Bundesarbeitsgericht EuGH-Vorlage, 05. Nov. 2015 - 10 AZB 25/15 (A)

ECLI:ECLI:DE:BAG:2015:051115.B.10AZB25.15A.0
bei uns veröffentlicht am05.11.2015

Tenor

I. Der Senat ersucht den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um die Beantwortung der folgenden Frage:

Gebietet der Anspruch einer natürlichen Person auf wirksamen Zugang zu den Gerichten bei einer Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug iSv. Art. 1 und Art. 2 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen, dass die von der Bundesrepublik Deutschland gewährte Prozesskostenhilfe die vom Antragsteller verauslagten Kosten für die Übersetzung der Erklärung und der Anlagen zum Antrag auf Prozesskostenhilfe umfasst, wenn der Antragsteller zugleich mit der Klageerhebung bei dem auch als Empfangsbehörde iSv. Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie zuständigen Prozessgericht Prozesskostenhilfe beantragt und die Übersetzung selbst hat anfertigen lassen?

II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.

Gründe

1

A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens

2

Der anwaltlich vertretene Kläger des Ausgangsverfahrens hat seinen Wohnsitz in der Tschechischen Republik. Er hat beim Arbeitsgericht Zwickau mit Schriftsatz vom 24. September 2013 durch seine Prozessbevollmächtigte eine auf Zahlung rückständigen Arbeitslohns gerichtete Klage gegen die in Deutschland ansässige Firma E GmbH erheben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug beantragen lassen. Mit Schriftsatz vom 27. November 2013 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die Kosten für die Übersetzung der Unterlagen zum Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers. Am 8. April 2014 gelangte die vom Kläger am 23. September 2013 unterschriebene, in deutscher Sprache ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts. Das Erklärungsformular war einschließlich der Erläuterungen und Anlagen von einem in Dresden ansässigen gewerblichen Übersetzungsbüro in die deutsche Sprache übersetzt worden. Der Kläger hat zwei an ihn adressierte Rechnungen des Übersetzungsbüros zur Gerichtsakte reichen lassen.

3

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt. Die Erstattung der Kosten für die Übersetzung hat es abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

4

B. Das einschlägige nationale Recht

5

I. Gesetzliche Vorschriften

6

1. Zivilprozessordnung

7

Die §§ 114, 117 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 118 Abs. 1 Satz 4, § 122 Abs. 1 Nr. 3 und §§ 1076, 1078 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) haben in der im Streitfall anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202) folgenden Wortlaut:

        

㤠114 Voraussetzungen

        

(1)     

Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

        

…       

        
        

§ 117 Antrag

        

(1)     

Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. …

        

(2)     

Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. …

        

§ 1076 Anwendbare Vorschriften

        

Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

        

…       

        

§ 1078 Eingehende Ersuchen

        

(1)     

Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden.

        

…“    

        
8

2. Gerichtsverfassungsgesetz

9

Satz 1 des zuletzt durch das Gesetz vom 19. April 2006 geänderten § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) in der Fassung vom 9. Mai 1975 lautet:

        

㤠184 [Deutsche Sprache]

        

Die Gerichtssprache ist deutsch. …“

10

II. Die nationale Rechtsprechung zur Erstattung von Übersetzungskosten im Prozesskostenhilfeverfahren

11

Dem bei einem deutschen Prozessgericht gestellten Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO und die entsprechenden Belege gemäß § 184 Satz 1 GVG grundsätzlich in deutscher Sprache beizufügen(BGH 12. November 2014 - IV ZR 161/14 -). Für das Prozesskostenhilfeverfahren nach §§ 114 ff. ZPO sieht das Gesetz die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor (BGH 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09 - Rn. 3). Dieses Verfahren stellt keine „Prozessführung“ im Sinne des § 114 ZPO dar, so dass hierfür keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten, die für die Übersetzung der dem Prozesskostenhilfeantrag beizufügenden Erklärung und Belege in die Gerichtssprache entstehen, ist daher ausgeschlossen (BGH 12. November 2014 - IV ZR 161/14 - Rn. 2). Erhebt ein Antragsteller mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat unmittelbar bei dem sachlich und örtlich zuständigen deutschen Prozessgericht Klage und stellt er dort zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, finden die §§ 114 bis 127a ZPO unmittelbar Anwendung(vgl. BGH 12. November 2014 - IV ZR 161/14 - Rn. 1). Er ist damit grundsätzlich so zu stellen wie eine in Deutschland lebende Person.

12

C. Einschlägige Vorschriften des Unionsrechts

13

In der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (RL 2003/8/EG; ABl. EG L 26 vom 31. Januar 2003 S. 41, ABl. EU L 32 vom 7. Februar 2003 S. 15) ist auszugsweise bestimmt:

        

„Artikel 2

        

Grenzüberschreitende Streitsachen

        

(1)     

Eine grenzüberschreitende Streitigkeit im Sinne dieser Richtlinie liegt vor, wenn die im Rahmen dieser Richtlinie Prozesskostenhilfe beantragende Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat des Gerichtsstands oder dem Vollstreckungsmitgliedstaat hat.

        

…       

        

Artikel 7

        

Durch den grenzüberschreitenden Charakter der

        

Streitsache bedingte Kosten

        

Die im Mitgliedstaat des Gerichtsstands gewährte Prozesskostenhilfe umfasst folgende unmittelbar mit dem grenzüberschreitenden Charakter der Streitsache verbundenen Kosten:

        

…       

        

b)    

Übersetzung der vom Gericht oder von der zuständigen Behörde verlangten und vom Empfänger vorgelegten Schriftstücke, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind; und

        

…       

        
        

Artikel 8

        

Vom Mitgliedstaat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts zu übernehmende Kosten

        

Der Mitgliedstaat, in dem die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährt die erforderliche Prozesskostenhilfe gemäß Artikel 3 Absatz 2 zur Deckung:

        

a)    

der Kosten für die Unterstützung durch einen örtlichen Rechtsanwalt oder eine andere gesetzlich zur Rechtsberatung ermächtigte Person in diesem Mitgliedstaat, bis der Antrag auf Prozesskostenhilfe gemäß dieser Richtlinie im Mitgliedstaat des Gerichtsstands eingegangen ist;

        

b)    

der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaats eingereicht wird.

        

…       

        

Artikel 13

        

Einreichung und Übermittlung der Anträge auf Prozesskostenhilfe

        

(1)     

Anträge auf Prozesskostenhilfe können eingereicht werden: entweder

                 

a)    

bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Übermittlungsbehörde), oder

                 

b)    

bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats (Empfangsbehörde).

        

(2)     

Anträge auf Prozesskostenhilfe sind auszufüllen und die beigefügten Anlagen zu übersetzen

                 

a)    

in der bzw. die Amtssprache oder einer bzw. eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der zuständigen Empfangsbehörde, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft entspricht; oder

                 

b)    

in einer anderen bzw. eine andere Sprache, mit deren Verwendung sich dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 14 Absatz 3 einverstanden erklärt hat.

        

…       

        
        

(4)     

Die zuständige Übermittlungsbehörde unterstützt den Antragsteller, indem sie dafür Sorge trägt, dass dem Antrag alle Anlagen beigefügt werden, die ihres Wissens zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind. Ferner unterstützt sie den Antragsteller gemäß Artikel 8 Buchstabe b bei der Beschaffung der erforderlichen Übersetzung der Anlagen.

                 

Die zuständige Übermittlungsbehörde leitet der zuständigen Empfangsbehörde in dem anderen Mitgliedstaat den Antrag innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt des in einer der Amtssprachen gemäß Absatz 2 ordnungsgemäß ausgefüllten Antrags und der beigefügten, erforderlichenfalls in eine dieser Amtssprachen übersetzten Anlagen zu.

        

…       

        
        

(6)     

Für die nach Absatz 4 erbrachten Leistungen dürfen die Mitgliedstaaten kein Entgelt verlangen. …“

14

D. Entscheidungserheblichkeit und Erläuterung der Vorlagefrage

15

I. Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des in der Tschechischen Republik wohnhaften Klägers hängt von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Der Rechtsbeschwerde wäre nur dann stattzugeben, wenn die §§ 114 ff. ZPO unionsrechtskonform dahingehend auszulegen sind, dass die vom Antragsteller verauslagten Kosten für die Übersetzung der Erklärung und der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag von der in der Bundesrepublik Deutschland gewährten Prozesskostenhilfe umfasst sind. Anderenfalls wäre die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

16

II. Der Senat vermag nicht mit der für ein letztinstanzliches Gericht gebotenen Sicherheit zu beurteilen, ob er im vorliegenden Fall aufgrund der im nationalen Recht geltenden Grundsätze die Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die vom Antragsteller verauslagten Übersetzungskosten ablehnen kann.

17

1. Die §§ 1076 ff. ZPO, die durch das EG-Prozesskostenhilfegesetz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3392) zur Umsetzung der RL 2003/8/EG in die Zivilprozessordnung eingefügt wurden und die vor den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 13a Arbeitsgerichtsgesetz Anwendung finden, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig; insoweit gelten vielmehr grundsätzlich keine Besonderheiten gegenüber den §§ 114 ff. ZPO (vgl. MüKoZPO/Rauscher 4. Aufl. § 1078 Rn. 2). Abgesehen davon sieht § 1078 ZPO die Übernahme der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der Anlagen in die deutsche Sprache durch die Bundesrepublik Deutschland nicht vor. § 1078 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist auf die Behandlung von aus dem EU-Ausland in Deutschland eingehenden Ersuchen zugeschnitten und bestimmt - in Übereinstimmung mit § 117 ZPO - das (deutsche) Prozess- oder Vollstreckungsgericht als zuständige Empfangsbehörde iSd. Art. 14 Abs. 1 RL 2003/8/EG. Bei dieser Empfangsbehörde muss der Antrag in deutscher Sprache ausgefüllt eingehen und es müssen die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein (§ 1078 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Gericht entscheidet sodann über den Antrag unter Anwendung deutschen Rechts (§ 1078 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und unterrichtet die ausländische Übermittlungsstelle durch Übersendung einer Abschrift seiner Entscheidung (§ 1078 Abs. 2 Satz 2 ZPO), deren Übersetzung nicht vorgeschrieben ist.

18

2. Unter Anwendung des deutschen Rechts ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten, die dem Kläger für die Übersetzung der dem Prozesskostenhilfeantrag beizufügenden Erklärung und Anlagen in die deutsche Sprache entstanden sind, ausgeschlossen. Da die Übersetzung dieser Unterlagen nicht zur anwaltlichen Beratung und Vertretung im Klageverfahren, sondern zur Ermittlung des Sachverhalts im davon getrennten Prozesskostenhilfeverfahren dient und für den Kläger die Möglichkeit bestanden hat, den Prozesskostenhilfeantrag in seiner Muttersprache in der Tschechischen Republik, dem Mitgliedstaat seines Wohnsitzes, zu stellen, bestehen gegen die Ablehnung der Kostenerstattung auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Zugang zu den Gerichten wird hierdurch nicht in rechtsstaatswidriger Weise (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) beschränkt. Der Kläger wäre gemäß Art. 8 Buchst. b RL 2003/8/EG von den Übersetzungskosten für den Prozesskostenhilfeantrag und die Anlagen entlastet worden, wenn er den Antrag bei der in seinem Heimatland zuständigen Behörde gestellt hätte. Der Umstand, dass dem Kläger - wie er behauptet - keine Auskunft über die Möglichkeit der Beantragung von grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe in der Tschechischen Republik erteilt wurde, ändert daran nichts. Auch die unionsrechtlichen Gewährleistungen entbinden einen Rechtsuchenden nicht von der Einhaltung der ihn treffenden Sorgfaltspflicht, sich vor einem von ihm selbst in Gang gesetzten Verfahren umfassend über die Möglichkeiten einer öffentlichen Förderung zu informieren. Dies war dem Kläger schon deshalb zuzumuten, weil er bereits anwaltlich vertreten war.

19

3. Es ist jedoch nicht hinreichend klar, ob das Unionsrecht der Heranziehung der im nationalen Recht geltenden Grundsätze entgegensteht.

20

a) Der Anwendungsbereich der RL 2003/8/EG ist eröffnet. Der Prozesskostenhilfeantrag betrifft eine zivilrechtliche Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug iSv. Art. 2 Abs. 1 RL 2003/8/EG, weil der Kläger mit Wohnsitz in der Tschechischen Republik vor einem deutschen Gericht eine Zahlungsklage erhoben hat.

21

b) Nach Art. 8 Buchst. b RL 2003/8/EG gewährt der Mitgliedstaat, in dem die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, die erforderliche Prozesskostenhilfe zur Deckung der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaats eingereicht wird. Art. 13 Abs. 1 RL 2003/8/EG eröffnet allerdings die Möglichkeit, den Antrag entweder dort einzureichen oder bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands. Der RL 2003/8/EG ist nach Auffassung des Senats nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, ob und ggf. inwieweit der Mitgliedstaat des Gerichtsstands die Kosten für die Übersetzung der Erklärung und der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag zu übernehmen hat, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Antrag gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/8/EG unmittelbar bei dem auch als Empfangsbehörde zuständigen Prozessgericht zugleich mit der Klageerhebung gestellt wird und der Antragsteller die Übersetzungen hat anfertigen lassen. Die Frage ist auch nicht bereits geklärt.

22

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (22. Dezember 2010 - C-279/09 - Rn. 60, Slg. 2010, I-13849) hat der nationale Richter zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe eine Beschränkung des Rechts auf Zugang zu den Gerichten darstellen, die dieses Recht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigen, ob sie einem legitimen Zweck dienen und ob die angewandten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen.

23

(1) Der Kläger hatte objektiv die Möglichkeit, in der Tschechischen Republik, dem Mitgliedstaat seines Wohnsitzes, in seiner Muttersprache Prozesskostenhilfe für den in Deutschland geführten Rechtsstreit zu beantragen. Der Einwand, bei einer Antragstellung in der Tschechischen Republik wäre er infolge des zu erwartenden Zeitverzugs um „mehrere Wochen bis Monate“ Gefahr gelaufen, dass seine Ansprüche verjähren oder aufgrund der in seinem Arbeitsvertrag vereinbarten Ausschlussfrist verfallen, ist unzutreffend. Der Kläger hat bei dem zuständigen Prozessgericht, dem Arbeitsgericht Zwickau, mit Schriftsatz vom 24. September 2013 nicht nur Prozesskostenhilfe beantragt, sondern zugleich eine unbedingte Klage auf Zahlung des rückständigen Arbeitslohns erhoben. Hiermit hatte er zur Fristwahrung bereits alles Erforderliche getan. Durch die Anbringung des Prozesskostenhilfeantrags in der Tschechischen Republik hätten sich für ihn keine Rechtsnachteile ergeben. Überdies gilt für die Übermittlungsbehörde die in Art. 13 Abs. 4 Unterabs. 2 RL 2003/8/EG genannte Frist zur Zuleitung des ordnungsgemäß ausgefüllten Antrags und der beigefügten, übersetzten Anlagen an die zuständige Empfangsbehörde in dem anderen Mitgliedstaat.

24

(2) Die Nichterstreckung der dem Kläger bewilligten Prozesskostenhilfe auf die von ihm verauslagten Kosten für die Übersetzung der Erklärung und der Anlagen zum Prozesskostenhilfeantrag, den er zugleich mit der Klageerhebung gestellt hat, dient dem legitimen Ziel der Entlastung der Staatskasse des Mitgliedstaats des Gerichtsstands von Kosten, die bei Inanspruchnahme einer nach unionsrechtlichen Vorschriften ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Antragstellung von einem anderen Mitgliedstaat zu tragen sind. In Art. 8 RL 2003/8/EG kommt zum Ausdruck, dass der Mitgliedstaat des Wohnsitzes für diese Leistung zugunsten seiner Staatsbürger aufzukommen hat.

25

(3) Ein solches Verständnis der Richtlinie steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu deren Hauptziel, die Anwendung der Prozesskostenhilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug für Personen zu fördern, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten (vgl. Abs. 5 der Erwägungsgründe der Richtlinie). Dem Grenzgänger wird es häufig sogar leichter fallen, in seinem Heimatland den Antrag zu stellen, weil insoweit auch keine Sprachbarrieren bestehen. Der Antragsteller wird gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 RL 2003/8/EG durch die in seinem Wohnsitzstaat zuständige Übermittlungsbehörde auch bei der Beschaffung der erforderlichen Übersetzung der Anlagen unterstützt. Ein Entgelt für diese Leistungen dürfen die Mitgliedstaaten nicht verlangen (Art. 13 Abs. 6 Satz 1 RL 2003/8/EG).

26

bb) Ob dieses Verständnis zutrifft, betrifft die Auslegung des Unionsrechts, die nach Art. 267 AEUV dem Gerichtshof obliegt.

        

    Linck    

        

    Schlünder    

        

    Brune    

        

        

        

        

        

        

                 

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2010 - VI ZA 3/09

bei uns veröffentlicht am 20.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZA 3/09 vom 20. September 2010 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Di

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass

1.
die Bundes- oder Landeskasse
a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten,
b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann,
2.
die Partei von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozesskosten befreit ist,
3.
die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können.

(2) Ist dem Kläger, dem Berufungskläger oder dem Revisionskläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ist nicht bestimmt worden, dass Zahlungen an die Bundes- oder Landeskasse zu leisten sind, so hat dies für den Gegner die einstweilige Befreiung von den in Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a bezeichneten Kosten zur Folge.

Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(1) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden.

(2) Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung.

(3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

(4) Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZA 3/09
vom
20. September 2010
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Anhörungsrüge vom 30. Juli 2010 gegen den Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
2
Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nicht erforderlich ist es, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Der Senat hat vor seinem Beschluss vom 29. Juni 2010 das Vorbringen der Klägerin, mit der sie Prozesskostenhilfe und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt hat, in vollem Umfang geprüft, diesem Vorbringen jedoch weder eine hinreichende Aussicht auf Erfolg eines etwaigen Rechtsbeschwerdeverfahrens (§ 114 ZPO) noch Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung einer Berufung entnehmen können. Das Vorbringen in der Anhörungsrüge führt zu keinem anderen Ergebnis.
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Soweit die Klägerin geltend macht, ihr hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, nach entsprechendem Hinweis ihren Vortrag zu ergänzen, ob und wenn ja, welche Anweisungen an die Mitarbeiter der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Versendung von Schriftstücken per Telefax bestanden , war ein weiterer Hinweis schon deswegen nicht erforderlich, weil sich die Notwendigkeit eines Vortrags hinsichtlich eines etwaigen Organisationsverschuldens ihres Prozessbevollmächtigten bereits aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. September 2008 ergeben hat, auf den das Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2009 Bezug genommen hat. In dem Beschluss vom 3. September 2008 hat das Oberlandesgericht ausgeführt, es sei von einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auszugehen, und insoweit den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06, FamRZ 2007, 809 zitiert. Hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die zitierte Entscheidung zur Kenntnis genommen, hätte er hinsichtlich der von ihm getroffenen organisatorischen Maßnahmen ergänzend vortragen müssen.
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Im Übrigen hat das Oberlandesgericht durch eine Bezugnahme auf seine Beschlüsse vom 3. September 2008, vom 22. Oktober 2008 und vom 2. Dezember 2008 seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass der Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe noch vor Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2006 alle Anlagen auf Vollständigkeit überprüft und die Akte sei dann mit diesen Unterlagen an eine Rechtsanwaltsfachangestellte zur Absendung zurückgegangen, nicht für eine Glaubhaftmachung ausreiche. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 29. Juni 2010 nicht beanstandet. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch ausweislich des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 15. Juli 2008 an das Oberlandesgericht die Eltern der Klägerin die Unterlagen für die Erklärung über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach diesem Schreiben zusammenge- stellt und den Prozesskostenhilfe-Vordruck ausgefüllt und unterschrieben haben. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.08.2006 - 323 O 284/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.01.2009 - 1 U 117/06 -

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden.

(2) Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung.

(3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

(4) Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden.

(2) Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung.

(3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

(4) Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt.