Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung Nr. 1 im Haus … …München, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und Diele zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

2. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2019 gewährt.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 8.195,40 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Räumung und Herausgabe einer Wohnung in der^^ …Bin^ …München, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und Diele, die die Beklagte mit Mietvertrag vom 30.03.1990 mit Mietbeginn zum 01.05.1990 zunächst befristet bis zum 31.04.1995 vom ursprünglichen Eigentümer angemietet hatte. Mit Mietvertrag vom 15.03.1995 mietete die Beklagte die zuvor genannte Wohnung dann unbefristet an.

Die monatliche Nettokaltmiete betrug zuletzt 682,95 Euro.

Die Beklagte ist fast 80 Jahre alt und Sozialhilfeempfängerin.

Sie ist in ihrem Viertel gut vernetzt und erhält auch Hilfe von Nachbarn.

Die streitgegenständliche Wohnung wurde im Jahr 2005 zunächst an die Eltern des Klägers veräußert.

Mit notariellem Vertrag vom 01.06.2011 überließen die Eltern des Klägers, …und … …dem Kläger die Wohnung und behielten sich selbst ein Nießbrauchsrecht, befristet auf den 01.01.2016, vor.

Am 07.06.2011 erfolgte die Eintragung des Klägers als Eigentümer sowie des befristeten Nießbrauchsrechts der Eltern des Klägers im Grundbuch. Der Nießbrauch ist mittlerweile erloschen.

Derzeit wohnt und arbeitet der Kläger in A.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2016 (Anlage zum Schriftsatz vom 02.10.2017) samt entsprechender Vollmacht kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit der Beklagten zum 30.09.2017 und begründete dies mit Eigenbedarf. Gleichzeitig widersprach er der Fortsetzung des Mietverhältnisses und wies die Beklagte auf die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Kündigung in schriftlicher Form und spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses hin.

Das Schreiben wurde der Beklagten mittels Gerichtsvollzieher am 27.12.2016 zugestellt.

Am 31.07.2017 ging bei der Kanzlei^ …ein Fax der Beklagten ein, in welchem sie den Widerspruch gegen die Kündigung erklärte.

Das von der Beklagten unterschriebene Originaldokument des Widerspruchs gab die Beklagte am 31.07.2017 postalisch per Einschreiben auf.

Die Beklagte erklärte ihre Härtegründe mit Schreiben vom 27.09.2017 (Anlage B 2).

Mit Schriftsatz vom 14.12.2017 kündigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Mietverhältnis erneut ordentlich und begründete dies mit dem Ende des Nießbrauchsrechts der Eltern des Klägers.

Mit Schriftsatz vom 02.01.2018 widersprach der Kläger etwaigen Widerspruchsrechten der Beklagten und begründete dies damit, dass sie ein solches Widerspruchsrecht nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erklärt habe.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2018 kündigte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten das Mietverhältnis außerordentlich fristlos mit der Begründung, das Bestreiten des Eigenbedarfs durch die Beklagte sei treuwidrig, und hilfsweise ordentlich wegen Eigenbedarfs.

In den Jahren 2013 und 2014 hatte der Kläger ebenfalls Eigenbedarfskündigungen ausgesprochen, die er dann jedoch nicht gerichtlich weiterverfolgte.

Der Kläger tritt am 01.10.2018 eine neue Arbeitsstelle in München an.

Der Kläger behauptet, er wolle die streitgegenständliche Wohnung selbst beziehen und seinen Lebensmittelpunkt nach München verlegen und dort einen eigenen Hausstand gründen. Seine bisherige Unterbringung sei unzureichend.

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung vom 14.12.2017 sei wegen § 1056 BGB ohne Kündigungsgrund wirksam.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe eine freie, der streitgegenständlichen Wohnung gleichgeschnittene Wohnung, für deren Anmietung durch die Beklagte sich der Vater des Klägers anlässlich der damaligen Eigenbedarfskündigung im Jahr 2014 eingesetzt hatte, grundlos im Jahr 2014 nicht angemietet.

Der Kläger ist der Auffassung, das Bestreiten des Eigenbedarfs durch die Beklagte sei treuwidrig und stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die zur außerordentlichen Kündigung berechtige.

Der Kläger beantragt,

kie Beklagte zu verurteilen, kie Wohnung Nr. 1 im Haus … … München bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bak unk Diele zu räumen unk an ken Kläger herauszugeben,

hilfsweise kie Beklagte zu verurteilen, kie Wohnung Nr. 1 im Haus … … in …München bestehenk aus zwei Zimmern, Küche, Bak unk Diele zum 31.1.2019 zu räumen unk an ken Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, vorsorglich die Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist und vorsorglich Vollstreckungsschutz.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Widerspruch per Fax am 31.07.2017 unter gleichzeitiger postalischer Aufgabe der unterschriebenen Originalurkunde form- und fristgerecht erklärt worden sei.

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Kündigungserklärung vom 20.12.2016 mangels Angaben bezüglich der derzeitigen Wohnsituation des Klägers sowie mangels näherer Angaben zur Arbeitsstelle und Verkehrsanbindung formell unwirksam sei.

Die Beklagte behauptet, schwerbehindert zu sein, unter anderem an Gleichgewichtsstörungen, Depressionen und Blackouts zu leiden und räumungsunfähig zu sein. Angemessener, bezahlbarer Ersatzwohnraum sei nicht zu finden.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 02.03.2018 (Bl. 46/47 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen …und …Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2018 (Bl. 62/68 d.A.) Bezug genommen.

Zur Vervollständigung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 23.01.2018 sowie vom 03.05.2018 Bezug genommen.

Gründe

Das Amtsgericht ist sachlich und örtlich zuständig gem. §§ 23 Nr. 2 a GVG, 29a ZPO. I.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietsache aus § 546 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu, da der Mietvertrag durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 20.12.2016 wirksam zum 30.09.2017 beendet worden ist gem. § 573 I, II Nr. 2 BGB.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert, denn er ist am 01.01.2016 gem. § 1056 Abs. 1 BGB analog i.V.m § 566 Abs. 1 BGB anstelle seiner Eltern als Vermieter in den Mietvertrag mit der Beklagten eingetreten, da das zugunsten der Eltern des Klägers am Wohnungseigentum bestehende, befristete Nießbrauchsrecht durch Eintritt der auflösenden Bedingung gem. §§ 163, 158 Abs. 2 BGB zum 01.01.2016 erloschen ist.

Da der Mietvertrag nicht erst von den Nießbrauchern, sondern von den ursprünglichen Eigentümern, die dann Nießbraucher wurden, abgeschlossen wurde, ist § 1056 Abs. 1 BGB über seinen Wortlaut hinaus aufgrund vergleichbarer Interessenlage analog anzuwenden. Sinn und Zweck des § 1056 Abs. 1 BGB ist es, den Mieter eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks vor dem Verlust des Rechts zum Besitz gegenüber dem Eigentümer zu schützen, welcher durch die Beendigung des Nießbrauchs drohen würde (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1056 Rn. 1). Das Risiko des Verlusts des Rechts zum Besitzes gegenüber dem Eigentümer und damit eine vergleichbare Interessenlage besteht aufgrund des Erlöschens des Nießbrauchs auch dann, wenn der Mietvertrag nicht erst nach Bestellung des Nießbrauchs von dem Nießbraucher geschlossen wird, sondern auch dann, wenn der Nießbraucher, wie in vorliegender Konstellation, in das Mietverhältnis aufgrund des vorherigen Erwerbs des Eigentums an der Wohnung zunächst kraft Gesetzes gem. § 566 Abs. 1 BGB als Vermieter eingetreten ist und auch nach der späteren Überlassung des Eigentums an einen Dritten unter Nießbrauchvorbehalt zu eigenen Gunsten die Vermieterposition weiter bekleidet hat (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.20.2008 - I-24U84/08, ZMR 2009, 844 ff.). Auch in diesem Fall droht dem Mieter der Verlust des Rechts zum Besitz für den Fall des Erlöschens des Nießbrauchs gegenüber dem (neuen) Eigentümer, was zur Vergleichbarkeit der Interessenlage führt.

Der Mietvertrag geht über die Dauer des Nießbrauchs hinaus, da ursprünglich ein unbefristeter Mietvertag geschlossen wurde und als solcher zwischen den Eltern des Klägers zunächst gem. § 566 Abs. 1 BGB aufgrund des Eigentumserwerbs und später als Nießbraucher und der Beklagten als unbefristeter Mietvertrag weiter fortbestand.

2. Das Mietverhältnis wurde durch die ordentliche Kündigung mit anwaltlichem Schreiben vom 20.12.2016 wirksam zum 30.09.2017 beendet.

a. Das Schreiben vom 20.12.2016 stellt eine formell wirksame Kündigungserklärung dar. Die Kündigung ist in formeller Hinsicht wirksam, da das Schriftformerfordernis des § 568 BGB i.V.m. § 126 BGB gewahrt wurde, das Kündigungsschreiben durch Zustellung mittels Gerichtsvollzieher der Beklagten am 27.12.2016 zugegangen ist und der Kläger die Kündigung ausreichend schriftlich begründet hat i.S.v. § 573 Abs. 3 S. 1 BGB.

Die Kündigung ist gem. § 573 III S. 1 BGB ausreichend begründet und formell wirksam, denn aus dem Schreiben ergibt sich, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt nach München verlegen und dazu in die Wohnung der Beklagten ziehen möchte.

Eine Eigenbedarfskündigung ist ausreichend begründet, wenn sich aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Vermieter die Räume selbst bewohnen will und dass hierfür vernünftige Gründe vorliegen.

Weitere Angaben im Hinblick auf das gekündigte Mietverhältnis sind nicht erforderlich, denn es genügt, wenn der Vermieter den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann („Kerntatsachen“) (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 573 Rn. 218). Dies entspricht auch der aktuellen Rechtsprechung des BGH, wonach die formelle Wirksamkeit der Kündigung bejaht wird, wenn das Kündigungsschreiben die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, enthält (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2017 - VIII ZR 270/05).

Für die formelle Wirksamkeit der Kündigung reicht es aus, dass der Kläger mitteilt, seinen Lebensmittelpunkt nach München verlagern zu wollen und dazu in die verkehrsgünstig gelegene streitgegenständliche Wohnung ziehen zu wollen, von der aus die Arbeitsstelle in Augsburg per Bahn gut erreichbar ist.

b. Die Kündigungsfrist endet gem. § 573c Abs. 1 BGB zum 30.09.2017, nachdem die Kündigung der Beklagten am 27.12.2016 zugegangen ist und sich aufgrund des seit 1995 bestehenden Mietverhältnisses die Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 S. 1 BGB zum Ablauf des übernächsten Monats gem. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB um 6 Monate verlängert hatte.

c. Es besteht ein die ordentliche Kündigung rechtfertigender Kündigungsgrund gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BGB:

Der Kläger möchte selbst in die streitgegenständliche Wohnung einziehen und gehört damit zum von § 573 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BGB privilegierten Personenkreis.

Das Gericht ist nach der Vernehmung der Zeugen …davon überzeugt ist, dass der Nutzungswille und das Nutzungsinteresse des Klägers vorliegen:

Der Kläger möchte seinen Lebensmittelpunkt nach München verlagern und hierfür gibt es vernünftige, nachvollziehbare Gründe.

Der Nutzungswille setzt voraus, dass der Vermieter die ernsthafte Absicht hat, die Räume selbst als Wohnung zu nutzen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 573 Rn. 60). Das für den Kündigungstatbestand des § 573 II Nr. 2 BGB erforderliche Nutzungsinteresse besteht, wenn der Vermieter vernünftige, nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums für sich hat (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 573 Rn. 92). Die Zeugen haben übereinstimmend und nachvollziehbar geschildert, dass der Kläger in die streitgegenständliche Wohnung einziehen möchte.

Auch wenn die Zeugen als Eltern des Klägers im Lager des Klägers stehen, hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass die Zeugen den Sachverhalt unvoreingenommen und sachlich geschildert haben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln.

Beide Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass der Kläger bereits seit seinem Erststudium in München und auch noch nach seinem Zweitstudium in Aachen das Ziel verfolgte, in München seinen Lebensmittelpunkt zu begründen und zwar in privater und langfristig auch in beruflicher Hinsicht und dazu auch ein Pendeln zwischen München und Augsburg in Kauf nehmen würde.

Die Zeugen haben bestätigt, dass der Kläger in München Verwandte und Freunde hat und dass der Einzug in die Wohnung in Augsburg lediglich eine Interimslösung darstellte, nachdem die Wohnung in München noch nicht frei war, als der Kläger die Arbeitsstelle in Augsburg antrat. Es ist für das Gericht nachvollziehbar und vernünftig, dass der Kläger aufgrund seiner Verbindung zur Stadt München, die sich durch sein Erststudium in München und durch seine hier lebenden Freunde sowie seinen hier mit seiner Familie lebenden Bruder ergeben hat, seinen Lebensmittelpunkt nach München verlagern möchte.

Die streitgegenständliche Wohnung ist für den Kläger verkehrsgünstig in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs gelegen und seine derzeitige Arbeitsstelle in Augsburg ist dadurch relativ einfach zu erreichen. Die Pendelei entfällt, sobald der Kläger seine Arbeitsstelle in München antritt. Im übrigen ist die Entscheidung des Klägers über seine weitere Lebensplanung, also z.B. auch die Entscheidung, ob er zukünftig zur Arbeit pendelt oder nicht, im Hinblick auf die grundgesetzliche Gewährleistung des Eigentums gem. Art. 14 GG zu respektieren und nicht durch fremde Vorstellungen zu ersetzen (vgl. BVerfG WuM 1989, 114; WuM 2002, 21, 22). Auch nach dem Urteil des BGH vom 10.05.2017 (BGHVIII ZR 292/15) folgt nach Auffassung des Gerichts, dass ein ernsthafter Nutzungsentschluss, der auf nachvollziehbaren und vernünftigen Gründen beruht - wie hierfür ein vorrangiges Erlangungsinteresse des Vermieters ausreicht (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 44) und eine Abwägung mit den generellen Bestandsinteressen des Mieters in diesem Fall nicht erfolgen muss.

d. Die Beklagte kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht gem. § 574 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen, da der Widerspruch nicht form- und fristgerecht erklärt wurde und der Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses abgelehnt hat, §§ 574b Abs. 1 und Abs. 2 BGB.

Da das Mietverhältnis zum 30.9.2017 endete, konnte ein formwirksamer und die Frist des § 574b Abs. 2 S. 1 BGB wahrender Widerspruch nur bis 31.7.2017 beim Kläger zugehen.

aa) Der Widerspruch der Beklagten vom 31.7.2017, zugegangen per Telefax am selben Tag, ist formnichtig gem. §§ 574b Abs. 1 S. 1, 126, 125 S. 1 BGB.

Gem. § 126 Abs. 1 BGB ist die Schriftform dann gewahrt, wenn die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet ist. Ist für eine empfangsbedürftige Erklärung Schriftform angeordnet, wird diese erst wirksam, wenn sie dem Empfänger in Schriftform zugeht (Staudinger/Herrler, BGB, Neubearb. 2017, § 126 Rn. 159). Der Widerspruch der Beklagten erfolge am 31.7.2017 mittels Telefax. Ein Telefax stellt jedoch nur eine Kopie der Urkunde dar und nicht das das Schriftformerfordernis erfüllende Original. Die verfahrensrechtlichen Grundsätze für die Übermittlung von fristwahrenden Vorab-Telefaxen trotz prozessrechtlich angeordneter Schriftform sind auf die materiellrechtlichen Schriftformerfordernisse nicht übertragbar (vgl. Staudinger/Herrler, BGB, Neubearb. 2017, § 126 Rn. 162 ff.; Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 126 Rn. 12).

Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Gerichts auch nicht aus der vom Beklagtenvertreter zitierten Rechtsprechung des BGH vom 28.01.1993 (IX ZR 259/91), in der entschieden wurde, dass eine Bürgschaftserklärung durch Telefax nicht der Schriftform des § 766 I BGB genügt.

bb) Das am 31.7.2017 postalisch aufgegebene Original ist nicht als fristwahrend i.S.v. § 574b Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen, denn die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat hinsichtlich des Zugangs des per Einschreiben aufgegebenen Originals beim Kläger nicht vorgetragen, dass das Original ebenfalls am 31.07.2017 zugegangen ist.

Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nicht davon auszugehen, dass ein am 31.07.2017 zur Post gebrachtes Schriftstück den Empfänger am selben Tag erreicht.

cc) Nachdem der Kläger bereits im Kündigungsschreiben vom 20.12.2016 auf die Möglichkeit des Widerspruchs gem. §§ 574 ff. BGB und die einzuhaltende Form und Frist hingewiesen hat, kommt eine Verlängerung der Widerspruchsfrist gem. § 574b Abs. 2 S. 2 BGB nicht in Betracht.

dd) Der Kläger hat die Einrede des § 574b Abs. 2 S.1 BGB jedenfalls durch anwaltlichen Schriftsatz vom 02.01.2018 erhoben und seine Ablehnung der Fortsetzung des Mietverhältnisses erklärt, indem er etwaigen Widerspruchsrechten der Beklagten widersprochen hat.

e. Das Mietverhältnis wurde nicht stillschweigend verlängert i.S.v. § 545 BGB, indem die Mieterin nach dem 30.09.2017 weiter in der Wohnung verblieben ist und damit den Gebrauch der Mietsache weiter fortgesetzt hat, da der Beklagte bereits im Kündigungsschreiben vom 20.12.2016 einer stillschweigenden Verlängerung widersprochen hat.

II.

Auf die Wirksamkeit der Kündigung vom 14.12.2017 sowie der außerordentlichen Kündigung vom 20.03.2018 sowie die weitere ordentliche Kündigung vom 20.03.2018 kam es nicht mehr an.

III.

Der Beklagten ist eine Räumungsfrist gem. § 721 ZPO bis zum 31.01.2019 zu gewähren. Nach Abwägung der Interessen des Klägers und der Beklagten ist das Gericht der Auffassung, dass der Beklagten eine Räumungsfrist von in etwa 6 Monaten gewährt werden kann. Bei der Abwägung ist auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits knapp 80 Jahre alt ist, fast 30 Jahre in der streitgegenständlichen Wohnung wohnt, in der Umgebung fest verwurzelt ist und als ältere, nicht gesunde Sozialhilfeempfängerin erhebliche Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche hat. Unerheblich ist aus Sicht des Gerichts, dass und aus welchen Gründen die Beklagte im Jahr 2014 die Gelegenheit zur Anmietung einer anderen Wohnung im Anwesen nicht genutzt hat, denn streitgegenständlich ist nunmehr eine Kündigung aus dem Jahr 2016 und jedenfalls nach Ausspruch dieser Kündigung war der Beklagten nicht die Möglichkeit der Anmietung einer anderen Wohnung im Anwesen durch den Kläger oder dessen Vater vermittelt worden. Bei der Abwägung der Interessen kann das Verhalten der Beklagten im Rahmen von - gerichtlich nicht weiterverfolgten - Eigenbedarfskündigungen vor 2016 keine Auswirkung haben, denn entscheidend ist die jetzige Situation der Beklagten.

Im Hinblick auf den Kläger ist zu berücksichtigen, dass dieser bislang eine 2-Zimmer-Wohnung in Augsburg bewohnt und er auch bei Gewährung einer Räumungsfrist nicht ohne Bleibe sein wird. Aufgrund der guten Anbindung zwischen Augsburg und München ist es für den Kläger, der im übrin dem Pendeln aufgeschlossen gegenübersteht, auch nicht unzumutbar, für einen bestimmten Zeitraum zwischen der ab 01.10.2018 bestehenden Arbeitsstelle in München und der bisherigen Wohnung in Augsburg zu pendeln.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO. Dem Antrag der Beklagtenpartei auf Vollstreckungsschutz nach § 712 I ZPO war mangels Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils nicht stattzugeben. Der Streitwert wurde gem. § 41 I, II GKG festgesetzt.

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Amtsgericht München Endurteil, 26. Juli 2018 - 433 C 19586/17 zitiert 19 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 126 Schriftform


(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters


(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des

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(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. (2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 566 Kauf bricht nicht Miete


(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte un

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(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 574 Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung


(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 721 Räumungsfrist


(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 573c Fristen der ordentlichen Kündigung


(1) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei M

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 568 Form und Inhalt der Kündigung


(1) Die Kündigung des Mietverhältnisses bedarf der schriftlichen Form. (2) Der Vermieter soll den Mieter auf die Möglichkeit, die Form und die Frist des Widerspruchs nach den §§ 574 bis 574b rechtzeitig hinweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 545 Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses


Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1056 Miet- und Pachtverhältnisse bei Beendigung des Nießbrauchs


(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 163 Zeitbestimmung


Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden, so finden im ersteren Falle die für die aufschiebende, im letzteren Falle die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§ 15

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 574b Form und Frist des Widerspruchs


(1) Der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen. (2) Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältn

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15

bei uns veröffentlicht am 10.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 292/15 Verkündet am: 10. Mai 2017 Vorusso, Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a, 566b Abs. 1 und der §§ 566c bis 566e, 567b entsprechende Anwendung.

(2) Der Eigentümer ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.

(3) Der Mieter oder der Pächter ist berechtigt, den Eigentümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er von dem Kündigungsrecht Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablauf der Frist erfolgen.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a, 566b Abs. 1 und der §§ 566c bis 566e, 567b entsprechende Anwendung.

(2) Der Eigentümer ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.

(3) Der Mieter oder der Pächter ist berechtigt, den Eigentümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er von dem Kündigungsrecht Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablauf der Frist erfolgen.

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.

Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden, so finden im ersteren Falle die für die aufschiebende, im letzteren Falle die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§ 158, 160, 161 entsprechende Anwendung.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung von vermietetem Wohnraum geltenden Vorschriften der §§ 566, 566a, 566b Abs. 1 und der §§ 566c bis 566e, 567b entsprechende Anwendung.

(2) Der Eigentümer ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.

(3) Der Mieter oder der Pächter ist berechtigt, den Eigentümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er von dem Kündigungsrecht Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablauf der Frist erfolgen.

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

(2) Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergang des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis zum ersten Termin kündigt, zu dem die Kündigung zulässig ist.

(1) Die Kündigung des Mietverhältnisses bedarf der schriftlichen Form.

(2) Der Vermieter soll den Mieter auf die Möglichkeit, die Form und die Frist des Widerspruchs nach den §§ 574 bis 574b rechtzeitig hinweisen.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.

(2) Bei Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet worden ist, kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden.

(3) Bei Wohnraum nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 ist die Kündigung spätestens am 15. eines Monats zum Ablauf dieses Monats zulässig.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 oder 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 292/15 Verkündet am:
10. Mai 2017
Vorusso,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Aus dem Umstand, dass der generalklauselartige Kündigungstatbestand des
§ 573 Abs. 1 Satz 1 BGB den in Absatz 2 dieser Vorschrift beispielhaft genannten
Kündigungsgründen gleichgewichtig ist, folgt nicht, dass bestimmte - in Absatz 2
nicht aufgezählte - Fallgruppen eines Vermieterbedarfs von vornherein ein berechtigtes
Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses begründeten (im Anschluss
an Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, Rn. 24, zur Veröffentlichung
in BGHZ bestimmt).

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, erfordert vielmehr
eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eine umfassende Abwägung
der gegenseitigen Belange (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März
2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 35). Auch ein von einem Vermieter verfolgtes gemeinnütziges
, vornehmlich ein karitatives, Nutzungsinteresse kann im Einzelfall
ein Gewicht erreichen, das es rechtfertigt, trotz der hiermit für den Mieter verbundenen
Nachteile dem Erlangungsinteresse des Vermieters den Vorzug zu geben.
ECLI:DE:BGH:2017:100517UVIIIZR292.15.0

c) Bei der gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 25; BVerfGE 89, 1, 6 ff.; BVerfG, NJW 2000, 2658, 2659; NJW-RR 2004, 440, 441; NZM 2011, 479 Rn. 29). Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters ist dabei nicht nur dessen Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten Zwecken zu nutzen, sondern auch dessen Absicht , sie für andere Vorhaben, insbesondere für eine wirtschaftliche Betätigung, zu verwenden (im Anschluss an BVerfGE 79, 283, 289 ["Grundlage privater und unternehmerischer Initiative"]; BVerfG, NJW 1998, 2662 ["wirtschaftliche Betätigung" ]).
d) Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen im Rahmen der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse für die Kündigung vorliegt, sind im Hinblick auf die vom Gesetzgeber eigens geschaffene Härteregelung des § 574 BGB auf Seiten des Mieters allerdings - im Gegensatz zu den Vermieterinteressen, die vollständig einzufließen haben - (nur) die unabhängig von seiner konkreten Situation bestehenden Belange in die Abwägung einzustellen, also das generell bestehende Interesse , die Wohnung und damit den Lebensmittelpunkt nicht zu verlieren und nicht mit den unbeträchtlichen Kosten und anderen erheblichen Unzuträglichkeiten belastet zu werden, die ein Wohnungswechsel in der Regel mit sich bringt. Die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) sind erst auf Widerspruch des Mieters im Rahmen der Beurteilung, ob der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann, zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 49 mwN).
e) Auch wenn sich allgemein verbindliche Betrachtungen hinsichtlich der vorzunehmenden Einzelfallabwägung verbieten, ist zu beachten, dass die typisierten Regeltatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB einen ersten Anhalt für die erforderliche Interessenbewertung und -abwägung geben. Die Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Erlangungsinteresses des Vermieters hängen daher davon ab, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund eine größere Nähe zum Eigenbedarfstatbestand oder zum Tatbestand der Verwertungskündigung aufweist (im Anschluss an Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 38 ff.).
BGH, Urteil vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15 - LG Rostock AG Rostock
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Prof. Dr. Achilles und Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Rostock - 1. Zivilkammer - vom 13. November 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagten sind seit dem 1. Juli 1996 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung in Rostock, die sie vom Rechtsvorgänger des Klägers angemietet haben. Der klagende Verein erwarb das Hausgrundstück im Jahr 2014. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus, in dem sich die streitgegenständliche Wohnung befindet, einer Scheune und einem Nebengebäude bebaut, die nach der Darstellung des Klägers sämtlich renovierungs- beziehungsweise sanierungsbedürftig sind.
2
Der Kläger ist zugleich Mitgesellschafter der "G. G. P. " (im Folgenden GGP), die Trägerin vielfältiger Einrichtungen mit umfassender medizinischer, sozialer, pädagogischer und rehabilita- tiver Betreuung ist. Diese beabsichtigt, die Gebäude ohne finanzielle Belastung für den Kläger im Rahmen des Arbeits- und Lebensprojekts "H. -K. -M. " zu sanieren und umzubauen. Dabei sollen im Wohnhaus insgesamt neun Wohnplätze für eine psychosoziale Wohngruppe (jeweils drei in drei Wohnungen ) und in der Scheune weitere vierzehn Wohnplätze für eine zweite psychosoziale Wohngruppe entstehen. Im Nebengebäude sollen eine Tischlerei und Grünholzwerkstatt untergebracht werden. Die Kosten für das Projekt sollen über mit den zuständigen Kostenträgern zu vereinbarende Vergütungen für - in ihrer Höhe von der Anzahl der Wohngruppenplätze abhängige - sozialpsychiatrische Leistungen finanziert werden, zu denen auch ein Investitionsbetrag nach §§ 75 ff. SGB XII pro Tag und Wohnplatz zählt. Der Kläger möchte das Grundstück zur Verwirklichung dieses Projekts an die GGP vermieten.
3
Der Kläger kündigte unter Darlegung des beschriebenen Projekts das - zu diesem Zeitpunkt allein noch bestehende - Mietverhältnis mit den Beklagten gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB mit Anwaltsschreiben vom 1. August 2013 zum 30. April 2014. Dabei machte er unter anderem geltend, ohne die Beendigung des allein noch bestehenden Mietverhältnisses mit den Beklagten könne das geplante Arbeits- und Lebensprojekt nicht realisiert werden, denn die Zahlung eines Investitionszuschusses von 2,1 Mio. € sei unabdingbar verbunden mit den neun Wohnplätzen, die in dem Wohngebäude eingerichtet werden sollten. Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten geltend, ein Kündigungsgrund liege nicht vor. In der Klageschrift kündigte der Kläger das Mietverhältnis vorsorglich erneut gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB zum 30. September 2015.
4
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage des Klägers stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war mit der Umsetzung des Projekts - auch im Wohnhaus - bereits begonnen worden. Es wurden nicht nur das Nebengebäude, sondern auch einzelne Räume des Wohnhauses nach ihrer Sanierung schon genutzt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von den Beklagten angemieteten Wohnung gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht zu. Denn das Mietverhältnis sei durch die ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet worden, weil der Kläger weder im Kündigungsschreiben vom 1. August 2013 noch in der Klageschrift ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1, 2 BGB dargelegt habe.
8
Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sei, erfordere eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Dabei könnten neben einem gewerblichen Interesse gegebenenfalls auch sogenannte Drittinteressen Berücksichtigung finden. Von Bedeutung könne ferner der Umstand sein, dass es dem Vermieter um die Erfüllung eines gewichtigen öffentlichen Interesses gehe. Ein berechtigtes Inte- resse liege aber nur vor, wenn es ebenso schwer wiege wie die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe.
9
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei ein berechtigtes Interesse des klagenden Vereins - dessen Vorbringen als gegeben unterstellt - an der Beendigung des Mietverhältnisses in Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen nicht zu erkennen. Der Kläger wolle die Räume nicht selbst nutzen, sondern sie durch die GGP ohne wesentliche Änderung der Nutzungsart erneut zu Wohnzwecken an Personen der Zielgruppe des von dieser betriebenen psychosozialen Projekts zur Verfügung stellen lassen.
10
Sein unmittelbares wirtschaftliches Interesse beschränke sich letztlich darauf, unter Ausnutzung einer für die GGP bestehenden Refinanzierungsmöglichkeit hinsichtlich der Umbau- und Sanierungskosten und damit unter Einsparung eigener Aufwendungen eine höhere Miete für das Wohnhaus zu erzielen. Dieses vom Kläger verfolgte wirtschaftliche Interesse sei nach der in § 573 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 BGB getroffenen Wertentscheidung des Gesetzgebers aber nicht schutzwürdig; jedenfalls sei es nicht gleichwertig zu einem der in § 573 Abs. 2 BGB aufgeführten Kündigungstatbestände.
11
Der Kläger könne sich auch nicht auf die bei der GGP bestehenden Interessen an der Umsetzung des Arbeits- und Lebensprojekts "H. -K. -M. " als sogenannte Drittinteressen berufen. Zwar habe die Schaffung von möglichst vielen Wohngruppenplätzen - wegen der Abhängigkeit der Fördermittel von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Wohngruppenplätze - Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Projekts. Dabei handele es sich aber um einen Belang, der allein die GGP als Trägerin des Projekts betreffe. Der Kläger könne sich auf das bei dieser bestehende Interesse an der Umsetzung des Gesamtprojekts "H. -K. -M. " nicht als schutzwürdiges Drittinteresse berufen. Denn die wirtschaftliche Verbindung zwischen dem Kläger und der GGP beruhe allein auf einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage. Eine zwingende Verpflichtung, dieser die Räume zur Verfügung zu stellen, bestehe nicht. Wollte man solchen, allein aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage bestehende Drittinteressen im Rahmen von § 573 Abs. 1 BGB Entscheidungsrelevanz beimessen, würde der Kündigungsschutz im Wohnungsmietrecht an Kontur verlieren.
12
Welche (eigenen) Nachteile ihm drohten, wenn das Projekt unter Aussparung der Wohnung der Beklagten umgesetzt würde, habe der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Dass er sich einem wichtigen öffentlichen Interesse verpflichtet fühle und die Kündigung diesem Interesse diene, sei nicht entscheidungserheblich , weil er die Kündigung des Mietverhältnisses nicht ausgesprochen habe, um dieses Interesse unmittelbar zu bedienen, sondern nur mittelbar über die GGP.
13
Möglicherweise wäre die Interessenlage anders zu beurteilen, wenn der Kläger selbst Träger und Verantwortlicher für die Umsetzung des Projekts wäre und zudem schlüssig darlegt hätte, dass das Gesamtprojekt ohne die Inanspruchnahme der Wohnung der Beklagten nicht umgesetzt werden könnte. Indes sei die erstgenannte Anforderung in der Kündigungserklärung nicht dargelegt worden und die zweite Voraussetzung nach dem Vorbringen des Vorstandsvorsitzenden in der mündlichen Berufungsverhandlung ebenfalls nicht erfüllt. Denn zu diesem Zeitpunkt sei mit der (teilweisen) Umsetzung des Projekts durch die GGP auch bezüglich des Wohnhauses, in dem die psychosoziale Wohngruppe I untergebracht werden solle, bereits begonnen worden. Auch seien zu diesem Zeitpunkt einzelne Räume nach der Sanierung schon genutzt worden.

II.

14
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
15
1. Mit der Revision ist davon auszugehen, dass das Rechtsmittel unbeschränkt zugelassen ist.
16
Zwar kann sich auch bei einer uneingeschränkten Zulassung der Revision in der Entscheidungsformel des Berufungsurteils aus dessen Entscheidungsgründen eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels ergeben, sofern sich eine solche mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 5; BGH, Urteil vom 22. September 2016 - VII ZR 298/14, WM 2016, 2023 Rn. 17 mwN). Dies wiederum ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 17. Januar 2012 - VIII ZR 63/11, ZMR 2012, 610 Rn. 4; BGH, Urteile vom 26. April 2016 - XI ZR 114/15, BKR 2016, 341 Rn. 11; vom 13. Januar 2017 - V ZR 138/16, juris Rn. 11; jeweils mwN).
17
Die vom Berufungsgericht als grundsätzlich angesehene Frage, ob im Rahmen des § 573 Abs. 1 BGB solche Interessen des Vermieters bedeutsam seien, die er nur mittelbar über eine gesellschaftsvertragliche Verbundenheit verfolge und fördern wolle, betrifft jedoch keinen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den der Revisionskläger selbst seine Revision hätte beschränken können (BGH, Urteile vom 26. April 2016 - XI ZR 114/15, aaO Rn. 10; vom 22. September 2016 - VII ZR 298/14, aaO Rn. 18; jeweils mwN), sondern einen einzelnen rechtlichen Aspekt eines einheitlichen Kündigungssachverhalts. Damit unterliegt der geltend gemachte Kündigungsgrund in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung.
18
2. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt steht dem Kläger ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1, § 985 BGB nicht zu. Das mit den Beklagten bestehende Mietverhältnis wurde durch die ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet, da weder der im Kündigungsschreiben vom 1. August 2013 und in der Klageschrift geltend gemachte Kündigungsgrund einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB noch ein daneben geltend gemachtes berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des generalklauselartigen Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt.
19
a) Allerdings werden die ausgesprochenen Kündigungen entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung den Begründungsanforderungen des § 573 Abs. 3 BGB gerecht und sind nicht schon aus diesem Grund unwirksam.
20
aa) Der Zweck des Begründungserfordernisses besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 13 mwN; vom 30. April 2014 - VIII ZR 284/13, NZM 2014, 466 Rn. 7 mwN; vom 23. September 2015 - VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368 Rn. 11 f.; vgl. auch BVerfGE 85, 219, 223; BVerfG, NZM 2003, 592, 593 [jeweils zu § 564b Abs. 3 BGB aF]). Denn eine solche Konkretisierung ermöglicht es dem Mieter, der die Kündigung nicht hinnehmen will, seine Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten, dessen Auswechselung dem Vermieter durch das Begründungserfordernis gerade verwehrt werden soll (Senatsurteil vom 15. März 2017 - VIII ZR 270/15, juris Rn. 15).
21
bb) Die beschriebenen Anforderungen erfüllt das Kündigungsschreiben des Klägers vom 1. August 2013, auf das auch die in der Klageschrift vorsorglich erneut erfolgte Kündigungserklärung unter Beifügung des Kündigungsschreibens Bezug nimmt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 74/10, NJW 2011, 1065 Rn. 14 mwN). Es stellt im Einzelnen das geplante Projekt "H. -K. -M. " einschließlich der damit verbundenen Umbau- und Sanierungsarbeiten und der beabsichtigten Finanzierungsweise dar, beschreibt weiter die gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen der Trägerin des Projekts (GGP) und dem Kläger und führt schließlich auch die vom Kläger für die Beendigung des Mietverhältnisses für ausschlaggebend erachteten Gründe an. Damit lässt sich den Kündigungserklärungen sowohl der Sachverhalt entnehmen , der Anlass für die Kündigung war, als auch das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses. Soweit die Revisionserwiderung meint, dem acht Seiten umfassenden und aus ihrer Sicht zu umfangreichen Kündigungsschreiben sei nur mit großer Mühe zu entnehmen, dass der Kläger "schlicht die Absicht habe, die Wohnung an einen Dritten gewerblich zu vermieten" , verkennt sie den beschriebenen Zweck des Begründungserfordernisses.
22
b) Jedoch sind die mit Schreiben vom 1. August 2013 und erneut mit der Klageschrift ausgesprochenen Kündigungen deswegen unwirksam, weil ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB oder nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht besteht.
23
aa) Die Voraussetzungen einer - im Kündigungsschreiben geltend gemachten , vom Berufungsgericht aber nicht gesondert erörterten - Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB liegen nicht vor.
24
(1) Dieser Kündigungstatbestand setzt zunächst voraus, dass der Vermieter durch das bestehende Wohnraummietverhältnis an einer wirtschaftlichen Verwertung "des Grundstücks", also an einer Realisierung des diesem innewohnenden materiellen Werts, gehindert ist, die in erster Linie durch Vermietung und Veräußerung geschieht (Senatsurteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736 unter II 1 a aa). Im Streitfall kann offen bleiben, ob eine wirtschaftliche Verwertung unter Umständen auch darin liegen kann, dass das Grundstück beziehungsweise die bisher zu Wohnzwecken genutzte Mietwohnung zu besseren Konditionen an Gewerbetreibende, an Freiberufler oder an eine Behörde vermietet werden soll (so Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2014, § 573 Rn. 147; MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 573 Rn. 84 mwN; Emmerich/Sonnenschein/Haug, Miete, 11. Aufl., § 573 BGB Rn. 63). Denn nach dem im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt fehlt es bereits an einer solchen Verwertungsabsicht.
25
(a) Das Berufungsgericht hat zwar die Feststellung getroffen, der Kläger könne bei der Umsetzung des Gesamtprojekts "H. -K. -M. " - aufgrund der Förderungsfähigkeit der Renovierungs- und Sanierungskosten durch der GGP gewährte Drittmittel - "ersichtlich eine wesentlich höhere Miete auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung generieren als bei der bisher bestehenden Nutzung des Wohnhauses". Dies hat aber die Revision mit der Verfahrensrüge (§ 286 Abs. 1 ZPO) angegriffen, der sich die Revisionserwiderung in vollem Umfang angeschlossen hat. Beide haben ausgeführt, diese Feststellung entbehre jeglicher Tatsachengrundlage. Den ausgesprochenen Kündigungen lasse sich nicht entnehmen, dass der Kläger durch die Vermietung des Anwesens an die GGP überhaupt höhere Mieten erzielen würde. Auch die Beklagten hätten Entsprechendes nicht behauptet.
26
(b) Die beiderseitige Verfahrensrüge ist begründet. Das Berufungsgericht , das in seinem Urteil nicht näher ausgeführt hat, worauf es seine gegenteilige Feststellung gegründet hat, hat die Angaben im Kündigungsschreiben vom 1. August 2013 und den sich darauf beziehenden Vortrag der Parteien zu den wirtschaftlichen Aspekten des Projekts - bereits im Wortlaut - unzureichend erfasst und daher verkannt, dass in wirtschaftlicher Hinsicht für den Kläger (allein) ausschlaggebend sein sollte, dass er die für die Realisierung des Projekts anfallenden Sanierungskosten nicht - auch nicht teilweise - selbst aufzubringen hatte und Mieteinnahmen in der Größenordnung von 1.000 € erzielen würde. Wie Revision und Revisionserwiderung zu Recht geltend machen, ergibt sich weder aus dem Kündigungsschreiben noch aus dem Tatsachenvortrag der Parteien ein tragfähiger Anhalt dafür, dass die zu entrichtende Miete von der GGP allein für die Überlassung der streitgegenständlichen Wohnung und nicht für das gesamte Grundstück geschuldet sein sollte.
27
(c) Der Senat ist im Hinblick auf die durchgreifenden Verfahrensrügen beider Parteien nicht an die angegriffene Feststellung des Berufungsgerichts gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Stattdessen ist im Revisionsverfahren von dem - von beiden Parteien für gegeben erachteten - Umstand auszugehen, dass der Kläger mit der Vermietung des nach Sanierung im Wert gestiegenen Grundstücks einschließlich der streitgegenständlichen Wohnung an die GGP nicht die Erwartung hegt, höhere Mieteinnahmen als bislang zu erzielen, sondern vielmehr die Absicht verfolgt, das Anwesen einer Nutzung für einen zur Umsetzung eines sozialpolitisch erwünschten Zwecks zuzuführen. Dann fehlt es aber an der Absicht, das Grundstück im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB wirtschaftlich zu verwerten.
28
(2) Ferner ist im Hinblick auf den vom Vorstandsvorsitzenden des Klägers in der Berufungsverhandlung eingeräumten Umstand, dass trotz des Verbleibens der Beklagten in der streitgegenständlichen Wohnung mit der Umsetzung des Projekts - auch im Wohngebäude - bereits begonnen werden konnte und einzelne Räume zu diesem Zeitpunkt auch schon genutzt wurden, nicht zu erkennen, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses den Kläger an einer Verwertung des Grundstücks zum Zwecke der Verwirklichung des Projekts "H. -K. -M. " hinderte. Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei nicht davon auszugehen, dass eine Umsetzung des Gesamtprojekts ohne die Inanspruchnahme der Wohnung der Beklagten nicht erfolgen könne, wendet sich die Revision ohne Erfolg mit einer weiteren Verfahrensrüge (§ 286 Abs. 1 ZPO). Sie meint, das Berufungsgericht verharmlose die mit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Beklagten verbundenen wirtschaftlichen Folgen, da es - wie im Kündigungsschreiben und in der Berufungserwiderung ausgeführt - nicht nur um Mindereinnahmen durch den Wegfall von drei Wohngruppenplätzen gehe, sondern vielmehr die Refinanzierung der gesamten Umbauund Sanierungskosten auf dem Spiel stehe.
29
Hierbei blendet die Revision aus, dass dieses Vorbringen durch die Bekundungen des Vorstandsvorsitzenden des Klägers in der Berufungsverhandlung "überholt" ist, denen gerade nicht die zuvor noch geltend gemachte Abhängigkeit der Gesamtfinanzierung von der Schaffung von insgesamt neun Wohngruppenplätzen im Wohnhaus zu entnehmen ist. Denn wenn die Gewährung eines Investitionszuschusses von insgesamt 2,1 Mio. € unabdingbar mit der Schaffung einer solchen Anzahl von Wohngruppenplätzen im Wohngebäude verbunden und das geplante Bauvorhaben nur in vollem Umfang wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar gewesen wäre, hätte das Projekt ohne Räumung der Wohnung der Beklagten nicht zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung in dem vom Vorstandsvorsitzenden des Klägers geschilderten Umfang bereits verwirk- licht werden können. Soweit die Revision in der mündlichen Revisionsverhandlung geltend gemacht hat, ein Nachteil des Klägers könne sich unter Umständen daraus ergeben, dass die GGP möglicherweise gezwungen sei, eine anderweitige Finanzierung (ohne Fördermittel) in Anspruch zu nehmen, zeigt sie übergangenen Sachvortrag hierzu nicht auf und sind in Anbetracht der vorgelegten Unterlagen für eine solche Fallgestaltung Anhaltspunkte nicht ersichtlich.
30
(3) Aus den genannten Umständen folgt zugleich, dass der Kläger bei Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Beklagten keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile erleiden würde.
31
(a) Die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrages ein erheblicher Nachteil entsteht, erfordert eine Abwägung zwischen dem grundsätzlichen Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers, die sich einer generalisierenden Betrachtung entzieht und sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen lässt (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, BGHZ 179, 289 Rn. 15; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 19). Dabei handelt es sich um eine tatrichterliche Frage, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht die Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denk- und Erfahrungssätze beachtet hat (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, aaO; vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 226/09, NZM 2011, 773 Rn. 12).
32
(b) Der Senat kann diese Abwägung anhand der bisher getroffenen Feststellungen und des im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringens der Parteien selbst vornehmen, da das Berufungsgericht sie unterlassen hat, weitere (von dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt abweichende) Feststellungen aber hinsichtlich des zu bewertenden Nachteils nicht zu erwarten und daher auch nicht erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, Rn. 51 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Danach entstehen dem Kläger keine erheblichen Nachteile im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Denn nach dem im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt entgehen ihm bei Fortbestand des Mietverhältnisses voraussichtlich keine höheren Mieteinnahmen und hat er auch keine Sanierungskosten zu tragen. Zudem ist - wie die Bekundungen des Vorstandsvorsitzenden des Klägers in der mündlichen Berufungsverhandlung belegen - weder die Sanierung der Gebäude noch deren Finanzierung und damit auch nicht die Verwirklichung des Gesamtprojekts in Frage gestellt, sondern nur die Anzahl der im Wohngebäude realisierbaren Wohngruppenplätze.
33
bb) Der Kläger kann die Kündigung des Mietverhältnisses auch nicht auf ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen.
34
(1) Zwar ist die Anwendbarkeit des generalklauselartigen Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung nicht vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736 unter II 1 a, b). Auch liegt - wie die Revision zu Recht geltend macht - keine nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 BGB unzulässige Kündigung vor. Der Kläger will die Mieträume an die GGP bereits nicht zu Wohnzwecken, sondern zum Betrieb eines psychosozialen Betreuungsprojekts vermieten. Zudem will er nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt durch die Vermietung der Räumlichkeiten an die GGP keine höhere Miete erzielen.
35
Jedoch kommt - und deswegen fehlt letztlich das erforderliche berechtigte Kündigungsinteresse - den vom Kläger geltend gemachten Interessen an der Verwirklichung des von der GGP betriebenen Projekts "H. -K. -M. " nicht das notwendige, mit den typisierten Kündigungstatbeständen des § 573 Abs. 2 BGB vergleichbare Gewicht zu (vgl. zu dieser Anforderung Senatsurteile vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, NJW 2012, 2342 Rn. 13; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 24).
36
(a) Der generalklauselartige Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist den in Absatz 2 dieser Vorschrift beispielhaft genannten Kündigungsgründen gleichgewichtig (st. Rspr.; zuletzt Senatsurteile vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, aaO; vom 26. September 2012 - VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 13; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO; vgl. auch BVerfGE 84, 366, 371 f. [zu § 564b BGB aF]). Daraus folgt aber nicht, dass bestimmte - in § 573 Abs. 2 BGB nicht aufgezählte - Fallgruppen eines Vermieterbedarfs von vornherein ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses begründeten. Vielmehr ergibt sich daraus nur, dass es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB allein darauf ankommt, ob das geltend gemachte Interesse ebenso schwer wiegt wie die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe (Senatsurteile vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, aaO; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO; jeweils mwN; vgl. auch BT-Drucks. VI/1549, S. 8 [zu Art. 1 § 1 Erstes WKSchG]; 7/2011, S. 8 [zu § 564b BGB aF]; 14/4553, S. 65 [zu § 573 BGB]).
37
Ob dies der Fall ist, hängt - anders als bei den typisierten Kündigungstatbeständen des § 573 Abs. 2 BGB - von einer von den Gerichten vorzunehmenden einzelfallbezogenen Feststellung und Abwägung der beiderseitigen Belange der betroffenen Mietvertragsparteien nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ab. Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (BVerfGE 89, 1, 6 ff.; BVerfG, NJW 2000, 2658, 2659; NJW-RR 2004, 440, 441; NZM 2011, 479 Rn. 29; Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 25). Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie des Vermieters ist dabei nicht nur dessen Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten Zwecken zu nutzen, sondern auch dessen Absicht, sie für andere Vorhaben, insbesondere für eine wirtschaftliche Betätigung, zu verwenden (vgl. BVerfGE 79, 283, 289 ["Grundlage privater und unternehmerischer Initiative"]; BVerfG, NJW 1998, 2662 ["wirtschaftliche Betätigung"]).
38
(aa) Im Falle der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses geraten damit zwei widerstreitende verfassungsrechtliche Eigentumsverbürgungen in Konflikt. Dieser ist unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzgebers sowie unter Gewichtung und unter Abwägung des betroffenen Erlangungsinteresses des Vermieters und des Bestandsinteresses des Mieters im konkreten Einzelfall zu lösen (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 35).
39
(aaa) Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Abgrenzung der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumspositionen von Vermieter und Mieter gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dahin vorgenommen, dass die Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Vermieters voraussetzt (vgl. BVerfGE 68, 361, 370 f.; 81, 29, 32 [jeweils zu § 564b BGB aF]; Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 36). Dabei hatte er wegen der Sozialbindung des Eigentums von - nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehendem - Wohnraum (Art. 14 Abs. 2 GG) zu berücksichtigen, dass große Teile der Bevölkerung aus wirtschaftlichen Gründen auf die Nutzung fremden Wohnraums angewiesen sind, der für sie den räumlichen Mittel- punkt freier Entfaltung ihrer Persönlichkeit bildet (vgl. BVerfGE 68, 361, 370; 81, 29, 32; BVerfG, Beschluss vom 15. März 1990 - 1 BvR 83/90, juris Rn. 4). Jeder Umzug ist daher unabhängig von der Lage auf dem Wohnungsmarkt mit Belastungen verbunden, die den engeren persönlichen Lebenskreis betreffen (BVerfGE 81, 29, 32; 68, 361, 370). Der Vermieter hat dem Mieter die Räumlichkeiten zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt und hat damit angemessen auf dessen Belange Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfGE 79, 283, 289 f.).
40
(bbb) Dieses vom Einzelfall unabhängige, abstrakte Interesse des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses ist - entgegen der Auffassung der Revision - bereits im Rahmen der Ermittlung des berechtigten Interesses im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 49 mwN). Lediglich die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) sind im Hinblick auf die vom Gesetzgeber zum Schutz des Mieters eigens geschaffene Härteregelung des § 574 BGB nicht bereits bei der Abwägung der beiderseitigen Belange im Rahmen der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse für die Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, sondern erst auf Widerspruch des Mieters zu berücksichtigen, während die Interessen des Vermieters bei der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse gegeben ist, in vollem Umfang einzustellen sind (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO mwN).
41
(bb) Bei der Auslegung und Anwendung des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Gerichte gehalten, die durch die Eigentumsgarantie (jeweils) gezogenen Grenzen zu beachten und die im Gesetz aufgrund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachzuvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumseinschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1, 9 [zu § 564b Abs. 1 BGB aF]; BVerfG, NJW 2000, 2658, 2659; NJW-RR 2004, 440, 441; NZM 2011, 479 Rn. 30). Im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der Geschehensabläufe und der auf beiden Seiten zu berücksichtigenden Belange entzieht sich dabei die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben ist, einer allgemein verbindlichen Betrachtung (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 15, 37).
42
Auch ein von einem Vermieter verfolgtes gemeinnütziges, vornehmlich ein karitatives, Nutzungsinteresse kann im Einzelfall ein Gewicht erreichen, das es rechtfertigt, trotz der hiermit für den Mieter verbundenen, vorstehend beschriebenen Nachteile dem Erlangungsinteresse des Vermieters den Vorzug zu geben. Denn der Gesetzgeber hat in § 573 Abs. 1 Satz 1 und § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB die Interessen des Vermieters, denen er eine Anerkennung versagen wollte, ausdrücklich aufgeführt. Zu den aufgezählten Ausschlussgründen (Mieterhöhung , Erzielung höherer Miete durch Neuvermietung als Wohnraum, Veräußerung im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder erfolgten Umwandlung in Wohnungseigentum) gehört eine beabsichtigte Nutzung der Wohnung zu gemeinnützigen, insbesondere karitativen Zwecken nicht.
43
Einen ersten Anhalt für die von den Gerichten jeweils vorzunehmende Interessenbewertung und -abwägung geben die typisierten Regeltatbestände des Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB und der wirtschaftlichen Verwertung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 38 mwN).
44
(aaa) Will der Vermieter die Wohnung (aus nachvollziehbaren und vernünftigen Gründen; vgl. hierzu Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - VIII ARZ 4/87, BGHZ 103, 91, 100; BVerfG, WuM 2002, 21) selbst zu Wohnzwecken nutzen oder sie hierfür dem im Gesetz genannten Kreis von Angehörigen zur Verfügung stellen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB), reicht bereits ein ernsthafter Nutzungsentschluss für ein vorrangiges Erlangungsinteresse des Vermieters aus (vgl. BVerfGE 81, 29, 32 f. [zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB aF]).
45
Bei einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist dagegen auf Seiten des Vermieters einInteresse mit geringerem personalen Bezug betroffen als bei einer Eigenbedarfskündigung (BVerfGE 79, 283, 289 [zu § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB aF]). Das Gesetz gibt dem (von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragenen [vgl. hierzu Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 12 mwN; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 17]) wirtschaftlichen Verwertungsinteresse des Vermieters deshalb nur dann den Vorrang, wenn diesem bei Fortsetzung des Wohnraummietverhältnisses erhebliche Nachteile entstünden (BVerfGE 81, 29, 33), wobei jedoch nicht gefordert werden darf, dass die dem Vermieter entstehenden Einbußen einen Umfang annehmen, welcher die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlusts der Wohnung erwüchsen (BVerfGE 79, 283, 290; Senatsurteil vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 14). Insbesondere darf das Kündigungsrecht des Eigentümers bei einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht auf die Fälle andernfalls drohenden Existenzverlusts reduziert oder so restriktiv gehandhabt werden, dass die Verwertung als wirtschaftlich sinnlos erscheint (vgl. hierzu BVerfGE 79, 283, 290 f.; 84, 382, 385; BVerfG, NJW 1991, 3270, 3271).
46
(bbb) Vor diesem Hintergrund genügt es entgegen der Ansicht der Revision für die Annahme eines berechtigten Interesses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht, dass auf Seiten des Vermieters ein vernünftiger, nachvollziehbarer Grund an der Beendigung des Mietverhältnisses vorhanden ist. Dieser Aspekt reicht nicht einmal bei der vom Gesetzgeber in besonderem Maße privilegierten Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB aus, denn hier ist zusätzlich das Vorliegen eines ernsthaften Nutzungswunsches bei den dort genannten Personen zu fordern. Erst recht hat dies zu gelten, wenn der Vermieter - wie hier - die Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur Befriedigung des Wunsches anstrebt, die Mietwohnung künftig selbst zu Wohnzwecken nutzen oder durch den Kreis der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB aufgeführten Angehörigen nutzen zu lassen, sondern er das Anwesen einer Gesellschaft mietweise überlassen will, an der er als Gesellschafter beteiligt ist und die nach Sanierung des Anwesens darin ein psychosoziales Wohngruppenkonzept verwirklichen will.
47
(ccc) Die für die Anerkennung eines berechtigten Interesses im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Gewichtigkeit der geltend gemachten Belange ist zunächst davon abhängig, mit welchem Regeltatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB das geltend gemachte Interesse am ehesten vergleichbar ist (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 43). Da die Tatbestandsmerkmale der typisierten Regeltatbestände des Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 nicht vollständig erfüllt sind, das angeführte Interesse jedoch - wie eingangs unter II 2 b bb (1) (a) ausgeführt - ebenso schwer wiegen muss, wie die von den Regeltatbeständen erfassten Vermieterinteressen, ist ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB darüber hinaus nur anzuerkennen, wenn jeweils ein weiterer, für das Erlangungsinteresse des Vermieters sprechender Gesichtspunkt gegeben ist (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 45 mwN).
48
(ddd) Ausgehend von diesen Grundsätzen reicht es in den Fällen, in denen das vom Vermieter geltend gemachte Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses eine größere Nähe zum Eigenbedarfstatbestand aufweist, regelmäßig aus, dass die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter einen beachtenswerten Nachteil begründet (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO). Ist das angeführte Interesse dagegen mehr mit der von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfassten wirtschaftlichen Verwertung vergleichbar, muss der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil von deutlich größerem Gewicht darstellen (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 47 mwN [zur Absicht, die vermietete Wohnung zu freiberuflichen oder gewerblichen Zwecken zu nutzen]), der je nach Fallgestaltung auch die von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorausgesetzte Intensität erfordern kann.
49
Ob das geltend gemachte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses eine größere Nähe zu einem der in § 573 Abs. 2 BGB aufgeführten typisierten Kündigungstatbestände des Eigenbedarfs oder der wirtschaftlichen Verwertung aufweist und ob ihm ein diesen Regeltatbeständen entsprechendes Gewicht zukommt, richtet sich wiederum nach den konkreten Umständen des Einzelfalls; eine allgemein verbindliche Festlegung verbietet sich auch insoweit.
50
(2) Gemessen an den vorstehend angeführten Maßstäben hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
51
Es obliegt in erster Linie dem Tatrichter, unter Bewertung und Gewichtung aller für die jeweilige Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkte darüber zu befinden, ob ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben ist. Dessen Bewertungsergebnis kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob es auf einer rechtsfehlerfreien Tatsachengrundlage beruht, alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt worden sind und der Tatrichter den rechtlich zutreffenden Maßstab angewandt hat (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 26. September 2012 - VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 12; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 15; Senatsbeschluss vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 9).
52
Das Berufungsgericht hat zwar - wie oben unter II 2 b aa (1) ausgeführt und sowohl von der Revision als auch der Revisionserwiderung gerügt - das vom Kläger geltend gemachte Interesse rechtsfehlerhaft dahin bewertet, dass dieser bestrebt ist, durch die Vermietung an die GGP "ersichtlich eine wesentlich höhere Miete auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung zu generieren als bei der bisher bestehenden Nutzung des Wohnhauses". Dieser Rechtsfehler wirkt sich aber auf die Gewichtung des geltend gemachten Interesses und auf das Abwägungsergebnis nicht aus. Der Senat kann nach Lage des Falles die nicht vollständig erfolgte Interessengewichtung und -abwägung unter Zugrundelegung des für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts selbst vornehmen, weil davon abweichende Feststellung nicht zu erwarten und letztlich zur Bewertung des Nachteils auch nicht erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 51 mwN).
53
(a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt hat sich der Kläger zwar ergänzend zu seinem wirtschaftlichen Interesse, auf Kosten der GGP eine - teilweise durch Fördermittel finanzierte - Sanierung der auf dem Grundstück stehenden Gebäude zu erreichen, auf die Gemeinnützigkeit des von der GGP getragenen Projekts und damit auf einen Gesichtspunkt berufen , der von den Kündigungstatbeständen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB nicht erfasst ist. Allerdings sind auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts die Interessen des Klägers nicht von ausreichendem Gewicht, um eine Beendigung des Mietverhältnisses mit den Beklagten nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB rechtfertigen zu können.
54
(b) Dabei kann letztlich offen bleiben, ob sich der Kläger überhaupt auf die Gemeinnützigkeit des von der GGP getragenen Projekts berufen kann. Dies ist - anders als die Revision geltend macht - nicht ohne weiteres zu bejahen.
55
(aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann zwar bei öffentlichrechtlichen Körperschaften (Gemeinden, Kirchendachverband), die die von ihnen vermieteten Wohnungen zur Umsetzung übertragener Aufgaben benötigen , an deren Erfüllung ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegen und können diese sich unter bestimmten Umständen auch Drittinteressen zu eigen machen (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, NJW 2012, 2342 Rn. 12 ff. mwN).
56
(bb) Ob und unter welchen Voraussetzungen sich ein privater Vermieter auf ein überwiegendes öffentliches oder gar gemeinnütziges Interesse berufen kann, war bislang nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung und wird in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt (zum Meinungsstand vgl. etwa Schmidt-Futterer/Blank, 12. Aufl., § 573 Rn. 202b f.; Staudinger/Rolfs, Neubearb. 2014, § 573 Rn. 196; MünchKommBGB /Häublein, 7. Aufl. § 573 Rn. 50; Emmerich/Sonnenschein/Haug, Miete, 11. Aufl., § 573 Rn. 81; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete , 3. Aufl., Kap. IV Rn. 87). Diese Frage bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
57
(cc) Denn selbst wenn man dem Kläger im Hinblick auf seine bloße Gesellschafterstellung bei der GGP als Trägerin und Verantwortliche des Projekts "H. -K. -M. " uneingeschränkt die Berufung auf die "sozialpolitisch erwünschte" Zielsetzung des Projekts gestattete oder dieser das Projekt sogar selbst durchgeführt hätte, würde dieser Umstand nicht dazu führen, dass den Interessen des Klägers der Vorzug vor dem Bestandsinteresse der Beklagten zu geben wäre. An dieser Bewertung ändert sich nichts, wenn man zusätzlich das beim Kläger bestehende wirtschaftliche Interesse berücksichtigt, ohne eigene Kostenbeteiligung eine Sanierung der auf dem Mietgrundstück befindlichen Gebäude zu gewährleisten.
58
(aaa) Die vom Kläger geltend gemachten Interessen an der Beendigung des Mietverhältnisses sind zwischen den Tatbeständen der Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) und der Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) anzusiedeln, wobei eine größere Nähe zur Verwertungskündigung besteht. Das Interesse des Klägers ist einerseits darauf gerichtet, der GGP, an der er als Gesellschafter beteiligt ist, zu ermöglichen, psychosoziale Wohngruppenplätze einzurichten, also am Ende die Mietwohnung aus Gründen der Gemeinnützigkeit wiederum Wohnzwecken (einschließlich einer umfassenden Betreuung) zuzuführen, wenn auch über den Umweg einer Vermietung an die GGP. Insoweit weist das Nutzungsinteresse einen - allerdings geringen - personalen Einschlag auf, der deutlich hinter dem starken personalen Bezug des Kündigungstatbestands des Eigenbedarfs zurückbleibt. Andererseits verfolgt der Kläger auch (signifikante) wirtschaftliche Interessen. Zwar strebt er nicht die Erzielung höherer Mieten an, er will aber eigene Aufwendungen für die erforderlichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen ersparen, indem er das Grundstück der GGP zur Verwirklichung des von dieser geplanten - und inzwischen auch teilweise bereits umgesetzten - Projekts zur gewerblichen Nutzung überlässt.
59
(bbb) Ausgehend hiervon kommt dem aus verschiedenen Aspekten zusammengesetzten Interesse des Klägers an der Verwirklichung des Projekts "H. -K. -M. " durch die GGP nicht die für eine Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Gewichtigkeit zu. Da ein wesentlich geringerer personaler Bezug als bei der Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gegeben ist und die geltend gemachte Interessenlage letztlich eine größere Nähe zur Verwertungskündigung aufweist, ist für die Annahme eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses erforderlich, dass der Kläger durch die Vorenthaltung der Mieträume einen Nachteil von einigem Gewicht erleidet (vgl. auch Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 47 mwN). Diese Schwelle erreichen die vom Kläger angeführten Gründe selbst dann nicht, wenn man ihm als privaten Vermieter die Berufung auf die Gemeinnützigkeit des von der GGP - und damit von einer juristischen Person, mit der er nur gesellschaftsvertraglich verbunden ist - verfolgten Projekts gestattete.
60
(ccc) Denn wie bereits oben unter II 2 b aa (2) und (3) ausgeführt, gefährdet die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Beklagten die Verwirklichung des von der GGP betriebenen gemeinnützigen Projekts "H. -K. - M. " als solches nicht. Nach den Bekundungen des Vorstandsvorsitzenden des Klägers in der Berufungsverhandlung wird das Projekt bereits unabhängig von den für die Wohnung der Beklagten geplanten drei Wohngruppenplätzen für Menschen mit psychosozialen Problemen umgesetzt. Bei Fortbestand dieses Mietverhältnisses entfallen damit lediglich drei von insgesamt neun im Wohngebäude geplanten Plätzen, wobei weitere vierzehn Plätze in der Scheune zur Verfügung gestellt werden sollen. Bei dieser Sachlage ist mit der Vorenthaltung der von den Beklagten genutzten Mieträume weder eine signifikante Beschneidung der Reichweite des geplanten Projekts verbunden noch ist die GGP hierdurch an der Sanierung und dem Umbau der Gebäude zu dem beschriebenen Zweck an sich gehindert. Dass das Projekt nur in etwas geringerem Umfang realisiert werden kann, begründet für den Kläger - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat - keinen Nachteil von ausreichendem Gewicht. Sein Interesse an der Kündigung muss damit gegenüber dem Bestandsinteresse der Beklagten zurücktreten, sodass ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gegeben ist. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Rostock, Entscheidung vom 13.03.2015 - 47 C 438/14 -
LG Rostock, Entscheidung vom 13.11.2015 - 1 S 64/15 -

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen.

(2) Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter ihm den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. Hat der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, so kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen.

(2) Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter ihm den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. Hat der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, so kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Die Frist beginnt

1.
für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs,
2.
für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erhält.

(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.

(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.

(6) Die sofortige Beschwerde findet statt

1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet;
2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.