Amtsgericht Halle (Saale) Urteil, 28. März 2013 - 93 C 3961/12

ECLI:ECLI:DE:AGHALLE:2013:0328.93C3961.12.0A
bei uns veröffentlicht am28.03.2013

Tenor

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auf bis 300,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht einen Unterlassungsanspruch wegen einer behaupteten Ehrverletzung geltend.

2

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn bei der Stadt H… wegen unzulässigen Lärms angezeigt. Der Beklagte habe dem Kläger vorgeworfen, am 1. Mai 2012 gegen 12.00 Uhr in H… die Nachbarschaft durch Betreiben eines Rasenmähers erheblich belästigt zu haben. Dieser Vorwurf sei unwahr, weil der Kläger am 1. Mai 2012 keinen Rasenmäher betrieben habe. Vielmehr habe er sich von 10.15 Uhr bis 15.00 Uhr in der Maiveranstaltung im N… Theater befunden. Auch sonst habe niemand am 1. Mai 2012 auf seinem Grundstück Rasen gemäht. Das auf die Anzeige des Beklagten gegen den Kläger eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren sei inzwischen eingestellt worden.

3

Der Kläger behauptet, er habe sich durch einen anwaltlichen Schriftsatz gegen die unwahren Behauptungen des Beklagten zur Wehr setzen müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bl. 8 d. A. verwiesen. Durch die Abwehr der falschen Behauptung des Beklagten seien ihm vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 402,82 € entstanden.

4

Der Kläger beantragt,

5

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber Behörden zu behaupten oder sonst wie zu verbreiten, der Kläger habe am 1. Mai 2012 gegen 12.00 Uhr im H…weg …, … H… in unzulässigem Ausmaß Lärm erregt durch Betreiben eines Rasenmähers.

2. dem Beklagten für jedem Fall der Zuwiderhandlung gegen oben Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren anzudrohen.

3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 402,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Wegen der Einzelheiten der Behauptungen des Klägers wird auf die Klage vom 22. November 2012 nebst Anlagen sowie die Schriftsätze des Klägers vom 28. Januar 2013 und vom 6. Februar 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

7

Obwohl der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, kann gegen den Beklagten das beantragte Versäumnisurteil nicht ergehen. Denn die Klage ist unbegründet, da sie unschlüssig ist. Allein schon aus dem Vorbringen des Klägers, welches wegen der Säumnis des Beklagten als richtig zu unterstellen ist, ergibt sich, dass die Klage unbegründet ist.

8

Die an sich neutrale Aussage, der Kläger habe zu einem bestimmten Zeitpunkt Rasen gemäht, kann den Kläger in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht berühren. Die Verletzung ist allenfalls minimal und liegt unterhalb der rechtlich relevanten Schwelle. Unerheblich ist, dass die Äußerung des Beklagten für den Kläger rechtliche Nachteile mit sich brachte. Da es sich bei der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts um einen offenen Tatbestand handelt, bedarf es einer gewissen Erheblichkeit der Verletzung (Palandt-Sprau, BGB, 72. Auflage, § 823 Rn. 94). An dieser Erheblichkeit fehlt es vorliegend.

9

Zu beachten ist vor allem, dass im vorliegenden Fall der Kläger lediglich in seiner Sozialsphäre tangiert ist, also in seinen Beziehungen zur Umwelt. Der Persönlichkeitsschutz reicht hier keineswegs soweit wie der Schutz des privaten Bereichs im engeren Sinne (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004, Az. VI ZR 308/03, zitiert nach juris). Zwar sind im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht, etwa bei Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung, auch Eingriffe in die Sozialsphäre des Betroffenen unzulässig (BGH a. a. O.) Solche schwerwiegenden Auswirkungen sind vorliegend keinesfalls zu erkennen. Insbesondere führt der Vorwurf, der Kläger habe unzulässigerweise Rasen gemäht, mit Sicherheit nicht zu Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung. Unwahre Behauptungen im Bereich der Sozialsphäre ohne Belang für die soziale Geltung genügen nicht für die Annahme einer Verletzung des Allgemeines Persönlichkeitsrechts, auch nicht für Abwehransprüche (BGH, Urteil vom 15. November 2005, Az. VI ZR 274/04, zitiert nach juris). Die unwahre Behauptung des Beklagten war auch nicht geeignet, den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Die unzutreffende Behauptung, der Kläger habe durch mittägliches Rasenmähen am Feiertag Nachbarn gestört, mag für den Kläger lästig gewesen sein. Seine persönliche Ehre wurde hierdurch ebenso wenig berührt wie seine Privat-, Geheim- oder Intimsphäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1980, Az. 1 BvR 185/77, zitiert nach juris - „Eppler“).

10

Zudem fehlt es materiell-rechtlich an der Rechtswidrigkeit der Behauptung des Beklagten, da diese zur Einleitung eines förmlichen behördlichen Verfahrens bestimmt war (Palandt-Sprau a. a. O. Rn. 104). Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass dies nur dann gilt, wenn die Äußerung subjektiv redlich erfolgte. Aus dem - als richtig zu unterstellenden - Vortrag des Klägers folgt aber keinesfalls, dass der Beklagte nicht subjektiv redlich handelte. So kann er sich geirrt haben.

11

Letztlich fehlt es auch an der Wiederholungsgefahr, welche tatbestandliche Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist (Palandt-Sprau, BGB, 72. Auflage, Einführung vor § 823 Rn. 24 in Verbindung mit Rn. 19ff.). Zwar begründet es für gleichartige Verletzungshandlungen die widerlegbare Vermutung einer Wiederholungsgefahr, wenn ein Eingriff bereits stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 8. Februar 1994, Az. VI ZR 286/93, zitiert nach juris). Jedoch kann eine Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr angenommen werden, wenn der Eingriff durch eine einmalige Sondersituation veranlasst wurde (BGH a. a. O.). So liegt es hier. Die Anzeige des Beklagten war veranlasst durch das vermeintliche Rasenmähen des Klägers am 1. Mai 2012. Das daraufhin eingeleitete behördliche Verfahren ist beendet. Es ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte nochmals behaupten werde, dass der Kläger am 1. Mai 2012 durch unzulässiges Rasenmähen die Nachbarn erheblich belästigt habe.

12

Mangels rechtswidrigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch die Forderung auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten (Klageantrag 3.) unbegründet.

13

Daher ist die Klage durch streitiges Endurteil (so genanntes „unechtes Versäumnisurteil“, das nicht wegen, sondern trotz der Säumnis des Beklagten ergeht) abzuweisen.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es ist kein Grund zu erkennen, gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO die Berufung des Klägers zuzulassen. Das Gericht hat sich an der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG orientiert.

15

Der Streitwert ist bei Abwägung aller Umstände gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG auf den Mindeststreitwert von 300,00 € festzusetzen. Vorliegend geht es um eine Bagatelle im untersten Bereich dessen, was bei Gericht rechtshängig gemacht werden kann. Klageantrag 3. ist eine Nebenforderung im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG, sodass dieser den Streitwert nicht erhöht, obwohl - wegen der Annahme eines überhöhten Gegenstandswertes - die Nebenforderung vorliegend höher ist als der Streitwert der Hauptforderung. Da das Gericht bislang den Wert weder für die Gerichtsgebühren noch für die Zuständigkeit des Prozessgerichts festgesetzt hat, ist dies gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG nunmehr nachzuholen.


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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2004 - VI ZR 308/03

bei uns veröffentlicht am 07.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 308/03 Verkündet am: 7. Dezember 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2005 - VI ZR 274/04

bei uns veröffentlicht am 15.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 274/04 Verkündet am: 15. November 2005 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 308/03 Verkündet am:
7. Dezember 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
StGB § 218 a Abs. 1
Wird ein Gynäkologe in unmittelbarer Nähe seiner Praxis gegenüber Passanten in
Gesprächen über das Thema "Abtreibung" als Arzt namentlich unter Hinweis darauf
benannt, daß er Abtreibungen vornehme, tritt das Recht auf Meinungsäußerung hinter
das Recht auf Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des betroffenen Arztes
zurück (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 1. April 2003 - VI ZR 366/02 -).
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - VI ZR 308/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger betreibt eine gynäkologische Praxis, in der er unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Am Nachmittag des 24. April 2002 ging der Beklagte vor der Praxis mit einem Sandwich-Plakat auf und ab, auf dem sich vorne die Aufschrift: "Abtreibung tötet ungeborene Kinder" und auf der Rückseite "Du sollst nicht töten. Gilt auch für Ärzte" befand. Außerdem verteilte er Flugblätter, die einen Aufruf zur Hilfe im Kampf gegen die straflose Tötung ungeborener Kinder enthielten. Ferner sprach der Beklagte Passanten, darunter Frauen, die er für Patientinnen des Klägers hielt, vor dessen Praxis direkt an. Er verwickelte sie in Gespräche über
das Thema Abtreibung, in deren Verlauf er darauf hinwies, daß in der Praxis Abtreibungen vorgenommen würden. Der Kläger hat beantragt, es zu unterlassen, Patientinnen des Klägers sowie Passanten in der Nähe von dessen Arztpraxis, K.-Straße 103 in H. und zwar im Bereich der K.-Straße zwischen den Einmündungen der E.-Straße und der Ke.Straße , anzusprechen und wörtlich oder sinngemäß darauf hinzuweisen, daß der Kläger in seiner Praxis Abtreibungen vornimmt. Das Landgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Vor Erlaß des Berufungsurteils hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem ähnlich gelagerten Fall einen Unterlassungsanspruch verneint und die Berufung des klagenden Arztes gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts Heidelberg zurückgewiesen (OLG Karlsruhe - 6 U 189/02 - NJW 2003, 2029). In jenem Fall hatte der Beklagte auf Flugblättern den Arzt namentlich genannt und den Vorwurf erhoben, er nehme rechtswidrige Abtreibungen vor. Der klagende Arzt hat die zugelassene Revision nicht durchgeführt. Der erkennende Senat hat im vorliegenden Fall auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten die Revision zugelassen. Dieser verfolgt sein Begehren auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung veröffentlicht ist in ArztuR 2003, 163 f., greift der Beklagte erheblich in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, indem er Patientinnen und Passanten im Bereich der klägerischen Praxis anspricht und auf die Abtreibungstätigkeit des Klägers hinweist. Der Beklagte sei zwar grundsätzlich berechtigt, öffentlich Abtreibungen zu kritisieren, doch sei die Verhältnismäßigkeit zwischen seiner Motivation und der Intensität des Eingriffs in die Klägerrechte nicht gewahrt. Der Beklagte dränge durch sein Verhalten den Kläger bewusst in eine von diesem ungewollte und nicht herausgeforderte Öffentlichkeit. Dieser werde willkürlich aus einer Vielzahl von Abtreibungsmedizinern ausgewählt und im wesentlichen als Privatperson zum Gegenstand der Personalisierung eines allgemeinen Sachproblems gemacht. Das habe eine unzulässige Prangerwirkung zur Folge. Es komme hinzu, daß der Beklagte sein Ziel durch eine bewusste Irritation des Arzt-Patienten-Verhältnisses und wirtschaftliche Schädigung des Klägers erreichen wolle. Daß sein Verhalten diese Auswirkungen habe und der Beklagte zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt habe, liege auf der Hand.

II.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der Nachprüfung stand. 1. Das Berufungsgericht hat zu Recht dem Unterlassungsbegehren des Klägers entsprochen. Ob eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Diese ergibt, daß unter
den vorliegenden Umständen die Rechte des Beklagten auf Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Glaubens- und Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG hinter den Anspruch des Klägers auf Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zurückzutreten haben.
a) Der Beklagte beruft sich in erster Linie auf die Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß das Verhalten des Beklagten in seiner konkreten Ausgestaltung den Kläger in seiner Sozialsphäre tangiert. Denn das Geschehen fällt in das berufliche Umfeld des Klägers , also in einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (vgl. Senat BGHZ 36, 77, 80; BVerfG, NJW 2003, 1109, 1111; Zimmermanns, ZfL 2003, 79, 80 f.). Der Persönlichkeitsschutz der beruflichen Betätigung reicht zwar keineswegs soweit wie der Schutz des privaten Bereichs im engeren Sinne. Doch sind im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht, etwa bei Stigmatisierung oder sozialer Ausgrenzung, auch Eingriffe in die Sozialsphäre des Betroffenen unzulässig (vgl. BVerfGE 97, 391, 403 f.; 99, 185, 196 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110 f.). Derartige Auswirkungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Indem der Beklagte Passanten und Frauen, die er für Patientinnen des Klägers hält, in unmittelbarer Nähe von dessen Praxis in Gespräche über das Thema Abtreibung verwickelt, den Kläger namentlich benennt und auf dessen Abtreibungstätigkeit hinweist, um die Patientinnen zu irritieren und von dem Besuch der Praxis abzuhalten, würdigt er die berufliche Tätigkeit des Klägers insgesamt herab, obwohl diese legal ist. Er verletzt dadurch den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht.
bb) Auch wenn grundsätzlich Form und Umstände einer Meinungskundgabe so gewählt werden können, daß damit die größte Verbreitung oder die stärkste Wirkung erzielt wird (BVerfGE 93, 266, 289; BVerfGE 97, 391, 398; BVerfG, NJW 2003, 1109, 1110), geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß das Recht auf freie Wahl der Form der Meinungsäußerung nicht schrankenlos gewährleistet ist. Damit verbundene Beeinträchtigungen der Rechte Dritter müssen zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117) sowie erforderlich und das Verhältnis zwischen Rechtsgüterschutz und -beschränkung muß insgesamt angemessen sein (vgl. Senatsurteil, BGHZ 91, 233, 240 m.w.N.). Der Senat folgt der Auffassung des Berufungsgerichts, daß das Verhalten des Beklagten in unverhältnismäßiger Weise eine Prangerwirkung gegen die Person des Klägers entfaltet (zur Prangerwirkung: BVerfGE 97, 391, 406; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359; 2003, 1109, 1110 f. m.w.N.; Senatsurteile vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - VersR 1994, 58 f.; vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - aaO; vom 20. Dezember 1994 - VI ZR 108/94 - unter II. 2 a - juris - sowie Beschluß vom 1. April 2003 - VI ZR 366/02 - VersR 2003, 777, 778). Der Beklagte wählt den Kläger willkürlich aus einer Vielzahl von Abtreibungsmedizinern aus und drängt ihn als Privatperson in eine von ihm ungewollte und nicht herausgeforderte Öffentlichkeit, obwohl der Kläger das Thema, ob Abtreibungen zulässig sein sollen oder nicht, von sich aus nicht in die Öffentlichkeit gebracht hat. In diesem Zusammenhang weist das Berufungsgericht zutreffend auf den Unterschied der Stellung des Klägers zu der des Beschwerdeführers im Verfahren FCKW-produzierende Unternehmen gegen Greenpeace (BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359 und Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - aaO) hin, der dadurch gegeben ist, daß der damalige Beschwerdeführer als Vorstandsvorsitzender eines führenden Chemieunterneh-
mens sich öffentlich in die Kontroverse eingeschaltet hatte. Hingegen hat der Kläger in der Öffentlichkeit zum Thema Abtreibung nicht Stellung genommen. Selbst wenn das Leistungsangebot auf seiner Homepage Abtreibungen mit umfassen sollte, wird damit lediglich über das Behandlungsangebot der Praxis informiert. Dies kann nicht schon als öffentlicher Beitrag zur Abtreibungsdiskussion gewertet werden. cc) Auch bei Berücksichtigung des Zwecks, den der Beklagte nach seinem Vorbringen verfolgt, - nämlich die bestehende Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch zu kritisieren und auf ihre Änderung h inzuwirken - stellt sich seine konkrete Aktion nicht als zulässig dar, zumal er den Kläger in einer Art und Weise in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt, die dieser so nicht will. Zweifellos wird eine besondere Wirkung dadurch erzielt, daß der Beklagte die Passanten mit dem Problem des Schwangerschaftsabbruchs konfrontiert und dabei auf die nahegelegene Praxis hinweist. Er greift aber dadurch den Kläger in seiner Eigenschaft als Inhaber der Praxis an und beeinträchtigt in unzulässiger Weise dessen legale ärztliche Tätigkeit. (1) Bereits im Beschluß vom 1. April 2003 - VI ZR 366/02 - aaO, dem ein Verfahren zwischen den selben Parteien wie im vorliegenden Fall zugrunde lag, hat der Senat ausgeführt, daß der durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägte Begriff der Rechtswidrigkeit im Rahmen der in § 218 a Abs. 1 StGB geregelten Beratungslösung ein legales, strafloses Handeln des Arztes nicht ausschließt. Auch nach dem aus den Materialien ersichtlichen Willen des Gesetzgebers zu § 218 a StGB ist bei einer solchen Tätigkeit der Tatbestand eines strafbaren Schwangerschaftsabbruchs nicht erfüllt. (2) Erfolglos wendet die Revision gegen die Abwägung des Berufungsgerichts ein, daß der Beklagte keine eigennützigen Ziele verfolge, vielmehr sein
Vorgehen dem Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden und umstrittenen Frage diene. Zwar spricht für Äu ßerungen im öffentlichen Meinungskampf die Vermutung für deren Zulässigkeit (BVerfGE 66, 116, 139 f., 150; 93, 266, 294 f., 303 f.; BVerfG, NJW 1992, 2013 f.; Senat, Urteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163). Doch hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zu Recht für ausschlaggebend gehalten , daß - was auf der Hand liegt - der Beklagte durch sein Vorgehen auf das Personal des Klägers und abtreibungswillige Schwangere einwirkt und dem Kläger dadurch wirtschaftliche Nachteile zufügen will, um ihn von der Fortführung der gesetzlich erlaubten Tätigkeit, die im Hinblick auf Hilfe suchende Schwangere Teil der medizinischen Versorgung ist, abzuhalten. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß der Kläger, soweit er in gesetzlich zulässiger Weise tätig wird, seine ärztliche Fachkompetenz in den Dienst einer von Verantwortung getragenen Elternschaft stellt. Da Repression durch das Strafrecht zur Verhinderung von Abtreibungen in der Vergangenheit wenig vermocht hat, sollten nach der Intention des Gesetzgebers durch die Schaffung der Möglichkeit eines zulässigen Schwangerschaftsabbruchs nach Beratung der Schwangeren die Frauen im Sinne des Lebensschutzes beeinflußt werden (BVerfG NJW 1999, 841, 843; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, 10. Aufl. Art. 2 Rn. 64). Der Schutz des ungeborenen Lebens kann in dieser Weise aber nur unter Einbindung der Ärzte und der Ber atungsstellen im Zusammenwirken mit der Frau erreicht werden. Zum einen bedarf es der ärztlichen Mitwirkung im Interesse der Schwangeren und ihrer Gesundheit, zum anderen ist von der Beteiligung des Arztes zugleich ein besserer Schutz für das ungeborene Leben durch eingehende ärztliche Beratung zu erwarten (vgl. dazu BVerfGE 88, 203, 290). Aus diesem Grund genießt auch diese ärztliche Tätigkeit den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG NJW 1999, 841, 842).
Frauen, die sich nach der entsprechenden Beratung zu einem gesetzlich zulässigen Schwangerschaftsabbruch entschlossen haben, muß danach aber ermöglicht werden, medizinische Hilfe durch einen Arzt ihres Vertrauens ohne weiteres Hinzutreten eines Dritten und den damit verbundenen weiteren psychischen Belastungen, unter denen sie in einer solchen Situation regelmäßig stehen werden, in Anspruch zu nehmen. Denn zum Schutzkonzept für das ungeborene Leben gehört nicht nur, daß jede Schwangere in der Nähe des Wohnsitzes eine intensive ärztliche Beratung und gegebenenfalls eine kompetente ärztliche Versorgung erlangen kann (BVerfGE 88, 203, 330; 96, 120, 121). Erforderlich ist vielmehr auch, daß das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patientin nicht durch das Dazwischentreten außenstehender Dritter belastet wird, so daß sich die Schwangere aufgrund der äußeren Umstände bedrängt fühlt. Nur dann wird es dem Arzt möglich sein, der Schwangeren ärztlichen Rat zu erteilen und unter noch unklaren Umständen einen etwaigen Eingriff auf einen späteren Tag zu verschieben, wodurch sich auch eine erneute Chance für eine Entscheidung der Frau zugunsten des Ungeborenen eröffnen könnte (vgl. BVerfGE 88, aaO, 330; 96, aaO, 130). (3) Durch sein Auftreten will der Beklagte die Patientinnen nach seinen eigenen Angaben davor zurückhalten, den Kläger aufzusuchen. Er versucht durch die bewußte Störung des Verhältnisses Arzt/Patientinnen den Kläger letztlich dazu zu veranlassen, Schwangerschaftsabbrüche zu unterlassen, auch wenn diese legal sind. In Verfolgung dieses Zieles versucht er, den Kläger im Ansehen und in der Wertschätzung bei den angesprochenen Passanten herabzuwürdigen , so daß die erforderliche Vertrauensbasis verloren geht, die jedoch Grundlage für die Erfüllung ärztlicher Aufgaben ist. Dieses Vorgehen muß der Kläger auch unter Berücksichtigung des Rechts des Beklagten auf freie Meinungsäußerung nicht hinnehmen. Auch wenn grundsätzlich eine Wirkungssteigerung der Meinungsäußerung dadurch bewirkt werden darf, daß die Verant-
wortlichkeit anonymer Einzelner deutlich gemacht wird (vgl. BVerfGE 42, 163, 170; 66, 116, 139; 68, 226, 232; BVerfG, NJW 1999, 2358, 2359 und Senatsurteil vom 12. Oktober 1993 - VI ZR 23/93 - aaO), stellt doch das Vorgehen des Beklagten eine nicht hinzunehmende Behinderung des Klägers bei der Erfüllung legaler beruflicher Aufgaben dar. Zu Recht hat das Berufungsgericht deshalb einen unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers bejaht (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Hofmann aaO, Rn. 23).
b) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf sein Recht auf Glaubens - und Gewissensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG berufen. Dieses Grundrecht gewährleistet, daß sich die maßgeblichen Wertauffassungen frei von staatlicher Beeinflussung in einem freien geistigen Prozeß bilden können. Weder Art. 4 Abs. 1 GG noch Art. 4 Abs. 2 GG gewähren jedoch dem einzelnen Bürger ein Recht darauf, daß seine Überzeugung zum Maßstab der Gültigkeit genereller Rechtsnormen und ihrer Anwendung gemacht wird (vgl. BVerfGE 67, 26, 37; Herzog in Maunz-Dürig, GG, Art. 4 Rn. 111 ff.). 2. Hat der Beklagte sein Vorgehen zu unterlassen, weil er den Kläger - wie dargelegt - in unzulässiger Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, kann dahinstehen, ob es zugleich einen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt (vgl. Palandt/Sprau BGB, 63. Aufl. § 823 Rn. 126, 128 m.w.N.). 3. Schließlich begegnet die Fassung des Unterlassungsanspruchs - entgegen der Auffassung der Revision - keinen rechtlichen Bedenken.

III.

Nach alledem ist die Revision mit der Kostenfolge nach § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 274/04 Verkündet am:
15. November 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, wann eine objektiv unwahre Wortberichterstattung einen Unterlassungsanspruch
begründet.
BGH, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 274/04 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juli 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertritt hauptsächlich Anleger, insbesondere Aktionäre, die sich durch Fehlinformationen vor wie nach dem Börsengang der jeweiligen Aktiengesellschaft geschädigt fühlen. Zur Zeit von Bemühungen des Gesetzgebers um einen verstärkten Anlegerschutz gab er "dpa" ein Interview, das in einen Artikel der Illustrierten "stern" eingeflossen ist.
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Nach der Veröffentlichung des genannten Artikels im "stern" erschien im "Effecten-Spiegel" (künftig: ES) Nr. 20/03 vom 8. Mai 2003 ein Artikel mit der Überschrift "R.: Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen". Der Artikel lautete weiter: "ES warnte bereits x-fach vor sinnlosen Klagen. Bekanntlich hatte der ES schon x-fach Anleger davor gewarnt, sich von geldgierigen Anwälten in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen zu lassen. Man sollte nicht zusätzlich zu den erlittenen Kursverlusten gutes Geld schlechtem hinterherwerfen , wurde betont. Diese Einschätzung hat sich als treffend erwiesen. Nach einer Reihe von Skandalen am neuen Markt waren etliche Aktionäre vor Gericht gezogen. Doch sei es im Falle von EM.TV, sei es im Falle von ComROAD oder sei es Infomatec: Erfolg hatte kein einziger Kläger. Einer der Haupt-Initiatoren derartiger Schadenersatzklagen, Rechtsanwalt R., der rd. 500 EM.TV-Aktionäre vertritt, bestätigte jüngst sogar selbst gegenüber dem 'stern': Bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen. Warum dann die ständigen Aufrufe an die geprellten Aktionäre , sich irgendwelchen Schadenersatzklagen anzuschließen? Anwaltliche Abzockerei? Oder was sonst?"
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Die Beklagte ist Verlegerin des "ES".
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Der Kläger hat von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung begehrt. Die Klage hatte vor dem Landgericht Erfolg, weil der Kläger sich dem "stern" gegenüber unstreitig nicht geäußert habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision will der Kläger eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht schon aufgrund der unrichtigen Quellenangabe zu. Die Abweichung der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, von der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt sei, sei unwesentlich. Auch unter Berücksichtigung des vom Kläger selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruchs liege eine wertneutrale Falschdarstellung durch die Beklagte vor. Der Kläger habe durch das Interview gegenüber der Presseagentur "dpa" bewusst in Kauf genommen, dass dieses nicht nur in von ihm geschätzten Presseerzeugnissen zitiert werde. Mit einer Übernahme durch den "stern" habe er rechnen müssen. Der Kläger habe durch die Wahl eines anderen Interview-Partners das Erscheinen in bestimmten Presseerzeugnissen sicherstellen können. Dass seitens der Beklagten vor Veröffentlichung keine Nachfrage beim "stern" hinsichtlich des Interview-Partners erfolgt sei, sei nicht als Nachlässigkeit zu werten. Der "stern" sei nicht für unzuverlässige Quellenrecherchen bekannt. Der Bericht im "stern" habe weitestgehend der "dpa"Vorlage entsprochen. Der Kläger habe das abgedruckte Zitat auch tatsächlich gegenüber "dpa" geäußert. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei die Angabe der unrichtigen Zitatquelle im Bericht des "ES" nur eine völlig unbedeutende und wertneutrale Unrichtigkeit, die der Beklagten nicht zuzurechnen sei.
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Der von der Beklagten veröffentlichte Text sei inhaltlich zwar nicht identisch , enthalte aber keine den Sinn verändernde Abweichung gegenüber dem von "dpa" bzw. "stern" übernommenen Text. Im Übrigen enthalte der Text Meinungsäußerungen , die als solche durch die Meinungsfreiheit bzw. die Pressefreiheit inhaltlich gedeckt seien.

II.

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Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
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1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision, dass die beanstandete Äußerung insoweit unrichtig ist, als der Kläger sich nicht gegenüber dem "stern" geäußert hat. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht verkannt. Es bejaht diese Abweichung ausdrücklich.
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a) Das Berufungsgericht hält die Abweichung zwischen der mitgeteilten Tatsache, dass der Kläger sich gegenüber dem "stern" geäußert habe, und der Wahrheit, wonach die Äußerung gegenüber "dpa" erfolgt ist, für unwesentlich. Demgegenüber meint die Revision, hierauf komme es nicht an, weil eine unwahre Tatsache jedenfalls nicht behauptet werden dürfe, wenn der Betroffene sich an der Falschmeldung störe, weil sie dem von ihm selbst zu definierenden sozialen Geltungsanspruch widerspreche. Dabei räumt die Revision ein, dass die Beklagte seinerzeit nicht etwa wider besseres Wissen verbreitet hat, der Kläger habe die Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben, sondern dass sie insoweit gutgläubig war. Deshalb ist zweifelhaft, ob dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht bereits der Gesichtspunkt fehlender Wiederholungsgefahr entgegensteht.
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Abschließender Beurteilung bedarf dies jedoch nicht, weil es an anderen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch fehlt. Insoweit berührt sich die Frage, ob die Abweichung ("stern") von der Wahrheit ("dpa") wesentlich ist, eng mit der Frage, ob der Kläger hierdurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist. Das hat das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls mit Recht verneint. Maßgeblich ist nämlich in einem solchen Fall, ob gerade die Abweichung von der Wahrheit den Betroffenen in seinem sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigt. Vorliegend hätte es in dem beanstandeten Artikel korrekt heißen müssen, dass der Kläger das Zitat laut einer Mitteilung des "stern" selbst gegenüber "dpa" bestätigt habe. Wenn es demgegenüber heißt, dass er das Zitat selbst gegenüber dem "stern" bestätigt habe, berührt dies nicht den Inhalt der Äußerung des Klägers, sondern lediglich die Frage, wem gegenüber er sie abgegeben hat.
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Die Auffassung des Berufungsgerichts, die nicht korrekte Berichterstattung in diesem Punkt sei nicht geeignet, den Kläger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (vgl. BVerfGE 54, 148, 157 - Eppler), ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger hat nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb die wahrheitswidrige Behauptung, er habe gegenüber "stern" eine Äußerung abgegeben, eine rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Das aber wäre Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, ohne die ein Anspruch auf Unterlassung der Äußerung nicht besteht. Auch wenn grundsätzlich keine unwahren Tatsachen verbreitet werden dürfen, kommt es für die Frage eines Unterlassungsanspruchs darauf an, ob in einer solchen Berichterstattung inhaltlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen liegt.
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Zwar ist hierbei zu beachten, dass der von einer Äußerung Betroffene seinen sozialen Geltungsanspruch und damit auch dessen Verletzung selbst definiert (vgl. BVerfGE aaO - Eppler; 99, 185, 194 - Helnwein; Wenzel/Burkhardt , Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 5 Rdn. 77). Die Behauptung, der Kläger habe eine Äußerung gegenüber dem "stern" abgegeben , betrifft jedoch weder die Privat-, Geheim- oder Intimsphäre des Klägers noch enthält sie ohne nähere Darlegung des Betroffenen erkennbar eine Ehrkränkung oder sonst eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Auch das Verfügungsrecht des Klägers über die Darstellung der eigenen Person (vgl. BVerfGE 35, 202, 220 - Lebach) ist nicht betroffen. Die Revision kann auch keinen nachvollziehbaren Vortrag des Klägers vor dem Tatrichter dazu dartun, dass sein Bild in der Öffentlichkeit durch die Behauptung, er habe sich dem "stern" gegenüber geäußert, negativ beeinflusst worden wäre. Ohnehin reicht der Schutz des Betroffenen nicht soweit, dass er Anspruch darauf hätte, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder von anderen gesehen werden möchte (vgl. BVerfGE 99, 194 - Helnwein), hier also als Anwalt, der gegenüber dem "stern" keine Äußerungen macht.
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Dem beanstandeten Artikel ist - entgegen der Ansicht der Revision - nicht zu entnehmen, dass der Kläger dem "stern" ein Interview gegeben habe. Die behauptete Bestätigung gegenüber dem "stern" kann auch in anderer Weise - etwa auf telefonische Anfrage - erfolgt sein. Die Befürchtung der Revision, der eine oder andere Leser des "ES" werde aus der unwahren Tatsache einer Äußerung des Klägers gegenüber dem "stern" Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Klägers ziehen und hierdurch werde dessen sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt, ist unter diesen Umständen eher fern liegend. Auch fehlt es an Vortrag des Klägers dazu, inwiefern sein Bild in der Öffentlichkeit durch die objektiv unwahre Behauptung überhaupt beeinträchtigt werde. Allein der Hinweis der Revision darauf, dass der Kläger den "stern" für ein "Boulevardblatt" halte, reicht hierfür nicht aus. Weiteren Vortrag des Klägers, wonach etwa seine Klientel gegen den "stern" eingestellt sei oder der Kläger in der Öffentlichkeit entschieden gegen den "stern" aufgetreten und damit eine Äußerung gegenüber diesem Blatt nicht in Einklang zu bringen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
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2. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie einen Unterlassungsanspruch damit begründet, dass der streitgegenständliche Artikel das angebli- che Zitat in einen anderen Zusammenhang stelle als den, in dem es gefallen sei, und hierdurch dessen Sinn verzerre.
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a) Der Zitierte hat allerdings einen Anspruch darauf, dass seine Aussage an seinem Selbstverständnis, also daran gemessen wird, wie und in welchem Kontext er die Äußerung gemacht hat, und nicht daran, wie ein Teil der Leser die Äußerung (miss-)verstehen könnte, solange das Zitat als eindeutige, einer Interpretation nicht bedürftige Erklärung des Zitierten ausgegeben wird (BVerfGE 54, 155 - Eppler; 54, 208, 217 - Böll; BVerfG, NJW 1993, 2925, 2926 - BKA-Präsident; Löffler/Steffen, Presserecht, 4. Aufl., § 6 LPG Rdn. 200). Dagegen verstößt das Falschzitat jedoch nicht.
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b) Die Revision macht hierzu geltend, dass der Kläger den zitierten Satz "bislang hat in Deutschland kein Anleger Schadenersatz bekommen" anlässlich geplanter Gesetzesänderungen geäußert und einen vorläufigen Zwischenstand hinsichtlich bereits laufender Verfahren wiedergegeben habe. Er habe zum Ausdruck gebracht, dass einerseits klagende Anleger noch keinen endgültigen Erfolg gehabt hätten, andererseits die Verfahren noch nicht beendet seien. Demgegenüber werde die Äußerung in dem Artikel als Beleg dafür angeführt, dass "geldgierige Anwälte" Anleger "in sinnlose Schadenersatzklagen hineinhetzen" und "anwaltliche Abzockerei" betrieben. Damit erwecke sie den Eindruck , der Kläger habe gewissermaßen zugegeben, dass die Warnungen der Beklagten vor geldgierigen Anwälten und sinnlosen Schadensersatzprozessen berechtigt seien. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg.
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Das Verständnis des Berufungsgerichts von dem beanstandeten Artikel unterliegt zwar der Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. und vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 278), lässt aber keinen durchgreifenden Fehler erkennen. Die Feststellung des Berufungsgerichts, das Zitat sei zutreffend und unverändert wiedergegeben, entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht hat auch den Zusammenhang, in dem die Äußerung des Klägers zitiert wird, nicht sinnwidrig entstellt. Es hat die Textpassagen, die sich mit dem Kläger befassen, als zulässige, wenn auch zugespitzte Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage bewertet. Dem kann gefolgt werden, weil diese Meinungsäußerungen ("Abzockerei", "sinnlose Klagen", "geldgierige Anwälte" ) auch im Hinblick auf den Kläger keine bloße Diffamierung darstellen. Sie entbehren nicht des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Berichterstattung der Beklagten über die bislang erfolglosen Massenklagen. Sie beinhalten - anders als in dem entsprechenden Artikel im "ES" Nr. 22/03 (vgl. dazu im Rechtsstreit zwischen den selben Parteien den Beschluss des erkennenden Senats vom 15. November 2005 - VI ZR 197/04 - zu OLG München, Urteil vom 18. Mai 2004 - 18 U 5717/03 -) - eine noch hinzunehmende Kritik und sind nicht als bloße Schmähkritik (vgl. Senatsurteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfG, NJW 2004, 590, 591) zu unterlassen.
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3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.12.2003 - 9 O 14936/03 -
OLG München, Entscheidung vom 13.07.2004 - 18 U 2505/04 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.