Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufungsverfahren, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12).

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin die Beschlüsse des Beklagten vom 4.8.2014 in Sachen Dr. G., Dr. I. und Prof. Dr. C. bezüglich der Anstellungsgenehmigungen für Dr. E. und Dr. K. fristgerecht angefochten hat.

Die Klägerin beantragte am 27.8.2013 als „Medizinisches Versorgungszentrum H-Stadt GmbH“ im MVZ H-Stadt mit dem Ärztlichen Leiter Dr. R. eine Anstellungsgenehmigung für Dr. F. Dieser Antrag ist unterzeichnet von den Geschäftsführern der GmbH K. und N. sowie dem Ärztlichen Leiter R.. Das Anschreiben vom 26.08.2013, mit dem der Antrag auf Genehmigung zugeleitet wurde, ist unterzeichnet von den Geschäftsführern K. und N.

Mit Bescheid vom 20.12.2013 wurde dem Medizinischen Versorgungszentrum in Trägerschaft der Medizinischen Versorgungszentren E.-H-Stadt GmbH für den Vertragsarztsitz H-Stadt die Genehmigung zur Beschäftigung des Dr. F. als Facharzt für Radiologie mit einem Tätigkeitsumfang von 40 Stunden pro Woche und einem Anrechnungsfaktor 1,0 erteilt. Die Anträge des Dr. G., des Dr. I. und des Prof. Dr. C. in Sachen Dr. E. und Dr. K. wurden abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung legten Dr. G., Dr. I. und Prof. Dr. C. jeweils Widerspruch ein. Diesen Widersprüchen wurde mit den streitgegenständlichen Bescheiden des Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung am 22.05.2014 durch die jeweils am 04.08.2014 ausgefertigten Bescheide stattgegeben. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 22.5.2014 sind bei Aufruf der Sache für das MVZ H-Stadt erschienen der Geschäftsführer N. und Dr. R. mit Rechtsanwalt U.. In der Ausfertigung sind als weitere Verfahrensbeteiligte aufgeführt das MVZ H-Stadt, Ärztlicher Leiter Dr. R., vertreten durch „B.“, RA Dr. Dr. A.. In den Gründen dieses Bescheides wird als Bewerber aufgeführt das MVZ H-Stadt in Trägerschaft der Medizinischen Versorgungszentren E.-H-Stadt GmbH. Zitiert wird der Beschluss des Zulassungsausschusses, der angefochten wurde, dass dem MVZ H-Stadt in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums E.-H-Stadt GmbH die Genehmigung zur Beschäftigung des Dr. F. erteilt worden sei. Diese Bescheide wurden dem Rechtsanwalt Dr. Dr. A. laut Postzustellungsurkunde jeweils am 07.08.2014 zugestellt.

Gegen die Bescheide des Beklagten legte Rechtsanwalt Dr. Dr. A. zunächst für das MVZ H-Stadt, vertreten durch den Ärztlichen Leiter Dr. R., Klagen ein und legte während des Verfahrens Vollmachten des Dr. R. vor. Das Sozialgericht Nürnberg (SG) wies diese Klagen mit Gerichtsbescheiden vom 13.04.2015 ab. Die Klagen seien unzulässig, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle. Er sei für den Klageanspruch nicht aktivlegitimiert. Die Berufungen wurden mit Urteil vom 21.10.2015 verworfen, da das MVZ als solches eine rechtlich unselbstständige Einrichtung sei und damit nicht beteiligungsfähig. Insoweit sind Nichtzulassungsbeschwerden anhängig.

Am 05.08.2015 legte Rechtsanwalt Dr. Dr. A. gegen die Bescheide des Beklagten jeweils Klage ein für das MVZ E.-H-Stadt GmbH als Klägerin. Die Klagen seien nicht verfristet. Die Monatsfrist beginne am Tag nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. Vorliegend fehle es an einer wirksamen Bekanntgabe an die Klägerin, die MVZ E.-H-Stadt GmbH. Die MVZ E.-H-Stadt GmbH sei nicht Beteiligte in den Widerspruchsverfahren gewesen. In den Bescheiden sei als weiterer Verfahrensbeteiligter im Rubrum genannt „MVZ H-Stadt Ärztlicher Leiter Dr. R., vertreten durch B.“. Die Trägergesellschaft tauche im Rubrum nicht auf. Auch in der Begründung der Beschlüsse sei regelhaft vom MVZ H-Stadt die Rede. Eine konkludente Vollmacht liege nicht vor, auch keine Rechtsscheinvollmacht. Rechtsanwalt U. sei in der mündlichen Verhandlung ausschließlich für das MVZ H-Stadt tätig geworden. Ein Rechtsschein sei nicht gesetzt worden. Rechtsanwalt U. sei in Untervollmacht für den Unterfertigten (Rechtsanwalt Dr. Dr. A.) aufgetreten.

Das SG wies die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 09.09.2015 ab. Die Klagen seien wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Die Berufungen seien nach wie vor beim Bayerischen Landessozialgericht anhängig. Gegen die Gerichtsbescheide legte Rechtsanwalt Dr. Dr. A. jeweils Berufung ein. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er seine Ausführungen in erster Instanz. Eine Bekanntgabe an die MVZ E.-H-Stadt GmbH sei nicht erfolgt, so dass die Klagefrist ein Jahr betrage.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.09.2015 und die Beschlüsse des Beklagten vom 22.05.2014, ausgefertigt am 04.08.2014, aufzuheben und den Beklagten zu einer neuen Entscheidung über die Widersprüche des Dr. G., Dr. Hauser und Prof. Dr. C. in Sachen E. und K. zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er beruft sich auf die Verfristung der Klage. Das nicht rechtsfähige MVZ H-Stadt sei überhaupt nicht in der Lage gewesen, den Anwälten Vollmacht zu erteilen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Klageakten in den Verfahren L 12 KA 162/15 bis 165/15, die Akten des Sozialgerichts Nürnberg sowie die beigezogenen Akten des Beklagten und die auszugsweise vorliegenden Akten des Zulassungsausschusses.

Gründe

Die Berufungen sind unbegründet. Das SG Nürnberg hat die Klagen im Ergebnis zutreffend als unzulässig verworfen, weil sie jeweils verfristet waren.

Nach den vorliegenden Postzustellungsurkunden sind die streitgegenständlichen Bescheide, d. h. die Ausfertigungen vom 04.08.2014 aufgrund der Sitzung am 22.05.2014, am 07.08.2014 an RA Dr. Dr. A. zugestellt worden.

RA Dr. Dr. A. handelte bei dieser Zustellung aufgrund einer konkludenten Vollmacht für die MVZ E.-H-Stadt GmbH.

Am Verfahren beteiligt war nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X die Antragstellerin. Dies war die Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer N. und K.. Der Antrag, der dem Zulassungsausschuss zugeleitet wurde, trägt die Unterschriften der beiden Geschäftsführer. Dasselbe gilt für das Begleitschreiben, mit dem der Antrag dem Zulassungsausschuss zugeleitet wurde. Die Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH ist als juristische Person auch beteiligtenfähig nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB X.

Nicht am Verfahren beteiligt war dagegen die rechtlich unselbstständige organisatorische Einheit MVZ H-Stadt mit dem Ärztlichen Leiter Dr. R.. Diese Organisationseinheit ist nicht beteiligungsfähig nach § 10 Abs. 1 SGB X bzw. nach § 70 SGG (hierzu ausführlich BSG Urteil vom 04.05.2016, B 6 KA 28/15 R, Rn. 11 und 12). Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen des BSG und des Senats in den Vorentscheidungen verwiesen (L 12 KA 65/15). Eine Hinzuziehung dieses rechtlich unselbstständigen Organisationsgebildes nach § 12 Abs. 2 SGB X ist demgemäß rechtlich nicht möglich und auch tatsächlich zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung am 22.05.2014 vor dem Beklagten war für die verfahrensbeteiligte Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH ihr Geschäftsführer N. anwesend sowie der in Untervollmacht für Dr. Dr. A. auftretende Rechtsanwalt U.. Da weder aus dem Protokoll noch aus den nachfolgenden Unterlagen ersichtlich ist, dass Rechtsanwalt U. nicht bzw. nicht mehr für die allein verfahrensbeteiligte Trägergesellschaft auftreten sollte, ist von einer konkludenten Vollmachtserteilung durch den in der Sitzung anwesenden vertretungsberechtigten Geschäftsführer N. auszugehen. Aus dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides ergibt sich somit, dass entgegen der Darlegungen des Rechtsanwalt Dr. Dr. A. am Verwaltungsverfahren nur die Trägergesellschaft als Antragstellerin beteiligt war. Nachdem der Geschäftsführer der Trägergesellschaft in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit dem in Untervollmacht für Rechtsanwalt Dr. Dr. A. tätigen Rechtsanwalt U. aufgetreten ist und nach § 13 SGB X für die Vollmachtserteilung eine bestimmte Form nicht vorgesehen ist, ist von einer konkludenten Bevollmächtigung auszugehen.

Diese Vollmacht gilt so lange, wie das Verwaltungsverfahren dauert. Sie endet erst mit der Bindungswirkung des Bescheides, d. mit der Rechtskraft des Urteils. Dem Beklagten ist auch kein Widerruf der Vollmacht im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 4 SGB X zugegangenen.

Diese Vollmacht ermächtigt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu allen Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nichts anderes ergibt. Damit war der Rechtsanwalt Dr. Dr. A. im Rahmen seiner Vollmacht ermächtigt, den Bescheid des Beklagten für die Trägergesellschaft entgegenzunehmen. Der Bescheid ist über den Rechtsanwalt am 07.08.2014 wirksam zugestellt worden.

Die Klagen sind damit verfristet (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis sind die Berufungen ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 87


(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 70


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,4. gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkass

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 12 Beteiligte


(1) Beteiligte sind 1. Antragsteller und Antragsgegner,2. diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,3. diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 13 Bevollmächtigte und Beistände


(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 10 Beteiligungsfähigkeit


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15

bei uns veröffentlicht am 27.07.2016

Tenor I. Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufungsverfahren, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Okt. 2015 - L 12 KA 65/15

bei uns veröffentlicht am 21.10.2015

Gründe Rechtskräftig: unbekannt Spruchkörper: Senat Hauptschlagwort: Ärztlicher Leiter Beteiligtenfähigkeit MVZ Organisationsform Rechtsträger Unselbstständige Einrichtung Titel: Normenkette: Leitsatz: In dem R

Bundessozialgericht Urteil, 04. Mai 2016 - B 6 KA 28/15 R

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

Tenor Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2015 werden zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Juli 2016 - L 12 KA 162/15

bei uns veröffentlicht am 27.07.2016

Tenor I. Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufungsverfahren, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12).

Referenzen

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

Tenor

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2015 werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8. je zur Hälfte.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Nachbesetzung einer ¼-Arztstelle. Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH betriebenes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), das seit Anfang 2006 besteht.

2

Zum 1.4.2007 verzichtete Dr. P., der zuvor seit über 20 Jahren in eigener Praxis tätig war, auf seine Zulassung, um bei der Klägerin mit 40 Wochenstunden angestellt zu werden. Der Zulassungsausschuss genehmigte die Anstellung. Zum 1.4.2010 reduzierte Dr. P. seine Tätigkeit auf 30 Stunden sowie zum 1.10.2011 auf 20 Stunden und beendete schließlich seine Tätigkeit zum 30.9.2012 ganz. Bei der ersten Reduzierung von 40 auf 30 Wochenstunden sowie bei der Beendigung der Tätigkeit von Dr. P. hat der Zulassungsausschuss jeweils eine Genehmigung zur Nachbesetzung erteilt. Bei der zweiten Reduzierung des Dr. P. von 30 auf 20 Wochenstunden (bedarfsplanungsrechtlicher Anrechnungsfaktor von 0,75 auf 0,5) hat der Zulassungsausschuss die Genehmigung hingegen nicht erteilt.

3

Die Klägerin stellte zur Nachbesetzung dieses Arztstellenanteils am 23.11.2011 einen Antrag auf Genehmigung der Anstellung von Frau T. im Umfang von 10 Wochenstunden (bedarfsplanungsrechtlicher Anrechnungsfaktor von 0,25). In den folgenden Monaten vertagte der Zulassungsausschuss aufgrund fehlender Unterlagen mehrfach eine Entscheidung über den Antrag. Mit Schreiben vom 13.9.2012 (Eingang am 14.9.2012) nahm die Klägerin den Antrag auf Anstellung der Frau T. mit dem Hinweis zurück, die Nachbesetzung scheitere offenbar aus formellen Gründen. Gleichzeitig beantragte sie, für diesen nicht nachbesetzten Stellenanteil die Erhöhung des Tätigkeitsumfangs des bereits bei ihr beschäftigten Dr. F. von 10 auf 20 Wochenstunden zu genehmigen. Mit Beschluss vom 26.9.2012 lehnte der Zulassungsausschuss diesen Antrag ab, weil die Frist für die Nachbesetzung nicht eingehalten worden sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss mit Beschluss vom 7.2.2013 zurück. Das Recht der Klägerin auf Nachbesetzung habe nur für einen Zeitraum von sechs Monaten nach dem Freiwerden des Anteils der Arztstelle bestanden. Eine Ausnahme von dieser Frist komme nur in Betracht, wenn von vornherein allein eine ¼-Stelle vorhanden gewesen sei, nicht hingegen, wenn die Nachbesetzung einer ganzen Arztstelle in mehreren Schritten erfolge. Lediglich originär in der Bedarfsplanung als ¼-Stellen ausgewiesene Arztstellen könnten zeitlich unbegrenzt nachbesetzt werden. Im vorliegenden Fall handele es sich aber um eine originäre ganze Arztstelle mit einem Tätigkeitsumfang von 40 Wochenstunden. Nachdem Dr. P. seine Tätigkeit zum 1.10.2011 von 30 Wochenstunden auf 20 Wochenstunden reduziert habe, hätte die Nachbesetzung daher bis spätestens 1.4.2012 erfolgen müssen. Der Antrag der Klägerin sei erst über elf Monate nach dem Freiwerden der ¼-Stelle am 14.9.2012 gestellt worden. Das Recht auf Nachbesetzung sei zu diesem Zeitpunkt bereits erloschen. Anhaltspunkte dafür, dass im Hinblick auf einen besonderen Fall des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzbarkeit Veranlassung bestand, die Frist um weitere sechs Monate zu verlängern, lägen nicht vor.

4

Das SG hat auf die Klage der MVZ-GmbH den Beschluss des Beklagten mit Urteil vom 9.7.2014 aufgehoben und dem Antrag der Klägerin auf Erhöhung des Beschäftigungsumfangs von Dr. F. auf 20 Wochenstunden stattgegeben. Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat hiergegen erfolglos Berufung eingelegt (Urteil des LSG vom 20.5.2015). Zur Begründung führt das LSG aus, für die Nachbesetzung von Arztstellen werde grundsätzlich eine Höchstfrist von sechs Monaten angenommen, die nur gewahrt sei, wenn der Antrag auf Nachbesetzung binnen dieser Frist dem Zulassungsausschuss in vollständiger Form zugegangen sei und auch alle materiellen Voraussetzungen erfüllt seien. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Die Frist gelte aber ausnahmsweise nicht, wenn nur eine Arztstelle mit einem Beschäftigungsumfang von einem Viertel zur Verfügung stehe. Da Vakanzen für Zulassungen und deren Entziehung erst im Umfang einer nur hälftigen Zulassung bzw Arztstelle relevant seien, sei das Recht auf Nachbesetzung einer vakant gewordenen ¼-Arztstelle nicht zeitlich begrenzt. Für eine Differenzierung zwischen originären und durch Teilung bei Verbleib des Arztes im MVZ entstandenen ¼-Arztstellen sei kein Raum. Es bestehe insbesondere kein bedarfsplanerischer Grund, im Hinblick auf die Entstehung der ¼-Arztstelle eine Unterscheidung danach zu treffen, ob die Arztstelle, aus der diese ¼-Arztstelle entstanden sei, noch durch den gleichen Arzt besetzt sei oder nicht. Auf die Einhaltung der Sechsmonatsfrist komme es daher vorliegend nicht an. Für die Annahme eines eventuellen Missbrauchs, bei dem das BSG unter Umständen eine Modifizierung dieses Grundsatzes für ¼-Stellen andenken würde, bestünden im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Die Klägerin lasse nicht gezielt ¼-Arztstellen offen. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nachbesetzung hinausgezögert worden sei. Der Antrag auf Nachbesetzung durch Dr. F. sei unmittelbar nach dem Zeitpunkt gestellt worden, an dem eine Nachbesetzung mit Frau T. offensichtlich gescheitert gewesen sei. Es bestehe außerdem kein rechtlicher Unterschied, ob die ¼-Arztstelle durch einen neu in das MVZ eintretenden Arzt nachbesetzt werde oder durch Aufstockung der Arbeitszeit eines bereits im MVZ angestellten Arztes. Dem Antrag auf Erhöhung der Arbeitszeit des Dr. F. sei auch stattzugeben, statt den Beklagten zur Neubescheidung zu verurteilen, weil die allein streitige Frage, ob noch eine nachzubesetzende ¼-Arztstelle bestehe, eine Rechtsfrage sei, die durch das Gericht entschieden werden könne.

5

Mit seiner Revision macht der beklagte Berufungsausschuss geltend, aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, dass die Antragsfrist von sechs Monaten nur bei originär verbliebenen ¼-Stellen nicht bestehe. Eine fristunabhängige Nachbesetzung komme allein in Betracht, wenn der vorher auf der ¼-Stelle tätige Arzt beim Antrag auf Nachbesetzung bereits komplett ausgeschieden sei. Dr. P. sei aber bei der Antragstellung auf Nachbesetzung des Stellenanteils noch bei der Klägerin tätig gewesen. Zudem würde - wenn man zuließe, dass in einer Praxis weitere Stellenanteile aus der Tätigkeit desselben Arztes vakant seien - gerade die nicht gewünschte "Bevorratung" von Arztstellen durch einen stufenweisen Verzicht ermöglicht. Die Einschätzung des LSG, eine Nachbesetzung sei hier nicht hinausgezögert worden, sei falsch. Einer Verlängerung der Frist stehe entgegen, dass weder ein Fristverlängerungsantrag gestellt, noch die angeforderten fehlenden Unterlagen eingereicht worden seien. Die von der Klägerin vorgetragenen Kommunikationsprobleme mit Frau T. führten zu keinem anderen Ergebnis. Zudem rügt der Beklagte einen Verstoß gegen § 131 Abs 1 Satz 2 SGG. Das Gericht habe nicht den Verwaltungsakt ersetzen dürfen, sondern sei darauf beschränkt gewesen, eine Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsaktes auszusprechen.

6

Die Beigeladene zu 1. ist ebenfalls der Auffassung, die Frist von sechs Monaten für die Nachbesetzung müsse hier zur Anwendung kommen und sei zum Zeitpunkt des Antrags am 14.9.2012 abgelaufen gewesen. Eine Ausnahme von der Frist für unbesetzte ¼-Stellen komme nur für den Fall in Betracht, dass der angestellte Arzt, dessen Stelle nachbesetzt werden solle, bereits in toto aus dem MVZ ausgeschieden sei und das MVZ über keine weiteren nachbesetzungsfähigen Arztstellenanteile verfüge. Hier habe das MVZ hingegen bezogen auf Dr. P. noch über weitere Arztstellenanteile verfügt. Auf diesen Sachverhalt könne die Rechtsprechung zur ausnahmsweise fristungebundenen Nachbesetzung einer ¼-Stelle nicht übertragen werden. Dagegen spreche auch die damit eröffnete Möglichkeit der Umgehung der Sechsmonatsfrist durch die sukzessive Nachbesetzung ganzer Arztstellen durch ¼-Stellen. Zudem sei eine enger Anwendungsbereich der Ausnahmepraxis bedarfsplanungsrechtlich geboten, weil Entsperrungen aufgrund des Wegfalls einer ¼-Stelle jedenfalls eine neue Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag ermöglichen würden.

7

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 20.5.2015 und des SG München vom 9.7.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie führt aus, § 103 Abs 4a Satz 3 und § 95 Abs 9b SGB V seien grundsätzlich unanwendbar auf ¼-Stellen. Ein Unterschied zwischen "originären" ¼-Stellen und Stellenanteilen bei einer schrittweisen Reduzierung bestehe nicht. Bedarfsplanerische Unterschiede ergäben sich nicht. Sofern die Sechsmonatsfrist zum Tragen gekommen wäre, hätte eine Fristverlängerung um weitere sechs Monate erfolgen müssen. In der Gesamtschau sei die Nachbesetzung von dem ernsthaften Bemühen der Klägerin gekennzeichnet gewesen, die fehlenden Unterlagen zu beschaffen und die freie Arztstelle zügig wieder zu besetzen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben zu Recht die Entscheidung des Beklagten aufgehoben und die begehrte Genehmigung erteilt.

11

1. Richtige Klägerin ist die MVZ L. GmbH. Sie ist eine juristische Person des Privatrechts und damit iS des § 70 SGG beteiligtenfähig. Nach dieser Vorschrift können nur natürliche und juristische Personen (Nr 1), nichtrechtsfähige Personenvereinigungen (Nr 2), Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt (Nr 3) und gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen (Nr 4) Kläger, Beklagte oder Beigeladene in einem sozialgerichtlichen Verfahren sein. Ähnlich sieht § 10 SGB X als beteiligtenfähig an natürliche und juristische Personen (Nr 1), Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (Nr 2) und Behörden (Nr 3). Das MVZ als ärztlich geleitete Einrichtung ist weder eine natürliche noch eine juristische Person in diesem Sinne. Ebenso wenig ist das MVZ eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung iS des § 70 Nr 2 SGG. Die im MVZ tätigen angestellten Ärzte oder zugelassenen Vertragsärzte sind nicht als "Mitglieder" des MVZ anzusehen und das MVZ stellt auch keine "Vereinigung" der dort Tätigen dar. Als beteiligtenfähig nach § 70 Nr 2 SGG hat das BSG etwa eine Erbengemeinschaft(BSG SozR Nr 8 zu § 70 SGG; BSG SozR 4-5868 § 1 Nr 8 RdNr 10), eine Laborgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR (BSG SozR 4-5540 § 25 Nr 1 RdNr 11), eine Arbeitsgemeinschaft von Sozialstationen (BSG SozR 4-3300 § 89 Nr 1 RdNr 12) und einen Landesverband der Berufsgenossenschaften (BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 20) angesehen. Eine vergleichbare Konstellation findet sich beim MVZ nicht. Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich beim MVZ nur um eine besondere Organisations- und Kooperationsform im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 80 RdNr 35).

12

Dem MVZ werden zwar im Vertragsarztrecht Rechte zugewiesen. So ist das MVZ Träger der Zulassung, wie sich aus § 95 Abs 1 Satz 5, Abs 1a Satz 2, Abs 3 Satz 2, Abs 7 Satz 2 SGB V ergibt, und Adressat von Anstellungsgenehmigungen(vgl etwa BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14); auch werden ihm Versorgungsaufträge zur Betreuung chronisch niereninsuffizienter Patienten zugeordnet (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 39). Dementsprechend ist das MVZ neben zugelassenen und ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen in § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V als Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung genannt. Der Gesetzgeber des GKV-Modernisierungsgesetzes, mit dem die MVZ eingeführt wurden, ging aber bereits davon aus, dass MVZ als juristische Personen oder Gesamthandsgemeinschaften betrieben werden können (BT-Drucks 15/1525 S 107). Das MVZ wurde mithin als reine Kooperationsform gesehen, die in einer der gesellschaftsrechtlich zulässigen Rechtsformen betrieben wird und in dieser Rechtsform am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt. Prozessrechtlich folgt aus dem abschließenden Katalog in § 70 SGG, dass das MVZ Rechte nur in der Rechtsform wahrnehmen kann, in der es im Rechtsverkehr auftritt(vgl Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 70 RdNr 29). Als zulässige Rechtsformen nennt § 95 Abs 1a Satz 1 Halbsatz 2 SGB V idF des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) eine Personengesellschaft, eine eingetragene Genossenschaft sowie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Beteiligtenfähig in einem Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren ist nur ein solcher MVZ-Rechtsträger und nicht die rechtlich unselbstständige Einrichtung MVZ (vgl Pawlita in Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 95 RdNr 65 unter Hinweis ua auf Bayerisches LSG Beschluss vom 26.8.2015 - L 12 KA 69/15 B ER - Juris RdNr 21; Bayerisches LSG Urteil vom 21.10.2015 - L 12 KA 65/15 - Juris RdNr 24; Arndt in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 70 RdNr 8; wohl aA LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 27.1.2010 - L 7 KA 139/09 B ER - Juris RdNr 29; dazu: Schäfer, Mangelnde Beteiligtenfähigkeit des MVZ(-Trägers)?, GesR 2010, 351 ff). Von der Rechtsform, in der das MVZ betrieben wird, zu unterscheiden ist die Gründungsberechtigung nach § 95 Abs 1a Satz 1 Halbsatz 2 SGB V, die in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung ist. Diese prozessuale Bewertung entspricht im Übrigen der Rechtslage bei den Krankenhäusern, die als solche in den Krankenhausplan aufgenommen und zugelassen werden, aber rechtsgeschäftlich und prozessual durch ihre Träger handeln.

13

2. Die Revision (auch) des beklagten Berufungsausschusses ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an der erforderlichen Beschwer. Zwar hat der Beklagte selbst keine Berufung eingelegt. Er hat indes auch im Berufungsrechtszug deutlich gemacht, dass er seine Entscheidung verteidigt und einen entsprechenden Antrag gestellt.

14

3. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Erhöhung des Beschäftigungsumfangs für Dr. F. war rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Genehmigung der Erhöhung des Beschäftigungsumfangs des angestellten Dr. F. lagen vor.

15

a) Rechtsgrundlage für die Besetzung der Arztstelle in einem zugelassenen MVZ ist zunächst § 95 Abs 2 Satz 7 und 8 iVm Satz 5 SGB V. Danach bedarf die Anstellung eines Arztes in einem MVZ der Genehmigung des Zulassungsausschusses, die nur erteilt werden darf, wenn der Arzt in das Arztregister eingetragen ist. Gemäß § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sind Anträge auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ jedoch abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung gemäß § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet sind. Als Ausnahme davon ist die Anstellung im Wege der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ gemäß § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V(idF des GKV-VStG vom 22.12.2011; zuvor: § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF) gleichwohl möglich. Dabei ist anders als im Praxisnachfolgeverfahren gemäß § 103 Abs 4 SGB V keine Ausschreibung durch die KÄV und keine Bewerberauswahl durch den Zulassungsausschuss vorgesehen; der Verzicht hierauf steht im Zusammenhang mit dem Ziel, das "Ausbluten" eines MVZ zu verhindern (vgl hierzu BT-Drucks 15/1525 S 112). Die spezifische Situation, dass jeder neu in ein MVZ eintretende Arzt sich in das MVZ einfügen und sich in dieses eingliedern lassen muss, rechtfertigt es, dem MVZ die alleinige Auswahlbefugnis zu geben (vgl BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 17 mwN).

16

Eine "Nach"besetzung setzt nach dem Wortsinn voraus, dass die Anstellung des neuen Angestellten sich umfangsmäßig im Rahmen der bisherigen Besetzung halten muss, dh sie darf deren Umfang nicht überschreiten (vgl BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 20 mwN; Pawlita in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 151; siehe auch Konerding, Der Vertragsarztsitz im Medizinischen Versorgungszentrum, 2009, S 130, 132, 134). So bestimmt auch § 52 Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie(idF vom 20.12.2012 ; zuvor § 39 Satz 2), dass die Nachbesetzung der Stellen von angestellten Ärzten in einem MVZ beim Bestehen von Zulassungsbeschränkungen nur im zeitlichen Umfang der Beschäftigung des ausgeschiedenen Arztes möglich ist. Außerdem muss das Tätigkeitsspektrum des neuen Angestellten dem des vorigen im Wesentlichen entsprechen (BSG aaO; vgl auch BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 18). Der bei der Klägerin angestellte Dr. P. hatte zuvor seinen Beschäftigungsumfang um 10 Wochenstunden reduziert, sodass die Nachbesetzung in diesem Umfang beantragt werden konnte.

17

b) Die Klägerin hat den Antrag auch rechtzeitig gestellt. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Nachbesetzung nach § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF grundsätzlich nicht beliebig hinausgezögert werden darf(vgl Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R - BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 22). Dies ergibt sich aus dem Kontext der Regelung. In Planungsbereichen, die überversorgt und für Neuzulassungen gesperrt sind, kommt dem Ziel, Überversorgung abzubauen, ein hoher Rang zu. Frei werdende Vertragsarztsitze müssen grundsätzlich entweder, wenn sie ausnahmsweise fortgeführt werden dürfen - wie es der Gesetzgeber in besonderen Fällen wie § 103 Abs 4 SGB V im Interesse des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben vorgesehen hat -, für andere Bewerber zur Verfügung stehen, oder sie müssen wegfallen. Eine Regelung, die hiervon abweicht - wie § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF, wonach frei werdende Arztstellen nicht für außenstehende Bewerber zur Verfügung gestellt werden, sondern nach eigener Auswahl des MVZ nachbesetzt werden dürfen -, muss eng ausgelegt werden. Unverträglich wäre es, wenn das MVZ eine frei werdende Arztstelle "auf Vorrat" vorhalten und nach seinem Belieben erst später (oder gar nicht) wiederbesetzen könnte (BSG aaO RdNr 23 mwN). Ein längeres Offenhalten einer Arztstelle durch das MVZ liefe nicht nur dem Ziel des Abbaus von Überversorgung im gesperrten Planungsbereich zuwider, sondern wäre auch im Hinblick auf eine sachgerechte Bedarfsplanung und eine realitätsnahe Berechnung des Versorgungsgrades schwerlich tolerabel: Arztstellen, die vorhanden sind, aber nicht besetzt werden, müssten in der Bedarfsplanung wohl wie besetzte Stellen gewertet werden. Sie würden den Versorgungsgrad rechnerisch - aber der Realität zuwider - erhöhen und somit das Bild der tatsächlichen Versorgung verfälschen. Aus diesen Gesichtspunkten folgt, dass das Recht auf Nachbesetzung einer Stelle gemäß § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF nur für eine begrenzte Frist nach dem Freiwerden der Stelle bestehen kann(BSG aaO RdNr 24, 25).

18

aa) Als Frist, binnen derer die Nachbesetzung noch möglich ist, ist von sechs Monaten auszugehen. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einer Anlehnung an die in § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V bestimmte Sechsmonatsfrist(BSG aaO RdNr 25). Diese Vorschrift bietet insofern einen geeigneten Anknüpfungspunkt, als sie speziell MVZ betrifft: Sie zeigt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Zielvorgabe, ein "Ausbluten" von MVZ zu verhindern (vgl BT-Drucks 15/1525 S 112) und diesen auch sonst einen möglichst breiten Aktionsrahmen mit möglichst wenig Hindernissen einzuräumen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 74 und S 107 f), für eine Wiederbesetzung nach einem Personalausfall doch eine Toleranzgrenze bei sechs Monaten zieht. Bei Wegfall der Gründungsvoraussetzungen für ein MVZ nimmt der Gesetzgeber für sechs Monate eine Abweichung von den normativen Vorgaben in Kauf, bringt aber auch zum Ausdruck, dass er erwartet, dass binnen dieses Zeitraums Vorgaben und Realität wieder in Übereinstimmung gebracht werden. Diese Wertung hat der Senat entsprechend auf Nachbesetzungen gemäß § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF übertragen, sodass auch hier von einer Höchstfrist von sechs Monaten für Vakanzen auszugehen ist(BSG aaO RdNr 25). Gewahrt ist die Sechsmonatsfrist, wenn der Antrag auf Nachbesetzung binnen dieser Frist dem Zulassungsausschuss in vollständiger Form zugegangen ist und auch alle materiellen Voraussetzungen erfüllt hat. Die Fristwahrung setzt allerdings voraus, dass es sich um einen "echten" Antrag handelt, dh insbesondere, dass der als Nachfolger benannte Arzt auch ernstlich an der Stelle interessiert sein muss; Anhaltspunkten, die dies als fraglich erscheinen lassen, muss der Zulassungsausschuss nachgehen. Wird die Sechsmonatsfrist nicht eingehalten, so erlischt das Recht auf Nachbesetzung. Allerdings hat der Zulassungsausschuss die Befugnis, die Frist in besonderen Fällen des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzbarkeit trotz erkennbar ernstlichen Bemühens nochmals um höchstens weitere sechs Monate zu verlängern (BSG aaO RdNr 26).

19

Die Klägerin hat diese Frist hier nicht bereits deshalb eingehalten, weil sie den Antrag auf Nachbesetzung der durch den Verzicht von Dr. P. freigewordenen Arztstelle mit Frau T. innerhalb der Sechsmonatsfrist gestellt hat. Es kann offenbleiben, ob der für eine bestimmte Person gestellte Antrag überhaupt geeignet sein kann, die Frist auch für die Antragstellung für eine andere Person zu wahren. Den Antrag hat die Klägerin jedenfalls ausdrücklich zurückgenommen, sodass bereits aus diesem Grund ein Bezug der Nachbesetzung mit Dr. F. zum Antrag innerhalb der Sechsmonatsfrist von vornherein ausscheidet.

20

bb) Mit dem Antrag für Dr. F. im September 2012 wurde zwar die Frist von sechs Monaten nicht eingehalten, dies war hier aber für die Nachbesetzung einer ¼-Stelle unbeachtlich.

21

(1) Der zeitliche Zusammenhang des Ausscheidens eines angestellten Arztes in einem MVZ und der Nachbesetzung der Arztstelle ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht zu fordern, wenn nur eine Arztstelle mit einem Beschäftigungsumfang von einem Viertel zur Verfügung steht (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 27). Der Senat hat in seinem Urteil vom 19.10.2011 die angeführten Erwägungen zur Bedarfsplanung, zur Überversorgung sowie zur Anordnung von Zulassungssperren und zum Abbau von Überversorgung und die daraus gezogenen Folgerungen für nicht übertragbar auf diese besondere Situation gehalten: Während die Bedarfsplanungs-Richtlinie sich auch mit ¼-Arztstellen befasst (vgl §§ 51 und 58 der Bedarfsplanungs-Richtlinie), ist dies bei den Regelungen des SGB V und in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) nicht der Fall. So ist nach einem Abbau der Überversorgung mit einer sog Entsperrung eine neue Zulassung nur möglich, wenn es sich bei der neuen Zulassung um mindestens eine ½-Arztstelle handelt; denn Zulassungen sind gemäß § 95 Abs 3 Satz 1, § 101 Abs 1 Satz 7 SGB V, § 19a Abs 1 und 2 Ärzte-ZV nur im Umfang eines zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages vorgesehen. In § 26 Abs 1 Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist ebenfalls geregelt, dass nur eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag oder eine hälftige Genehmigung in Betracht kommt, wenn der Überversorgungsgrad bereits mit einer hälftigen Zulassung überschritten wird. Hiermit übereinstimmend ist das Ruhen von Zulassungen und deren Entziehung gemäß § 95 Abs 5 Satz 2 SGB V, § 26 Abs 1 Ärzte-ZV auch nur im Umfang vollständigen oder hälftigen Ruhens sowie gemäß § 95 Abs 6 Satz 2 SGB V, § 27 Satz 1 Ärzte-ZV nur im Umfang vollständiger oder hälftiger Entziehung vorgesehen (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 28). Dies ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats auch im Rahmen des § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V zu beachten. Nach dieser Regelung iVm § 27 Satz 1 Ärzte-ZV kann die Entziehung der Zulassung auch bei einem MVZ - wegen nachträglichen Wegfalls der Gründungsvoraussetzungen für mehr als sechs Monate - nur im Umfang der hälftigen oder vollen Zulassung erfolgen. Aus dieser Vorgabe, dass erst Vakanzen im Umfang einer nur hälftigen Zulassung bzw Arztstelle für Zulassungen und deren Entziehung relevant sind, hat der Senat auch für die Nachbesetzungsregelung des § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V aF gefolgert, dass Vakanzen im Umfang von nur einer ¼-Stelle grundsätzlich sanktionslos bleiben(vgl BSG aaO, RdNr 29).

22

Dabei hat der Senat nicht zwischen "originären" und neu entstandenen ¼-Stellen differenziert. Auch die Entscheidung vom 19.10.2011 betraf eine ¼-Arztstelle, die durch Aufteilung von Vollzeitarztstellen entstanden war (vgl BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 1-2). Eine Differenzierung danach, ob der Arzt, der seine Arbeitszeit reduziert und dadurch ein ¼-Stelle im MVZ freimacht, weiterhin im MVZ tätig ist oder nicht, ist dem Urteil des Senats nicht zu entnehmen und wäre sachlich auch nicht gerechtfertigt.

23

(2) Die Angriffe der Revision und die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre geben dem Senat allerdings Anlass, seine Rechtsprechung zur zeitlich nicht begrenzten Möglichkeit der Nachbesetzung von ¼-Arztstellen im MVZ zu modifizieren. Dem Urteil des Senats lag die Vorstellung zugrunde, dass es sich beim Offenhalten von ¼-Stellen um ein seltenes und bedarfsplanungsrechtlich eher marginales Phänomen handelt, das über eine Missbrauchsprüfung im Falle der gezielten Kumulation von solchen Beschäftigungsanteilen hinreichend bewältigt werden kann. Dabei hat der Senat jeweils das einzelne MVZ in den Blick genommen und ist davon ausgegangen, dass eine ¼-Stelle die bedarfsplanungsrechtliche Systematik nur in geringem Ausmaß beeinflusst. Nicht befasst hat sich der Senat mit der - damals nicht naheliegenden - Konstellation, dass zum einen größere MVZ Beschäftigungskontingente in einem nicht unerheblichen Umfang "bunkern" könnten, und dass zum anderen insbesondere die Kumulation von ¼-Stellen bei mehreren MVZ in einem Planungsbereich zur Entsperrung und in der Folge - durch mindestens hälftige Zulassungen und die Nachbesetzung von ¼-Stellen - zu einem weiteren Anstieg der Überversorgung führen kann.

24

¼-Stellen sind im Interesse einer an der tatsächlichen Versorgung orientierten Planung in die Berechnung des Versorgungsgrades nach § 101 Abs 1 Satz 8 SGB V einbezogen. Dementsprechend bestimmt § 51 Bedarfsplanungs-Richtlinie, dass für die Feststellung des Versorgungsgrades genehmigte angestellte Ärzte in MVZ mit dem Faktor 1 zu berücksichtigen sind, soweit sie vollzeitbeschäftigt sind(Satz 1). Teilzeitbeschäftigte Ärzte sind nach Maßgabe des konkreten Beschäftigungsumfangs in der ambulanten Versorgung zu berücksichtigen (Satz 3). An den auf diese Weise ermittelten Versorgungsgrad knüpfen die bedarfsplanungsrechtlichen Steuerungsinstrumente an; die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen ist hiervon abhängig. Diese planungsrechtliche Grundlage darf nicht durch die Möglichkeit zur Freihaltung von Arztstellen verfälscht werden. Aus diesem Grund ist eine zeitliche Bindung der Nachbesetzung auch für ¼-Stellen angezeigt, weil ansonsten bedarfsplanungsrechtliche Verwerfungen entstehen können.

25

Verwerfungen sind insbesondere anzunehmen, wenn ein MVZ mehrere ¼-Stellen gleichzeitig in einer Arztgruppe über längere Zeit nicht besetzt und damit insgesamt nicht mehr "nur ¼ Versorgungsauftrag" zur Disposition steht (vgl schon BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 30). Nicht besetzte ¼-Stellen können für sich gesehen oder in der Summe dazu führen, dass ein überversorgter Planungsbereich geöffnet wird und neue Ärzte zugelassen werden. Wenn in der Folge die noch nicht besetzten ¼-Arztstellen nachbesetzt werden, baut dies die Überversorgung im Umfang der Summe der ¼-Stellen noch aus. Aus diesem Grund können auch Bruchteile von Arztstellen nicht zeitlich unbegrenzt unbesetzt gelassen werden. Die ansonsten bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten sind mit den Zielen einer sachgerechten Handhabung der Bedarfsplanung, einer Vermeidung des weiteren Anstiegs von Überversorgung und der Eröffnung von Zulassungsmöglichkeiten für Ärzte nach tatsächlicher Entsperrung von Planungsbereichen nicht vereinbar. Deshalb hält der Senat an dem Grundsatz, dass ¼-Arztstellen - abgesehen von Missbrauchskonstellationen - in einem MVZ unbegrenzt offen gehalten werden dürfen, für die Zukunft nicht fest.

26

Wegen der typischerweise eher geringeren Auswirkungen auf die Bedarfsplanung als bei halben oder vollen Kontingenten und wegen der möglicherweise größeren Schwierigkeiten, Ärzte mit einem Beschäftigungsumfang von lediglich einem Viertel zu finden, gelten indes nicht die starren Fristen von sechs bzw in - besonderen Fällen - noch einmal sechs Monaten. Wenn aber ein MVZ über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr überhaupt keine ernsthaften und aussichtsreichen Bemühungen zur Nachbesetzung einer ¼-Stelle unternimmt und nicht belegen kann, dass und weshalb trotz des Ablaufs eines Jahres zeitnah noch mit einer Nachbesetzung mit diesem Beschäftigungsumfang gerechnet werden kann, verliert es das Nachbesetzungsrecht.

27

Dadurch wird die Gestaltung der Nachbesetzung von Arztstellen nicht unangemessen behindert. Den Belangen einzelner Ärzte, die etwa aus persönlichen Gründen ihre Tätigkeit im MVZ für eine bestimmte Zeit nicht ausüben können/wollen, kann durch die Anordnung des Ruhens der Anstellung angemessen Rechnung getragen werden. Ruhende Anstellungen führen anders als frei werdende Arztstellen nicht zur Entsperrung von Planungsbereichen; deshalb kann beim Ruhen nicht der Effekt eintreten, dass wegen der Verminderung von Beschäftigungsanteilen nach der Entsperrung eines Planungsbereichs zunächst weitere Zulassungen - im Umfang von mindestens einem hälftigen Versorgungsauftrag - erteilt werden, und anschließend die längere Zeit nicht genutzten Arztstellenanteile vom MVZ ohne Rücksicht auf Zulassungsbeschränkungen (§ 103 Abs 4a Satz 3 SGB V) nachbesetzt werden dürfen.

28

Mitteilungspflichten des MVZ gegenüber der KÄV und/oder den Zulassungsgremien hinsichtlich des Standes der Nachbesetzung nach Änderung von Beschäftigungskontingenten sieht das Gesetz nicht vor; das MVZ wird jedoch im eigenen Interesse mit dem Zulassungsausschuss Kontakt aufnehmen, wenn kurz vor Ablauf der Jahresfrist eine Nachbesetzung noch nicht realisiert worden ist, aber noch erfolgen werden soll. Nur so lässt sich das Risiko vermindern, dass schließlich der Zulassungsausschuss eine Nachbesetzung der ¼-Stelle versagt, obwohl nunmehr ein geeigneter Bewerber zur Verfügung steht.

29

(3) Auch unter Beachtung dieser modifizierten Rechtsprechungsgrundsätze hätte der Beklagte hier dem Begehren der Klägerin entsprechen müssen. Die Klägerin hat sich - wenn auch nicht durchgehend mit vollem Einsatz - bemüht, auch das zweite Kontingent aus dem Beschäftigungsumfang von Dr. P. nachzubesetzen; das Scheitern der Anstellung von Frau T.
ist jedenfalls nach den Feststellungen des LSG nicht im Sinne einer von vornherein nur vorgeschobenen und nie ernsthaft verfolgten Idee zu bewerten. Zwischen der zweiten Reduzierung des Beschäftigungsumfangs von Dr. P. und dem Eingang des Antrags auf Erhöhung des Beschäftigungsumfangs von Dr. F. liegt weniger als ein Jahr, selbst wenn man die Zeit der Bemühungen um eine Anstellung von Frau T. einbezieht. Das rechtfertigt keinen Wegfall des Nachbesetzungsrechts, wie die vorinstanzlichen Gerichte im Ergebnis richtig erkannt haben.

30

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1. als erfolglose Rechtmittelführer die Kosten je zur Hälfte (§ 154 Abs 2, § 159 Satz 1 VwGO). Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8. ist nicht veranlasst, weil diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Ärztlicher Leiter Beteiligtenfähigkeit MVZ Organisationsform Rechtsträger Unselbstständige Einrichtung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

MVZ H. - M. Versorgungszentrum -,

vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R.,

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Dr. A., A-Straße, A-Stadt

gegen

Berufungsausschuss für Ärzte ...,

vertreten durch den Vorsitzenden, E.-straße ..., M.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Beigeladen:

1. K. V. ...,

vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands, E.-straße ..., M.

- Beigeladene -

2. AOK ... - Die Gesundheitskasse,

vertreten durch den Vorstand, C.-W.-Straße ..., M.

- Beigeladene -

3. BKK Landesverband ...,

vertreten durch die Mitglieder des Vorstands, Z. Straße ..., M.

- Beigeladener -

4. IKK c., Hauptverwaltung,

vertreten durch den Vorstand, M1.-straße ..., M.

- Beigeladene -

5. Sozialversicherung für ... als Krankenkasse/Pflegekasse (SVLFG), - Vertragswesen -,

vertreten durch den Vorstand, N. Straße ..., M.

- Beigeladene -

6. Verband der Ersatzkassen e.V. - vdek,

vertreten durch den Vorstand, A. Platz ..., B.

- Beigeladener -

7. Deutsche Rentenversicherung ..., Verwaltungsstelle A-Stadt,

vertreten durch die Geschäftsführung, F.-straße ..., M.

- Beigeladene -

8. Prof. Dr. B., B-Straße, B-Stadt

- Beigeladener -

9. Dr. D., D-Straße, D-Stadt

- Beigeladener -

10. E., E-Straße, E-Stadt

- Beigeladener -

11. Dr. F., F-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

12. Dr. H., H-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

13. Dr. J., J-Straße, J-Stadt

- Beigeladene -

Proz.-Bev.: zu 8: Rechtsanwälte C., C-Straße, C-Stadt

zu 11-12: G., G-Straße, A-Stadt

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 21. Oktober 2015 durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf als Vorsitzender, die Richterinnen am Bayer. Landessozialgericht Kunz und Streitferdt und sowie die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Psych. ... und ... für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. April 2015, S 1 KA 17/14, wird verworfen.

II.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die den Beigeladenen zu 11) und 12) erteilten Teilzulassungen (je 1/2) in F-Stadt sowie die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden am Vertragsarztsitz B-Straße in B-Stadt.

Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.6.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - U. - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E. GmbH am Vertragsarztsitz in H. die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftrag zu. Hiergegen haben der Beigeladene zu 8) sowie die Beigeladenen

zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - B. - (Beklagter) vom 4.8.2014 (Beschluss vom 22.5.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und zum einen den Beigeladenen zu 11) und 12) jeweils eine Zulassung in Höhe eines halben Versorgungsauftrages, zum anderen dem Beigeladenen zu 8) die Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in B-Stadt, B-Straße, erteilt.

Dagegen hat das MVZ H., ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.8.2014 jeweils Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 9), Dr. D. Die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 13) Dr. J. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 19/14, L 12 KA 67/15, die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 12) Dr. H. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 18/14, L 12 KA 66/15 und die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 11) Dr. F. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 20/14, L 12 KA 68/15.

Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte Vollmacht war ausgestellt auf das „MVZ H., Ärztlicher Leiter Dr. R.“ und von Dr. R. unterschrieben. Die Klage sei zulässig. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum „als solchem“ die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung bislang stets sowohl Klagen des Medizinischen Versorgungszentrums, vertreten durch den ärztlichen Leiter, als auch Klagen von dessen Trägergesellschaft akzeptiert. Zudem sei auch im gesamten Verwaltungsverfahren vom „MVZ H. in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums H. GmbH“ die Rede gewesen. Eben diesem sei auch vom Zulassungsausschuss die Rechtsposition der Anstellungsgenehmigung eingeräumt worden, was es nunmehr als MVZ verteidige. § 70 SGG sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform auszulegen. Denn soweit es um die Verteidigung von Statusrechten gehe, die im Vertragsarztrecht wurzelten, sei auch das MVZ betroffen, das hier vom ärztlichen Leiter vertreten werde. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin umfangreiche Ausführungen zur Begründetheit der Klage.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.4.2015 (S 1 KA 17/14 - Anstellungsgenehmigung Dr. D.) abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle, da er für den geltend gemachten Klageanspruch nicht aktivlegitimiert sei. Streitig sei die Genehmigung des Klägers, des MVZ H., zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) unter gleichzeitiger Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides des BA vom 4.8.2014 (Beschluss: 22.5.2014; Az.: 006/14). Die Prozessführungsbefugnis sei eine Prozessvoraussetzung. Sei ein Kläger materiell zur Geltendmachung eigener Rechte aktivlegitimiert, sei er auch prozessführungsbefugt. Nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R) und des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. Beschluss vom 22.3.2013 - 1 BvR 791/12) betreffe jedoch der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des MVZ, die auch das Recht zur Drittanfechtung eines Bescheids, mit dem einem Konkurrenten die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt werde, beinhalte. Die an die Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung sei dabei nicht übertragbar, weil die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden sei, dass es sich auch dabei um eine nicht übertragbare höchstpersönliche Rechtsposition handle. Da diese Rechtsposition an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei, könne ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ sie nicht in eigenem Namen geltend machen. Tue das MVZ es dennoch, fehle es insoweit an einer Prozessführungsbefugnis, die Prozessvoraussetzung sei.

Die hiergegen von dem Kläger am 13.5.2015 eingelegte Berufung wurden mit Schriftsatz vom 13.10.2015 begründet und dabei im Wesentlichen die bisherige Begründung wiederholt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,

den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 13.4.2015, S 1 KA 17/14 aufzuheben sowie den Beschluss des Beklagten vom 22.5.2014 (ausgefertigt am 4.8.2014), in welchem Prof. Dr. B. die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. D. mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Std./Woche, Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5) erteilt wurde, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf seine Ausführungen vor dem SG. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG sei die natürliche Person des ärztlichen Leiters Dr. R., der aber nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne. Das MVZ als solches sei als rechtlich unselbstständige Einrichtung nicht beteiligungsfähig. Das MVZ als solches habe keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Gesetzgeber sei auch gar nicht befugt, außerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens eine neue Rechtsfähigkeit im SGB V zu schaffen. Im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren habe die GmbH, nicht der jetzige Kläger Dr. R. bzw. das MVZ, den Antrag gestellt, durch das Gremium Zulassungsausschuss eine vertragsärztliche Anstellungsgenehmigung betreffend Herrn E. zu dessen Tätigkeit in einer notwendig schon errichteten Einrichtung MVZ zu erhalten. Der Zulassungsausschuss habe diesem Begehren entsprochen, der Beklagte habe es anders gesehen. In der Widerspruchsverhandlung des Beklagten seien ausweislich des Protokolls der Geschäftsführer der GmbH, der ärztliche Leiter Dr. R. sowie zwei Prozessbevollmächtigte anwesend gewesen. Einem Parteiwechsel auf Klägerseite werde ausdrücklich widersprochen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) hält die Berufung ebenfalls für unzulässig. Der Berufungsführer sei nicht prozessführungsbefugt. Als Berufungsführer trete das MVZ H., vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R., auf. Gegründet worden sei dieses MVZ von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, vertreten durch die Geschäftsführer S. K. und W. N., eingetragen am 20.1.2007 im Handelsregister des AG B. und zum 18.10.2013 umfirmiert in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“. Gemäß § 70 Nr. 1 SGG seien natürliche und juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt seien. Das MVZ H. sei vor allem keine „nichtrechtsfähige Personenvereinigung“, „Behörde“ oder „gemeinsames Entscheidungsgremien“ im Sinne des § 70 Nrn. 2-4 SGG. Es sei auch weder eine natürliche oder juristische Person, sondern lediglich eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Eine Einrichtung sei, vergleichbar mit Krankenhäusern im Krankenhausrecht, kein Rechtssubjekt, keine Rechtspersönlichkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Demnach sei die Einrichtung „MVZ H.“ schon nicht beteiligungsfähig im Sinne des § 70 SGG. Als prozessunfähige Einrichtung habe das „MVZ H.“ auch beispielsweise weder einen Anstellungsvertrag noch Behandlungsverträge schließen können, wodurch es ausgeschlossen sei, dass die nichtrechtsfähige Einrichtung „MVZ H.“ in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt sein könnte. Auch die natürliche, unbestritten beteiligungs- und prozessfähige Person

Dr. R. könne nicht möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein, da er weder Träger/Inhaber des MVZ sei noch ihm als angestellter Arzt die Anstellungsgenehmigung hinsichtlich der Auswahlentscheidung E. hätte erteilt werden können. Der Anstellungsvertrag E. sei mit der Träger-GmbH geschlossen worden, diese habe auch den Antrag auf Anstellungsgenehmigung gestellt. Allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ als juristische Person des Privatrechts könnte daher die Verletzung ihrer subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechte geltend machen, diese habe aber weder geklagt noch Berufung eingelegt. Ihr gegenüber sei der Bescheid mithin bestandskräftig. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse die Klageschrift den Kläger identifizierbar bezeichnen, was hier durch die Benennung einer natürlichen Person in Gestalt des Dr. R. geschehen sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 11 und 12) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Er schließt sich den Ausführungen des Beklagten sowie des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8) an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Zulassungsausschusses und des Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen mit den Az. S 1 KA 17/14 bis S 1 KA 20/14 und L 12 KA 65/15 bis L 12 KA 68/14, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und war daher zu verwerfen, § 158 Satz 1 SGG.

Auf die Berufung hin hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob die Berufung zulässig ist. Nur wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Berufung zulässig. Das Gericht darf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht offen lassen. Denn das Berufungsgericht ist zur Sachentscheidung nur befugt, wenn die Zulässigkeit der Berufung feststeht (Sommer in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 143 Rdnr. 7).

Die Berufung ist statthaft, da sie sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.4.2015 wendet, § 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG. Der Berufungsführer muss zudem nach den allgemeinen Regelungen des SGG fähig sein, sich am Berufungsverfahren zu beteiligen (§ 70 SGG). Daran scheitert es hier, soweit der Berufungsführer das MVZ H. als unselbstständige Einrichtung ist. Nach § 70 SGG sind beteiligtenfähig natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, sowie gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen. Hierunter fällt das MVZ H. eindeutig nicht. Das MVZ als solches ist nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Das MVZ selbst ist damit lediglich eine organisatorische und bauliche Einheit, die in verschiedenen rechtlichen Konstellationen betrieben werden kann, es ist aber nicht mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Medizinische Versorgungszentren können als juristische Personen, z. B. als GmbH oder als Gesamthandgemeinschaft (BGB-Gesellschaft) betrieben werden.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 Seite 107). Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den Medizinischen Versorgungszentren eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen, die von der ihres Trägers zu unterscheiden ist bzw. selbstständig neben diese tritt. Im Gegenteil, hierdurch wird vielmehr klargestellt, dass Medizinische Versorgungszentren keine neue Organisationsform im Sinne einer Rechtsform sui generis darstellen, unter der medizinische Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit am Rechtsverkehr teilnehmen können, sondern dass Medizinische Versorgungszentren sich einer der bereits vorhandenen Rechtsformen bedienen müssen, um im Rechtsverkehr aufzutreten (so schon SG Dresden, Urteil vom 28.7.2010 - S 18 KA 250/06; gleiche Gesetzesinterpretation, jedoch mit gegenteiliger Schlussfolgerung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.1.2010, Az. L 7 KA 139/09 B ER). Die Beteiligtenfähigkeit des MVZ richtet sich dann jeweils nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform (Arndt in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 70 Rdnr. 8; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 70 Rdnr. 29). Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ H. als fachübergreifende ärztliche geleitete Einrichtung wurde von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, zum 18.10.2013 in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ umfirmiert, gegründet. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG wäre daher allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“, nicht jedoch das einzelne MVZ H.. Das MVZ H. als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet sein können, sondern eine unselbstständige Organisationseinheit der Träger-GmbH. Auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 SGG führt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 70 SGG. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könne.

Prozessfähig im Sinne von § 71 Abs. 1 SGG kann wiederum nur ein „Beteiligter“ im Sinne des § 70 SGG sein. Die Prozessfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts voraus. Eine „Einrichtung“ wie ein MVZ ist nicht geschäftsfähig, sondern lediglich dessen jeweiliger Inhaber bzw. Träger, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Personengesellschaft oder Genossenschaft, also derjenige, den die Rechte oder Pflichten aus dieser Einrichtung betreffen.

Unterstellt, Kläger wäre nicht das MVZ H. als Einrichtung, ärztlicher Leiter Dr. R., sondern die Person des ärztlichen Leiters des MVZ H., Dr. R., wäre dieser zwar als natürliche Person beteiligten- und prozessfähig im Sinne von §§ 70, 71 SGG, er wäre jedoch nicht Träger bzw. Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der „Medizinischen Versorgungszentren E. GmbH“ und als solcher nicht prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis folgt in der Regel dem materiellen Anspruch. Als ärztlichem Leiter des MVZ H. kann Dr. R. die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht erteilt werden. Schon der Antrag hinsichtlich der Antragsgenehmigung E. wurde rechtlich zutreffend durch die MVZ-Träger GmbH gestellt und nicht durch die Einrichtung MVZ H. bzw. dessen ärztlichem Leiter Dr. R. Entsprechend wurde auch die Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss dem MVZ in der Trägerschaft der GmbH erteilt und weder dem ärztlichen Leiter noch dem MVZ H. als Einrichtung. Als natürliche Person könnte Dr. R. demnach auch nicht geltend machen, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt zu sein. Ihm würde es bereits an der Prozessführungsbefugnis fehlen, die getrennt von der Beteiligtenfähigkeit zu prüfen ist. Eine Bevollmächtigung des ärztlichen Leiters Dr. R. zur Geltendmachung der Rechte der Träger-GmbH im eigenen Namen - unabhängig von der dann zu prüfenden Wirksamkeit einer solchen Bevollmächtigung - wurde weder vorgetragen noch ergibt sie sich aus den dem Senat vorliegenden Akten. Es wurde vielmehr schriftsätzlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Kläger das MVZ H. und nicht die natürliche Person Dr. R. ist.

Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.

(2) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch eine Veränderung in seiner Handlungsfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf Verlangen schriftlich beizubringen.

(3) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, muss sich die Behörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die Behörde an den Beteiligten, muss der Bevollmächtigte verständigt werden. Vorschriften über die Zustellung an Bevollmächtigte bleiben unberührt.

(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.

(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen.

(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Nicht zurückgewiesen werden können Personen, die nach § 73 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3 bis 9 des Sozialgerichtsgesetzes zur Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren befugt sind.

(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen 5 und 6 ist auch dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen wird, schriftlich mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen Bevollmächtigten oder Beistandes, die dieser nach der Zurückweisung vornimmt, sind unwirksam.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.