vorgehend
Sozialgericht Bayreuth, S 1 P 52/13, 11.10.2013

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.10.2013 wird zurückgewiesen.

II.

Die außergerichtlichen Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Berufungskläger Anspruch auf einen Zuschuss zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen wegen Reparaturkosten für eine elektrische Tür in Höhe von 547,70 Euro hat.

Der 1977 geborene Kläger ist bei der Beklagten in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Er leidet insbesondere an einer Arthrogrypose multiplex congenita (AMC) mit Gelenkversteifungen, Verkrümmung der Wirbelsäule und Einschränkung der Greiffunktion der Hände. Die oberen und unteren Extremitäten können nicht selbstständig bewegt werden, mit Ausnahme einzelner Finger. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 ist anerkannt. Der Kläger benötigt Hilfe für Transfers und für Umlagerungen. Seinen Elektrorollstuhl kann er mittels eines Fingers selbstständig bewegen.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) hat im Gutachten vom 21.03.2002 einen Grundpflegebedarf von 290 Min./Tag und Hilfebedarf in der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Min./Tag ermittelt. Hilfebedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist darin nicht enthalten; es erfolgten Hausbesuche der Ärzte. Der Kläger bewohnt seit 2008 eine eigene Wohnung, deren Wohnungstür unmittelbar nach draußen führt. Er arbeitet täglich in einer Werkstatt für behinderte Menschen.

Am 16.02.2009 hatte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Kostenübernahme von Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds gestellt wegen eines Umbaus des Bades und wegen des Einbaus eines Türöffnungs- bzw. Türschließsystems für die Wohnungseingangstüre. Der Kostenvoranschlag hinsichtlich der Tür belief sich auf 2.550,- Euro für einen Elektro-Hydraulik-Drehtürantrieb Typ EMSW mit ziehendem Armsystem inklusive Verkleidung, Programmschalter und elektrischem Schloss sowie Funkfernbedienung. Der MDK befürwortete nach Hausbesuch am 08.04.2009 die beantragten Umbaumaßnahmen. Sie würden der Erleichterung der häuslichen Pflege dienen. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22.05.2009 einen Zuschuss zur wohnumfeldverbessernden Maßnahme für den elektrischen Türöffner und den Einbau einer Badewanne in Höhe von 2.557,- Euro und veranlasste die Zahlung nach Eingang der Rechnung (vgl. Bescheid vom 10.60.2010).

Am 18.03.2013 ging bei der Beklagten ein Antrag des Klägers vom 10.03.2013 auf Kostenerstattung für die Reparatur seiner elektrischen Tür ein. Beigefügt war die Rechnung der Firma S. aus B-Stadt über die am 11.03.2013 erfolgte Reparatur. Ausweislich der Rechnung war der Drehgeber des elektrischen Drehtürantriebs ausgewechselt worden. Die Kosten in Höhe von insgesamt 547,40 Euro setzten sich zusammen aus 81;- Euro für die Arbeitszeit, 119,- Euro für die Ersatzteile und 260,- Euro Fahrtkostenpauschale, zuzüglich 19% Mehrwertsteuer. Der Kläger trug vor, die Reparatur sei eine funktionswiederherstellende Maßnahme und verwies zur Begründung seines Anspruchs auf das Urteil des Sozialgerichts Koblenz (SG Koblenz) vom 24.04.2009 unter dem Az. S 3 P 106/08.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.04.2013 die Erstattung der Kosten für die erfolgte Reparatur ab, weil bereits vier Jahre zuvor ein Zuschuss zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen für den Einbau der Tür gezahlt worden war. Reparaturen solcher Maßnahmen seien keine neuen Maßnahmen i. S. v. § 40 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und könnten nicht bezuschusst werden. Die Beklagte verwies auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG BaWü) vom 10.06.2011 unter dem Az. L 4 P 2397/10.

Der Kläger berief sich zur Begründung seines am 06.05.2013 eingegangenen Widerspruchs u. a. auf die Kommentierung im Kasseler Kommentar (zu § 40 SGB XI RdNr. 41). Das von der Beklagten zitierte LSG-Urteil habe jährliche funktionserhaltende Wartungskosten in relativ geringer Höhe betroffen und keine funktionswiederherstellenden Reparaturkosten in beträchtlicher Höhe wie hier. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2013 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der am 25.07.2013 beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger auf die elektrische Tür angewiesen sei, um seine Wohnung verlassen zu können, und dass die Reparatur nicht dieselbe Maßnahme sei wie die Anschaffung. Der Kläger habe die Tür auf eigene Kosten reparieren lassen müssen. Der eingebaute Motor sei aufgrund dauerhafter Nutzung altersbedingt kaputtgegangen. Im Extremfall bestehe aber sogar Anspruch auf Neuanschaffung. Bei rechtssystematischer Auslegung sei eine funktionswiederherstellende Maßnahme im Gegensatz zu funktionserhaltenen Maßnahmen wie eine Wartung als neue Maßnahme zu behandeln.

Das SG hat die Beteiligten mit Schreiben vom 04.09.2013 zur beabsichtigten Entscheidung mit Gerichtsbescheid angehört, die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.10.2013 abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen. Zuschüsse nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes seien auf 2.557,00 EUR je Maßnahme begrenzt. Dabei umfasse eine Maßnahme in diesem Sinn sämtliche Umbauten und technische Hilfen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verbesserung des Wohnumfeldes objektiv erforderlich sind. Ein weiterer Zuschuss komme erst in Betracht, wenn sich die Pflegesituation objektiv ändere und dadurch weitere Schritte zur Verbesserung des Wohnumfeldes erforderlich würden (z. B. durch Umzug vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R). Hier habe sich an der Notwendigkeit der elektrischen Haustür seit dem Zeitpunkt der Erstbezuschussung nichts geändert, so dass die Reparatur Teil dieser Maßnahme sei, für die der Höchstbetrag schon ausgeschöpft sei. Dem Ansatz des SG Koblenz (Az. S 3 P 106/08) mit Differenzierung zwischen funktionswiederherstellenden und funktionserhaltenden Maßnahmen sei nicht zu folgen. Entgegen der Kommentierung im Kasseler Kommentar habe das BSG im Urteil vom 03.11.1999 (Az. B 3 P 6/99 R) ausdrücklich offengelassen, ob ein zweiter Zuschuss bei unverändertem Pflegebedarf gewährt werden könne, wenn eine technische Hilfe, deren Einbau bereits bezuschusst worden war, wegen eines - nicht vom Pflegebedürftigen zu vertretenden - Defektes repariert oder ersetzt werden muss und dadurch Kosten in beträchtlicher Höhe anfallen. Es sei systemwidrig, wenn es bei gleichzeitiger Notwendigkeit eines Bündels aufwändiger Umbaumaßnahmen bei der Deckelung bliebe, bei späterer Reparatur einer erfolgten (Teil-) Maßnahme aber ein neuer Zuschuss bis zum Höchstbetrag zu gewähren sei. Das Gesetz biete keinen Ansatz für die Einflechtung weiterer Tatbestandsmerkmale wie „Kosten in beträchtlicher Höhe“ oder Kausalitäts-, Zurechnungs- bzw. Verschuldensprüfungen.

Mit der am 14.11.2013 beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel der Kostenerstattung weiter. Er trägt vor, die Deckelung des Gesetzgebers gelte nur für die Erstanschaffung, aber nicht bei funktionswiederherstellender Reparatur. Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 20.04.2016 wird verwiesen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.10.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 09.04.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag vom 18.03.2013 auf Gewährung eines Zuschusses für die Reparatur der elektrischen Tür vom 11.03.2013 als eine das Wohnumfeld verbessernde Maßnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des SG und des LSG Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden ist.

Gründe

A) Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere hat das SG die Berufung im Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen. Die Berufung erweist sich aber als unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung eines Zuschusses wegen der Reparaturkosten seiner elektrischen Tür.

Maßgebend für den Anspruch des Klägers ist § 40 Abs. 4 SGB XI, weil die Reparatur das eingebaute elektrische Türöffungs- und -schließsystem und damit eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes betraf. Zu Recht hatte die Beklagte dem Kläger im Jahr 2009 nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens u. a. für den Einbau dieser elektrischen Türschließanlage einen Zuschuss gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI gewährt.

Nach § 40 Abs. 4 SGB XI in der hier maßgeblichen, bis 31.12.2014 geltenden Fassung (i. d. F. d. Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung - Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) vom 23.10.2012, BGBl. I S. 2246 - im Folgenden § 40 Abs. 4 SGB XI a. F.) können die Pflegekassen Pflegebedürftigen bei häuslicher Pflege subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbstständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse durfte nach § 40 Abs. 4 Satz 2 SGB XI a. F. einen Betrag in Höhe von 2.557,- Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Versicherungsträger pflichtgemäß Ermessen auszuüben, ob (Entschließungsermessen) und in welcher Höhe er Zuschüsse gewährt (vgl. BSG Urteil vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R - Juris RdNr. 17; BSG Urteil vom 28.06.2001 - B 3 P 3/00 R - Juris RdNr. 16; BT-Drucks 12/5262 S. 114 zu § 36 SGB XI-Entwurf, Udsching, Kommentar zum SGB XI, 4. Auflage, zu § 40 RdNr. 32).

Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI sind zwar nicht auf die für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit maßgebenden Verrichtungen des täglichen Lebens (§ 14 Abs. 4 SGB XI) begrenzt; die Einstandspflicht der Pflegekassen ist jedoch nach der Konzeption des § 40 Abs. 4 SGB XI auf die Wahrung elementarer Bedürfnisse der Pflegebedürftigen beschränkt (vgl. BSG Urteil vom 17.07.2008 - B 3 P 12/07 R -Juris RdNr. 10 f. m. w. N.). Diese Zuschüsse haben primär den Zweck, das Verbleiben in häuslicher Pflege zu fördern und die Notwendigkeit der Heimpflege zu vermeiden und müssen deshalb zuvorderst zur Überwindung von Hindernissen beitragen, die dem Verbleib des Pflegebedürftigen in der häuslichen Umgebung und deren möglichst selbstständiger Nutzung entgegenstehen (vgl. BSG vom 17.07.2008 ebenda).

So zielt das Tatbestandsmerkmal „Ermöglichung oder erhebliche Erleichterung der häuslichen Pflege“ darauf ab, die Pflegebedürftigen möglichst lange in der häuslichen Wohnumgebung belassen und eine Heimunterbringung abwenden zu können. Daher „ermöglicht“ eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes die häusliche Pflege, wenn sie objektiv erforderlich ist, um die Pflege im häuslichen Umfeld erst durchführen zu können (vgl. BSG SozR 3-3300 § 40 Nr. 4 S.22). „Erheblich erleichtert“ wird sie, wenn ohne Durchführung der zu bezuschussenden Maßnahme eine Überforderung der Pflegeperson droht und deshalb eine stationäre Unterbringung des Pflegebedürftigen in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSG Urteil vom 17.07.2009 - B 3 P 12/07 R - SozR 4-3300 § 40 Nr. 9 - Juris RdNr. 11). In entsprechender Weise sind Maßnahmen zur Wiederherstellung einer möglichst selbstständigen Lebensführung (§ 40 Abs. 4 Satz 1, 2. Alt SGB XI) nur bezuschussungsfähig, soweit elementare Belange der Lebensführung betroffen sind (vgl. BSG Urteil vom 17.07.2009 a. a. O. Juris RdNr. 11 m. w. N.).

Der Einbau des Türöffnungssystems mit elektrischem Antrieb und einem über Funk steuerbaren Türschloss diente der Wiederherstellung der selbstständigen Lebensführung des Klägers, denn es ermöglichte ihm, selbst die Wohnungstür zu öffnen und zu schließen, selbstständig mittels elektrischen Rollstuhls die Wohnung zu verlassen und wieder aufzusuchen, selbst Besucher in die Wohnung einzulassen und sich selbstständig im unmittelbaren Wohnumfeld aufzuhalten (vgl. hierzu auch BSG Urteil vom 28.06.2001 - B 3 P 3/00 R - Juris RdNr. 12 zur Gegensprechanlage).

Die Ausstattung der Eingangstür mit der Vorrichtung zur elektrischen Türöffnung und -schließung unterfällt auch nicht als Versorgung mit (Pflege-) Hilfsmitteln den gegenüber § 40 Abs. 4 SGB XI vorrangigen Leistungsansprüchen nach § 33 SGB V oder § 40 Abs. 1, Abs. 3 SGB XI. Zwar dient die Vorrichtung dem Behinderungsausgleich des Klägers und seinem Grundbedürfnis des selbstständigen Wohnens im Sinne von § 33 SGB V (vgl. BSG vom 29.04.2010 - B 3 KR 5/09 R) und nach § 40 Abs. 1, Abs. 3 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf Pflegehilfsmittel, die dem Versicherten eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht von der Krankenversicherung oder einem anderen Leistungsträger zu leisten sind. Allerdings sind in Abgrenzung zu der Versorgung mit (Pflege-) Hilfsmitteln nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. hierzu und im Folgen insbesondere BSG vom 12.06.2008 - B 3 P 6/07 R - Juris) folgende Hilfen den Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes zuzurechnen: 1) Unabhängig vom Befestigungsgrad sind nach ihrem Zweck diejenigen Hilfen eine Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung, die eine Anpassung der konkreten Wohnumgebung an die Bedürfnisse des behinderten Menschen bezwecken und deshalb in einer anderen Wohnumgebung nicht notwendig ebenso benötigt werden. Darunter fallen u. a. Treppenlifter oder Aufzüge, mit denen die konkreten Verhältnisse der jeweiligen Wohnsituation an die Anforderungen des behinderten Menschen angepasst werden, oder der Einbau von Fenstern mit Griffen in rollstuhlgerechter Höhe, weil Zahl und Größe der Fenster von der konkreten Wohnumgebung abhängen (vgl. BSG a. a. O. Juris RdNr. 15 f.). Zu prüfen ist, ob Hilfen durch einen Wohnungswechsel funktionslos werden oder ob sie grundsätzlich in jeder Wohnumgebung in gleicher Weise mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung benötigt werden und einsatzbereit sein können (vgl. so BSG a. a. O. Juris RdNr. 16 mit Verweis auf § 31 SGB IX).

2) Ebenfalls dem Zweck nach sind solche Hilfen Maßnahmen der Wohnumfeldverbesserung, die in § 40 Abs. 4 SGB XI beispielsweise als „technische Hilfen im Haushalt“ angeführt sind. Nach den Gesetzesmaterialien ist dabei an Haltegriffe oder mit dem Rollstuhl unterfahrbare Einrichtungsgegenstände gedacht (vgl. BSG a.a.O- Juris RdNr. 17 mit Verweis auf BT-Drucks 12/5262 S.114). Nach dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 17.03.2013 zählen zu technischen Hilfen, die gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI bezuschusst werden können, u. a. eine maschinelle Absenkvorrichtung von Küchenoberschränken, die Schaffung von herausfahrbaren Unterschränken, im Schlafzimmer die Installation von Lichtschaltern und Steckdosen, die vom Bett aus zu erreichen sind, und im Eingangs- bzw. Ausgangsbereich die Installation von Türen mit pneumatischem Türantrieb oder ähnlichem. Dabei enthält dieses Rundschreiben Erläuterungen, aber keine nach außen wirkenden und die Gerichte bindenden Rechtsnormen (vgl. BSG vom 28.06.2001 - B 3 P 3/00 R - Juris RdNr. 11).

3) Unabhängig von ihrem Zweck stellen solche Hilfen eine Maßnahme der Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI dar, die der Wohn- oder Gebäudesubstanz auf Dauer hinzugefügt werden und bei Umzug nicht ohne Weiteres mitgenommen werden können (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG Urteil vom 12.06.208 - B 3 P 6/07 R - Juris RdNr. 18). Erforderlich ist eine wertende Betrachtung, die auf die Dauerhaftigkeit der Befestigung in zeitlicher Hinsicht abstellt. Danach scheidet die Zuordnung zur Hilfsmittelversorgung nach Sinn und Zweck des Mitnahmekriteriums aus, wenn die Hilfe so in das Gebäude eingebaut ist, dass sie nach der Verkehrsauffassung bei einem Umzug regelmäßig dort verbleiben wird und nicht mitgenommen wird, der Einbau also von Dauer ist (vgl. BSG ebenda). Das ist der Fall, wenn der Einbau selbst mit einem wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz verbunden ist oder der Ausbau der Hilfe mit so erheblichen Substanzeinbußen verbunden wäre, dass die Mitnahme nicht sinnvoll erscheint. Kann eine Hilfe dagegen bei Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibende Folgen ausgebaut und mit vertretbarem Anpassungsaufwand in eine neue Wohnung eingebaut werden, steht die Verbindung mit dem Gebäude einer Qualifizierung als Hilfsmittel nicht entgegen. So hat das BSG eine Deckenliftanlage (vgl. BSG Urteil vom 12.06.2008 - B 3 P 6/07 R - Juris) und eine Lichtsignalanlage (BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 5/09 R - Juris) nicht als Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI eingeordnet, weil dort die Befestigungen bzw. die Anlage ohne wesentliche Substanzbeeinträchtigung abbaubar waren und die Hilfen in einer anderen Wohnung in gleichem Maße einsetzbar und erforderlich waren. Bei einer festen Verbindung (z. B. Verbindungskabeln unter Putz /durch eine Wand; Einlassen von Halterungen in die Wände) liegt dagegen wegen dauerhafter Verbindung mit dem Gebäude eine Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI vor (vgl. so BSG vom 29.04.2010 - B 3 KR 5/09 R - Juris RdNr. 19).

Nach den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Bildern besteht die Anlage zur elektrischen Türöffnung- und -schließung aus einem Motor (Drehantrieb), einem ziehendem Gestänge zur Befestigung sowohl oben an der Tür als auch an der Wand mittels Schrauben, einem an der Wand angebrachten Funkempfänger, einem über Putz verlaufendem Kabel und einem über Funk steuerbaren Türschloss, dass das vorherige Türschloss ersetzt hat. Daher sind nach Überzeugung des Senats weder der Einbau noch die Entfernung der Anlage mit einem wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz verbunden.

Allerdings ist der Einbau des elektrischen Türöffnungs- und Schließsystem mit elektronischem Schloss und ziehendem Armsystem nach seinem Zweck als Maßnahme zur Wohnumfeldverbesserung anzusehen, weil er die konkrete Wohnumgebung an die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen anpasst und weil die Einsatzmöglichkeit der Anlage jeweils von den konkreten Wohnverhältnissen abhängt, u. a. von Art und Funktionsweise der Tür und den räumlichen Verhältnissen. Von Bedeutung für die Verwendbarkeit des Systems bzw. für eine Wiederverwendung nach Umzug ist u. a., ob es sich um eine Drehflügeltür oder um andere Türen handelt (z. B. Schiebetür, Doppelflügeltür etc.), ob Maße und Gewicht der Tür innerhalb des Leistungsbereichs der Anlage liegen, ob die räumlichen Verhältnisse und das Material der Tür eine ausreichend stabile Befestigung durch Anschrauben zulassen, ob ausreichend Platz für die Installation vorhanden ist und ob die Installation eines ziehenden Armsystems (Pull-System statt Druck- bzw. Push-System) möglich ist. Ferner hängt es von den konkreten Wohnverhältnissen ab, ob die vorhandene Anlage nach einem Umzug ein selbstständiges Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ermöglicht, da häufig neben einer Wohnungstür auch eine Haustür zu überwinden sind, so dass die notwendige Anzahl der Schließsysteme zum Erreichen des Zwecks variiert.

Daher sieht der Senat in Übereinstimmung mit den Beteiligten die Installation des Türöffnungs- und -schließsystems unter Berücksichtigung der BSG-Rechtsprechung nicht als Versorgung mit (Pflege-) Hilfsmitteln, sondern ebenso wie eine Versorgung mit pneumatischen Türen als Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI, die insoweit ggf. technische Hilfen miterfasst.

Aus diesem Grund richten sich auch Ansprüche des Klägers wegen der notwendigen Reparatur dieser Anlage nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Ein vorrangiger Leistungsanspruch gegen einen anderen Leistungsträger ist nicht ersichtlich. So sind Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. § 54 Abs. 1 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX) nicht vorrangig gegenüber dem Anspruch nach § 40 Abs. 4 SGB XI (vgl. Udsching, Kommentar zum SGB XI, 4. Auflage zu § 40 RdNr. 33 mit Verweis auf § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XII). Ein vorrangiger Anspruch auf Leistungen des Integrationsamts nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 d SGB IX i. V. m. § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX im Sinne einer begleitenden Hilfe im Arbeitsleben besteht nicht, weil der Kläger dauerhaft in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig ist, ohne Aussicht auf Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (zur Maßgeblichkeit der Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt§ 18 Abs. 2 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung; Seidel in Hauck/Noftz zu § 102 SGB IX RdNr. 49).

Dass der Kläger seinen Antrag auf Leistungen nach § 40 Abs. 4 SGB XI erst nach durchgeführter Reparatur gestellt hat, steht seinem Anspruch nicht entgegen. Denn ausreichend ist insoweit auch eine Antragstellung nach Durchführung (vgl. BSG Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 1/00 R - Juris RdNr. 22 ff.; BSG Urteil vom 28.06.2001 - B 3 P 3/00 R- Juris RdNr. 15).

Nach Überzeugung des Senats hat der Kläger aber für die erfolgte Reparatur - den Austausch des verschleißbedingt ausgefallenen Drehgebers - keinen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

Ob und unter welchen Voraussetzungen für Reparaturkosten von technischen Hilfen, für deren Einbau bereits ein Zuschuss unter Ausschöpfung des Höchstbetrags nach § 40 Abs. 4 SGB XI gewährt worden war, erneut Anspruch auf einen (weiteren) Zuschuss gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI dem Grunde nach entsteht, ist in der Rechtsprechung umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt.

Während der Gesetzgeber für den Anspruch von Pflegebedürftigen auf Versorgung mit technischen Pflegehilfsmitteln in § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI - entsprechend der damaligen Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V in der Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (vom 20.12.1988 - BGBl. I S. 2477) für die Hilfsmittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - ausdrücklich geregelt hat, dass dieser Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln umfasst, hat er in § 40 Abs. 4 SGB XI keine entsprechende Regelung für die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes aufgenommen, obwohl er bereits bei Schaffung des SGB XI als solche Maßnahmen ausdrücklich auch technische Hilfen im Haushalt vorgesehen hatte (vgl. BT-Drucks. 12/5262 S. 20 zu § 36 Gesetzentwurf bzw. S. 114).

Die Formulierung von § 40 Abs. 4 SGB XI zur Gewährung von Zuschüssen für „Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (...), beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt“ und die Materialien zum Gesetzentwurf des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) legen nahe, dass der Gesetzgeber lediglich die Umgestaltung des Wohnumfeldes bzw. die Beschaffung, Einfügung und Anpassung technischer Hilfen in den Haushalt begünstigen wollte. So nennen die Materialien zum Gesetzentwurf des PflegeVG als entsprechende Maßnahmen technische Hilfen im Haushalt, Umbaumaßnahmen wie die Verbreiterung von Türen, Einbau einer Dusche oder eines Treppenlifts sowie einfache, technische Hilfen wie Haltegriffe oder mit dem Rollstuhl unterfahrbare Einrichtungsgegenstände (vgl. BR-Drucks. 505/93 S. 114 zu § 36 Abs. 4 Gesetz-E; BT-Drucks 12/5262 S. 114 zu § 36 Abs. 4 Gesetz-E). Ausführungen zu Wartungs- oder Reparaturkosten als mögliche Maßnahmen im Rahmen von § 40 Abs. 4 SGB XI finden sich in den Gesetzesmaterialien nicht.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit Blick auf technische Pflegehilfsmittel i. S. v. § 40 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 SGB XI einen Sachleistungsanspruch geschaffen hat, der in der Höhe lediglich durch einen geringen Zuzahlungsanteil von 10%, maximal 25 Euro (bzw. vor 01.01.2002 maximal 50 DM) pro Pflegehilfsmittel, begrenzt ist. Demgegenüber ist der mit dem SGB XI neu eingeführte Anspruch wegen wohnumfeldverbessernder Maßnahmen nach § 40 Abs. 4 SGB XI vom Gesetzgeber von vornherein nur als teilweise Kostenbeteiligung an den vom Pflegebedürftigen in eigener Verantwortung durchgeführten Maßnahmen in beschränkter Höhe konzipiert. Das belegt die Ausgestaltung als Ermessensanspruch auf Gewährung von Zuschüssen bis zu einem Höchstbetrag von 5.000 DM bzw. ab 01.01.2002 von 2.557 Euro (vgl. § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI i. d. F. des Achten Euro-Einführungsgesetzes vom 23.10.2001, BGBl. I 2702) je Maßnahme, wobei bis zur Neufassung durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (PNG) vom 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246) mit Wirkung zum 30.10.2012 ein einkommensabhängiger Eigenanteil vorgesehen war. Dass der Gesetzgeber eine behindertengerechte Umgestaltung der Wohnung insgesamt als eine Verbesserungsmaßnahme ansah, beschränkt auf den Höchstbetrag (vgl. BT-Drucks. 12/5262 S. 114), bestätigt den Grundgedanken einer nicht umfassenden, sondern nur unterstützenden Zuschussgewährung (vgl. zu dem knappen finanziellen Rahmen der Konzeption auch BSG im Urteil vom 12.06.2008 - B 3 P 6/07 R - Juris RdNr. 16). Die wohnumfeldverbessernden Maßnahmen werden dabei nicht von der Pflegekasse übernommen bzw. geleistet, sondern der Pflegebedürftige selbst muss ggf. entsprechende Maßnahmen veranlassen.

Aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB XI und den der Bestimmung zugrundeliegenden Vorstellungen des Gesetzgebers ergibt sich ferner, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des Pflegebedarfs objektiv erforderlichen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelschritte (Einzelmaßnahmen) zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich „eine Maßnahme“ (Gesamtmaßnahme) im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen, auch wenn die zu diesem Zeitpunkt notwendigen Einzelmaßnahmen nicht in einem Auftrag zusammengefasst oder zeitlich nacheinander durchgeführt werden (vgl. so die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 03.11.1999 - B 3 P 6/99 R - Juris RdNr. 13; BSG Urteil vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R - Juris RdNr. 19). Die Gewährung eines zweiten Zuschusses kommt daher erst in Betracht, wenn sich die Pflegesituation objektiv ändert, z. B. durch Hinzutreten einer weiteren Behinderung oder altersbedingte Ausweitung des Pflegebedarfs, und dadurch im Laufe der Zeit weitere Schritte zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich werden, die (im Falle der nachträglichen Antragstellung) bei Durchführung der ersten Umbaumaßnahme bzw. (im Falle der vorangehenden Antragstellung) bei Beantragung des ersten Zuschusses noch nicht notwendig waren (vgl. BSG Urteil vom 03.11.1999 - B 3 P 6/99 R - Juris RdNr. 13; BSG Urteil vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R - Juris RdNr. 19).

Eine solche nachträgliche Änderung der Pflegesituation liegt auch dann vor, wenn wegen nachträglicher Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine Ausweitung des Pflegebedarfs eingetreten ist und dadurch ein Umzug in eine nicht behindertengerecht ausgestaltete Wohnung erforderlich geworden ist (vgl. so BSG Urteil vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R - Juris RdNr. 20). Außerdem hat das BSG in den nichttragenden Gründen dieser Entscheidung (BSG Urteil vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R - Juris RdNr. 23) ausgeführt, dass auch ein Umzug in eine andere nicht behindertengerechte Wohnung, der aus nachvollziehbaren Erwägungen und nicht mutwillig erfolgt, eine nachträgliche Änderung der Pflegesituation nach sich ziehen und einen erneuten Zuschuss rechtfertigen kann. Als nachvollziehbare Gründe hat das BSG u. a. einen Umzug aus beruflichen Gründen, aus einer Mietwohnung in geerbtes Wohneigentum oder in eine kleinere Wohnung zur Verringerung des Aufwands der Haushaltsführung wegen des eigenen Alters oder wegen des Alters der Ehefrau genannt.

Ausdrücklich offengelassen hat das BSG bislang allerdings die Frage, ob ein zweiter Zuschuss auch dann gewährt werden kann, wenn eine „Maßnahme“ nicht durch einen veränderten Pflegebedarf verursacht worden ist, sondern darauf beruht, dass eine technische Hilfe (z. B. ein Treppenlift), deren Einbau bereits bezuschusst worden ist, nach einem - nicht vom Pflegebedürftigen zu vertretenden - Defekt repariert oder ersetzt worden ist und dadurch erneut pflegebedingte Kosten in beträchtlicher Höhe angefallen sind (vgl. BSG Urteil vom 03.11.1999 - B 3 P 6/99 R - Juris RdNr. 13).

Vor diesem Hintergrund werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob und unter welchen Voraussetzungen für Reparaturkosten für eingebaute und bezuschusste technische Hilfen Anspruch auf einen (weiteren) Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI entstehen kann.

Das SG Koblenz hat im Urteil vom 24.04.2009 (S 3 P 106/08 - Juris) einen Anspruch nach § 40 Abs. 4 SGB XI wegen Reparaturkosten in Höhe von 2.029,03 Euro für einen Treppenlifter bejaht, für dessen Einbau bereits der Höchstbetrag des Zuschusses bewilligt worden war. Im Gegensatz zu funktionserhaltenden Maßnahmen wie Wartung seien funktionswiederherstellende Maßnahmen als neue Maßnahme bezuschussungsfähig. Zur Begründung führt das SG aus, dass die Reparatur des Treppenlifters noch nicht zum Zeitpunkt der Anschaffung notwendig gewesen sei und sich durch den Defekt die Pflegesituation nachträglich objektiv geändert (vgl. SG Koblenz a. a. O. Juris RdNr. 23). Zwar habe der Gesetzgeber nicht jede Reparatur oder Wartung von erfolgten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen als bezuschussungsfähig angesehen hat, weil Kostenerstattung für Reparaturen nur für Pflegehilfsmittel nach § 40 Abs. 3 SGB XI vorgesehen sei. Allerdings sei ein Treppenlifter aus Laiensicht eher als technisches Hilfsmittel zu betrachten und der Gesetzgeber habe offenbar übersehen, dass Geräte wegen Verschleißerscheinungen ggf. nicht nur repariert, sondern erneuert werden müssten; bei rechtssystematischer Auslegung - so das SG Koblenz - müssten erhebliche Reparaturen als neue Maßnahme behandelt werden (vgl. SG Koblenz a. a. O.Juris RdNr. 24 f.).

Das LSG Baden-Württemberg hat im Urteil vom 10.06.2011 (L 4 P 2397/10 - Juris) einen Anspruch des dortigen Klägers auf Wartungskosten für einen Treppenlift abgelehnt, weil der Höchstbetrag des Zuschusses bereits ausgeschöpft sei und die Wartung eine funktionserhaltende und keine „neue“ Maßnahme sei, zumal sie bereits bei Abschluss des Wartungsvertrages dem Grunde nach feststehe. Auch Reparaturen des Treppenlifts seien nicht zu erstatten (vgl. LSG BaWÜ a. a. O. Juris RdNr. 23).

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat im Urteil vom 26.11.2014 (L 10 P 95/14, Juris, derzeit Revision anhängig unter dem Az. B 3 P 2/15 R) ausgeführt, dass gerade § 40 Abs. 3 SGB XI verdeutliche, dass der Gesetzgeber bei Pflegehilfsmitteln „Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen“ als zu erstattende Folgekosten im Blick hatte. Bei wohnumfeldverbessernden Maßnahme habe sich der Gesetzgeber hingegen für einen finanziellen Zuschuss je Maßnahme entschieden und damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Beteiligung der Pflegekassen auf diesen einmaligen, finanziell in der Höhe begrenzten Zuschuss beschränken wollte und dass er diesen Anspruch nach geleistetem Zuschuss als erfüllt ansehe (vgl. LSG NW a. a. O. Juris RdNr. 18 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 17.07.2008, B 3 P 12/07 R, Juris RdNr. 21). Daher würden weder laufende Betriebskosten (wie Strom) noch Aufwendungen für Wartung und Reparaturen von diesem Zuschuss umfasst. Für die vom SG Koblenz vorgenommene Differenzierung zwischen funktionswiederherstellenden Maßnahmen (erhebliche Reparatur) und funktionserhaltenden Maßnahmen (Wartung) sah das Gericht keinen Raum, solange sich der Pflegebedarf nicht objektiv ändere (LSG NW ebenda).

Der Senat sieht in Übereinstimmung mit dem LSG Nordrhein-Westfalen und abweichend von den Ausführungen des SG Koblenz keinen Grund für die Annahme, dass der Gesetzgeber die Einbeziehung von Instandsetzungs- bzw. Reparaturkosten von technischen Hilfen im Haushalt im Rahmen von § 40 Abs. 4 SGB XI systemwidrig bzw. versehentlich unterlassen hat. Vielmehr spricht die ausdrückliche Regelung eines entsprechenden Anspruchs nur für technische Pflegehilfsmittel in § 40 Abs. 3 SGB XI und nicht in § 40 Abs. 4 SGB XI für eine bewusst unterschiedliche Gestaltung des Anspruchsumfangs, zumal der Gesetzgeber keine der zahlreichen Pflegereformen zum Anlass für eine Gesetzesänderung genommen hat. Das gilt insbesondere für das Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) vom 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246), mit dem die Regelung zur Berücksichtigung eines angemessenen Eigenanteils des Pflegebedürftigen abgeschafft und die Gewährung von Zuschüssen bei mehreren Pflegebedürftigen in einer gemeinsamen Wohnung neu geregelt wurde, und für das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (PSG I) vom 17.12.2014 (BGBl. i S. 2222), mit dem der Höchstbetrag des Zuschusses angehoben worden ist.

Dabei trägt die unterschiedliche Gestaltung hinsichtlich der Folgekosten für Wartung und Reparatur der unterschiedlichen Konzeption der Ansprüche auf technische Pflegehilfsmittel und auf Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen Rechnung: Denn die Pflegekasse ist als Sachleistungsträger für die Versorgung mit technischen Pflegehilfsmitteln verantwortlich, einschließlich einer ggf. zu treffenden Auswahl unter verschiedenen in Betracht kommenden Hilfsmitteln; dieser grundlegenden Verantwortung entspricht die ausdrücklich geregelte Zuständigkeit für notwendige Änderungen, Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen technischer Pflegehilfsmittel. Korrespondierend dazu kann die Bewilligung technischer Pflegehilfsmittel davon abhängig gemacht werden, dass die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen lassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen (§ 40 Abs. 3 S. 2 SGB XI).

Dagegen ist angesichts der Zuschussregelung in § 40 Abs. 4 SGB XI der Einfluss der Pflegekasse darauf, ob und welche wohnumfeldverbessernden Maßnahmen der Pflegebedürftige ergreift, begrenzt. Das gilt insbesondere, wenn die Anpassung des Wohnraums ein Bündel notwendiger Maßnahmen umfasst und der Pflegebedürftige aus finanziellen Gründen eine Auswahl (vorrangig) durchzuführender Maßnahmen trifft.

Deswegen besteht nach Ansicht des Senats unter Berücksichtigung von Gesetzessystematik und Konzeption der Ansprüche für Folgekosten solcher Maßnahmen in Form von Reparaturkosten für technische Hilfen grundsätzlich kein Anspruch nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

Der Senat hält einen Anspruch auf notwendige Reparaturkosten für eine bereits bezuschusste Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI allenfalls unter engen Voraussetzungen für vertretbar, die hier nicht erfüllt sind. Aus der Gestaltung von § 40 Abs. 4 SGB XI unter Berücksichtigung der oben genannten BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG Urteil vom 03.11.1999 - B 3 P 6/99 R und vom 19.04.2007 - B 3 P 8/06 R, beide veröffentlicht in Juris) ist zu entnehmen, dass der berücksichtigungsfähige Bedarf im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI insbesondere von zwei Komponenten bestimmt wird, nämlich dem individuellen Wohnumfeld und dem Pflegebedarf des Versicherten. Dementsprechend kann neben der gesundheitsbedingten Ausweitung von Pflegebedarf auch eine Änderung des Wohnumfeldes durch Umzug in eine andere Wohnung eine nachträgliche Änderung bedingen, die neue Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich macht und damit einen erneuten Anspruch auf Zuschuss begründen kann. Davon ausgehend kommt eine Änderung des individuellen Wohnumfeldes ferner dann in Betracht, wenn eine eingebaute technische Hilfe im Haushalt vollständig zerstört wird bzw. vollständig ersetzt werden muss. Denn in einem solchen Fall wandelt sich das individuelle Wohnumfeld nachträglich auch ohne Umzug (wieder) wesentlich in ein Wohnumfeld (zurück), das eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme im Sinne einer Neuanschaffung erfordert. Daher erscheint es dem Senat vertretbar, eine wesentliche nachträgliche Änderung des objektiven Hilfebedarfs wegen wesentlicher Änderung des individuellen Wohnumfeldes anzunehmen, wenn eine bereits bezuschusste technische Hilfe im Haushalt wegen eingetretener Gebrauchsunfähigkeit vollständig ersetzt werden muss oder wenn eine notwendige Reparatur zur Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit zwar möglich ist, wirtschaftlich aber einer Ersatz- bzw. Erstanschaffung gleichkommt.

Das vom SG Koblenz zugrunde gelegte Kriterium, ob eine Reparatur funktionswiederherstellend ist (vgl. Urteil vom 24.04.2009 - S 3 P 106/08 Juris), ist nach Ansicht des Senats nicht ausreichend für die Annahme einer neuen Maßnahme, die einen Anspruch auf einen weiteren Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI auslöst. Denn bei technischen Geräten können selbst leicht zu ersetzende, dem Verschleiß unterliegende Bestandteile bereits die Funktion lahmlegen. Letztlich wäre auch der Austausch von Batterien für eine Fernbedienung eine notwendige funktionswiederherstellende Maßnahme. Die Anwendung dieses Kriteriums hätte zur Folge, dass selbst bei geringfügigen Defekten technischer Hilfsmittel stets ein erneuter Anspruch auf einen Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI bis zum Höchstbetrag entsteht und liefe auf einen regelmäßigen Anspruch auf Übernahme von Instandsetzungskosten hinaus, was im Widerspruch zu den oben dargelegten unterschiedlichen Regelungen von § 40 Abs. 3 SGB XI und § 40 Abs. 4 SGB XI und zu der vom Gesetzgeber angelegten engen finanziellen Begrenzung der Zuschussregelung je Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI stünde. So geht auch das SG Koblenz davon aus, dass der Gesetzgeber nicht jede Wartung oder Reparatur als bezuschussungsfähig angesehen hat (vgl. SG Koblenz a.a.O, Juris RdNr. 23).

Im Fall des Klägers war die Reparatur aber weder nach ihrem Umfang noch angesichts der damit verbundenen Kosten mit einer Neu- oder Erstanschaffung der Türschließanlage vergleichbar. Es musste lediglich der Drehgeber am Drehtürantrieb ausgetauscht werden. Dafür wurde eine Arbeitszeit von 75 Min. mit 96,39 Euro (inklusive Umsatzsteuer) abgerechnet; weiter betrugen die Kosten für die Ersatzteile 141,61,- Euro (inklusive Umsatzsteuer) und für die Fahrtkostenpauschale 309,40 Euro (inkl. Umsatzsteuer). Damit waren die Aufwendungen von insgesamt 547,40 Euro mit der Neuanschaffung der Anlage angesichts damaliger Kosten von 2.550,- Euro (ohne Mehrwertsteuer) nicht vergleichbar. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf einen weiteren Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI wegen der angefallenen Reparaturkosten.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

C) Angesichts der unterschiedlichen Rechtsprechung und fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung des BSG zur der Problematik lässt der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zu.

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Tenor 1. Der Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Reparatur des Treppenlifters des Klägers zu bezuschussen. 3. Die Beklagte hat die

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Tenor

1. Der Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Reparatur des Treppenlifters des Klägers zu bezuschussen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Kosten der Reparatur seines Treppenlifters.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.08.2003 Leistungen nach Pflegestufe II. Im Dezember 2002 kaufte der Kläger einen Treppenlifter, der von der Beklagten am 27.12.2002 mit 2.557,00 € nach § 40 Elftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bezuschusst wurde.

3

Im Juni 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Treppenlifter sich nicht mehr bewege und reparaturbedürftig sei. Er fügte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von 2.029,03 € bei und beantragte hierfür einen Zuschuss nach § 40 SGB XI. Der Kläger legte zudem ein Attest von Dr. R vor, der die Reparatur für den Treppenlifter aufgrund der Multiplen Skleroseerkrankung des Klägers befürwortete.

4

Mit Bescheid vom 29.06.2007 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Reparatur des Treppenlifters ab. Bereits am 27.12.2002 habe sie im Rahmen einer Wohnumfeldgestaltung (Einbau eines Treppenlifters) einen Zuschuss in Höhe des möglichen Höchstbetrages von 2.557,00 € gezahlt. Eine erneute Kostenerstattung für die gleiche Maßnahme sei daher nicht möglich. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 zurück. Bei einer Reparatur von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen könne nicht nochmals ein Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme geleistet werden.

5

Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das Gericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft erfolgt, da nicht überprüft worden sei, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Kläger diesen unverhältnismäßig belaste und inwieweit die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts verschlechtert werde.

6

Mit Bescheid vom 17.10.2008 hat die Beklagte es wiederum abgelehnt, einen Zuschuss zu den Reparaturkosten des Treppenlifts als Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts K sei nicht zu prüfen, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Antragsteller diesen unverhältnismäßig belaste. Im gemeinsamen Rundschreiben zum Pflegeversicherungsgesetz der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10.10.2002 sei ausgeführt, dass wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, deren Einbau bzw. Umbau bereits von der Pflegekasse bezuschusst worden sei und die repariert werden müssten, nicht nochmals als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bezuschusst werden könnten.

7

Es handele sich auch nicht um eine erneute Maßnahme, für die erneut ein Zuschuss gezahlt werden könnte. Der Treppenlifter sei 2002 wegen der erheblich eingeschränkten Gehfähigkeit zur Überwindung der Treppe eingebaut worden. An dieser Situation habe sich nichts verändert.

8

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 zurück. Es liege kein veränderter Pflegebedarf und somit keine neue Maßnahme vor.

9

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2008 beim Sozialgericht erhobene Klage.

10

Der Kläger ist der Ansicht, die Reparatur des Treppenlifters müsse bezuschusst werden, da er ihn dringend zum Erreichen seines Schlafzimmers benötige. Zum einen sei die Reparatur nach § 40 Abs. 3 SGB XI zu zahlen, zum anderen sei der Treppenlifter nicht für die Ewigkeit gebaut und müsse daher auch mal repariert werden.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Instandsetzung des Treppenlifters zu übernehmen bzw. zumindest zu bezuschussen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Ansicht, sie könne nur dann einen weiteren Zuschuss zahlen, wenn es sich um eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI handele. Da sich die Pflegebedürftigkeit des Klägers aber nicht geändert habe, sei die Maßnahme dieselbe wie noch bei der Anschaffung des Treppenlifters im Jahr 2002.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist auch begründet.

18

Die Beklagte ist unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Reparatur des Treppenlifters zu bezuschussen.

19

Der Anspruch des Klägers richtet sich vorliegend nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Wie bereits im Urteil vom 05.08.2008 ausgeführt, kommt entgegen der Auffassung des Klägers die Erstattung der Reparaturkosten nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI vorliegend nicht in Betracht. Der Treppenlifter ist kein Hilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 3 SGB XI. Dies hat auch bereits das BSG in seinem Urteil vom 03.11.1999 (Az.: B 3 P 6/99 R) entschieden.

20

Der Anspruch des Klägers richtet sich vielmehr nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

21

Nach § 40 Abs. 4 SGB XI können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch eine möglichst selbständige Lebensführung wiederhergestellt oder die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich vor, denn der Kläger kann ohne den Treppenlifter sein Schlafzimmer nur dann erreichen, wenn er von anderen die Treppe hoch getragen wird. Auch morgens kommt er erst in Wohnzimmer und Küche, wenn ihn jemand hinunter trägt. So hatte der Kläger nach seinen Angaben auch während der Zeit des Stillstandes des Treppenlifters im Wohnzimmer geschlafen, da er keine Möglichkeit hatte, sein Bett zu erreichen. Die häusliche Pflege wird daher durch einen funktionstüchtigen Treppenlifter offensichtlich erheblich erleichtert. Auch eine selbständigere Lebensführung wird durch die Reparatur des Treppenlifters wiederhergestellt.

22

Der Bezuschussung der Reparatur des Treppenlifters steht auch § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI nicht entgegen. Hiernach dürfen die Zuschüsse einen Betrag in Höhe von 2.557,00 € je Maßnahme nicht übersteigen. Zwar ist bereits für die Anschaffung des Treppenlifters ein Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € gezahlt worden, die Reparatur des Treppenlifters stellt aber zur Überzeugung der Kammer nicht dieselbe Maßnahme dar, wie die Anschaffung des Treppenlifters. Aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB XI ergibt sich, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des objektiven Pflegebedarfs notwendigen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich eine einzige Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen.

23

Die Reparatur des Treppenlifters war offensichtlich zum Zeitpunkt der Anschaffung des Treppenlifters noch nicht notwendig und stellt daher zur Überzeugung der Kammer eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI dar. Wie das BSG in seinem Urteil vom 19.04.2007 - Az.: B 3 P 8/06 R - ausgeführt hat, ist es nicht erforderlich, dass eine Ausweitung des Pflegebedarfs eingetreten ist. Diese stellt lediglich die wohl häufigste Variante einer nachträglichen Änderung der Pflegesituation dar. Maßgeblich ist nach den Ausführungen des BSG - denen sich die Kammer anschließt - allein die nachträgliche objektive Änderung der Pflegesituation. Es ist abzugrenzen, ob verschiedene Einzelmaßnahmen eine Gesamtmaßnahme darstellen, die nur ein Mal bezuschusst werden kann oder ob es sich rechtlich um zwei verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen handelt, die dann mehrfach bezuschusst werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber offensichtlich nicht jede Reparatur oder Wartung von erfolgten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen als bezuschussungsfähig angesehen hat, da die Kostenerstattung für Reparaturen nur für Pflegehilfsmittel nach § 40 Abs. 3 SGB XI vorgesehen ist. Nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI umfasst der Anspruch bei Pflegehilfsmitteln auch die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung.

24

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Treppenlifter aus Laiensicht wohl eher als technisches Hilfsmittel betrachtet wird und erst durch den dauerhaften Einbau zu einer wohnumfeldverbessernden Maßnahme wird. Auch wird von dem Begriff der wohnumfeldverbessernden Maßnahme, grundsätzlich der Umbau der Wohnung, wie z. B. die Verbreiterung von Türen oder der Umbau des Badezimmers, z. B. durch einen höhenverstellbaren Waschtisch oder ein erhöhtes WC, umfasst. An Geräte, die Verschleißerscheinungen zeigen und gegebenenfalls nicht nur repariert, sondern auch erneuert werden müssen, hat der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht. Dass hierdurch dann - wie vorliegend - ganz erhebliche Kosten für den Pflegebedürftigen entstehen können, muss aber auch berücksichtigt werden, insbesondere wird die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts ganz erheblich verschlechtert. Sein Hilfebedarf steigt dadurch, dass er dann die Treppe hinauf und hinunter getragen werden muss, ganz erheblich an.

25

Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass bei einer rechtssystematischen Auslegung funktionswiederherstellende Maßnahmen - wie vorliegend eine erhebliche Reparatur - im Gegensatz zu funktionserhaltenen Maßnahmen (wie z. B. eine Wartung) als eine neue Maßnahme zu behandeln sind.

26

Da die Beklagte trotz der entsprechenden Verurteilung die Rechtsauffassung des Gerichts im neuen Bescheid vom 17.10.2008 und im Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 nicht ausreichend beachtet hat, hat vorliegend - trotz einer grundsätzlichen Ermessensentscheidung der Beklagten über das "Ob" der Bewilligung eines Zuschusses - eine Verurteilung zur grundsätzlichen Bezuschussung zu erfolgen.

27

Nach alledem ist bei der Berücksichtigung des Gesamtsystems zumindest bei erheblichen Reparaturkosten - wie vorliegend von über 2.000,00 € - die Reparatur als neue Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes anzusehen.

28

Die Höhe der Bezuschussung steht dagegen noch im Ermessen der Beklagten.

29

Nach alledem musste die Klage Erfolg haben.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Tenor

1. Der Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Reparatur des Treppenlifters des Klägers zu bezuschussen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Kosten der Reparatur seines Treppenlifters.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.08.2003 Leistungen nach Pflegestufe II. Im Dezember 2002 kaufte der Kläger einen Treppenlifter, der von der Beklagten am 27.12.2002 mit 2.557,00 € nach § 40 Elftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bezuschusst wurde.

3

Im Juni 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Treppenlifter sich nicht mehr bewege und reparaturbedürftig sei. Er fügte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von 2.029,03 € bei und beantragte hierfür einen Zuschuss nach § 40 SGB XI. Der Kläger legte zudem ein Attest von Dr. R vor, der die Reparatur für den Treppenlifter aufgrund der Multiplen Skleroseerkrankung des Klägers befürwortete.

4

Mit Bescheid vom 29.06.2007 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Reparatur des Treppenlifters ab. Bereits am 27.12.2002 habe sie im Rahmen einer Wohnumfeldgestaltung (Einbau eines Treppenlifters) einen Zuschuss in Höhe des möglichen Höchstbetrages von 2.557,00 € gezahlt. Eine erneute Kostenerstattung für die gleiche Maßnahme sei daher nicht möglich. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 zurück. Bei einer Reparatur von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen könne nicht nochmals ein Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme geleistet werden.

5

Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das Gericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft erfolgt, da nicht überprüft worden sei, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Kläger diesen unverhältnismäßig belaste und inwieweit die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts verschlechtert werde.

6

Mit Bescheid vom 17.10.2008 hat die Beklagte es wiederum abgelehnt, einen Zuschuss zu den Reparaturkosten des Treppenlifts als Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts K sei nicht zu prüfen, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Antragsteller diesen unverhältnismäßig belaste. Im gemeinsamen Rundschreiben zum Pflegeversicherungsgesetz der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10.10.2002 sei ausgeführt, dass wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, deren Einbau bzw. Umbau bereits von der Pflegekasse bezuschusst worden sei und die repariert werden müssten, nicht nochmals als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bezuschusst werden könnten.

7

Es handele sich auch nicht um eine erneute Maßnahme, für die erneut ein Zuschuss gezahlt werden könnte. Der Treppenlifter sei 2002 wegen der erheblich eingeschränkten Gehfähigkeit zur Überwindung der Treppe eingebaut worden. An dieser Situation habe sich nichts verändert.

8

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 zurück. Es liege kein veränderter Pflegebedarf und somit keine neue Maßnahme vor.

9

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2008 beim Sozialgericht erhobene Klage.

10

Der Kläger ist der Ansicht, die Reparatur des Treppenlifters müsse bezuschusst werden, da er ihn dringend zum Erreichen seines Schlafzimmers benötige. Zum einen sei die Reparatur nach § 40 Abs. 3 SGB XI zu zahlen, zum anderen sei der Treppenlifter nicht für die Ewigkeit gebaut und müsse daher auch mal repariert werden.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Instandsetzung des Treppenlifters zu übernehmen bzw. zumindest zu bezuschussen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Ansicht, sie könne nur dann einen weiteren Zuschuss zahlen, wenn es sich um eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI handele. Da sich die Pflegebedürftigkeit des Klägers aber nicht geändert habe, sei die Maßnahme dieselbe wie noch bei der Anschaffung des Treppenlifters im Jahr 2002.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist auch begründet.

18

Die Beklagte ist unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Reparatur des Treppenlifters zu bezuschussen.

19

Der Anspruch des Klägers richtet sich vorliegend nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Wie bereits im Urteil vom 05.08.2008 ausgeführt, kommt entgegen der Auffassung des Klägers die Erstattung der Reparaturkosten nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI vorliegend nicht in Betracht. Der Treppenlifter ist kein Hilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 3 SGB XI. Dies hat auch bereits das BSG in seinem Urteil vom 03.11.1999 (Az.: B 3 P 6/99 R) entschieden.

20

Der Anspruch des Klägers richtet sich vielmehr nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

21

Nach § 40 Abs. 4 SGB XI können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch eine möglichst selbständige Lebensführung wiederhergestellt oder die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich vor, denn der Kläger kann ohne den Treppenlifter sein Schlafzimmer nur dann erreichen, wenn er von anderen die Treppe hoch getragen wird. Auch morgens kommt er erst in Wohnzimmer und Küche, wenn ihn jemand hinunter trägt. So hatte der Kläger nach seinen Angaben auch während der Zeit des Stillstandes des Treppenlifters im Wohnzimmer geschlafen, da er keine Möglichkeit hatte, sein Bett zu erreichen. Die häusliche Pflege wird daher durch einen funktionstüchtigen Treppenlifter offensichtlich erheblich erleichtert. Auch eine selbständigere Lebensführung wird durch die Reparatur des Treppenlifters wiederhergestellt.

22

Der Bezuschussung der Reparatur des Treppenlifters steht auch § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI nicht entgegen. Hiernach dürfen die Zuschüsse einen Betrag in Höhe von 2.557,00 € je Maßnahme nicht übersteigen. Zwar ist bereits für die Anschaffung des Treppenlifters ein Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € gezahlt worden, die Reparatur des Treppenlifters stellt aber zur Überzeugung der Kammer nicht dieselbe Maßnahme dar, wie die Anschaffung des Treppenlifters. Aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB XI ergibt sich, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des objektiven Pflegebedarfs notwendigen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich eine einzige Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen.

23

Die Reparatur des Treppenlifters war offensichtlich zum Zeitpunkt der Anschaffung des Treppenlifters noch nicht notwendig und stellt daher zur Überzeugung der Kammer eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI dar. Wie das BSG in seinem Urteil vom 19.04.2007 - Az.: B 3 P 8/06 R - ausgeführt hat, ist es nicht erforderlich, dass eine Ausweitung des Pflegebedarfs eingetreten ist. Diese stellt lediglich die wohl häufigste Variante einer nachträglichen Änderung der Pflegesituation dar. Maßgeblich ist nach den Ausführungen des BSG - denen sich die Kammer anschließt - allein die nachträgliche objektive Änderung der Pflegesituation. Es ist abzugrenzen, ob verschiedene Einzelmaßnahmen eine Gesamtmaßnahme darstellen, die nur ein Mal bezuschusst werden kann oder ob es sich rechtlich um zwei verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen handelt, die dann mehrfach bezuschusst werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber offensichtlich nicht jede Reparatur oder Wartung von erfolgten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen als bezuschussungsfähig angesehen hat, da die Kostenerstattung für Reparaturen nur für Pflegehilfsmittel nach § 40 Abs. 3 SGB XI vorgesehen ist. Nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI umfasst der Anspruch bei Pflegehilfsmitteln auch die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung.

24

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Treppenlifter aus Laiensicht wohl eher als technisches Hilfsmittel betrachtet wird und erst durch den dauerhaften Einbau zu einer wohnumfeldverbessernden Maßnahme wird. Auch wird von dem Begriff der wohnumfeldverbessernden Maßnahme, grundsätzlich der Umbau der Wohnung, wie z. B. die Verbreiterung von Türen oder der Umbau des Badezimmers, z. B. durch einen höhenverstellbaren Waschtisch oder ein erhöhtes WC, umfasst. An Geräte, die Verschleißerscheinungen zeigen und gegebenenfalls nicht nur repariert, sondern auch erneuert werden müssen, hat der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht. Dass hierdurch dann - wie vorliegend - ganz erhebliche Kosten für den Pflegebedürftigen entstehen können, muss aber auch berücksichtigt werden, insbesondere wird die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts ganz erheblich verschlechtert. Sein Hilfebedarf steigt dadurch, dass er dann die Treppe hinauf und hinunter getragen werden muss, ganz erheblich an.

25

Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass bei einer rechtssystematischen Auslegung funktionswiederherstellende Maßnahmen - wie vorliegend eine erhebliche Reparatur - im Gegensatz zu funktionserhaltenen Maßnahmen (wie z. B. eine Wartung) als eine neue Maßnahme zu behandeln sind.

26

Da die Beklagte trotz der entsprechenden Verurteilung die Rechtsauffassung des Gerichts im neuen Bescheid vom 17.10.2008 und im Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 nicht ausreichend beachtet hat, hat vorliegend - trotz einer grundsätzlichen Ermessensentscheidung der Beklagten über das "Ob" der Bewilligung eines Zuschusses - eine Verurteilung zur grundsätzlichen Bezuschussung zu erfolgen.

27

Nach alledem ist bei der Berücksichtigung des Gesamtsystems zumindest bei erheblichen Reparaturkosten - wie vorliegend von über 2.000,00 € - die Reparatur als neue Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes anzusehen.

28

Die Höhe der Bezuschussung steht dagegen noch im Ermessen der Beklagten.

29

Nach alledem musste die Klage Erfolg haben.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte.

2

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Akustische Signale wie zB eine Türklingel kann sie auch mit Hörgeräten nicht wahrnehmen. Ende Dezember 2005 beantragte sie mit vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, die akustische Signale mittels Blitzlampen in optische Signale umwandelt. Nach dem beigefügten Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 22.12.2005 sollte die Lichtsignalanlage aus folgenden Einzelteilen bestehen: 1 TAE-Dreifachadapter zu 13,50 Euro; 1 Türklingelkabel galvanisch, 10 Meter, zu 9,20 Euro; 1 Lisa time Universalwecker zu 212 Euro; 1 Kombisender galvanisch zu 156 Euro; 1 Telefonkabel galvanisch, 10 Meter, zu 7,30 Euro; 1 Vibrationskissen nebst 3 Mignon-Batterien zu 34 Euro sowie 3 Blitzlampen Standard zu 348 Euro. Insgesamt ergaben sich Kosten in Höhe von 780 Euro.

3

Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab (Bescheid vom 27.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007): Die Lichtsignalanlage könne von der Klägerin bei einem Wohnungswechsel nicht mitgenommen werden, weil nach der gewählten Ausführung eine Kabelverbindung zwischen Sender und Türklingel erforderlich sei. Bei der Lichtsignalanlage handele es sich also nicht um ein Hilfsmittel der GKV, sondern um eine - in die Zuständigkeit der Pflegekassen fallende - Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs 4 SGB XI); nur wegen der individuellen Wohnsituation würden drei Blitzlampen benötigt. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Lichtsignalanlage gemäß Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 zu übernehmen (Urteil vom 25.2.2009): Die Lichtsignalanlage sei nicht fest mit dem Wohngebäude verbunden und könne in jeder anderen Wohnung mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung eingesetzt werden, sodass die Anlage ein Hilfsmittel der GKV darstelle (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht eingeschränkt, weil die Ausstattung mit drei Blitzlampen nicht unverhältnismäßig sei.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 33 SGB V. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Tatsachen müsse davon ausgegangen werden, dass die Lichtsignalanlage fest mit dem Gebäude verbunden sei; diese könne folglich kein Hilfsmittel der GKV sein. Eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V scheide zudem deshalb aus, weil die Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Vergleichbare - aber deutlich preiswertere - Geräte würden in Arbeitsbereichen mit hohem Lärmpegel sowie in Tonstudios und Callcentern zum Einsatz kommen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2009 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Aurich vom 31.5.2007 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage zu, weil es sich um ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V handelt, das seiner Art und Funktion nach im Fall der Klägerin zum Behinderungsausgleich auch geeignet und notwendig ist. Es lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen des LSG aber nicht entnehmen, ob zum Behinderungsausgleich sämtliche Komponenten der Lichtsignalanlage erforderlich sind, die im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind. Das LSG hat die Beklagte zur Hilfsmittelversorgung gemäß diesem Kostenvoranschlag verurteilt, ohne auf die Erforderlichkeit der einzelnen Komponenten näher einzugehen. Außerdem ist zu klären, ob es zu den einzelnen Komponenten - deren Erforderlichkeit unterstellt - preisgünstigere, aber ebenso geeignete Alternativen gibt, wovon die Beklagte ausgeht. Diese Feststellungen hat das LSG im erneut durchzuführenden Berufungsverfahren nachzuholen.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage in Form sämtlicher Einzelbestandteile, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt und in einem inhaltsgleichen Kostenvoranschlag vom 2.1.2006 wiederholt worden sind. Nicht zum Streitgegenstand gehören hingegen zwei "Bescheide" der Beklagten vom 27.12.2005, mit denen zum Einen die Versorgung der Klägerin mit einem Lichtwecker für 95 Euro bewilligt und zum Anderen die Versorgung mit den übrigen Komponenten der Lichtsignalanlage abgelehnt werden sollte. Diese "Bescheide" haben das Stadium eines Entwurfs nicht überschritten, sind der Klägerin nicht bekannt gegeben (§ 37 SGB X) und deshalb auch nicht wirksam geworden (§ 39 SGB X). Sie finden sich dementsprechend nur als Entwürfe in den Verwaltungsakten. Die Klägerin ist mit dem Lichtwecker auch nicht versorgt worden. Grund für die unterbliebene Bekanntgabe beider Bescheide war die Unklarheit der ersten von der Klägerin eingereichten vertragsärztlichen Verordnung vom 19.12.2005, in der lediglich von einer "Licht-Blitz-Anlage" die Rede ist, also nicht der für Hörgeräteakustiker feststehende Begriff der "Lichtsignalanlage" benutzt worden war. Im Hilfsmittelverzeichnis (HMV, § 139 SGB V) wird zur Kennzeichnung der betroffenen Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" der Begriff der "Signalanlagen für Gehörlose" verwandt. Auf Veranlassung der Beklagten ist die unklare Verordnung vom 19.12.2005 vernichtet und durch die durch zweite vertragsärztliche Verordnung vom 29.12.2005 ersetzt worden, in der es - hilfsmittelrechtlich korrekt - "1 Lichtsignalanlage bei D: hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" heißt. Nur um diese zweite Verordnung, deren Umsetzung die Beklagte insgesamt abgelehnt hat, streiten die Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Mit ihrem Klageabweisungs- und Revisionsantrag hat die Beklagte zudem bekräftigt, dass sie dem entworfenen Teil-Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Lichtweckers auch nicht nachträglich zur Wirksamkeit (§§ 37, 39 SGB X) verhelfen will.

9

2. Rechtsgrundlage des Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378), weil bei Leistungsklagen, auch wenn sie - wie hier - mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Im vorliegenden Fall geht es um die Variante der Erstausstattung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt.

10

3. Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, weil eine Lichtsignalanlage hier zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der GKV zu leistenden Hilfsmittels hat zweierlei Bedeutung:

11

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 ff zur Versorgung mit einer Badeprothese, die dem - von den normalen Beinprothesen nicht gewährleisteten - sicheren Gehen und Stehen in Nassbereichen dient und deshalb unabhängig davon beansprucht werden kann, dass das Schwimmen eine Freizeitbetätigung darstellt, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört). Der Frage nach der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens kommt beim unmittelbaren Behinderungsausgleich erst dann Bedeutung zu, wenn es nicht um die erstmalige Behebung eines Funktionsdefizits geht und auch nicht um die reine Ersatzbeschaffung (was bei der Versorgung mit einer Badeprothese in BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 der Fall war und von Knispel SGb 2010, 359 ff übersehen worden ist), sondern um die Versorgung eines für den Behinderungsausgleich bereits ausreichend ausgestatteten Versicherten mit einem zweiten Hilfsmittel gleicher Art als bloße Zweitausstattung (Reservehaltung), für einen speziellen Zweck (zB Sportbrille für Schüler, BSG SozR 2200 § 182 Nr 73) oder mit einem technisch weiter entwickelten Hilfsmittel (zB computergestütztes statt mechanisches Kniegelenksystem). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

12

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

13

c) Dem Gegenstand nach besteht für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V(ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183, 188 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8).

14

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze über die Hilfsmittelversorgung im Rahmen der GKV beim unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX)geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es zB bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie zB das Läuten der Türklingel oder des Telefons, in optische Signale (zB Lichtblitze) umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird. Ebenso kann die Kompensation des fehlenden Hörvermögens durch die Umwandlung von akustischen in taktile Signale erfolgen, wie es zB beim Einsatz von Vibrationskissen der Fall ist. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich somit als mittelbarer Behinderungsausgleich dar, bei dem - wie ausgeführt - zu prüfen ist, ob ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.

15

Die Lichtsignalanlage ist erforderlich zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehört zu diesen Grundbedürfnissen. Es geht um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche (BSG SozR 2200 § 182b Nr 33 zur Klingelleuchte). Die Verwirklichung dieses Grundbedürfnisses erfordert, dass das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch in ein für die Klägerin wahrnehmbares Signal umgewandelt wird.

16

5. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen (§ 33 Abs 1 Satz 1, letzter Halbs SGB V). Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von gesunden, körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Personalcomputer). Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen, wobei es auf einen bestimmten prozentual messbaren Verbreitungsgrad in der Bevölkerung oder einen Mindestpreis nicht ankommt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 33 zum Luftreinhaltungsgerät II). Nicht ausschlaggebend ist, ob der Gegenstand aus Vermarktungsgründen als "medizinisches Hilfsmittel" beworben wird (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 7 zum elektrisch verstellbaren Sessel).

17

Gegen die Einordnung der Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens spricht zunächst, dass derartige Geräte in der Produktgruppe 16 im HMV der GKV (§ 139 SGB V) als Kommunikationshilfe aufgeführt werden. Das HMV ist zwar nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20). Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass Funktürklingeln mit optischem Signal auch von gesunden Menschen am Arbeitsplatz genutzt werden, um einen hohen Geräuschpegel zu umgehen oder die notwendige Stille zu gewährleisten (zB Werkshallen, Callcenter, Tonstudio). Bei beruflich veranlasster Verwendung von Klingeln mit optischem Signal handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da Grund für den Einsatz allein besondere äußere Umstände des Arbeitsplatzes sind, die für das normale tägliche Leben nicht prägend sind.

18

6. Die Lichtsignalanlage ist auch ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX. Von der Krankenkasse zu leistende Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation iS von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX - um solche handelt es sich, wenn wie hier mit dem Hilfsmittel ein Behinderungsausgleich bezweckt wird - müssen nach § 31 Abs 1 SGB IX getragen, mitgeführt oder zumindest bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Der Hilfsmittelbegriff des § 31 SGB IX gibt insoweit den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er auch vor Inkrafttreten des SGB IX von der Rechtsprechung entwickelt worden ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 14). Für das - hier entscheidende - Kriterium der Mitnahmemöglichkeit kommt es darauf an, ob das Gerät so in das Gebäude eingebaut ist, dass es nach der Verkehrsauffassung auch bei einem Umzug in der alten Wohnung verbleibt und der Einbau von Dauer ist. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibenden Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX vor(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 21 - Deckenlifter). Insoweit hat die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach keine Leistungspflicht der Krankenkassen nach § 33 SGB V besteht, wenn eine Klingel- oder Signalleuchte mit dem Gebäude fest verbunden ist(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30 unter teilweiser Aufgabe von BSG SozR 2200 § 182b Nr 33, weil dort Klingelleuchten unabhängig von der Art ihres Einbaus immer als Hilfsmittel eingestuft wurden), eine Modifizierung erfahren.

19

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die begehrte Lichtsignalanlage nicht als fester Bestandteil der Wohnung anzusehen. Nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG besteht die Lichtsignalanlage aus beweglichen Einzelteilen, wobei die Telefonanlage und die Türklingel mittels Kabel mit dem Sender der Lichtsignalanlage verbunden werden. Klingelkabel und Telefonkabel können ohne größeren Aufwand wieder gelöst werden. Die vom Sender aufgenommenen Signale werden in Funkimpulse umgewandelt und über das normale Stromnetz zum Empfänger, den Blitzlampen, übertragen. Ob für die Installation der Anlage ggf aus Sicherheitsgründen auf die fachmännische Hilfe eines Elektrikers zurückgegriffen werden sollte, wie die Bedienungsanleitung der Lichtsignalanlage jedenfalls bei Anschluss einer Gegensprechanlage empfiehlt, ist dabei ohne Belang. Angesichts einiger weniger Kabelverbindungen kann es sich nur um einen zeitlich geringfügigen Aufwand handeln, der zudem einen wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz der Wohnung nicht erfordert. Anders wäre es beispielsweise, wenn das Verbindungskabel zwischen Türklingel und Sender unter Putz gelegt oder durch eine Wand geführt wurde oder die Halterungen der Blitzlampen in die Wände eingelassen wären. In einem solchen Fall wäre der Einbau der Lichtsignalanlage als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes einzustufen, für deren Bezuschussung die Pflegekassen zuständig sind (§ 40 Abs 4 SGB XI).

20

7. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als sonstige Maßnahme zur Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen. Über das Kriterium der Beweglichkeit iS von § 31 Abs 1 SGB IX hinaus hat der Senat aus dem Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB IX zu § 33 SGB V sowie in Abgrenzung zu den von der Pflegekasse als Ermessensleitung zu erbringenden Leistungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs 4 SGB XI abgeleitet, dass ungeachtet ihrer Beweglichkeit diejenigen Mittel aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen sind, die "sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen"(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 13 mwN - Deckenlifter). Hilfen, die auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und ggf gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden, zählen daher ungeachtet ihrer Beweglichkeit nicht zu den von der Krankenkasse nach § 33 SGB V zu leistenden Hilfsmitteln (zB speziell auf die Bedürfnisse von kleinwüchsigen Menschen oder Rollstuhlfahrern zugeschnittene Möbel und Kücheneinrichtungen). Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage nicht, denn aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin könnte diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen.

21

Die Lichtsignalanlage wird auch nicht deshalb zu einer Maßnahme zur Anpassung des Wohnumfeldes, weil aufgrund der individuellen Wohnsituation der Klägerin drei Blitzlampen angeschafft werden sollen. Denn die nach § 33 SGB V zu beanspruchenden Hilfsmittel umfassen auch die im Einzelfall individuell benötigten Zubehörteile(BT-Drucks 11/2237 S 18f, 174). Die Blitzlampen sind als funktionell unselbstständige Zubehörteile anzusehen, da sie ihren Zweck nur erfüllen können, wenn die eingehenden Signale über den Kombisender vermittelt werden. Als unselbstständiges Zubehörteil der Lichtsignalanlage (vgl allgemein zu unselbstständigen Teilen: BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 6 S 31 - Gegensprechanlage) teilen die Lampen den Hilfsmittelcharakter der Anlage.

22

8. Ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung im vom LSG tenorierten Umfang hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung, also auf die Versorgung des Versicherten mit ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmitteln(§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, wenn für den angestrebten Nachteilsausgleich eine funktionell ebenfalls geeignete, aber kostengünstigere Versorgung möglich ist. Es ist bereits ausgeführt worden, dass das LSG alle Komponenten der Lichtsignalanlage, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind, auf ihre Notwendigkeit und Preisgünstigkeit hin zu prüfen hat. Zusätzlich ist aber zu beachten, dass mit der Verordnung einer Lichtsignalanlage grundsätzlich nur Anlagen mit optischen Signalen erfasst werden. Soweit akustische durch taktile Signale ersetzt werden, wie es zB bei den Vibrationskissen der Fall ist, handelt es sich zwar um "Signalanlagen für Gehörlose" im Sinne der Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 ("Kommunikationshilfen") des HMV, nicht aber um "Lichtsignalanlagen" im eigentlichen Sinne. Das LSG wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, ob das im Kostenvoranschlag genannte Vibrationskissen, das zu den taktilen Signalgebern gehört, von der verordneten optischen Signalanlage überhaupt umfasst ist. Dies könnte zB der Fall sein, wenn ein Vibrationskissen üblicherweise als Zubehör zu einer Lichtsignalanlage angesehen wird (vgl zB die Produktart "Blitz- und Vibrationswecker" Nr 3000-3999 sowie die Produktart "Signalempfänger mit taktiler Ausgabe" Nr 1000-1999).

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9. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Sach- und Dienstleistungen können auch im Ausland erbracht werden, wenn sie dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden können. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können im grenznahen Ausland auch ausgeführt werden, wenn sie für die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit erforderlich sind.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte.

2

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Akustische Signale wie zB eine Türklingel kann sie auch mit Hörgeräten nicht wahrnehmen. Ende Dezember 2005 beantragte sie mit vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, die akustische Signale mittels Blitzlampen in optische Signale umwandelt. Nach dem beigefügten Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 22.12.2005 sollte die Lichtsignalanlage aus folgenden Einzelteilen bestehen: 1 TAE-Dreifachadapter zu 13,50 Euro; 1 Türklingelkabel galvanisch, 10 Meter, zu 9,20 Euro; 1 Lisa time Universalwecker zu 212 Euro; 1 Kombisender galvanisch zu 156 Euro; 1 Telefonkabel galvanisch, 10 Meter, zu 7,30 Euro; 1 Vibrationskissen nebst 3 Mignon-Batterien zu 34 Euro sowie 3 Blitzlampen Standard zu 348 Euro. Insgesamt ergaben sich Kosten in Höhe von 780 Euro.

3

Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab (Bescheid vom 27.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007): Die Lichtsignalanlage könne von der Klägerin bei einem Wohnungswechsel nicht mitgenommen werden, weil nach der gewählten Ausführung eine Kabelverbindung zwischen Sender und Türklingel erforderlich sei. Bei der Lichtsignalanlage handele es sich also nicht um ein Hilfsmittel der GKV, sondern um eine - in die Zuständigkeit der Pflegekassen fallende - Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs 4 SGB XI); nur wegen der individuellen Wohnsituation würden drei Blitzlampen benötigt. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Lichtsignalanlage gemäß Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 zu übernehmen (Urteil vom 25.2.2009): Die Lichtsignalanlage sei nicht fest mit dem Wohngebäude verbunden und könne in jeder anderen Wohnung mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung eingesetzt werden, sodass die Anlage ein Hilfsmittel der GKV darstelle (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht eingeschränkt, weil die Ausstattung mit drei Blitzlampen nicht unverhältnismäßig sei.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 33 SGB V. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Tatsachen müsse davon ausgegangen werden, dass die Lichtsignalanlage fest mit dem Gebäude verbunden sei; diese könne folglich kein Hilfsmittel der GKV sein. Eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V scheide zudem deshalb aus, weil die Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Vergleichbare - aber deutlich preiswertere - Geräte würden in Arbeitsbereichen mit hohem Lärmpegel sowie in Tonstudios und Callcentern zum Einsatz kommen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2009 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Aurich vom 31.5.2007 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage zu, weil es sich um ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V handelt, das seiner Art und Funktion nach im Fall der Klägerin zum Behinderungsausgleich auch geeignet und notwendig ist. Es lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen des LSG aber nicht entnehmen, ob zum Behinderungsausgleich sämtliche Komponenten der Lichtsignalanlage erforderlich sind, die im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind. Das LSG hat die Beklagte zur Hilfsmittelversorgung gemäß diesem Kostenvoranschlag verurteilt, ohne auf die Erforderlichkeit der einzelnen Komponenten näher einzugehen. Außerdem ist zu klären, ob es zu den einzelnen Komponenten - deren Erforderlichkeit unterstellt - preisgünstigere, aber ebenso geeignete Alternativen gibt, wovon die Beklagte ausgeht. Diese Feststellungen hat das LSG im erneut durchzuführenden Berufungsverfahren nachzuholen.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage in Form sämtlicher Einzelbestandteile, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt und in einem inhaltsgleichen Kostenvoranschlag vom 2.1.2006 wiederholt worden sind. Nicht zum Streitgegenstand gehören hingegen zwei "Bescheide" der Beklagten vom 27.12.2005, mit denen zum Einen die Versorgung der Klägerin mit einem Lichtwecker für 95 Euro bewilligt und zum Anderen die Versorgung mit den übrigen Komponenten der Lichtsignalanlage abgelehnt werden sollte. Diese "Bescheide" haben das Stadium eines Entwurfs nicht überschritten, sind der Klägerin nicht bekannt gegeben (§ 37 SGB X) und deshalb auch nicht wirksam geworden (§ 39 SGB X). Sie finden sich dementsprechend nur als Entwürfe in den Verwaltungsakten. Die Klägerin ist mit dem Lichtwecker auch nicht versorgt worden. Grund für die unterbliebene Bekanntgabe beider Bescheide war die Unklarheit der ersten von der Klägerin eingereichten vertragsärztlichen Verordnung vom 19.12.2005, in der lediglich von einer "Licht-Blitz-Anlage" die Rede ist, also nicht der für Hörgeräteakustiker feststehende Begriff der "Lichtsignalanlage" benutzt worden war. Im Hilfsmittelverzeichnis (HMV, § 139 SGB V) wird zur Kennzeichnung der betroffenen Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" der Begriff der "Signalanlagen für Gehörlose" verwandt. Auf Veranlassung der Beklagten ist die unklare Verordnung vom 19.12.2005 vernichtet und durch die durch zweite vertragsärztliche Verordnung vom 29.12.2005 ersetzt worden, in der es - hilfsmittelrechtlich korrekt - "1 Lichtsignalanlage bei D: hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" heißt. Nur um diese zweite Verordnung, deren Umsetzung die Beklagte insgesamt abgelehnt hat, streiten die Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Mit ihrem Klageabweisungs- und Revisionsantrag hat die Beklagte zudem bekräftigt, dass sie dem entworfenen Teil-Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Lichtweckers auch nicht nachträglich zur Wirksamkeit (§§ 37, 39 SGB X) verhelfen will.

9

2. Rechtsgrundlage des Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378), weil bei Leistungsklagen, auch wenn sie - wie hier - mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Im vorliegenden Fall geht es um die Variante der Erstausstattung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt.

10

3. Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, weil eine Lichtsignalanlage hier zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der GKV zu leistenden Hilfsmittels hat zweierlei Bedeutung:

11

a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 ff zur Versorgung mit einer Badeprothese, die dem - von den normalen Beinprothesen nicht gewährleisteten - sicheren Gehen und Stehen in Nassbereichen dient und deshalb unabhängig davon beansprucht werden kann, dass das Schwimmen eine Freizeitbetätigung darstellt, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört). Der Frage nach der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens kommt beim unmittelbaren Behinderungsausgleich erst dann Bedeutung zu, wenn es nicht um die erstmalige Behebung eines Funktionsdefizits geht und auch nicht um die reine Ersatzbeschaffung (was bei der Versorgung mit einer Badeprothese in BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 der Fall war und von Knispel SGb 2010, 359 ff übersehen worden ist), sondern um die Versorgung eines für den Behinderungsausgleich bereits ausreichend ausgestatteten Versicherten mit einem zweiten Hilfsmittel gleicher Art als bloße Zweitausstattung (Reservehaltung), für einen speziellen Zweck (zB Sportbrille für Schüler, BSG SozR 2200 § 182 Nr 73) oder mit einem technisch weiter entwickelten Hilfsmittel (zB computergestütztes statt mechanisches Kniegelenksystem). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

12

b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

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c) Dem Gegenstand nach besteht für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V(ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183, 188 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8).

14

4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze über die Hilfsmittelversorgung im Rahmen der GKV beim unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX)geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es zB bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie zB das Läuten der Türklingel oder des Telefons, in optische Signale (zB Lichtblitze) umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird. Ebenso kann die Kompensation des fehlenden Hörvermögens durch die Umwandlung von akustischen in taktile Signale erfolgen, wie es zB beim Einsatz von Vibrationskissen der Fall ist. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich somit als mittelbarer Behinderungsausgleich dar, bei dem - wie ausgeführt - zu prüfen ist, ob ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.

15

Die Lichtsignalanlage ist erforderlich zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehört zu diesen Grundbedürfnissen. Es geht um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche (BSG SozR 2200 § 182b Nr 33 zur Klingelleuchte). Die Verwirklichung dieses Grundbedürfnisses erfordert, dass das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch in ein für die Klägerin wahrnehmbares Signal umgewandelt wird.

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5. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen (§ 33 Abs 1 Satz 1, letzter Halbs SGB V). Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von gesunden, körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Personalcomputer). Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen, wobei es auf einen bestimmten prozentual messbaren Verbreitungsgrad in der Bevölkerung oder einen Mindestpreis nicht ankommt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 33 zum Luftreinhaltungsgerät II). Nicht ausschlaggebend ist, ob der Gegenstand aus Vermarktungsgründen als "medizinisches Hilfsmittel" beworben wird (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 7 zum elektrisch verstellbaren Sessel).

17

Gegen die Einordnung der Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens spricht zunächst, dass derartige Geräte in der Produktgruppe 16 im HMV der GKV (§ 139 SGB V) als Kommunikationshilfe aufgeführt werden. Das HMV ist zwar nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20). Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass Funktürklingeln mit optischem Signal auch von gesunden Menschen am Arbeitsplatz genutzt werden, um einen hohen Geräuschpegel zu umgehen oder die notwendige Stille zu gewährleisten (zB Werkshallen, Callcenter, Tonstudio). Bei beruflich veranlasster Verwendung von Klingeln mit optischem Signal handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da Grund für den Einsatz allein besondere äußere Umstände des Arbeitsplatzes sind, die für das normale tägliche Leben nicht prägend sind.

18

6. Die Lichtsignalanlage ist auch ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX. Von der Krankenkasse zu leistende Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation iS von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX - um solche handelt es sich, wenn wie hier mit dem Hilfsmittel ein Behinderungsausgleich bezweckt wird - müssen nach § 31 Abs 1 SGB IX getragen, mitgeführt oder zumindest bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Der Hilfsmittelbegriff des § 31 SGB IX gibt insoweit den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er auch vor Inkrafttreten des SGB IX von der Rechtsprechung entwickelt worden ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 14). Für das - hier entscheidende - Kriterium der Mitnahmemöglichkeit kommt es darauf an, ob das Gerät so in das Gebäude eingebaut ist, dass es nach der Verkehrsauffassung auch bei einem Umzug in der alten Wohnung verbleibt und der Einbau von Dauer ist. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibenden Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX vor(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 21 - Deckenlifter). Insoweit hat die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach keine Leistungspflicht der Krankenkassen nach § 33 SGB V besteht, wenn eine Klingel- oder Signalleuchte mit dem Gebäude fest verbunden ist(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30 unter teilweiser Aufgabe von BSG SozR 2200 § 182b Nr 33, weil dort Klingelleuchten unabhängig von der Art ihres Einbaus immer als Hilfsmittel eingestuft wurden), eine Modifizierung erfahren.

19

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die begehrte Lichtsignalanlage nicht als fester Bestandteil der Wohnung anzusehen. Nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG besteht die Lichtsignalanlage aus beweglichen Einzelteilen, wobei die Telefonanlage und die Türklingel mittels Kabel mit dem Sender der Lichtsignalanlage verbunden werden. Klingelkabel und Telefonkabel können ohne größeren Aufwand wieder gelöst werden. Die vom Sender aufgenommenen Signale werden in Funkimpulse umgewandelt und über das normale Stromnetz zum Empfänger, den Blitzlampen, übertragen. Ob für die Installation der Anlage ggf aus Sicherheitsgründen auf die fachmännische Hilfe eines Elektrikers zurückgegriffen werden sollte, wie die Bedienungsanleitung der Lichtsignalanlage jedenfalls bei Anschluss einer Gegensprechanlage empfiehlt, ist dabei ohne Belang. Angesichts einiger weniger Kabelverbindungen kann es sich nur um einen zeitlich geringfügigen Aufwand handeln, der zudem einen wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz der Wohnung nicht erfordert. Anders wäre es beispielsweise, wenn das Verbindungskabel zwischen Türklingel und Sender unter Putz gelegt oder durch eine Wand geführt wurde oder die Halterungen der Blitzlampen in die Wände eingelassen wären. In einem solchen Fall wäre der Einbau der Lichtsignalanlage als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes einzustufen, für deren Bezuschussung die Pflegekassen zuständig sind (§ 40 Abs 4 SGB XI).

20

7. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als sonstige Maßnahme zur Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen. Über das Kriterium der Beweglichkeit iS von § 31 Abs 1 SGB IX hinaus hat der Senat aus dem Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB IX zu § 33 SGB V sowie in Abgrenzung zu den von der Pflegekasse als Ermessensleitung zu erbringenden Leistungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs 4 SGB XI abgeleitet, dass ungeachtet ihrer Beweglichkeit diejenigen Mittel aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen sind, die "sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen"(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 13 mwN - Deckenlifter). Hilfen, die auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und ggf gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden, zählen daher ungeachtet ihrer Beweglichkeit nicht zu den von der Krankenkasse nach § 33 SGB V zu leistenden Hilfsmitteln (zB speziell auf die Bedürfnisse von kleinwüchsigen Menschen oder Rollstuhlfahrern zugeschnittene Möbel und Kücheneinrichtungen). Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage nicht, denn aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin könnte diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen.

21

Die Lichtsignalanlage wird auch nicht deshalb zu einer Maßnahme zur Anpassung des Wohnumfeldes, weil aufgrund der individuellen Wohnsituation der Klägerin drei Blitzlampen angeschafft werden sollen. Denn die nach § 33 SGB V zu beanspruchenden Hilfsmittel umfassen auch die im Einzelfall individuell benötigten Zubehörteile(BT-Drucks 11/2237 S 18f, 174). Die Blitzlampen sind als funktionell unselbstständige Zubehörteile anzusehen, da sie ihren Zweck nur erfüllen können, wenn die eingehenden Signale über den Kombisender vermittelt werden. Als unselbstständiges Zubehörteil der Lichtsignalanlage (vgl allgemein zu unselbstständigen Teilen: BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 6 S 31 - Gegensprechanlage) teilen die Lampen den Hilfsmittelcharakter der Anlage.

22

8. Ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung im vom LSG tenorierten Umfang hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung, also auf die Versorgung des Versicherten mit ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmitteln(§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, wenn für den angestrebten Nachteilsausgleich eine funktionell ebenfalls geeignete, aber kostengünstigere Versorgung möglich ist. Es ist bereits ausgeführt worden, dass das LSG alle Komponenten der Lichtsignalanlage, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind, auf ihre Notwendigkeit und Preisgünstigkeit hin zu prüfen hat. Zusätzlich ist aber zu beachten, dass mit der Verordnung einer Lichtsignalanlage grundsätzlich nur Anlagen mit optischen Signalen erfasst werden. Soweit akustische durch taktile Signale ersetzt werden, wie es zB bei den Vibrationskissen der Fall ist, handelt es sich zwar um "Signalanlagen für Gehörlose" im Sinne der Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 ("Kommunikationshilfen") des HMV, nicht aber um "Lichtsignalanlagen" im eigentlichen Sinne. Das LSG wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, ob das im Kostenvoranschlag genannte Vibrationskissen, das zu den taktilen Signalgebern gehört, von der verordneten optischen Signalanlage überhaupt umfasst ist. Dies könnte zB der Fall sein, wenn ein Vibrationskissen üblicherweise als Zubehör zu einer Lichtsignalanlage angesehen wird (vgl zB die Produktart "Blitz- und Vibrationswecker" Nr 3000-3999 sowie die Produktart "Signalempfänger mit taktiler Ausgabe" Nr 1000-1999).

23

9. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bewilligung einer Lichtsignalanlage als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für eine hochgradig schwerhörige Versicherte.

2

Die 1963 geborene Klägerin leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Akustische Signale wie zB eine Türklingel kann sie auch mit Hörgeräten nicht wahrnehmen. Ende Dezember 2005 beantragte sie mit vertragsärztlicher Verordnung die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, die akustische Signale mittels Blitzlampen in optische Signale umwandelt. Nach dem beigefügten Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vom 22.12.2005 sollte die Lichtsignalanlage aus folgenden Einzelteilen bestehen: 1 TAE-Dreifachadapter zu 13,50 Euro; 1 Türklingelkabel galvanisch, 10 Meter, zu 9,20 Euro; 1 Lisa time Universalwecker zu 212 Euro; 1 Kombisender galvanisch zu 156 Euro; 1 Telefonkabel galvanisch, 10 Meter, zu 7,30 Euro; 1 Vibrationskissen nebst 3 Mignon-Batterien zu 34 Euro sowie 3 Blitzlampen Standard zu 348 Euro. Insgesamt ergaben sich Kosten in Höhe von 780 Euro.

3

Die beklagte Krankenkasse lehnte den Leistungsantrag ab (Bescheid vom 27.1.2006, Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007): Die Lichtsignalanlage könne von der Klägerin bei einem Wohnungswechsel nicht mitgenommen werden, weil nach der gewählten Ausführung eine Kabelverbindung zwischen Sender und Türklingel erforderlich sei. Bei der Lichtsignalanlage handele es sich also nicht um ein Hilfsmittel der GKV, sondern um eine - in die Zuständigkeit der Pflegekassen fallende - Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs 4 SGB XI); nur wegen der individuellen Wohnsituation würden drei Blitzlampen benötigt. Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Lichtsignalanlage gemäß Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 zu übernehmen (Urteil vom 25.2.2009): Die Lichtsignalanlage sei nicht fest mit dem Wohngebäude verbunden und könne in jeder anderen Wohnung mit im Wesentlichen unveränderter Ausführung eingesetzt werden, sodass die Anlage ein Hilfsmittel der GKV darstelle (§ 33 SGB V, § 31 SGB IX). Die Leistungspflicht der Beklagten sei auch nicht eingeschränkt, weil die Ausstattung mit drei Blitzlampen nicht unverhältnismäßig sei.

4

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 33 SGB V. Unter Berücksichtigung der vom LSG festgestellten Tatsachen müsse davon ausgegangen werden, dass die Lichtsignalanlage fest mit dem Gebäude verbunden sei; diese könne folglich kein Hilfsmittel der GKV sein. Eine Leistungspflicht nach § 33 SGB V scheide zudem deshalb aus, weil die Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Vergleichbare - aber deutlich preiswertere - Geräte würden in Arbeitsbereichen mit hohem Lärmpegel sowie in Tonstudios und Callcentern zum Einsatz kommen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2009 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Aurich vom 31.5.2007 zurückzuweisen.

6

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen war (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage zu, weil es sich um ein Hilfsmittel der GKV iS des § 33 Abs 1 SGB V handelt, das seiner Art und Funktion nach im Fall der Klägerin zum Behinderungsausgleich auch geeignet und notwendig ist. Es lässt sich den bisher getroffenen Feststellungen des LSG aber nicht entnehmen, ob zum Behinderungsausgleich sämtliche Komponenten der Lichtsignalanlage erforderlich sind, die im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind. Das LSG hat die Beklagte zur Hilfsmittelversorgung gemäß diesem Kostenvoranschlag verurteilt, ohne auf die Erforderlichkeit der einzelnen Komponenten näher einzugehen. Außerdem ist zu klären, ob es zu den einzelnen Komponenten - deren Erforderlichkeit unterstellt - preisgünstigere, aber ebenso geeignete Alternativen gibt, wovon die Beklagte ausgeht. Diese Feststellungen hat das LSG im erneut durchzuführenden Berufungsverfahren nachzuholen.

8

1. Streitgegenstand ist der Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage in Form sämtlicher Einzelbestandteile, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt und in einem inhaltsgleichen Kostenvoranschlag vom 2.1.2006 wiederholt worden sind. Nicht zum Streitgegenstand gehören hingegen zwei "Bescheide" der Beklagten vom 27.12.2005, mit denen zum Einen die Versorgung der Klägerin mit einem Lichtwecker für 95 Euro bewilligt und zum Anderen die Versorgung mit den übrigen Komponenten der Lichtsignalanlage abgelehnt werden sollte. Diese "Bescheide" haben das Stadium eines Entwurfs nicht überschritten, sind der Klägerin nicht bekannt gegeben (§ 37 SGB X) und deshalb auch nicht wirksam geworden (§ 39 SGB X). Sie finden sich dementsprechend nur als Entwürfe in den Verwaltungsakten. Die Klägerin ist mit dem Lichtwecker auch nicht versorgt worden. Grund für die unterbliebene Bekanntgabe beider Bescheide war die Unklarheit der ersten von der Klägerin eingereichten vertragsärztlichen Verordnung vom 19.12.2005, in der lediglich von einer "Licht-Blitz-Anlage" die Rede ist, also nicht der für Hörgeräteakustiker feststehende Begriff der "Lichtsignalanlage" benutzt worden war. Im Hilfsmittelverzeichnis (HMV, § 139 SGB V) wird zur Kennzeichnung der betroffenen Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 "Kommunikationshilfen" der Begriff der "Signalanlagen für Gehörlose" verwandt. Auf Veranlassung der Beklagten ist die unklare Verordnung vom 19.12.2005 vernichtet und durch die durch zweite vertragsärztliche Verordnung vom 29.12.2005 ersetzt worden, in der es - hilfsmittelrechtlich korrekt - "1 Lichtsignalanlage bei D: hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit" heißt. Nur um diese zweite Verordnung, deren Umsetzung die Beklagte insgesamt abgelehnt hat, streiten die Beteiligten im vorliegenden Rechtsstreit. Mit ihrem Klageabweisungs- und Revisionsantrag hat die Beklagte zudem bekräftigt, dass sie dem entworfenen Teil-Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Lichtweckers auch nicht nachträglich zur Wirksamkeit (§§ 37, 39 SGB X) verhelfen will.

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2. Rechtsgrundlage des Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V in der ab 1.4.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378), weil bei Leistungsklagen, auch wenn sie - wie hier - mit einer Anfechtungsklage verbunden sind, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 34 mwN). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Im vorliegenden Fall geht es um die Variante der Erstausstattung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich. Deren Tatbestandsvoraussetzungen sind hier dem Grunde nach erfüllt.

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3. Die Leistungsablehnung ist rechtswidrig, weil eine Lichtsignalanlage hier zum Behinderungsausgleich erforderlich ist. Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V als 3. Variante genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der GKV zu leistenden Hilfsmittels hat zweierlei Bedeutung:

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a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Die gesonderte Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 ff zur Versorgung mit einer Badeprothese, die dem - von den normalen Beinprothesen nicht gewährleisteten - sicheren Gehen und Stehen in Nassbereichen dient und deshalb unabhängig davon beansprucht werden kann, dass das Schwimmen eine Freizeitbetätigung darstellt, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört). Der Frage nach der Erfüllung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens kommt beim unmittelbaren Behinderungsausgleich erst dann Bedeutung zu, wenn es nicht um die erstmalige Behebung eines Funktionsdefizits geht und auch nicht um die reine Ersatzbeschaffung (was bei der Versorgung mit einer Badeprothese in BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 der Fall war und von Knispel SGb 2010, 359 ff übersehen worden ist), sondern um die Versorgung eines für den Behinderungsausgleich bereits ausreichend ausgestatteten Versicherten mit einem zweiten Hilfsmittel gleicher Art als bloße Zweitausstattung (Reservehaltung), für einen speziellen Zweck (zB Sportbrille für Schüler, BSG SozR 2200 § 182 Nr 73) oder mit einem technisch weiter entwickelten Hilfsmittel (zB computergestütztes statt mechanisches Kniegelenksystem). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8, RdNr 4 - C-leg-Prothese). Die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels ist grundsätzlich zu unterstellen und erst zu prüfen, wenn zwei tatsächlich gleichwertige, aber unterschiedlich teure Hilfsmittel zur Wahl stehen.

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b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog mittelbarer Behinderungsausgleich). In diesem Rahmen ist die GKV allerdings nur für den Basisausgleich der Folgen der Behinderung eintrittspflichtig. Es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation (vgl § 1 SGB V sowie § 6 Abs 1 Nr 1 iVm § 5 Nr 1 und 3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der GKV daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 91, 60, 63 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 14; stRspr). Zum Grundbedürfnis der Erschließung eines geistigen Freiraums gehört ua die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens bzw eines Schulwissens (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 29 und 46; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 11 RdNr 18). Zum körperlichen Freiraum gehört - im Sinne eines Basisausgleichs der eingeschränkten Bewegungsfreiheit - die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (zB Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post), nicht aber die Bewegung außerhalb dieses Nahbereichs. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind schon immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden (vgl BSGE 93, 176, 180 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 - Erreichbarkeit ambulanter medizinischer Versorgung für Wachkomapatientin; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 - Rollstuhl-Bike für Jugendliche; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 46 - behindertengerechtes Dreirad; BSG SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl).

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c) Dem Gegenstand nach besteht für den unmittelbaren ebenso wie für den mittelbaren Behinderungsausgleich Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 26 S 153; stRspr); andernfalls sind die Mehrkosten gemäß § 33 Abs 1 Satz 5 SGB V(ebenso § 31 Abs 3 SGB IX) von dem Versicherten selbst zu tragen. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen" aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44; BSGE 93, 183, 188 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8).

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4. Nach Maßgabe dieser Grundsätze über die Hilfsmittelversorgung im Rahmen der GKV beim unmittelbaren und mittelbaren Behinderungsausgleich (3. Variante des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V und des § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX)geht es bei einer Lichtsignalanlage für Gehörlose und hochgradig Schwerhörige nicht um einen unmittelbaren Behinderungsausgleich, weil nicht das Hörvermögen wiederhergestellt oder gestärkt wird, wie es zB bei der Versorgung mit Hörgeräten der Fall ist. Nicht das Hören selbst wird ermöglicht oder erleichtert, sondern das fehlende Hörvermögen durch die Nutzung des nicht beeinträchtigten Sehvermögens kompensiert, indem akustische Signale, wie zB das Läuten der Türklingel oder des Telefons, in optische Signale (zB Lichtblitze) umgewandelt werden. Der gehörlose Versicherte hört nicht das Läuten der Türklingel, sondern sieht, dass die Türklingel bedient wird. Ebenso kann die Kompensation des fehlenden Hörvermögens durch die Umwandlung von akustischen in taktile Signale erfolgen, wie es zB beim Einsatz von Vibrationskissen der Fall ist. Der Ersatz eines ausgefallenen bzw beeinträchtigten Sinnes durch die Nutzung eines intakten anderen Sinnes stellt sich somit als mittelbarer Behinderungsausgleich dar, bei dem - wie ausgeführt - zu prüfen ist, ob ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen ist.

15

Die Lichtsignalanlage ist erforderlich zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehört zu diesen Grundbedürfnissen. Es geht um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche (BSG SozR 2200 § 182b Nr 33 zur Klingelleuchte). Die Verwirklichung dieses Grundbedürfnisses erfordert, dass das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch in ein für die Klägerin wahrnehmbares Signal umgewandelt wird.

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5. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen (§ 33 Abs 1 Satz 1, letzter Halbs SGB V). Die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von gesunden, körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Personalcomputer). Was regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen, wobei es auf einen bestimmten prozentual messbaren Verbreitungsgrad in der Bevölkerung oder einen Mindestpreis nicht ankommt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 33 zum Luftreinhaltungsgerät II). Nicht ausschlaggebend ist, ob der Gegenstand aus Vermarktungsgründen als "medizinisches Hilfsmittel" beworben wird (BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 7 zum elektrisch verstellbaren Sessel).

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Gegen die Einordnung der Lichtsignalanlage als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens spricht zunächst, dass derartige Geräte in der Produktgruppe 16 im HMV der GKV (§ 139 SGB V) als Kommunikationshilfe aufgeführt werden. Das HMV ist zwar nicht geeignet, Ansprüche der Versicherten im Sinne einer Positivliste auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20, 27; BSGE 99, 197 = SozR 4-2500 § 33 Nr 16, RdNr 20). Wenn aber ein Gegenstand im HMV gelistet ist, spricht dies im Sinne einer Orientierungshilfe zugunsten des Versicherten dafür, den Gegenstand nicht als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass Funktürklingeln mit optischem Signal auch von gesunden Menschen am Arbeitsplatz genutzt werden, um einen hohen Geräuschpegel zu umgehen oder die notwendige Stille zu gewährleisten (zB Werkshallen, Callcenter, Tonstudio). Bei beruflich veranlasster Verwendung von Klingeln mit optischem Signal handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da Grund für den Einsatz allein besondere äußere Umstände des Arbeitsplatzes sind, die für das normale tägliche Leben nicht prägend sind.

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6. Die Lichtsignalanlage ist auch ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX. Von der Krankenkasse zu leistende Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation iS von § 26 Abs 2 Nr 6 SGB IX - um solche handelt es sich, wenn wie hier mit dem Hilfsmittel ein Behinderungsausgleich bezweckt wird - müssen nach § 31 Abs 1 SGB IX getragen, mitgeführt oder zumindest bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können. Der Hilfsmittelbegriff des § 31 SGB IX gibt insoweit den Regelungsgehalt des § 33 SGB V wieder, wie er auch vor Inkrafttreten des SGB IX von der Rechtsprechung entwickelt worden ist(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 3 RdNr 14). Für das - hier entscheidende - Kriterium der Mitnahmemöglichkeit kommt es darauf an, ob das Gerät so in das Gebäude eingebaut ist, dass es nach der Verkehrsauffassung auch bei einem Umzug in der alten Wohnung verbleibt und der Einbau von Dauer ist. Kann das Gerät bei einem Wohnungswechsel ohne wesentliche verbleibenden Folgen, insbesondere ohne nennenswerte Substanzbeeinträchtigung an Wänden, Decken und Fußböden, ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wieder eingebaut werden, liegt ein beweglicher Gegenstand iS von § 31 Abs 1 SGB IX vor(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 21 - Deckenlifter). Insoweit hat die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach keine Leistungspflicht der Krankenkassen nach § 33 SGB V besteht, wenn eine Klingel- oder Signalleuchte mit dem Gebäude fest verbunden ist(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30 unter teilweiser Aufgabe von BSG SozR 2200 § 182b Nr 33, weil dort Klingelleuchten unabhängig von der Art ihres Einbaus immer als Hilfsmittel eingestuft wurden), eine Modifizierung erfahren.

19

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die begehrte Lichtsignalanlage nicht als fester Bestandteil der Wohnung anzusehen. Nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG besteht die Lichtsignalanlage aus beweglichen Einzelteilen, wobei die Telefonanlage und die Türklingel mittels Kabel mit dem Sender der Lichtsignalanlage verbunden werden. Klingelkabel und Telefonkabel können ohne größeren Aufwand wieder gelöst werden. Die vom Sender aufgenommenen Signale werden in Funkimpulse umgewandelt und über das normale Stromnetz zum Empfänger, den Blitzlampen, übertragen. Ob für die Installation der Anlage ggf aus Sicherheitsgründen auf die fachmännische Hilfe eines Elektrikers zurückgegriffen werden sollte, wie die Bedienungsanleitung der Lichtsignalanlage jedenfalls bei Anschluss einer Gegensprechanlage empfiehlt, ist dabei ohne Belang. Angesichts einiger weniger Kabelverbindungen kann es sich nur um einen zeitlich geringfügigen Aufwand handeln, der zudem einen wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz der Wohnung nicht erfordert. Anders wäre es beispielsweise, wenn das Verbindungskabel zwischen Türklingel und Sender unter Putz gelegt oder durch eine Wand geführt wurde oder die Halterungen der Blitzlampen in die Wände eingelassen wären. In einem solchen Fall wäre der Einbau der Lichtsignalanlage als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes einzustufen, für deren Bezuschussung die Pflegekassen zuständig sind (§ 40 Abs 4 SGB XI).

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7. Die Lichtsignalanlage ist auch nicht als sonstige Maßnahme zur Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgenommen. Über das Kriterium der Beweglichkeit iS von § 31 Abs 1 SGB IX hinaus hat der Senat aus dem Verhältnis von § 31 Abs 1 SGB IX zu § 33 SGB V sowie in Abgrenzung zu den von der Pflegekasse als Ermessensleitung zu erbringenden Leistungen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs 4 SGB XI abgeleitet, dass ungeachtet ihrer Beweglichkeit diejenigen Mittel aus der Leistungspflicht der GKV ausgenommen sind, die "sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen"(BSGE 101, 22 = SozR 4-3300 § 40 Nr 8, RdNr 13 mwN - Deckenlifter). Hilfen, die auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und ggf gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden, zählen daher ungeachtet ihrer Beweglichkeit nicht zu den von der Krankenkasse nach § 33 SGB V zu leistenden Hilfsmitteln (zB speziell auf die Bedürfnisse von kleinwüchsigen Menschen oder Rollstuhlfahrern zugeschnittene Möbel und Kücheneinrichtungen). Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage nicht, denn aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin könnte diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen.

21

Die Lichtsignalanlage wird auch nicht deshalb zu einer Maßnahme zur Anpassung des Wohnumfeldes, weil aufgrund der individuellen Wohnsituation der Klägerin drei Blitzlampen angeschafft werden sollen. Denn die nach § 33 SGB V zu beanspruchenden Hilfsmittel umfassen auch die im Einzelfall individuell benötigten Zubehörteile(BT-Drucks 11/2237 S 18f, 174). Die Blitzlampen sind als funktionell unselbstständige Zubehörteile anzusehen, da sie ihren Zweck nur erfüllen können, wenn die eingehenden Signale über den Kombisender vermittelt werden. Als unselbstständiges Zubehörteil der Lichtsignalanlage (vgl allgemein zu unselbstständigen Teilen: BSG SozR 3-3300 § 40 Nr 6 S 31 - Gegensprechanlage) teilen die Lampen den Hilfsmittelcharakter der Anlage.

22

8. Ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung im vom LSG tenorierten Umfang hat, lässt sich nach den bisherigen Feststellungen allerdings nicht abschließend beurteilen. Die Leistungspflicht nach § 33 Abs 1 SGB V beschränkt sich auf die kostengünstigste Hilfsmittelversorgung, also auf die Versorgung des Versicherten mit ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Hilfsmitteln(§ 12 Abs 1 Satz 1 SGB V). Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, wenn für den angestrebten Nachteilsausgleich eine funktionell ebenfalls geeignete, aber kostengünstigere Versorgung möglich ist. Es ist bereits ausgeführt worden, dass das LSG alle Komponenten der Lichtsignalanlage, wie sie im Kostenvoranschlag vom 22.12.2005 aufgeführt sind, auf ihre Notwendigkeit und Preisgünstigkeit hin zu prüfen hat. Zusätzlich ist aber zu beachten, dass mit der Verordnung einer Lichtsignalanlage grundsätzlich nur Anlagen mit optischen Signalen erfasst werden. Soweit akustische durch taktile Signale ersetzt werden, wie es zB bei den Vibrationskissen der Fall ist, handelt es sich zwar um "Signalanlagen für Gehörlose" im Sinne der Untergruppe 16.99.09 der Produktgruppe 16 ("Kommunikationshilfen") des HMV, nicht aber um "Lichtsignalanlagen" im eigentlichen Sinne. Das LSG wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, ob das im Kostenvoranschlag genannte Vibrationskissen, das zu den taktilen Signalgebern gehört, von der verordneten optischen Signalanlage überhaupt umfasst ist. Dies könnte zB der Fall sein, wenn ein Vibrationskissen üblicherweise als Zubehör zu einer Lichtsignalanlage angesehen wird (vgl zB die Produktart "Blitz- und Vibrationswecker" Nr 3000-3999 sowie die Produktart "Signalempfänger mit taktiler Ausgabe" Nr 1000-1999).

23

9. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Die Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel können entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalles für die Deckung des Bedarfs außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen), für teilstationäre oder stationäre Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen) erbracht werden. Vorrang haben ambulante Leistungen vor teilstationären und stationären Leistungen sowie teilstationäre vor stationären Leistungen. Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen. Dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen.

(2) Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 sind alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Die Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen

1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
2.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
3.
Leistungen zur Teilhabe an Bildung und
4.
Leistungen zur Sozialen Teilhabe.

(2) Leistungen nach Absatz 1 Nummer 1 bis 3 gehen den Leistungen nach Absatz 1 Nummer 4 vor.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Tenor

1. Der Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Reparatur des Treppenlifters des Klägers zu bezuschussen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Kosten der Reparatur seines Treppenlifters.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.08.2003 Leistungen nach Pflegestufe II. Im Dezember 2002 kaufte der Kläger einen Treppenlifter, der von der Beklagten am 27.12.2002 mit 2.557,00 € nach § 40 Elftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bezuschusst wurde.

3

Im Juni 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Treppenlifter sich nicht mehr bewege und reparaturbedürftig sei. Er fügte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von 2.029,03 € bei und beantragte hierfür einen Zuschuss nach § 40 SGB XI. Der Kläger legte zudem ein Attest von Dr. R vor, der die Reparatur für den Treppenlifter aufgrund der Multiplen Skleroseerkrankung des Klägers befürwortete.

4

Mit Bescheid vom 29.06.2007 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Reparatur des Treppenlifters ab. Bereits am 27.12.2002 habe sie im Rahmen einer Wohnumfeldgestaltung (Einbau eines Treppenlifters) einen Zuschuss in Höhe des möglichen Höchstbetrages von 2.557,00 € gezahlt. Eine erneute Kostenerstattung für die gleiche Maßnahme sei daher nicht möglich. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 zurück. Bei einer Reparatur von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen könne nicht nochmals ein Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme geleistet werden.

5

Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das Gericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft erfolgt, da nicht überprüft worden sei, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Kläger diesen unverhältnismäßig belaste und inwieweit die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts verschlechtert werde.

6

Mit Bescheid vom 17.10.2008 hat die Beklagte es wiederum abgelehnt, einen Zuschuss zu den Reparaturkosten des Treppenlifts als Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts K sei nicht zu prüfen, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Antragsteller diesen unverhältnismäßig belaste. Im gemeinsamen Rundschreiben zum Pflegeversicherungsgesetz der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10.10.2002 sei ausgeführt, dass wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, deren Einbau bzw. Umbau bereits von der Pflegekasse bezuschusst worden sei und die repariert werden müssten, nicht nochmals als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bezuschusst werden könnten.

7

Es handele sich auch nicht um eine erneute Maßnahme, für die erneut ein Zuschuss gezahlt werden könnte. Der Treppenlifter sei 2002 wegen der erheblich eingeschränkten Gehfähigkeit zur Überwindung der Treppe eingebaut worden. An dieser Situation habe sich nichts verändert.

8

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 zurück. Es liege kein veränderter Pflegebedarf und somit keine neue Maßnahme vor.

9

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2008 beim Sozialgericht erhobene Klage.

10

Der Kläger ist der Ansicht, die Reparatur des Treppenlifters müsse bezuschusst werden, da er ihn dringend zum Erreichen seines Schlafzimmers benötige. Zum einen sei die Reparatur nach § 40 Abs. 3 SGB XI zu zahlen, zum anderen sei der Treppenlifter nicht für die Ewigkeit gebaut und müsse daher auch mal repariert werden.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Instandsetzung des Treppenlifters zu übernehmen bzw. zumindest zu bezuschussen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Ansicht, sie könne nur dann einen weiteren Zuschuss zahlen, wenn es sich um eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI handele. Da sich die Pflegebedürftigkeit des Klägers aber nicht geändert habe, sei die Maßnahme dieselbe wie noch bei der Anschaffung des Treppenlifters im Jahr 2002.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist auch begründet.

18

Die Beklagte ist unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Reparatur des Treppenlifters zu bezuschussen.

19

Der Anspruch des Klägers richtet sich vorliegend nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Wie bereits im Urteil vom 05.08.2008 ausgeführt, kommt entgegen der Auffassung des Klägers die Erstattung der Reparaturkosten nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI vorliegend nicht in Betracht. Der Treppenlifter ist kein Hilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 3 SGB XI. Dies hat auch bereits das BSG in seinem Urteil vom 03.11.1999 (Az.: B 3 P 6/99 R) entschieden.

20

Der Anspruch des Klägers richtet sich vielmehr nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

21

Nach § 40 Abs. 4 SGB XI können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch eine möglichst selbständige Lebensführung wiederhergestellt oder die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich vor, denn der Kläger kann ohne den Treppenlifter sein Schlafzimmer nur dann erreichen, wenn er von anderen die Treppe hoch getragen wird. Auch morgens kommt er erst in Wohnzimmer und Küche, wenn ihn jemand hinunter trägt. So hatte der Kläger nach seinen Angaben auch während der Zeit des Stillstandes des Treppenlifters im Wohnzimmer geschlafen, da er keine Möglichkeit hatte, sein Bett zu erreichen. Die häusliche Pflege wird daher durch einen funktionstüchtigen Treppenlifter offensichtlich erheblich erleichtert. Auch eine selbständigere Lebensführung wird durch die Reparatur des Treppenlifters wiederhergestellt.

22

Der Bezuschussung der Reparatur des Treppenlifters steht auch § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI nicht entgegen. Hiernach dürfen die Zuschüsse einen Betrag in Höhe von 2.557,00 € je Maßnahme nicht übersteigen. Zwar ist bereits für die Anschaffung des Treppenlifters ein Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € gezahlt worden, die Reparatur des Treppenlifters stellt aber zur Überzeugung der Kammer nicht dieselbe Maßnahme dar, wie die Anschaffung des Treppenlifters. Aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB XI ergibt sich, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des objektiven Pflegebedarfs notwendigen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich eine einzige Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen.

23

Die Reparatur des Treppenlifters war offensichtlich zum Zeitpunkt der Anschaffung des Treppenlifters noch nicht notwendig und stellt daher zur Überzeugung der Kammer eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI dar. Wie das BSG in seinem Urteil vom 19.04.2007 - Az.: B 3 P 8/06 R - ausgeführt hat, ist es nicht erforderlich, dass eine Ausweitung des Pflegebedarfs eingetreten ist. Diese stellt lediglich die wohl häufigste Variante einer nachträglichen Änderung der Pflegesituation dar. Maßgeblich ist nach den Ausführungen des BSG - denen sich die Kammer anschließt - allein die nachträgliche objektive Änderung der Pflegesituation. Es ist abzugrenzen, ob verschiedene Einzelmaßnahmen eine Gesamtmaßnahme darstellen, die nur ein Mal bezuschusst werden kann oder ob es sich rechtlich um zwei verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen handelt, die dann mehrfach bezuschusst werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber offensichtlich nicht jede Reparatur oder Wartung von erfolgten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen als bezuschussungsfähig angesehen hat, da die Kostenerstattung für Reparaturen nur für Pflegehilfsmittel nach § 40 Abs. 3 SGB XI vorgesehen ist. Nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI umfasst der Anspruch bei Pflegehilfsmitteln auch die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung.

24

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Treppenlifter aus Laiensicht wohl eher als technisches Hilfsmittel betrachtet wird und erst durch den dauerhaften Einbau zu einer wohnumfeldverbessernden Maßnahme wird. Auch wird von dem Begriff der wohnumfeldverbessernden Maßnahme, grundsätzlich der Umbau der Wohnung, wie z. B. die Verbreiterung von Türen oder der Umbau des Badezimmers, z. B. durch einen höhenverstellbaren Waschtisch oder ein erhöhtes WC, umfasst. An Geräte, die Verschleißerscheinungen zeigen und gegebenenfalls nicht nur repariert, sondern auch erneuert werden müssen, hat der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht. Dass hierdurch dann - wie vorliegend - ganz erhebliche Kosten für den Pflegebedürftigen entstehen können, muss aber auch berücksichtigt werden, insbesondere wird die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts ganz erheblich verschlechtert. Sein Hilfebedarf steigt dadurch, dass er dann die Treppe hinauf und hinunter getragen werden muss, ganz erheblich an.

25

Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass bei einer rechtssystematischen Auslegung funktionswiederherstellende Maßnahmen - wie vorliegend eine erhebliche Reparatur - im Gegensatz zu funktionserhaltenen Maßnahmen (wie z. B. eine Wartung) als eine neue Maßnahme zu behandeln sind.

26

Da die Beklagte trotz der entsprechenden Verurteilung die Rechtsauffassung des Gerichts im neuen Bescheid vom 17.10.2008 und im Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 nicht ausreichend beachtet hat, hat vorliegend - trotz einer grundsätzlichen Ermessensentscheidung der Beklagten über das "Ob" der Bewilligung eines Zuschusses - eine Verurteilung zur grundsätzlichen Bezuschussung zu erfolgen.

27

Nach alledem ist bei der Berücksichtigung des Gesamtsystems zumindest bei erheblichen Reparaturkosten - wie vorliegend von über 2.000,00 € - die Reparatur als neue Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes anzusehen.

28

Die Höhe der Bezuschussung steht dagegen noch im Ermessen der Beklagten.

29

Nach alledem musste die Klage Erfolg haben.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Tenor

1. Der Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der Reparatur des Treppenlifters des Klägers zu bezuschussen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Erstattung der Kosten der Reparatur seines Treppenlifters.

2

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.08.2003 Leistungen nach Pflegestufe II. Im Dezember 2002 kaufte der Kläger einen Treppenlifter, der von der Beklagten am 27.12.2002 mit 2.557,00 € nach § 40 Elftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bezuschusst wurde.

3

Im Juni 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Treppenlifter sich nicht mehr bewege und reparaturbedürftig sei. Er fügte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von 2.029,03 € bei und beantragte hierfür einen Zuschuss nach § 40 SGB XI. Der Kläger legte zudem ein Attest von Dr. R vor, der die Reparatur für den Treppenlifter aufgrund der Multiplen Skleroseerkrankung des Klägers befürwortete.

4

Mit Bescheid vom 29.06.2007 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Reparatur des Treppenlifters ab. Bereits am 27.12.2002 habe sie im Rahmen einer Wohnumfeldgestaltung (Einbau eines Treppenlifters) einen Zuschuss in Höhe des möglichen Höchstbetrages von 2.557,00 € gezahlt. Eine erneute Kostenerstattung für die gleiche Maßnahme sei daher nicht möglich. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 zurück. Bei einer Reparatur von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen könne nicht nochmals ein Zuschuss als wohnumfeldverbessernde Maßnahme geleistet werden.

5

Mit Urteil vom 05.08.2008 hat das Gericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Entscheidung der Beklagten sei ermessensfehlerhaft erfolgt, da nicht überprüft worden sei, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Kläger diesen unverhältnismäßig belaste und inwieweit die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts verschlechtert werde.

6

Mit Bescheid vom 17.10.2008 hat die Beklagte es wiederum abgelehnt, einen Zuschuss zu den Reparaturkosten des Treppenlifts als Wohnumfeldverbesserung nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu gewähren. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts K sei nicht zu prüfen, ob die Tragung der Reparaturkosten allein durch den Antragsteller diesen unverhältnismäßig belaste. Im gemeinsamen Rundschreiben zum Pflegeversicherungsgesetz der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10.10.2002 sei ausgeführt, dass wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, deren Einbau bzw. Umbau bereits von der Pflegekasse bezuschusst worden sei und die repariert werden müssten, nicht nochmals als wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bezuschusst werden könnten.

7

Es handele sich auch nicht um eine erneute Maßnahme, für die erneut ein Zuschuss gezahlt werden könnte. Der Treppenlifter sei 2002 wegen der erheblich eingeschränkten Gehfähigkeit zur Überwindung der Treppe eingebaut worden. An dieser Situation habe sich nichts verändert.

8

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 zurück. Es liege kein veränderter Pflegebedarf und somit keine neue Maßnahme vor.

9

Hiergegen richtet sich die am 06.10.2008 beim Sozialgericht erhobene Klage.

10

Der Kläger ist der Ansicht, die Reparatur des Treppenlifters müsse bezuschusst werden, da er ihn dringend zum Erreichen seines Schlafzimmers benötige. Zum einen sei die Reparatur nach § 40 Abs. 3 SGB XI zu zahlen, zum anderen sei der Treppenlifter nicht für die Ewigkeit gebaut und müsse daher auch mal repariert werden.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid vom 17.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Instandsetzung des Treppenlifters zu übernehmen bzw. zumindest zu bezuschussen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Ansicht, sie könne nur dann einen weiteren Zuschuss zahlen, wenn es sich um eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI handele. Da sich die Pflegebedürftigkeit des Klägers aber nicht geändert habe, sei die Maßnahme dieselbe wie noch bei der Anschaffung des Treppenlifters im Jahr 2002.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist auch begründet.

18

Die Beklagte ist unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Reparatur des Treppenlifters zu bezuschussen.

19

Der Anspruch des Klägers richtet sich vorliegend nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Wie bereits im Urteil vom 05.08.2008 ausgeführt, kommt entgegen der Auffassung des Klägers die Erstattung der Reparaturkosten nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI vorliegend nicht in Betracht. Der Treppenlifter ist kein Hilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 3 SGB XI. Dies hat auch bereits das BSG in seinem Urteil vom 03.11.1999 (Az.: B 3 P 6/99 R) entschieden.

20

Der Anspruch des Klägers richtet sich vielmehr nach § 40 Abs. 4 SGB XI.

21

Nach § 40 Abs. 4 SGB XI können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, wenn dadurch eine möglichst selbständige Lebensführung wiederhergestellt oder die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert wird. Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich vor, denn der Kläger kann ohne den Treppenlifter sein Schlafzimmer nur dann erreichen, wenn er von anderen die Treppe hoch getragen wird. Auch morgens kommt er erst in Wohnzimmer und Küche, wenn ihn jemand hinunter trägt. So hatte der Kläger nach seinen Angaben auch während der Zeit des Stillstandes des Treppenlifters im Wohnzimmer geschlafen, da er keine Möglichkeit hatte, sein Bett zu erreichen. Die häusliche Pflege wird daher durch einen funktionstüchtigen Treppenlifter offensichtlich erheblich erleichtert. Auch eine selbständigere Lebensführung wird durch die Reparatur des Treppenlifters wiederhergestellt.

22

Der Bezuschussung der Reparatur des Treppenlifters steht auch § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI nicht entgegen. Hiernach dürfen die Zuschüsse einen Betrag in Höhe von 2.557,00 € je Maßnahme nicht übersteigen. Zwar ist bereits für die Anschaffung des Treppenlifters ein Zuschuss in Höhe von 2.557,00 € gezahlt worden, die Reparatur des Treppenlifters stellt aber zur Überzeugung der Kammer nicht dieselbe Maßnahme dar, wie die Anschaffung des Treppenlifters. Aus dem Wortlaut des § 40 Abs. 4 SGB XI ergibt sich, dass nach Sinn und Zweck der Regelung alle in einem bestimmten Zeitpunkt aufgrund des objektiven Pflegebedarfs notwendigen und vom Grundsatz her bezuschussungsfähigen Einzelmaßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen in ihrer Gesamtheit rechtlich eine einzige Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI darstellen.

23

Die Reparatur des Treppenlifters war offensichtlich zum Zeitpunkt der Anschaffung des Treppenlifters noch nicht notwendig und stellt daher zur Überzeugung der Kammer eine neue Maßnahme im Sinne des § 40 Abs. 4 SGB XI dar. Wie das BSG in seinem Urteil vom 19.04.2007 - Az.: B 3 P 8/06 R - ausgeführt hat, ist es nicht erforderlich, dass eine Ausweitung des Pflegebedarfs eingetreten ist. Diese stellt lediglich die wohl häufigste Variante einer nachträglichen Änderung der Pflegesituation dar. Maßgeblich ist nach den Ausführungen des BSG - denen sich die Kammer anschließt - allein die nachträgliche objektive Änderung der Pflegesituation. Es ist abzugrenzen, ob verschiedene Einzelmaßnahmen eine Gesamtmaßnahme darstellen, die nur ein Mal bezuschusst werden kann oder ob es sich rechtlich um zwei verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen handelt, die dann mehrfach bezuschusst werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber offensichtlich nicht jede Reparatur oder Wartung von erfolgten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen als bezuschussungsfähig angesehen hat, da die Kostenerstattung für Reparaturen nur für Pflegehilfsmittel nach § 40 Abs. 3 SGB XI vorgesehen ist. Nach § 40 Abs. 3 Satz 3 SGB XI umfasst der Anspruch bei Pflegehilfsmitteln auch die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung.

24

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Treppenlifter aus Laiensicht wohl eher als technisches Hilfsmittel betrachtet wird und erst durch den dauerhaften Einbau zu einer wohnumfeldverbessernden Maßnahme wird. Auch wird von dem Begriff der wohnumfeldverbessernden Maßnahme, grundsätzlich der Umbau der Wohnung, wie z. B. die Verbreiterung von Türen oder der Umbau des Badezimmers, z. B. durch einen höhenverstellbaren Waschtisch oder ein erhöhtes WC, umfasst. An Geräte, die Verschleißerscheinungen zeigen und gegebenenfalls nicht nur repariert, sondern auch erneuert werden müssen, hat der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht. Dass hierdurch dann - wie vorliegend - ganz erhebliche Kosten für den Pflegebedürftigen entstehen können, muss aber auch berücksichtigt werden, insbesondere wird die Pflegesituation des Klägers durch die Funktionsuntüchtigkeit des Treppenlifts ganz erheblich verschlechtert. Sein Hilfebedarf steigt dadurch, dass er dann die Treppe hinauf und hinunter getragen werden muss, ganz erheblich an.

25

Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass bei einer rechtssystematischen Auslegung funktionswiederherstellende Maßnahmen - wie vorliegend eine erhebliche Reparatur - im Gegensatz zu funktionserhaltenen Maßnahmen (wie z. B. eine Wartung) als eine neue Maßnahme zu behandeln sind.

26

Da die Beklagte trotz der entsprechenden Verurteilung die Rechtsauffassung des Gerichts im neuen Bescheid vom 17.10.2008 und im Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 nicht ausreichend beachtet hat, hat vorliegend - trotz einer grundsätzlichen Ermessensentscheidung der Beklagten über das "Ob" der Bewilligung eines Zuschusses - eine Verurteilung zur grundsätzlichen Bezuschussung zu erfolgen.

27

Nach alledem ist bei der Berücksichtigung des Gesamtsystems zumindest bei erheblichen Reparaturkosten - wie vorliegend von über 2.000,00 € - die Reparatur als neue Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes anzusehen.

28

Die Höhe der Bezuschussung steht dagegen noch im Ermessen der Beklagten.

29

Nach alledem musste die Klage Erfolg haben.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.