Amtsgericht Lemgo Urteil, 26. Aug. 2013 - 19 C 481/12
Tenor
Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Lemgo vom 16.05.2013 wird aufrecht erhalten, soweit der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.252,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.12.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Insoweit darf die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
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3Die Klägerin begehrt von dem Beklagten den Ausgleich eines ihrerseits nach Eintritt eines Versicherungsfalls geleisteten Schadensersatzes.
4Am Morgen des 25.12.2010 entwendete der Beklagte in der Gaststätte pp. zunächst den Fahrzeugschlüssel des PKW Fiat Punto, amtliches Kennzeichen pp., und im Anschluss hieran den PKW selbst, welcher auf dem Parkplatz vor der Gaststätte abgestellt war. Im Zustand alkoholbedingter Fahruntauglichkeit bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,78 ‰ fuhr er von dem Parkplatz herunter. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte auch nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis. Der Beklagte befuhr sodann unter anderem die Straße pp., wo er aufgrund seiner Fahruntüchtigkeit gegen zwei dort am Straßenrand abgestellte PKW fuhr und diese beschädigte. Er versuchte zunächst, sich vom Unfallort zu entfernen, was ihm jedoch nicht gelang. Mit Urteil des Amtsgerichts Lemgo vom 15.07.2011, Az.: 22 Ds-35 Js 313/11-66/11 wurde der Beklagte aufgrund dieses Sachverhalts wegen Diebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Alkoholkonsums in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt.
5Die Klägerin, bei welcher der entwendete Fiat Punto zum Zeitpunkt des Geschehens kaskoversichert war, regulierte die durch den Unfall an den geparkten Fahrzeugen entstandenen Schäden gegenüber den jeweiligen Fahrzeughaltern. Der Ausgleich gegenüber dem Halter pp., welcher hier streitgegenständlich ist, erfolgte am 16.03.2011.
6Die Klägerin begehrt nun von dem Beklagten die Erstattung ihrer Auslagen. Sie ist der Ansicht, im Innenverhältnis aufgrund der Obliegenheitsverstöße gegen ihre AKB des Beklagten gegenüber diesem leistungsfrei geworden zu sein. Als Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs sei er auch vom Versicherungsschutz umfasst gewesen, so dass die Klägerin im Außenverhältnis trotz seiner fehlenden Berechtigung zur Nutzung des PKW zur Regulierung der entstandenen Schäden verpflichtet gewesen sei. Nachdem sie den Beklagten gemahnt habe, befinde sich dieser mit der Erstattung in Verzug.
7In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.05.2013 erschien für den Beklagten niemand. Auf Antrag der Klägerin erging sodann ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten. Gegen dieses ihm am 23.05.2013 zugestellte Versäumnisurteil legte er mit Schriftsatz vom 06.06.2013, bei Gericht an diesem Tage eingegangen, Einspruch ein.
8Die Klägerin beantragt,
9das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Lemgo vom 16.05.2013 aufrecht zu erhalten.
10Der Beklagte beantragt,
11das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Lemgo vom 16.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
12Er ist der Ansicht, dass einer Inanspruchnahme durch die Klägerin seine fehlende Eigenschaft als Versicherungsnehmer entgegen stünde. Die Verpflichtungen aus den AKB würden ihn daher nicht binden. Eine Ausgleichspflicht seinerseits gegenüber der Klägerin bestehe daher ebenfalls nicht. Der Höhe nach sei ein Anspruch der Klägerin ebenfalls nicht gegeben. Überdies habe er sich mit den betroffenen Haltern im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren auf Ausgleichszahlungen geeinigt. Den entsprechenden Betrag habe er an den Halter pp. bereits gezahlt. Hieran müsse sich die Klägerin festhalten lassen. Auch sei er zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin gemahnt worden.
13Die Akte der StA Detmold, Az.: 35 Js 313/11, war zum Termin am 16.05.2013 beigezogen.
14Entscheidungsgründe
15Der Einspruch ist zulässig.
16Insbesondere ist er form- und fristgemäß eingelegt worden, §§ 339 Abs. 1, 340 ZPO.
17In der Sache hat er jedoch weit überwiegend keinen Erfolg.
18Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 2.252,83 EUR gegen den Beklagten aus § 426 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 116 Abs. 1 VVG.
19Zwischen der Klägerin und dem Beklagten besteht grundsätzlich eine gesamtschuldnerische Haftung.
20Aufgrund des von ihm verursachten Verkehrsunfalls haftet der Beklagte gegenüber dem Halter pp. selbst nach §§ 7 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 18 Abs. 1 StVG. Die hierfür erforderliche Schwarzfahrt liegt vor. Der Beklagte hat vorliegend sowohl den Fahrzeugschlüssel als auch das Fahrzeug Fiat Punto mit dem amtlichen Kennzeichen pp. entwendet und ist ohne das Wissen des Fahrzeughalters mit diesem gefahren. Auch musste der Fahrzeughalter nicht mit diesem Vorgehen des Beklagten rechnen. Bei dieser Fahrt hat der Beklagte auch einen Schaden verursacht, für welchen er auch allein haftet. Eine Mithaftung des Halters pp. kommt hier nach § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB nicht in Betracht, da dieser keinerlei Ursachen für den Unfall gesetzt hat.
21Auch die Klägerin haftet dem Halter pp. gegenüber nach §§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4, 116 VVG.
22Der Beklagte ist überdies im Sinne der §§ 115 Abs. 1 S. 4, 116 Abs. 1 VVG aufgrund seiner Fahrt als Versicherungsnehmer anzusehen. Der Fahrer eines Fahrzeugs ist im Rahmen der Haftpflichtversicherung grundsätzlich mitversichert, A. 1.2 AKB 2008, unabhängig von seiner Berechtigung (vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Auflage 2010, AKB 2008 A.1.2 Rn. 4).
23Die Klägerin ist gegenüber dem Beklagten auch leistungsfrei geworden nach §§ 28 Abs. 2, 116 Abs. 1 S. 1, S. 2 VVG i.V.m. D.3.1 der AKB 2008.
24In dem Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten finden die AKB 2008 aufgrund der Fahrereigenschaft des Beklagten im Sinne von A.1.2 AKB 2008 unmittelbar Anwendung. Der Beklagte hatte sich als Fahrer des Fahrzeugs ebenfalls so zu verhalten wie der Versicherungsnehmer der Klägerin.
25Der Beklagte hat vorliegend auch gegen die AKB 2008 verstoßen. Insbesondere hat er durch den Antritt der Fahrt in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gegen D.2.1 und D.3.1 der AKB 2008 verstoßen. Auch liegt ein Verstoß gegen D.1.2 und D. 1.3 der AKB 2008 vor. Weder handelte der Beklagte als berechtigter Fahrer mit Wissen und Wollen des Verfügungsberechtigten, als er die Fahrt antrat, noch war er im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis. Des Weiteren hat er, indem er versuchte, vom Unfallort zu flüchten, gegen E.1.3 der AKB 2008 verstoßen, da er so nicht der bestehenden Aufklärungspflicht nachkam.
26Die Verletzungen dieser Obliegenheitspflichten erfolgten wenigstens grob fahrlässig. Es genügt hierfür, dass dem Fahrer als Versicherten jedenfalls dem Grundgehalt nach die Pflicht, gegen welche er verstoßen hat, bekannt ist. Dem Beklagten war bei Fahrtantritt bekannt, dass er über keine gültige Fahrerlaubnis verfügt. Auch hätte er erkennen können und müssen, dass er alkoholbedingt nicht mehr fahrtüchtig war. Ebenso hätte er erkennen können und müssen, dass er nach der Kollision mit den geparkten Fahrzeugen vor Ort hätte verbleiben müssen, um das Geschehen aufzuklären. Dass er den Unfall bemerkt hat, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass er versucht hat, sich vom Unfallort zu entfernen. Dass er durch sein Verhalten nicht nur gegen strafrechtlich relevante Vorschriften verstößt, sondern dies auch versicherungsrechtliche Auswirkungen haben würde, hätte er ohne weiteres erkennen können und müssen.
27Der Anspruch der Klägerin besteht auch der Höhe nach. Der Beklagte hat der Klägerin diejenigen Zahlungen zu ersetzen, welche sie zur Regulierung des Schadens geleistet hat. Die Klägerin hat den Schaden des Halters pp. auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens reguliert. Des Weiteren hat sie ihm die durch die außergerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwaltes angefallenen Kosten erstattet.
28Soweit der Beklagte eine Vereinbarung mit den Geschädigten geschlossen und gegenüber dem Halter pp. auch erwiesener Maßen die vereinbarte Summe gezahlt hat, entpflichtet ihn dies nicht von einer Zahlung gegenüber der Klägerin. Die Klägerin ist nicht an die getroffene Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Halter pp. als Geschädigten gebunden, da die von ihr vorgenommene Regulierung unstreitig bereits im März 2011, mithin einige Monate vor der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Halter pp., erfolgte.
29Das Versäumnisurteil war allerdings aufzuheben, soweit der Beklagte zur Zahlung von Verzugszinsen seit dem 29.06.2011 verurteilt worden war. Insoweit besteht ein Anspruch nach §§ 280 Abs.1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu Gunsten der Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht. Es ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte sich in Verzug befand. Er hat ausdrücklich und wiederholt bestritten, ein Mahnschreiben von der Klägerin erhalten zu haben. Die Klägerin hat weder das fragliche Mahnschreiben vorgelegt noch weiter zum Erhalt des Schreibens vorgetragen.
30Ihr konnten daher keine Verzugszinsen, sondern allein Prozesszinsen nach §§ 288 Abs. 1, 291 BGB i.V.m. § 696 ZPO zugesprochen werden. Der Zinsbeginn richtet sich dabei nach dem Tag der Abgabe (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, § 696 Rn. 5).
31Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 344 ZPO. Dem Beklagten waren die Kosten des gesamten Rechtsstreits sowie die Kosten seiner Säumnis aufzuerlegen. Soweit das Versäumnisurteil aufgehoben wurde, handelt es sich lediglich um eine geringfügige Nebenforderung, welche ohne Einfluss auf Streitwert und Kosten ist.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
33Streitwert:
34bis zum 04.12.2012 1.909,55 EUR,
35seit dem 05.12.2012 2.252,83 EUR.
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(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.
(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.
(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Im Verhältnis der Gesamtschuldner nach § 115 Abs. 1 Satz 4 zueinander ist der Versicherer allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis zur Leistung verpflichtet ist. Soweit eine solche Verpflichtung nicht besteht, ist in ihrem Verhältnis zueinander der Versicherungsnehmer allein verpflichtet. Der Versicherer kann Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte.
(2) Die Verjährung der sich aus Absatz 1 ergebenden Ansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt wird.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschriften des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,
- 1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder - 2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder - 3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.
(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.
(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.
(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.
(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.
(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.