Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 27. Aug. 2018 - Vf. 10-VII-17

bei uns veröffentlicht am27.08.2018

Gericht

Bayerischer Verfassungsgerichtshof

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.

Die Popularklage betrifft die Frage, ob der Bebauungsplan „Am Stadtpark.“ Nr. 6102-78/0 (im Folgenden: Bebauungsplan) der Stadt R. vom 18. Dezember 2015 gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstößt.

1. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans erfasst ein ca. 8.870 m2 großes Areal innerhalb des Hauptortes der Stadt R., das insbesondere die Grundstücke Fl.Nrn. 662 (neu) und 662/4 umfasst. Das Plangebiet wird im Nord- und Südwesten durch den 14.700 rrP großen Stadtpark (mit Kinderspielplatz) sowie im Nordund Südosten durch (im Geltungsbereich weiterer Bebauungspläne liegende) Grundstücke mit größtenteils bestehender Bebauung begrenzt. Das Gelände im Plangebiet fällt von Süden nach Norden ab. Im südlichen Bereich weist es eine Höhe von ca. 400 m über NN, im nördlichen Plangebiet eine Höhe von ca. 395 m über NN auf. Als Art der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet fest. Hinsichtlich der Höhe der baulichen Anlagen ist bestimmt, dass Wandhöhen bis maximal 410 m über NN, Aufzugsschächte und untergeordnete technische Anlagen bis maximal 412 m über NN zulässig sind. In der Mitte des Plangebiets ist auf den ca. 7.853 mP umfassenden Grundstücken Fl.Nrn. 662 und 662/4 durch Baugrenzen ein einzelner großer Bauraum mit einer Länge von bis zu 84 m und einer Breite von bis zu 57 m ausgewiesen. Hinsichtlich der Abstandsflächen ist für den Bereich innerhalb der im Bebauungsplan enthaltenen Baugrenzen eine Tiefe von 0,4 H, mindestens 3 m, festgesetzt; außerdem wurden für diesen Bereich Außenwände zugelassen, vor denen die Abstandsflächen auf 0,4 H, mindestens 3 m, verkürzt sind. Maßgebend für die Ermittlung der Abstandsflächen soll nach den Festsetzungen die neu gestaltete Geländeoberfläche sein. Zur Gestaltung des Geländes legt der Bebauungsplan fest, dass Abgrabungen von maximal 2,5 m sowie Aufschüttungen von maximal 1,8 m ab Oberkante Urgelände zugelassen werden. Im Norden des Plangebiets ist eine nach Nordosten in die S. Straße (Kreisstraße) führende öffentliche Stichstraße mit Wendekreis festgesetzt.

2. Am 30. April 2015 beschloss der Stadtrat die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren. In seiner Sitzung vom 23. Juni 2015 beschloss der Stadtrat eine erste Entwurfsfassung, die nach Bekanntmachung vom 2. Juli 2015 in der Zeit vom 13. Juli bis 12. August 2015 öffentlich ausgelegt wurde. Gleichzeitig erfolgte die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Nachdem der Stadtrat in seiner Sitzung vom 19. Oktober 2015 einen zweiten Planentwurf gebilligt hatte, wurde dieser nach Bekanntmachung vom 2. November 2015 in der Zeit vom 10. November bis 10. Dezember 2015 erneut öffentlich ausgelegt. In der Sitzung vom 17. Dezember 2015 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan als Satzung. Am 18. Dezember 2015 fertigte der erste Bürgermeister die Originalurkunde aus. Am 4. Februar 2016 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung.

II.

Mit seiner am 14. Juni 2017 erhobenen Popularklage rügt der Antragsteller, der Bebauungsplan verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), das Rechtsstaatsprinzip (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) und das Recht auf Naturgenuss (Art. 141 BV).

1. Der Popularklage fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn das Vorhaben bereits vollständig fertiggestellt sei, sei die Baugenehmigung im Hinblick auf eine noch anhängige Klage einer Nachbarin nicht rechtskräftig und könne unter den erleichterten Voraussetzungen des Art. 50 BayVwVfG zurückgenommen werden. Außerdem bestehe Wiederholungsgefahr, da die Stadt R., wie sich auch am Beispiel des Bebauungsplans „Kerschergarten“ zeige, beständig weiterhin einzelne Grundstücke mit eigenen Bebauungsplänen entsprechend den Vorstellungen des Bauherrn überplane, anstatt mit durchgängigen Konzepten dem Planungsgedanken des § 1 BauGB Rechnung zu tragen. Aufgrund der erheblichen Diskussion in der Öffentlichkeit bestehe ein Interesse an der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs; diese diene auch dem Rechtsfrieden.

2. Die Popularklage sei auch begründet.

a) Das Recht auf Naturgenuss (Art. 141 BV) sei verletzt, weil in unmittelbarer Nähe zum Stadtpark sowie zu einem Biotop eine sehr umfangreiche Bebauung unter Reduzierung der Abstandsflächen auf ein Minimum als massive Nachverdichtung zugelassen werde. Dadurch sei die Nutzbarkeit des Stadtparks nur noch sehr eingeschränkt möglich. Durch die sehr hohe, auf erhabener Geländeposition gelegene Bebauung herrsche im Stadtpark sowie im Biotop eine bedrückende Grundstimmung und die dortige Natur könne bei einem Parkbesuch nicht mehr genossen werden; Gleiches gelte für das bebaute Grundstück selbst.

b) Die Planung sei nur vorgenommen worden, weil der maßgebliche Gesellschafter der Bauherrin es gewünscht habe und dieser der örtlich größte Arbeitgeber sowie ein enger Freund des ersten Bürgermeisters der Stadt sei. Dies verstoße gegen das Rechtsstaatsgebot, da das bundesrechtliche Erforderlichkeitsprinzip aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verletzt worden sei. Die willkürliche Gefälligkeitsplanung zeige sich vor allem in der Abstandsflächenverkürzung auf 0,4 H.

c) Die auf Art. 6 Abs. 7 BayBO gestützte Abstandsflächenverkürzung (sog. Experimentierklausel) verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), und zwar nicht nur unter Willkürgesichtspunkten, sondern auch in Bezug auf eine konkrete Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

Die Begründung des Bebauungsplans rechtfertige diese Festsetzung mit dem Wunsch der Stadt nach einer starken Nachverdichtung. Diese Begründung sei aber nur vorgeschoben und nachträglich von der das Bebauungsplanverfahren begleitenden Anwaltskanzlei eingefügt worden, die zunächst die Stadt und bei einer späteren Nachbarklage gegen die erteilte Baugenehmigung auch die Bauherrin vertreten habe. Grund für die Festsetzung sei die Planung der Bauherrin gewesen, deren Umsetzung man habe ermöglichen wollen. Es verstoße - zumal in einer Kleinstadt wie R. - gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Rechtsstaatsprinzip, eine starke Nachverdichtung zur Schaffung von Wohnraum singulär auf ein einzelnes Grundstück zu konzentrieren, also nur diese Fläche anders zu behandeln als alle anderen Grundstücke. So sei etwa bei dem später erlassenen Bebauungsplan „Kerschergarten“, für den als Grund ebenfalls eine Nachverdichtung angegeben worden sei, keine Verkürzung der Abstandsflächen erfolgt.

Die Verfassungswidrigkeit ergebe sich insbesondere aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2008 Az. 22 B 07.143. Im Hinblick auf die sog. Experimentierklausel werde dort festgestellt, dass die Ausübung des normgeberischen Ermessens Einschränkungen durch höherrangiges Recht unterliege, die umso schwerer zu überwinden seien, je kleiner der Teil des Gemeindegebiets sei, auf den sich die Abstandsflächensatzung erstrecke. Auch wenn die Festsetzung gegebenenfalls auf eine andere Rechtsgrundlage hätte gestützt werden können, habe sich die Stadt für eine Abstandsflächenverkürzung gemäß Art. 6 Abs. 7 BayBO entschieden, sodass zu prüfen sei, ob diese von ihr gewählte Art und Weise verfassungsgemäß sei. Im Übrigen sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs verallgemeinerungsfähig, weil sie untersage, gleich liegende Sachverhalte ungleich zu behandeln.

Die Abstandsflächen dienten der Schaffung und der Erhaltung gesunder Wohnund Arbeitsverhältnisse, sodass auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV) verletzt sei. Durch die Art der Bebauung entstehe in der unmittelbaren Nachbarschaft und bei den Bewohnern eine deprimierende, bedrückende Grundstimmung, die letztlich krankmachend sei.

§ 215 Abs. 1 BauGB sei insoweit schon deshalb nicht einschlägig, weil die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als höherrangiges Recht keinen Fehler des Abwägungsvorgangs darstelle.

III.

1. Der Bayerische Landtag hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

2. Die Bayerische Staatsregierung hat von einer Äußerung abgesehen.

3. Die Stadt R. hält die Popularklage für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

a) Der Popularklage dürfte das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil die nach dem Bebauungsplan zulässige Bebauung bereits vollumfassend umgesetzt und die dort entstandenen Wohnungen nahezu alle bewohnt seien. Die noch anhängige Klage einer Nachbarin sei angesichts der bisherigen - im fachgerichtlichen Eilverfahren ergangenen - Entscheidungen ohne Aussicht auf Erfolg. Im Übrigen rüge der Antragsteller Abwägungsfehler, ohne diese hinreichend zu substanziieren.

b) Jedenfalls lägen die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vor; diese seien im Hinblick darauf, dass der Antragsteller die Mängel nicht binnen Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 BauGB gegenüber der Stadt gerügt habe, ohnehin unbeachtlich.

aa) Eine Verletzung des Rechts auf Naturgenuss (Art. 141 BV) sei abwegig. Der Bebauungsplan greife weder in das Biotop noch in den Stadtpark ein, da diese Flächen außerhalb des Plangebiets lägen. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit sie beeinträchtigt sein könnten. Der Schutz einer bestimmten Grundstimmungslage sei kein verfassungsrechtlich geschütztes Gut.

bb) Der Vortrag zu einer angeblichen Gefälligkeitsplanung gehe ins Leere. In der Begründung zum Bebauungsplan sei die städtebauliche Motivation, durch innerörtliche Nachverdichtung Wohnraum zu schaffen, umfassend dargelegt. Im Übrigen gebe es für die Annahme einer Gefälligkeitsplanung extrem hohe Hürden, wie auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 18. Februar 2016 Vf. 5-VII-14 zeige.

cc) Die speziell gerügte Festsetzung einer Abstandsflächenverkürzung führe ebenfalls zu keiner Verfassungsrechtsverletzung. Die Verkürzung sei nur innerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen angeordnet und betreffe nicht die Nachbargrundstücke. Selbst wenn Art. 6 Abs. 7 BayBO nicht einschlägig sei, könne sie jedenfalls auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB gestützt werden. Die Kommunen könnten im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts Bebauungspläne aufstellen und entscheiden, welche Festsetzungen sie nach ihrem städtebaulichen Willen vornehmen wollten. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung zwischen verschiedenen Bebauungsplänen bestehe nicht. In verdichteten Innenstadtlagen, wie z. B. in München, sei es üblich, auf die Einhaltung der Abstandsflächen zu verzichten; auch bei kleineren Städten sei dies möglich, wobei es sich hier nicht um einen Abstandsflächenverzicht, sondern lediglich um eine Reduzierung von Abstandsflächen handle. Der Antragsteller erläutere schon nicht, wer ungleich behandelt werde. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2008 sei nicht einschlägig, da es vorliegend gerade nicht um eine Verkürzung von Abstandsflächen zu den Nachbarn gehe. Zwar verfolge der Bebauungsplan „Kerschergarten“ ebenfalls das Konzept der städtebaulichen Nachverdichtung und schaffe dringend benötigten Wohnraum in zentraler Innenstadtlage; allerdings gebe es dort eine andere planerische Konzeption, sodass die Abstandsflächen nicht verkürzt worden seien. Die Stadt habe im angegriffenen Bebauungsplan nur ein Instrument genutzt, das ihr das Planungsrecht einräume.

IV.

Die Popularklage ist unzulässig.

1. Ein Bebauungsplan, der von einer Gemeinde als Satzung beschlossen ist, kann sowohl insgesamt als auch hinsichtlich einzelner Festsetzungen Gegenstand einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.10.2014 VerfGHE 67, 274 Rn. 24; vom 13.5.2015 VerfGHE 68, 93 Rn. 34; vom 21.3.2016 BayVBl 2016, 743 Rn. 23).

2. Dem Antragsteller fehlt - trotz Fertigstellung des Vorhabens - für die Popularklage nicht das Rechtsschutzinteresse.

Davon könnte allenfalls ausgegangen werden, wenn die für das Vorhaben erteilte Baugenehmigung bereits bestandskräftig wäre. Die Popularklage dient dem Schutz der Grundrechte gegenüber Rechtsvorschriften, von denen noch rechtliche Wirkungen ausgehen können, nicht dagegen der nachträglichen Beseitigung bestandskräftiger Entscheidungen, die im Vollzug solcher Rechtsvorschriften ergangen sind (VerfGH vom 29.4.1993 VerfGHE 46, 137/139 f.; VerfGHE 67, 274 Rn. 30). Das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Frage, welche Rechtsfolgen sich aus der Nichtigerklärung einer Rechtsvorschrift für darauf beruhende, rechtskräftig gewordene und vollzogene Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen ergeben. Eine entsprechende Anwendung des § 79 BVerfGG, hier des Absatzes 2 Satz 1 dieser Vorschrift, liegt aber nahe (vgl. VerfGHE 46, 137/140 m. w. N.). Danach bleiben die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Dies kann Auswirkungen auf die Zulässigkeit einer Popularklage haben. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof verneint das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gemäß § 47 VwGO gegen einen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplan, wenn das Vorhaben aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung bereits verwirklicht worden ist (BayVGH vom 1.6.2015 BayVBl 2015, 864 Rn. 26).

Vorliegend sind die Baumaßnahmen für das Vorhaben zwar abgeschlossen, die erteilte Baugenehmigung ist aber aufgrund einer anhängigen Nachbarklage noch nicht bestandskräftig. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller durch die angestrebte Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans dessen Vollzug noch verhindern kann, soweit die geltend gemachten Mängel nicht bereits nach den Vorschriften der §§ 214, 215 BauGB unbeachtlich sind (vgl. VerfGHE 67, 274 Rn. 30 m. w. N.).

3. Den Darlegungen des Antragstellers ist jedoch nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, weshalb der Bebauungsplan gegen ein durch die Bayerische Verfassung gewährleistetes Grundrecht verstoßen soll.

Nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG gehört zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, dass die angegriffene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Verfassungsgerichtshof muss anhand von substanziiert bezeichneten Tatsachen und Vorgängen beurteilen können, ob der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen. Ist die geltend gemachte Verletzung einer Grundrechtsnorm nach Sachlage von vornherein ausgeschlossen, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird, ist die Popularklage unzulässig. Auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellende Darlegungen eines Antragstellers sind besonders bei solchen Normen von Bedeutung, die - wie hier ein Bebauungsplan - keine abstraktgenerellen Rechtsvorschriften im klassischen Sinn sind, sondern konkretindividuelle Elemente enthalten (vgl. VerfGH vom 4.5.2012 VerfGHE 65, 73/81 m. w. N.; VerfGH BayVBl 2016, 743 Rn. 25). Danach fehlt es hier an einer substanziierten Grundrechtsrüge.

a) Auf einen schwerwiegenden und krassen Verstoß der landesrechtlichen Norm gegen Bundesrecht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips kann sich der Antragsteller von vornherein nicht berufen. Denn Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verbürgt kein Grundrecht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 6.8.2010 VerfGHE 63, 128/130).

b) Mit seiner Rüge, die angegriffene Satzung verletze den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV), hat der Antragsteller nicht in hinreichend substanziierter Weise eine Grundrechtsverletzung dargelegt.

Der Gleichheitssatz verbietet in seinem klassischen Gehalt, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verlangt keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.7.1995 VerfGHE 48, 109/114; vom 28.4.2015 VerfGHE 68, 80 Rn. 25; vom 28.9.2016 NVwZ-RR 2016, 962 Rn. 54).

Davon zu unterscheiden ist das im Gleichheitssatz enthaltene allgemeine Willkürverbot, das der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit auch dort dient, wo es nicht um die Beurteilung konkreter Vergleichspaare oder die ausnahmslose Einhaltung eines einheitlichen Regelungssystems geht. Willkürlich in diesem Sinn sind Normen, wenn die äußersten Grenzen des normgeberischen Ermessens überschritten sind, für die getroffene Regelung also jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt (vgl. VerfGH vom 23.10.2008 VerfGHE 61, 248/257; vom 13.9.2012 VerfGHE 65, 152/160; vom 17.7.2017 - Vf. 9-VII-15 - juris Rn. 51; vom 19.3.2018 - Vf. 4-VII-16 - juris Rn. 42). Mit der Popularklage kann unter Berufung auf das Willkürverbot demnach geltend gemacht werden, eine Norm sei von einem solchen Maß an Sachwidrigkeit geprägt, dass ihr die Geltung abgesprochen werden muss (vgl. VerfGH vom 14.2.1995 VerfGHE 48, 17/22 f.; VerfGHE 65, 152/160 f.).

Ein Bebauungsplan kann nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gegen das allgemeine Willkürverbot des Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen, wenn etwa eine Gemeinde offensichtlich den Grundsatz der Erforderlichkeit der Bauleitplanung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verletzt oder bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB die sich aus Art. 141 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 BV ergebenden Verpflichtungen in krasser Weise verkennt (vgl. VerfGH vom 17.3.2011 VerfGHE 64, 20/30; vom 18.2.2016 BayVBl 2017, 153 Rn. 94; VerfGH BayVBl 2016, 743 Rn. 28).

Dass ein solcher Verstoß gegen den Gleichheitssatz in seinem klassischen Gehalt oder das darin enthaltene allgemeine Willkürverbot hier gegeben sein könnte, legt der Antragsteller nicht in ausreichend substanziierter Weise dar.

aa) Die bloße Rechtsbehauptung des Antragstellers, der Gleichheitssatz sei verletzt, weil eine Gleichbehandlung von Bebauungsplangebieten hinsichtlich der Festsetzung einer Verkürzung von Abstandsflächen unterblieben sei, genügt danach nicht, um einen möglichen Grundrechtsverstoß darzulegen.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt es in der freien Entscheidung einer Gemeinde, ob sie für eine bestimmte Fläche in ihrem Gemeindegebiet einen Bebauungsplan aufstellt oder nicht (VerfGH BayVBl 2017, 153 Rn. 40; vgl. auch BVerwG vom 20.11.1995 DVBl 1996, 264). Weiter ist anerkannt, dass ein Bebauungsplan, der ein Planungsziel verfolgt, das den vor allem in § 1 BauGB niedergelegten Zwecken der Bauleitplanung gerecht wird, auch auf ein einzelnes Grundstück bzw. wenige Grundstücke beschränkt werden kann (vgl. BVerwG DVBl 1996, 264 m. w. N.). Vorliegend will die Stadt nach der Planbegründung (S. 4) dem öffentlichen Belang der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) Rechnung tragen. Dabei ist das Planungsermessen insbesondere durch den Grundsatz der Erforderlichkeit eingeschränkt. Was im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele sich eine Gemeinde hierbei setzt, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen (VerfGH BayVBl 2017, 153 Rn. 40). Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG vom 10.9.2015 BVerwGE 153, 16 Rn. 11). Auch einzelne Festsetzungen - wie etwa nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB zulässige, vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen - müssen im planungsrechtlichen Sinn erforderlich sein (§ 9 Abs. 1, § 1 Abs. 3 BauGB). Ob eine bestimmte Festsetzung erforderlich ist, richtet sich ebenfalls nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, die gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist (BVerwG vom 16.12.1988 DVBl 1989, 369 m. w. N.).

Da die Gemeinde selbst die städtebauliche Konzeption für das jeweilige Bebauungsplangebiet nach ihrem planerischen Ermessen entsprechend ihren Ordnungsvorstellungen bestimmt, ist nicht ersichtlich, inwieweit hiernach ein Anspruch auf Gleichbehandlung verschiedener Bebauungsplangebiete bestehen könnte. Dies gilt auch in Bezug auf das Bebauungsplangebiet „Kerschergarten“. Selbst wenn die Stadt dort ebenfalls als Ziel eine Nachverdichtung verfolgt, bedeutet dies nicht, dass dem dieselbe städtebauliche Konzeption zugrunde liegen muss. Der Hinweis des Antragstellers auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2008 (VGH n. F. 62, 177), das eine nur für eine relativ kleine Fläche (Betriebsgelände im Außenbereich) erlassene Abstandsflächensatzung nach Art. 6 Abs. 7 BayBO zum Gegenstand hatte, geht in diesem Zusammenhang schon deshalb fehl, weil sich die gesetzlichen Vorgaben für Bebauungspläne einerseits und Abstandsflächensatzungen andererseits auf unterschiedliche Regelungsbereiche beziehen. Im Übrigen betreffen die Aussagen des Verwaltungsgerichtshofs zum Gleichheitssatz nicht die Beziehung verschiedener Satzungsgebiete zueinander, sondern das Verhältnis der Eigentümer innerhalb des Satzungsgebiets zu denen außerhalb dieses Gebiets.

bb) Auch bezogen auf den angegriffenen Bebauungsplan selbst und dessen Umgebung wird ein möglicher Gleichheitsverstoß nicht aufgezeigt. Der Antragsteller hätte zumindest erläutern müssen, inwieweit gleich liegende Sachverhalte gegeben sind, die es im Hinblick auf den Gleichheitssatz möglicherweise erfordert hätten, eine solche Abstandsflächenverkürzung zu unterlassen.

Zwar ist höchstrichterlich geklärt, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung auch bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zur Geltung kommt und in der gemeindlichen Bauleitplanung zu beachten ist (BVerfG vom 12.1.1967 BVerfGE 21, 73/82 ff.). Die Eigentumsgarantie gebietet, dass die privaten Belange der betroffenen Grundeigentümer nicht ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt werden dürfen (vgl. BVerwG vom 4.1.2007 BauR 2007, 667 Rn. 6). Allerdings erschließt sich aus den Darlegungen des Antragstellers nicht, welche Grundeigentümer vorliegend durch die Festsetzung der Abstandsflächenverkürzung (negativ) betroffen sein könnten.

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2008 (VGH n. F. 62, 177) eine Ungleichbehandlung behauptet, ist dies auch im vorliegenden Zusammenhang nicht plausibel. Nach dieser Rechtsprechung haben Abstandsflächensatzungen nach Art. 6 Abs. 7 BayBO das Gleichheitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten; es ist nur ausnahmsweise in einer besonderen örtlichen Situation gerechtfertigt, die Regelung nach Art. 6 Abs. 7 BayBO auf eine kleine Fläche zu beschränken. Diese Rechtsprechung ist auf die vorliegende Fallgestaltung schon deshalb nicht übertragbar, weil sie eine Verkürzung der Abstandsflächen in einem kleinen Teil des Gemeindegebiets gegenüber den Nachbarn außerhalb des Satzungsgebiets betraf; diese Nachbarn wurden bezüglich der abstandsrechtlichen Zielsetzungen - somit auch hinsichtlich ihrer eigentumsrechtlichen Position - zugunsten einer besseren Ausnutzbarkeit der Grundstücke im Satzungsbereich schlechter gestellt (BayVGH VGH n. F. 62, 177 Rn. 25 f.). Um eine Schlechterstellung der Nachbarn außerhalb des Plangebiets geht es aber vorliegend nicht, da diesen gegenüber die Abstandsflächen nicht verkürzt werden. Unschädlich ist dabei, dass sich die Stadt in Nr. 1.2 der Satzung und in der dazugehörigen Begründung (S. 15) zu Unrecht auf die Bestimmung des Art. 6 Abs. 7 BayBO bezogen hat. Dies führt nicht dazu, dass bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Festsetzung nur diese Bestimmung als Rechtsgrundlage zu prüfen wäre. Vielmehr ist maßgeblich darauf abzustellen, ob es tatsächlich eine einschlägige Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer Abstandsflächenverkürzung gibt; diesbezüglich kommt § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB in Betracht, was letztlich auch der Antragsteller nicht infrage stellt.

Der Antragsteller legt auch im Übrigen nicht dar, inwieweit die Eigentümer außerhalb des Plangebiets, deren Grundstücke zudem wesentlich kleiner sind als insbesondere das Baugrundstück Fl.Nr. 662, planungsrechtlich einen Anspruch auf „Gleichbehandlung“ in Bezug auf die Festsetzung einer Abstandsflächenverkürzung im angegriffenen Bebauungsplan haben könnten (vgl. hierzu auch HessVGH vom 20.4.2017 - 3 C 725/14.N - juris Rn. 28).

cc) Ebenso wenig zeigt der Antragsteller mit seinen Ausführungen zum Vorliegen einer „willkürlichen Gefälligkeitsplanung“ die Möglichkeit einer Verletzung des im Gleichheitssatz enthaltenen allgemeinen Willkürverbots auf. Hierzu hätte er in Auseinandersetzung mit den Überlegungen des Satzungsgebers im Einzelnen darlegen müssen, dass dieser offensichtlich den Grundsatz der Erforderlichkeit der Bauleitplanung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verletzt habe, was nicht geschehen ist.

Der Vortrag des Antragstellers erschöpft sich letztlich in der wiederkehrenden Behauptung, die Begründung des Bebauungsplans, die die Festsetzungen, insbesondere die Abstandsflächenverkürzung, mit dem Wunsch der Stadt nach einer starken Nachverdichtung im Innenstadtbereich rechtfertige, sei nur vorgeschoben und nachträglich von der das Bebauungsplanverfahren begleitenden Anwaltskanzlei eingefügt worden. Eigentlicher Grund für die Festsetzung einer Abstandsflächenverkürzung sei die Planung der Bauherrin gewesen, deren Umsetzung man insbesondere im Hinblick auf freundschaftliche Beziehungen zum ersten Bürgermeister habe ermöglichen wollen.

Aus dieser bloßen Behauptung ergibt sich keine Auseinandersetzung des Antragstellers mit der Argumentation der Stadt. Nach seiner Begründung (S. 3 f.) dient der Bebauungsplan der Innenentwicklung und Nachverdichtung, vor allem zur Schaffung von Wohnraum, und damit vordringlich der Deckung des dringenden örtlichen Wohnbedarfs (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB). Da im Stadtgebiet nur noch sehr eingeschränkt Bauflächen vorhanden seien, werde eine möglichst flächensparende Siedlungsform gewählt (S. 6 der Begründung). Die Stadt wolle eine massive Nachverdichtung mit Gebäuden von mehr als 10 m Wandhöhe zulassen; um Rücksicht auf die Nachbarbebauung zu nehmen, gegenüber der die vollen Abstandsflächen eingehalten werden sollten, werde eine abweichende Abstandsfläche von 0,4 H, mindestens 3 m, im Bereich innerhalb der Baugrenzen festgesetzt (S. 15 der Begründung). Dies sei erforderlich, um innerhalb der Baugrenzen die gewünschte massive Nachverdichtung zu erreichen und so den Anforderungen einer ökonomischen Flächennutzung sowie eines flächensparenden Bauens Rechnung zu tragen (S. 16 der Begründung).

Der Antragsteller setzt sich auch nicht mit der weiteren Argumentation in der Begründung des Bebauungsplans (S. 5) auseinander, wonach das Planungsgebiet Teil des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) der Stadt R. vom 31. Juli 2014 sei. Wegen der ansteigenden Bevölkerungs- und Arbeitsplatzzahlen sei darin u. a. für den vom Bebauungsplan betroffenen Bereich die Entwicklung von Baulandflächen und Nachverdichtung vorgesehen. Nach einer Bevölkerungsprognose des Bayerischen Landesamts für Statistik aus dem Jahr 2014 sei in der Stadt bis zum Jahr 2020 mit einem weiteren Wachstum um ca. 0,8% zu rechnen. Hinzu komme, dass zahlreiche Arbeitnehmer mit dem Auto in die Stadt pendelten und auch für diese Wohnraum geschaffen werden solle, der gegebenenfalls nur unter der Woche zum Aufenthalt genutzt werde.

Bereits im Hinblick auf die Zielsetzung des aus dem Jahr 2014 stammenden städtebaulichen Entwicklungskonzepts entbehrt der Vorwurf, die Begründung der Stadt sei nur vorgeschoben, einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Dies gilt demgemäß auch für die Behauptung, es handle sich um eine bloße Gefälligkeitsplanung, also eine Planung, die ohne sonstige städtebauliche Rechtfertigung nur den privaten Interessen Einzelner dient (vgl. BVerwG vom 30.12.2009 ZfBR 2010, 272/273). Selbst wenn die Behauptung des Antragstellers zuträfe, dass der Bebauungsplan erlassen wurde, um einen bestimmten Grundstückseigentümer zu begünstigen, läge darin noch nicht ohne Weiteres ein Verstoß gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit. Eine Planung darf privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein, solange sie zumindest auch durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen ist (vgl. VerfGHE 65, 73/83 f.; VerfGH BayVBl 2017, 153 Rn. 43; BVerwG ZfBR 2010, 272/273 f.; OVG NW vom 13.6.2013 - 2 D 124/12.NE - juris Rn. 44; OVG SH vom 17.7.2014 - 1 KN 3/14 -juris Rn. 48; OVG RhPf vom 6.5.2015 - 8 C 10974/14 - juris Rn. 21). Auch muss sie nicht grundstückswertneutral sein (vgl. OVG Berlin-Bbg vom 13.6.2013 - 2 A 5.11 - juris Rn. 29; vom 4.12.2009 - 2 A 23.08 - juris Rn. 31). Die Grenzen der unzulässigen Gefälligkeitsplanung sind erst dann überschritten, wenn die Planung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen (vgl. OVG NW vom 12.2.2014 BauR 2014, 2042/2046). Dafür ergeben sich aus dem Vortrag des Antragstellers keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die Planung der Stadt einschließlich der Festsetzung der Verkürzung der Abstandsflächen ist jedenfalls auch an den genannten städtebaulichen Zielen ausgerichtet.

c) Auch hinsichtlich der Rüge, der Bebauungsplan verletze das nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV garantierte Grundrecht auf Naturgenuss, fehlt es an der hinreichenden Darlegung einer Grundrechtsverletzung.

Das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers zeigt nicht auf, inwieweit durch die Planung der Schutzbereich dieser Verfassungsbestimmung berührt sein könnte. Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV garantiert ein Grundrecht auf Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur. Die Verfassungsnorm ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dahingehend zu verstehen, dass nur der Genuss der vorhandenen Naturschönheiten und die Erholung in der vorhandenen freien Natur gestattet werden, und zwar durch die beispielhaft aufgeführten Tätigkeiten, wie z. B. das Betreten von Wald und Bergweide (VerfGH vom 27.10.1976 VerfGHE 29, 181/186; VerfGHE 65, 73/87; vom 3.12.2013 VerfGHE 66, 187/199). Die Bestimmung gewährt dem Einzelnen aber keinen grundrechtlichen Anspruch auf unveränderten Fortbestand der freien Natur und kein Abwehrrecht gegen hoheitliche Maßnahmen mit naturverändernder Wirkung (VerfGH vom 23.8.1985 VerfGHE 38, 112/117; vom 21.2.1986 VerfGHE 39, 17/23; VerfGHE 65, 152/169; vom 27.9.2013 VerfGHE 66, 160/177). Eine solche Maßnahme stellt auch der angegriffene Bebauungsplan dar. Ob eine andere Auslegung des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV geboten wäre, wenn die öffentliche Hand den Verfassungsauftrag des Art. 141 Abs. 1 und 2 BV durch eine Planung in einer Weise vernachlässigt, die den Kernbereich des Grundrechts auf Naturgenuss treffen würde (VerfGHE 66, 160/177 f. m. w. N.), kann der Verfassungsgerichtshof weiterhin offenlassen, weil das hier nicht der Fall ist. Der Bebauungsplan lässt den bestehenden Stadtpark mit Biotop unberührt und überplant nur eine relativ kleine, innerhalb des Stadtzentrums gelegene Freifläche, die zudem in weiten Teilen einzugrünen ist.

d) Soweit der Antragsteller darauf hinweist, durch die Abstandsflächenverkürzung sei auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 100 i. V. m. Art. 101 BV) verletzt, fehlt es bereits an substanziiert bezeichneten Tatsachen, anhand derer beurteilt werden könnte, ob eine von ihm behauptete „deprimierende bedrückende Grundstimmung in der unmittelbaren Nachbarschaft und bei den Bewohnern“ den Schutzbereich dieser Grundrechtsnorm berühren kann.

Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).

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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 27. Aug. 2018 - Vf. 10-VII-17 zitiert 9 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baugesetzbuch - BBauG | § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen; ergänzendes Verfahren


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn1.entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Bela

Baugesetzbuch - BBauG | § 215 Frist für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften


(1) Unbeachtlich werden 1. eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,2. eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 79


(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erkl

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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 27. Aug. 2018 - Vf. 10-VII-17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Mai 2015 - 8 C 10974/14

bei uns veröffentlicht am 06.05.2015

Diese Entscheidung wird zitiert Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 17. Juli 2014 - 1 KN 3/14

bei uns veröffentlicht am 17.07.2014

Tenor Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Antragstellern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheits

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Antragstellern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich gegen die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 35 der Antragsgegnerin für die Ortschaft O.. Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks … (Flurstücke … und … der Flur … Gemarkung …). Auf dem nördlich angrenzenden Nachbargrundstück … bis … befindet sich das Hotel „…“, auf dem südlich angrenzenden Nachbargrundstück … befindet sich ein als „kleiner Beherbergungsbetrieb“ errichtetes Gebäude. Zur Zeit der Errichtung befand sich dieses Grundstück im Eigentum der Eheleute …, die auch Miteigentümer des Hotels „…“ waren. Im Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin sind die Bauflächen am … Weg als Wohnbauflächen dargestellt.

2

Das Baugebiet am … Weg war in einem Bebauungsplan aus dem Jahr 1975 als „Allgemeines Wohngebiet“ (WA) ausgewiesen; einzelne Häuser waren szt. schon errichtet; weitere Grundstücke wurden bis zur Neuüberplanung (1999) bebaut. Im Bebauungsplans Nr. 35 - Stand 30.03.1999 - ist der Bereich als „Reines Wohngebiet“ (WR) festgesetzt worden, in dem „kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes“ ausnahmsweise zulässig waren (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO).

3

Die tatsächliche Bebauung bzw. bauliche Nutzung der insgesamt 46 angrenzenden Grundstücke („Baufenster“) am … Weg (und an der davon abzweigenden Sackgasse „Am Golfplatz“) hat sich dergestalt entwickelt, dass neun Grundstücke für Ferienwohnungen bzw. –appartements (z. T. mit mehreren Ferienwohnungen bzw. mit weiteren gewerblichen Angeboten [Tauchschule, Catering-Service, Golf-Touristik-Beratung, Werbe-/Medienagentur, Unternehmensberatung]), fünf Grundstücke als Hotel- bzw. Beherbergungsbetrieb (darunter das Hotel „Golfresidenz“ [vormals Jugendheim] mit Ferienappartements und gewerblichen Zusatzangeboten [Restaurant, Golfschule, Clubhaus u. a.] und das Hotel „Freesenholm“ [mit Restaurant] und drei Grundstücke mit gewerblichen Angeboten (Kosmetik-/Wellness-Studio, landtechnisches Lohnunternehmen, Sprachreisen) genutzt werden. Die Nutzungen als Ferienwohnung bzw. zu gewerblichen Zwecken sind in neun Fällen nicht genehmigt, in den übrigen Fällen liegt eine Genehmigung vor.

4

Im Zusammenhang mit Plänen des Betreibers des Hotels „…“ zu einer baulichen Erweiterung des Hotels leitete die Antragsgegnerin im Jahre 2004 ein Verfahren zur 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 35 ein, um für das Hotelgrundstück eine Änderung der Gebietsqualität von einem reinen zu einem allgemeinen Wohngebiet (WA) zu erreichen. Nach Einwänden der Antragsteller gegen diese Planung wurde das Änderungsverfahren nicht fortgeführt.

5

Am 01. September 2005 genehmigte die Kreisbaubehörde auf dem Grundstück … den Neubau eines „kleinen Beherbergungsbetriebes mit 20 Betten“. Nach einem erfolgreichen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die Baugenehmigung verzichtete der Bauherr Anfang 2006 auf die Baugenehmigung. Zugleich wurde von der Tante des Bauherrn ein erneuter Bauantrag gestellt; das Kreisbauamt erteilte dazu unter dem 14. März 2006 eine Baugenehmigung. Der dagegen gerichtete Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Antragsteller hatte in der Beschwerdeinstanz Erfolg (Beschl. d. Senats v. 26.07.2007, 1 MB 15/07). Nachdem der Bauausschuss der Antragsgegnerin die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 35 erneut abgelehnt hatte, verzichtete die Antragstellerin auf die erteilte Baugenehmigung.

6

Eine (dritte) Baugenehmigung zum Neubau eines kleinen Beherbergungsbetriebes erteilte das Kreisbauamt am 11. März 2008 auf den Antrag einer Schwester des Herrn … . Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller hiergegen hatte in erster und zweiter Instanz Erfolg (Beschl. s. Senats v. 24.07.2008, 1 MB 11/08).

7

Das Kreisbauamt erließ anschließend - am 31. Juli 2008 - eine Nutzungsuntersagungsverfügung, gegen die verwaltungsgerichtlicher Eilrechtsschutz erfolglos blieb.

8

Am 26. Juni 2008 fasste die Antragsgegnerin in der Sitzung ihres Bauausschusses einen Aufstellungsbeschluss zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 35, um „das bisherige reine Wohngebiet (WR) in ein allgemeines Wohngebiet (WA)“ umzuwandeln und „durch planungsrechtliche Festsetzungen das vorhandene touristische Unterkunftsangebot zu sichern und Möglichkeiten zur qualitativen und zielgruppengerechten Aufwertung des Angebots zu schaffen“. Das Aufstellungsverfahren wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB durchgeführt.

9

Nach der öffentlichen Auslegung des Planentwurfes gaben die Antragsteller dazu am 16. Oktober 2008 eine Stellungnahme ab. Die Gemeindevertretung beschloss am 25. Juni 2009 die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 35 als Satzung. Anfang Oktober 2009 wurde der Änderungsbebauungsplan amtlich bekannt gemacht.

10

Der Bebauungsplan setzt für die am … Weg gelegenen Grundstücke ein „Allgemeines Wohngebiet“ fest. Das Maß der baulichen Nutzung wird geringfügig angehoben (von 0,15 GRZ auf 0,2 GRZ). Die festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen berücksichtigen den Bestand und lassen in Einzelfällen begrenzte Erweiterungen zu. Nach Nr. 1.1 der textlichen Festsetzung sind in den „festgesetzten WA-Gebieten … gem. § 1 Abs. 6 die Ausnahmen des § 4 (3) BauNVO Nr. 1 Betriebe des Beherbergungsgewerbes allgemein zulässig und die Nr. 4 Gartenbaubetriebe und Nr. 5 Tankstellen nicht Bestandteil des Bebauungsplans.“ - In der Planbegründung heißt es:

11

„2. Bestandserhebung

12

In dem gesamten bebauten Gebiet befinden sich neben der überwiegenden Wohnbebauung mehrere kleine Beherbergungsbetriebe, ein Jugenderholungsheim und unmittelbar angrenzend der größte 36-Loch- Golfplatz in Schleswig-Holstein mit Clubhaus und Schank- und Speisewirtschaft sowie 135 Stellplätzen …

13

3. Planungserfordernis

14

Das Planungserfordernis begründet sich aus der Tourismusstrategie des Landes und den Grundaussagen im örtlichen Konzept über den Struktur- und Handlungsprozess zur touristischen Neuprofilierung der Destination T. / N.. …

15

4.3 ….. Der Bebauungsplan … berücksichtigt eine maßvolle ortsspezifische Entwicklung des Beherbergungsgewerbes und der Infrastruktur neben der hohen Qualität im Ortsteil O..

16

5.1 …. Der Unterschied zwischen dem reinen Wohngebiet und dem geplanten allgemeinen Wohngebiet besteht in der Behandlung des Gewerbes, dessen Zulässigkeit im Sinne der Zielsetzung erweitert wird. Deswegen sind gemäß § 1

17

Abs. 6 BauNVO Beherbergungsbetriebe allgemein zulässig. … Die Erweiterung des Beherbergungsgewerbes wird durch Ausbau der gewerblichen bzw. privaten Vermietung auf geeigneten Grundstücken und durch Umnutzung des ehemaligen kirchlichen Jugendheimes gebietsstrukturell angeboten. Ebenso die der Versorgung des Gebietes dienenden Betriebe (z.B. Laden für Golfausrüstung, Golfschule usw.), soweit sie gebietsverträglich sind. … Die Gemeinde verkennt nicht, dass Auswirkungen durch die Änderung der Art der baulichen Nutzung möglich sind, sie räumt jedoch einer gebietsverträglichen Stärkung des Baugebiets im Sinne der Zielsetzung und aufgrund des begrenzten Flächenangebots den Vorrang ein. Die Umwandlung von WR in WA führt nicht zu einer Beschränkung, sondern zur Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten der einzelnen Grundstücke. Für diejenigen, die nur Wohnruhe wollen, ist sie mit Nachteilen verbunden. Ein besonders geschütztes Vertrauen auf die Unterlassung einer Änderung der Bauleitplanung besteht nicht. …“

18

Am 01. Dezember 2009 ist der Normenkontrollantrag der Antragsteller bei Gericht eingegangen.

19

Die Antragsteller sind der Ansicht, der Bebauungsplan sei aus einer Interessentenplanung hervorgegangen, was zu dessen Unwirksamkeit führe. Die Gemeinde sei - insbesondere - den Interessen der Betreiber des Hotels „…“ gefolgt. Abwägungsmängel seien innerhalb der Frist nach § 215 Abs. 1 BauGB gerügt worden. Die Bauleitplanung sei nicht städtebaulich motiviert gewesen, sondern einzig und allein durch den Versuch, den Neubau auf dem Grundstück … im wirtschaftlichen Interesse der Betreiberfamilie nachträglich durch die Festsetzung eines dem wahren Gebietscharakter widersprechenden allgemeinen Wohngebietes zu legalisieren. Die zur Rechtfertigung der Gründe angegebenen Erwägungen seien offensichtlich vorgeschoben und stellten nur ein Feigenblatt für die von der Mehrheit der Gemeindevertretung gewollte Hilfestellung für die Hoteliersfamilie dar, was zu Lasten der planbetroffenen Wohnanlieger gehe. Die allgemeinen und weitschweifigen Ausführungen in der Planbegründung zum Tourismuskonzept ergäben nicht, warum gerade im Plangeltungsbereich eine Herabzonung der Gebietsqualität erfolge und die planerische Möglichkeit einer Zulassung von Beherbergungsbetrieben geschaffen werde. Der Ortsteil sei planerisch bisher als reines Wohngebiet festgesetzt worden, was städtebaulich auch gewollt sei.

20

Die Antragsteller beantragen,

21

die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 35 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

22

Die Antragsgegnerin beantragt,

23

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

24

Sie ist der Ansicht, die beschlossene Planänderung lasse sich nicht mit Rückgriff auf die „Vorgeschichte“ zum Bauvorhaben … angreifen. Die Planänderung sei in der Begründung des Bebauungsplanes ausführlich erläutert worden. Damit setzten sich die Antragsteller nicht auseinander. Einen Abwägungsfehler zeigten die Antragsteller nicht auf. Das Vorbringen der Antragsteller genüge nicht den Mindestanforderungen an konkretisierte und substantiierte Einwendungen. Die Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zur Rüge von Abwägungsmängeln sei längst abgelaufen.

25

Am 16. Juli 2010 hat die untere Bauaufsichtsbehörde (erneut) eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Beherbergungsbetriebes mit 26 Betten auf dem Grundstück … erteilt (Bl. 50 d. A.). Gegen diese Baugenehmigung und eine dazu erteilte weitere Nachtragsgenehmigung haben die Antragsteller Widerspruch eingelegt. Beide Widerspruchsverfahren ruhen wegen des vorliegenden Normenkontrollverfahrens.

26

Über das Vermögen der Inhaberin des Hotels „…“ ist am 01. Januar 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

27

Zwischen April 2010 und Juli 2011 ist eine Mediation zwischen den Beteiligten erfolgt, die zu keinem Ergebnis geführt hat. Im Anschluss an das Mediationsverfahren sind weitere Verhandlungen über eine nichtstreitige Verfahrensbeendigung geführt worden, die - bis heute - ebenfalls ohne Ergebnis geblieben sind.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze - nebst Anlagen - sowie auf die Verfahrensvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, ebenso eine Aufstellung über die Grundstücke am … (einschl. „Am Golfplatz“), die andere als Wohnnutzungen aufweisen.

Entscheidungsgründe

29

Der zulässige (1.) Normenkontrollantrag ist unbegründet (2.).

30

1. Die Antragsteller sind als „Planinnenlieger“ antragsbefugt; sie haben den Normenkontrollantrag innerhalb der Antragsfrist gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Die Antragsteller haben zum Entwurf des Änderungsbebauungsplans im Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB im Schreiben vom 16. Oktober 2008 (BA B, Bl. 67 ff). Stellung genommen; Ansatzpunkte für eine Einwendungspräklusion i. S. d. § 47 Abs. 2a VwGO liegen insoweit nicht vor. Im Hinblick darauf, dass über den Widerspruch der Antragsteller gegen die am 16. Juli 2010 (erneut) erteilte Baugenehmigung für das „Bettenhaus“ auf dem Grundstück … bislang noch nicht entschieden worden ist, steht den Antragstellern auch ein Rechtschutzbedürfnis zur Seite.

31

2. Die angegriffene 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 35 der Antragsgegnerin ist rechtlich nicht zu beanstanden.

32

2.1 Gegen das gewählte Planungsverfahren gemäß § 13 a BauGB und die Beachtung der vorgeschriebenen Verfahrensvorschriften haben die Antragsteller keine Einwendungen erhoben. Solche sind auch nicht ersichtlich; die dazu in der Begründung des Änderungsbebauungsplans (Ziff. 3) enthaltenen Angaben enthalten keinen Rechtsfehler.

33

2.2 Der Ansicht der Antragsgegnerin, die von den Antragstellern gerügten Mängel des Abwägungsvorganges seien wegen Ablaufs der Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, ist nicht zu folgen.

34

2.2.1 Die Jahresfrist ist nicht abgelaufen. Sie beginnt mit der Bekanntmachung des (Änderungs-)Bebauungsplans, sofern darin auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist (§ 215 Abs. 2 BauGB). Ein solcher Hinweis fehlt in der amtlichen Bekanntmachung des Änderungsbebauungsplans, wie er in den „Lübecker Nachrichten“ vom 08. Oktober 2009 abgedruckt worden ist. Danach würde die Frist des § 215 Abs. 1 BauGB nicht zu laufen beginnen.

35

Die Antragsgegnerin hat in der (Presse-)Bekanntmachung auf den „vollständigen Bekanntmachungstext auf der Internetseite“ der Gemeinde verwiesen. In diesem – am 07. Oktober 2009 in das Internet eingestellten – Text (3. Absatz) wird auf die Rügefristen und die Rechtsfolgen im Falle ihres Ablaufs hingewiesen. Allerdings kommt es auf diesen Text rechtlich nicht an, sondern - allein – auf den in der (Presse-)Bekanntmachung enthaltenen Text – ohne den genannten Hinweis -, da nach § 16 Abs. 2 der gemeindlichen Hauptsatzung die gesetzlich vorgeschriebenen öffentliche Bekanntmachungen im Rahmen des Baugesetzbuches (allein) in der Tageszeitung „Lübecker Nachrichten (Ostholsteiner Nachrichten Süd)“ zu erfolgen haben. Ob Satzungen nach dem Baugesetzbuch – bundesrechtlich - im Internet bekannt gemacht werden dürfen, bedarf deshalb hier keiner Vertiefung (vgl. dazu OVG E-Stadt, Beschl. v. 29.11.2013, 1 MN 157/13, BauR 2014, 503).

36

2.2.2 Unabhängig davon wäre die Jahresfrist auch gewahrt; dafür kommt es - entscheidend – darauf an, wann eine hinreichend konkretisierte und substantiierte Rüge bei der Gemeinde eingeht. Die Frist kann in einem gerichtlichen Verfahren auch durch Übermittlung eines (Rüge-)Schriftsatzes „über“ das Gericht an die Gemeinde gewahrt werden (VGH Mannheim, Beschl. v. 24.10.1996, 8 S 3336/95, VBlBW 1997, 137; OVG Münster, Urt. v. 13.02.1997, 7a D 115/94.NE, NWVBl. 1997, 346). Insofern wahrt die Normenkontroll-Antragsschrift vom 30.11.2009 die Jahresfrist. Soweit die Antragsgegnerin dieser Antragsschrift wegen der darin enthaltenen „polemischen Formulierungen“ keine hinreichend konkretisierten Rügen i. S. d. § 215 Abs. 1 BauGB zu entnehmen vermögen, werden damit die Anforderungen an eine fristwahrende Rüge verkannt. Gemäß § 215 Abs. 1 BauGB muss ein Betroffener Fehler mit erkennbarem „Rügewillen“ benennen, um der Gemeinde Anlass zu geben, die Frage einer eventuellen Fehlerbehebung zu prüfen. Die Rügepflicht hat eine Anstoßfunktion und verlangt, dass ein bestimmter „wunder Punkt“ der Bebauungsplansatzung so angesprochen wird, dass die Gemeinde etwaige (verfahrensrechtliche) Folgerungen prüfen kann; eine darüber hinaus gehende, argumentativ angereicherte Auseinandersetzung mit den die Abwägungsentscheidung der Gemeinde tragenden Gründen wird in der Rüge nicht verlangt (VGH Mannheim, Urt. v. 04.04.2012, 8 S 1300/09, BauR 2013, 56, Rn. 34). Diesen Erfordernissen haben die Antragsteller entsprochen, indem sie eine abwägungsfehlerhafte Interessentenplanung geltend gemacht und die städtebauliche Rechtfertigung der angegriffenen Planänderung in Zweifel gezogen haben.

37

2.3 Die materiellen Einwände der Antragsteller gegen den Änderungsbebauungsplan greifen nicht durch.

38

2.3.1 Gegen das Planungserfordernis und die städtebauliche Rechtfertigung der Änderungsplanung sind keine Bedenken zu erheben. Zwar vermitteln die – in der Planbegründung (Ziff. 4.1 – 4.3) ohne konkreten Bezug zum vorliegenden Plangebiet angesprochenen – allgemeinen Ziele einer Stärkung der Tourismusstruktur in der Gemeinde keine spezielle Rechtfertigung für die vorliegende Bauleitplanung. Solche sind für den Ortsteil O. aber aus den nachfolgenden Ausführungen der Planbegründung (Ziff. 4.4) zu entnehmen: Ausgehend von der Erwägung, in T. künftig „großflächig“ keine „Sondergebiete für den Bau weiterer Hotelbetriebe auszuweisen“, und der Erwartung, dass der Golfsport (mit der dem Plangebiet benachbarten 36-Loch-Anlage) „auch zukünftig weitere Zuwachsraten aufzeigen“ wird, will der Änderungsbebauungsplan eine „maßvolle ortsspezifische Entwicklung des Beherbergungsgewerbes und der Infrastruktur neben der hohen Wohnqualität im Ortsteil O.“ erreichen (a.a.O., S. 10). Direkt östlich an das Plangebiet anschließend soll eine 6 ha große Fläche für Wohnbebauung mit max. 120 Wohneinheiten und einer Fremdenbeherbergung, die sich in die Eigenart des Wohngebiets einfügt, ausgewiesen werden. Im Hinblick auf die beabsichtigte Tourismusentwicklung und der „guten Lage“ des Ortsteils O. wird eine maßvolle touristische Weiterentwicklung für vertretbar gehalten; dies spreche „für die Planänderung und die Zurücksetzung des Vertrauensschutzes in die bisher geltenden Planfestsetzungen“ (a.a.O., S. 11).

39

Die angeführten Erwägungen enthalten hinreichend gewichtige städtebauliche Belange und rechtfertigen damit den Erlass des Änderungsbebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Insoweit sind keine „zwingenden“ Gründe erforderlich, es genügt vielmehr, wenn die Gemeinde eine im Einklang mit der Raumordnung (§ 1 Abs. 4 BauGB) und der (bisherigen) Ortsentwicklung stehende planerische Konzeption verfolgt und es vernünftigerweise geboten ist, diese durch einen Bebauungsplan zu sichern und durchzusetzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.5.1971, Buchholz § 406.11 § 2 BBauG Nr. 7 S. 6, 13). Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Die vorliegend angeführten Ziele sind insoweit nicht zu beanstanden.

40

2.3.2 Demgegenüber lässt sich weder einwenden, die Planung sei nur eine „Reaktion“ auf die Erfahrungen im Zusammenhang mit der baulichen Entwicklung des Hotels „…“ bzw. des „Landhauses …“, noch erschöpft sich die angegriffene Planung in einer (unzulässigen) Gefälligkeitsplanung.

41

2.3.2.1 Ein Zusammenhang zwischen der Änderungsplanung und der „Vorgeschichte“ (insbesondere zum Hotel „…“ und zum „Landhaus …“) klingt in der Planbegründung (Ziff. 2; S. 4) an; die Antragsgegnerin hat nach den Gesamtumständen diese „Vorgeschichte“ zum Anlass genommen, den Beschluss zur Aufstellung des Änderungsbebauungsplans zu fassen. Die Planrechtfertigung würde dadurch indes nur dann in Frage gestellt, wenn der Planänderung (ansonsten) keine städtebauliche Konzeption der Gemeinde zugrunde läge. Das ist nicht der Fall.

42

Bereits die oben zu 2.3.1 angeführten Gründe sprechen dagegen. Die Gemeinde kann – darüber hinaus – nicht nur konkrete Bauanträge zum Anlass nehmen, ihre (bisherige) Bauleitplanung zu überarbeiten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990, 4 NB 8.90, BRS 50

43

Nr. 9), sondern auch aus der tatsächlichen Entwicklung in einem Baugebiet und den dadurch entstehenden - auch nachbarschaftlichen - Konflikten ein Bedürfnis für eine Änderungsplanung ableiten. Ein „Anspruch“ auf den Fortbestand des bisher geltenden Bebauungsplans ist durch das Recht der Gemeinde, Bauleitpläne aufzustellen, „sobald“ es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB), ausgeschlossen. Ob die Erwartung der Planbetroffenen auf den Fortbestand der bisherigen planerischen Festsetzungen einer Planänderung entgegensteht, ist keine „prinzipielle“ Frage, sondern im Rahmen der planerischen Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) zu entscheiden. Die Planbetroffenen können – m. a. W. – schutzwürdig nur darauf vertrauen, dass die Festsetzungen des Plans nicht ohne Berücksichtigung ihrer Belange geändert werden.

44

Die Planbegründung erkennt – ausgehend von einer „Bestandserhebung“ (Ziff. 2) – den infolge der Festsetzung eines „reinen“ Wohngebiets in dem Plangebiet entstehenden Nutzungskonflikt (Ziff. 5.1; S. 13-14), der aber im Hinblick auf das mit der Planänderung verfolgte Planungsziel (s. o. 2.3.1) als lösbar erachtet wird. Ob dies richtig ist, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung (s. u. 2.3.3).

45

Aus der Überlegung, dass die Antragsgegnerin (bzw. die Untere Bauaufsichtsbehörde) in der Vergangenheit bauliche Nutzungen im Plangebiet, die entgegen § 3 BauNVO nicht Wohnzwecken dienten, nicht unterbunden hat, ergibt sich kein durchgreifender Einwand gegen die Erforderlichkeit der Planung. Zwar bestätigen die in der mündlichen Verhandlung erörterten, von der Antragsgegnerin bestätigten Feststellungen zur faktischen Nutzung der Grundstücke am … (und an der Straße „Am Golfplatz“), dass im Plangeltungsbereich eine größere Anzahl „gebietsfremder“ Nutzungen (für Gewerbe, Beherbergung, Ferienwohnungen u.a.) anzutreffen ist, ohne dass dafür (Nutzungs-)Änderungsgenehmigungen vorliegen. Indes ist ein Teil dieser Entwicklung aus der – der Planbegründung (Ziff. 2, S. 3; Ziff. 5.1, S. 12-13) zu entnehmenden - „Historie“ des Baugebiets zu erklären: Danach war das Baugebiet ursprünglich (1975) als „Allgemeines Wohngebiet“ ausgewiesen worden; die bauliche Nutzung ist „zum überwiegenden Teil“ bereits seinerzeit entstanden, war also vorhanden, als 1999 ein „Reines Wohngebiet“ festgesetzt wurde. Die 1999 vorgefundenen Nutzungen außerhalb des Spektrums nach § 3 BauNVO waren daher materiell hinzunehmen. Vor dem Hintergrund dieser „Historie“ ist es erklärlich, dass ein auf Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten gerichteter „Baudruck“ – v. a. in Bezug auf Fremdenbeherbergung – entstanden ist.

46

Die Gemeinde hätte sich gleichwohl hinsichtlich der (aller) ungenehmigten Nutzungen nicht der „normativen Kraft des Faktischen" beugen müssen, sondern – im Zusammenwirken mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde – im Rahmen ihres Ermessens auch auf die Einhaltung der Vorgaben des § 3 BauNVO i. V. m. der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 35 dringen können. Nachdem dies – über viele Jahre hinweg – unterblieben ist, konnte sich die Gemeinde – alternativ – aber auch dafür entscheiden, die „durchlöcherte“ planerische Zielsetzung des 1999 beschlossenen Bebauungsplans durch eine Neukonzeption der städtebaulichen Ordnung des Plangebiets zu überwinden (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 11.02.2014, 1 KN 141/12, juris). Im Rahmen des - allgemeinen - Planungsziels einer Stärkung der Qualität des touristischen Angebots in T. konnte der überkommene „Befund“ eines nicht mehr den Vorgaben des § 3 BauNVO entsprechenden „Reinen Wohngebiets“ zum Anlass genommen werden zu prüfen, inwieweit dem augenfälligen Interesse vieler Grundstückseigentümer an einer (begrenzten) Erweiterung des Nutzungsspektrums in Bezug auf Ferienquartiere im Rahmen einer Neuüberplanung Rechnung getragen werden. Inwieweit eine solche Neuüberplanung das schutzwürdige Vertrauen von Grundstückseigentümern berührt, die an der Beibehaltung (und u. U. Wiederherstellung) einer dem § 3 BauNVO entsprechenden baulichen Nutzung interessiert sind, ist im Rahmen der Abwägung zu entscheiden (s. u. 2.3.3.4).

47

2.3.2.2 Eine (nicht erforderliche, also unzulässige) Gefälligkeitsplanung liegt nicht vor.

48

Ein solcher Fall wäre nur anzunehmen, wenn sich das Ziel der angegriffenen Planung darin erschöpfte, (bestimmte) Grundstückseigentümer zu begünstigen oder wirtschaftlichen Interessen eines „Investors“ zu entsprechen (vgl. Krautzberger, in: Battis u. a., BauGB, 2009, § 1 Rn. 26, 127). Dafür genügt es weder, dass das private Interesse eines Planbetroffenen den Anstoß zu einer (Änderungs-)Planung gibt, noch ein evtl. Zusammenwirken zwischen der Gemeinde und privaten Investoren bei der Einleitung, „Abstimmung“ und Aufstellung des Bebauungsplans (vgl. OVG Münster, Urt. v. 13.06.2013, 2 D 124/12.NE, Juris; BVerwG, Beschl. v. 24.08.1993, 4 NB 12/93, ZfBR 1994, 100 sowie Urt. v. 05.07.1974, IV C 50.72, BVerwGE 45, 309 [bei Juris Rn. 47-49]). Die Gemeinde darf auch private Belange zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen und dabei im Rahmen der Abwägung auch Wünsche der Grundeigentümer aufgreifen, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass sie mit ihrer Planung auch städtebaulich legitime Zielsetzungen verfolgt (Söfker, in Ernst/Zinkahn u. a., BauGB, 2014, § 1 BauGB Rn. 34). Das ist hier der Fall:

49

Das von der Antragsgegnerin verfolgte Planungsziel (s. o. 2.3.1) ist – übergreifend – auf eine (maßvolle) Änderung der Gebietsart zur „Stärkung“ der touristischen Qualität in der Gemeinde gerichtet. Diese positive Zielrichtung ist städtebaulich ohne Weiteres legitim (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Der Umstand, dass die Änderungsplanung auch den privaten Interessen - insbesondere der Eigentümer der Grundstücke …-…und … - dient, macht sie nicht zu einer unzulässigen Gefälligkeitsplanung.

50

2.3.3 Die dem angegriffenen Bebauungsplan zugrundeliegende Abwägung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

51

2.3.3.1 Im Rahmen der Abwägung hatte die Antragsgegnerin – zunächst – zu entscheiden, ob sie die nicht genehmigte und nach bisherigem Planungsrecht auch nicht genehmigungsfähige Grundstücksnutzung (insbesondere des Grundstücks …) der weiteren Planung zugrunde legen wollte. Verpflichtet war sie dazu nicht, da einer ungenehmigten und nicht genehmigungsbedürftigen Nutzung im Rahmen der Abwägung keine Schutzwürdigkeit zukommt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.10.1993, 4 B 170.93, NVwZ- RR 1994, 373).

52

Vor dem Hintergrund der besonderen „Historie“ des Baugebiets (s. o. 2.3.2.1) begegnet es indes keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung keine nähere Prüfung der Möglichkeiten des Einschreitens gegen (alle oder einzelne) ungenehmigte Nutzungen vorgenommen hat, soweit diese – nach Maßgabe der vorherigen planungsrechtlichen Situation – nicht genehmigungsfähig waren. Das Baugebiet war durch zahlreiche bauliche Nutzungen „vorbelastet“, die gemäß § 3 BauNVO in einem „Reinen Wohngebiet“ nicht zulässig sind und nach Ziff. 1.1 der textlichen Festsetzung zum Vorgänger-Bebauungsplan auch nicht ausnahmsweise hätten zugelassen werden können.

53

Die Antragsgegnerin hat überdies nicht - „isoliert“ - nur die Belange der (bisher) illegal genutzten Grundstücke berücksichtigt, sondern auf die infolge der geänderten Gebietsart (WA) – insgesamt – eintretenden Folgen abgestellt. Das gilt – insbesondere – für das (künftig [leicht] erhöhte Maß der zulässigen Immissionsbelastung (s. S. 13 der Planbegründung). Insofern haften die Abwägungsüberlegungen nicht an den (bisher) ungenehmigten Nutzungen, sondern sind übergreifend auf das verfolgte Planungsziel konzipiert (s. o. 2.3.1).

54

2.3.3.2 Die „Abstufung“ des Baugebiets vom „Reinen Wohngebiet“ zum „Allgemeinen Wohngebiet beruht auf einer tragfähigen planerischen Abwägung. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine solche „Abstufung“ im Hinblick auf die nur graduellen Unterschiede zwischen diesen Gebietsarten ein weites planerisches Ermessen für sich in Anspruch nehmen kann. Wenn die Ausweisung als reines Wohngebiet schon zur Zeit der erstmaligen Überplanung wegen nicht WR-verträglicher Nutzung „vorbelastet“ war, kann die Gebietsart im Zusammenhang mit einer - legitimen städtebaulichen Zielen dienenden - Neuüberplanung neu justiert werden (Urt. d. Senats v. 22.07.2010, 1 KN 16/09, NordÖR 2010, 515 Ls.; bei Juris Rn. 40).

55

Die Auswirkungen der „Herabzonung“ des (früheren) reinen Wohngebiets (WR) in ein allgemeines Wohngebiet (WA) lassen sich, was Lärmbelastungen betrifft, aus den Orientierungswerten der DIN 18005 (Teil 1, Beiblatt 1) ablesen. Danach wird in „Reinen Wohngebieten“ die Einhaltung oder Unterschreitung einer Lärmbelastung von 50 dB tags und von 40 bzw. 35 dB nachts für „wünschenswert“ gehalten; in „Allgemeinen Wohngebieten“ liegen die Orientierungswerte jeweils um 5 db höher. Eine Unterschreitung dieser Orientierungswerte wird insbesondere zum Schutz besonders schutzbedürftiger Nutzungen oder zur Schaffung oder Erhaltung besonders ruhiger Wohnlagen empfohlen; in Anbetracht der bereits entstandenen baulichen Nutzungen am … besteht in dieser Richtung allerdings kein Ansatzpunkt. Im Übrigen können örtliche Gegebenheiten in bestimmten Fällen ein Abweichen von den Orientierungswerten nach oben oder unten erfordern; die angegebenen Werte vermitteln der planerischen Abwägung eine Orientierung, sind aber nicht in allen Fällen bindend (vgl. den Text der DIN 18005, Vorwort und Ziff. 1.1). Auch bei einer Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005 kann die planerische Abwägung noch das Ergebnis einer gerechten Abwägung im Hinblick auf die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BauGB sein (vgl. OVG Münster, Urt v. 23.10.2009, 7 D 106/08.NE, Juris [Rn. 60] – im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990, 4 N 6.88, NVwZ 1991, 881).

56

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren keine Lärmprognose veranlasst; sie ist – pauschal – davon ausgegangen, dass nach Änderung der Gebietsart die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) weiterhin gewahrt sein werden (S. 13 der Planbegründung). Das ist für die hier zu beurteilende Planungssituation akzeptabel, in der – insgesamt – mit einer geringen und deutlich unterhalb der Orientierungswerte der DIN 18005 bleibenden Lärmbelastung zu rechnen ist. Nach der im Jahr 2004 im Zusammenhang mit der damals versuchten Änderung des Bebauungsplanes erstellten Schallbeurteilung (BA B, Bl. 92 ff: ibs- Gutachten vom 25.11.2004) wurden an allen dem „F.“ benachbarten Wohnhäusern sowie Gebäuden auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein „Reines Wohngebiet“ (die insoweit mit den Orientierungswerten der DIN 18005 übereinstimmen) auch nach einer angenommenen Betriebserweiterung eingehalten. Die Lärmbelastung liegt danach so weit auf der – für die Lärmbetroffenen - „sicheren“ Seite, dass es dazu einer weiteren Prognose nicht mehr bedurfte. Ansatzpunkte dafür, dass die infolge des Änderungsbebauungsplans erfolgte „Abstufung“ zu einem „Allgemeinen Wohngebiet“ auch nur in die Nähe zur unteren Grenze der Orientierungswerte der DIN 18005 führt, sind nicht ersichtlich.

57

Die Antragsgegnerin ist allerdings an die „obere“ Grenze der in einem „Allgemeinen Wohngebiet“ zulässigen Nutzungen herangegangen, indem sie – abweichend von § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO – in Ziff. 1.1 der Textfestsetzungen des Änderungsbebauungsplans gem. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO Betriebe des Beherbergungsgewerbes als allgemein zulässig festgesetzt hat. Ausgehend vom vorherigen Planungszustand, demzufolge im „Reinen Wohngebiet“ (nur) „kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes“ (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) zulässig waren, bewirkt die Planänderung zu Lasten der Wohngrundstücke eine deutliche Veränderung. Ein Abwägungsfehler ist indes auch daraus nicht abzuleiten.

58

Die Antragsgegnerin hat die Problematik ausweislich der Planbegründung erkannt. Sie hat gesehen, dass „in einem gewissen Maß“ durch Verkehrszunahmen stärkere oder häufigere Belastungen entstehen können, beurteilt diese allerdings nicht als „sehr gravierend“. Mit der „Entstehung zahlreicher großer Beherbergungsbetriebe“ sei wegen der Festsetzungen zum Maß der Nutzung und zu den überbaubaren Grundstücksflächen „nicht zu rechnen.“ Zudem dürften allgemein zulässige Beherbergungsbetriebe „dem Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets nicht widersprechen und … keine unzumutbaren Störungen verursachen“, ansonsten stünde ihrer Zulässigkeit § 15 BauNVO entgegen. Da das örtliche Tourismusangebot „in erster Linie auf Gäste ausgerichtet“ sei, die „ruhige Erholung“ wünschten, sei die Fremdenbeherbergung mit „den Anforderungen an ruhiges Wohnen vereinbar“ und nicht damit zu rechnen, dass Konflikte oder „erhebliche Verschlechterungen der Wohnqualität“ entstünden (Ziff. 5.1 der Planbegründung, S. 12 – 14).

59

Diese Abwägungsüberlegungen können noch als ausreichend akzeptiert werden. Der Umstand, dass im Änderungsbebauungsplan des zulässige Maß der baulichen Nutzung „maßvoll“ angehoben worden ist, steht ihrer Schlüssigkeit nicht entgegen, weil die Neubestimmung der Grundflächenzahl lediglich vom vorhandenen baulichen Bestand ausgeht und dessen Durchschnitt sogar unterschreitet (Ziff. 5.3 der Planbegründung, S. 14). Eine veränderte (höhere) Immissionsbelastung ist also – ausgehend vom Nutzungsmaß – nicht erwarten.

60

Soweit die Planbegründung auf eine – im Einzelfall ggf. erfolgende – „Feinsteuerung eines (Beherbergungs-)Vorhabens im Wege des § 15 BauNVO verweist, ist dies – grundsätzlich – nicht zu beanstanden (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn u.a., a.a.O., § 1 BauGB Rn. 219; Krautzberger, in: Battis u. a. BauGB, 2009, § 1 Rn. 120). Soweit dieser „Konflikttransfer“ nicht für Vorhaben greift, für die nach § 68 LBO SH die Genehmigungsfreistellung gilt (mit der Folge, dass insoweit im Genehmigungsverfahren nicht auf § 15 BauNVO zurückgegriffen werden kann), ist dies für die – hier problematischen – Beherbergungsbetriebe nicht maßgeblich: Bieten sie mehr als 12 Betten an, sind sie gem. § 2 Abs. 4, 51 Abs. 2 Nr. 8 LBO SH „Sonderbauten“, für die die Genehmigungsfreistellung nicht gilt (§ 68 Abs. 1 S. 1 [letzter Hs.] LBO SH). Bieten sie weniger als 12 Betten, entsprechen sie den „kleinen Beherbergungsbetrieben“, die nach dem vor dem angegriffenen Änderungsbebauungsplan geltenden Ursprungs- Bebauungsplan Nr. 35 zulässig waren (vgl. dazu den Beschl. des Senats v. 26.07.2007, 1 MB 15/07, S. 5 d. Abdr., und Beschl. v. 24.07.2008,1 MB 11/08, S.7-8 d. Abdr.); im Übrigen gilt auch für diese Vorhaben § 15 BauNVO (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 220).

61

2.3.3.3 Die Abwägungserwägungen zu Verkehrs- und Grünflächen, zu Umweltbelangen (Landschaft, Boden, Wald u.a.) und zu Ver- und Entsorgungsfragen werden von den Antragstellern nicht angegriffen; insoweit sind auch aus der Sicht des Senats keine Beanstandungen angebracht.

62

2.3.3.4 Soweit die Belange der Planbetroffenen, die einen Fortbestand der Wohnruhe eines „Reinen Wohngebiets“ oder (zumindest) die Minderung einer „Beunruhigung“ des Baugebiets wünschen, mit gegenläufigen Belangen (weiterhin) konfligieren, muss die planende Gemeinde sich – letztlich – für die Bevorzugung des einen und die notwendige Zurückstellung eines anderen entscheiden (Urt. des Senats v. 30.05.2002, 1 K 7/00, n. v.). Die Antragsgegnerin hat sich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Belange und ihres Planungsziels (oben 2.3.1) für die Festsetzung eines „Allgemeinen Wohngebiets“ mit Zulassung von Beherbergungsbetrieben entschieden (Ziff. 5.1 der Planbegründung, S. 14). Das ist – im Ergebnis – von den Antragstellern hinzunehmen.

63

Eine spürbar stärkere „Unruhe“ in ihrem Baugebiet haben sie nicht zu befürchten. Die „Abstufung“ von einem WR- zu einem WA-Gebiet führt allenfalls zu geringfügigen Verschlechterungen. Dem Interesse an (größerer) Wohnruhe hat die Antragsgegnerin – nachvollziehbar - entgegengehalten, dass schon die frühere Planungssituation durch bauliche Nutzungen „vorbelastet“ war, die vor Inkrafttreten der Festsetzung eines „Reinen Wohngebietes“ (1999) bzw. außerhalb des „Reinen Wohngebietes“ entstanden waren, wie es für das (damals so bezeichnete) „Clubhaus“ am Golfplatz der Fall war. Einer Erwartung der Antragsteller dahingehend, dass „alles so bleibt“ und sich der ab 1999 geltende Planungszustand auch in (alle) Zukunft gegen den – anhaltenden – „Druck“ durch nicht-wohnliche Nutzungsansprüche durchsetzen würde, konnte die Antragsgegnerin die gegenläufigen, mit ihrem Planungsziel verbundenen Belangen entgegensetzen. Dafür durfte auch die Erwägung streiten, mit der planerischen Neuordnung des Baugebiets eine neue, den tatsächlichen Verhältnissen angemessen Rechnung tragende Bauleitplanung zu erreichen.

64

2.3.4 Anzumerken bleibt, dass einer etwaigen besonderen Belastungssituation, der die Antragsteller als unmittelbare Nachbarn eines Hotels (Nordseite) bzw. eines „Bettenhauses“ (Südseite) ausgesetzt sind, im Rahmen des § 15 Abs. 1 BauNVO durch Einzelregelungen im Genehmigungsverfahren abgeholfen werden kann. Das Verfahren zum „Bettenhaus“ ist im Hinblick auf den Widerspruch der Antragsteller gegen die Baugenehmigung vom 16. Juli 2010 noch „offen“.

65

3. Der Normenkontrollantrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 S. 2 VwGO abzulehnen.

66

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

67

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.

68

B e s c h l u s s

69

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EURO festgesetzt.


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Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan zur 1. Änderung des Bebauungsplans … „A. Straße“, der eine Intensivierung der Bebauung vorsieht.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des im Geltungsbereich des ursprünglichen Bebauungsplans und in unmittelbarer Nachbarschaft des Änderungsplangebiets gelegenen Grundstücks Z. Straße … (Flurstücke Nrn. … und …). Der ursprüngliche Bebauungsplan aus dem Jahr 1991 hat das aus Z. Straße, R. Straße, P.-Straße und S. Straße gebildete Karree überplant. Während die Baufenster entlang dieser Straßen mit dem dort vorhandenen Baubestand übereinstimmen, ist im Blockinnenbereich die Errichtung von Mehrfamilienhäusern vorgesehen. Diese Häuser sind bereits teilweise errichtet, und zwar zweigeschossig mit einem Mansardengeschoss. Auch im Bereich des Grundstücks des Antragstellers und des benachbarten Änderungsplangebiets (Z. Straße …) ist im nördlichen, straßenseitigen Bereich lediglich der vorhandene Baubestand überplant worden. Im rückwärtigen Bereich ist über die ganze Breite des Grundstücks des Antragstellers und über eine Teilfläche des Grundstücks Z. Straße … ein Baufenster mit der Festsetzung „KD II + D“ vorgesehen. Bei dem 1.990 m² großen Änderungsplangebiet handelt es sich um das Gelände einer ehemaligen Gärtnerei.

3

Nachdem die Nutzung der Gärtnerei aufgegeben und das Gelände verkauft worden war, entschied sich die Antragsgegnerin für eine Änderung der bisherigen, auf den vorhandenen Gärtnereibetrieb abgestimmten Bauleitplanung. Im Anschluss an den Aufstellungsbeschluss vom 18. Februar 2014 wurde die Planung bereits im März/April 2014 den Trägern öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach dem städtebaulichen Konzept ist die Schaffung von zwei Wohngebäuden in erster und zweiter Reihe vorgesehen, zwischen denen eine Tiefgarage eingeplant wird. Im straßenseitigen Bereich ist ein 24 m breites und überwiegend 14,50 m tiefes Baufenster vorgesehen. Es grenzt unmittelbar an das 10 m tiefe Wohnhaus des Antragstellers an. Während im rückwärtigen Bereich die Bautiefe mit derjenigen des Wohnhauses des Antragstellers übereinstimmt, ist das Baufenster zur Straße hin um 5 m versetzt; es nimmt insofern die Lage des dort früher stehenden, inzwischen abgerissenen Wohnhauses auf. Nach Westen hin springt die straßenseitige Baugrenze wieder auf die Baufluchtlinie der Nachbargebäude zurück. Als Maß der Nutzung ist in diesem Bereich ein zweigeschossiges Gebäude mit Satteldach vorgesehen. Im rückwärtigen Bereich ist das dort bereits bislang vorgesehene Baufenster nach Südwesten verlängert worden; hier ist eine dreigeschossige Bebauung mit Knickspanndach vorgesehen. Dieses Baufenster hat eine Breite von 24,50 m und eine Tiefe von 14,75 m. Daran schließt sich nach Norden hin ein 12 m breites und 10 m tiefes Baufenster für eine zweigeschossige Bebauung mit Flachdach an.

4

Von den Trägern öffentlicher Belange wies die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord darauf hin, dass die Realisierung der Bauvorhaben wegen ihrer Lage im festgestellten Überschwemmungsgebiet der Mosel eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung erfordere. Darüber hinaus erhob lediglich der Antragsteller Einwendungen gegen die Planung und rügte im Wesentlichen das Ungleichgewicht zwischen der auf seinem Grundstück bestehenden und der auf dem Nachbargrundstück nun geplanten Bebauung. Dies entspreche nicht mehr der ursprünglich vorgesehenen Doppelhausbebauung. Auch sei eine städtebauliche Rechtfertigung für das Hervortreten des neuen Baufensters vor die straßenseitige Bauflucht nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin wies diese Einwendungen in ihrer Abwägung zurück: Durch die Änderungsplanung würden die Grundzüge der bisherigen Planung nicht verändert. Es erfolge lediglich eine Nachverdichtung des Blockinnenbereichs, in dem die für andere Grundstücke vorgesehene Planung auch auf das Grundstück Z. Straße … erstreckt werde. Bei der Planung handele es sich nicht um eine Vermischung von Elementen der angebots- und vorhabenbezogenen Planung. Trotz der Lage im Überschwemmungsgebiet sei die Bebaubarkeit des Grundstücks bei Verwendung geeigneter Abdichtungsmaßnahmen nicht in Frage gestellt. Die Änderungsplanung sehe keine Abweichung hinsichtlich der früheren Festsetzung einer offenen Bauweise vor. Auch bei der Geschossigkeit habe sich keine Veränderung ergeben. Die in der Ursprungsplanung enthaltene Geschossfestsetzung „II + D“ entspreche der jetzt im Änderungsplan vorgesehenen Festsetzung von drei Vollgeschossen. Der Änderungsplan ziele auf eine wechselseitig verträgliche und harmonische Bauweise auch im Hinblick auf die Nachbargrundstücke ab. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Änderungsplan alle bisherigen Festsetzungen zum Bauvolumen und den Dachformen unverändert übernehme. Das Vortreten des Baufensters an der Z. Straße sei aus Gründen einer Rhythmisierung und Gliederung des Straßenzugs sinnvoll.

5

Der Bebauungsplan … 1. Änderung „A. Straße“ wurde am 22. Juli 2014 als Satzung beschlossen, am Folgetag ausgefertigt und am 5. August 2014 öffentlich bekanntgemacht.

6

Zur Begründung der dagegen erhobenen Normenkontrolle trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor: Der Bebauungsplan stelle eine unzulässige Vermischung von Angebotsplanung mit Elementen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans dar. Wie man der in der Planbegründung enthaltenen Simulation und der Schnittzeichnung entnehmen könne, sei in die Abwägung lediglich ein genau definiertes Vorhaben eingeflossen. Ferner füge sich die Änderungsplanung nicht stimmig in die Ursprungsplanung ein. Die bisherige Doppelhausbebauung werde aufgegeben. Die Errichtung einer Hausgruppe sei wegen der Grundstückssituation nicht möglich. Die Änderungsplanung mache die bisher vorhandene „harmonische Beziehung“ zwischen den benachbarten Gebäuden unmöglich. Die Abweichung hinsichtlich der bisher festgesetzten zweigeschossigen zu einer nunmehr dreigeschossigen Bebauung sei nicht nachvollziehbar erklärt. Die Festsetzung einer Dachform lasse sich dem Bebauungsplan nicht entnehmen. Schließlich fehle eine städtebauliche Rechtfertigung für das Vortreten des Baufensters aus der straßenseitigen Bauflucht, nachdem der dort vorhandene Altbestand nicht mehr existiere. Im rückwärtigen Grundstücksbereich weise das Baufenster im Änderungsplangebiet in Verbindung mit dem sich östlich anschließenden Baufenster eine Breite von 52 m auf, die aber wegen der Beschränkung der Bebauung in offener Bauweise auf 50 m nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden könne. Dies führe zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung desjenigen Bauherrn, der sein Bauvorhaben zuerst realisiere.

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Der Antragsteller beantragt,

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den Bebauungsplan „…, 1. Änderung“ der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

10

den Antrag abzulehnen.

11

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Die angegriffene Bauleitplanung sei städtebaulich erforderlich. Die Neuplanung sei nach Nutzungsaufgabe der Gärtnerei möglich geworden. Sie erfülle den vorhandenen Bedarf an Wohnbauflächen und schließe die an der Z. Straße westlich des früheren Wohnhauses Nr. … vorhandene Baulücke. Es sei legitim, auch bei einer Angebotsplanung auf Absichten eines privaten Investors einzugehen. Der Abwägung habe die nach den Festsetzungen maximal mögliche Bebauung zugrunde gelegen. Im Änderungsplan sei weiterhin eine offene Bauweise festgesetzt. Die Vergrößerung des Baufensters sei im Sinne der Innenentwicklung städtebaulich sinnvoll. Innerhalb des neuen Baufensters entlang der Z. Straße sei die Errichtung eines Doppelhauses oder – nach vorheriger Teilung der Parzelle – einer Hausgruppe möglich. Ob der Neubau den Anforderungen an ein Doppelhaus genüge, sei deshalb hier ohne Belang. Bei der Geschossigkeit habe sich keine Veränderung ergeben. Das früher festgesetzte Dachgeschoss mit Knickspanndach entspreche der jetzt festgesetzten dreigeschossigen Bebauung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers handele es sich nicht um eine „ungleichgewichtige“ Bebauung der benachbarten Grundstücke. Die umfangreichere Bebauung im Änderungsplangebiet rühre von der größeren Breite dieses Grundstücks her. Das Vortreten des Baufensters vor die straßenseitige Bauflucht stelle eine städtebaulich sinnvolle Gliederung des Straßenzugs dar.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen zum Ursprungs- sowie zum Änderungsplan verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

14

Insbesondere ist die Antragsbefugnis zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, wer sich auf einen abwägungsbeachtlichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 BN 42.10 –, ZfBR 2011, 566). Hier stehen die Auswirkungen der Änderungsplanung auf das benachbarte Anwesen des Antragstellers im Raum. Die Änderungsplanung zielt auf eine Intensivierung der Bebauung, so dass ein nicht bloß geringfügiges Interesse des Antragstellers an einem schonenden Ausgleich gegenüber seinem Grundstück vorliegt.

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Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.

16

Der Bebauungsplan … 1. Änderung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

17

1. In formell-rechtlicher Hinsicht sind Rechtsfehler weder geltend gemacht noch ersichtlich.

18

Insbesondere konnte die Änderungsplanung gemäß § 13 BauGB im vereinfachten Verfahren ergehen, so dass auf eine Umweltprüfung, die Erstellung des Umweltberichts und die Bekanntgabe verfügbarer Arten umweltbezogener Informationen verzichtet werden durfte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Auf das Unterbleiben einer Umweltprüfung ist entsprechend § 13 Abs. 3 Satz 2 BauGB in der Offenlagebekanntmachung hingewiesen worden (vgl. Bl. 32 der Planaufstellungsunterlagen).

19

2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Änderungs-Bebauungsplan nicht zu beanstanden.

20

a) Zunächst ist das Planungserfordernis zu bejahen. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen die Gemeinden Bauleitpläne nur aufstellen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

21

Die Änderungsplanung verfolgt mit der Schaffung zusätzlicher Wohnbauflächen in der Innenstadt eine städtebauliche Zielrichtung. Auch wenn die Planung auf die Vorstellungen eines privaten Vorhabenträgers zurückgeht, handelt es sich nicht um eine bauplanungsrechtlich unzulässige bloße Gefälligkeitsplanung in ausschließlich privatem Interesse eines Bauherrn (vgl. hierzu: OVG RP, Urteil vom 9. November 2005 – 8 C 10964/05.OVG –, OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, BauR 2013, 1408 und juris, Rn. 52). Es ist legitim, wenn eine städtische Planung auch Wünsche Privater aufnimmt und diese Anstoß für die Planung geben, solange sie zugleich städtebauliche Interessen verfolgt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2011 – 2 D 36/09.NE –, BauR 2012, 210). Letzteres ist hier der Fall, weil die Antragsgegnerin mit der Planung die Schaffung von Wohnbauflächen durch Nachverdichtung sowie die Schließung der Baulücke an der Z. Straße anstrebt. Dabei kommt der Antragsgegnerin bei der Frage, welche städtebaulichen Ziele sie sich setzt, ein planerischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 BN 15.99 –, NVwZ 1999, 1338).

22

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt auch keine bauplanungsrechtlich unzulässige Vermischung von angebots- und vorhabenbezogener Planung vor.

23

Die Gemeinde ist bei der Wahl des Planungsinstruments, mit dem sie ihre städtebaulichen Ziele erreichen will, weitestgehend frei. Auch wenn die Gemeinde mit dem Bebauungsplan das Vorhaben eines bestimmten Vorhabenträgers planungsrechtlich ermöglichen will, ist sie aufgrund von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht gezwungen, einen mit einer Durchführungsverpflichtung des Vorhabenträgers nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB gekoppelten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, BauR 2013, 1408 und juris, Rn. 55; OVG Nds., Urteil vom 4. Januar 2011 – 1 MN 130/10 –, BauR 2011, 805 und juris, Rn. 77; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5/14 - [„projektbezogener Angebotsbebauungsplan“]). Ein Angebotsbebauungsplan ist im Vergleich zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan das flexiblere Planungsinstrument. Er lässt innerhalb des gesetzten Rahmens Änderungswünsche des Vorhabenträgers ohne Weiteres zu und vermeidet, einen allein auf das ursprüngliche Konzept bezogenen Bebauungsplan zuvor nebst dem Durchführungsvertrag ändern zu müssen. Darüber hinaus kann ein (projektbezogener) Angebotsbebauungsplan aufrechterhalten werden, auch wenn das Projekt des ursprünglichen Vorhabenträgers nicht zustande kommt.

24

Das Planungserfordernis ist dem angegriffenen Bebauungsplan auch nicht wegen fehlender Vollzugsfähigkeit abzusprechen.

25

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Bebauungsplan dann nicht erforderlich ist, wenn der Umsetzung der Planung auf unabsehbare Zeit unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 4 B 43.09 –, ZfBR 2010, 376).

26

Die Umsetzung des Bebauungsplans ist insbesondere nicht wegen der Lage des Plangebiets im Überschwemmungsgebiet der Mosel ausgeschlossen. Zunächst begründet diese Lage kein Planungsverbot. Denn § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz – WHG – erfasst nur solche Flächen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten, die erstmalig einer Bebauung zugeführt werden sollen. Bloße Umplanungen fallen indes nicht hierunter (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 2014 – 4 CN 6.12 –, UPR 2014, 354 [LS]). Ferner ist nicht ausgeschlossen, dass die für die Verwirklichung der Bauvorhaben im Plangebiet nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 WHG notwendige Erlaubnis erteilt werden wird. Hierfür spricht nicht zuletzt die Stellungnahme der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde im Planaufstellungsverfahren (vgl. Schreiben der SGD Nord vom 4. April 2014, Bl. 44 der Behördenakten). Mit ihrem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung für die Bauvorhaben hat sie zu erkennen gegeben, dass sie die Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht von vorneherein für ausgeschlossen hält.

27

b) Schließlich genügt der Bebauungsplan auch den Anforderungen an eine fehlerfreie Abwägung.

28

Diese Anforderungen betreffen zum einen das – nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete – Gebot zur ordnungsgemäßen Ermittlung und zutreffenden Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB), zum anderen die inhaltlichen Vorgaben des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB zum angemessenen Ausgleich der gegenläufigen Belange (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BauR 2008, 1268; OVG RP, Urteil vom 3. November 2010 – 8 C 10550/10.OVG –).

29

(1) Zunächst weist die Abwägung kein Defizit auf. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat sich der Rat der Antragsgegnerin in ausreichender Weise mit der durch den Änderungs-Bebauungsplan ermöglichten Bebauung auseinandergesetzt und war sich dabei auch bewusst, dass es sich nur um einen Angebotsbebauungsplan handelt.

30

Die durch den Bebauungsplan …, 1. Änderung, ermöglichte Bebauung ist durch abstrakte Festsetzungen, insbesondere zum Maß der Nutzung sowie zur Dachgestaltung, hinreichend bestimmt festgelegt. Die durch diese abstrakten Festsetzungen (maximal) ermöglichte Bebauung war auch Gegenstand der bauleitplanerischen Abwägung. Denn diese Maximalbebauung entspricht der dreidimensionalen Simulation unter Ziffer 5.2 der Begründung des Bebauungsplans sowie dem Schemaschnitt in der Planurkunde. Der Antragsgegnerin kann deshalb nicht vorgehalten werden, sie habe die Abwägung verkürzt und lediglich auf eine bestimmte, die Möglichkeiten des Angebotsbebauungsplans nicht ausschöpfende Bebauung abgestellt (vgl. zu einem solchen Fehler: OVG Nds., Urteil vom 4. Januar 2011, a.a.O., juris, Rn. 79).

31

Der Rat der Antragsgegnerin war sich aber entgegen der Auffassung des Antragstellers auch bewusst, dass mit dem Bebauungsplan lediglich ein Rahmen (Angebot) gesetzt wird, der nicht ausgeschöpft werden muss und bei dem auch eine von dem visualisierten Projekt abweichende Ausgestaltung zulässig ist. Dies ergibt sich aus der Abwägungstabelle, die Grundlage für die Abwägung und den anschließenden Satzungsbeschluss des Stadtrats war (vgl. die Sitzungsvorlage vom 4. Juni 2014 nebst der Anlage 2, Bl. 64 ff. der Planaufstellungsunterlagen). In der Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Antragstellers wird ausgeführt, dass es sich „nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ handele (vgl. Ziffer 1.1) und dass die Festsetzung der offenen Bauweise aus dem Ursprungsbebauungsplan übernommen werde, woraus sich die Zulässigkeit „von Einzel-, Doppelhäusern und Hausgruppen“ ergebe (vgl. Ziffer 1.4) und damit „den beteiligten Nachbarn überlassen [bleibe], wie sie die Möglichkeiten, die sich aus den Festsetzungen des Bebauungsplanes ergeben, umsetzen“ (vgl. Ziffer 1.9 der Abwägungstabelle).

32

(2) Die Antragsgegnerin hat den Ausgleich zwischen den abwägungsbeachtlichen Belangen auch nicht in einer Weise vorgenommen, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht.

33

Insbesondere erweist sich die Änderungsplanung als hinreichend abgestimmt mit den bauleitplanerischen Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans … . Dies gilt auch im Verhältnis zu den bauleitplanerischen Festsetzungen des Grundstücks des Antragstellers.

34

Betrachtet man zunächst die Festsetzungen im nördlichen (straßenseitigen) Bereich des Plangebiets, so ergeben sich hieraus keine unzumutbaren Konflikte mit der Nachbarbebauung. Hinsichtlich der Festsetzung von zwei Vollgeschossen stimmt die geänderte Planung mit derjenigen im Ursprungsbebauungsplan … ebenso überein wie bei der Festsetzung der offenen Bauweise. Letztere steht auch nicht in einem unüberbrückbaren Widerspruch zur Festsetzung eines größeren Baufensters im straßenseitigen Bereich des Änderungsbebauungsplans. Zum einen wird durch die Festsetzung von Baugrenzen nur ein äußerer Rahmen gesetzt, der nicht überschritten (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO), aber nur insofern ausgeschöpft werden darf, als dies unter Berücksichtigung sonstiger Festsetzungen zulässig ist. Aber auch bei einer vollständigen Ausschöpfung des Baufensters entsprechend dem städtebaulichen Konzept ergäbe sich kein unüberbrückbarer Widerspruch zur Festsetzung der offenen Bauweise. Diese Festsetzung umfasst neben der Errichtung von Einzelhäusern auch die Errichtung von Doppelhäusern oder Hausgruppen (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Die Besonderheit des Doppelhauses besteht darin, dass hier zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 –, BVerwGE 110, 355 und juris, Rn. 16; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290, Rn. 13). Die Errichtung eines Doppelhauses verlangt darüber hinaus, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden. Von einem Doppelhaus kann daher nicht mehr gesprochen werden, wenn ein Gebäude gegen das andere so stark versetzt wird, dass es den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet und den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 20 und LS 3). Entsprechendes hat auch für die – jeweils auf eigenen Flurstücken errichteten – Häuser einer Hausgruppe zu gelten (vgl. zum Begriff der Hausgruppe: Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 22 Rn. 6.3 und 6.4).

35

Ein derart wechselseitig verträglicher und abgestimmter Anbau wird hier durch die bauplanerischen Festsetzungen im Verhältnis zu dem Anwesen des Antragstellers ermöglicht. Das Haus des Antragstellers und das auf dem Nachbargrundstück bei vollständiger Ausnutzung des Baufensters entstehende Gebäude würden noch zu wesentlichen Teilen, nämlich auf einer Länge von 10 m, bei einem Versprung auf Seiten des im Plangebiet ermöglichten Gebäudes von lediglich 5 m, aneinandergebaut sein (vgl. zu dem Erfordernis der wesentlichen Überdeckung: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O., juris, Rn. 22).

36

Ob darüber hinaus die Annahme eines Doppelhauses verlangt, dass die beiden Doppelhaushälften über den verträglich abgestimmten Anbau hinaus ein Mindestmaß an Übereinstimmung auch hinsichtlich anderer Baugestaltungsmerkmale, insbesondere des Brutto-Raumvolumens, aufweisen (so: OVG NRW, Urteil vom 26. Juni 2014 – 7 A 1276/13 –, juris, Rn. 42 bis 46; vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –, BVerwGE 148, 290, Rn. 16), kann hier dahingestellt bleiben. Sollte dies der Fall sein und die straßenseitige Bebauung im Plangebiet entsprechend dem städtebaulichen Konzept sich wegen des im Vergleich zum Gebäude des Antragstellers deutlich größeren Raumvolumens nicht mehr als Doppelhaushälfte darstellen, würde dies keinen unlösbaren Konflikt zwischen der Festsetzung offener Bauweise auf der einen und der überbaubaren Grundstücksfläche auf der anderen Seite begründen. Denn in diesem Fall könnte die vollständige Ausschöpfung des Baufensters durch Errichtung einer Hausgruppe geschehen. Bei Errichtung einer solchen Hausgruppe, bestehend aus dem Anwesen des Antragstellers und etwa zwei im Änderungsplangebiet neu zu errichtenden Gebäuden würde das geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung, auch über den verträglich ausgestalteten Anbau an der jeweils gemeinsamen Grundstücksgrenze hinaus, erfüllt.

37

Dass das Baufenster im nördlichen Bereich des Änderungsplangebiets zum Teil aus der straßenseitigen Bauflucht hervortritt, erweist sich ebenfalls nicht als abwägungsfehlerhaft. Zunächst unterliegt die Antragsgegnerin keinen zwingenden gesetzlichen Vorgaben zur Festlegung der straßenseitigen Baugrenze. Es erscheint auch nicht abwägungsfehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin aus stadtgestalterischen Gründen einer stärkeren Gliederung und Rhythmisierung des Straßenzugs einen solchen Versprung in der Bebauung vorsieht.

38

Schließlich ergeben sich auch aus den Festsetzungen für den rückwärtigen Grundstücksbereich keine unzumutbaren Konflikte mit der auf den Nachbargrundstücken, insbesondere dem Grundstück des Antragstellers, geltenden Bauleitplanung.

39

Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt eine widersprüchliche Festsetzung zur Geschossigkeit nicht vor. Aus der Urkunde des Ursprungsplans „…“ ergibt sich, dass mit der Festsetzung „II + D“ ein Gebäude mit 2 Vollgeschossen und einem (ausgebauten) „Dachgeschoss als Vollgeschoss“ zugelassen werden soll, wobei das Dachgeschoss als Knickspanndach auszugestalten ist. Dies entspricht der Festsetzung einer dreigeschossigen Bebauung im Änderungsplan, der ebenfalls die Errichtung eines Knickspanndaches („KD“) vorsieht.

40

Dass das Baufenster im Änderungsplangebiet eine Breite von 24,50 m aufweist und damit zusammen mit dem angrenzenden Baufenster auf den Flurstücken Nrn. …, … und … mit einer Breite von 27,50 m die maximale Länge von Gebäuden in der offenen Bauweise überschreitet, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insofern ist darauf hinzuweisen, dass die Festsetzung von Baugrenzen lediglich einen äußeren Rahmen vorgibt, der gerade auch unter Berücksichtigung sonstiger Festsetzungen nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden muss. Wenn der Antragsteller eine ungerechtfertigte Bevorzugung desjenigen Grundstücksnachbarn rügt, der als erster mit der Bebauung für ein Doppelhaus oder eine Hausgruppe beginnt, erweist sich dies nicht als abwägungsfehlerhaft. Denn zum einen überschreitet das Baufenster die in der offenen Bauweise maximal zulässige Länge von 50 m lediglich um 2 m. Im Übrigen ist die vorgreifliche Wirkung bei Errichtung des ersten Gebäudes eines Doppelhauses oder einer Hausgruppe wegen der oben beschriebenen Anforderungen an die Übereinstimmung der Gebäude zwangsläufige Folge einer solchen Bauweise und daher abwägungsfehlerfrei zulässig.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

42

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

43

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

44

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).