Milieuschutz auch in „guten Lagen“? – Was § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB wirklich erlaubt und wie Eigentümer:innen klug reagieren

published on 29.12.2025 15:58
Milieuschutz auch in „guten Lagen“? – Was § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB wirklich erlaubt und wie Eigentümer:innen klug reagieren
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Author’s summary by ra.de Redaktion

Der Beitrag richtet sich an Eigentümer:innen, Vermieter:innen, Hausverwaltungen und beratende Anwält:innen, die in Milieuschutzgebieten investieren, modernisieren oder umnutzen möchten – und sich fragen, ob und wie eine soziale Erhaltungssatzung auch in Quartieren zulässig ist, in denen (noch) gut verdienende Haushalte wohnen.

Städte setzen die soziale Erhaltungssatzung zunehmend nicht nur dort ein, wo Haushalte am unteren Einkommensrand leben. Auch stabile, nachgefragte Viertel geraten in den Blick, weil Kommunen Verdrängungsprozesse früh abfangen wollen. Das wirft die Grundsatzfrage auf: Darf Milieuschutz auch „Besserverdienende“ schützen? Und wenn ja – wo verläuft die Grenze zur unzulässigen Sozial- und Mietsteuerung über Baurecht?

Einen ausführlichen Artikel zum Milieuschutz in Deutschland inklusive aktueller Rechtsprechung, sowie Praxishinweise von RA Dirk Streifler finden Sie hier.

1. Normativer Ausgangspunkt: Erhaltung „der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“

Die soziale Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB ist ein Unterfall der Erhaltungssatzung. Sie stellt Rückbau, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen im Gebiet unter Genehmigungsvorbehalt; Landesrecht kann zusätzlich die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum genehmigungspflichtig machen (§ 172 Abs. 1 S. 4 BauGB). Flankierend kann die Gemeinde im Gebiet ein Vorkaufsrecht ausüben (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB).

Zweck ist städtebaulich: die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung soll erhalten werden, wenn sich Verdrängungabzeichnet. Die Rechtsprechung hat mehrfach klargestellt: Die Satzung ist nicht auf einkommensschwache Quartiere beschränkt; sie kann „für ein Gebiet mit jeder Art von Wohnbevölkerung“ erlassen werden – entscheidend sind städtebauliche Gründe (so bereits BVerwG). Das korrespondiert mit der Linie, wonach der Schutz vor Verdrängung als legitimes Ziel anerkannt ist (vgl. BVerfG).

Konsequenz: Ja, Milieuschutz kann auch in „guten Lagen“ zulässig sein – aber nur, wenn die Gemeinde städtebaulich tragfähig darlegt, dass ohne Satzung eine relevante Verschiebung der Quartiersstruktur zu erwarten ist.


2. Die kritische Hürde: „Milieuermittlung“ in heterogenen Quartieren

In der Praxis scheitern Satzungen und Einzelentscheidungen häufig nicht an der Rechtsgrundlage, sondern an der Empirie. Wer wird geschützt – und warum?

  • Heterogenität statt Homogenität: Gewachsene Stadtviertel sind selten „rein“ (nur Studierende, nur Senior:innen etc.). Eine klare Zielgruppe ist oft nicht trennscharf bestimmbar.

  • Keine Typisierung vom Wohnungsbestand her: Aus Ein‑Zimmer‑Wohnungen folgt nicht automatisch „Studentenquartier“.

  • Natürliche Fluktuation: Wechsel gehören zur Stadt – die Satzung darf Fluktuation nicht mit Verdrängungverwechseln.

  • Begründungslast: Die Kommune muss Daten liefern (Mietniveau, Aufwertungsdruck, Maßnahmentypen, Bevölkerungswechsel) und kausal erklären, warum gerade die geplante Steuerung (Genehmigungsvorbehalt) den städtebaulichen Effekt erzielt.

Praxis für Eigentümer:innen/Anwält:innen:
Im Satzungsverfahren und im Genehmigungsstreit lohnt der Blick in die Satzungsbegründung: Ist das „Milieu“ beschrieben oder nur behauptet? Gibt es konkrete Indikatoren für Verdrängung (Mietentwicklung undstandardsteigernde Maßnahmen), oder lediglich allgemeine Markttrends? Genau hier setzen formelle und materielle Einwände an.


3. Milieuschutz vs. Modernisierung: notwendige Aufwertung, unerwünschte Effekte

Erhaltungssatzungen zielen auf Bewahrung, Sanierungssatzungen (§ 142 BauGB) aufAufwertung. In vielen Gebieten laufen beide Regime parallel – und prallen im Einzelfall aufeinander:

  • Energetik/Barrierefreiheit: Dämmung, neue Heizsysteme, Aufzüge sind städtebaulich sinnvoll, erzeugen aber Mietsteigerungspotenziale.

  • Ausstattungsniveau: „Luxuspakete“ (Zweitbad, umfassende Grundrissveränderungen) sind im Milieuschutz besonders konfliktträchtig, weil sie das Standardniveau sprunghaft heben.

  • Blockadewirkungen: Wenn „Bewahrung“ pauschal Modernisierung verhindert, verliert die Satzung an Akzeptanz – und riskiert rechtlich, unverhältnismäßig zu werden.

Rechtsdogmatischer Kern: Milieuschutz ist kein Modernisierungsstopp. Er zwingt zur Abwägung: Welche Maßnahmen sind erforderlich (z. B. energetische Mindeststandards), wodurch wird Verdrängung typischerweise befördert (z. B. großflächige Zusammenlegungen), und welche auflagenfähigen milderen Mittel gibt es (Varianten, Bauablauf, soziale Flankierung)?


4. Mietrechtliche Reflexe: Wo die Genehmigung „durchschlägt“

Das Instrument steuert baurechtlich, wirkt aber faktisch mietrechtlich:

  • Genehmigungspflicht für mieterhöhungsrelevante Modernisierungen (so die verwaltungsgerichtliche Praxis).

  • Nebenbestimmungen: In Erhaltungsgebieten werden in der Praxis mietpreisbezogene Auflagen gesehen (z. B. Kappungen/Bindungen als Genehmigungsauflagen), um Verdrängungseffekte abzumildern; dem gegenüber steht die zurückhaltendere Linie im Sanierungsgebiet, in dem mietpreisliche Steuerung nicht gleichermaßen über Baugenehmigungen „eingebaut“ wird.

Für Vermieter:innen: Eine Konzeption als Instandhaltung (gleichwertiger Ersatz statt Standardanhebung) und eine mietverträgliche Variantenwahl erhöhen die Genehmigungsfähigkeit – und senken Folgerisiken.


5. Gilt Milieuschutz „auch für Besserverdienende“ – oder verfehlt er dort seinen Zweck?

Rechtlich: Ja, möglich – die Norm knüpft nicht an Einkommen an, sondern an städtebauliche Gründe.

Praktisch-rechtlich: Je wohlhabender und gemischter die Bewohnerschaft, desto schwerer fällt der Nachweis, dass gerade standardsteigernde Maßnahmen in kausal relevanter Weise zu unerwünschter Verdrängung führen. Denn:

  • In gemischten Quartieren ist der „schützenswerte Stamm“ diffus; Schutz läuft leicht auf eine pauschale Bestandskonservierung hinaus.

  • Steigende Mieten allein sind kein tauglicher Anknüpfungspunkt; erforderlich ist der Bezug zu konkret städtebaulich relevanten Verdrängungsmechanismen (z. B. Verlust kleiner Wohnungen durch Zusammenlegung).

  • Wo ein erheblicher Teil der Bewohner offensichtlich nicht sozial schutzbedürftig ist, droht die Satzung sozialpolitische Zwecke zu verfolgen, ohne sie städtebaulich zu legitimieren.

Bottom line: In „Besserverdiener‑Quartieren“ trägt Milieuschutz nur, wenn die Kommune präzise zeigt, welchestädtebauliche Prägung gefährdet ist und wie der Genehmigungsvorbehalt diese konkret bewahrt. Fehlt diese Unterfütterung, steigt die Angriffsfläche – sowohl gegen die Satzung als auch gegen belastende Einzelbescheide.


6. Handlungsempfehlungen für Eigentümer:innen und ihre Beratung

a) Im Satzungsverfahren (und danach im Normenkontrollangriff):

  • Satzungsbegründung prüfen: Gibt es belastbare Daten zu Mieten, Fluktuation, Maßnahmentypen, Bevölkerungswechsel? Wird Verdrängung kausal erklärt – oder nur unterstellt?

  • Städtebauliche Eignung/Erforderlichkeit hinterfragen: Warum dieser Genehmigungsvorbehalt? Warum nichtmildere Mittel (z. B. Beschränkung auf Standardanhebungen bestimmter Art)?

  • Heterogenität des Gebiets dokumentieren: Je gemischter das Quartier, desto höher die Anforderungen an die Bestimmung des „Milieus“.

b) Im Genehmigungsverfahren zu Einzelmaßnahmen:

  • Technisch-soziale Varianten darlegen (A/B/C) inkl. Mietwirkungsprognose – das verschiebt die Diskussion von „Ob“ zu „Wie“.

  • Instandsetzung vs. Modernisierung sauber begründen; Standardanhebungen auf ein maßvolles Niveau begrenzen.

  • Sozialkonzept beifügen (Bauablauf, Härtefälle, Kommunikation).

  • Auflagen verhandeln, die zielgenau sind (z. B. Zuschnitt- oder Ausstattungsgrenzen), statt pauschaler Verbote.

c) Rechtsschutz:

  • Bei Ablehnung oder überzogenen Auflagen: Widerspruch/Klage mit Fokus auf Abwägungsfehler (fehlende Datengrundlage, fehlende Variantenprüfung, Unverhältnismäßigkeit).

  • Transaktionspraxis: In Milieuschutzgebieten Due‑Diligence um Satzungs‑/Genehmigungslage und ggf. Abwendungsvereinbarungen erweitern; Zusagen befristen und wirtschaftlich kalkulieren.


7. Fazit

Milieuschutz ist rechtlich kein Schutzrecht, dass ausschließlich Einkommsschwachen zugute kommt, sondern ein städtebauliches Verdrängungsschutz‑Instrument. Deshalb kann er auch in besseren Lagen greifen. Aber: Je wohlhabender und heterogener das Quartier, desto höher die Begründungsanforderungen an die Kommune – und desto größer die Chancen, pauschale oder übergriffige Steuerungen abzuwehren.

Für Eigentümer:innen und Vermieter:innen gilt: Vorausschauende Planung, variantenoffene Konzepte und eine präziseAbgrenzung zur bloßen Instandsetzung sind der beste Weg zur Genehmigung – und die beste Verteidigung, wenn Milieuschutz zur Sozialpolitik durchs Baurecht zu werden droht.

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(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen 1. zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (Absatz 3),2. zur Erhaltung der Zusammensetz

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken1.im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum
2 Artikel zu passenden Rechtsgebieten

11.12.2025 17:25

Ein klassisches Mandat: Eine vermietete Eigentumswohnung im Berliner Altbau, Milieuschutzgebiet, gute Lage. Die Mieterin verstirbt, der Erwerber möchte selbst einziehen, das Bad „auf Stand bringen“, Wände versetzen, vielleicht einen kleinen Balkon anbauen. Auf dem Papier klingt das nach privater Lebensgestaltung. In der Praxis taucht schnell ein anderes Wort auf: Milieuschutz – und mit ihm ein eigener Strauß an Genehmigungspflichten, Streitfragen und Risiken. Der Beitrag gibt einen praxisorientierten Überblick zum Milieuschutzrecht in Deutschland, mit Schwerpunkt § 172 BauGB, den Umwandlungsregelungen nach § 250 BauGB und dem kommunalen Vorkaufsrecht. Im Mittelpunkt stehen typische Konflikte aus der jüngeren Rechtsprechung, insbesondere aus Berlin, München, Hamburg und anderen Großstädten.
Artikel zu Baugenehmigung
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Ein klassisches Mandat: Eine vermietete Eigentumswohnung im Berliner Altbau, Milieuschutzgebiet, gute Lage. Die Mieterin verstirbt, der Erwerber möchte selbst einziehen, das Bad „auf Stand bringen“, Wände versetzen, vielleicht einen kleinen Balkon anbauen. Auf dem Papier klingt das nach privater Lebensgestaltung. In der Praxis taucht schnell ein anderes Wort auf: Milieuschutz – und mit ihm ein eigener Strauß an Genehmigungspflichten, Streitfragen und Risiken. Der Beitrag gibt einen praxisorientierten Überblick zum Milieuschutzrecht in Deutschland, mit Schwerpunkt § 172 BauGB, den Umwandlungsregelungen nach § 250 BauGB und dem kommunalen Vorkaufsrecht. Im Mittelpunkt stehen typische Konflikte aus der jüngeren Rechtsprechung, insbesondere aus Berlin, München, Hamburg und anderen Großstädten.
Artikel zu Öffentliches Baurecht

Annotations

(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen

1.
zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (Absatz 3),
2.
zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Absatz 4) oder
3.
bei städtebaulichen Umstrukturierungen (Absatz 5)
der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bedarf auch die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung. Auf die Satzung ist § 16 Absatz 2 entsprechend anzuwenden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer Satzung nach Satz 1 Nummer 2 durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf. Ein solches Verbot gilt als Verbot im Sinne des § 135 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. In den Fällen des Satzes 4 ist § 22 Absatz 2 Satz 3 und 4, Absatz 6 und 8 entsprechend anzuwenden.

(2) Ist der Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gefasst und ortsüblich bekannt gemacht, ist § 15 Absatz 1 auf die Durchführung eines Vorhabens im Sinne des Absatzes 1 entsprechend anzuwenden.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Die Genehmigung zur Errichtung der baulichen Anlage darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 4 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Sie ist zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage oder ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. Die Genehmigung ist ferner zu erteilen, wenn

1.
die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dient,
1a.
die Änderung einer baulichen Anlage der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes oder der Energieeinsparverordnung vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), die zuletzt durch Artikel 257 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, wenn diese nach § 111 Absatz 1 des Gebäudeenergiegesetzes weiter anzuwenden ist, dient,
2.
das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll,
3.
das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll,
4.
ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist,
5.
das Gebäude im Zeitpunkt der Antragstellung zur Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht zu Wohnzwecken genutzt wird oder
6.
sich der Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern; eine Frist nach § 577a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verkürzt sich um fünf Jahre; die Frist nach § 577a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entfällt.
In den Fällen des Satzes 3 Nummer 6 kann in der Genehmigung bestimmt werden, dass auch die Veräußerung von Wohnungseigentum an dem Gebäude während der Dauer der Verpflichtung der Genehmigung der Gemeinde bedarf. Diese Genehmigungspflicht kann auf Ersuchen der Gemeinde in das Wohnungsgrundbuch eingetragen werden; sie erlischt nach Ablauf der Verpflichtung.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 darf die Genehmigung nur versagt werden, um einen den sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf auf der Grundlage eines Sozialplans (§ 180) zu sichern. Ist ein Sozialplan nicht aufgestellt worden, hat ihn die Gemeinde in entsprechender Anwendung des § 180 aufzustellen. Absatz 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

1.
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 festgesetzt ist,
2.
in einem Umlegungsgebiet,
3.
in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
4.
im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
5.
im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
6.
in Gebieten, die nach den §§ 30, 33 oder 34 Absatz 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, wobei ein Grundstück auch dann als unbebaut gilt, wenn es lediglich mit einer Einfriedung oder zu erkennbar vorläufigen Zwecken bebaut ist,
7.
in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten, sowie
8.
in Gebieten nach den §§ 30, 33 oder 34, wenn
a)
in diesen ein städtebaulicher Missstand im Sinne des § 136 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 3 vorliegt oder
b)
die baulichen Anlagen einen Missstand im Sinne des § 177 Absatz 2 aufweisen
und die Grundstücke dadurch erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung.
Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der Veröffentlichungsfrist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.

(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

(1) Die Gemeinde kann ein Gebiet, in dem eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen (förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet). Das Sanierungsgebiet ist so zu begrenzen, dass sich die Sanierung zweckmäßig durchführen lässt. Einzelne Grundstücke, die von der Sanierung nicht betroffen werden, können aus dem Gebiet ganz oder teilweise ausgenommen werden.

(2) Ergibt sich aus den Zielen und Zwecken der Sanierung, dass Flächen außerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets

1.
für Ersatzbauten oder Ersatzanlagen zur räumlich zusammenhängenden Unterbringung von Bewohnern oder Betrieben aus dem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder
2.
für die durch die Sanierung bedingten Gemeinbedarfs- oder Folgeeinrichtungen
in Anspruch genommen werden müssen (Ersatz- und Ergänzungsgebiete), kann die Gemeinde geeignete Gebiete für diesen Zweck förmlich festlegen. Für die förmliche Festlegung und die sich aus ihr ergebenden Wirkungen sind die für förmlich festgelegte Sanierungsgebiete geltenden Vorschriften anzuwenden.

(3) Die Gemeinde beschließt die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets als Satzung (Sanierungssatzung). In der Sanierungssatzung ist das Sanierungsgebiet zu bezeichnen. Bei dem Beschluss über die Sanierungssatzung ist zugleich durch Beschluss die Frist festzulegen, in der die Sanierung durchgeführt werden soll; die Frist soll 15 Jahre nicht überschreiten. Kann die Sanierung nicht innerhalb der Frist durchgeführt werden, kann die Frist durch Beschluss verlängert werden.

(4) In der Sanierungssatzung ist die Anwendung der Vorschriften des Dritten Abschnitts auszuschließen, wenn sie für die Durchführung der Sanierung nicht erforderlich ist und die Durchführung hierdurch voraussichtlich nicht erschwert wird (vereinfachtes Sanierungsverfahren); in diesem Falle kann in der Sanierungssatzung auch die Genehmigungspflicht nach § 144 insgesamt, nach § 144 Absatz 1 oder § 144 Absatz 2 ausgeschlossen werden.