Arbeitsgericht Herne Urteil, 11. Okt. 2016 - 2 Ca 269/16
Gericht
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 31.05.2016 wird aufrecht erhalten.
2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 18.800,00 € festgesetzt.
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Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses. Der am x.x.19xx geborene und geschiedene Kläger ist Vater von zwei Kindern und seit dem Jahre 1984 bei der Beklagten zuletzt als technischer Angestellter in der Maschinenabteilung auf dem Bergwerk G beschäftigt. Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 4700 €. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Beklagte beschäftigt im Betrieb ca. 3500 Arbeitnehmer. Es existiert ein Betriebsrat.
3Mit Schreiben der Beklagten vom 10.10.2014 wurde der Kläger als technische Aufsicht über Tage des Bergwerks G zur verantwortlichen Person gemäß §§ 58 ff. BBergG bestellt. Mit dieser Bestellung wurden ihm in der Anlage 1 näher bezeichnete Aufgaben und Befugnisse zur verantwortlichen Erfüllung übertragen, die ausdrücklich Bestandteil seines Arbeitsvertrages waren. Danach hat jede verantwortliche Person unter anderem für den ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu sorgen, namentlich für die Sicherheit und Ordnung im Betrieb. Wegen der Einzelheiten der Bestellung wird auf Bl. 38 ff. der Akte verwiesen. Ferner wurde der Kläger zumindest bis zum Jahre 2009 als verantwortliche Person in der Funktion einer sprechtechnischen Aufsichtsperson nach § 21 i.V.m. § 19 Abs. 1.4c Sprengstoffgesetz bestellt. Diese Bestellung erlosch zwischenzeitlich, weil der Kläger die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht mehr vorweisen konnte.
4Mit Schreiben vom 18.1.2016, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgemäß mit Wirkung zum 30.9.2016. Der Kündigung liegt der Fund einer Bombenattrappe am 8.1.2016 im Betrieb der Beklagten zu Grunde. Der Betriebsrat wurde zur streitbefangenen Kündigung am 14.1.2016 angehört und hat gegen die Kündigung ausweislich seiner Stellungnahme vom 18.1.2016 keine Einwände erhoben. Wegen der Einzelheiten der Betriebsratsanhörung wird auf Bl. 44 ff. der Akte verwiesen.
5Am 8.1.2016 wurde in der Aufbereitung G II ein verdächtiger Koffer gefunden. Auf dem Koffer befanden sich die handschriftlichen Aufschriften „Alah“, „Sehtalli“, „Koran“ und „Dürüpüllü“. Außerdem waren an dem Koffer ein Absperrhahn und ein Manometer angebracht. Zudem ragten aus dem Koffer mehrere Drähte heraus. In der Nacht vom 6. auf den 7.1.2016 befand sich der Kläger gegen 3:00 Uhr morgens auf dem Weg zur Maschinenhalle, als ihm rechts vor der Eingangstüre, wo meistens Reservematerial gelagert wird, zufällig der streitgegenständliche Koffer auffiel. An der Seite ragte ein kleines buntes Kabel heraus und oben auf dem Koffer war ein Wasserabsperrhahn montiert und auf einer Seite ein Flüssigkeits-Druckmanometer. Da der Kläger aufgrund einer vorangegangenen Reparatur an seinem Motorrad noch einige Utensilien in seiner Jacke bei sich führte, kam er auf die Idee, den Koffer noch etwas zu „verfeinern“. Die Zahlenkombination an dem Koffer war so eingestellt, dass man diesen öffnen konnte. Der Kläger befestigte in dem Koffer zwei Milchschnitten mit Klebeband auf der Innenseite. Dann schloss er den Koffer wieder und schrieb mit einem weißen Farbstift die vorbezeichneten Worte darauf. Zusätzlich schrieb er mit einem schwarzen Stift die Zahlenkombination der Zahlenschlösser auf die Schlossbeschläge. Den Koffer selbst ließ der Kläger an der Stelle stehen, wo er ihn vorgefunden hatte. Zwischen 4:00 Uhr und 5:00 Uhr nahm der Kläger den Koffer erneut an sich und stellte ihn gegenüber der Maschinenhalle zwischen die Müllcontainer zur Abfallbeseitigung.
6Nachdem die Werksleitung von dem Kofferfund Kenntnis erlangt hatte, erstattete sie bei der Polizei Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Polizei nahm am selben Tag Ermittlungen im Betrieb auf und forderte eine entsprechende Sprengstoffeinheit an. Dafür musste das Gebäude abgesperrt und geräumt werden. Nachdem sich nach Überprüfung herausstellte, dass sich in dem Koffer kein Sprengstoff befand, wurde dieser von der Polizei sichergestellt.
7An diesem Morgen des 8.1.2016 fuhr der Kläger nach seiner Schicht mit dem Motorrad nach Hause. Dabei bemerkte er durch die Vibration seines Mobiltelefons, dass man versuchte, ihn anzurufen. Nachdem er auf einem Rastplatz anhielt, stellte er fest, dass mehrfach von unterschiedlichen Telefonnummern versuchte wurde, ihn zu erreichen. Er rief die letzte Nummer zurück und erreichte den Reviersteiger, der dem Kläger mitteilte, er solle den Abteilungsleiter anrufen. Gleichzeitig fragte er den Kläger, ob man den Koffer öffnen könne. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass es sich um einen Spaßkoffer handele, von dem keine Gefahr ausgeht. Der Abteilungsleiter übernahm sodann das Gespräch und fragte den Kläger ebenfalls, ob man den Koffer gefahrlos öffnen könne. Dies bestätigte der Kläger erneut. Zugleich bot er dem Abteilungsleiter an, selbst zur Arbeitsstelle zurückzukommen, was jedoch abgelehnt wurde. Der Abteilungsleiter teilte dem Kläger mit, dass er die Werksführung bereits informiert hat. Im Verlauf des weiteren Nachmittags stellte der Kläger fest, dass man mehrfach versuchte, ihn telefonisch zu erreichen, unter anderem die Polizei.
8Im Rahmen der Nachforschungen wurde auch der Kläger polizeilich vernommen. Diese informierte den Personaldirektor B darüber, dass der Kläger die Tat zugegeben habe. Hierauf wurde die Konzernrevision der Beklagten informiert und es kam am 11.1.2016 zu einem Gespräch im Betrieb. Hieran nahmen der Personalleiter, ein Mitglied des Betriebsrats sowie der Leiter des Tagesbetriebes teil. Weiter waren zwei Mitarbeiterinnen aus der Arbeitsrechtsabteilung sowie zwei Vertreter der Konzernrevision anwesend. In dem Gespräch gab der Kläger an, er habe den Koffer erstmalig während der Nachtschicht vor der Maschinenhalle am Rolltor gesehen. Ihm sei die Idee gekommen, dass man den Koffer noch optimieren könne. Hierzu habe er zwei Milchschnitten in den Koffer gelegt und mit Klebestreifen befestigt. Die Milchschnitten sollten eine kleine Belohnung für denjenigen sein, der den Mut aufbringen würde, den Koffer zu öffnen. Damit dieser auch auffalle, habe er zusätzlich noch mit einem weißen Farbstift die genannten Aufschriften auf den Koffer geschrieben. Den Koffer habe er dann an gleicher Stelle stehen lassen und später an anderer Stelle im Betrieb gesehen. Da der Kläger mitbekommen habe, dass Fotos von dem Koffer im Internet aufgetaucht seien, habe er den Koffer links neben einen Müllcontainer gegenüber der Maschinenhalle gestellt. Wie der Koffer später in die Aufbereitung gelangt sei, wisse er nicht. Der Kläger teilte in dem Gespräch mit, er habe einen Spaß machen wollen.
9Mit seiner am 3.2.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Er ist der Ansicht, die fristlose Kündigung sei unwirksam, da es an einem wichtigen Grund fehle. Die hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da keine Gründe im Verhalten oder der Person des Klägers vorlägen, ebenso wenig dringende betriebliche Erfordernisse. Der Kläger behauptet, andere Mitarbeiter hätten ihn am 7.1.2016 darüber informiert, dass ein Koffer seit der Frühschicht schon in der Maschinenhalle stehe und Fotos des Koffers schon im Internet kursierten. Der Koffer habe während der gesamten Zeit auf einem für alle einsehbaren Stützpfeiler gelegen. Der Kläger habe gegenüber Kollegen dort verneint, dass der Koffer von ihm stamme, sich dann jedoch entschlossen, dem „Spaß“ vor Eintreffen der Frühschicht ein Ende zu setzen. Durch einige Gespräche mit anderen Mitarbeitern habe der Kläger vermittelt bekommen, dass bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er den Koffer im Restmüll entsorgte, dieser belächelt und in keinster Weise als potentielle Gefahr angesehen wurde. Der Kläger könne nicht sagen, wer den Koffer ursprünglich auf das Betriebsgelände brachte und entsprechende Nachforschungen seien von der Beklagten auch nicht angestellt worden. Er könne sich nicht erklären, wie der Koffer zur Aufbereitung gelangt sei, da der Kläger diesen zur Entsorgung neben die Müllcontainer gestellt habe. Der Kläger behauptet, für Dritte sei mehr als deutlich gewesen, dass es sich bei dem Koffer keineswegs um eine Kofferbombe handeln konnte, sondern lediglich um einen merkwürdigen Spaßkoffer. Ganz offensichtlich müssen Dritte den Koffer ebenfalls in den Händen gehabt und an einer anderen Stelle abgestellt haben. Obwohl der Koffer mehr als 24 Stunden sichtbar für viele Mitarbeiter im Maschinenraum stand und gesehen wurde, sei keinem der Mitarbeiter der Gedanke gekommen, dass es sich hierbei um eine echte Bombe handeln könnte, da ansonsten mit Sicherheit sofort Maßnahmen in die Wege geleitet worden wären.
10Während des Telefonats mit dem Abteilungsleiter am 8.1.2016 habe dieser gegenüber dem Kläger mitgeteilt, dass man mit dem Gedanken spielen würde, das Bombenräumkommando und die Polizei zu informieren, sofern man den Kläger nicht erreicht hätte. Die Hinzuziehung der Polizei und des Werkschutzes sei vollkommen überflüssig gewesen, da der Kläger vor deren Hinzuziehung bereits dem Reviersteiger und den Abteilungsleiter sämtliche Informationen zum Koffer und dessen Inhalt gegeben habe.
11Der Kläger behauptet, im Rahmen des Personalgesprächs vom 11.6.2016 sei ihm mitgeteilt worden, dass seine Aussage keinen rechtlichen Stellenwert habe. Die vom Kläger abgegebene Schilderung sei ständig umformuliert worden mit der Begründung, dass es so besser aussehen würde und verständlicher sei. Da der Kläger seine Brille nicht bei sich trug, habe er eine ihm überlassene Kopie des Gesprächsprotokolls nicht lesen können und dies auch so mitgeteilt. Auch mit einer vom Betriebsratsmitglied angebotenen Brille habe der Kläger nicht lesen können. Er habe das Betriebsratsmitglied gefragt, ob in dem Protokoll Dinge stehen würden, welche er nicht gesagt hätte. Dies wurde verneint, jedoch angemerkt, dass die ganze Situation schon etwas makaber in Anbetracht der aktuellen Terrorsituation wäre, man aber vor zwei Jahren vermutlich darüber gelacht hätte. Die Endfassung des Gesprächsprotokolls sei dem Kläger, ohne dass er noch einmal die Möglichkeit gehabt hätte, dieses zu lesen, zur Unterschrift vorgelegt worden. Dabei habe man ihm versichert, dass die Unterschrift nur zur Kenntnis diene. Der Kläger habe als einziger keine Kopie des Protokolls ausgehändigt bekommen. Möglicherweise sei das Protokoll noch inhaltlich verändert worden. Der Kläger habe sich im Arbeitsverhältnis bislang immer einwandfrei verhalten. Bei seinem letzten Beurteilungsgespräch mit dem Vorgesetzten wurde ihm gegenüber sogar die Leistungsprämie für die gute Leistung, insoweit unstreitig, angehoben.
12Im Kammertermin vom 31.5.2016 erschien für den Kläger niemand. Auf Antrag der Beklagtenvertreterin erging in dem Termin ein klageabweisendes Versäumnisurteil, das dem Kläger am 2.6.2016 zugestellt wurde. Hiergegen richtet sich sein Einspruch vom 9.6.2016. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 84 f. der Akte verwiesen.
13Der Kläger beantragt,
14- 15
1. das Versäumnisurteil vom 31.5.2016 aufzuheben,
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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose noch durch die hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 18.1.2016 aufgelöst worden ist,
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3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
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4. im Falle des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Technischen Angestellten in der Maschinenabteilung auf dem Bergwerk G, weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
20das Versäumnisurteil vom 31.5.2016 aufrecht zu erhalten.
21Sie ist der Ansicht, der Kläger habe durch sein Verhalten in erheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Er habe die Sicherheit und Ordnung im Betrieb in erheblicher Weise gestört. Die stattgefundene Evakuierung des Betriebs habe zu erheblichen psychischen Belastungen bei den Mitarbeitern geführt. Die Möglichkeit, dass sich ca. 100 Mitarbeiter unwissend in großer Gefahr befanden, habe für die vor Ort außerhalb der Kaue anwesenden Vorgesetzten und Mitarbeiter zu einem erheblichen psychischen Druck geführt. Eine Gefahr für Leib und Leben dieser Mitarbeiter habe zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden können. Es habe auch die objektive Gefahr bestanden, dass die Sprengkraft einer Bombe zudem zu Schäden an anderen benachbarten Gebäuden führen könnte und sogar zu einer Gefahr für Leib und Leben für die in den Gebäuden befindlichen Personen. Dies habe die psychische Ausnahmesituation für die anwesenden Vorgesetzten verstärkt. Dies gelte umso mehr, da aktuell Attentate von radikalen Gruppierungen im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung stehen und gerade zurzeit auch verstärkt Attentate auf Zivilisten verübt werden.
22Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, die Hinzuziehung der Polizei und Sprengstoffexperten sei nicht erforderlich gewesen, da er gegenüber dem Reviersteiger und Abteilungsleiter telefonisch mitteilte, dass es sich um einen Spaßkoffer handelt. Denn nach seiner eigenen Aussage äußerte der Kläger zuvor gegenüber anderen Mitarbeitern, dass der Koffer gerade nicht von ihm stammt. Neben der hohen psychischen Belastung der Mitarbeiter sei der Beklagten auch ein erheblicher finanzieller Schaden entstanden, da sämtliche Arbeitsabläufe während der Zeit der Räumung des Betriebs, insoweit unstreitig, stillstanden. Auch in den Folgetagen habe es aufgrund erforderlicher Befragungen und Besprechungen einen erheblichen Mehrarbeitsaufwand gegeben, der zudem dazu geführt habe, dass andere wichtige betriebliche Belange zurückstehen mussten. Durch das Verwenden der Aufschriften auf dem Koffer habe der Kläger bei sprachunkundigen Dritten den Anschein erweckt, dass es sich um den Koffer einer Person mit islamischem Hintergrund handelt. Da bei der Beklagten viele Mitarbeiter mit türkischem Migrationshintergrund beschäftigt sind, habe der Kläger durch sein Verhalten diese Mitarbeitergruppe in den Fokus von falschen Verdächtigungen gestellt. Der Betriebsfrieden sei damit in empfindlicher Weise gestört worden. Dabei komme es nicht darauf an, dass es sich bei den Aufschriften um Fantasiewörter handelt.
23Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger zur verantwortlichen Personen im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 2 Bundesberggesetz bestellt war. Die Sorge für Sicherheit und Ordnung im Betrieb war eine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht des Klägers, gegen die er bewusst verstoßen und das Vertrauen der Beklagten in seine Redlichkeit nachhaltig zerstört habe. Zudem habe der Kläger sowohl über fundierte theoretische als auch praktische Kenntnisse über Sprengmittel und deren Verwendung verfügt, weil er in der Vergangenheit verantwortliche Person in der Funktion einer sprechtechnischen Aufsichtsperson nach dem Sprengstoffgesetz war.
24Ein Abwarten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei aufgrund der zerstörten Vertrauensbasis zwischen der Beklagten und dem Kläger nicht zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Jedenfalls sei die vorsorglich ausgesprochene fristgemäße Kündigung zum 30.9.2016 sozial gerechtfertigt. Mit einer Duldung seines Verhaltens habe der Kläger vernünftigerweise nicht rechnen können. In einem Bergwerk als sicherheitstechnisch hochsensibler Bereich bestehe in Deutschland eine erhöhte Gefahr von terroristischen Anschlägen. Ein verständiger Mitarbeiter könne vor diesem Hintergrund nicht damit rechnen, dass ein solches Verhalten lediglich abgemahnt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie der Prozessakte Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
26I.
27Die zulässige Klage ist unbegründet. Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis wurde durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten mit Wirkung zum 18.1.2016 beendet. Das Versäumnisurteil vom 31.5.2016 war demgemäß aufrechtzuerhalten gemäß § 343 S. 1 ZPO.
281.
29Der Kläger hat gegen das Versäumnisurteil vom 31.5.2016 form- und fristgerecht Einspruch erhoben. Gemäß § 59 S. 1 ArbGG kann eine Partei gegen ein gegen sie ergangenes Versäumnisurteil binnen einer Notfrist von einer Woche nach Zustellung des Urteils Einspruch einlegen. Das Versäumnisurteil wurde dem Kläger am 2.6.2016 zugestellt. Der hiergegen gerichtete schriftliche Einspruch vom 9.6.2016 ist damit fristgemäß erfolgt. Ist der Einspruch zulässig, wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.
302.
31Der Kläger hat fristwahrend Kündigungsschutzklage erhoben gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 4 S. 1, § 7 KSchG. Danach muss ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, wenn er geltend machen will, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt sie als von Anfang an rechtswirksam. Zwischen dem Zugang der schriftlichen Kündigung am 18.1.2016 und dem Eingang der Klageschrift beim Arbeitsgericht am 3.2.2016 liegen weniger als drei Wochen.
323.
33Der Betriebsrat wurde zur streitgegenständlichen Kündigung ordnungsgemäß angehört gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG. Danach ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Betriebsrat wurde mit Schreiben der Beklagten vom 14.1.2016 zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers angehört. Dabei wurden dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung ausweislich der Anlage zum Anhörungsbogen über die beabsichtigte fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung, mitgeteilt. Gründe, die zur Unwirksamkeit der Anhörung führen würden, sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht im Einzelnen vorgetragen worden. Ausweislich seiner Stellungnahme vom 18.1.2016 erklärte der Betriebsrat, keine Einwendungen zu erheben.
344.
35Die Beklagte hat die streitgegenständliche Kündigung innerhalb der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB gegenüber dem Kläger erklärt. Hiernach kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Zwischen dem Fund des Koffers auf dem Betriebsgelände am 8.1.2016 und dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 18.1.2016 liegen weniger als zwei Wochen.
365.
37Der außerordentlichen Kündigung liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu Grunde. Nach dieser Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
38Ein wichtiger Grund in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn ein erheblicher Vertragsverstoß des Arbeitnehmers gegen seine bestehenden Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis gegeben ist. Ob ein solches Verhalten ausreicht, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hängt auch von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung ab. Im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung sind u.a. das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen. Damit wird der wichtige Grund zunächst durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt, welche an sich geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist deshalb jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet. Die danach zu berücksichtigenden Umstände müssen nach verständigem Ermessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen. Bei der Bewertung des Kündigungsgrundes und bei der nachfolgenden Interessenabwägung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, so dass subjektive Umstände, die sich aus den Verhältnissen der Beteiligten ergeben, nur auf Grund einer objektiven Betrachtung zu berücksichtigen sind. Die danach maßgeblichen Umstände müssen sich konkret nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken.
39Die Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich folglich in zwei Schritten: Zunächst ist festzustellen, ob ein Sachverhalt unabhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Ist dies zu bejahen, muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen.
406.
41Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, erweist sich die außerordentliche Kündigung als wirksam.
42Verstöße gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen, die mit einer Störung des Betriebsfriedens einhergehen, können an sich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der gekündigte Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, eine Bombenexplosion herbeizuführen (vgl. LAG RP 26.5.2009, NZA-RR 2010, 134).
43Indem der Kläger den Koffer, der bereits aufgrund der Anbringung von Drähten, einem Absperrhahn sowie einem Flüssigkeitsmanometer nach seinem äußeren Erscheinungsbild ersichtlich von einem üblichen Aktenkoffer abwich, offen einsehbar auf dem Betriebsgelände positionierte, nahm er in Kauf, dass dieser von Dritten wahrgenommen wird. Durch das Aufmalen islamisch aussehender Aufschriften verstärkte der Kläger das auffällige äußere Erscheinungsbild des Koffers noch. Neben seiner Einlassung, es habe sich dabei lediglich um einen Spaß gehandelt, trägt der Kläger keinerlei Umstände vor, die darauf schließen lassen würden, er habe gerade nicht beabsichtigt, den Eindruck zu erwecken, es handele sich dabei um eine Kofferbombe. Vielmehr gab er im Rahmen des Personalgesprächs an, er habe durch das Einkleben zweier Milchschnitten diejenigen für ihren Mut belohnen wollen, die sich trauen würden, den Koffer zu öffnen. Dem Kläger war damit bewusst, dass der Koffer nach seinem äußeren Erscheinungsbild einen gefährlichen Eindruck vermittelt.
44Es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände unbeteiligte Dritte erkennen sollten, dass der Koffer objektiv ungefährlich ist. Das äußere Erscheinungsbild des Koffers deutet vielmehr auf das Gegenteil hin. Sofern der Kläger behauptet, der Koffer sei von mehreren Arbeitskollegen wahrgenommen worden, die dies auch als Scherz erkannt hätten, ist der Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Es bleibt offen, welche Arbeitskollegen den Koffer wann an welcher Stelle wahrgenommen und erkannt haben, dass dieser objektiv ungefährlich ist. Doch selbst für den Fall, dass dieser Umstand unter einigen Kollegen bekannt war, trägt der Kläger selbst nicht vor, dass seine Vorgesetzten, insbesondere die Werksleitung, von dem Koffer und dessen objektiver Ungefährlichkeit Kenntnis hatten. Der Kläger musste aber damit rechnen, dass der Koffer von einem Dritten, insbesondere einem Vorgesetzten, gefunden werden konnte.
45Die aktuelle mediale Berichterstattung ist maßgeblich beeinflusst von Geschehnissen im Rahmen des internationalen Terrorismus sowie Anschlägen auf öffentliche und private Einrichtungen. Im Hinblick auf jüngere Terroranschläge im europäischen und außereuropäischen Ausland sowie auch in Deutschland besteht eine besondere Sensibilität. Der Bereich eines Bergwerks ist zudem ein sicherheitstechnisch besonders sensibler Bereich. Hinzu kommt, dass der Kläger gemäß seiner Bestellung als verantwortliche Person gemäß §§ 58 ff. BBergG arbeitsvertraglich verpflichtet ist, für die ordnungsgemäße Errichtung des Betriebes und den ordnungsgemäßen Betriebsablauf, namentlich Sicherheit und Ordnung im Betrieb, zu sorgen. Das Ablegen einer Bombenattrappe auf dem Betriebsgelände stellt einen ersichtlichen Verstoß gegen die Vertragspflichten des Klägers dar. Dabei kommt es nicht darauf an, dass sich der Koffer bereits zuvor auf dem Betriebsgelände befand. Denn der Kläger „verfeinerte“ den Koffer sogar noch, anstatt ihn zu entsorgen und ließ ihn zunächst an gleicher Stelle stehen. Ebenfalls kommt es nicht darauf an, dass ein Dritter den Koffer möglicherweise, nachdem der Kläger diesen zwischen Müllcontainer stellte, vor die Aufbereitung stellte. Da der Kläger den Koffer offen einsehbar stehen ließ, erhöhte er gerade die Gefahr, dass dieser von Dritten gefunden, ggf. aufgegriffen und an unbekannter Stelle deponiert wird. Der Kläger konnte auch nicht darlegen, warum er den Koffer nicht in die Müllcontainer, sondern daneben stellte.
467.
47Bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, überwiegt das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Klägers an dessen Fortsetzung. Zu Gunsten des Klägers ist zu berücksichtigen, dass dieser bereits eine lange Betriebszugehörigkeit seit dem Jahr 1984 aufzuweisen hat und es keine einschlägigen Abmahnungen gibt. Streitig ist zwischen den Parteien, ob das Arbeitsverhältnis im Übrigen beanstandungsfrei verlief. Ferner ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass nicht er den streitbefangenen Koffer auf das Betriebsgelände gebracht hat, sondern er diesen lediglich dort fand, als er bereits das durch die Anbringung von Drähten, Absperrhahn und Manometer auffällige äußere Erscheinungsbild hatte. Ebenfalls ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass dieser nach Bekanntwerden des Kofferfundes am 8.1.2016 gegenüber dem Reviersteiger und Abteilungsleiter erklärte, dass es sich um einen ungefährlichen Spaßkoffer handelt und anbot, zur Arbeitsstelle zurückzukehren. Die Folgen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses treffen den Kläger auch in besonderer Weise, da sich aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters die konkreten Arbeitsmarktchancen nicht unproblematisch darstellen.
48Auf der anderen Seite trägt der Kläger selbst vor, erst dann den Entschluss zur Entsorgung des Koffers gefasst zu haben, als er von Arbeitskollegen darauf angesprochen wurde mit dem Hinweis, es kursierten bereits Fotos im Internet. Zuvor habe er aber feststellen wollen, was mit dem Koffer wohl passieren würde, nachdem er ihn „verfeinert“ und auf dem Betriebsgelände abgestellt hat. Jedoch entsorgte der Kläger den Koffer auch nicht, sondern platzierte diesen sichtbar neben die Müllcontainer. Auch dort konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Koffer von Dritten wahrgenommen wird. Als verantwortliche Person nach dem Bundesberggesetz verstieß der Kläger gegen eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag. Zwar hat er, nachdem der Koffer am 8.1.2016 entdeckt wurde, auf telefonische Nachfrage des Reviersteigers sowie des Abteilungsleiters zugegeben, dass es sich nicht um eine echte Bombe handelt. Der Abteilungsleiter teilte dem Kläger in diesem Telefonat aber bereits mit, dass er schon die Werksleitung informiert hatte. In einem solchen Fall darf sich der Kläger nicht allein darauf beschränken, mitzuteilen, bei Bedarf wieder zur Arbeitsstelle zurückzufahren, um die Ungefährlichkeit des Koffers zu demonstrieren. Vielmehr hätte er aktiv Aufklärungsbemühungen unternehmen müssen, indem er sich an die Werksleitung selbst wendet.
49Die Hinzuziehung der Polizei war daher auch nicht unverhältnismäßig. Der Beklagten ist es nicht zumutbar, selbst bzw. durch ihre Mitarbeiter zu prüfen, ob es sich um eine echte Bombe handelt oder nicht. Auch durfte sie sich nicht auf die Aussage des Klägers verlassen, der Koffer sei ungefährlich. Vielmehr ist ihr zuzugestehen, beim Verdacht des Vorliegens einer echten Bombe höchstmögliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und hierbei Sprengstoffexperten heranzuziehen. Sie ist nicht gehalten, sich auf die telefonische Aussage des Klägers, es handele sich um einen Spaßkoffer, zu verlassen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt selbst nicht mehr auf dem Betriebsgelände anwesend war. Unstreitig konnte selbst die Polizei zunächst nicht ausschließen, dass es sich um eine echte Bombe handelt. Durch die Evakuierung des Betriebsgeländes bzw. eines Teils davon trat eine erhebliche Störung der betrieblichen Sicherheit und Ordnung auf. Es liegt auf der Hand, dass sich die betroffenen Mitarbeiter einem erhöhten psychischen Druck ausgesetzt sehen, soweit diese polizeilich aus dem Betriebsgelände evakuiert werden. Für die Zeit der polizeilichen Maßnahmen stand der Betriebsablauf still, was notwendigerweise einen finanziellen Schaden der Beklagten nach sich zieht, unabhängig von den Kosten des Polizeieinsatzes selbst.
508.
51Im Rahmen der Interessenabwägung ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Danach ist eine außerordentliche Kündigung nur zulässig, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles möglichen und angemessenen milderen Mittel die geeignet sind, das in der bisherigen Form nicht mehr tragbare Arbeitsverhältnis fortzusetzen, erschöpft sind.
52Die Beklagte war nicht gehalten, als milderes Mittel den Kläger auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Die durch das klägerische Verhalten eingetretene Störung der betrieblichen Sicherheit und Ordnung ist nicht konkret tätigkeitsbezogen, sondern unabhängig vom konkreten Arbeitsplatz des Klägers als technischer Angestellter. Auch war die Beklagte nicht gehalten, als milderes Mittel gegenüber der außerordentlichen Kündigung dem Kläger eine Abmahnung zu erteilen. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch die belastete Vertragspartei offensichtlich und für den Vertragspartner erkennbar ausgeschlossen ist. So ist die vorherige Abmahnung entbehrlich, wenn es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Als verantwortliche Person im Sinne des Bundesberggesetzes oblag dem Kläger eine besondere vertragliche Verpflichtung, für die Sicherheit und Ordnung im Betrieb zu sorgen. Er hat damit eine verantwortliche und Vorbildfunktion inne. Es ist in keiner Weise ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, dass die Pflichtverletzung nicht so schwerwiegend ist, die Annahme zu rechtfertigen, die Beklagte würde ein solches Verhalten hinnehmen.
53Obwohl es sich um einen einmaligen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten des Klägers gehandelt hat, ist das Vertrauen der Beklagten gegenüber dem Kläger in einem Ausmaß geschädigt, das den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung für nicht unverhältnismäßig erscheinen lässt. Hierfür wiegt der Pflichtverstoß zu schwer. Die betrieblichen Interessen der Beklagten wurden bereits dadurch verletzt, dass der Betriebsablauf durch die Evakuierung konkret gestört und damit dem Produktionszweck geschadet wurde. Da der Kläger nach seinem Vortrag zunächst gegenüber Kollegen äußerte, der Koffer stamme nicht von ihm, hat er durch seine Pflichtverletzung andere unschuldige Kollegen in Verdacht gebracht. Hinsichtlich der Schwere der Verfehlung des Klägers ist weiter zu berücksichtigen, dass selbst eine nur fahrlässige Pflichtverletzung im Falle des Klägers besonders ins Gewicht fällt, weil er als verantwortliche Person im Sinne des BBergG eine besondere Verantwortung trägt. Aufgrund dieser Aufgabenstellung können bei Vertragsverletzungen insbesondere im Bergbau auch große Gefahren entstehen. Die Kündigung ist auch nicht aus dem Grund unverhältnismäßig, weil der Kläger keine Gelegenheit gehabt habe, das Protokoll im Rahmen des Personalgesprächs vom 11.1.2016 zu lesen und keine Kopie erhalten habe. Nach übereinstimmendem Parteivortrag wurden in dem Gespräch die Einzelheiten des Sachverhaltes umfassend erörtert. Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine nachträgliche Änderung des Protokolls hindeuten, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte ist nicht an einer Kündigung gehindert, weil der Kläger im Gesprächstermin seine Brille vergessen habe. Der Vortrag, man habe dem Kläger in dem Gespräch mitgeteilt, es drohten ihm keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen ist nicht hinreichend bestimmt. Insbesondere trägt der Kläger selbst nicht vor, die Beklagte habe ihm gegenüber mitgeteilt, auf den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung zu verzichten. Insgesamt überwiegt somit das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Fortsetzungsinteresse des Klägers.
54II.
55Die Klageanträge zu 2. und 3. sind nicht begründet. Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis wurde durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Wirkung zum 18.1.2016 beendet. Weitere Beendigungstatbestände sind nicht ersichtlich. Die Beklagte ist nicht zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.
56III.
57Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Kläger als unterlegener Partei gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO aufzuerlegen. Der Streitwert wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt und entspricht einer Vierteljahresvergütung für den Kündigungsschutzantrag und einem Monatseinkommen für den Weiterbeschäftigungsantrag.
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Annotations
Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.
Gegen ein Versäumnisurteil kann eine Partei, gegen die das Urteil ergangen ist, binnen einer Notfrist von einer Woche nach seiner Zustellung Einspruch einlegen. Der Einspruch wird beim Arbeitsgericht schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt. Hierauf ist die Partei zugleich mit der Zustellung des Urteils schriftlich hinzuweisen. § 345 der Zivilprozeßordnung bleibt unberührt.
Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.