Amtsgericht Mannheim Beschluss, 07. Dez. 2009 - AR 52/2009; AR 52/09

published on 07/12/2009 00:00
Amtsgericht Mannheim Beschluss, 07. Dez. 2009 - AR 52/2009; AR 52/09
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Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf Aufnahme in die Vorauswahlliste des Insolvenzgerichts des Amtsgerichts Mannheim wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
A.
Die Antragsteller ist seit 1998 Rechtsanwalt und seit 2004 Fachanwalt für Insolvenzrecht. Nach eigenen Angaben bearbeitete er ab 2001 Verbraucher- und ab dem Folgejahr Regelinsolvenzverfahren. Mit Nachlassinsolvenzen wird er seit 2006 betraut.
Er wurde vom Amtsgericht Mannheim beginnend ab dem Jahre 2002 in insgesamt 100 Verfahren zum Gutachter, vorläufigen und endgültigen Insolvenzverwalter sowie Treuhänder bestellt. Nach seinen Angaben im Musterfragebogen hat er in drei von zehn benannten Fällen Geschäftsbetriebe länger als drei Monate fortgeführt.
Mit Schriftsatz vom 25.5.2009 beantragte er unter Beifügung des Musterfragebogens seine Aufnahme in die nunmehr vom Amtsgericht Mannheim erstellte Vorauswahlliste. Die Insolvenzrichterin und Insolvenzrichter des Amtsgerichts Mannheim hörten den Antragsteller zur Vorbereitung der nachfolgenden Entscheidung am ... mündlich an.
Ergänzend wird auf den gesamten Inhalt der Bewerbungsakte verwiesen.
B.
Der Antrag ist nicht begründet.
I. Verfahren bei der Erstellung der Verwaltervorauswahlliste beim Amtsgericht Mannheim
Das AG Mannheim hat seine bisherige, nicht auf der Grundlage eines förmlichen Zulassungsverfahrens erstellte Vorauswahlliste unter dem Eindruck der jüngeren Rechtsentwicklung geschlossen. Es forderte Interessenten auf, sich unter Verwendung eines mit anderen Insolvenzgerichten des Landes Baden-Württemberg entwickelten Fragebogens um die Aufnahme in die Vorauswahlliste zu bewerben. Hierbei hat das AG Mannheim deutlich gemacht, dass die bisher geführte, nicht förmliche Vorauswahlliste nicht automatisch fortgeschrieben wird. Vielmehr wird es sich nur mit den Bewerbern befassen, die den geschilderten Fragebogen eingereicht haben. Diesem Verfahren unterzog sich der Antragsteller, der seine Unterlagen unter dem ... einreichte.
II. Die Bewerbung des Antragstellers
Die unterzeichnenden Insolvenzrichterin und Insolvenzrichter sind aus nachstehenden Gründen zur Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller die grundsätzlich an den Bewerber zu stellenden Anforderungen für die erstrebten Ämter nicht erfüllt.
10 
In der Sache ist nach der Entscheidung des BGH (NZI 2008, 161) zu unterscheiden zwischen dem gerichtlich voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum, der dem Entscheidungsträger zuzubilligen ist, wenn er einen Bewerber um Aufnahme in die Vorauswahlliste an den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung misst, und dem nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum des einzelnen Insolvenzrichters, der aus den gelisteten Bewerbern einen Insolvenzverwalter für ein einzelnes Verfahren bestimmt. Für das Vorauswahlverfahren steht die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der persönlichen und fachlichen Eignung im Vordergrund. Eine Liste ist demnach so zu führen und die Aufnahmekriterien sind so festzulegen, dass jeder Bewerber aufgenommen wird, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das Amt des Insolvenzverwalters erfüllt. Aus § 56 Abs. 1 Satz 2 InsO n.F., wonach die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen auf bestimmte Verfahren beschränkt werden kann, folgt nichts Abweichendes; denn diese Vorschrift sanktioniert kein zu tolerierendes Eignungsdefizit, sondern ermöglicht es lediglich dem Bewerber, seinem eigenen Erfahrungsstand und Interessenschwerpunkt entsprechend eine Eingrenzung auf bestimmte Verfahren vorzunehmen.
11 
Welche positive Qualifikationen von einem Insolvenzverwalter zu erwarten sind, lässt der Gesetzgeber weitgehend offen ( Kind in: FK, 5. Aufl., § 56 Rdnr. 32). Jedenfalls sind die Insolvenzgerichte nicht gehindert, unter dem Gesichtspunkt fehlender genereller Eignung auch solche Bewerber unberücksichtigt zu lassen, die nach den Kriterien ihrer ständigen Ermessenspraxis keinerlei Aussicht auf tatsächliche Berücksichtigung haben ( BVerfG , Beschl. v. 3.8.2009 - 1 BvR 369/08; Rdnr. 11). So liegen die Dinge hier.
12 
III. Erfahrungen mit dem Antragsteller als Insolvenzverwalter in der Vergangenheit
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In den dem Antragsteller anvertrauten Verfahren ist es in der Vergangenheit zu erheblichen Störungen und Verzögerungen gekommen, welche auf mangelnde Sorgfalt und nicht sachgerechte Bearbeitung durch den Antragsteller zurück zu führen sind.
14 
So wurde mehrfach grundlegend gegen Buchführungspflichten verstoßen, Kassen und Konten nicht ordnungsgemäß geführt und Schlussrechnungen eingereicht, welche mangels Anlagen (Belege, Kontoauszüge, Kassenbuch) nicht nachvollziehbar waren. Dadurch ist es zu konkreten Gefährdungen und Schmälerungen der Insolvenzmasse gekommen sowie zu Erschwernissen für das Insolvenzgericht bei der Wahrnehmung seiner Aufsicht, welches spätestens während der Schlussrechnungsprüfung oder im Rahmen der Schlussverteilung die Versäumnisse der vorherigen Amtsführung aufarbeiten musste.
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Beispielhaft ist auf folgende Verfahren zu verweisen:
16 
1. In dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Fa. ... wurde das Unternehmen fortgeführt und das Verfahren am 01.08.2005 eröffnet (AS 79). Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich der Bankkonten und der Forderungsaußenstände war gemäß Beschluss des AG Mannheim vom 18.04.2005 auf den vorläufigen Verwalter übergegangen (AS 50). Insofern war er mit den Befugnissen eines starken vorläufigen Verwalters ausgestattet (21 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 22 Abs. 1 und 2 InsO).
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a) Abwicklung des Zahlungsverkehrs über das Geschäftskonto der Schuldnerin
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Ungeachtet des Beschlusses vom 18.04.2005 wurde der Zahlungsverkehr der Schuldnerin während der Betriebsfortführung bis zum 31.01.2006 und somit über die Verfahrenseröffnung hinaus weiter über das Geschäftskonto der Schuldnerin abgewickelt. Der Antragsteller begründete dies erst nach der Erstellung der Schlussrechnung mit der sich aus der Betriebsfortführung ergebenden Notwendigkeit unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des good will, was stabilisierend auf den Kundenstamm wirke (AS 168). Wenngleich diese Entscheidung grundsätzlich dem Verwaltungsermessen des vorläufigen Insolvenzverwalters anheimgestellt ist, ihm also die Wahl zusteht, entweder an den Schuldner mit seiner Zustimmung oder an ihn unmittelbar leisten zu lassen (vgl. Haarmeyer in: MüKo-InsO, 2. Aufl., § 23 Rdnr. 16), handelt es sich in jedem Fall um eine riskante Vorgehensweise, da insbesondere vom vorläufigen Verwalter nicht veranlasste Vermögensverschiebungen nicht ausgeschlossen werden können. Deswegen hätte der Antragsteller im Rahmen der Berichterstattung näher ausführen müssen, warum er sich für die gewählte Vorgehensweise entschieden hatte. Dies unterblieb.
19 
Das Risiko hat sich vorliegend auch verwirklicht, indem die Bank nach Insolvenzeröffnung wie auch bereits im vorläufigen Verfahren noch die Raten in Höhe von monatlich 925,00 EUR auf ein Darlehen abgebucht hat, welches richtigerweise als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden gewesen wäre (AS 168). Da es in dem Verfahren zu keiner Quotenausschüttung gekommen ist, wäre eine Zahlung auf die Darlehensforderung nicht erfolgt. Der Antragsteller erklärte dazu lapidar, die das Geschäftskonto fortführende Bank habe als Gegenleistung den Verzicht auf eine Anfechtung der Verrechnung gefordert (AS 168). Seine Zustimmung rechtfertigte er pauschal damit, dass „letztlich ein positiver Ertrag zu Insolvenzmasse zu realisieren“ gewesen sei.
20 
b) Buchführungspflicht durch den vorläufigen Insolvenzverwalter
21 
Als vorläufiger Insolvenzverwalter war der Antragsteller zur Rechnungslegung gegenüber dem Insolvenzgericht und den Gläubigern verpflichtet (§§ 21 Abs. 2 Nr. 1, 66 InsO). Ihn trifft die ureigenste Pflicht, die Rechnungslegung und damit die Buchführung ( Weitzmann in: Hbg. Komm. zur InsO, 3. Aufl., § 66 Rdnr. 4) persönlich vorzunehmen ( Nowak in: MüKo-InsO, 2. Aufl., § 66 Rdnr. 6).
22 
Vorliegend hatte der Antragsteller bereits dadurch gegen elementare Buchführungspflichten verstoßen, dass er nicht selbst die Buchführung vornahm, sondern den Geschäftsführer anwies, das Kassenbuch zu führen und mit der Eröffnung vorzulegen. Diese Vorlage unterblieb in der Folgezeit. Statt dessen wurde der Geschäftsführer unter dem 10.04.2008 zu einer pauschalen Erklärung veranlasst, wonach die maßgeblichen Buchhaltungsunterlagen einschließlich des Kassenbuches zwar nicht auffindbar, die überlassenen Geldmittel aber ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet worden seien (AS 174). Mit Schriftsatz vom 26.06.2008 musste der Antragsteller einräumen, dass das Buchungsjournal erst jetzt erstellt werde (AS 191). Dies belegt, dass er zeitnahe Buchungen tatsächlich nicht vorgenommen hat. Dadurch nimmt er in Kauf, dass einzelne Buchungsvorgänge nicht mehr nachzuvollziehen sind. Das dann vorgelegte Buchungsjournal, welches auf der Grundlage der Übersicht der kontoführenden Bank erstellt wurde, setzte zudem zu einem Zeitpunkt vor der Insolvenzantragstellung ein und musste daher stichtagsbezogen berichtigt werden (AS 194). Das Buchungsjournal kann so seiner Funktion als Grundlage der Rechnungslegung nicht genügen. Eine gerichtliche Überprüfung war somit nicht möglich.
23 
c) keine ordnungsgemäße Schlussrechnung
24 
Der Antragsteller hat des weiteren gegen seine grundlegenden Pflichten verstoßen, eine nachvollziehbare Schlussrechnung vorzulegen. Die InsO enthält zwar keine Regelung, wie die Schlussrechnung im Einzelnen gegliedert sein soll. Nachdem aber unbestrittenes Ziel der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung die Dokumentation der Masseverwaltung sowie der Masseverwertung und die Schaffung der Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Kontrolle der Verwaltertätigkeit durch das Insolvenzgericht, den Schuldner und die Gläubiger ist, ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters, seine Tätigkeit durch die Vorlage geeigneter Unterlagen transparent und nachvollziehbar zu machen.
25 
Sämtliche gängigen Arbeitshilfen im Bereich des Insolvenzrechts enthalten Hinweise und Muster, wie eine Schlussrechnung nebst Anlagen aussehen sollte. Nicht zuletzt hat das IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.) Rechnungslegungshinweise für die insolvenzspezifische Rechnungslegung in Insolvenzverfahren herausgegeben (IDW RH HFA 1.011), welche jedem Fachanwalt für Insolvenzrecht bekannt sein dürften.
26 
Demnach sollte die Schlussrechnung zumindest in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erstellt werden, welche in einzelne Einnahmen- und Ausgabenposten untergliedert ist. Neben den Kontoauszügen ist die Vorlage eines Journals oder Kassenbuchs zu jedem Bankkonto unabdingbar, welches die einzelnen Kontobewegungen auf dem betreffenden Konto abbildet, sowie ein Kassenbuch für die im Betrieb geführte Handkasse. Zu den Buchungsvorgängen sind die zu Grunde liegenden Belege wie Kaufverträge, Rechnungen etc beizufügen.
27 
Der Antragsteller hat gegen seine Pflicht zu einer lückenlosen, zeitlich und sachlich geordneten Aufzeichnung aller Geschäftsvorgänge in einer Unternehmung aufgrund von Belegen massiv verstoßen.
28 
Zunächst bestanden die mit Schreiben vom ... (AS 150) vorgelegten Abschlussunterlagen lediglich aus einer halbseitigen Gegenüberstellung der aufaddierten Einnahmen und Ausgaben (AS 154), welche eine Zuordnung zu einzelnen Einnahmen- und Ausgabenposten (wie z. B. Verwertung Anlagevermögen, Forderungseinzug Lieferung und Leistung, Zinsen, Steuererstattungen etc.) nicht zuließ, einem nicht aussagekräftigen Schlussbericht und dem Buchungsjournal für das Anderkonto des Antragstellers nebst Bankauszügen (AS 164). Es fehlten hingegen das Kassenbuch für die im laufenden Geschäftsbetrieb geführte Barkasse, das Buchungsjournal und die Kontoauszüge über das Geschäftskonto, über welches die Unternehmensfortführung abgewickelt wurde, sowie sämtliche Belege für die Barkasse und das Geschäftskonto. Auch der Großteil der Belege betreffend die Kontobewegungen auf dem Anderkonto stand nicht zur Verfügung. Die Überprüfung der vorgelegten Unterlagen war ferner deshalb unmöglich, weil bei dem einzigen vorliegenden Buchungsjournal für das Anderkonto nicht aussagekräftige Buchungstexte verwendet wurden wie „Auszahlung, Auskehrung, Guthaben“.
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d) Weiterer Verfahrensgang
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Die entsprechenden Unterlagen und näheren Erläuterungen wurden beim Antragsteller erbeten (AS 165 a). Hierauf teilte dieser mit, er könne über die Barkasse nicht Rechnung legen, weil das Kassenbuch und die Belege nicht auffindbar seien (AS 168). Da aber vom Anderkonto des Insolvenzverwalters umfangreiche Barauszahlungen in Höhe von 12.400,00 EUR getätigt wurden, welche angabegemäß in diese Barkasse eingelegt wurden, ist die fehlende Kontrollmöglichkeit durch das Gericht und die weiteren Verfahrensbeteiligten nicht hinnehmbar.
31 
Erst nach weiteren Beanstandungen durch die zuständige Rechtspflegerin, der zwischenzeitlichen Beauftragung eines Steuerberaters mit der Schlussrechnungsprüfung und unter dem Druck eines gegen den Antragsteller laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens wurden weitere Unterlagen nach und nach zur Akte gereicht, zuletzt am ... die Belege betreffend das Fortführungskonto, welche dem Antragsteller wohl von der kontoführenden Bank zur Verfügung gestellt worden sind (AS 268). Die mehrfachen Nachbesserungen, welche zudem weitere im folgenden beschriebene Zweifelsfragen aufwarfen, offenbaren einmal mehr die Ungeeignetheit des Antragstellers.
32 
Problematisch sind die Barauszahlungen an den Geschäftsführer. Hierüber existieren lediglich Barauszahlungsquittungen und das reproduzierte Saldenjournal des fortgeführten Geschäftskontos (AS 167 f.). Es fragt sich, wie der Antragsteller deren zweckentsprechende Verwendung sicherstellte, wenn er lediglich den Nachweis führen kann, dass die Barauszahlungen erfolgten, nicht aber wofür. Einige Barabhebungen vom Anderkonto des Antragstellers können bis heute nicht nachvollzogen werden. Beträge in Höhe von 2.000,00 EUR wurden jedenfalls nicht in die Barkasse eingelegt (AS 239).
33 
In derselben Weise erfolgte die Veräußerung des Unternehmens. Der Kaufvertrag soll angeblich mündlich geschlossen worden sein, andererseits übernahm der Antragsteller über den Zeitpunkt des Gefahrübergangs hinaus finanzielle Verpflichtungen gegenüber dem Versicherer, erzwungen durch die verzögerte Entrichtung des Kaufpreises (AS 168). Indem der Antragsteller den Verkauf des Unternehmens lediglich durch Rechnungstellung dokumentierte (AS 207), hat er es versäumt, die Grundlagen zu schaffen, damit das Insolvenzgericht seiner Aufsicht und die Gläubiger ihrer Kontrolle genügen können; eine Dokumentationspflicht, die nicht zuletzt zum Schutze des Verwalters besteht.
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aa) Schlussrechnungsprüfung durch einen Sachverständigen
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Die zuständige Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom ... Herrn Dipl.-Kfm. ... als Gutachter zur Schlussrechnungsprüfung bestellt (AS 200). Die Zulässigkeit der Einschaltung des Sachverständigen als solche durch das Insolvenzgericht steht außer Frage ( BT-Drucksache 12/2443, S. 131), umstritten ist allein, ob der Gutachtensauftrag neben formellen auch materielle Prüfungsaufgaben vorsehen darf ( Haertlein, NZI 2009, 577, 579). Das vorliegende Verfahren über die Aufnahme in die Vorauswahlliste ist nicht geeignet, zu diesem Streit abschließend Stellung zu nehmen. Zu Gunsten des Antragstellers war daher das Gutachten nur insoweit zu verwerten, als es zur Nachvollziehbarkeit und Vollständigkeit der Schlussrechnung als Spiegel der Tätigkeit des Insolvenzverwalters Stellung nimmt.
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Der Gutachter ... verneinte die Ordnungsgemäßheit der vorgelegten Schlussrechnung, da sie weder den Anforderungen der Klarheit noch der Übersichtlichkeit gerecht wird, sie verfehle ihr Ziel, einem Dritten einen Überblick über die Tätigkeit des Antragstellers zu vermitteln. Daneben bemängelte er die verzögerte Vorlage des Schlussberichts, die unvollständige Erfassung der Einzelpositionen, mangelnde Erläuterungen, einmal eine Doppelzahlung. Die Zeiträume der vorläufigen und endgültigen Insolvenzverwaltung seien nicht voneinander getrennt worden. Auffallend sei, dass die fortgeführte Barkasse zeitweise im Soll geführt worden sei. Insoweit wird auf das Gutachten des Sachverständigen ... vom ... Bezug genommen.
37 
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom ... zu dem Gutachten und den dort aufgeworfenen Fragen Stellung genommen (AS 227). Seine Einlassungen reichen von Entschuldigungen bis zur Kritik an Standpunkten des Gutachters und ließen, wie die Verfügung der Rechtspflegerin vom ... belegt, wiederum weitere Fragen offen (AS 239).
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bb) Übersendung der Insolvenzakte an die Staatsanwaltschaft
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Nach Eingang des Gutachtens leitete die erkennende Richterin mit Verfügung vom ... die Akten der Staatsanwaltschaft Mannheim zu mit der Bitte um Prüfung des Verdachts der Untreue, Betrugs, Urkundenfälschung und Verletzung der Buchführungspflichten (AS 212). Das hierauf eingeleitete Ermittlungsverfahren (AZ: ... ) ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch nicht abgeschlossen, so dass der Antragsteller im Strafverfahren die Unschuldsvermutung für sich in Anspruch nehmen kann. Diese Vermutungswirkung greift indessen nicht im vorliegenden Verfahren, in welchem der Antragsteller das entscheidende Insolvenzgericht von seiner Geeignetheit überzeugen muss. Von daher können sich die erkennenden Richterin und Richter jeder Stellungnahme über die Strafbarkeit des Antragstellers enthalten, weil er sich im festgestellten Umfang anlässlich des Insolvenzverfahrens ... und der übrigen noch darzustellenden Verfahren als ungeeignet erwiesen hat. Ungeachtet dessen führt die strafrechtlich vorgeprägte Unschuldsvermutung nicht zur Geeignetheit zur Aufnahme auf die Vorauswahlliste, sondern allenfalls zu einem befristeten Aufschub des Streichens von der Liste ( OLG Brandenburg , NZI 2009, 682, 683).
40 
2. Auch in dem Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des ... mussten die Abschlussunterlagen bemängelt werden, da die Schlussrechnung lediglich aus einer zusammenfassenden Auflistung der Einnahmen und Ausgaben während der Insolvenzverwaltung nebst Kontoauszügen bestand (AS 90). Die Belege zu den Buchungsvorgängen waren, wie auch im Verfahren ... , nicht beigefügt. Auch musste das Verzeichnis der bei einer Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen gemäß § 188 InsO gesondert angefordert werden, da es den Schlussrechnungsunterlagen nicht beigefügt war (AS 121). Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist weiter, dass der Antragsteller im Schlussbericht den Fortbestand des Insolvenzbeschlags hinsichtlich der noch offenen Steuererstattungsansprüche für die Jahre 2003 und 2005 anregte, obwohl diese nach dem vorgelegten Kassenbuch bereits ausbezahlt worden waren (AS 96). Dies deutet wiederum darauf hin, dass das Kassenbuch wie die Buchhaltung erst nachträglich gefertigt wurden, obgleich nur insgesamt elf Bankauszüge zu sichten waren.
41 
Vor Verfahrensaufhebung teilte der Antragsteller auf Anfrage des Gerichts mit, er rechne nicht mit Steuererstattungen für die Jahre 2006 und 2007 und sehe daher von der Fertigung entsprechender Steuererklärungen ab (AS 121). Folglich hat das Gericht bei Aufhebung des Verfahrens nicht die Nachtragsverteilung gemäß § 203 InsO angeordnet, so dass die Beschlagnahmewirkung bezüglich eventueller Erstattungsansprüche entfallen ist. Es war daher Zufall, dass das Steuerguthaben für 2007 in Höhe von 837,10 EUR, welches auf Grund einer Steuererklärung des Schuldners vom Finanzamt erstattet wurde, dem Treuhänder-Anderkonto gutgeschrieben und nicht etwa an den Schuldner oder etwaige Pfändungsgläubiger des Schuldners ausbezahlt wurde.
42 
Auf Grund weiterer Einnahmen, welche noch dem eröffneten Verfahren zuzurechnen waren, war wiederholt eine Nachberechnung der Gerichtskosten anzustellen, welche gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Wert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu erheben sind. Erfasst werden deshalb sämtliche Einnahmen von der Eröffnung bis zur Aufhebung. Es ist der Reinerlös zu Grunde zu legen ( Hartmann , Kostengesetze, 39. Aufl., § 58 GKG Rdnr. 4), denn nur aus dem realisierbaren Erlös der Masse werden die Gläubiger befriedigt ( Haarmeyer/Wutzke/Förster , InsVV, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 14). Da der Antragsteller diese nicht vollständig erfasst hatte, stellte er in die überholte Schlussrechnung zu geringe Gerichtskosten ein (AS 144). Seine bestehende Unsicherheit offenbarte er beispielhaft im Schreiben vom ... , in dem er „um Mitteilung bittet, sofern diesbezüglich Abweichungen ... gegeben sein sollten.“ (AS 117). Ohne Intervention des Gerichts wäre ein zu großer Betrag an die Gläubiger ausgeschüttet worden zu Lasten der noch offenen Gerichtskosten.
43 
Bei der anschließenden Quotenausschüttung erfolgte die Verteilung bezüglich Forderung Tabelle Nr. 3 nicht an die Titelinhaberin, sondern auf Anzeige der Forderungsabtretung durch einen Dritten an diesen, ohne dass der Antragsteller sich die Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite hätte entsprechend § 727 ZPO in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form nachweisen lassen. Der Nachweis der Rechtsnachfolge sowie die erforderliche Berichtigung der Insolvenztabelle erfolgten erst auf Veranlassung des Gerichts (AS 127).
44 
3. In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des ...wurde das Verfahren mit Beschluss vom ... (AS 76) aufgehoben. Mit Schriftsatz vom ... legte der Antragsteller ein Verteilungsverzeichnis für das erste Jahr der Wohlverhaltensperiode vom 03.07.2007 bis 03.07.2008 vor, ohne zuvor die noch offenen und gemäß §§ 53, 54 InsO vorrangig zu berichtigenden Gerichtskosten auszugleichen (AS 89, 93). Im Verteilungsverzeichnis für das Folgejahr wurde der Verteilungsbetrag erneut und ohne Gerichtskostenabzug als Rückstellung aufgeführt (AS 96).
45 
Während des Verfahrens zahlte die Ehefrau des Schuldners monatliche Raten zu je EUR 25,- an die Masse, womit die Mindestvergütung des Treuhänders gedeckt war. Dessen ungeachtet beantragte der Antragsteller die Auszahlung der Mindestvergütung für das zweite Jahr der Wohlverhaltensperiode aus der Staatskasse (AS 107).
46 
Diese Vorgehensweise war nach den Berichten der Rechtspflegerinnen der Insolvenzabteilung stellvertretend für mehrere ähnlich gelagerte Fälle.
47 
4. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des ... verstieß der Antragsteller gegen seine Pflicht, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu übernehmen (vgl. § 148 InsO). Dazu gehört auch die Ermittlung der Forderungen und deren Höhe ( Wegener in: Frankfurter Kommentar, InsO, 5. Aufl., § 148 Rn. 4a). Der verheiratete Schuldner war bei der Stadt ... beschäftigt. Noch ca. ein Jahr nach dem Prüfungstermin am ... war mit Blick auf die Notwendigkeit der Berechnung des pfändbaren Einkommens des Schuldners die Unterhaltsberechtigung der Ehefrau nicht restlos geklärt. Der Arbeitgeber des Schuldners berücksichtigte die Ehefrau als unterhaltsberechtigte Person, obwohl sie dies - zumindest nicht in vollem Umfang - war (AS 84). Eine endgültige Berechnung der Unterhaltsansprüche musste durch die Rechtspflegerin vom Antragsteller angefordert werden (AS 92). Dem gering verdienenden Schuldner (1.460,03 EUR netto) wurden seitens seines Arbeitgebers im Juli 2006 520,- EUR und in der Folgezeit weitere 100,- EUR monatlich vom Gehalt abgezogen, weil der tatsächlich pfändbare höhere Betrag auf Grund dieses Versäumnisses nicht zuvor an den Insolvenzverwalter abgeführt worden war. Anstatt hier klare Verhältnisse zu schaffen, erwartete der Antragsteller, der Schuldner solle den pfändbaren Betrag selbst ausrechnen und an ihn überweisen (AS 86). Schlussendlich musste sich der Antragsteller auf eine Vereinbarung einlassen, damit nicht an die Insolvenzmasse abgeführte pfändbare Beträge vom Arbeitseinkommen des Schuldners zur Masse gelangen (AS 107).
48 
IV. Anhörung des Antragstellers im Rahmen der Bewerbung
49 
Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung am ... bestätigte und intensivierte der Antragsteller die vorstehend geschilderten Sachverhalte und das daraus gewonnene Urteil der Ungeeignetheit.
50 
Die erkennende Richterin und erkennenden Richter konfrontierten den Antragsteller in pauschaler Form mit seinen gezeigten Fehlleistungen. Diese verteidigte er entweder mit Äußerungen, „dass immer einmal Fehler aufträten“, oder die Schuld bei den überzogene Ansprüche stellenden Rechtspflegerinnen läge, oder gar, was zeitnahes Buchen anbelange, „dies auch drei Jahre nach dem Geschäftsvorfall“ geschehen könne. Insgesamt vermissten die anhörenden Richter Einsichts- und Kritikfähigkeit beim Antragsteller, der stattdessen den Versuch unternahm, seine Gesprächspartner zur Rechtfertigung der bis dahin noch nicht feststehenden Entscheidung zu bewegen. Die Anhörung entfernte sich auf diese Weise von dem Ziel des gegenseitigen Werbens um Verständnis für die Qualitätsanforderungen bei Insolvenzverwaltungen durch die Gerichte und der Leistungsbereitschaft der Insolvenzverwalter. Es endete beim Antragsteller im Verharren, „alles richtig gemacht zu haben.“ Von daher musste jeder Versuch scheitern, den Antragsteller von sorgfältigerem und verantwortungsbewussterem Arbeiten zu überzeugen.
51 
V. Ergebnis:
52 
Die Selbstdarstellung, die der Antragsteller bot, bestätigte die mehrfachen Beschwerden von Schuldnern über die Form seines Auftretens, das diese teilweise als dreist beschrieben. Zum anderen wirkt das Verhalten des Antragstellers jeder Hoffnung entgegen, er werde künftig und dauerhaft sein Insolvenzverwalteramt in geeigneter Form ausüben. Die Zurückweisung des Antrags entspricht deshalb dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil nicht nur einzelne Verfahren Anlass zur Kritik geben, sondern die Fehlleistungen in der Persönlichkeit und dem Charakter des Antragstellers begründet sind, zu deren Korrektur er weder gewillt noch in der Lage ist. Abgesehen davon sind die behandelten Fälle nur eine Auswahl aus vielen anderen Verfahren, in denen ähnliche Bearbeitungsdefizite festzustellen und zu beanstanden waren.
53 
Auch die theoretische Möglichkeit, den Antragsteller künftig nur in einfach gelagerten Fällen zu bestellen, stellt die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht in Frage. Abgesehen davon, dass solche Fälle nicht mit Verlässlichkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Auswahl des Insolvenzverwalters ausgewählt werden können, hat der Antragsteller in den behandelten Fällen ausnahmslos gegen elementare Regeln der Insolvenzverwaltung verstoßen, die auch in einfach gelagerten Fällen unverzichtbar sind. Die Grundsätze der Massesicherung, der Transparenz der Rechnungslegung und damit des Verwalterhandelns sind die Rechtfertigung für den staatlichen Eingriff in die Verfügungsbefugnis des Vermögensinhabers, die keine Leichtfertigkeiten duldet. Solche aber zeigte der Antragsteller und vermittelte den deutlichen Eindruck im Rahmen seiner Anhörung, dass er den begonnenen Weg fortsetzen wird. Der erkennenden Richterin und den erkennenden Richtern ist es verwehrt, sehenden Auges sachwidrig von ihrer Eingriffskompetenz in fremdes Vermögen, das ist nicht weniger als die Legitimation des Insolvenzrichteramtes, Gebrauch zu machen. Der Antragsteller erweist sich deshalb als ungeeignet, die grundsätzlich an den Bewerber zu stellenden Anforderungen für die erstrebten Ämter zu erfüllen. Sein Antrag auf Aufnahme in die Vorauswahlliste beim AG Mannheim war daher zurückzuweisen.
C.
54 
Gerichtskosten fallen erst gemäß § 30 EGGVG an und waren nicht zu erheben. Eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten sieht das Gesetz nicht vor.
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(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme

Annotations

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

(1) Das Insolvenzgericht hat alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Gegen die Anordnung der Maßnahme steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Das Gericht kann insbesondere

1.
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen, für den § 8 Absatz 3 und die §§ 56 bis 56b, 58 bis 66 und 269a entsprechend gelten;
1a.
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen, für den § 67 Absatz 2, 3 und die §§ 69 bis 73 entsprechend gelten; zu Mitgliedern des Gläubigerausschusses können auch Personen bestellt werden, die erst mit Eröffnung des Verfahrens Gläubiger werden;
2.
dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen oder anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind;
3.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind;
4.
eine vorläufige Postsperre anordnen, für die die §§ 99, 101 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gelten;
5.
anordnen, dass Gegenstände, die im Falle der Eröffnung des Verfahrens von § 166 erfasst würden oder deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und dass solche Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung sind; § 169 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nur, soweit der durch die Nutzung entstehende Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt. Zieht der vorläufige Insolvenzverwalter eine zur Sicherung eines Anspruchs abgetretene Forderung anstelle des Gläubigers ein, so gelten die §§ 170, 171 entsprechend.
Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen berührt nicht die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes und die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren, die in Systeme nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden. Dies gilt auch dann, wenn ein solches Rechtsgeschäft des Schuldners am Tag der Anordnung getätigt und verrechnet oder eine Finanzsicherheit bestellt wird und der andere Teil nachweist, dass er die Anordnung weder kannte noch hätte kennen müssen; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Anordnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(3) Reichen andere Maßnahmen nicht aus, so kann das Gericht den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so gilt entsprechendes für seine organschaftlichen Vertreter. Für die Anordnung von Haft gilt § 98 Abs. 3 entsprechend.

Vor einer Verteilung hat der Insolvenzverwalter ein Verzeichnis der Forderungen aufzustellen, die bei der Verteilung zu berücksichtigen sind. Das Verzeichnis ist auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Der Verwalter zeigt dem Gericht die Summe der Forderungen und den für die Verteilung verfügbaren Betrag aus der Insolvenzmasse an; das Gericht hat die angezeigte Summe der Forderungen und den für die Verteilung verfügbaren Betrag öffentlich bekannt zu machen.

(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin

1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden,
2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder
3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.

(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.

(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.

(1) Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens werden nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedigung dienen, werden nur in Höhe des für diese nicht erforderlichen Betrags angesetzt. Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist von den bei der Fortführung erzielten Einnahmen nur der Überschuss zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben ergibt. Dies gilt auch, wenn nur Teile des Unternehmens fortgeführt werden.

(2) Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger gestellt, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag nach dem Betrag seiner Forderung, wenn jedoch der Wert der Insolvenzmasse geringer ist, nach diesem Wert erhoben.

(3) Bei der Beschwerde des Schuldners oder des ausländischen Insolvenzverwalters gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse gilt Absatz 1. Bei der Beschwerde eines Gläubigers gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags gilt Absatz 2.

(4) Im Verfahren über einen Antrag nach Artikel 36 Absatz 7 Satz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Mehrbetrag, den der Gläubiger bei der Verteilung anstrebt.

(5) Im Verfahren über Anträge nach Artikel 36 Absatz 9 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Betrag der Forderung des Gläubigers.

(6) Im Verfahren über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102c § 26 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gegen die Entscheidung über die Kosten des Gruppen-Koordinationsverfahrens bestimmt sich der Wert nach der Höhe der Kosten.

(1) Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

(2) Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen.

Aus der Insolvenzmasse sind die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vorweg zu berichtigen.

Kosten des Insolvenzverfahrens sind:

1.
die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren;
2.
die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses.

(1) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen.

(2) Der Verwalter kann auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses die Herausgabe der Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. § 766 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht tritt.