Amtsgericht Krefeld Urteil, 24. Sept. 2015 - 12a C 120/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern bleibt nachgelassen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit geleistet hat.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Rückerstattungsansprüche aus einem Darlehensvertrag.
3Mit Datum vom 15.02.2006 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag als Verbraucherdarlehen über 106.000 EUR mit der Vertragsnummer #####/#### ab. Das Darlehen diente dem Erwerb eines Hausobjektes in Krefeld. Vorgesehen war eine zehnjährige Laufzeit des Vertrages. Im Herbst 2014 wurde der Darlehensvertrag beendet, weil die Kläger zu diesem Zeitpunkt das Objekt veräußert.
4Eine diesbezügliche Anfrage der Kläger beantwortete die Beklagte mit Schreiben vom 14.10.2014 Bl. 12 der Akten dahingehend, dass eine vorzeitige Vertragsbeendigung abhängig sei von einer sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung, die die Beklagte mit 4.569,82 EUR bezifferte. Diesem Schreiben beigefügt war eine Aufhebungsvereinbarung, aus der sich der zuvor genannte Betrag ergab. Mit Begleitschreiben vom 21.10.2014 Bl. 16 der Akten überreichten die Kläger die von ihnen persönlich unterschriebene Aufhebungsvereinbarung an die Beklagte und ließen sich den Erhalt durch die Beklagte bestätigen.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2014 Bl. 17 der Akten forderten die Kläger die unter Vorbehalt gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurück. Zugleich vertraten die Kläger die Ansicht, dass die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung unzutreffend gewesen sei und deswegen das Widerrufsrecht nicht erloschen sei, weswegen sie den Darlehensvertrag widerrufen würden.
6Mit Schreiben vom 26.11.2014 Bl. 21 der Akten ist die Beklagte dem Widerruf entgegengetreten. Eine Rücküberweisung an die Kläger erfolgte lediglich hinsichtlich der bei Vertragsabschluss erhobenen Bearbeitungsgebühr nebst Zinsen.
7Die Kläger sind der Ansicht, die von der Beklagten bei Vertragsschluss erteilte Widerrufsbelehrung genüge nicht den zu stellenden Anforderungen. Wegen dieses Mangels habe eine Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen. Sie seien deswegen berechtigt gewesen mit dem anwaltlichen Schreiben aus November 2014 den Darlehensvertrag zu widerrufen. Angesichts dieses Widerrufs stünde der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung nicht zu:
8Die Kläger beantragen,
9die Beklagte zu verurteilen, an sie 4569,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 697,82 EUR zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte ist der Ansicht, die Kläger seien zum Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung bei Vertragsbeginn nicht berechtigt. Im Hinblick darauf, dass der Darlehensvertrag bereits zuvor beendet gewesen sei, sei eine Rückabwicklung nicht mehr möglich gewesen.
13Die Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, führe dies allein nicht zu einem Rückzahlungsanspruch, denn es müssten noch weitere besondere Umstände hinzutreten, die für einen entsprechenden Anspruch streiten. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Da es sich im vorliegenden Fall um ein so genanntes Präsenzgeschäft gehandelt habe, könne keine Irritationen über den Beginn der Widerrufsfrist eingetreten sein, weswegen diese weiteren Voraussetzungen nicht gegeben sein und der Anspruch der Kläger unbegründet sei.
14Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst der damit überreichten Anlagen und Unterlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist unbegründet.
17Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nach Maßgabe der §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 S. 1,346 Abs. 1 BGB nicht zu.
18Entgegen der Ansicht der Kläger waren diese im November 2014 nicht mehr zum Widerruf der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen berechtigt. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass das Landgericht Krefeld mit Urteil vom 16.09.2015 Az. 2 O 93/15 die auch diesem Vertrag zu Grunde liegende Widerrufsbelehrung als fehlerhaft bewertet hat. Auf diesen Umstand kommt es für die Frage eines Anspruchs der Kläger jedoch nicht allein an. Das Gericht macht sich insoweit die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 27.03.2015 Az. I – 17 U 125/14, in dem aus geführt wird, dass weitere Umstände hinzutreten müssen, damit eine fehlende Deutlichkeit für ein Verhalten kausal wird und ein mögliches Widerrufsrecht begründet.
19Diese weiteren Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall ein so genanntes Präsensgeschäft vorliegt, denn aufgrund der von den Klägern selbst zur Akte gereichten Vertragsunterlagen ist für das Gericht erkennbar, dass sämtliche Willenserklärungen, die zum seinerzeitigen Vertragsschluss geführt haben, er zeitgleich an einem Ort vorgenommen wurden. Von daher ist davon auszugehen, dass auch zu diesem Zeitpunkt die Vertragsunterlagen ausgehändigt wurden, jede andere Betrachtungsweise wäre lebensfremd und entspräche nicht dem üblichen Ablauf eines solchen Vertragsgeschäftes.
20Soweit sich die Kläger zum Vortrag der Beklagten mit Nichtwissen erklärt haben, ist diese Erklärung unzulässig, denn es handelt sich um einen Sachverhalt, der unmittelbar Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Kläger war, so dass diese sich zu diesem Sachverhalt nicht mit Nichtwissen erklären konnten, § 138 Abs. 4 ZPO.
21Bereits aufgrund dieser Situation fehlt es an der Möglichkeit einer Irritation darüber, wann eine Widerrufsfrist beginnt. Durch den Zusammenhang der Unterzeichnung und der Aushändigung der Vertragsunterlagen, steht für jede Vertragspartei unzweifelhaft fest, dass die Widerrufsfrist mit der Aushändigung und damit dem Tag des Vertragsschlusses beginnt. Zutreffend hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass Zweifel nur dann in Betracht kommen können, wenn diese Zeitpunkte auseinanderfallen. Dies galt insbesondere in dem in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Fall des Bundesgerichtshofs, bei dem durch im Vorfeld übersandte Unterlagen Zweifel hinsichtlich des Fristbeginns eingetreten sind. Im vorliegenden Fall fehlt es an vergleichbaren Umständen, die zu Zweifeln führen können.
22Den Klägern ist aber auch im Hinblick auf § 242 BGB ein Berufen auf den von ihnen erklärten Widerruf verwehrt, denn die Kläger haben mit der Beklagten eine Aufhebungsvereinbarung abgeschlossen und damit den ursprünglich bestehenden Vertrag beendet. Ein Widerruf der seinerzeitigen Vertragserklärung war nach Aufhebung des Vertrages nicht mehr möglich, denn die Kläger setzen sich mit diesem Verhalten in Widerspruch zu ihrem vorherigen Handeln, nämlich der Beendigung durch eine Aufhebungsvereinbarung. Zum Zeitpunkt der Aufhebung wäre es den Klägern ohne weiteres möglich gewesen einen Widerruf zu erklären, alle Umstände, die nach Ansicht der Kläger dafür sprachen, waren bekannt und konnten von diesen bei ihren Erklärungen abgewogen und berücksichtigt werden.
23Die Kläger hatten sich aber zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits von der Durchführung des Vertrages gelöst, so dass kein Raum mehr für den späteren Widerruf der Vertragserklärung bestand.
24Soweit die Kläger auf eine Entscheidung des Landgerichts Krefeld verweisen, die die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung als fehlerhaft ansieht, verfängt diese Argumentation nicht, denn der dort entschiedene Fall behandelte einen noch laufenden Darlehensvertrag und ist deswegen mit der Situation des hier bereits aufgehobenen Vertrages nicht vergleichbar. In der dortigen Situation hatte sich die klagende Partei nicht durch eine einvernehmliche Handlung zuvor von dem Vertrag gelöst, so dass in dieser Situation ein Widerruf noch möglich war.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
26Der Streitwert wird auf 4.569,82 EUR festgesetzt.
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(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.