Amtsgericht Hamm Beschluss, 18. Feb. 2015 - 3 F 243/13
Gericht
Tenor
Die Mutter hat das Recht, mit den Kindern T geboren 00.00.2004 und T2, geboren 00.00.2007 in jedem Jahr
a) von dem ersten Montag in den nordrheinwestfälischen Osterschulferien (für 2015 bedeutet dies ab dem 30.03.2015) 11:00 Uhr bis zum letzen Freitag in den nordrheinwestfälischen Osterschulferien ( für 2015 bedeutet dies bis zum 10.04.2015) 15:00 Uhr und
b) von dem ersten Montag in den nordrheinwestfälischen Herbstschulferien (für 2015 bedeutet dies ab dem 05.10.2015) 11:00 Uhr bis zum letzen Freitag in den nordrheinwestfälischen Herbstschulferien ( für 2015 bedeutet das bis zum 16.10.2015) 15:00 Uhr
zusammen zu sein.
Die Mutter hat die Kinder zu Beginn der festgesetzten Umgangszeiten an der Wohnung des Vaters abzuholen und sie dort zum Ende der festgesetzten Zeiten dem Vater wieder zu übergeben.
Der Vater wird angewiesen, den Kindern die notwendigen Pflegeutensilien und urlaubsangemessene Bekleidung mitzugeben.
Die Mutter hat sich mit den Kindern während der Umgangskontakte aufzuhalten:
a) 2015 in Nordrhein-Westfalen,
b) ab 2016 in Deutschland.
Voraussetzungen für den Umgang ist, dass die Mutter ihren kanadischen Pass vor dem jeweiligen Umgang beim Polizeipräsidium C, Polizeiinspektion I, Führungsstelle, T3-Straße, C hinterlegt. Die Abgabe hat am jeweils ersten Montag der nordrheinwestfälischen Oster- und Herbstschulferien bis 10:00 Uhr in der T3-Straße stattzufinden. Weitere Voraussetzung für den beschlossenen Umgang ist es, dass die Mutter dem Vater vor dem jeweiligen Umgang eine Bestätigung der hinterlegenden Stelle vorzeigt. Die Mutter kann den Pass am letzten Freitag der nordrheinwestfälischen Oster- und Herbstferien um 16:00 Uhr beim Polizeipräsidium C, Polizeiinspektion I, T3-Straße wieder abholen.
Die Mutter hat dafür zu sorgen, dass die Kinder während der Umgangskontakte die Möglichkeit haben, über ein Handy Kontakt mit dem Vater aufzunehmen. Außerdem hat sie dem Vater eine Handynummer mitzuteilen, über der dieser die Möglichkeit hat, Kontakt mit den Kindern aufzunehmen, wobei die Kontaktaufnahme durch den Vater auf wichtige Fälle beschränkt ist.
Die Kindesmutter hat ferner an jedem Sonntag um 19:00 Uhr mitteleuropäische Zeit den telefonischen Umgang mit den Kindern mittels Internettelefon. Der Vater hat dafür zu sorgen, dass die Kinder anwesend sind und ihnen die erforderlichen technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Schließlich hat der Vater der Mutter zwei Mal jährlich spätestens 1 Woche nach Zeugnisübergabe die aktuellen Zeugnisse der Kinder zusammen mit mindestens 3 Fotos von jedem Kind zukommen zulassen mit einem Bericht über besondere Gegebenheiten.
Die Gerichtskosten tragen die Kindeseltern zu je 1/2; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Es wird darauf hingewiesen, dass für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss ein Ordnungsgeld bis zu 25000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft angeordnet werden kann.
Gegenstandwert: 6000,-
1
Gründe:
2I.
3Die Kindesmutter ist kanadische Staatsangehörige, die im Norden Kanadas lebt.
4Der Vater ist deutscher Staatsangehöriger palästinensischer Abstammung, der
5mit den Kindern in C lebt. Sie streiten um Umgang.
6Am 00.00.2004 kam T in Bochum auf die Welt. Der Vater erkannte die
7Vaterschaft an. Am 00.00.2005 heirateten die Eltern. Am 00.00.2007 wurde T2 in
8Winnipeg geboren. Die Kinder lebten zeitweilig in Deutschland, zeitweilig in
9Kanada, zum Teil bei den zusammenlebenden Eltern, bei einem Elternteil und
10zeitweilig in Kanada auch in Pflege.
11Der Nunavut Court of Justice übertrug am 18.4.2007 im Wege einer „interim ex
12parte order“ die elterliche Sorge für die Kinder auf die Mutter und am 21.2.2008
13die alleinige elterliche Sorge auf die Mutter im Wege einer „interim order“. Das
14Amtsgericht Bochum übertrug dem Vater im Wege einstweiliger Anordnung am
1525.2.2008 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, Az. 62 F 75/08 EAI. Ab 20.6.2009
16waren beide Kinder in Obhut der Wohlfahrtbehörde in London, Ontario. Am
178.3.2010 und 23.4.2010 entschied der Superior Court of Justice Ontario, dass die
18Kinder zu beiden Eltern zurückkehren sollten.
19T2 lebt seit März 2010, T seit November 2010 beim Vater in Deutschland.
20Das Amtsgericht Hamm wies am 29.12.2011 einen Rückführungsantrag der
21Mutter zurück, Az. 3 F 290/11. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das
22OLG Hamm am 27.3.2012 zurück.
23Das Amtsgericht Bochum übertrug dem Vater am 2.5.2013 zusätzlich zum bereits
24übertragenen Aufenthaltsbestimmungsrecht die Gesundheitssorge, Sorge für die
25schulischen Angelegenheiten und Passangelegenheiten.
26Im Hauptsacheverfahren Sorge AG Hamm, Az. 3 F 340/13 ist dem Vater mit heutigem Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden.
27Die Mutter sah die Kinder im Dezember 2012 für eine Stunde, im April 2013 für 15
28Minuten. Sie hat in Deutschland mehrere Umgangsverfahren geführt. Es wurde
29festgelegt:
30im Wege einstweiliger Anordnung ein Umgang in der Zeit 8.-10.11 und 15.-
3117.11.2013 beschränkt auf das Gebiet Deutschlands und der Niederlande, Az. 3 F
32359/13;
33durch Elternvereinbarung vom 10.4.2014 Umgang im April 2014 beschränkt auf
34Deutschland mit Sicherungsmaßnahme Passhinterlegung, dabei u.a. 10 Tage mit
35Übernachtung, Az. 3 F 39/14;
36im Wege einstweiliger Anordnung zum Jahreswechsel 2014/2015 beschränkt auf
37Deutschland mit Passhinterlegung einschließlich 6 Übernachtungen, Az. 3 F
38198/14. Ein verkürzender Abänderungsantrag der Mutter wurde zurückgewiesen.
39Die Umgänge fanden statt, der letzte Umgang ab dem 28.12.2014 nicht mehr. Die
40Gründe hierfür sind nicht aufklärbar.
41Die Mutter begehrt nach Art. 21 HKÜ unbegleiteten Umgang mit den Kindern in
42Kanada.
43Die Mutter beruft sich darauf, dass die durchgeführten Umgangskontakte sehr
44entspannt und harmonisch verlaufen seien. Der Vater habe den letzten Teil des
45letzten Umgangs ab 28.12.2014 verweigert. Sie beabsichtige kein
46widerrechtliches Verbringen der Kinder nach Kanada, lebe mittlerweile in einem
47festen sozialen Umfeld und gehe einer geregelten Erwerbstätigkeit nach. Ihr
48soziales und kulturelles Umfeld sei genauer zu ermitteln. Nur durch Besuche in
49Kanada könnten die Kinder ihre mütterlichen Wurzeln und die mütterliche Familie
50kennenlernen.
51Die Mutter beantragt, ihr umfangreichen Ferienumgang mit den beiden Kindern
52während der gesamten Schulferien in Kanada, hilfsweise in Europa bzw. in
53Deutschland zu gewähren sowie Telefon- und E-Mailkontakt sowie Informationen
54über die Entwicklung und Fotos.
55Der Vater beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
56Die Mutter kümmere sich nicht kontinuierlich um die Kinder, verhalte sich nicht
57verlässlich absprachegemäß, habe ihre Kontaktdaten nicht durchgehend
58mitgeteilt. Die Mutter habe sich im Rahmen des Umgangs in den Niederlanden
59nicht gut um die Essensversorgung der Kinder gekümmert, den Vater vor den
60Kindern schlecht gemacht und sich nach Ausreisemöglichkeiten nach Kanada
61erkundigt. Der spätere Umgang habe grundsätzlich gut funktioniert, wobei sie den
62letzten Teil des letzten Umgangs nicht wahrgenommen habe. Unbegleiteter
63Umgang außerhalb von C komme wegen Entführungsgefahr nicht in Frage.
64Das Jugendamt hat Stellung genommen. Die Kinder hätten positiv von den
65Umgangskontakten berichtet, es käme aber auch immer wieder zu
66Enttäuschungen durch die Mutter. Das Jugendamt sieht mangelnde
67Bindungstoleranz und Angst beim Vater. Dies müsse aufgearbeitet werden. Der
68Vater unterstütze einen Umgang in Kanada nicht und die Kinder hätten keine
69positiven Vorstellungen von einem solchen Umgang, die der Vater ihnen nur
70geben könne. Das Jugendamt regt an, zweimal jährlich, nämlich jeweils 14tägig in
71den Oster- und Herbstferien Umgang in C mit Sicherungsmaßnahmen
72anzuordnen.
73Das Gericht hat die Eltern, die Kinder und das Jugendamt angehört. Es hat ein
74psychologisches Gutachten eingeholt. Auf das Gutachten vom 15.8.2014, Bl. 118
75ff. der Akte nebst Ergänzung vom 4.12.2014, Bl. 213 ff. der Akte wird verwiesen.
76II.
77Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Gericht nach § 8 Brüssel IIa-VO
78international zuständig, da beide Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in
79Deutschland haben und nach §§ 11, 12 IntFamRVG i.V.m. Art. 21 HKÜ örtlich
80zuständig.
81Der Umgang regelt sich nach Art. 15 KSÜ i.V.m. § 1684 BGB. Hiernach hat das
82Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang
83mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Nur dann, wenn und soweit es zum Wohl
84des Kindes erforderlich ist, kann das Familiengericht das Umgangsrecht
85einschränken oder ausschließen. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder
86seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann
87nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre
88Umgang ist hier anzuordnen, allerdings ein solcher mit unbefristeten
89Einschränkungen, die zum Ausschluss einer Gefährdung des Wohls der Kinder
90erforderlich sind.
91Diese Einschätzung erfolgt auf der Grundlage des eingeholten
92Sachverständigengutachtens, das sich mit den eigenen Einschätzungen des
93Gerichts auf der Grundlage diverser Vorverfahren und der Empfehlung des
94Jugendamts deckt und das Gericht in seiner bisherigen Haltung stärkt.
95So führt der Sachverständige aus, dass beide Kinder in wichtigen Lebensphasen,
96nämlich ihren ersten Lebensjahren konfrontiert gewesen seien mit wiederholten
97Wechseln der Hauptbetreuungsperson, Trennungen, Fremdbetreuungen,
98wiederholten Ortswechseln mit gravierenden Unterschieden in Kultur und
99Lebensbedingungen. Diese Zeit sei gerade wichtig für den Aufbau einer
100Bindungsrepräsentanz, also emotionaler Sicherheit gewesen, was grundlegend
101sei für alle weiteren Entwicklungsschritte. Beide Kinder hätten ein
102Grundsicherungsgefühl aufgrund einer konstanten physischen und psychischen
103Präsenz der Eltern in wichtigen jungen Entwicklungsjahren nicht erfahren dürfen.
104Jedenfalls bei T2 würden sich Hinweise auf Entwicklungsschädigungen
105aufgrund der massiven Störungen in wichtigen Bindungsphasen finden. Es
106spreche alles dafür, dass den Kinder seit 2010 durch stützende, wohlwollende
107und wertschätzende Haltung des Vaters zu ihnen sowie durch seine konstante
108psychische und physische Verfügbarkeit eine erfolgreiche Bewältigung ihrer
109Entwicklungsaufgaben gelungen sei. In der alleinigen väterlichen Obhut hätten sie
110endlich die für ein Kind dringend benötigte emotionale Sicherheit, ein Gefühl für
111das eigene Selbst als unabhängiges Lebewesen und ein grundlegendes
112Verständnis der Welt und anderer Menschen entwickeln können.
113Durch das Zusammenleben mit der Mutter in der Vergangenheit habe diese
114zumindest bei T eine gewisse Bedeutung als Bezugsperson. Es sei von einer
115positiv gestimmten Beziehung beider Kinder zur Mutter auszugehen, so dass der
116Umgang mit der Mutter ihrem Wohl diene.
117Die Ängste des Vaters, dass die Mutter versuchen könnte, die Kinder rechtwidrig
118außer Landes zu bringen, seien aufgrund des mütterlichen Verhaltens in der
119Vergangenheit nachvollziehbar. Die Mutter habe auch in Kenntnis der
120Einschätzung, dass eine Trennung der Kinder vom gewohnten Umfeld entgegen
121deren Bedürfnissen und Interessen sei, keinen Zweifel aufkommen lassen, dass
122sie einen Obhutswechsel nach Kanada anstrebe. So habe sie gegenüber dem
123Sachverständigen angegeben, es sei unverändert ihr fester Wille, dass die Kinder
124bei ihr in Kanada leben sollten und sie arbeite geduldig daran. Sie sehe die
125Integration der Kinder in Deutschland. Sie sei die Mutter und vermisse die Kinder.
126Der Sachverständige stellt bei der Mutter in der Vergangenheit und auch aktuell
127eine massive Einschränkung ihrer Erziehungsfähigkeit fest, in dem sie die
128Verfolgung eigener Wünsche und Bedürfnisse/Bedürftigkeiten nicht
129zurücknehmen könne/wolle, wenn es die kindlichen Bedürfnisse erfordern
130würden. So sei es in der Vergangenheit bereits wiederholt passiert, dass sie die
131kindlichen Bedürfnisse bei der Verfolgung eigener verspürter
132Bedürfnisse/Bedürftigkeiten völlig aus den Augen verloren habe. Es bestünden
133bei ihr deutliche Hinweise auf psychische Instabilität und ungeklärte
134Berauschungsproblematik. Massive psychische Beeinträchtigungen durch den
135Tod ihrer Mutter und einen Verkehrsunfall während der Schwangerschaft mit
136T, bei dem sie Fahrerin gewesen sei und bei der die Tochter des Onkels
137gestorben sei, würden sie psychisch immer noch sehr beeinträchtigen. Es sei
138davon auszugehen, dass diese psychischen Beeinträchtigungen sich heute und
139zukünftig auf ihr Erleben und Verhalten auswirken können, was ihre
140Erziehungsfähigkeit bis hin zur Erziehungsunfähigkeit massiv einschränke. Es sei
141anzunehmen, dass die massive Kindesvernachlässigung 2009 ursächlich durch
142ihre psychische Beeinträchtigung entstanden sein könnte. Ihren damaligen
143Alkoholmissbrauch habe sie nicht fachlich aufgearbeitet, lasse diesen ohne
144Erklärungsmöglichkeiten. Sie habe keine Möglichkeiten, Strategien zu entwickeln,
145dies zukünftig zu verhindern, so dass es erneut zu alkoholbedingten Phasen der
146Erziehungsunfähigkeit kommen könne.
147Es müsse aufgrund der Mängel in der mütterlichen Erziehungsfähigkeit bei
148unbeschränktem Umgang bezüglich Dauer und Örtlichkeit immer damit gerechnet
149werden, dass die Mutter während des Umgangs in eine instabile psychische
150Verfassung gerate und Zuflucht in Berauschung suche und/oder dass sie
151Entscheidungen oder Verhaltensausrichtungen nach eigenen
152Bedürfnissen/Bedürftigkeiten eingehe und dabei die kindlichen Bedürfnisse völlig
153aus den Augen verliere.
154Die väterlichen Sorgen seien vor dem Hintergrund der gravierenden
155Erziehungsfähigkeitsmängel der Mutter und ihrer in den vergangenen Jahren und
156noch im Rahmen der Begutachtung gezeigten sprunghaft wechselnden
157Lebensausrichtung nachvollziehbar. Möglicherweise verfüge sie als Folge erlebter
158Traumatisierungen nicht über eine Orientierung hinsichtlich der eigenen
159Persönlichkeit und ihrer Position in der sozialen Außenwelt und suche verzweifelt
160danach. Niemand, nicht einmal sie selbst könne davon ausgehen, dass einmal
161vorgetragene Verhaltensausrichtungen oder Lebensplanungen von ihr dann auch
162in Zukunft verfolgt würden. Vor dem Hintergrund ihrer
163Persönlichkeitsbeschaffenheit, Entscheidungen ausschließlich an eigenen
164Bedürfnissen auszurichten, bestehe keine Sicherheit, dass die Mutter entgegen
165allen Beteuerungen, in Zukunft nicht doch spontan versuchen werde, die Kinder
166nach Kanada zu verbringen. Dies könne sie aufgrund ihrer
167Persönlichkeitsbeschaffenheit noch nicht einmal selbst versprechen. Sie könne
168aufgrund ihrer Persönlichkeitsbeschaffenheit und der damit verbundenen
169gravierenden Mängel in ihrer Erziehungsfähigkeit uneingeschränkten Umgang mit
170ihren Kindern nicht verantwortungsvoll ausüben. Es müssten bei der
171Umgangsdurchführung Maßnahmen getroffen werden, damit die Kinder vor
172Kindeswohlgefährdungen geschützt seien, wozu gehöre, dass sie bei längeren
173Aufenthalten im mütterlichen Umfeld nicht Phasen der Erziehungsunfähigkeit der
174Mutter in Form von psychischer Instabilität oder Missbrauch von berauschenden
175Stoffen erleben müssten oder spontan außer Landes verbracht würden. Die
176Maßnahmen für Ostern 2014 erachte er für zweckdienlich.
177Diesen Ausführungen des Sachverständigen, die er sorgfältig und überzeugend
178nachvollziehbar erhoben hat, folgt das Gericht. Die Mutter, die dem Gericht durch
179verschieden Vorverfahren seit mehreren Jahren bekannt ist, strebt kontinuierlich
180den Umzug der Kinder nach Kanada an. Sie hat im übrigen für sich immer neue
181Lebensplanungen bzw. Ideen, die ihr Handeln bestimmen. So wechselte sie
182wiederholt, ohne dass ein Plan erkennbar ist, ihren Lebensort, hatte während des
183Verfahrens zeitweilig die Vorstellung, zum Studieren nach Europa zu ziehen. Sie
184ist nicht berechenbar. Ihr zuletzt gezeigtes Verhalten im Zusammenhang mit dem
185Winterkontakt 2014, obwohl sie immer wieder auf die Wichtigkeit von
186Verlässlichkeit hingewiesen worden ist, ist nicht verständlich. So hat das Gericht
187sich in vielen Verhandlungen und Entscheidungen intensiv bemüht, dass die
188Kinder trotz der Vorgeschichte, der weiten Entfernung und der Unwägbarkeiten in
189der Person der Mutter Umgang mit dieser haben, zumal die Kinder hiervon dem
190Gericht wiederholt positiv berichtet haben. Obwohl sie sich in Deutschland
191befand, wollte die Mutter den Umgang dann plötzlich nur abgekürzt wahrnehmen.
192Der Polizei gegenüber gab sie an, sie wolle in den Irak fliegen. Dem Gericht
193gegenüber gab sie keinen Grund an. Als ihr Begehren abgelehnt wurde, gibt sie
194an, bis zum Zeitpunkt der Passherausgabe zwangsläufig in Deutschland
195geblieben zu sein. Selbst wenn ihr Vortrag stimmt, dass der Vater ihr dann den
196weiteren Umgang verweigert habe, erscheint ihr Verhalten nicht verständlich.
197Denn sie hat sich, was nahe gelegen hätte, weder an ihre
198Verfahrensbevollmächtigte noch an das Jugendamt oder das Gericht gewandt,
199um den beschlossenen Umgang einzufordern. Dies wäre aber zum Wohl der
200Kinder erforderlich gewesen. So ist ihr bereits mit Beschluss vom 23.12.2014
201mitgeteilt worden, dass die Kinder ein Recht auf Kontakt zu ihr haben und ein
202Recht auf ungestörte Ausübung in dem vom Gericht festgelegten Rahmen. Hierfür
203hat sie nicht gesorgt, sondern sich von eigenen Interessen leiten lassen, in den
204Irak fliegen zu wollen und dann, aus welchen Gründen auch immer, nicht für eine
205vollständige Durchführung des Umgangs zu sorgen, obwohl sie in Deutschland
206war. Dies hat, wie die Kindesanhörung ergeben hat und dem Gericht sehr
207verständlich ist, zu Enttäuschungen bei den Kindern geführt.
208Zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung bedarf es deswegen der
209beschlossenen, den Umgang einschränkenden Maßnahmen, insbesondere
210Beschränkung der Örtlichkeit und Passhinterlegung. Diese Mittel haben sich
211bereits in der Vergangenheit als effektive Schutzmaßnahmen herausgestellt,
212deren es weiterhin bedarf. Mit der Zeit kann eine gewisse Lockerung betreffend die Örtlichkeit stattfinden. Juristische Absicherung erfolgt durch die heutige sorgerechtliche Maßnahme im Parallelverfahren.
213Es ist an der Mutter, die beschlossenen Umgangskontakte zukünftig verlässlich
214wahrzunehmen. Die Kinder stellen sich hierauf ein, Absagen führen zu
215Enttäuschungen. Solche sind nicht hinzunehmen, wenn keine zwingenden
216Gründe bestehen, die den Kindern kindgerecht bekannt zu geben sind. Insoweit spricht T Angabe, die Mutter habe ihr zuletzt gesagt, sie käme gar nicht mehr,
217aber sie, T, glaube nicht, dass die Mutter dies wirklich so meine, eine
218deutliche Sprache. Die Kinder erleben die Mutter und ihre Angaben als
219unzuverlässig. Erklärungen von ihr werden nicht Ernst genommen, was
220erhebliche Gefahren für den mütterlichen Standpunkt in der Zukunft bedeutet. Die
221Mutter muss unbedingt lernen, Verlässlichkeit in ihren Angaben und ihrem
222Verhalten zu zeigen, damit die Kinder sie weiter akzeptieren. Hierauf sollte die
223Mutter ihren Augenmerk in Zukunft richten, nicht auf ihren Wunsch nach einem
224Aufenthaltswechsel der Kinder nach Kanada. Sie muss daran arbeiten, den
225Kindern und dem Vater gegenüber Verlässlichkeit und Sicherheit in ihrem
226Verhalten zu zeigen. Nur dann kann über eine Lockerung der Schutzmaßnahmen
227nachgedacht werden.
228Das Gericht ist sich darüber im Klaren, dass den Kindern so auf absehbare Zeit
229die Möglichkeit genommen wird, die Kultur und Lebensverhältnisse der Mutter vor
230Ort kennen zu lernen. Dies wäre für die Kinder grundsätzlich wünschenswert, ist
231aber aufgrund der mütterlichen Persönlichkeit absehbar nicht möglich.
232Es kann, da es um die Kinder geht, der Umgang auch nicht dergestalt stattfinden,
233wie die Mutter ihn sich im Einzelfall vorstellt. Es ist vielmehr eine verlässliche,
234dauerhafte Lösung zu entscheiden, an die die Mutter sich zu halten hat. Dabei
235kann ihrer Vorstellung für Frühling 2015 nicht gefolgt werden, da die Kinder die
236Mutter nur zwei Mal im Jahr sehen und der Umgang deswegen entsprechend
237dem nachvollziehbaren Wunsch der Kinder länger sein sollte als von der Mutter
238angedacht. Es sind keine Gründe angegeben noch ersichtlich, warum ihr dies
239nicht ebenso wie in der Vergangenheit zukünftig möglich sein sollte. Dieser
240Beschluss, der unbefristet gilt, gibt ihr, aber auch den Kindern und dem Vater
241langfristige Planungssicherheit.
242Der Umgang ist dergestalt festgelegt, dass Passhinterlegung vor dem
243persönlichen Umgang statt zu finden hat und Anfangs- und Endzeiten so liegen,
244dass im Fall von Problemen Behörden direkt angerufen werden können.
245Telefonkontakte können wegen Berufstätigkeit der Mutter und der
246Zeitverschiebung nach deren Angaben alleine am Wochenende stattfinden. Es
247erscheint ausreichend, dass dies ein Mal je Wochenende der Fall ist. So sind
248auch am Wochenende im Übrigen noch freiere Planungen möglich.
249Es besteht ein nachvollziehbares Interesse an den Zeugnissen und Fotos.
250Allgemeine Entwicklungsberichte erscheinen nicht erforderlich, da die Mutter sich
251zwei Mal jährlich ein eigenes Bild macht. Anderes gilt alleine betreffend die
252Unterrichtung über etwaige besondere Ereignisse.
253Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
254Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
moreResultsText
Annotations
Örtlich zuständig für Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen ist das Familiengericht, in dessen Zuständigkeitsbereich
- 1.
sich das Kind beim Eingang des Antrags bei der Zentralen Behörde aufgehalten hat oder - 2.
bei Fehlen einer Zuständigkeit nach Nummer 1 das Bedürfnis der Fürsorge bekannt wird.
(1) In Verfahren über eine in den §§ 10 und 11 bezeichnete Sache entscheidet das Familiengericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts.
(2) Im Bezirk des Kammergerichts entscheidet das Familiengericht Pankow.
(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnung einem anderen Familiengericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Familiengericht für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.