Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 30. März 2017 - L 19 R 1118/14

bei uns veröffentlicht am30.03.2017

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.12.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund ihres Antrags vom 04.10.2010 gegen die Beklagte hat.

Die 1963 geborene Klägerin hat von 1979 bis 1982 eine Ausbildung zur Speditionskauffrau absolviert. In diesem Beruf war sie bis Dezember 1984 tätig. Pflichtbeitragszeiten für Beschäftigungen wurden nach diesem Zeitpunkt von der Klägerin nicht mehr nachgewiesen.

Am 07.11.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung von Erwerbsminderungsrente unter Vorlage eines ärztlichen Attestes von Dr. H. vom 08.11.2006, in dem diese ausführte, dass "nach dem Befund des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit C-Stadt bei der Klägerin ein deutlich eingeschränktes Leistungsbild mit täglich weniger als 3 Stunden Arbeitsfähigkeit wegen

– deutlich eingeschränkter psychischer Belastbarkeit, behandlungsbedürftig

– Wirbelsäulenbeschwerden."

vorliege. Die betreffenden Diagnosen seien

"- Adultes Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom

– Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit muskulärer Insuffizienz."

Die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente sei zu unterstützen, da mit einer wesentlichen Besserung nicht gerechnet werden könne. Beigefügt war ein „Befundbericht für den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit“ von Prof. Dr. M. vom 08.08.2006, wonach bei der Klägerin eine Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität, rezidivierende depressive Episoden vorlägen. Sie befinde sich seit 20.09.2000 dort regelmäßig in Behandlung. Die letzte Behandlung habe am 13.07.2007 (gemeint war wohl 2006) stattgefunden. Es fänden sich zunehmende Ängstlichkeit, depressive Verstimmung, Unruhe, Schlafstörungen, eingeschränkte soziale Anpassungsfähigkeit. Derzeit sei die Problematik verstärkt, da die Einnahme des Medikaments Methylphenidat off label use sei. Eine Arbeitsunfähigkeit sei möglicherweise langfristig gegeben.

Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F. ein, die am 11.01.2007 zu dem Ergebnis gelangte, dass eine wesentliche Einschränkung der Erlebens- und Gestaltungsfähigkeit im Alltag nicht gesehen werden könne und von der Klägerin auch nicht beschrieben werde. Sie könne den Haushalt mit 4 Kindern selbständig versorgen, gehe auch außerhäuslichen ehrenamtlichen Tätigkeiten nach, könne das Haus verlassen, Besorgungen tätigen. Die Klägerin könne mehr als 6 Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sowohl ihren letzten Beruf als kaufmännische Angestellte als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2007 den Rentenantrag der Klägerin ab.

In dem hiergegen vor dem Sozialgericht Bayreuth geführten Klageverfahren mit dem Az S 7 R 207/07 wurde ein nervenärztliches Gutachten von Dr. O. nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 29.09.2008 und ein Gutachten nach § 109 SGG vom Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. vom 02.06.2009 eingeholt. Beide Sachverständige kamen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin sowohl ihre letzte Tätigkeit als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten könne. Dr. O. hielt dabei ausdrücklich in ihrem Gutachten fest, dass keine Zweifel bestünden, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen durch ihre seelische Labilität schon beeinträchtigt sei. So sei sie häufig impulsiv, sprunghaft, habe ein mangelndes Durchhaltevermögen und wohl auch eine geringe Frustrationstoleranz. Ein deutlicherer sozialer Rückzug habe sich allerdings aus der Schilderung ihrer Lebensgestaltung im Gegensatz zu der Auffassung, die Prof. Dr. M. vertreten habe, nicht ableiten lassen. Das psychiatrische Krankheitsbild der Klägerin sei ins Erwerbsleben eingebracht und sei durch psychosoziale Probleme verschärft worden. Es führe aber nicht zu kognitiven Einschränkungen und sei mit einer affektiven Psychose nicht vergleichbar. Seit kurzem fände jetzt eine Psychotherapie statt. Die regelmäßige Medikation habe sogar zu einer Verbesserung der Situation gegenüber der Begutachtung von Dr. F. geführt. Die Leistungseinschätzung von Dr. O. wurde von Dr. B. bestätigt, wenngleich er die von Dr. O. bei der Klägerin angenommene emotional labile Persönlichkeitsstörung nicht bestätigte. Es bestehe aktuell keine krankheitswertige Depression. Es bestehe derzeit ein durchaus befriedigender Zustand. Mit Schriftsatz der damaligen Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2009 wurde die Klage daraufhin zurückgenommen.

Am 04.10.2010 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen einer depressiven Störung, Tinnitus, Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung. Die Beschwerden bestünden seit 2005. Vorgelegt wurde dazu eine fachärztliche Bescheinigung von Dr. M., Bezirksklinikum O., vom 07.09.2010 zur Frage der Arbeitsfähigkeit, wonach sich die Klägerin seit Mai 2007 dort in Behandlung befinde. Sie leide unter einer einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome sowie einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei bereits seit längerem auf unter drei Stunden täglich abgesunken und bestehe nur für sehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Sie leide an einem ausgeprägten Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom, weswegen sie in der Verfolgung behördlicher und Versicherungsangelegenheiten nicht strukturiert genug vorgehe, um rechtzeitig ihre Ansprüche zu erwirken. Man empfehle, dass man der Versicherten Erwerbsminderungsrente zugestehe. Vorgelegt wurde des Weiteren ein Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS), Region Oberfranken, Versorgungsamt Bayreuth vom 18.04.2007, mit dem der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 wegen einer seelischen Störung, psychovegetativen Störungen zuerkannt wurde. Weitere Behinderungen wurden nicht festgestellt.

Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. ein, die die Klägerin am 08.12.2010 untersuchte und in ihrem Gutachten vom 13.12.2010 zu der Diagnose Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung gelangte. Die Klägerin sei in der Lage sowohl ihre zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Speditionskauffrau als auch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es lägen keine wesentlichen Einschränkungen vor. Zu beachten seien Einschränkungen der geistig-psychischen Belastbarkeit in dem Sinne, dass extrem monotone Tätigkeiten, langdauernde konzentrative Anspannung und Akkorddruck vermieden werden sollten. Eine depressive Verstimmung liege nicht vor. Bei der Schilderung insbesondere der finanziellen Probleme der Familie, steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Gegebenheiten habe die Klägerin sich unzufrieden gezeigt, dysphorisch. Hier sei vom Unterton her ein gewisses Gefühl dauerhafter Benachteiligung deutlich geworden.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 04.01.2011 eine Rentengewährung ab. Der hiergegen mit Schreiben vom 01.02.2011 unter Vorlage einer psychiatrischen Stellungnahme des Bezirksklinikums O. vom 24.11.2010 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin sei mit dem vorhandenen Leistungsvermögen in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Zur Begründung der hiergegen am 26.04.2011 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass der behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. V., Psychiatrische Institutsambulanz des Bezirksklinikums O., die Durchführung des Klageverfahrens empfohlen habe, da er mit der Klägerin die Meinung vertrete, dass eine Erwerbsminderung vorliege. Er verweise auf die massiven Gesundheitsstörungen, hier insbesondere seitens der rezidivierenden depressiven Störung, der psychischen und Verhaltensstörungen, der hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens sowie des Tinnitus, welche es der Klägerin unmöglich machten, eine Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben.

Mit Bescheid des ZBFS vom 14.02.2011 wurde der Klägerin ab dem 09.08.2010 ein GdB von 40 zuerkannt (Einzel-GdB von 40 auf seelische Störung, psychovegetative Störung, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom im Erwachsenenalter und GdB von 10 auf Tinnitus beidseits).

Das SG hat Befundberichte des Bezirksklinikums O. (Dr. M. und Dr. V.), von der Hausärztin Dr. H. sowie des HNO-Arztes Dr. L. beigezogen und die Akte des ZBFS zum Verfahren beigenommen.

Sodann hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. K. eingeholt, der am 19.04.2012 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

A. Auf psychiatrischem Fachgebiet:

1. Angst und depressive Störung gemischt auf dem Boden einer akzentuierten Persönlichkeitsstruktur mit selbstunsicheren, abhängigen, zwanghaften Anteilen, aber auch einer leichten Ich-Pathologie, wobei aber eine Borderline-Störung nicht feststellbar sei.

2. Undifferenzierte Somatisierungsstörung.

3. Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom im Erwachsenenalter).

B. Fachfremde Diagnosen:

Zustand nach Hörsturz rechts mit Hörminderung rechts, Tinnitus rechts und gelegentlich Tinnitus auch links ohne Hinweise auf eine psychische Dekompensation.

Im Vergleich zu den Vorbefunden vorwiegend des Psychiatrischen Klinikums K. habe sich eine gute Befundbesserung eingestellt. Eine quantitative Leistungsminderung liege nicht vor. Die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich bei durchschnittlicher Belastung und den betriebsüblichen Pausen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein. Es bestünden qualitative Einschränkungen der individuellen Leistungsfähigkeit hinsichtlich des Schweregrades der möglichen Arbeiten. Zumutbar seien noch körperlich leichte und teilweise mittelschwere Tätigkeiten. Die Tätigkeiten müssten im Gehen, Stehen und Sitzen sowie im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen durchgeführt werden. Gelegentliche Zwangshaltungen der Wirbelsäule seien ohne weiteres möglich. Tätigkeiten seien sowohl in geschlossenen temperierten Räumen, aber auch im Freien möglich. Nicht zumutbar seien Tätigkeiten mit intensiven psychomentalen Stressfaktoren, wie Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Tätigkeiten mit intensivem Publikumsverkehr sowie Tätigkeiten mit Führungsverantwortung. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Der Verlauf sei chronifiziert, mit einer Besserung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben könne nicht gerechnet werden. Empfohlen würde die Einleitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Eine medizinische Rehabilitation sei nicht notwendig.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG sodann nach § 109 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. R. eingeholt, die zunächst am 05.10.2012 mitteilte, dass sie in der Zeit von 2007 bis 2008 ebenfalls am Bezirksklinikum O. tätig gewesen sei, an den Vorgängen in Bezug auf die Klägerin jedoch nur an Fallbesprechungen und den Unterschriften mitgewirkt, nie aber Behandlungen durchgeführt habe. Sie betreue am Bezirksklinikum nur noch wenige Patienten und habe diese jetzt in ihrer Praxis in K-Stadt. Nachdem der Vorsitzende Richter keine Bedenken gegen die Erstattung des Gutachtens hatte, hat Dr. R. die Klägerin am 07.11.2012 untersucht und ist in ihrem Gutachten vom 05.02.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt:

1. Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens/ADHS im Erwachsenenalter.

2. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode.

3. Psychische Verhaltensstörung durch sedativa- und hypnotikaschädlichen Gebrauch.

4. Adipositas per magna.

Im Vergleich zu dem zuletzt eingeholtem Gutachten seien keine wesentlichen Änderungen eingetreten. Die Klägerin könne Arbeiten nur stundenweise verrichten. Es müssten häufig Pausen eingelegt werden, da sonst die Konzentrationsleistung zu stark eingeschränkt werde. Die Klägerin sei nur noch unter drei Stunden pro Tag belastbar. Es könnten zudem nur leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichtet werden, keine Tätigkeiten mit Absturzgefahr, keine Tätigkeiten mit ständigem Stehen, Gehen und Sitzen. Es müsste eine Arbeitsumgebung geschaffen werden mit wenig Reizen, die zur Ablenkung führen würden, andererseits aber auch keine völlig monotonen Arbeiten ausgeübt werden, da sonst die Aufmerksamkeitsleistung nochmals eingeschränkt werden könne. Es müssten Arbeiten geschaffen werden, die es der Klägerin erlauben würden, sich stark auf diese Arbeit zu fokussieren, d. h. keine Arbeiten mit häufigen Telefonunterbrechungen, keine monotonen Arbeiten, keine Arbeiten in einem Großraumbüro, keine Arbeiten mit hoher psychischer Belastung, keine Akkordarbeiten - wobei diese eher auf körperlicher Seite nicht möglich seien, aus psychischer Situation wären Akkordarbeiten in einer ruhigen Umgebung durchaus möglich. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei gegeben. Aufgrund der langjährigen Erkrankung, die mit langjährigen psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlungen und unter der Einbindung aufsuchender Fachpflege erfolge, sei mit einer Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht zu rechnen. Reha-Maßnahmen seien nicht erfolgversprechend ebenso wenig wie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Des Weiteren wurde ein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. und Psychologischen Psychotherapeutin J. N. vom 07.11.2012 erstellt. Danach sei die Klägerin durch ihre ADHS-Symptomatik und andererseits durch die bestehende depressive Erkrankung in der Bewältigung ihrer Alltagsaufgaben stark beeinträchtigt, auch wenn sie durch bestimmte Ressourcen im Allgemeinen durchaus handlungsfähig erscheine. Es lägen deutliche Anzeichen für ein Erschöpfungs- und Überlastungssyndrom vor. Die Leistungsfähigkeit erscheine vermindert. Zudem erschwere die ausschweifende und unstrukturierte Kommunikation der Klägerin das soziale Miteinander derart, dass konstruktive und zielorientierte Gespräche mit ihr kaum möglich erschienen. Daher sei die Klägerin aus psychologischer Sicht dauerhaft nicht in der Lage, kontinuierliche Leistungen zu erbringen, sondern bedürfe beständiger ärztlicher und therapeutischer Unterstützung zur Strukturierung ihres Alltags und um einer völligen Dekompensation ihrer eigenen Person entgegen zu wirken.

Zum Gutachten von Dr. R. und zum psychologischen Zusatzgutachten von Dipl.-Psych. N. hat die Beklagte durch Prüfarzt Dr. S. am 28.02.2013 Stellung genommen. Er hat darauf hingewiesen, dass sich Dr. R. im Gegensatz zu allen Vorgutachten befinde. Die Diagnosen seien dabei nicht umstritten, lediglich die daraus resultierende Beurteilung des Leistungsvermögens. Darauf weise Frau Dr. F. in ihrer psychiatrischen Stellungnahme vom 22.02.2013 zutreffend hin.

Mit Schriftsatz vom 15.04.2013 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine psychiatrische Stellungnahme von Dr. R. vom 12.04.2013 übersandt. Ihrer Einschätzung stehe nicht entgegen, dass die Klägerin trotz des Vorliegens von ADS bereits im Jugendalter eine Ausbildung habe absolvieren können und auch berufstätig gewesen sei. Zwar habe sich bei der Testung durch Dipl-Psych N. eine überdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit gezeigt. Dies sei aber nicht untypisch, weil ADS-Probanden durchaus eine Hyperfokussierung für kurze Zeit erreichen könnten. Sobald allerdings störende Einflüsse von außen einwirken würden, komme es hier rasch zu einem Abbruch der Konzentrationsfähigkeit. Durch die vermehrte Ablenkbarkeit infolge des ADS komme es zu einer erhöhten Belastung der Konzentrationsfähigkeit und damit auch zu einer Erschöpfungssymptomatik. Die Klägerin sei erst im Laufe der Jahre durch zusätzliche Belastungen im familiären Umfeld dekompensiert, insoweit sei nochmals auf die Chronifizierung als Begleiterkrankung bei ADS verwiesen. Durch die enorme Belastung, die sich aus dieser Situation ergebe, sei die Belastungsfähigkeit der Klägerin eingeschränkt.

Auf Anforderung des SG hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.11.2013 einen aktuellen Versicherungsverlauf der Klägerin übersandt und darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wohl nur bis zum 31.01.2011 gegeben wären. Im Versicherungsverlauf der Klägerin befänden sich erhebliche Lücken, die erst nach Feststellung des Leistungsfalles endgültig überprüft werden könnten.

Das SG hat sodann ein Terminsgutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet von Dr. K. eingeholt, der am 12.12.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung/Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom im Erwachsenenalter.

2. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mit agitiert-depressiver Symptomatik.

3. Schädlicher Gebrauch von Sedativa/Hypnotika.

4. Hörminderung und Tinnitus rechts.

Im Vergleich zu den Vorgutachten ergebe sich eine tendenzielle Verschlechterung in der Kombination von ADHS und agitiert-depressiver Symptomatik. Die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen noch drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein. Zu vermeiden seien besondere Anforderungen an die geistige/psychische Belastbarkeit (Konzentrations-/Reaktionsvermögen, Umstellungs-/Anpassungsvermögen, Verantwortung für Personen und Maschinen, Überwachung, Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge). Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Klägerin bestehe zumindest ab der aktuellen Begutachtungsuntersuchung. Eine wesentliche Besserung der agitiert-depressiven Symptomatik sei noch möglich. Hierfür sei ein Zeitraum von zwei Jahren ab der Untersuchung anzusetzen. Medizinische Reha-Maßnahmen oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt würden nicht empfohlen.

Nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2013 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht geklärt werden konnten, wurde die Sitzung vertagt. Mit Schriftsatz vom 15.01.2014 hat die Beklagte mitgeteilt, dass zunächst ein Kontenklärungsverfahren durchgeführt werde. Daraufhin hat das SG mit Beschluss vom 17.01.2014 das Verfahren ruhend gestellt. Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte mit Schreiben vom 04.02.2014 Beschwerde eingelegt, die mit Beschluss des 20. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15.04.2014 als unzulässig verworfen wurde. Die Beklagte könne durch einen Antrag auf Aufnahme des Verfahrens jederzeit die Fortsetzung des Verfahrens erreichen. Auf entsprechenden Antrag hin müsse das SG das Verfahren fortsetzen, da der Beschluss ohne Zweifel rechtswidrig sei. Das SG habe das Ruhen des Verfahrens ohne Zustimmung der Beteiligten angeordnet (Az. L 20 R 259/14 B). Das SG hat sodann mit Beschluss vom 29.04.2014 den Beschluss vom 17.01.2014 aufgehoben und das Verfahren fortgeführt.

Mit Schriftsatz vom 27.05.2014 hat die Beklagte den korrigierten Versicherungsverlauf übersandt und mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lediglich bis 31.01.2011 gegeben seien. Beigefügt war der Feststellungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI vom 20.05.2014. Aus diesem ergeben sich folgende Zeiten:

01.07.1979 - 30.06.1982 Pflichtbeitragszeiten während beruflicher Ausbildung

01.07.1982 - 31.12.1984 Pflichtbeitragszeiten wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung

01.01.1985 - 01.06.1985 Arbeitslosigkeit

03.07.1986 - 31.08.1987 Schwangerschaft/Mutterschutz und Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung

01.10.1989 - 30.09.1990 Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung

01.11.1992 - 31.10.1995 Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung

01.06.1996 - 31.05.1999 Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung

01.11.2001 - 30.06.2005 Geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung

20.02.2006 - 28.02.2006 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit

01.03.2006 - 30.04.2007 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II ohne Arbeitslosigkeit

01.05.2007 - 30.04.2008 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit

01.05.2008 - 30.09.2008 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II ohne Arbeitslosigkeit

01.10.2008 - 31.12.2008 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit

01.10.2008 - 02.10.2008 Krank/Gesundheitsmaßnahme ohne Beitragszahlung Ab 30.07.2010 Überbrückungszeiten (mit Lücken)

01.10.2012 - 31.10.2012 Bezug von Arbeitslosengeld II

01.04.2013 - 31.12.2013 Bezug von Arbeitslosengeld II Ferner sind festgehalten: 14.08.1986 - 26.05.2006 Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.

Gegen den Feststellungsbescheid vom 20.05.2014 wurde Widerspruch eingelegt, ohne dass dieser begründet wurde. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben, die unter dem Aktenzeichen geführt wird und mit Beschluss des SG vom 19.05.2015 ruhend gestellt wurde.

Das SG hat sodann im hiesigen Verfahren eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. zum Leistungsfall 31.01.2011 eingeholt. Mit Stellungnahme vom 15.08.2014 hat Dr. K. zusammenfassend darauf hingewiesen, dass in den vorliegenden Gutachten eine weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich der Diagnosen bestehe. Für die Beurteilung des Eintritts des Leistungsfalles seien folgende Punkte zu berücksichtigen:

Bei der ADHS-Erkrankung der Klägerin handle es sich um eine anlagebedingte Gesundheitsstörung, die in das Erwerbsleben eingebracht worden sei und in früheren Jahren eine Arbeitstätigkeit nicht verhindert habe. Eine zusätzliche relevante depressive Symptomatik sei in den vorangegangenen Gutachten, vor allem in den Gutachten von Frau Dr. R. und Dr. K., nicht gesehen und übrigens auch im Gutachten von Dr. R. nicht in ausgeprägtem Umfang beschrieben worden. Die gut durchschnittlichen Ergebnisse in der psychologischen Testung vom 07.11.2012 sprächen zudem eher gegen, als für eine belegbare Leistungsminderung in der Vergangenheit. Selbst wenn man der Argumentation von Dr. R. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2013 folgen würde, dass zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung am 07.11.2012 Hobbys nur noch teilweise betrieben worden seien, trotz der Logorrhoe die Grundstimmung depressiv gewesen sei und eine Chronifizierung bestanden habe, würde sich dadurch zwar eine gewisse Verschlimmerung im Verlauf, aber noch kein Leistungsfall bereits ab dem 31.01.2011 ergeben. Nachvollziehbar erscheine jetzt die geschilderte Verschlechterung durch die zusätzliche Belastung in Folge der psychiatrischen Erkrankung des Sohnes ab Herbst 2013. Da für Herbst 2013 keine entsprechenden psychiatrischen Befunde vorlägen, lasse sich allerdings eine Verschlimmerung der psychischen Symptomatik mit einer Reduktion des zeitlichen Leistungsvermögens erst ab der aktuellen Begutachtung am 12.12.2013 sicher nachweisen.

Nach nochmaliger Anhörung der Beteiligten hat das SG sodann mit Gerichtsbescheid vom 08.12.2014 die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass bei der Klägerin zwar Erwerbsminderung vorliege, jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente nicht erfüllt seien. Das Restleistungsvermögen der Klägerin liege bei drei bis unter sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Das eingeschränkte Leistungsvermögen der Klägerin sei aber erst durch die Untersuchung von Dr. K. am 12.12.2013 nachgewiesen. Es sei tendenziell zu einer Verschlechterung gekommen. Selbst bei Annahme des Leistungsfalles im Zeitpunkt der Begutachtung von Dr. R. im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung am 07.11.2012 wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Zur Begründung der hiergegen am 29.12.2014 zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung verweist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf das Gutachten von Dr. R. und die psychologische Zusatzbegutachtung durch Dipl.-Psych. N.. Im Vergleich zu den Vorgutachten sei es nach Auffassung von Frau Dr. R. zwar nicht zu einer Änderung gekommen, der Schweregrad der bereits früher bekannten und diagnostizierten Gesundheitsstörungen sei jedoch nicht korrekt beurteilt worden. Insbesondere aufgrund des deutlichen ADHS sei die Klägerin nicht in der Lage einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie benötige immer wieder Pausen, müsse immer wieder strukturiert werden, um den Fokus bei sich zu halten. Im Rahmen der Überlastungssituation sei eine zunehmende Erschöpfungssymptomatik hinzugekommen, die es der Klägerin erschwerten, die Konzentration aufrecht zu erhalten. Ihr Leistungsvermögen liege seit Antragstellung bei unter drei Stunden täglich. Dr. R. habe festgehalten, dass die Klägerin ihre Aktivitäten bereits seit längerer Zeit nicht mehr ausübe. Immer wieder träten Stimmungseinbrüche mit Lebensüberdruss auf, so dass immer wieder auch schwere Phasen einer Depression vorlägen, wobei diese sicherlich reaktiv im Sinne von Bilanzierung ausgelöst würden. Herr Dr. K. komme zu den vergleichbaren Diagnosen, schließe sich aber hinsichtlich des Schweregrades nicht der Einschätzung von Dr. R. an. Er begründe seine Auffassung damit, dass durch die psychiatrische Erkrankung des Sohnes der Klägerin ab Herbst 2013 eine Verschlechterung im Leistungsvermögen eingetreten sei. Nach Auffassung von Frau Dr. R. stehe aber nicht die depressive Störung im Vordergrund der Leistungsbeurteilung, sondern das ausgeprägte ADHS. Dieses habe in der ausgeprägten Form bereits mindestens seit Antragstellung bestanden.

Die Beklagte hat ihre Aktenvorgänge hinsichtlich der Kontenklärung übersandt. Aus diesen ist ersichtlich, dass seitens der Klägerin insbesondere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit als Anrechnungszeiten ab dem 01.01.2009 geltend gemacht wurden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 31.07.2014 darauf hingewiesen, dass sich eine Lücke nach dem 01.06.1985 im Versicherungsverlauf finde, die nachfolgenden Zeiten der Schwangerschaft können deshalb nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden. Ebenso wenig in der Folgezeit die Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehungszeiten. Die in der Zeit vom 20.02.2006 bis 31.12.2008 vorliegende Zeit des Leistungsbezuges von Arbeitslosengeld II stelle nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.07.2008 (B 5a R 110/07 R) keine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit dar, so dass auch die Zeit ab dem 01.01.2009 keine Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit wäre. Die ab diesem Zeitpunkt vorliegenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit könnten deshalb nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom 25.05.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nochmals die behandelnden Ärzte der Klägerin mitgeteilt und den Senat gebeten, weitere Befunde einzuholen. Mit Schreiben des Senats vom 04.11.2016 wurde darauf hingewiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Klägerin bis längstens 31.01.2011 gegeben seien und dass deshalb keine weiteren aktuellen Befunde von den behandelnden Ärzten der Klägerin beigezogen würden. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Nachweis des Bestehens einer quantitativen Leistungsminderung spätestens im Januar 2011 bislang nicht habe geführt werden können und dass deshalb überprüft werden sollte, ob die Berufung weiterhin aufrechterhalten werde. Hieraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 15.11.2016 lediglich mitgeteilt, dass die Berufung aufrechterhalten werde und ein Gutachten nach § 109 SGG von Dr. B. beantragt werde. Mit Schreiben vom 17.11.2016 hat der Senat darauf hingewiesen, dass der Antrag nach § 109 SGG nicht nachvollzogen werden könne und um besondere Begründung dieses Antrages gebeten werde. Mit Schreiben vom 30.11.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nochmals ausführlich dahingehend Stellung genommen, dass sich aus den Befundberichten des Bezirksklinikums O. aus den Jahren 2008 und 2010 eine quantitative Leistungsminderung bereits ab Antragstellung dokumentiere. Die fachpsychiatrische Behandlung der Klägerin im Bezirksklinikum O. dauere unverändert an. Notwendig sei eine Längsschnittbetrachtung der im Rahmen der aktenkundigen Krankheitsgeschichte der Klägerin erhobenen komorbiden psychiatrischen Befunde, die zu dem Ergebnis führen werde, dass die Klägerin spätestens seit Rentenantragstellung am 04.10.2010 dauerhaft nicht mehr in der Lage gewesen sei, einer geregelten Erwerbstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Der Antrag nach § 109 SGG bleibe deshalb aufrecht erhalten.

Mit aktuellem Schriftsatz vom 22.03.2017 weist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass seiner Meinung nach die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente im Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. am 12.12.2013 gegeben seien. Der Versicherungsverlauf weise für die Zeit vom 20.02.2006 - 31.12.2008 Pflichtbeitragszeiten aus Alg-II-Bezug aus. Aus den fachärztlichen Bescheinigungen von Dr. M. lasse sich entnehmen, dass die Klägerin bereits seit 01.01.2009 arbeitsunfähig gewesen sei und dass dies über den Zeitpunkt der Begutachtung von Dr. K. hinaus der Fall gewesen sei. Diese Zeiten müssten als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden, zumindest jedoch als Überbrückungstatbestände, so dass die bis 31.12.2008 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten maßgebend seien. Der Antrag auf Einholung aktueller Befundberichte und eines Gutachtens nach § 109 SGG von Dr. B. werde weiterhin aufrechterhalten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.12.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 aufzuheben sowie den Bescheid vom 20.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten vom 01.01.2009 bis 30.09.2012 und vom 01.11.2012 bis 31.03.2013 als Anrechnungszeiten, hilfsweise als Überbrückungszeiten anzuerkennen und der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund ihres Antrags vom 04.10.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 08.12.2014 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 08.12.2014 die Klage gegen den Bescheid vom 04.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2011 als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gegen die Beklagte.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

  • 1.teilweise erwerbsgemindert sind,

  • 2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

  • 3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI liegen bei der Klägerin lediglich bis 31.01.2011 vor. In dem gesondert durchgeführten Kontenklärungsverfahren, das beim SG noch unter dem Aktenzeichen anhängig ist, wurden keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten festgestellt. Die letzte Pflichtbeitragszeit, die im Versicherungsverlauf der Klägerin enthalten ist, stammt aus Dezember 2008 und resultiert aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II. Danach sind von der Klägerin keine weiteren Pflichtbeiträge mehr entrichtet worden, so dass auf die vor dem 31.12.2008 entrichteten Pflichtbeiträge nur dann noch zurückgegriffen werden könnte, wenn über eine Verlängerung des gesetzlichen 5 Jahreszeitraums eine Berücksichtigung dieser Zeiten möglich wäre. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hinweist, dass nach Angaben des Bezirksklinikums O. die Klägerin - rückschauend betrachtet - mindestens seit 2007 durchgängig arbeitsunfähig gewesen sei und dass deshalb Anrechnungs- oder zumindest Überbrückungstatbestände zu berücksichtigen seien, vermag der Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Eine rückschauend vermutete Arbeitsunfähigkeit, wie dies in den Schreiben des Bezirksklinikums O. vom 07.09.2010 und 30.07.2013 zum Ausdruck kommt, kann nicht als Nachweis einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung gewertet werden. Auch die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen enthalten mehrere Lücken, teils über Wochen hinaus, so dass eine durchgehende Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten gerade nicht vorliegt, obwohl die Bescheinigungen alle vom Bezirksklinikum O. ausgestellt worden waren. Ferner ist zu beachten, dass auch die Zeiten des Arbeitslosengeld-II-Bezuges nicht einheitlich dokumentiert sind, vielmehr wird im Versicherungsverlauf der Klägerin auch differenziert zwischen Leistungsbezug von Alg II mit Arbeitslosigkeit, d. h. mit der vorhandenen Verfügbarkeit der Klägerin zur Arbeitsvermittlung, und Zeiten des Leistungsbezugs von Alg II ohne Arbeitslosigkeit, was z. B. mit Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin oder der Erkrankung eines ihrer Kinder verbunden sein könnte. Diese ist aber nur in der Zeit vom 01.03.2006 - 30.04.2007 und dann nochmals vom 01.05.2008 - 30.09.2008 dokumentiert. Vom 01. - 02.10.2008 ist „krank/Gesundheitsmaßnahme“ im Versicherungsverlauf enthalten. Eine weitere Berücksichtigung der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit scheidet auch deshalb aus, weil der Leistungsbezug von Alg II nicht unmittelbar an Pflichtbeitragszeiten wegen Beschäftigung anknüpft und deshalb der relevante Unterbrechungstatbestand nach § 58 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt wäre.

Ein Absinken des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin auf unter 6 Stunden täglich für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes spätestens im Zeitpunkt 31.01.2011 ist nicht nachgewiesen, so dass eine Rentengewährung nach § 43 SGB VI nicht in Betracht kommt.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens der Klägerin frühestens im Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. am 12.12.2013 nachgewiesen ist. Dr. K. kommt - unter Berücksichtigung seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.08.2014 - eindeutig zu dem Ergebnis, dass ein früherer Eintritt eines Leistungsfalles nicht angenommen werden kann. Erst ab Dezember 2013 kann ein 3 - unter 6-stündiges Leistungsvermögen der Klägerin angenommen werden. Dr. K. begründet dieses Ergebnis nachvollziehbar mit einer zusätzlichen familiären Belastungssituation der Klägerin, wonach ein weiterer Sohn in psychiatrische Behandlung gegeben werden musste, nachdem er auf Facebook seinen geplanten Selbstmord mitgeteilt hatte. Auch dieser Sohn leidet - wie die anderen Kinder der Klägerin und wohl auch ihr Ehemann - unter ADHS wie die Klägerin selbst. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob aufgrund dieser Argumentation von Dr. K. überhaupt bereits von einer dauerhaften Funktionsstörung der Klägerin auszugehen ist, die zu einem nicht nur vorübergehenden Absinken ihrer quantitativen Leistungsfähigkeit geführt haben könnte oder ob nicht durch Ergreifen geeigneter Behandlungsoptionen durchaus eine Besserung des Befindens der Klägerin hätte erreicht werden können. Zu diesem Zeitpunkt sind jedenfalls die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Aber auch bei Anknüpfung an den Untersuchungszeitpunkt von Dr. R. wären die notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben.

Die Sachverständigen, die die Klägerin seit ihrem ersten Rentenantrag im Jahr 2006 begutachtet hatten, hatten alle ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sowohl für den zuletzt im Jahr 1984 von der Klägerin ausgeübten Beruf als kaufmännische Angestellte als auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gesehen, mit Ausnahme von Dr. R. in ihrem Gutachten vom 05.02.2013. Diese ist zu einem unter 3stündigen Leistungsvermögen der Klägerin gelangt.

Betrachtet man zunächst die Sachverständigengutachten aus dem ersten Renten- und Sozialgerichtsverfahren, fällt auf, dass Dr. F. in ihrem Gutachten vom 11.01.2007 ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen angenommen und dabei festgehalten hatte, dass eine wesentliche Einschränkung der Alltagskompetenzen der Klägerin nicht vorlag, ebenso wenig eine depressive Erkrankung. Demgegenüber haben Dr. O. in ihrem Gutachten (nach § 106 SGG) vom 29.09.2008 und Dr. B. in seinem Gutachten (nach § 109 SGG) vom 02.06.2009 sogar eine deutliche Besserung der Symptomatik gegenüber der Begutachtung durch Dr. F. gesehen, nachdem die Klägerin wegen ihrer ADHS medikamentös und psychotherapeutisch behandelt worden war. Eine kontinuierliche Behandlung im Bezirksklinikum O. fand erst seit Mai 2007 statt, allerdings nur - wie sich aus der Bescheinigung von Dr. M., Bezirksklinikum O. vom 30.07.2013 ergibt - im Umfang von 1 x pro Quartal. Dr. O. und Dr. B. sahen nur geringe qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere dahingehend, dass die Klägerin aufgrund ihrer hohen Intelligenz und des vorliegenden ADHS nicht mit monotonen Arbeiten betraut werden dürfe, sondern dass entsprechende Abwechslung im Arbeitsablauf notwendig wäre, damit ihre Konzentration nicht nachlasse. Eine relevante depressive Erkrankung konnte von beiden Gutachtern nicht gesehen werden. Konsequenterweise wurde das Klageverfahren dann mit Schriftsatz der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 15.07.2009 durch Rücknahme beendet.

In dem hiesigen Verfahren hat die Beklagte zunächst ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten von Dr. R. eingeholt, die nach Untersuchung der Klägerin am 08.12.2010 ebenfalls auf den geordneten Tagesablauf der Klägerin und ihre Alltagskompetenz ausführlich hingewiesen hat. Sie hat insbesondere dargelegt, dass die Klägerin in erster Linie unter den finanziellen Engpässen infolge der großen Familie und der Arbeitslosigkeit ihres Ehemanns litt und sie sich insgesamt als benachteiligt angesehen hatte. Eine depressive Erkrankung konnte die Sachverständige nicht erkennen. Es sollten monotone Arbeiten vermieden werden.

Zu einem vergleichbaren Bild ist Dr. K. gelangt, der im Auftrag des SG die Klägerin neurologisch-psychiatrisch am 19.04.2012 begutachtet hat. Dr. K. vermochte nur eine einfache Somatisierungsstörung, aber keine nennenswerte unüberwindbare psychische Erkrankung zu sehen. Er kam zu dem Ergebnis, dass nur eine Angst- und depressive Störung der Klägerin vorliege, aber eine Borderline-Störung nicht zu erkennen sei und er diagnostizierte eine gute Befundbesserung der psychischen Erkrankung durch die Behandlung im Bezirksklinikum O.. Auch von einem Erschöpfungssyndrom der Klägerin ist keine Rede gewesen. Er sah lediglich qualitative Leistungseinschränkungen bei gleichen Diagnosen wie die bisherigen Sachverständigen.

Erst Dr. R. ist in ihrem Gutachten nach § 109 SGG vom 05.02.2013 mit Untersuchung der Klägerin am 07.11.2012 zu einem unter dreistündigen Leistungsvermögen gelangt. Zu beachten ist dabei, dass Dr. R. die gleichen Diagnosen wie die anderen Sachverständigen gestellt und ausdrücklich festgestellt hat, dass keine weiteren Erkrankungen oder gesundheitliche Einschränkungen zu berücksichtigen seien. Sie war allerdings der Meinung, dass das Ausmaß der Leistungseinschränkung der Klägerin von den anderen Gutachtern unterschätzt worden sei. Betrachtet man allerdings die Begründung von Dr. R. ihrem Gutachten und der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegten weiteren Stellungnahme, fällt auf, dass die Begründungen unterschiedlich sind: im Gutachten wird der wesentliche Faktor in der parallel zur ADHS vorliegenden psychischen Erkrankung der Klägerin gesehen, die dort mit einer mittelgradigen depressiven Episode beschrieben wird, während in ihrer weiteren Stellungnahme die Begründung dahingehend erfolgt, dass die Klägerin durch die ADHS-bedingte permanente Überlastung und das Hinzutreten weiterer familiärer bzw. sozialer Probleme in einen Erschöpfungszustand geraten sei, den sie nicht mehr überwinden könne. Zwar hat sich Dr. R. nicht ausdrücklich zum Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles in ihrem Gutachten geäußert, andererseits beschreibt sie aber ein hinzugetretenes Erschöpfungssyndrom, das sich im Laufe der Jahre verschärft und schließlich zu einer Dekompensation der Klägerin geführt habe. In ihrer weiteren Stellungnahme hat sie aber dann ein unter 3stündiges Leistungsvermögen ab Antragstellung angegeben, ohne sich mit den in der Zeit zwischen 2010 und 2013 erstellten Gutachten der anderen Sachverständigen auseinanderzusetzen.

Dr. K. hatte in seinem Terminsgutachten vom 12.12.2013 bei vergleichbaren Diagnosen eine Dekompensation der Klägerin im Herbst 2013 angenommen, nachdem sich die psychische Erkrankung ihres Sohnes derart manifestierte, dass er in stationäre psychiatrische Behandlung gebracht werden musste. Dr. K. sah allerdings auch entsprechende Behandlungsoptionen der Klägerin durch konsequente psychiatrische, verhaltenstherapeutische und medikamentöse Behandlung, so dass er ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen nach Ablauf von 2 Jahren für wahrscheinlich hielt. Dr. K. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.08.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits seit ihrem 12. Lebensjahr unter ADHS leide und seitdem wiederkehrend medikamentöse Behandlung benötigte, die es ihr aber auch ermöglichte, einen Ausbildungsberuf ergreifen zu können und in Vollzeit zu arbeiten. Eine relevante psychische Erkrankung der Klägerin sei in den vorliegenden Gutachten nicht gesehen worden und auch von Dr. R. nicht in ausgeprägtem Umfang in ihrem Gutachten beschrieben worden. Die in der psychologischen Zusatzbegutachtung am 07.11.2012 festgestellten gut durchschnittlichen Ergebnisse sprächen eher gegen als für eine belegbare Leistungsminderung der Klägerin.

Für den Senat ist aufgrund der vorliegenden Gutachten und der persönlichen Angaben der Klägerin durchaus nachvollziehbar, dass eine Einschränkung der qualitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin bereits seit Antragstellung oder auch schon früher bestanden hat, die von den Sachverständigen durchgehend auch beschrieben wird. Eine quantitative Leistungsminderung vermag der Senat aber frühestens im Herbst 2013 zu erkennen, wie von Dr. K. beschrieben. Wenn die Klägerin - wie von Dr. R. beschrieben - durch tatsächliche kontinuierliche Überforderung ihrer eigenen Kapazitäten ihre gesundheitliche Situation verschlechtert hätte, könnte mit der Verschärfung der familiären Probleme durchaus eine Dekompensation eingetreten sein. Einen Nachweis hierfür für einen früheren Zeitpunkt sieht der Senat nicht.

Entscheidend für den Senat ist, dass die Klägerin offenbar trotz der ADHS-Störung und der rezidivierenden depressiven Erkrankung in der Lage war, ihren Tagesablauf zu strukturieren und einen 6-Personen-Haushalt zu organisieren. Nach ihren eigenen Angaben haben die Kinder ihre Schulausbildung absolvieren können, eine Organisation des alltäglichen Ablaufs erschien der Klägerin möglich. Sie hat bei den Sachverständigen durchweg Aktivitäten geschildert, die über die bloße Haushaltsführung hinausgehen, insbesondere die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte im Freundes- und Bekanntenkreis, darüber hinaus, wie etwa im Gutachten von Dr. K., gibt die Klägerin an, in einem afrikanischen Chor gesungen zu haben, Chorproben zu besuchen, in einem Seniorenheim ehrenamtlich tätig zu sein. Sie unterhalte sich mit Senioren, bekomme dafür allerdings keinen Lohn. Sie hilft auch beim Sonntagsgottesdienst im Altenheim mit. Einmal wöchentlich geht sie da hin, um vorzulesen und zu singen. Aus den Gutachten geht hervor, dass insbesondere die finanziell angespannte Situation der Familie durchaus ein entscheidendes Element für die depressiven Phasen darstellt. Sie selber hat gegenüber Dr. K. auch angegeben, dass es ihr seit Sommer 2013 schlechter gegangen sei und die psychiatrische Behandlung des 3. Sohnes ab dem Oktober 2013 stelle eine weitere psychische Belastung für sie dar. Im September 2013 habe der Sohn einen Facebook-Notruf mit einer Selbstmordankündigung gemacht. Im Oktober 2013 sei er 24 Stunden verschwunden gewesen. Damals hätte sie die Polizei informiert. Die Klägerin hat des Weiteren angegeben, dass sie sich gelegentlich auch damit beschäftigt habe, über eBay Kleinigkeiten aus ihrem Haushalt zu verkaufen. Im Haushalt falle ihr vieles schwer, vor allem wenn es um Ordnung gehe. Einkäufe würden schwer fallen, auch wegen eines Innendrucks aufgrund der finanziellen Situation. Sie könne sich schwer entscheiden, was wichtig sei und was nicht. Sie vergesse auch mehr als früher.

Die Leistungseinschätzung der Gutachter, die zu einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen gelangt sind, wird durch das Gutachten von Frau Dr. R. nicht widerlegt, zumal Dr. R. ihre Leistungseinschätzung nicht nachvollziehbar begründet. Sie stützt sich im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben der Klägerin, ohne den Versuch zu unternehmen, diese nachhaltig zu objektivieren und dies im Lichte der vorliegenden Gutachten zu werten. Auch die relativ geringe Behandlungsintensität und die festgestellte Strukturiertheit der Klägerin zur Organisation ihres Tagesablaufs und der Versorgung ihrer Familie wurden nach Ansicht des Senats nicht ausreichend von der Sachverständigen gewürdigt. Gleiches gilt für die psychologische Zusatzbegutachtung durch Dipl. Psych. N.. Sie beschreibt selbst, dass die Klägerin ausreichende Mechanismen entwickelt habe, um die Versorgung ihrer sechsköpfigen Familie zu gewährleisten und dass sie hierfür über ausreichende Ressourcen verfüge. Anzeichen für Erschöpfungs- oder Überforderungssymptome rechtfertigen für sich allein aber nicht die Annahme eines dauerhaft quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögens der Klägerin, ebensowenig die Neigung der Klägerin zu ausschweifender und umständlicher Kommunikation, die konstruktive und zielorientierte Gespräche erschwerten. Jedenfalls ist ein Nachweis eines dauerhaft quantitativ abgesunkenen Leistungsvermögens der Klägerin spätestens am 31.01.2011 nicht geglückt. Die Klägerin trägt hierfür aber die objektive Beweislast.

Der Senat sieht im Hinblick auf den letztmals möglichen Leistungsfall im Januar 2011 keine Veranlassung zur Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen nach § 106 SGG, zumal von Seiten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin keine weiteren gesundheitlichen Einschränkungen vorgetragen wurden, die bislang noch nicht berücksichtigt worden wären. Die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG wurde vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zwar schriftsätzlich gestellt, aber in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt. Der Senat sieht auch keine Veranlassung zur Einholung eines solchen Gutachtens, weil es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin darum geht, die Würdigung der vorliegenden Gutachten im Hinblick auf die Frage der Erwerbsfähigkeit der Klägerin von dem benannten Sachverständigen vornehmen zu lassen. Diese Würdigung ist aber Aufgabe des Senats im Rahmen der hier vorliegenden Entscheidung.

Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 08.12.2014 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 30. März 2017 - L 19 R 1118/14 zitiert 13 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 58 Anrechnungszeiten


(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte1.wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,1a.nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten

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(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und E

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 15. Apr. 2014 - L 20 R 259/14 B

bei uns veröffentlicht am 15.04.2014

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.01.2014 wird als unzulässig verworfen. Gründe I. Streitig ist die Aufhebung einer Ruhensanordnung. In dem beim Sozialgeric

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.01.2014 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Streitig ist die Aufhebung einer Ruhensanordnung.

In dem beim Sozialgericht (SG) Bayreuth unter dem Az. S 3 R 347/11 anhängigen Klageverfahren erging in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.12.2013 der Beschluss, die mündliche Verhandlung zu vertagen. Die Beklagte erhalte Gelegenheit zur Klärung der Frage, wann bei der Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig erfüllt waren.

Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 15.01.2014 auf die Notwendigkeit, ein Kontenklärungsverfahren durchzuführen. Dieses Schreiben ist beim Sozialgericht am 16.01.2014 eingegangen.

Am 17.01.2014 hat das Sozialgericht wie folgt ohne Begründung durch Beschluss entschieden: Das Ruhen des Verfahrens wird angeordnet bis zur Klärung der rechtlich vorgreiflichen Frage, ob und wann die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 114 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Hiergegen hat die Beklagte am 07.02.2014 Beschwerde erhoben. Sie beantragt, den Beschluss vom 17.01.2014 aufzuheben oder insoweit abzuändern, als das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Kontenklärungsverfahrens angeordnet wird.

Die Klägerin schließt sich dem Antrag der Beklagten an, das sozialgerichtliche Verfahren bis zum Abschluss des Kontenklärungsverfahrens ruhen zu lassen.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichtsaktenakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Die Beschwerde ist bereits wegen fehlendem Rechtsschutzinteresse unstatthaft. Die Beklagte kann ihr Fortsetzungsbegehren durch einen Antrag auf Aufnahme des durch den angefochtenen Beschluss ruhend gestellten Verfahrens beim Sozialgericht nach § 202 SGG i.V.m. §§ 251, 250 Zivilprozessordnung (ZPO) verfolgen. Ein (Haupt-) Beteiligter kann nämlich jederzeit durch diesen einseitigen Antrag die Fortsetzung ruhend gestellter Verfahren beantragen. Das Sozialgericht hat über diesen Antrag durch rechtsbehelfsfähigen Beschluss zu befinden (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.06.2012 - L 6 AS 940/12 B - juris, mwN)

Der Senat weist darauf hin, dass bei Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens dem Sozialgericht nur die Entscheidungsmöglichkeit bleibt, den Beschluss vom 17.01.2014 aufzuheben. Denn der Beschluss ist ohne Zweifel rechtswidrig, da das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens ohne Zustimmung der Beteiligten angeordnet hatte. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 251 S 1 ZPO hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen. Ein Antrag des Klägers und des Beklagten ist notwendig; ohne Einverständnis beider Hauptbeteiligter kann das Gericht das Ruhen nicht anordnen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., Vor § 114 Rz 4; BSG Beschluss vom 08.09.1976 - 11 RK 10/76 - SozR 1750 § 251 Nr 1).

Eine inhaltliche Abänderung der beanstandeten Ruhensentscheidung kann durch das Beschwerdegericht nicht erfolgen. Zwar haben die Beteiligten nunmehr im Beschwerdeverfahren ihr Einverständnis zum Ruhen des Klageverfahrens nach bestimmter Maßgabe erteilt. Die Prozesserklärungen können jedoch nicht nachträglich abgegeben werden. Auch ist die Beschwerde bereits unstatthaft, so dass nicht zu prüfen ist, ob die Rechtswidrigkeit der Ruhensanordnung durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache geheilt werden kann.

Abschließend ist noch auszuführen, dass der angefochtene Beschluss nicht als Aussetzungsbeschluss zu verstehen ist. Es wurde ausdrücklich das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Eine Begründung des Beschlusses fehlt (§ 142 Abs 2 S 1 SGG), so dass nicht auf eine gewollte Aussetzung geschlossen werden kann. Im Übrigen wären bei einer Aussetzung des Verfahrens zumindest die vorherige Anhörung der Beteiligten und eine erkennbare Ermessensausübung zu fordern.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da es sich es sich vorliegend um eine Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung in einem anhängigen Rechtsstreit handelt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Der Träger der Rentenversicherung führt für jeden Versicherten ein Versicherungskonto, das nach der Versicherungsnummer geordnet ist. In dem Versicherungskonto sind die Daten, die für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft erforderlich sind, zu speichern. Ein Versicherungskonto darf auch für Personen geführt werden, die nicht nach den Vorschriften dieses Buches versichert sind, soweit es für die Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht und für Prüfungen bei Arbeitgebern (§ 28p des Vierten Buches) erforderlich ist.

(2) Der Träger der Rentenversicherung hat darauf hinzuwirken, dass die im Versicherungskonto gespeicherten Daten vollständig und geklärt sind. Die Daten sollen so gespeichert werden, dass sie jederzeit abgerufen und auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung übermittelt werden können. Stellt der Träger der Rentenversicherung fest, dass für einen Beschäftigten mehrere Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8a des Vierten Buches gemeldet oder die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Vierten Buches überschritten sind, überprüft er unverzüglich diese Beschäftigungsverhältnisse. Stellen die Träger der Rentenversicherung fest, dass eine Beschäftigung infolge einer Zusammenrechnung versicherungspflichtig ist, sie jedoch nicht oder als versicherungsfrei gemeldet worden ist, teilen sie diese Beschäftigung mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mit. Satz 4 gilt entsprechend, wenn die Träger der Rentenversicherung feststellen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungsverhältnisse die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften über den Übergangsbereich nicht oder nicht mehr vorliegen.

(3) Der Träger der Rentenversicherung unterrichtet die Versicherten regelmäßig über die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Sozialdaten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (Versicherungsverlauf).

(4) Versicherte sind verpflichtet, bei der Klärung des Versicherungskontos mitzuwirken, insbesondere den Versicherungsverlauf auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen.

(5) Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Bei Änderung der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte

1.
wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten haben,
1a.
nach dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat krank gewesen sind, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
2.
wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt haben,
3.
wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Arbeitsuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben,
3a.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Ausbildungsuchende gemeldet waren, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
4.
nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren, oder
5.
eine Rente bezogen haben, soweit diese Zeiten auch als Zurechnungszeit in der Rente berücksichtigt waren, und die vor dem Beginn dieser Rente liegende Zurechnungszeit,
6.
Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben; dies gilt nicht für Empfänger der Leistung,
a)
die Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches nur darlehensweise oder
b)
nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen haben.
Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten nach Satz 1 Nummer 1 und 3. Nach Vollendung des 25. Lebensjahres schließen Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit aus.

(2) Anrechnungszeiten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3a liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit oder ein versicherter Wehrdienst oder Zivildienst oder ein versichertes Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes unterbrochen ist; dies gilt nicht für Zeiten nach Vollendung des 17. und vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine selbständige Tätigkeit ist nur dann unterbrochen, wenn sie ohne die Mitarbeit des Versicherten nicht weiter ausgeübt werden kann.

(3) Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben liegen bei Versicherten, die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 versicherungspflichtig werden konnten, erst nach Ablauf der auf Antrag begründeten Versicherungspflicht vor.

(4) Anrechnungszeiten liegen bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld nicht vor, wenn die Bundesagentur für Arbeit für sie Beiträge an eine Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung, an ein Versicherungsunternehmen oder an sie selbst gezahlt haben.

(4a) Zeiten der schulischen Ausbildung neben einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind nur Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung, wenn der Zeitaufwand für die schulische Ausbildung unter Berücksichtigung des Zeitaufwands für die Beschäftigung oder Tätigkeit überwiegt.

(5) Anrechnungszeiten sind nicht für die Zeit der Leistung einer Rente wegen Alters zu berücksichtigen.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.