Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. Juni 2015 - L 2 U 298/14

published on 18/06/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. Juni 2015 - L 2 U 298/14
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Gründe

Hauptschlagwort: gemischte Motivationslage gespaltene Handlungstendenz Handlungstendenz Vorbereitungshandlung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.:

Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt

gegen

Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung A-Stadt, vertreten durch den Hauptgeschäftsführer, Barthstraße 20, 80339 A-Stadt - -

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Der 2. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München

am 18. Juni 2015

durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Dürschke, die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Banfelder und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Randak sowie die ehrenamtlichen Richter Mayr und Ziegler

für Recht erkannt:

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 8. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Der 1975 geborene Kläger, der als Betriebsrevisor bei der M.R.-Gesellschaft in A-Stadt tätig war, befand sich für mehrere Tage in M-Stadt zur Prüfung der dortigen Außenstelle. Bei einer Stadtrundfahrt am Sonntag, den 06.07.2008, wurde er kurz nach dem Einsteigen in den offenen Doppeldeckerbus von einem in die Fahrbahn hereinragenden Baumast am Hinterkopf getroffen. Es erfolgte eine ärztliche Behandlung in Spanien und Deutschland. Die Fachärztin für Neurologie Dr. C. diagnostizierte ein Schädel-Hirn-Trauma Grad I und einen akuten Bandscheibenvorfall im Bereich L 5/S 1.

Mit Bescheid vom 08.08.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Zwar habe sich der Kläger auf einer Dienstreise befunden. Der Unfall habe sich jedoch in einem Sightseeing-Bus ereignet. Das Sightseeing stelle eine nicht versicherte, eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar. Dienstliche Belange hätten eine allenfalls untergeordnete und damit unwesentliche Bedeutung gehabt.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, die Busfahrt habe auf Anregung eines Abteilungsleiters in M-Stadt stattgefunden. Es habe sich verboten, das Fürsorgeangebot einer Führungskraft aus der M-Stadter Niederlassung der M.R. auszuschlagen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Bei einer Stadtrundfahrt an einem arbeitsfreien Wochenende während einer Dienstreise fehle es am inneren Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit. Eine Stadtrundfahrt gehöre zum Freizeitprogramm. Freizeitaktivitäten stünden auch dann nicht unter Versicherungsschutz, wenn das Unternehmen sie organisiere oder gar finanziere. Die Stadtrundfahrt diene dem Zweck der privaten Freizeitgestaltung und stehe daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) (Az.: S 15 U 282/08). Das SG vernahm die damalige Arbeitskollegin des Klägers, Frau C. C., im Erörterungstermin am 14.12.2009 als Zeugin. Die Zeugin führte aus, dass ein Mitarbeiter der Niederlassung in M-Stadt, Herr D., den sie aus ihrer Tätigkeit in A-Stadt gekannt habe, ihrem Vorschlag zugestimmt habe, gemeinsam am Sonntag eine Stadtrundfahrt durchzuführen. Am Sonntag habe man dann zunächst im Hotel gemeinsam gefrühstückt und sei zum Bus gegangen. Die Abteilung von Herrn D. sei nicht geprüft worden. Auf die Niederschrift vom 14.12.2009 wird verwiesen.

Der Kläger bestätigte diese Angaben. Er machte weiterhin geltend, er habe im Rahmen seiner Tätigkeit eine Kontrollfunktion. Dies beinhalte auch umfangreiche Nachforschungsaufgaben, insbesondere darüber, ob Geschäftsprozesse ordnungsgemäß ablaufen und Gesetze und Verordnungen eingehalten würden. Ein Informationsaustausch sei gerade in den Geschäftsräumen problematisch, da andere Mitarbeiter davon Kenntnis bekommen könnten. Es sei daher aus seiner Sicht anzunehmen gewesen, dass er von Herrn D. auf der Stadtrundfahrt weitere Hinweise erhalten sollte.

Mit Urteil vom 22.03.2010 wies das SG die Klage ab. Eine versicherte Tätigkeit sei nicht nachgewiesen. Eine Stadtrundfahrt werde unter lebensnaher Betrachtung durchgeführt, um sehenswerte Gebäude und Orte in einer fremden Stadt zu besichtigen und nähere Kenntnisse über die besuchte Stadt zu erlangen. Die auf dem Oberdeck eines eigens hierfür eingesetzten Busses stattfindende Rundfahrt sei in keiner Weise dazu geeignet, auch nur ansatzweise dienstliche Gespräche zu führen. Dies erscheine wegen des beträchtlichen Umgebungslärms, der Konzentration auf die zu besichtigenden Orte und den meist erfolgenden Erklärungen zu den Sehenswürdigkeiten nahezu ausgeschlossen. Das der Stadtrundfahrt vorhergehende gemeinsame Frühstück mit den Kollegen könnte noch zumindest als sog. gemischte Tätigkeit gewertet werden. Eine Zäsur stelle jedoch die Stadtrundfahrt dar, die rein privaten Zwecken gedient habe und nicht geeignet gewesen sei, irgendwelche dienstliche Erkenntnisse zu erbringen. Auch die Zeugin C. habe bestätigt, dass das Treffen mit dem früheren Kollegen D. nicht aus dienstlichen Gründen, sondern zur Gestaltung der Freizeit am Wochenende erfolgt sei. Versicherungsschutz ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger bei der Dienstreise in eine besondere Gefahrenlage geraten sei. Gefahren, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetze, begründeten keinen Versicherungsschutz.

Das Bayer. Landessozialgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung mit Urteil vom 08.02.2011 zurück (Az.: ...). Ein Versicherungsschutz habe für das Unfallereignis nicht bestanden.

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (Az.: B 2 U 120/11 B) wurde zurückgenommen.

Am 10.05.2011 beantragte der Kläger eine Überprüfung nach § 44 SGB X. Zur Begründung berief sich er sich auf die Bedingungstheorie (conditio sine qua non); ohne die Dienstreise hätte sich der Unfall in M-Stadt nicht ereignet. Das Schädel-Hirn-Trauma und den akuten Bandscheibenvorfall hätte er nicht erlitten, wenn nicht die Besonderheiten der Dienstreise stattgefunden hätten. Die Anregung, eine Stadtrundfahrt durchzuführen, sei von einem Mitarbeiter der Niederlassung des Arbeitgebers in M-Stadt ausgegangen. Ihm als Revisor bei der M.R. Versicherungsgesellschaft hätten alle Mittel zur Verfügung gestanden, auch diejenigen etwa einer Stadtrundfahrt. Bemerkenswert sei überdies, dass für das Wochenende ein Heimflug nicht genehmigt worden sei, so dass er und die Arbeitskollegin am Wochenende etwas betrieblich zusammen unternommen hätten. Es läge sicherlich eine gemischte Tätigkeit vor, wenn wie hier, das Vergnügen, aber auch die dienstlichen Belange zusammen wirken würden.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.09.2011 den Antrag ab. Das Recht sei weder unrichtig angewandt worden noch sei die Beklagte von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hätte. Es seien keine neuen Tatsachen genannt, die nicht bereits im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren vorgebracht worden sei. Auch das Argument, dass am Wochenende ein Heimflug nicht genehmigt worden sei, führe nicht dazu, dass damit zwangsläufig alle eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten versichert sind. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2011 zurück. Da keine neuen Tatsachen vorlägen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, seien die Voraussetzungen für eine Rücknahme des bindend gewordenen Verwaltungsaktes vom 08.08.2008 nach § 44 SGB X nicht gegeben.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut hat der Kläger vor allem unter Verweis auf § 2 Abs. 2 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I) vorgebracht, dass die Beklagte neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit hätte prüfen müssen. Die Ablehnung erscheine weder rechtmäßig noch zweckmäßig. Der Kläger hat ferner u. a. verschiedene ärztliche Unterlagen und Stellungnahmen zur Zusammenhangsfrage zwischen dem Unfallereignis und persistierenden somatischen und psychischen Erkrankungen vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, „den Bescheid vom 5. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2011 aufzuheben und unter Rücknahme des Bescheides vom 8. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2008 festzustellen, dass der Unfall vom 6. Juli 2008 ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist“, mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2014 abgewiesen. Die Kammer hat auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides verwiesen und hat sich den Ausführungen des Bayer. Landessozialgerichts vom 08.02.2011 angeschlossen. Ergänzend hat sich das Gericht mit den Entscheidungen des Bayer. Landessozialgerichts vom 04.09.2012 auseinander gesetzt; im Gegensatz zu dieser Entscheidung sei vorliegend jedoch die konkrete Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls als eigenwirtschaftlich zu werten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 28.03.1985 (Az.: 2 RU 7/83), aus der hervorgehe, dass bei der Frage des Versicherungsschutzes darauf abzustellen sei, ob die konkrete Verrichtung wesentlich betrieblichen Zwecken diente und nicht nur eine eigenwirtschaftliche (unversicherte) Tätigkeit war. Aus der vorgelegten Stellungnahme von Dr. v. B. (T. International Deutschland e.V.) vom 29.02.2012 ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würde. Schließlich lasse sich die Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I nicht dahingehend verwenden, dass sämtliche Verrichtungen während einer grundsätzlich versicherten Geschäftsreise vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst wären. Vielmehr sei eine wertende Betrachtung vorzunehmen.

Zur Begründung der hiergegen eingelegten Berufung, die nun auch auf eine Entschädigung „insbesondere in Form der Verletztenrente und weiteren Entschädigung“ gerichtet war, hat der Kläger erneut darauf verwiesen, dass er das Schädelhirntrauma und die Bandscheibenvorfälle nicht erlitten hätte, wenn nicht die Besonderheiten einer gemischten Tätigkeit stattgefunden hätten. Da ein Heimflug nicht genehmigt worden sei, müsse die „offenkundige Dienstreisekausalität“ angesprochen werden. Auf Geschäftsreisen sei überdies der Versicherungsschutz weiter gesteckt als am Heimatort. Auf die Entscheidung des BSG (NJW 1964, 2222) ist hingewiesen worden. Das Sozialgericht gefährde mit der Anwendung des Begriffs der finalen Handlungstendenz die Wahrung der Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung. Schließlich hat der Kläger erneut auf Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 SGB I hingewiesen. Weitere Unterlagen bzw. verschiedene ärztliche Befundberichte sind nachgereicht worden.

Die Beklagte hat sich auf die Entscheidung des 3. Senats des Bayer. Landessozialgerichts berufen. Sie hat auf die Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage hingewiesen. Konkrete Leistungsansprüche seien nicht Gegenstand des Verfahrens.

Der Senat hat den Sachverhalt mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung vom 04.03.2015 erörtert. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat eine Anhörung des Herrn D. als Zeugen durch den Senat für notwendig erachtet. Im Rahmen der Vernehmung werde sich ergeben, dass im Rahmen der Busfahrt vor allem über betriebliche Gesichtspunkte gesprochen wurde bzw. werden sollte. Der Kläger habe M-Stadt bereits gekannt und habe die Stadtrundfahrt nicht gemacht, um die Stadt kennen zu lernen. Wichtige Informationen kämen oftmals von Abteilungen, die gerade nicht geprüft würden. Herr D. habe Signale ausgesandt, bestimmte Informationen zu haben. Es sei angebracht und nicht unüblich gewesen, diese Informationen auf neutralem Boden zu besprechen.

Der Beklagtenvertreter hat ferner die nochmalige Anhörung der Zeugin C. angeregt.

Auf die Niederschrift der Sitzung wird verwiesen. Der Rechtsstreit wurde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung vertagt.

In der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2015 hat der Senat die Zeugen D., E. und C. C. gehört. Auf die Niederschrift der Sitzung wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 08.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 zu verurteilen, festzustellen, dass der Unfall vom 06.07.2008 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Bayer. Landessozialgerichts sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 05.09.2011 lehnte die Beklagte einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ab, der sich auf den Bescheid vom 08.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 bezog. Gleichzeitig wendet sich der Kläger damit gegen das Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 08.02.2011. Der Bescheid vom 05.09.2011 enthielt darüber im Entscheidungssatz den Ausspruch: „Der Unfall vom 06.07.2008 wird nicht als Arbeitsunfall anerkannt.“ Nicht gegenständlich ist die Gewährung von Leistungen. Zutreffende Klageart ist hierbei die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG.

Die Gerichte sind sowohl an bestandskräftige Verwaltungsakte als auch an rechtskräftige Urteile gebunden, soweit nicht die prozessrechtlichen Voraussetzungen für ein gerichtliches Wiederaufnahmeverfahren erfüllt sind. § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X gibt nur der Verwaltung selbst die Möglichkeit, sich über frühere negative Entscheidungen zugunsten der Sozialleistungsberechtigten kraft besserer Erkenntnisse hinwegzusetzen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Behörde ist von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, wenn sie ihre Entscheidung auf tatsächliche Umstände gestützt hat, die sich nachträglich als falsch herausstellten (vgl. Pickel/Marschner, SGB X, § 44 Rdnr. 26). Dies kann sich insbesondere aufgrund neuer Tatsachenkenntnis oder aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ergeben.

Jedenfalls dann, wenn sich die Beklagte nicht auf die Bindungswirkung des Ausgangsbescheides berief, sondern die Richtigkeit dieses Bescheides (vollständig) überprüfte, ist die Entscheidung der Beklagten auch im gerichtlichen Verfahren voll zu überprüfen (s.a. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Mai 2003, Az.: L 16/12 U 19/02).

Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 ist jedoch nicht rechtswidrig im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB X, da er im Ergebnis zutreffend die Feststellung eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 Abs. 1 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) ablehnte.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung insoweit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG); dies gilt insbesondere für die Darlegung der Kausalitätsfragen bzw. der Handlungstendenz sowie zu der Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I. Wie das Sozialgericht bezieht sich auch der Senat im Übrigen auf die Darlegungen des 3. Senats des Bayer. Landessozialgerichts in dessen Entscheidung vom 08.02.2011. Bereits in dieser Entscheidung nahm das Gericht eine wertende Ermittlung des ursächlichen Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit vor und führte im Einzelnen zutreffend aus:

„Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der während der Stadtrundfahrt erfolgte Unfall nicht als Arbeitsunfall festzustellen ist. Zwar befand sich der Kläger auf einer Dienstreise, die grundsätzlich als sog. Betriebsweg versichert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Versicherte auf einer solchen Reise betriebsbedingt mehr und größeren Gefahren ausgesetzt ist als im Umfeld seines Arbeits- und Wohnortes. Insoweit können besonders gefahrbringende Umstände, die den Versicherten nur auf der Reise betreffen, zur Bejahung des Versicherungsschutzes im Einzelfall auch bei Verrichtungen führen, die ansonsten zum unversicherten privaten Lebensbereich gehören. Im Einzelnen ist aber anhand der Handlungstendenz zu unterscheiden, ob die Tätigkeit für das Unternehmen wesentlich im Zusammenhang steht oder ob dieser Zusammenhang in den Hintergrund tritt. Der Versicherungsschutz entfällt, wenn sich der Versicherte rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussenden Belangen widmet (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 21/01 R; BSG, Urteil vom 19.08.2003, B 2 U 43/02 R, SozR 4-2200 § 550 Nr. 1). Zu den privatnützigen und damit unversicherten Handlungen auf Dienst- und Geschäftsreisen zählt die Freizeitgestaltung wie z. B. der Besuch von Gaststätten oder Bars nach Beendigung der Dienstgeschäfte, private Museumsbesuche anlässlich der Reise, die Benutzung des Hotelschwimmbades oder der Hotelsauna (vgl. Wagner in juris PK-SGB VII § 8 Rdnr. 78 m. w. N.).

Bei gemeinsamen privaten Betätigungen der Teilnehmer an einer Dienstreise zur Freizeitgestaltung besteht grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Dieser begründet sich in der Regel auch nicht dadurch, dass auch über dienstliche Themen gesprochen wird (vgl. BSG, Urteil vom 04.08.1992, 2 RU 43/91, vgl. Keller in Hauck/Noftz § 8 Rdnr. 80, 82, 83).

Für den Senat sind vorliegend keine Besonderheiten erkennbar, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigten. Soweit der Kläger vorbringt, er sei auf Informationen von Kollegen im Rahmen seiner Tätigkeit angewiesen, die ihm außerhalb des Geschäftsbetriebs zukommen könnten, ist dies nicht ausreichend. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG. Gespräche haben bereits während des gemeinsamen Frühstücks stattgefunden. Die Zeugin C. hat zudem ausgesagt, es habe auch Treffen am Abend in einer Kneipe gegeben. Dass dienstliche Gespräche auch im Rahmen der Stadtrundfahrt erfolgen sollten, begründet keinen Versicherungsschutz. Eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit wird dadurch nicht hergestellt. Der Kläger wollte sich vielmehr im Rahmen der Stadtrundfahrt rein persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmen. Er wollte sich der privaten Freizeitgestaltung zuwenden. Dies ergibt sich auch aus der Zeugeneinvernahme der Kollegin G., die den Freizeitcharakter bestätigte und zudem angab, die Abteilung des Kollegen D. ist durch den Kläger nicht geprüft worden. Auch der Kläger selbst gab an, dass er und seine Kollegin mit dem Kollegen D. in M-Stadt unmittelbar beruflich nichts zu tun gehabt hätten. Dessen Abteilung ist nicht von ihnen geprüft worden. Dass Schnittstellen zur Abteilung des Kollegen D. bestanden haben, ist nicht hinreichend. Die Stadtbesichtigung diente damit wesentlich eigenwirtschaftlichen Belangen.

Der Senat hat vorliegend keinen Zweifel daran, dass der Kläger mit seinen Kollegen am Sonntag die Stadtrundfahrt machen wollte, um seinen privaten Interessen nachzugehen. Ein Heimflug war nicht genehmigt worden, so dass der Kläger und seine Arbeitskollegin am Wochenende die Freizeit zusammen verbrachten. Der Kollege D. hat die Freizeitaktivität organisiert. Bei dieser Aktivität stand das private Freizeit-, Unterhaltungs- und Erholungsinteresse im Vordergrund. Soweit der Kläger hoffte, eventuell zusätzliche betriebliche Informationen zu bekommen, stand dies jedenfalls im Rahmen der Stadtrundfahrt im Hintergrund. Die Rundfahrt diente nicht unmittelbar betrieblichen Interessen, etwa weil eine bestimmte Problematik oder Situation des Betriebs besprochen werden sollte. Gelegenheiten zu betrieblichen Gesprächen waren bereits vorher gegeben gewesen. Die vom Kläger vorgebrachte Notwendigkeit, betriebliche Gegebenheiten außerhalb der Dienststelle in Erfahrung zu bringen, kann daher jedenfalls bei der Stadtrundfahrt nicht mehr im Vordergrund gestanden haben. Dass der Kläger das Angebot des Herrn D. aus beruflicher Verbundenheit nicht ablehnen wollte, kann ebenfalls keine andere Beurteilung rechtfertigen. Herr D. war weder Vorgesetzter noch wurde seine Abteilung unmittelbar geprüft. Allein die Befürchtung, einen Kollegen in leitender Position zu enttäuschen, wenn man an dessen organisierter Freizeitaktivität nicht teilnimmt, kann keinen Versicherungsschutz begründen.

Die Stadtrundfahrt hat auch nicht deshalb unter Versicherungsschutz gestanden, weil der Kläger durch die Umstände der Dienstreise einer besonderen Gefährdung ausgesetzt war. Gefährdungen, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetzt, begründen keinen Versicherungsschutz (vgl. BSGE 39, 180 = SozR 2200 § 548 Nr. 7: Sprung vom Drei-Meter-Brett des Hotelswimmingpools; BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 110: Absturz bei einem privaten Spaziergang im Gebirge; BSG, SozR 2200 § 548 Nr. 21: Verkehrsunfall beim Besuch des Oktoberfestes). Der Kläger hat sich demnach nicht betriebsbedingt einer besonderen Gefahr ausgesetzt, die Unfallversicherungsschutz begründen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008, B 2 U 13/07 R).“

Der 3. Senat gelangte in der Entscheidung nach Würdigung der Aussage der Zeugin C. und des Akteninhalts somit zu dem Ergebnis, dass die Teilnahme an der Stadtrundfahrt im privaten Interesse erfolgte. Dies wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme des Senats vom 18.06.2015 bestätigt.

Zunächst bekräftigt der Senat, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung die reine Bedingungstheorie im Sinne der conditio-sine-qua-non nicht anwendbar ist. Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden als Unfallfolgen einschließlich Verschlimmerungen gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG v. 17.02.2009 - Az. B 2 U 18/07 R - Juris Rdnr. 12), die auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht. Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache für das Entstehen eines neuen bzw. die Verschlimmerung eines bereits bestehenden Gesundheitsschadens wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (vgl. BSG v. 17.02.2009, a. a. O.) sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (vgl. BSG v. 09.05.2006 - Az.: B 2 U 1/05 R - Juris Rdnr. 17).

Im Rahmen des Berufungsverfahrens stützte sich der Kläger auf das Vorliegen einer gemischten Tätigkeit. Das BSG hat in seinem Urteil vom 09.11.2010 (Az. B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 3 8 Nr. 39 Rdrn. 22 f.) unterschieden zwischen

- einer gemischten Tätigkeit, die zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraussetzt, von denen (wenigstens) eine im sachliche Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht; eine Verrichtung ist nur ein konkretes, als auch räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist, und

- einer Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage, wenn jemand mit ein und derselben Verrichtung sowohl betriebliche als auch eigenwirtschaftliche oder private Zwecke verfolgt.

Konkret hat das BSG in dem von ihm entschiedenen Fall eine Motorradfahrt, die sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken diente, als Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz und nicht als gemischte Tätigkeit beurteilt, weil das Motorradfahren aus Sicht eines einheitlichen Beobachters eine einzige einheitliche Verrichtung sei, selbst wenn sie unterschiedlichen Zwecken diene. Es könne nicht zwischen den Verrichtungen „Fahrt“ und „Motorrad“ unterschieden werden, weil eine „Fahrt“ ohne Verkehrsmittel nicht möglich sei. Entsprechend ist auch der vorliegende Fall „Stadtrundfahrt“ zu beurteilen. Auch hier handelt es sich nur um einen Handlungsstrang - Fahrt mit dem Bus.

Hierfür hat das BSG den Grundsatz aufgestellt, dass eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz dann im inneren bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet (BSG, Urteil vom 09.11.2010, a. a. O., Rn. 24). Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, a. a. O.).

Das BSG hat in dem zitierten Motorrad-Fall den inneren Zusammenhang schon allein deshalb verneint, weil der Kläger dort ohne die private Motivation zwar vielleicht dieselbe Strecke zum selben Zeitpunkt, aber nicht mit dem Motorrad, sondern mit dem Auto gefahren wäre. Damit ist für die Bejahung des inneren Zusammenhangs vorliegend entscheidend, ob die Verrichtung „Fahrt in dem Bus“ hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre. Die private Motivation ist vorliegend

a) die gemeinsame Freizeitgestaltung mit den beiden Arbeitskollegen sowie

b) evtl. die Stadtbesichtigung, wobei allerdings der Kläger im Berufungsverfahren angegeben hat, M-Stadt aufgrund zwei oder drei früheren Aufenthalten bereits zu kennen.

Demgegenüber ist aber nach Überzeugung des Senats nicht zu erkennen, dass betriebliche Gründe wesentlich im Vordergrund stehen wie

a) allgemeine dienstliche Gespräche,

b) unbestimmte Motivation, etwas über Missstände in anderen Abteilungen zu erfahren,

c) ein Verpflichtet-Fühlen aufgrund der Organisation durch Hr. D.,

d) Nichtgenehmigung des Heimflugs am Wochenende: Allein dass der Heimflug vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht genehmigt wurde, begründet jedenfalls keine „offenkundige Dienstreisekausalität“. Auch hier wendet der Kläger ungefiltert die reine Bedingungstheorie an.

Bereits in der Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts vom 08.02.2011 hat das Gericht deutlich gemacht, dass es grundsätzlich für die Annahme eines sachlichen Zusammenhangs zwischen einer unfallbringenden Tätigkeit und der generell versicherten Tätigkeit nicht ausreichend ist, dass über dienstliche Themen gesprochen wird. Dies erfolgt erfahrungsgemäß überwiegend bei Gesprächen zwischen Kollegen auch außerhalb der eigentlichen Arbeit, z. B. beim Mittagessen oder wie hier bei gemeinsamen Treffen in arbeitsfreien Zeiten. Der Zeuge E. bestätigte ausdrücklich, dass an dem Wochenende in M-Stadt keine Arbeitspflicht bestand. Er wie auch die Zeugin C. bekräftigten, dass „meistens über geschäftliche Sachen unter Kollegen gesprochen wurde“, wie die Zeugin C. es ausdrückte.

Für die Annahme eines Versicherungsschutzes müssen besondere Umstände vorliegen, die sich jedoch durch die Beweisaufnahme nicht bestätigten. Entgegen der Ansicht des Klägers sieht der Senat durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt, dass es Absicht des Klägers gewesen sei, prüfungsrelevante Informationen zu erhalten. Zwar gab der Kläger im Erörterungstermin im Berufungsverfahren an, Herr D. habe Signale ausgesandt, „bestimmte Informationen“ zu haben. Gerade dies bestätigte der Zeuge D. aber nicht. Er sagte vielmehr aus, dass ein konkreter Anlass für das Gespräch nicht bestanden habe. Er habe nur erwartet, dass „während der Busfahrt auch berufliche Gespräche stattfinden, daneben auch private.“ Weiter gab er an, nach seiner Einschätzung zum Unfallzeitpunkt nur „über seine ersten Eindrücke hinsichtlich der anderen Abteilung etwas sagen zu können“. Es gab somit weder die vom Kläger erwähnten Signale für prüfungsrelevante Informationen noch einen vordergründig beruflichen Anlass für die Stadtrundfahrt. Es handelt sich dabei im Übrigen um eine seit langem geplante Prüfung und nicht um eine Anlassprüfung, wie von den Zeugen D. und E. bestätigt. Schließlich äußerte auch die Zeugin C., sie habe nicht erwartet, dass über die Prüfung konkret gesprochen wird, sondern sie hat dies nur für „durchaus möglich“ oder „wahrscheinlich“ gehalten, „da meistens über geschäftliche Sachen unter Kollegen gesprochen wurde und Herr D. früher im Bereich der Prüfung tätig war“.

Zwar ist nach den Aussagen der Zeugen D. und C. nicht geklärt, von wem die Initiative für die Stadtrundfahrt gekommen ist, doch standen nach den Aussagen sowohl bei Frau C. als auch bei Herrn D. zunächst private Motive im Vordergrund. Die Zeugin C. machte dies in ihren beiden Zeugenaussagen deutlich und erläuterte nun, bereits ein 48-Stunden-Ticket erworben zu haben und deshalb vorgeschlagen zu haben, am Sonntag gemeinsam die von ihr am Samstag bereits genutzte Stadtrundfahrt zu machen bzw. fortzusetzen. Ihre Motivation war ausdrücklich auf die Freizeitgestaltung in M-Stadt gerichtet. Es ist zwar zutreffend, wenn der Kläger darauf hinweist, dass die Motivation bei der Zeugin und ihm durchaus verschieden gewesen sein kann, zumal er nach eigenen Angaben M-Stadt bereits kannte. Aber auch Herr D., der erst seit wenigen Wochen nach M-Stadt versetzt war, wollte und konnte sich hauptsächlich mit den ehemaligen Kollegen treffen, da er am Wochenende Zeit hatte, weil seine Familie noch nicht nachgezogen war. Die noch bestehende kollegiale Nähe aufgrund der früheren gemeinsamen Tätigkeit in der Abteilung in A-Stadt spielte hier offensichtlich eine gewichtige Rolle.

Jedenfalls scheidet vor diesem Hintergrund ein „sich verpflichtet Fühlen“ des Klägers aufgrund der Organisation durch den (ehemaligen unmittelbaren) Vorgesetzten aus.

Es bestand auch keine Anweisung des Arbeitsgebers, am Wochenende die Prüfung bei jeder Gelegenheit fortzusetzen. Der Zeuge E. als damaliger Vorgesetzter hat vielmehr ausgesagt, dass es bei der Arbeitgeberin keine mündlichen oder schriftlichen Anweisungen gibt, dass die Prüfer in ihrer Freizeit weiter prüfen.

Allerdings sah dies der Zeuge E. als „natürlich nützlich“ an. Bei Auslandsprüfungen bestehe ein hoher Arbeitsdruck für die Prüfer, so dass ein besonderer Einsatz anerkannt werde. Der Senat zweifelt nicht an, dass der Kläger prüfungsrelevante Informationen, die er während der Busfahrt erhalten hat, auch für die Prüfung verwendet hätte. Dies ist nach allen Zeugenaussagen nach der betriebliche Praxis wohl üblich. Der Senat ist aber auch davon überzeugt, dass - wie dargelegt - keine konkreten Anzeichen für die Erlangung relevanter Informationen bestanden und dass zu erwarten war, dass neben beruflichen Themen im weiteren Sinn auch private Themen erörtert werden sollten.

Dabei ist es aber zum einen auch noch nicht zum Beginn dieser Gespräche gekommen, da sich der Unfall bereits beim Einsteigen ereignete - der Kläger hatte sich noch nicht einmal hingesetzt. Die Busfahrt hätte nur den Rahmen für die Gespräch geliefert. Insgesamt befand sich der Kläger in dieser Hinsicht erst im Stadium einer Vorbereitungshandlung. Vorbereitungshandlungen sind Verrichtungen, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit vorangehen und oder ihre Durchführung erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen (s.a. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.12.2014, Az.: L 3 U 196/13, juris Rn. 19). Soweit vom Gesetzgeber nicht geregelt (wie z. B. nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII) sind Vorbereitungshandlungen unversichert, auch wenn sie letztlich mit einer auf die grundsätzlich versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (BSG, Urt. v. 04.09.2007, Az.: B 2 U 24/06 R, veröffentlich in juris). Versicherungsschutz besteht nur ausnahmsweise, wenn diese Tätigkeiten einen besonders engen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zu der versicherten Tätigkeit aufweisen (BSG, Urt. v. 28.04.2004, Az.: B 2 U 26/03, juris Rn. 16). Diese Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden (so z. B. LSG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Maßgeblich ist auch hier die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG, Urteil v. 04.07.2013, Az.: B 2 U 3/13 R, juris Rn. 11 f; v. 28.04.2004, Az.: B 2 U 26/03 R, juris Rn. 16 ff).

Von einer derartigen Ausnahmesituation vermag der Senat nicht auszugehen. Die Handlungstendenz des Klägers war, folgt man seinen Angaben, sowohl auf eine kollegiale Gemeinschaft gerichtet als auch auf das Ausüben seiner Tätigkeit als Prüfer vor Ort. Bei letzterem handelte es sich aber nur um eine Bereitschaft, prüfungsrelevante Informationen zu erlangen ohne konkreten Bezugspunkt. Damit würde sich der Kläger nicht nur von seiner Kollegin C. unterscheiden, sondern auch von dem Zeugen D., der nur mit derartigen Fragen bei Gelegenheit des gemeinsamen Zusammenseins rechnete. Der Kläger hat seine eventuell weitergehende Handlungstendenz aber weder in irgendeiner Form vorher nach außen geäußert noch sind objektive Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Die objektiven Umstände der gemeinsamen Stadtrundfahrt, wobei die Initiative nicht von ihm, sondern von der Zeugin C. oder dem Zeugen D. kam, sprechen vielmehr gerade für eine private Tätigkeit.

Aber selbst wenn der Senat eine fremdnützige Handlungstendenz annehmen würde, läge eine Handlung mit gemischter Motivationslage bzw. mit gespaltener Handlungstendenz vor, da zweifelsohne für Sonntag mit Beginn des Frühstücks das gemeinsame Verleben dieses arbeitsfreien Tages vorgesehen war. Der Senat ist aufgrund der Zeugenaussagen vor allem des Herrn D. und der Frau C., aber auch des Zeugen E., davon überzeugt, dass die Stadtrundfahrt vom Kläger hypothetisch nicht vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation entfallen wäre. Das private Treffen am grundsätzlich freien Wochenende mit dem Zeugen D., der noch vor wenigen Wochen der Chef gewesen ist und erst seit kurzem und noch ohne Familiennachzug in M-Stadt tätig war, stand nach Überzeugung des Senats ohne vernünftige Zweifel im Vordergrund für den Vormittag des Sonntags. Nachdem jeder bereits den Samstag zu privaten Zwecken genutzt hatte, wollte man am Sonntag gemeinsam den Tag verbringen. Dies begann, wie die Zeugin C. schilderte, mit dem gemeinsamen Frühstück im Hotel und sollte zumindest das Mittagessen einschließen. Während der Stadtrundfahrt war geplant, die Fahrt ggf. zu unterbrechen und Besichtigungen vorzunehmen. Dass der Kläger sich, ohne Auftrag der Arbeitgeberin, verpflichtet gefühlt haben will, bei passender Gelegenheit zu versuchen, Informationen über die zu prüfende Abteilung der Außenstelle M-Stadt zu erlangen, vermag eine überwiegende fremdbestimmte Handlungstendenz nicht zu begründen. Darüber hinaus lässt die Verrichtung ,Stadtrundfahrt‘, so wie sie durchgeführt wurde, wie dargelegt auch objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz nicht erkennen (siehe hierzu oben und BSG, Urteil vom 09.11.2010, a. a. O.). Würde man eine derartige Objektivierung nicht verlangen, würde dies zu einem „Rund-um-die-Uhr-Schutz“ für Prüfer führen, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, der vom Gesetzgeber nicht gewollt ist.

Die abweichende Einschätzung des damaligen Abteilungsleiter E., dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt, begründete der Zeuge selbst nicht mit einer Prüfungstätigkeit, sondern „da der Aufenthaltsort dienstlich vorgegeben gewesen sei.“ Dies ist jedoch, wie oben dargelegt, nicht ausreichend für die Anerkennung des sachlichen Zusammenhangs zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und der generell versicherten Tätigkeit.

Auch nach weitergehender Amtsermittlung verbleibt es somit dabei, dass der innere sachliche Zusammenhang zwischen der generell versicherten Tätigkeit als Prüfer und der Stadtrundfahrt mit dem Bus nicht gegeben ist. Die Beklagte lehnte im Ergebnis zu Recht die Aufhebung des Bescheides vom 08.082008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2008 ab. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig
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published on 04/07/2013 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Re
published on 09/11/2010 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2010 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dort
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Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben dienen die nachfolgenden sozialen Rechte. Aus ihnen können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind.

(2) Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Der Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben dienen die nachfolgenden sozialen Rechte. Aus ihnen können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind.

(2) Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.