Amtsgericht Essen Beschluss, 17. Jan. 2014 - 164 IN 135/13
Gericht
Tenor
wird das Entgelt des vorläufigen Sachwalters Rechtsanwalt T wie folgt festgesetzt:
Vergütung 13.870,14 Euro
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 2.635,33 Euro
Endbetrag 16.505,47 Euro
1
Gründe:
2Der Antragsteller wurde durch Beschluss vom 29. November 2013 zum vorläufigen Sachwalter nach § 270 b Absatz 2 InsO bestellt. Das Amt endete mit Rücknahme des Insolvenzantrages am 13. November 2013. Für seine 15 Tage dauernde Tätigkeit beantragt der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von 23.116,90 Euro netto.
3Gemäß § 274 Absatz 1 InsO gelten für die Vergütung des Sachwalters §§ 62 bis 65 InsO entsprechend. Mithin hat der Sachwalter einen Anspruch auf Vergütung, § 63 InsO. Diese Vergütung ist durch das Insolvenzgericht festzusetzen, § 64 InsO.
4Eine Regelung für die Vergütung des vorläufigen Sachwalters hat der Gesetzgeber nicht getroffen. In Literatur und Rechtsprechung herrscht insoweit Einigkeit, als dass auch die Vergütung des vorläufigen Sachwalters nach §§ 63 – 65 InsO in Verbindung mit den Regelungen der InsVV zu bestimmen ist.
5Umstritten ist jedoch, wie die Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters zu bemessen ist. Insbesondere das Amtsgericht Göttingen vertritt die Auffassung, die Höhe der Vergütung des vorläufigen Sachwalters entspreche derjenigen des Sachwalters nach § 12 InsVV. Grundsätzlich sei nicht zwischen Eröffnungsverfahren und eröffnetem Verfahren zu differenzieren. Gegebenenfalls bestehenden Unterschieden sei durch Zu- und Abschläge Rechnung zu tragen (vgl. Amtsgericht Göttingen, Beschluss vom 28.11.2012, Aktenzeichen 74 IN 160/12).
6Demgegenüber wenden das Amtsgericht Köln und das Landgericht Bonn § 11 InsVV analog an mit der Folge, dass die Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters 25 % der Regelvergütung des Sachwalters, mithin rechnerisch 15 % beträgt (vgl. AG Köln, Beschluss vom 13.11.2012, Aktenzeichen 71 IN 109/12; LG Bonn, Beschluss vom 11.10.2013, Aktenzeichen 6 T 184/13).
7Der Letzt genannten Auffassung schließt sich das erkennende Gericht an. Würde die Vergütung des vorläufigen Sachwalters - wie diejenige des Sachwalters - 60 % der Regelvergütung betragen, so hätte dies eine systemwidrige vergütungsrechtliche Besserstellung des vorläufigen Sachwalters gegenüber einem vorläufigen Insolvenzverwalter zur Folge, dessen Vergütung nur 25 % des Regelsatzes beträgt. Der Gesetzgeber hat dem vorläufigen Sachwalter lediglich einen Bruchteil derjenigen Aufgaben zugewiesen, die ein vorläufiger Insolvenzverwalter zu erfüllen hat. Auch der mit den Aufgaben einhergehende Aufwand sowie die Haftungsrisiken eines vorläufigen Sachwalters bleiben nach der Vorstellung des Gesetzgebers weit hinter denjenigen eines vorläufigen Insolvenzverwalters zurück. Diesem begrenzten Aufgabenbereich muss vergütungsrechtlich insoweit Rechnung getragen werden, als die Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters höher zu bewerten ist. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters in Einzelfällen, insbesondere bei Betriebsfortführungen, durch Zuschläge deutlich über den Regelsatz von 25 % hinausgehen kann.
8Die Grundlage für die Berechnung der Vergütung stellt das Vermögen dar, auf das sich die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters während des Insolvenzeröffnungsverfahrens erstreckt hat. Endet die Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist nach allgemeinen Grundsätzen im Wege einer Schätzung der Wert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zugrunde zu legen. Der plausibel dargelegte Ansatz einer Teilungsmasse in Höhe von 3.235.880,00 Euro begegnet keinen Bedenken. Auf dieser Grundlage errechnet sich ein einfacher Regelsatz in Höhe von 92.467,60 Euro. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen beträgt die Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters 15 % der fiktiven Regelvergütung eines Insolvenzverwalters. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 13.870,14 Euro netto.
9Entsprechend § 11 Absatz 3, § 3 Absatz 1, Absatz 2 InsVV kann je nach Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters der Regelsatz überschritten oder ein geringerer Satz zugrunde gelegt werden.
10Vorliegend ist vergütungsmindernd zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der vorläufigen Sachwalterschaft lediglich 15 Tage gedauert hat. Vergütungserhöhend wirkt sich der Umstand aus, dass der Antragsteller die Kassenführung an sich genommen hat, § 275 Absatz 2 InsO.
11Nicht zu berücksichtigen ist die Beteiligung des Antragstellers an der Insolvenzgeldvorfinanzierung. Nach den gesetzlichen Vorgaben gehört die Insolvenzgeldvorfinanzierung während eines Schutzschirmverfahrens zum Aufgabenkreis des Schuldners, nicht jedoch zu demjenigen des vorläufigen Sachwalters. Ebenso verhält es sich mit der Prüfung des durch die Schuldnerin avisierten Sanierungskonzeptes durch den vorläufigen Sachwalter sowie die Mitwirkung bei der Abwicklung von zweiseitigen Verträgen. Das Gericht verkennt den entfalteten Einsatz des vorläufigen Sachwalters nicht. Eine Vergütung ist jedoch solchen Tätigkeiten vorbehalten, die sich innerhalb des gesetzlich definierten Aufgabenbereichs des vorläufigen Sachwalters bewegen. Vorliegend ist der vorläufige Sachwalter überobligatorisch tätig geworden, was bei der Vergütungsfestsetzung indes außer Acht zu bleiben hat. Im Ergebnis entspricht Art, Dauer und Umfang der entfalteten Tätigkeit dem Regelsatz von 15 %.
12Entsprechend der Rechtslage bei der vorzeitigen Beendigung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung erfolgt auch vorliegend keine öffentliche Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung.
13Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben. Sie steht jedem zu, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind.
14Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes erklärt werden.
15Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Essen eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
16Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie soll begründet werden.
17Essen, 17. Januar 2014
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(1) Für die Bestellung des Sachwalters, für die Aufsicht des Insolvenzgerichts sowie für die Haftung und die Vergütung des Sachwalters gelten § 27 Absatz 2 Nummer 4, § 54 Nummer 2 und die §§ 56 bis 60, 62 bis 65 entsprechend.
(2) Der Sachwalter hat die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen. Das Gericht kann anordnen, dass der Sachwalter den Schuldner im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung, der insolvenzrechtlichen Buchführung und der Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten unterstützen kann. § 22 Abs. 3 gilt entsprechend.
(3) Stellt der Sachwalter Umstände fest, die erwarten lassen, daß die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, so hat er dies unverzüglich dem Gläubigerausschuß und dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Ist ein Gläubigerausschuß nicht bestellt, so hat der Sachwalter an dessen Stelle die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, und die absonderungsberechtigten Gläubiger zu unterrichten.
(1) Der Insolvenzverwalter hat Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen.
(2) Sind die Kosten des Verfahrens nach § 4a gestundet, steht dem Insolvenzverwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse dafür nicht ausreicht.
(3) Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters wird gesondert vergütet. Er erhält in der Regel 25 Prozent der Vergütung des Insolvenzverwalters bezogen auf das Vermögen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Beendigung der vorläufigen Verwaltung oder der Zeitpunkt, ab dem der Gegenstand nicht mehr der vorläufigen Verwaltung unterliegt. Beträgt die Differenz des tatsächlichen Werts der Berechnungsgrundlage der Vergütung zu dem der Vergütung zugrunde gelegten Wert mehr als 20 Prozent, so kann das Gericht den Beschluss über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Vergütung des Insolvenzverwalters ändern.
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Der Sachwalter erhält in der Regel 60 vom Hundert der für den Insolvenzverwalter bestimmten Vergütung.
(2) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 277 Abs. 1 der Insolvenzordnung angeordnet hat, daß bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners nur mit Zustimmung des Sachwalters wirksam sind.
(3) § 8 Abs. 3 gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Betrags von 350 Euro der Betrag von 175 Euro tritt.
(1) Für die Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist das Vermögen zugrunde zu legen, auf das sich seine Tätigkeit während des Eröffnungsverfahrens erstreckt. Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, werden dem Vermögen nach Satz 1 hinzugerechnet, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst. Sie bleiben unberücksichtigt, sofern der Schuldner die Gegenstände lediglich auf Grund eines Besitzüberlassungsvertrages in Besitz hat.
(2) Wird die Festsetzung der Vergütung beantragt, bevor die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Gegenstände veräußert wurden, ist das Insolvenzgericht spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung auf eine Abweichung des tatsächlichen Werts von dem der Vergütung zugrunde liegenden Wert hinzuweisen, sofern die Wertdifferenz 20 vom Hundert bezogen auf die Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.
(3) Art, Dauer und der Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sind bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.
(4) Hat das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen beauftragt zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, so erhält er gesondert eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn
- a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist, - b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist, - c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat, - d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder - e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.
(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn
- a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war, - b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm, - c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet, - d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte, - e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder - f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.
(1) Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung des Sachwalters eingehen. Auch Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, soll er nicht eingehen, wenn der Sachwalter widerspricht.
(2) Der Sachwalter kann vom Schuldner verlangen, daß alle eingehenden Gelder nur vom Sachwalter entgegengenommen und Zahlungen nur vom Sachwalter geleistet werden.