Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2017 - 1 AZR 137/15

ECLI:ECLI:DE:BAG:2017:260917.U.1AZR137.15.0
bei uns veröffentlicht am26.09.2017

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 29. Januar 2015 - 8 Sa 435/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine höhere Sozialplanabfindung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Warensetzer am Standort H beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war die Geltung des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer/innen in den sächsischen Betrieben des Groß- und Außenhandels vereinbart. Nach dessen § 9 waren ua. für Sonntags- und Nachtarbeit Zuschläge zu zahlen. Darüber hinaus erhielt der Kläger einen „Leistungslohn“ nach den Bestimmungen einer im Januar 2004 geschlossenen und zum 31. Dezember 2004 ohne Nachwirkung außer Kraft getretenen Betriebsvereinbarung. Für dessen Höhe war die Anzahl der monatlich über eine bestimmte Soll-Leistung hinaus gesammelten Verkaufseinheiten („Colli“) maßgebend.

3

Im Oktober 2013 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan (GBV SP). Nach § 3 GBV SP werden Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes nach den Regelungen des von der Beklagten mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) am 15. März 2010 abgeschlossenen Sozialtarifvertrags (S-TV) in Abhängigkeit vom Bruttomonatsentgelt sowie der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers gewährt. Abweichend vom Sozialtarifvertrag regelt die GBV SP den Faktor der Abfindung mit 1,1 und sieht einen Kinderzuschlag vor. Nach § 3.1 GBV SP iVm. Ziff. II § 1 Nr. 5 S-TV bestimmt sich das abfindungsrelevante Bruttomonatsentgelt wie folgt:

        

„Als Bruttomonatsentgelt gilt das im Monat des Ausscheidens bezogene Bruttomonatsentgelt ohne individuelle Zulagen, ohne Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie ohne Überstundenvergütung und vermögenswirksame Leistungen. …“

4

Der Kläger schied aufgrund der beabsichtigten Schließung des Standorts auf der Grundlage eines Aufhebungsvertrags zum 31. Dezember 2013 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Beklagte legte für die Berechnung der Sozialplanabfindung das vom Kläger im Dezember 2013 bezogene Tarifentgelt sowie eine in der Höhe feste monatliche Besitzstandszahlung zugrunde. Unberücksichtigt ließ sie den „Leistungslohn“ sowie die angefallenen Sonntags- und Nachtzuschläge.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der bezogene „Leistungslohn“ sowie die Sonntags- und Nachtzuschläge seien Bestandteile des abfindungsrelevanten Bruttomonatsentgelts. Es handele sich nicht um „individuelle Zulagen“ iSd. Sozialtarifvertrags.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 3.553,61 Euro als Sozialplanabfindung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2014 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf eine höhere Abfindung nach der GBV SP. Bei den geltend gemachten Entgeltbestandteilen handelt es sich um „individuelle Zulagen“ iSd. § 3 GBV SP iVm. Ziff. II § 1 Nr. 5 Satz 1 S-TV. Diese sind bei der Berechnung der Abfindung nicht zu berücksichtigen.

10

1. Nach § 3.1 GBV SP ist für die Berechnung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes das Bruttomonatsentgelt gemäß Ziff. II § 1 Nr. 5 S-TV zugrunde zu legen. Mittels einer solchen Regelungstechnik haben die Betriebsparteien diese Bestimmung des Sozialtarifvertrags zum Inhalt der GBV SP gemacht.

11

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 17. November 2015 - 1 AZR 881/13 - Rn. 13 mwN).

12

Dieser Auslegungsgrundsatz gilt auch, wenn die Betriebsparteien tarifliche Regelungen in eine Betriebsvereinbarung einbeziehen. Deshalb kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf die Auslegung des Sozialtarifvertrags unter Heranziehung des Sprachgebrauchs in davon unabhängigen Mantel- und Entgelttarifverträgen an, die auf Arbeitgeberseite von anderen Vertragsparteien geschlossen wurden. Damit hat das Landesarbeitsgericht zum einen rechtsfehlerhaft eine tarifvertragsübergreifende Auslegung vorgenommen (vgl. BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 41 mwN, BAGE 129, 238) und zum anderen nicht auf den Willen der Betriebsparteien abgestellt.

13

3. Nach den genannten Grundsätzen handelt es sich bei dem „Leistungslohn“ sowie den Zuschlägen für Nacht- und Sonntagsarbeit um „individuelle Zulagen“, die nach § 3.1 GBV SP iVm. Ziff. II § 1 Nr. 5 Satz 1 S-TV nicht Teil des abfindungsrelevanten Bruttomonatsentgelts sind.

14

a) Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die fraglichen Entgeltbestandteile „individuelle Zulagen“ in deren Sinne sind. „Individuell“ kann sich - wie der Kläger annimmt - auf eine individuelle vertragliche Abrede als Rechtsgrund für die Leistung oder auf die besonderen Verhältnisse in der Person des betreffenden Arbeitnehmers oder dessen Arbeitssituation beziehen. Der Begriff „Zulage“ hat auch ebenso wenig wie der eines „Zuschlags“ einen feststehenden Inhalt. Er deutet aber darauf hin, dass es sich um einen Entgeltbestandteil handelt, der zusätzlich neben einem monatlichen Grundentgelt geleistet wird.

15

b) Die Systematik der GBV SP erlaubt ebenfalls keine unmissverständliche Feststellung, welche Bedeutung dem Begriff zukommen soll. Erkennbar ist allerdings das Anliegen der Betriebsparteien. Bei den nicht berücksichtigungsfähigen Entgeltbestandteilen unterscheiden sie zwischen solchen, die - wie die vermögenswirksamen Leistungen - zweckgebunden sind und anderen wie den „individuellen Zulagen“, aber auch Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Überstundenvergütung. Weiterhin bestimmt sich der zeitliche Bezugspunkt zur Berechnung der Abfindung nicht nach einem längeren Referenzzeitraum, sondern nur nach der Entgeltzahlung im Monat des Ausscheidens. Das lässt bereits auf den Willen der Betriebsparteien schließen, mögliche Entgeltschwankungen und zweckgebundene Leistungen des Arbeitgebers nicht in die Abfindungsberechnung einfließen zu lassen.

16

c) Vor allem Sinn und Zweck der Sozialplanregelungen sprechen dafür, unter „individuellen Zulagen“ solche Entgeltbestandteile zu verstehen, die monatlich nicht in gleichbleibender Höhe oder in gleichbleibendem Umfang anfallen, weil sie von der jeweiligen Lage der Arbeitszeit, der Qualität oder Quantität der individuellen Arbeitsleistung oder vom Eintreten einmaliger Ereignisse abhängig sind.

17

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats haben Sozialpläne eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung sind kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste. Vielmehr sollen sie die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile eines Arbeitsplatzverlustes infolge einer Betriebsänderung ausgleichen oder zumindest abmildern (BAG 8. Dezember 2015 - 1 AZR 595/14 - Rn. 17, BAGE 153, 333). Dieser wirtschaftliche Nachteil wird maßgeblich bestimmt durch die in dem bisherigen Arbeitsverhältnis bezogene Vergütung. Das rechtfertigt es, diese zur Bezugsgröße für die in dem Sozialplan vorgesehenen Überbrückungsleistungen zu machen (BAG 22. September 2009 - 1 AZR 316/08 - Rn. 16, BAGE 132, 132). Dabei haben die Betriebsparteien einen erheblichen Gestaltungsspielraum, ob und inwieweit sie bei der Höhe von Sozialplanabfindungen in der Vergangenheit liegende Schwankungen der monatlichen Vergütung berücksichtigen. Sie können beispielsweise bestimmen, dass sich die Abfindungshöhe nach einer zuletzt bezogenen Bruttomonatsvergütung richtet und hiervon bestimmte Entgeltbestandteile ausnehmen oder, dass der Durchschnitt des in einem Referenzzeitraum erzielten monatlichen Arbeitseinkommens maßgebend sein soll. Solche Berechnungsvarianten bezwecken, den Ausgleich oder die Abmilderung der zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile eines Arbeitsplatzverlustes nicht an den Zufälligkeiten des jeweiligen Entgeltbezugs auszurichten.

18

bb) Einem solchen Zweck dient auch die nach § 3.1 GBV SP iVm. Ziff. II § 1 Nr. 5 Satz 1 S-TV geregelte Berechnung des zugrunde zu legenden Bruttomonatsentgelts. Diese will ersichtlich Verdienstschwankungen unberücksichtigt lassen, die ihre Ursache in den Gegebenheiten der dem Abrechnungsmonat zugrunde liegenden individuellen Arbeitsleistung oder der Fälligkeit von besonderen Vergütungsbestandteilen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) haben und damit aus Sicht der Betriebsparteien zur typisierenden Bemessung der zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile nicht geeignet sind.

19

cc) Danach handelt es sich bei dem „Leistungslohn“ sowie den Nacht- und Sonntagszuschlägen um „individuelle Zulagen“ iSd. GBV SP. Der dem Kläger gezahlte „Leistungslohn“ berechnete sich nach der Anzahl der über eine festgelegte Soll-Leistung pro Arbeitsstunde hinaus gesammelten „Colli“ (Verpackungseinheiten). Die Höhe der Sonntags- und Nachtarbeitszuschläge beruhte nach dem in Bezug genommenen Manteltarifvertrag auf den jeweils geleisteten Stunden zu diesen Zeiten und war damit abhängig von der monatlich unterschiedlichen Lage der persönlichen Arbeitszeit des Klägers.

        

    Schmidt    

        

    Treber    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Fasbender    

        

    Klebe    

                 

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(1) Sobald ein Unternehmen an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt ist und ihm Pflichten als Beteiligter in der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt oder in der Gefahrgutverordnung See zugewiesen sind, muss es mindestens einen Sicherheitsberater für die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeauftragter) schriftlich bestellen. Werden mehrere Gefahrgutbeauftragte bestellt, so sind deren Aufgaben gegeneinander abzugrenzen und schriftlich festzulegen. Nimmt der Unternehmer die Funktion des Gefahrgutbeauftragten selbst wahr, ist eine Bestellung nicht erforderlich.

(2) Die Funktion des Gefahrgutbeauftragten kann nach dem Unterabschnitt 1.8.3.4 ADR/RID/ADN vom Leiter des Unternehmens, von einer Person mit anderen Aufgaben in dem Unternehmen oder von einer dem Unternehmen nicht angehörenden Person wahrgenommen werden, sofern diese tatsächlich in der Lage ist, die Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten zu erfüllen. Der Name des Gefahrgutbeauftragten ist allen Mitarbeitern des Unternehmens schriftlich bekannt zu geben; die Bekanntmachung kann auch durch schriftlichen Aushang an einer für alle Mitarbeiter leicht zugänglichen Stelle erfolgen.

(3) Als Gefahrgutbeauftragter darf nur bestellt werden oder als Unternehmer selbst die Funktion des Gefahrgutbeauftragten wahrnehmen, wer Inhaber eines für den betroffenen Verkehrsträger gültigen Schulungsnachweises nach § 4 ist.

(4) Wenn ein nach § 2 befreites Unternehmen wiederholt oder schwerwiegend gegen Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter verstößt, kann die zuständige Behörde die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten anordnen.

(5) Die zuständige Behörde trifft die zur Einhaltung dieser Verordnung erforderlichen Anordnungen. Sie kann insbesondere die Abberufung des bestellten Gefahrgutbeauftragten und die Bestellung eines anderen Gefahrgutbeauftragten verlangen.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.