Arbeitsgericht Hamm Urteil, 29. Apr. 2014 - 1 Ca 2020/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird auf 450,00 € festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D
2Mit der am 11.11.2013 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Heraufsetzung ihrer Punktzahl für das Beurteilungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ auf 8 Punkte.
3Die 1956 geborene Klägerin ist bei der Beklagten im Bereich „Kaufmännischer Innendienst/Kundendienst“ beschäftigt.
4Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie, insbesondere das Entgeltrahmenabkommen (ERA) in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung. § 10 ERA-TV sieht u. a. Folgendes vor:
5§ 10
6- 7
1. Beschäftigte im Zeitentgelt erhalten neben dem sich aus dem Entgeltabkommen ergebenden tariflichen Monatsgrundentgelt nach Ablauf ihrer Probezeit (§2 Nr. 2 RMTV) eine Leistungszulage.
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2. …
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3. Für jeden Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, wird eine Beurteilungskarte angelegt, auf der das Ergebnis der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum einzutragen ist. Die Leistungsbeurteilung erfolgt durch Beauftragte des Arbeitgebers. Die Beauftragten des Arbeitgebers haben die Karte zu unterzeichnen.
- 10
4. Das Beurteilungsergebnis ist auf Verlangen mit dem Beschäftigten zu besprechen. Dieses Beurteilungsgespräch ist vom Beschäftigten schriftlich zu bestätigen. Die Beurteilungen werden Bestandteil der Personalakte.
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5. …
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6. …
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7. Der Arbeitgeber hat das Leistungsverhalten aller Beschäftigten einmal im Kalenderjahr beurteilen zu lassen, spätestens aber 18 Monate nach der letzten Beurteilung der Beschäftigten.Kürzere Beurteilungszeiträume können durch freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbart werden.Erfolgt die Neubeurteilung aller Beschäftigten nicht nach Ablauf von 18 Monaten, kann der einzelne Beschäftigte seine innerhalb des nächsten Monats zu erfolgende Neubeurteilung und ab diesem Zeitpunkt die gegebenenfalls veränderte Leistungszulage verlangen.
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8. Bei Beurteilung der persönlichen Leistung ist von folgenden Beurteilungsmerkmalen auszugehen:- Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten (Sorgfalt, Genauigkeit und Zuverlässigkeit)- Arbeitseinsatz (Intensität, Wirksamkeit, Selbstständigkeit, Kostenbewusstsein, sachgemäße Behandlung der Betriebs- mittel)- Beweglichkeit (Überblick, Setzen von Prioritäten, Arbeitsverhalten bei verschiedenen Arbeitssituationen)- Zusammenarbeit / Führungsverhalten (Informationsaustausch, Überzeugungsfähigkeit, aufgabenorientierte Zusammenarbeit).
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9. Bei der Bewertung der jeweiligen Beurteilungsmerkmale sind die folgenden Stufen zugrunde zu legen:
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a) genügt den Leistungsanforderungen nicht immer 0 Punkte
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b) genügt den Leistungsanforderungen fast immer 2 Punkte
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c) genügt den Leistungsanforderungen in vollem Umfang 4 Punkte
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d) übertrifft die Leistungsanforderungen 6 Punkte
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e) übertrifft die Leistungsanforderungen in besonderem Umfang 8 Punkte
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10. …
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12. …
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13. …
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14. Beanstandungen der Leistungsbeurteilung können innerhalb von zwei Wochen durch den Beschäftigten und innerhalb von vier Wochen durch den Betriebsrat beim Arbeitgeber angebracht werden. Die Frist beginnt nach Mitteilung der Leistungszulage.
Die Behandlung der Beanstandungen hat unverzüglich in der paritätischen Kommission zu erfolgen.Die paritätische Kommission besteht aus je zwei vom Betriebsrat und Arbeitgeber benannten Betriebsangehörigen.Die Beauftragten des Arbeitgebers, die nach Nr. 7 tätig geworden sind, können nicht Mitglieder der paritätischen Kommission werden.
27Kommt die paritätische Kommission zu keiner Entscheidung, so haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat mit der Beanstandung zu befassen.
28Kommen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keinem Ergebnis, so entscheidet die Einigungsstelle nach § 24 EMTV.Den Beteiligten (Arbeitgeber, Betriebsrat sowie Beschäftigten) steht im Rahmen des § 76 Abs. 5 BetrVG bzw. entsprechend §§ 101 ff. ArbGG in jedem Fall der Rechtsweg offen.
29Der Abrechnung ist die endgültig festgesetzte Leistungszulage zugrunde zu legen.
30Die Leistung darf wegen Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der Leistungsbeurteilung nicht verweigert werden.
31Es liegt eine Aufgabenbeschreibung für die Tätigkeit der Klägerin vor. Insofern wird auf Bl. 43 f. d. A. verwiesen.
32Die Beklagte führt regelmäßig Leistungsbeurteilungen durch. Die Leistungen der Klägerin beim Merkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ wurden am 12.3.2009 mit 6 Punkten, am 26.2.2010 mit 8 Punkten, am 9.5.2011 mit 8 Punkten und am 3.5.2012 mit 6 Punkten bewertet. In der Bewertung vom 14.3.2013 (Bl. 5 d. A.) erfolgte eine Bewertung mit 6 Punkten und das Kooperations- /Führungsverhalten wurde mit 4 Punkten bewertet.
33Die Leistungsbeurteilung vom 14.3.2013 wurde am 3.6.2013 ausgehändigt. Die Klägerin widersprach mit Schreiben vom 16.6.2013. Insofern wird auf Bl. 6 d. A. verwiesen.
34Bei der Beklagten ist eine paritätische Kommission gebildet, die gem. § 10 Nr. 14 Entgeltrahmentarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (ERA) die Aufgabe hat, etwaige Beanstandungen zu klären. Sie besteht aus je zwei vom Betriebsrat und dem Arbeitgeber benannten Betriebsangehörigen. Unter dem 14.9.2009 schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Zeitentgelt und Leistungszulagen gem. § 10 TV ERA. Insofern wird auf Bl. 30 ff. d. A. verwiesen. Gem. Ziffer 3.6 wurde dort vereinbart, dass für den Arbeitgeber als ständige Mitglieder die Mitarbeiter T, N und als Vertreter der Mitarbeiter C eingesetzt werden.
35Die Paritätische Kommission erhielt eine Stellungnahme des Vorgesetzten der Klägerin, des Zeugen Q vom 31.7.2013. Insofern wird auf Bl. 41 f. d. A. verwiesen. An der Paritätischen Kommission am 14.8.2013 nahmen die Mitarbeiter N und C teil, die weder fachlich noch disziplinarisch der Klägerin gegenüber Vorgesetzte sind.
36Die paritätische Kommission kam am 14.8.2013 zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung hinsichtlich Kooperations-/Führungsverhalten von 4 auf 6 Punkte heraufzusetzen ist (Bl. 34 d. A.). Dem Einspruch im Hinblick auf die Kategorie 1 wurde nicht stattgegeben. Das Ergebnis wurde der Klägerin mit Schreiben vom 5.9.2013 mitgeteilt.
37Die Klägerin beantragt,
38die Beklagte zu verurteilen, die Leistungsbeurteilung der Klägerin vom 14.03.2013 hinsichtlich des Bewertungsmerkmals „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ von 6 Punkten auf 8 Punkte heraufzusetzen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Die Beklagte trägt vor, die Klägerin sei im Rahmen der nach § 10 Nr. 9 BV ERA durchzuführenden Leistungsbewertung korrekterweise mit 6 Punkten bewertet worden. Die Beurteilung des Zeugen Q und der paritätischen Kommission sei rechtmäßig. Gemessen an der dritten Beurteilungsstufe des § 10 Nr. 9 ERA, welche den allgemein erwarteten Anspruch an das Leistungsverhalten stelle, enthalte die höchste Beurteilungsstufe einen Anspruch, der erheblich über dem Normal liege und demzufolge nur von wenigen Beschäftigten erreicht werden könne. Die tarifvertraglich festgelegten Leistungsbeurteilungspunkte unterlägen einer betriebsindividuellen Wertigkeit in der Einschätzung des betriebs- bzw. bereichsspezifischen Leistungsniveaus. Das tarifvertragliche Leistungsbeurteilungspunktesystem sei dynamisch zum Beurteilungszeitpunkt am vorhandenen Gesamtleistungsniveau zu bemessen. Liege dieses Gesamtleistungsniveau besser als in der Vergangenheit, so sei die Durchschnittsleistung auch unter Berücksichtigung dieses dynamischen Faktors festzustellen und damit ausgehend von dieser dynamischen Festsetzung des Normalfaktors eine bessere bzw. auch schlechtere Bepunktung durch die Führungskraft durchzuführen.
42Zu den Aufgaben der Klägerin gehöre es, Kundendienstauftrage zu koordinieren und hierbei Bestand-, Auftragseingangs-, Kreditlimit und Rückwarenlisten zu bearbeiten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Zum Einleiten entsprechender Maßnahmen zähle, das Mahnwesen der Beklagten zu betreuen. Hier habe die Klägerin im Beurteilungszeitraum eine Durchschnittsleistung erbracht, da sie die ihr übertragenen Arbeitsaufgaben sorgfältig, genau und zuverlässig erbracht habe, aber nicht so, dass sie Leistungsanforderungen übertreffen oder in besonderem Umfang übertreffen würde. Dafür sei vorauszusetzen, dass die Klägerin diese Aufgaben selbständig erledigt hätte und dass häufig auftretende Rücksprachen mit dem Vorgesetzten Q nicht erforderlich gewesen wären.
43Die Klägerin habe in dem zuletzt erfolgten Bepunktungszeitraum die Höchstpunktzahl von 8 Punkten nur erhalten, weil der von der Klägerin zuvor eingelegte Einspruch gegen eine schlechtere Bewertung durch die Beklagte nicht zeit- und fristgerecht von der Paritätischen Kommission bearbeitet wurde.
44Die Klägerin erwidert, § 10 TV ERA berechtige den Arbeitgeber nicht, eine überdurchschnittliche Leistung eines Mitarbeiters gleichwohl als durchschnittlich oder unterdurchschnittlich zu bewerten, sofern mehrere oder die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter ebenfalls eine an und für sich überdurchschnittliche Leistung erbringen. Vielmehr seien zunächst die Mitarbeiter zu beurteilen und sodann das Leistungsentgelt zu verteilen. Sollten alle Mitarbeiter eine olympiareife Leistung erbringen, so habe dies in der Leistungsbeurteilung seinen Niederschlag zu finden. Dies führe dann dazu, dass die Mitarbeiter trotz hervorragender Leistung jeweils lediglich eine Leistungszulage von 10 % erhielten, da dann für eine anderslautende Verteilung kein Raum wäre. Der Vorgesetzte der Klägerin habe die Punktzuordnung damit begründet, dass die Klägerin häufiger bei ihm Nachfragen stelle. Dies seien Aspekte der Kategorie 2. Soweit der Vorgesetzte beanstande, dass die Klägerin gelegentlich bei ihm nachfrage, bevor Kunden angemahnt würden, gehöre dies zu den Aufgaben der Klägerin. Dies könne darauf zurückzuführen sein, dass eine technische Reklamation vorliege, die über den Tisch des Vorgesetzten laufe. Nicht verständlich sei der Vorwurf, die Klägerin würde „Unterlagen in unnötiger Weise zusammenstellen“. Es sei sinnvoll, der technischen Abteilung die Unterlagen auch vollständig zur Verfügung zu stellen. Diese Punkte gehörten ohnehin zur Kategorie 2.
45Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
46E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
47Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
48Der Klägerin steht eine Heraufsetzung der Leistungsbeurteilung vom 14.3.2013 bezogen auf das Bewertungsmerkmal „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ von 6 auf 8 Punkte nicht zu. Die Leistungsbeurteilung der Beklagten und die Entscheidung der paritätischen Kommission sind wirksam ergangen.
491.
50Die Klägerin ist am 14.3.2013 im Hinblick auf die hier relevante Kategorie 1 wirksam beurteilt worden. Die Beurteilung erfolgte durch ihren Vorgesetzten, den Zeugen Q. Es wird davon ausgegangen, dass dieser der in Ziff. 3.3 der Betriebsvereinbarung zugeordnete Vorgesetzte ist. Die Beurteilung wurde der Klägerin am 3.6.2013 ausgehändigt. Ob das nach Ziff. 3.4 der Betriebsvereinbarung vom 14.9.2009 vorgesehene Beurteilungsgespräch stattgefunden hat, ist zwar nicht vorgetragen. Die Kammer ist jedoch davon ausgegangen, dass die Unterschriften auf der Beurteilungskarte die Durchführung bestätigen sollten. Der Widerspruch der Klägerin erfolgte innerhalb der in § 10 Ziff. 14 ERA vorgesehenen Frist. Die paritätische Kommission holte eine Stellungnahme des Vorgesetzten ein, die unter dem 31.7.2013 erfolgte. Mit der Entscheidung der paritätischen Kommission am 14.8.2013 war das Beanstandungsverfahren abgeschlossen.
512.
52Das Beurteilungsergebnis hat die Grenzen billigen Ermessens nicht überschritten.
53a)
54Zunächst erfolgt die Ermittlung des Leistungsergebnisses durch Beauftragte des Arbeitgebers gem. § 10 Ziff. 3 ERA-TV. Dabei hat zum einen der ERA-TV dem Arbeitgeber im Hinblick auf die Beurteilungsmerkmale sowie die Bewertungsstufen konkrete Vorgaben gemacht und zum anderen ist gem. § 315 Abs. 1 BGB die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen. Dennoch setzen die Bewertung der Kriterien und die Zuordnung zu den Beurteilungsstufen einen Akt wertender Erkenntnis des Beurteilenden voraus (vgl. dazu LAG Baden-Württemberg Urteil vom 19.6.2013 – 2 Sa 2/13). Sofern seitens des Arbeitgebers eine Leistungsbeurteilung erstellt wurde, kann sie nur dahingehend überprüft werden, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (a. a. O.; LAG Baden-Württemberg Urteil vom 13.8.2013 – 8 Sa 5/13).
55Wird eine Leistungsbeurteilung durch eine paritätische Kommission vorgenommen, ist diese im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob sie im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und ob ihre wertende und beurteilende Entscheidung grob unbillig i. S. d. § 319 BGB ist (BAG Urteil vom 22.1.1997 – 10 AZR 468/96; LAG Baden-Württemberg Urteil vom 13.8.2013 - 8 Sa 5/13 und Urteil vom 19.6.2013 – 2 Sa 2/13).
56Die paritätische Kommission hat nicht gegen Vorschriften über das Beurteilungsverfahren verstoßen. Sie war vorschriftsgemäß besetzt. Der Beurteiler war nicht Mitglied der paritätischen Kommission.
57Die Entscheidung der paritätischen Kommission widerspricht nicht billigem Ermessen oder erweist sich als grob unbillig.
58Es ergeben sich keine Tatsachen, aus denen entnommen werden könnte, dass sich die Kommission von unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen und ihre Entscheidung auf unzutreffende Tatsachen gestützt habe.
59Dies ergibt sich zunächst nicht daraus, dass die Kommission die Stellungnahme des Zeugen Q eingeholt hat. Zwar hat sich der Zeuge Q zur Begründung seiner Beurteilung im Bereich des Merkmals „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ insbesondere darauf berufen, dass die Klägerin vor Klärung aller erforderlichen Fragen und ohne vollständigen Abschluss eigener Aufklärungsmöglichkeiten sich an ihn als Vorgesetzten gewandt habe. Dies könnte mit mangelnder Selbständigkeit überschrieben werden, was zum Merkmal „Arbeitseinsatz“ als Kriterium formuliert wird. Auch das Kopieren von Vorgängen könnte unter dem Aspekt Kostenbewusstsein diesem Kriterium zugeordnet werden. Beide vom Zeugen Q in seiner Stellungnahme benannten Beispiele können jedoch gleichermaßen den der Kategorie „Anwendung der Kenntnisse und Fertigkeiten“ zugeordneten Kriterien „Sorgfalt, Genauigkeit und Zuverlässigkeit“ zugeordnet werden, so dass sich die Kommission unter diesem Aspekt nicht auf unzutreffende Zuordnungen gestützt hat.
60Auch die Tatsache, dass das Leistungsergebnis der Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten im Verhältnis zu den Leistungen der anderen Arbeitnehmer ermittelt wird und deshalb als relativ betrachtet wird, führt nicht zu einer unsachgemäßen Beurteilung.
61Zwar erfolgt die Beurteilung jedes Beschäftigten, der einer Leistungsbeurteilung unterliegt, individuell. Es wird jeweils eine Beurteilungskarte angelegt zur Aufnahme des Ergebnisses der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum. Dabei erfolgt die Bewertung der Beurteilungsmerkmale nach Ziff. 9 des § 10 ERA-TV. Es ist danach nicht vorgesehen, dass die Leistung eines Beschäftigten statisch ist, sondern sie ist aus verschiedenen Gründen, z. B. Alter, Gesundheit etc. veränderlich, was auch dem Sinn eines Leistungsentgelts entspricht, das Anreize schaffen soll.
62Bei der Bewertung nach Ziff. 9 wird dabei auf die Leistungsanforderungen abgestellt. Die für die jeweilige Stelle heranzuziehende Leistungsanforderung ist nicht im Einzelfall formuliert.
63Zwar kann zum einen daran gedacht werden, dass die Stufe c), nämlich die vollumfängliche Erfüllung der Leistungsanforderungen, als feststehendes Kriterium herangezogen wird, so dass dann eine Bewertung jeweils auf- und abstufend erfolgen kann. In diesem Falle wäre die volle Erfüllung statisch und nicht abhängig davon, wie gut der durchschnittliche Beschäftigte ist.
64Es kann zum anderen aber auch daran gedacht werden, dass das Leistungsergebnis eines Beschäftigten im Verhältnis zu den Leistungen der anderen Beschäftigten ermittelt wird und deshalb relativ ist. Dies kann auch dazu führen, dass ein in der Leistung gleich gebliebener Beschäftigter eine Veränderung seines individuellen Leistungsentgelts erleben kann. Dies kann dann der Fall sein, wenn sich der Durchschnitt der individuellen Leistungen der Beschäftigten verändert. Bei einer Verbesserung des Durchschnitts kann dies dazu führen, dass ein Beschäftigter, der leistungsgleich geblieben ist, auf eine andere Stufe gem. § 10 Ziff. 9 ERA-TV zu setzen ist und ggfs. weniger Punkte erhält.
65Für diesen Ansatz könnte sprechen, dass Ziff. 10 des § 10 ERA-TV dem Arbeitgeber das Volumen der Leistungsentgelte vorgibt in der Form, dass die Gesamtsumme der bestimmten Leistungszulagen des Betriebes ca. 10 % der tariflichen Monatsgrundentgeltsumme beträgt. Sofern die ermittelten Leistungszulagen unterhalb von 9 % liegen, so hat eine Korrektur des in Ziff. 10 1. Abs. genannten Faktors zu erfolgen, sofern sie ermittelten Leistungszulagen oberhalb von 11 % liegen, kann der Arbeitgeber – mit den dort benannten Ausnahmen - sie auf 11 % korrigieren. Insofern kann, um ein solches Korrekturerfordernis zu vermeiden, von vornherein über die Bewertung korrigierend eingegriffen werden oder aber zunächst eine individuelle Bewertung erfolgen und anschließend nach Ziff. 10 korrigiert werden. Nach der Aufeinanderfolge der Ziffern 9 und 10 und der in Ziff. 9 gerade nicht aufgenommenen Korrektur spricht mehr für eine individuelle Bewertung mit anschließender Korrektur. Darüber hinaus soll dem Betriebsrat nach erfolgter Beurteilung eine Aufstellung über die ausgewiesenen Leistungszulagen aller Beschäftigten sowie der verwandten Korrekturfaktoren auszuhändigen. Auch dies spricht eher dafür, dass zunächst individuell zu bewerten ist und eine Anpassung über die Korrektur zu erfolgen hat.
66Selbst wenn jedoch die Beklagte hier entgegen der Regelung in Ziff. 10 des § 10 ERA-TV die eine Anpassung der Bewertung bereits im Rahmen der individuellen Bewertung vorgenommen hat, so liegt jedenfalls keine grobe Unbilligkeit der Entscheidung der paritätischen Kommission vor. Denn es ist nach dem Vortrag der Parteien nicht davon auszugehen, dass diese entsprechende Vorgehensweise nicht betriebseinheitlich erfolgt ist, so dass nach einem einheitlichen Bewertungssystem vorgegangen wurde.
67Die Klage war daher abzuweisen.
68Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.
69Der Streitwert wurde gem. §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO festgesetzt.
70Die Berufung wurde gem. § 64 Abs. 2 a) i. V. m. Abs. 3 Ziff. 2 b) ArbGG zugelassen.
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Annotations
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.