Arbeitsgericht Arnsberg Urteil, 07. Sept. 2015 - 2 Ca 336/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L. Dies hat Bedeutung für eine Jubiläumszahlung, die Dauer der Kündigungsfrist und den Zuschuss zum Krankengeld.
3Die Klägerin ist Lehrerin. Sie absolvierte vom 15.12.1995 bis 19.09.1997 ihr Referendariat beim beklagten Land Nordrhein-Westfalen. In dieser Zeit befand sie sich in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf.
4In der Zeit vom 09.03.1998 bis 31.07.1998 arbeitete die Lehrerin als Angestellte Lehrerin beim Land Brandenburg.
5Sodann war sie in der Zeit vom 31.08.1998 bis 30.06.2002 als Angestellte Lehrerin beim Freistaat Thüringen beschäftigt.
6Im unmittelbaren Anschluss hieran war sie als Beamtin auf Probe in der Zeit vom 01.07.2002 bis 31.10.2004 beim Freistaat Thüringen tätig. Hieran schloss sich in der Zeit vom 01.11.2004 bis 31.07.2012 eine Tätigkeit als Beamtin auf Lebenszeit beim Freistaat Thüringen an.
7Auf eigenen Wunsch war die Klägerin sodann in der Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 in Witten in Nordrhein-Westfalen als Lehrerin tätig. Zu dieser Zeit stand die Klägerin aber noch in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Freistaat Thüringen. Es bestand lediglich eine Abordnung nach Witten (vgl. Anlage B3 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 02.06.2015, Blatt 33 der Akte). Da die Klägerin danach weiter in Witten tätig sein wollte, jedoch eine Übernahme in das Beamtenverhältnis in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf das Alter der Klägerin und im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand nicht möglich war, beendete sie das Beamtenverhältnis mit dem Land Thüringen.
8Stattdessen ist sie seit dem 01.08.2013 als Angestellte Lehrerin beim beklagten Land tätig.
9Die Klägerin beantragte, die Anrechnung der Vordienstzeit bei dem Freistaat Thüringen als Beschäftigungszeit gem. § 34 Abs. 3 TV-L.
10Mit Schreiben vom 10.02.2014 lehnte das beklagte Land diesen Antrag ab.
11Das beklagte Land berücksichtigte zunächst allerdings die Zeiten des Referendariats in Nordrhein-Westfalen und die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 als Vordienstzeiten.
12Später berichtigte sich das Land und teilte der Klägerin mit, dass auch diese Zeiten nicht als Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigt werden könnten (vgl. Anlage B4 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 02.06.2015, Blatt 35 der Akte).
13Mit ihrer am 13.04.2015 bei Gericht eingegangenen und später erweiterten Klage begehrt die Klägerin die Anerkennung der Tätigkeitszeiten
14- als Referendarin in Nordrhein-Westfalen,
15- als Angestellte beim Land Brandenburg,
16- als Angestellte beim Land Thüringen und
17- als verbeamtende, nach Witten abgeordnete Lehrerin
18als Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L.
19Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, dass auch die Zeiten, in denen sie sich in einem Beamtenverhältnis in Brandenburg bzw. Thüringen befand, als Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen seien. Insoweit sei auf die Tätigkeit als solche abzustellen. Die Klägerin erklärt, dass die Tätigkeiten praktisch dieselben gewesen seien. Es könne keinen Unterschied machen, ob sie zuvor Angestellte oder verbeamtet gewesen sei.
20Die Klägerin gesteht zu, dass § 34 Abs. 3 TV-L eine ausdrückliche Anrechnungsregelung für Vorbeschäftigungszeiten als Beamter nicht vorsieht. Sie ist aber der Meinung, dass es sich dabei um ein redaktionelles Versehen handele. Die Klägerin verweist darauf, dass der Wechsel eines Beamten in ein Angestelltenverhältnis äußerst ungewöhnlich sei.
21Die Klägerin verweist auch darauf, dass Quereinsteiger im Lehrerberuf teilweise die Möglichkeit hätten, sich Vorbeschäftigungszeiten anerkennen zu lassen. Dementsprechend müsse für sie das gleiche gelten. Die Klägerin verweist auch auf das Urteil des EuGH vom 05.12.2014 – C-514/12 – NZA 2014, 204 bis 207. Die Entscheidung stelle darauf ab, dass einschlägige Berufserfahrungen vollständig zu berücksichtigen seien. Das Urteil sei vollständig übertragbar.
22Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Auslegung des § 34 Abs. 3 TV-L dahingehend, dass Vorbeschäftigungszeiten als Beamter nicht anerkannt werden können gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Artikel 3 Abs. 1 GG) verstoße.
23Auch die zunächst anerkannten Vorbeschäftigungszeiten des Referendariats und der Zeit der Abordnung als thüringische Beamtin nach Nordrhein-Westfalen müssten berücksichtigt werden. Eine einseitige Berichtigung durch das Land sei ausgeschlossen. Die Klägerin argumentiert insoweit, dass sie auf die Anerkennung der Zeiten vertraut habe.
24Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass es sich
25- 26
1. bei den Vordienstzeiten der Klägerin bei dem Freistaat Thüringen vom 09.03.1998 bis 31.07.1998 sowie vom 31.08.1998 bis 30.06.2012 und
- 27
2. bei den Zeiten des Referendariats vom 15.12.1995 bis 14.12.1997 und
- 28
3. bei der Zeit des Beamtenverhältnisses zum Land Thüringen vom 01.08.2012 bis zum 31.07.2013
um Beschäftigungszeiten im Sinne § 34 Abs. 3 TV-L handelt.
30Das beklagte Land beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Das beklagte Land ist der Rechtsauffassung, dass Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis nicht berücksichtigungsfähig seien. § 34 Abs. 3 TV-L spreche ausdrücklich vom Arbeitgeber. Daraus sei ersichtlich, dass nur Anstellungsverhältnisse und nicht Beamtenverhältnisse gemeint seien.
33Das beklagte Land verweist insoweit auch auf § 19 Abs. 3 BAT. Während diese Vorgängerregelung durchaus eine Berücksichtigungsfähigkeit von Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis vorgesehen habe, berücksichtige § 34 Abs. 3 TV-L Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis gerade nicht. Es sei nicht vorstellbar, dass die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des TV-L dies schlicht übersehen hätten. Schließlich habe es sich um schwierige und langjährige Verhandlungen um die Tarifvertragstexte gehandelt, bei denen Satz für Satz und Wort für Wort verhandelt worden sei. Vor diesem Hintergrund sei keine planwidrige Regelungslücke gegeben. Dementsprechend sei eine Analogieziehung unzulässig. Der Wille der Tarifvertragsparteien gehe vielmehr dahin, dass Vorbeschäftigungszeiten bei § 34 Abs. 3 TV-L nicht berücksichtigt werden sollten.
34Insoweit komme es auch nicht darauf an, dass die Klägerin in Nordrhein-Westfalen der gleichen Tätigkeit nachgehe wie zuvor in Thüringen im Beamtenverhältnis. Es komme vielmehr alleine auf den Status an.
35Das beklagte Land hält das EuGH Urteil auf den vorliegenden Sachverhalt für nicht anwendbar, da es lediglich die Situation betreffe, dass das Entgelt von Vorbeschäftigungszeiten abhängig gemacht werde.
36Auch ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da alle Angestellten gleichbehandelt würden. Dass Vorbeschäftigungszeiten von Beamten nicht berücksichtigt würden, resultiere aus dem Statusunterschied. Ungleiches dürfe ungleich behandelt werden.
37Das beklagte Land ist ferner der Auffassung, dass auch die vor dem Zeitraum der Verbeamtung liegenden Zeiten der Angestelltentätigkeit nicht berücksichtigt werden dürften. Grund hierfür sei, dass durch das Beamtenverhältnis eine Unterbrechung zwischen den Arbeitsverhältnissen beim Land Brandenburg und dem Freistaat Thüringen einerseits und dem Arbeitsverhältnis beim Land Nordrhein-Westfalen andererseits gegeben sei. Damit liege kein Wechsel vor, weil es an der zeitlichen Unmittelbarkeit fehle.
38Das beklagte Land wendet sich auch gegen den Vorwurf der Klägerin, sich treuwidrig verhalten zu haben. Es sei lediglich ein Fehler korrigiert worden, als er bemerkt worden sei. Die Erklärung hinsichtlich der Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L sei eine reine Wissenserklärung, die jederzeit berichtigt werden dürfe.
39Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen und den weiteren Akteninhalt verwiesen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41Die zulässige Klage ist unbegründet.
42I.
43Da die Klägerin in einem Angestelltenverhältnis und nicht in einem Beamtenverhältnis zum beklagten Land steht, streiten die Parteien vorliegend um ein Rechtsverhältnis aus einem Arbeitsverhältnis. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist daher gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG eröffnet. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Arnsberg resultiert bereits aus dem Sitz der personalaktenführenden Bezirksregierung Arnsberg in Arnsberg.
44Da die Parteien unterschiedlicher Auffassung darüber sind, welche Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen sind, streiten die Parteien über ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Dies folgt daraus, dass die Beschäftigungszeit im Sinne von § 34 Abs. 3 TV-L sowohl für die Jubiläumsgeldzahlung, als auch für die Dauer des Krankengeldzuschusses und die Kündigungsfrist von Bedeutung sind. Daher ist ein Feststellungsinteresse gegeben (BAG, Urteil vom 25.10.2001 – 6 AZR 551/00 – NZA 2002, 523).
45II.
46Die Klage ist vollumfänglich unbegründet.
471.
48Die Klage ist zunächst hinsichtlich der begehrten Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis unbegründet.
49a)
50Gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 TV-L ist auf die Zeiten abzustellen, die bei demselben Arbeitgeber oder bei einem anderen Arbeitgeber geleistet wurden. § 34 spricht insoweit ausdrücklich vom Arbeitgeber und nicht von der Dienststelle, dem Dienstherren oder Ähnlichem. Rein terminologisch ist aber mit dem Begriff des Arbeitgebers stets der privatrechtliche Arbeitgeber und nicht der beamtenrechtliche Dienstherr gemeint. Vor dem Hintergrund, dass der TV-L von juristisch geschulten Verfassern geschaffen wurde, ist der Wortlaut der Regelung bereits ein starkes Argument dafür, dass Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis nicht berücksichtigt werden können.
51b)
52Weiter weist das Land zu Recht darauf hin, dass der TV-L den BAT abgelöst hat. Den Tarifvertragsparteien, die den TV-L geschaffen haben, standen somit die Regelungen des BAT im Einzelnen vor Augen. Bei den Regelungen des BAT handelte es sich quasi um den Status Quo, von dem aus Veränderungen in die eine oder andere Richtung gedacht wurden.
53Vor diesem Hintergrund kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien schlicht übersehen haben, dass es gelegentlich auch vorkommen kann, dass Beamten in ein Angestelltenverhältnis wechseln. Da § 19 Abs. 3 BAT ausdrücklich die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten für ehemalige Beamte vorsieht, müssen die Tarifvertragsparteien an diese Möglichkeit gedacht haben. Dass gleichwohl § 34 Abs. 3 TV-L keine Regelung für Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis vorsieht, bedeutet, dass sich die Tarifvertragsparteien bewusst dagegen entschieden haben, Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis bei der Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen.
54c)
55Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet auch der in Artikel 3 Abs. 1 GG niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz keine andere Auslegung des § 34 Abs. 3 TV-L. Es liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, wenn Beamte und Angestellte trotz gleicher Tätigkeit anders behandelt werden. Dies folgt daraus, dass sowohl Beamtenverhältnisse als auch Angestelltenverhältnisse nebeneinander existieren können und unterschiedliche Ausprägungen erfahren können. Sowohl das Angestelltenverhältnis als auch das Beamtenverhältnis haben jeweils Vor- und Nachteile. So darf etwa einerseits der Angestellte streiken und jederzeit kündigen, während andererseits der Beamte im Falle von Krankheit oder Invalidität einen höheren Schutz als der Angestellte genießt. Angestellten- und Beamtenverhältnisse sind dementsprechend so unterschiedlich ausgestaltet, dass die Details der Ausgestaltung nicht unmittelbar miteinander vergleichbar sind. Aus diesem Grund ist eine Vielzahl von Regelungen trotz des Gleichheitsgebotes gerechtfertigt, die regeln, dass Angestellte und Beamte unterschiedlich behandelt werden.
56Deshalb darf auch § 34 Abs. 3 TV-L zwischen Vorbeschäftigungszeiten im Angestelltenverhältnis und Beamtenverhältnis unterscheiden. Wenn die Tarifvertragsparteien die Einschätzung haben, dass vormals beschäftigte Beamte im Hinblick auf die Vorteile, die sie als Beamte genossen haben oder im Hinblick auf ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nicht so gut gestellt werden sollten, wie vormals beschäftigte Angestellte im Öffentlichen Dienst, ist dies eine vertretbare Auffassung, die genauso wenig gegen das Gleichheitsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt, wie die vielen anderen Regelungen in Deutschland, welche die Anstellungsverhältnisse von Angestellten anders ausgestalten als die Rechtslage der Beamten.
57Ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 GG liegt dementsprechend nicht vor. Das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes gebietet keine Auslegung des § 34 Abs. 3 TV-L dahingehend, dass auch die Vorbeschäftigungszeiten von Beamten berücksichtigt werden müssten.
58Auch gegen die Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten bei Quereinsteigern ist nichts einzuwenden. Auch daraus folgt nicht, dass auch vorbeschäftigte Beamte anerkannt werden müssten. Quereinsteiger dürften in der Regel über keine Vorbeschäftigungszeiten als Beamter verfügen, so dass auf die oben genannten Überlegungen Bezug genommen werden kann.
59d)
60Auch aus europarechtlichen Vorgaben ergibt sich nicht die Notwendigkeit, § 34 Abs. 3 TV-L anders auszulegen.
61Zwar hat der EuGH in der oben genannten Entscheidung erkannt, dass das österreichische Bundesland Salzburg gegen Bestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen hat, indem es Vorbeschäftigungszeiten des Landes Salzburg stärker gewichtet hat, als Vorbeschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern oder Dienstherren. Ein Verstoß gegen die Regelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit lag aber lediglich vor, weil EU-Ausländer, also Bewerber aus anderen EU-Staaten als Österreich durch die Regelung diskriminiert werden könnten. Denn diese Bewerber verfügen typischerweise über keine Vorbeschäftigungszeiten beim Land Salzburg (Urteil des EuGH vom 05.12.2013 – C 514/12 – NZA 2014, 204 bis 207, dort Rd-Nr. 28 ff.). Nur deshalb ist ein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben, so dass der EuGH zu dem Schluss kommt, dass die Regelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Union verletzt seien.
62Der vorliegende Fall ist völlig anders gelagert. Da nur deutsche Staatsbürger verbeamtet werden können, ist ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer aus anderen EU-Staaten als Deutschland dadurch benachteiligt werden, dass Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis durch § 34 Abs. 3 TV-L nicht anerkannt werden. Aus europarechtlicher Perspektive könnte allenfalls eine Benachteiligung von Inländern vorliegen, welche europarechtlich jedoch völlig unbedenklich ist (EuGH, Urteil vom 27.10.1982 – C 35/82 – bei Juris).
63Eine nach in der deutschen Recht gegebenenfalls im Hinblick auf Artikel 3 Abs. 1 GG unzulässige Inländerdiskriminierung liegt jedoch ebenfalls nicht vor (siehe Ausführungen oben zum Gleichheitsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG).
64e)
65Daraus folgt, dass Vorbeschäftigungszeiten im Beamtenverhältnis bei § 34 Abs. 3 TV-L nicht zu berücksichtigen sind (so auch Eylert in Bepler/Böde/Mehrkamp/Russ, TV-L, Stand März 2015, § 34 Rd.-Nr. 65 TV-L Spona/Einherr, TVöD Gesamtausgabe, 145. Update 07/15, bei Juris, § 34 Rd.-Nr. 146 TVöD).
66Dementsprechend können die Vorbeschäftigungen der Klägerin als Referendarin beim Land Nordrhein-Westfalen und die Tätigkeit als Beamtin beim Land Thüringen, einschließlich der Zeit der Abordnung nach Witten in Nordrhein-Westfalen nicht hinsichtlich der Beschäftigungszeit im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L berücksichtigt werden, denn in diesem Zeitraum war die Klägerin Beamtin auf Widerruf, Beamtin auf Probe oder Beamtin auf Lebenszeit.
672.
68Auch die Zeiten, in denen die Klägerin als Angestellte für das Land Brandenburg und als Angestellte für das Land Thüringen tätig war, können nicht bei den Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigt werden.
69§ 34 Abs. 3., Satz 3 TV-L regelt, das Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern nur anerkannt werden können, wenn diese zwischen den Arbeitgebern wechseln. Ein Wechseln im Sinne dieser Vorschrift ist nur gegeben, wenn der Übergang vom bisherigen Arbeitgeber zum neuen Arbeitgeber ohne Unterbrechung erfolgt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.03.2010 – 11 Sa 571/09 – bei Juris; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TV-L, § 34 Rd-Nr. 701 TV-L). Alles andere widerspräche dem Wortlaut wechseln.
70Da zwischen den Anstellungsverhältnissen der Klägerin zu den Ländern Brandenburg und Thüringen jedoch das mehrjährige Beamtenverhältnis zum Land Thüringen steht, kann von einem Wechsel vom Land Thüringen zum beklagten Land Nordrhein-Westfalen nicht die Rede sein. Entsprechend kommt eine Anrechnung nicht in Frage.
713.
72Schließlich ist das beklagte Land auch nicht daran gehindert gewesen, die ursprüngliche Mitteilung, dass die Zeiten des Referendariats und der Abordnung nach Witten als Vorbeschäftigungszeiten berücksichtigt würden, zu korrigieren.
73Bei der Mitteilung der Vorbeschäftigungszeiten handelt es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche oder sonstige verbindliche Erklärung, sondern vielmehr um eine reine Wissenserklärung (siehe oben Urteil zum Feststellungsinteresse, einfügen BAG, Urteil vom 14.10.2004 – 6 AZR 501/03 – bei Juris, Rd.-Nr. 35 bis 37; BAG, Urteil vom 25.10.2001 – 6 AZR 551/00 – NZA 2002, 523).
74Da dementsprechend keine rechtsgeschäftliche Erklärung vorliegt, die nur unter bestimmten Voraussetzungen anfechtbar wäre, darf der Arbeitgeber die erfolgte Mitteilung jederzeit berichtigen. Etwas anders kann allenfalls gelten, wenn auf Seiten des Arbeitnehmers tatsächlich ein schützenwertes Vertrauen entstanden ist. Dazu wäre es jedoch erforderlich, dass Umstände hinzutreten, die eine besondere Rücksichtnahme auf den Arbeitnehmer rechtfertigen. Nur in diesem Fall könnte unter Umständen das Vertrauen des Arbeitnehmers schwerer wiegen als das legitime Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis tarifgemäß zu administrieren.
75Vorliegend sind solche besonderen Umstände nicht ersichtlich. Dementsprechend folgt aus der zunächst fehlerhaften Mitteilung des beklagten Landes hinsichtlich der zu berücksichtigten Vorbeschäftigungszeiten nicht, dass diese zu berücksichtigen wären, obwohl dies bei objektiver Rechtslage nicht der Fall ist.
764.
77Somit hat die Klägerin keinerlei Ansprüche auf Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten im Sinne des § 34 Abs. 3 TV-L.
78III.
79Da die Klägerin im Rechtsstreit unterliegt, hat sie gem. § 91 Abs. 1, Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Streitwert ergibt sich aus § 23 Abs. 3, Satz 2 RVG (Auffangsstreitwert).
moreResultsText
Annotations
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.