen war. Das Opfer war die damalige Freundin des Klägers. Dieser hatte vor der Tat zwischen 0,5 g und 1 g Kokain geschnupft und anschließend zwei Halbe Bier, 0,5 l Kirschgoiß und 4 bis 5 Ouzos getrunken. Zwischen der am 5. August 2001 begangenen Vergewaltigung und dem sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 31. August 2008 liegen sieben Jahre. Dies zeigt aber, dass der Kläger, obwohl er sich, wie er vorträgt, bereits nach der Verurteilung wegen der Vergewaltigung sowohl wegen seiner Drogenproblematik als auch wegen des Sexualdelikts in therapeutische Behandlung begeben hat, nicht davor gefeit war, nach dem Konsum von Drogen und Alkohol erneut eine Sexualstraftat zu begehen, deren Opfer eine mit ihm in einer Beziehung lebende Frau war. Dass der Kläger damit trotz einer therapeutischen Behandlung unter im Wesentlichen gleichen Umständen ein weiteres vergleichbares Sexualdelikt begangen hat, rechtfertigt aber die Annahme, dass vom Kläger auch gegenwärtig noch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit von Frauen ausgeht, die mit ihm eine Beziehung eingehen. Dies gilt umso mehr, als der sexuelle Missbrauch im Juli oder August 2008 noch keine sieben Jahre zurückliegt und damit seit dieser Straftat ein kürzerer Zeitraum verstrichen ist als zwischen ihr und der Vergewaltigung im August 2001.

An dieser Einschätzung ändern auch weder die während der Strafhaft und seit ihrem Ende im Dezember 2013 bis zum 10. Februar 2015 vom Kläger absolvierten Therapien noch seine berufliche Weiterqualifizierung durch den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse C/CE und seine dadurch ermöglichte berufliche Tätigkeit als Kraftfahrer bei einem Logistikunternehmen etwas. Zum einen war der Kläger auch nach Verbüßung der Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung in den Jahren 2005 bis 2009 als Berufskraftfahrer tätig, ohne dass ihn dies von der Begehung eines weiteren Sexualdelikts im Juli oder August 2008 abgehalten hätte. Zum anderen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr bei Straftaten, die auf einer Suchterkrankung beruhen, nicht ausgegangen werden, solange der betreffende Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftigen drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (vgl. etwa BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 32; B. v. 25.7.2014 - 10 ZB 14.633 - juris Rn. 14; U. v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 44). Geht man, wie dies in seinem psychologischen Kurzbericht vom 13. Mai 2014 offenbar auch der Therapeut getan hat, der den Kläger nach seiner Haftentlassung behandelt hat, davon aus, dass der Drogen- und Alkoholkonsum, nach dem der Kläger die Sexualdelikte im August 2001 und im Juli oder August 2008 jeweils begangen hat, Ausdruck eines Suchtverhaltens war, so kann daher ein Wegfall der Wiederholungsgefahr selbst dann nicht angenommen werden, wenn die Verhaltenstherapie des Klägers am 10. Februar 2015 tatsächlich erfolgreich abgeschlossen worden ist. Denn angesichts des kurzen Zeitraums von lediglich drei Monaten, der seitdem vergangen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die mit einer erfolgreichen Therapie verbundene Erwartung künftigen drogen- und straffreien Verhaltens nach Therapieende bereits hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Ein Wegfall der Wiederholungsgefahr im Hinblick darauf, dass die Therapieziele in vollem Umfang erreicht sind und dass der Kläger nach menschlichem Ermessen deshalb keine Gefahr für andere mehr darstellt, wie sein Therapeut im zuletzt vorgelegten psychologischen Therapiebericht vom 11. Februar 2015 bestätigt hat, kann aber auch dann nicht angenommen werden, wenn man wie die Beklagte davon ausgeht, dass beim Kläger nie eine körperliche oder psychische Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol bestanden hat. Denn gerade dann weist das bisherige Verhalten des Klägers darauf hin, dass weiterhin die Gefahr der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten besteht, weil der Kläger dann das Sexualdelikt im Juli oder August 2008 nach dem Genuss von Kokain und Alkohol begangen hätte, obwohl er nicht drogen- oder alkoholabhängig war und obwohl er sich gleichwohl einer Therapie unterzogen hatte. Unter diesen Umständen liegen nämlich hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger, der nach der Scheidung von seiner Ehefrau offenbar in einer neuen Beziehung lebt, trotz der nach Ansicht seines Therapeuten erfolgreich abgeschlossenen Verhaltenstherapie auch in Zukunft nach dem Konsum von Alkohol oder Drogen wieder in eine Lage geraten kann, in der es erneut zu sexuellen Übergriffen kommt. Dies gilt umso mehr, als, wie bereits ausgeführt, derzeit seit dem sexuellen Missbrauch im Jahr 2008 noch ein kürzerer Zeitraum verstrichen ist als zwischen dieser Straftat und der Vergewaltigung im Jahre 2001. Schließlich hat sich der Kläger auch seit seiner Haftentlassung bisher nur unter therapeutischer Begleitung und staatlicher Aufsicht bewährt. Denn die Führungsaufsicht dauert auch nach Abschluss der Therapie im Februar 2015 noch bis 1. Dezember 2018 fort.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen auch nicht, soweit der Kläger geltend macht, seine Ausweisung verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

a) Dies gilt zunächst, soweit der Kläger meint, die Beklagte habe nicht zwischen Ermessenserwägungen und Verhältnismäßigkeitsprüfung unterschieden und deshalb faktisch keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt, was zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung führe.

Die Frage, ob die Ausweisung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und insbesondere verhältnismäßig im engeren Sinne ist, stellt sich im Rahmen der Frage, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind, die von den Verwaltungsgerichten nach § 114 Satz 1 VwGO in vollem Umfang zu prüfen ist. Die Gerichte dürfen sich dabei nicht auf die Überprüfung etwaiger Ausführungen der Behörde zur Verhältnismäßigkeit beschränken, sondern haben eine eigene Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Wenn die Behörde erkannt hat, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, und sie die für ihre Entscheidung maßgeblichen Ermessenserwägungen dargelegt hat, kann ein Verwaltungsakt daher auch dann verhältnismäßig sein, wenn seine Begründung Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit nicht enthält. Das Fehlen solcher Ausführungen allein macht daher die Ausweisung entgegen der Ansicht des Klägers weder unverhältnismäßig noch stellt es zwangsläufig einen Ermessensausfall dar.

Auch eine „Vermengung“ von Ermessenserwägungen und Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit führt für sich genommen nicht zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung. Ermessensfehlerhaft ist die Ausweisung in solchen Fällen vielmehr allenfalls dann, wenn die fehlende Unterscheidung zwischen Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung dazu führt, dass Ermessenserwägungen gänzlich unterbleiben oder die angestellten Erwägungen unzureichend oder unzutreffend sind.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründen auch die Ausführungen des Klägers nicht, die Beklagte habe die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK unterlassen, wobei dieser Prüfung ein derart großes Gewicht zukomme, dass allein ihr Unterbleiben die Ausweisung rechtswidrig mache. Denn es trifft schon nicht zu, dass die Beklagte eine solche Prüfung nicht vorgenommen hätte. Vielmehr führt die Beklagte in der Ausweisungsverfügung vom 26. November 2011 ausdrücklich die Kriterien auf, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Beeinträchtigungen des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen sind, prüft sie im Einzelnen und gelangt zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig sei und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel stehe (S. 5 ff. des Bescheids).

c) Schließlich stellt der Kläger auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung durch das Verwaltungsgericht nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, soweit er meint, seine privaten Interessen überwögen das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung.

Das Verwaltungsgericht hält die Ausweisung des Klägers für verhältnismäßig. Das Interesse des Klägers, weiter im Bundesgebiet zu bleiben, beruhe darauf, dass er sich während seines gesamten Lebens im Bundesgebiet aufgehalten habe, hier seine schulische und berufliche Ausbildung abgeschlossen und zum Land seiner Staatsangehörigkeit keinen annähernd gleichen Bezug habe. Insbesondere beherrsche der Kläger die deutsche Sprache einwandfrei. Sämtliche näheren Verwandten des Klägers hielten sich im Inland auf. Seit 2010 sei er auch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Seiner Ehefrau sei aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ein Verlassen des Bundesgebiets nicht zumutbar, so dass die Ehe nur im Inland geführt werden könne. Eine Ausweisung des Klägers stelle damit einen ganz erheblichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar. Demgegenüber seien aber auch die vom Kläger begangenen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung zu berücksichtigen. Der Kläger habe eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt. Die Opfer seien in schwerwiegender Weise verletzt worden. Der Kläger habe ihre Wehrlosigkeit ausgenutzt. Da diese Straftaten eine Verletzung von wesentlichen Grundinteressen der Gesellschaft darstellten, seien sie mit einem ganz erheblichen Gewicht in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellen gewesen. Unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie sowie des besonderen Schutzes des in der Bundesrepublik geborenen und verwurzelten Klägers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, sei die Kammer wegen der noch bestehenden konkreten Wiederholungsgefahr und der bei einer erneuten Straffälligkeit des Klägers betroffenen Rechtsgüter der Überzeugung, dass die Ausweisungsverfügung im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung verhältnismäßig sei. Dabei werde nicht verkannt, dass der Kläger bei einer Ausreise in die Türkei vor nicht unerhebliche Probleme gestellt werde. Er könne sich jedoch aufgrund seiner Sprachkenntnisse dort seinen Lebensunterhalt sichern. Durch die Befristung der Ausweisung auf zwei Jahre könne ein unzumutbarer Eingriff in die Rechte des Klägers vermieden werden.

Demgegenüber ist der Kläger der Ansicht, seine privaten Interessen überwögen das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung. Der Kläger sei faktischer Inländer. Er sei wirtschaftlich und kulturell tief in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt. Seine gesamte Kernfamilie befinde sich in Deutschland. Er lebe seit seiner Geburt und damit seit mehr als 35 Jahren im Bundesgebiet, verfüge über eine Berufsausbildung und sei einer fast andauernden Vollbeschäftigung nachgegangen. Er habe Rentenansprüche erworben und sei nie von Sozialleistungen abhängig gewesen. Seine prägenden Jahre habe er in Deutschland und nicht in der Türkei verbracht. Zwar wögen seine Straftaten schwer. Eine Wiederholungsgefahr bestehe jedoch nicht mehr. Jedenfalls seien die vom Kläger ausgehenden Gefahren im Hinblick auf seine Therapiebemühungen beherrschbar.

Auch dieses Vorbringen des Klägers stellt aber die Beurteilung der Ausweisung durch das Verwaltungsgericht als verhältnismäßig nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Zwar wiegt das Interesse des Klägers schwer. Der inzwischen 36 Jahre alte Kläger ist faktischer Inländer. Er ist in Deutschland geboren und hat sein gesamtes Leben in Deutschland verbracht. Seine Eltern und Geschwister leben in Deutschland. Er verfügt über einen Realschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausübung als Gas- und Wasserinstallateur. Er war, soweit er sich nicht in Haft befand, durchgehend berufstätig. Nach der letzten Haftentlassung im Dezember 2013 hat er die Fahrerlaubnis der Klasse C/CE erworben und arbeitet als Berufskraftfahrer. Auch wenn er inzwischen von seiner deutschen Ehefrau geschieden ist, liegen seine wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen ausschließlich im Bundesgebiet. Auch in kultureller Hinsicht ist der Kläger durch seinen langen Aufenthalt in Deutschland geprägt. Allerdings verbindet ihn insoweit mit der Türkei, deren Staatsangehörigkeit besitzt, dass er in einer türkischen Familie aufgewachsen ist und Türkisch spricht.

Jedoch erscheint seine Ausweisung gleichwohl nicht unangemessen. Denn auch dem der Ausweisung zugrunde liegenden Ziel, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen abzuwehren, die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt sind, kommt großes Gewicht zu. Der Kläger hat diese hochrangigen Rechtsgüter unter Kokain- und Alkoholeinfluss wiederholt gravierend verletzt, wie sich aus den Feststellungen der jeweiligen Strafurteile und den darin ausgesprochenen erheblichen Freiheitsstrafen ergibt. Trotz der inzwischen abgeschlossenen Verhaltenstherapie und der Berufstätigkeit nach der Entlassung aus der Haft, besteht, wie bereits dargelegt, entgegen der Ansicht des Klägers weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die genannten Rechtsgüter. Zwar mag sich diese Gefahr durch die nach Auffassung des Psychotherapeuten und des Bewährungshelfers erfolgreich abgeschlossene Verhaltenstherapie verringert haben. Gleichwohl besteht aber, wie ausgeführt, im Hinblick darauf, dass der Kläger bereits einmal trotz vorangegangener Therapie und Berufstätigkeit rückfällig geworden ist, eine über eine bloß entfernte Möglichkeit deutlich hinausgehende Wahrscheinlichkeit der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten.

Angesichts des hohen Ranges der Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung und der schwerwiegenden Beeinträchtigungen, die ihnen bei einem Rückfall des Klägers drohen, überwiegt aber das öffentliche Interesse an dessen Ausweisung, wenn man berücksichtigt, dass der immerhin über einen Realschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügende Kläger aufgrund seines Aufwachsens in einer türkischen Familie und seiner Sprachkenntnisse in der Lage sein müsste, mit den Lebensverhältnissen in der Türkei zurecht zu kommen und dort etwa als Kraftfahrer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Für die Zumutbarkeit einer Rückkehr in die Türkei spricht dabei schließlich auch, dass das Verwaltungsgericht die Wirkungen der Ausweisung auf lediglich zwei Jahre befristet hat, wogegen sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht gewendet hat.

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen schließlich auch nicht, soweit der Kläger geltend macht, die Ausweisung sei wegen eines Ermessensfehlgebrauchs ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte sie auf unzutreffende Tatsachen gestützt oder Tatsachen unberücksichtigt gelassen habe, die in Erwägung zu ziehen gewesen wären.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen zunächst nicht bereits deshalb, weil die Beklagte die Frage des Ermessens mit der Verhältnismäßigkeit verknüpft hätte. Denn eine solche Verknüpfung führt, wie bereits dargelegt, nicht schon für sich genommen zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung, sondern nur dann, wenn sie zur Folge hat, dass Ermessenserwägungen gänzlich unterbleiben oder die angestellten Erwägungen unzureichend oder unzutreffend sind.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch, soweit der Kläger pauschal auf Neubewertungen von persönlichen Interessen in jüngeren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verweist (vgl. EGMR, U. v. 25.3.2010 - Mutlag, Nr. 40601/05 - juris Rn. 55; U. v. 13.10.2011 - Trabelski, Nr. 41548/06 - juris Rn. 54) und geltend macht, die Beklagte habe sich demgegenüber bei ihrer Ermessensausübung auf den sechs Jahre alten Zehn-Punkte-Katalog des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützt. Denn inwieweit sich daraus die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils und der Ermessensentscheidung der Beklagten ergeben soll, ist mit diesen Ausführungen nicht schlüssig dargelegt. Vielmehr wird ohne nähere Ausführungen dazu, worin diese Neubewertungen bestehen, nicht erkennbar, in welcher Hinsicht die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen von falschen Voraussetzungen ausgegangen sein könnte.

c) Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung außer Acht gelassen hätte, dass der Kläger faktischer Inländer ist. Zwar hat die Beklagte den Kläger nicht ausdrücklich als faktischen Inländer bezeichnet. Sie ist aber davon ausgegangen, dass der Kläger als langjährig in Deutschland ansässiger Ausländer den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK genießt (S. 5 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Auch hat sie die für die Einordnung des Klägers als faktischer Inländer maßgeblichen Gesichtspunkte benannt, die das im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigende große Gewicht seines Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen. Insbesondere hat die Beklagte in ihre Ermessenserwägungen einbezogen, dass der Kläger in Deutschland geboren ist und hier die Schule besucht, einen qualifizierenden Hauptschulabschluss sowie den Realschulabschluss erworben und eine Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur erfolgreich abgeschlossen hat. Auch hat sie berücksichtigt, dass der Kläger nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung in Deutschland gearbeitet hat, wenn auch zuletzt nicht mehr in seinem erlernten Beruf, sondern als angelernter Möbelmonteur und Kraftfahrer (S. 10 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Schließlich hat die Beklagte auch in ihre Ermessenserwägungen aufgenommen, dass die Eltern und Geschwister des Klägers und seine (inzwischen geschiedene) Ehefrau in Deutschland leben (S. 12 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Damit hat sie aber alle Gesichtspunkte, die für die Einordnung des Klägers als faktischen Inländer maßgeblich sind, in ihre Ermessenserwägungen einfließen lassen.

d) Der Kläger macht darüber hinaus geltend, die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass er kein Drogenproblem mehr habe und von ihm auch keine Sexualdelikte mehr zu erwarten seien, weil er sich erfolgreich entsprechenden Therapien unterzogen habe und seit 2004 keine Drogen mehr konsumiere. Auch dieses Vorbringen begründet aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Abgesehen davon, dass der Kläger, wie sich aus dem Strafurteil vom 20. Mai 2009 ergibt, mit dem er wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, noch im Juli oder August 2008 Kokain konsumiert hat, geht, wie ausführlich dargelegt, entgegen der Ansicht des Klägers von ihm trotz der inzwischen nach Einschätzung seines Therapeuten erfolgreich abgeschlossenen Therapien auch heute noch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung und damit für ein Grundinteresse der Gesellschaft aus. Die Beklagte hat ihren Ermessenserwägungen daher zu Recht eine solche Gefahr zugrunde gelegt.

e) Ein Ermessensfehlgebrauch ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den beruflichen Werdegang des Klägers und seine Tätigkeit als Kraftfahrer abwertend und diskriminierend dargestellt habe.

Zwar hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 26. Oktober 2011 ausgeführt, dass der Kläger trotz seiner Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur nicht mehr in seinem Ausbildungsberuf gearbeitet, sondern als Hilfsarbeiter angelernte Tätigkeiten als Möbelmonteur und Transportfahrer verrichtet habe (S. 10 des Bescheids). Dass dies nicht zuträfe oder diskriminierend für den Kläger wäre und die Beklagte damit von unzutreffenden Tatsachen oder Wertungen ausgegangen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich.

Die weitere Erwägung der Beklagten, der Kläger sei in ein randständiges Milieu mit Prostituierten, Alkohol und Drogen abgeglitten (S. 10 des Bescheids vom 26. Oktober 2011), bezieht sich zum einen nicht auf die berufliche Tätigkeit des Klägers. Zum anderen entspricht sie den Feststellungen der Strafgerichte, die seinen Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung vom 5. Februar 2002 und wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vom 20. Mai 2009 zugrunde liegen.

f) Soweit der Kläger geltend macht, er könne sich aufgrund seiner Arbeitsleistungen auf den Schutz des Assoziationsratsbeschlusses EWG-Türkei Nr. 1/80 berufen und daher nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden, ist ein Ermessensfehlgebrauch ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beklagte führt ausdrücklich aus, dass der Kläger sich auf den Assoziationsratsbeschluss berufen könne und deshalb über seine Ausweisung „im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens“ zu entscheiden sei (S. 5 des Bescheids vom 26. Oktober 2011).

g) Als ermessensfehlerhaft stellt sich die Ausweisung des Klägers auch nicht deshalb dar, weil die Beklagte der Ehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen nicht den ihr nach Art. 6 GG zukommenden Stellenwert beigemessen hätte. Denn der Kläger ist inzwischen geschieden, so dass eine stärkere Gewichtung des Schutzes der Ehe zu seinen Gunsten nicht mehr in Betracht kommt.

h) Schließlich begründet auch der Einwand des Klägers, da das Ausweisungsverfahren kein zweites Strafverfahren sei, dürften ihm die begangenen Straftaten nicht mehr entgegen gehalten werden, wenn der Gesellschaft durch ihn keine Gefahren mehr drohten, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn eine Wiederholungsgefahr besteht hier, wie ausgeführt, gerade fort.

II. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht dadurch verletzt, dass es kein Sachverständigengutachten zu den Auswirkungen der Therapiestunden und zu der Frage eingeholt hat, ob die begleitende Therapie die Gefährlichkeit des Klägers bis zur Ungefährlichkeit reduziert.

Denn abgesehen davon, dass ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es wie hier von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B. v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B. v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16; B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52), erfordert insbesondere in Fällen wiederholter Straftaten die Prüfung der Frage, ob die von der Behörde angenommene Befürchtung neuer Verfehlungen tatsächlich besteht, grundsätzlich nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil sich das Gericht mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen bewegt, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 4.5.1990 - 1 B 82/89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die Prognose die Feststellung oder Bewertung von Umständen voraussetzt, für die eine dem Richter nicht zur Verfügung stehende Sachkunde erforderlich ist, wie etwa im Falle einer seelischen Erkrankung (vgl. BayVGH, B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 13.3.2009 - 1 B 20.08 - juris Rn. 6; B. v. 4.5.1990 - 1 B 82.89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Dass der Kläger an einer solchen Erkrankung leidet, wird aber weder im Zulassungsantrag behauptet noch ist es sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.