Recht der GbR: Abfindungsguthaben kann mittels Zahlungsklage eingeklagt werden

29.10.2011

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Über die Höhe des Abfindungguthabens muss ggf. Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben werden-BGH vom 07.06.11-Az:II ZR 186/08
Der BGH hat mit dem Urteil vom 07.06.2011 (Az: II ZR 186/08) entschieden:

Unterlässt die nach dem Gesellschaftsvertrag hierzu verpflichtete GbR über einen außerhalb objektiv angemessener Zeit liegenden Zeitraum (hier: fast zwei Jahre) die Benennung eines Schiedsgutachters und die Einholung des Gutachtens über die zwischen ihr und dem ausgeschiedenen Gesellschafter streitige Höhe des Abfindungsguthabens, kann der Ausgeschiedene auf Zahlung des ihm seiner Ansicht nach zustehenden Abfindungsguthabens klagen. Das angerufene Gericht hat die Bestimmung der Leistung – falls erforderlich mit sachverständiger Hilfe – durch Urteil zu treffen; eine Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet, ist nicht (mehr) zulässig.


Tatbestand:


Der Kläger hat sich mit Beitrittserklärungen vom 1. Februar und 16. Februar 2006 jeweils in einer sogenannten Haustürsituation mit Einlagen in Höhe von 35.520 € (erste Beitrittserklärung) und 47.600 € (zweite Beitrittserklärung) an der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beteiligt, deren Zweck der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Anteilen an Investmentvermögen, Investitionen in Immobiliengesellschaften und der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Beteiligungen an Gesellschaften ist. Er hat das sogenannte Beteiligungsprogramm Multi B gewählt, das bei der ersten Beitrittserklärung eine Einmalzahlung von 6.000 € zuzüglich 5 % Agio (= 300 €) sowie über 30 Jahre monatliche Ratenzahlungen - inklusive eines Agios - von 86,10 € und bei der zweiten Beitrittserklärung eine Einmalzahlung von 8.000 € zuzüglich 400 € Agio und über 30 Jahre monatliche Ratenzahlungen von 115,50 € inklusive Agio vorsah. Beide Beitrittserklärungen sind am 1. März 2006 von der geschäftsführenden Gesellschafterin der Beklagten angenommen worden, die nach dem Gesellschaftsvertrag zur Aufnahme weiterer Gesellschafter berechtigt war. Auf die erste Beitrittserklärung hat der Kläger die Einmalzahlung nebst Agio sowie fünf monatliche Raten, auf die zweite hat er bereits vor deren Annahme die Einmalzahlung nebst Agio sowie danach noch eine Ratenzahlung geleistet. Mit Schreiben vom 8. März 2006 hat der Kläger die „Kündi-gung meines Vertrages in Höhe von 8.000 €“ erklärt, mit Anwaltschreiben vom 18. September 2006 hat er sodann auch seine erste Beitrittserklärung im Hinblick auf die Haustürsituation widerrufen. Nachdem die Beklagte zunächst ein „negatives Abfindungsguthaben“, d.h. eine Zahlungspflicht des Klägers in Höhe von 1.746,34 € errechnet hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 22. November 2007 ein Abfindungsguthaben zu seinen Gunsten in Höhe von 73,43 € errechnet.

Mit der Klage verlangt der Kläger seine Einlageleistungen zurück und begehrt Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 449,96 € nebst Zinsen; hilfsweise hat er seine Zahlungsklage auf die Zahlung eines Abfindungsguthabens in dieser Höhe gestützt. Das Landgericht hat die Klage in Höhe von 15.185,20 € zugesprochen; auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die vom Berufungsgericht im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des erkennenden Senats vom 5. Mai 2008 zugelassen worden ist.

Der erkennende Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. Juli 2008 entsprechend § 148 ZPO bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens in dem Verfahren II ZR 292/06 ausgesetzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darüber durch Urteil vom 15. April 2010 entschieden.


Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe seine in einer sogenannten Haustürsituation abgegebenen Beitrittserklärungen zu der Beklagten wirksam widerrufen. Auf die Folgen seines Widerrufs seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar, so dass kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung seiner Einlageleistungen bestehe, sondern nur ein Anspruch auf Zahlung des Abfindungsguthabens. Über die Höhe des Abfindungsguthabens könne derzeit nicht entschieden werden, da bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe nach § 26 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zunächst ein Schiedsgutachten einzuholen sei. Ein solches liege nicht vor.

Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

Allerdings hat das Berufungsgericht - von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und auch von der Revisionserwiderung nicht beanstandet -zutreffend angenommen, dass der Kläger der Beklagten in einer sogenannten Haustürsituation beigetreten ist und seine Beitrittserklärungen wirksam widerrufen hat (§ 312 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB).

Entgegen der Ansicht der Revision steht dem Kläger gegen die Beklagte aufgrund des Widerrufs der Beitrittserklärungen kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlagen nach § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB zu. Die Folgen des Widerrufs richten sich, wie das Berufungsgericht ebenfalls noch zutreffend erkannt hat, nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Danach hat der Kläger nur einen Anspruch auf Zahlung eines Abfindungsguthabens nach § 738 BGB.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 15. April 2010 (C-215/08, ZIP 2010, 772) auf die Vorlagefragen des erkennenden Senats im Beschluss vom 5. Mai 2008 ausgeführt, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofs in diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbraucher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben. Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darf das nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten herstellen. Es ist insbesondere zulässig, dem widerrufenden Verbraucher die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen. Danach sind die Rechtsfolgen, die mit der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft für den Verbraucher mit dem Widerruf seiner Beitrittserklärung verbunden sind, mit Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie vereinbar.

Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft trägt der Besonderheit des Gesellschaftsrechts Rechnung, dass - nachdem der Verband erst einmal, wenn auch auf fehlerhafter Grundlage in Vollzug gesetzt worden ist - die Ergebnisse dieses Vorgangs, die regelmäßig mit dem Entstehen von Verbindlichkeiten verbunden sind, nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können. Diese Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, der der fehlerhafte Gesellschaftsbeitritt gleichsteht, gehört zum "gesicherten Bestandteil des Gesellschaftsrechts". Die gegenläufigen Interessen des Beitretenden, der Mitgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft werden gleichmäßig berücksichtigt. Darin liegt die Eigenheit der gesellschaftsrechtlichen Konstellation. Der Kern der Aussagen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und vom fehlerhaften Beitritt besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der die Literatur weitestgehend folgt, darin, dass der Beigetretene - bis zum Austritt infolge der geltend gemachten Fehlerhaftigkeit durch Widerruf/Kündigung - Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten bleibt, und zwar sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis.

Das Berufungsgericht ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klage derzeit unbegründet sei, weil nach § 26 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) wegen der zwischen den Parteien über die Höhe des Abfindungsguthabens bestehenden Meinungsverschiedenheiten vorab ein Schiedsgutachten einzuholen sei.

Zwar enthält der Vertrag der Parteien eine Schiedsgutachtenabrede. Die Parteien haben in § 26 Nr. 4 GV vereinbart, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Abfindungsguthabens dieses von einem Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter auf der Basis des Gesellschaftsvertrags ermittelt werden soll. Es entspricht auch allgemeiner Meinung, dass eine Klage insgesamt als verfrüht ("als zur Zeit unbegründet") abzuweisen ist, wenn der - wie hier - beweispflichtige Kläger die rechtserhebliche Tatsache, deren Feststellung dem Schiedsgutachter übertragen ist, nicht durch Vorlage des Schiedsgutachtens nachweist.

Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der Kläger hier trotz der Regelung in § 26 Nr. 4 GV zu Recht unmittelbar auf das ihm seiner Ansicht nach zustehende Abfindungsguthaben geklagt hat (§ 319 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB entsprechend).

Nach § 26 Nr. 4 GV oblag es der Beklagten, durch die geschäftsführende Gesellschafterin den Schiedsgutachter zu benennen und damit zu beauftragen, das Schiedsgutachten über die Höhe des Abfindungsguthabens zu erstellen. Unterlässt - wie hier - die hierzu befugte und verpflichtete Vertragspartei über einen Zeitraum von fast zwei Jahren und damit außerhalb objektiv angemessener Zeit die Benennung des Schiedsgutachters und die Einholung des Gutachtens, entspricht es allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur, § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB entsprechend anzuwenden. Nach § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB hat die Bestimmung der Leistung durch Urteil des angerufenen Gerichts zu erfolgen, wenn der Dritte, dem die Bestimmung obliegt, diese verzögert. Die Vorschrift gilt entsprechend, wenn die Verzögerung der Leistungsbestimmung, die kein Verschulden voraussetzt, auf der Nichtbenennung des bestimmungsberechtigten Dritten durch eine hierzu verpflichtete Vertragspartei beruht.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung die Höhe des Abfindungsguthabens durch Einholung des vom Kläger beantragten Sachverständigengutachtens zu bestimmen haben.



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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juni 2011 - II ZR 186/08

bei uns veröffentlicht am 07.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 186/08 Verkündet am: 7. Juni 2011 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 186/08 Verkündet am:
7. Juni 2011
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt die nach dem Gesellschaftsvertrag hierzu verpflichtete Gesellschaft bürgerlichen
Rechts über einen außerhalb objektiv angemessener Zeit liegenden Zeitraum
(hier: fast zwei Jahre) die Benennung eines Schiedsgutachters und die Einholung
des Gutachtens über die zwischen ihr und dem ausgeschiedenen Gesellschafter
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des ihm seiner Ansicht nach zustehenden Abfindungsguthabens klagen. Das angerufene
Gericht hat die Bestimmung der Leistung - falls erforderlich mit sachverständiger
Hilfe - durch Urteil zu treffen; eine Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet ist
nicht (mehr) zulässig.
BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - II ZR 186/08 - OLG Celle
LG Verden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, die Richterin
Caliebe sowie die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger hat sich mit Beitrittserklärungen vom 1. Februar und 16. Februar 2006 jeweils in einer sogenannten Haustürsituation mit Einlagen in Höhe von 35.520 € (erste Beitrittserklärung) und 47.600 € (zweite Beitrittserklärung ) an der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beteiligt, deren Zweck der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Anteilen an Investmentvermögen , Investitionen in Immobiliengesellschaften und der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Beteiligungen an Gesellschaften ist. Er hat das sogenannte Beteiligungsprogramm Multi B gewählt, das bei der ersten Beitrittserklärung eine Einmalzahlung von 6.000 € zuzüglich 5 % Agio (= 300 €) sowie über 30 Jahre monatliche Ratenzahlungen - inklusive eines Agios - von 86,10 € und bei der zweiten Beitrittserklärung eine Einmalzahlung von 8.000 € zuzüglich 400 € Agio und über 30 Jahre monatliche Ratenzahlungen von 115,50 € inklusive Agio vorsah. Beide Beitrittserklärungen sind am 1. März 2006 von der geschäftsführenden Gesellschafterin der Beklagten angenommen worden, die nach dem Gesellschaftsvertrag zur Aufnahme weiterer Gesellschafter berechtigt war. Auf die erste Beitrittserklärung hat der Kläger die Einmalzahlung nebst Agio sowie fünf monatliche Raten, auf die zweite hat er bereits vor deren Annahme die Einmalzahlung nebst Agio sowie danach noch eine Ratenzahlung geleistet. Mit Schreiben vom 8. März 2006 hat der Kläger die „Kündigung meines Vertrages in Höhe von 8.000 €“ erklärt, mit Anwaltschreiben vom 18. September 2006 hat er sodann auch seine erste Beitrittserklärung im Hinblick auf die Haustürsituation widerrufen. Nachdem die Beklagte zunächst ein „negatives Abfindungsguthaben“, d.h. eine Zahlungspflicht des Klägers in Höhe von 1.746,34 € errechnet hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 22. November 2007 ein Abfindungsguthaben zu seinen Gunsten in Höhe von 73,43 € errechnet.
2
Mit der Klage verlangt der Kläger seine Einlageleistungen zurück und begehrt Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 449,96 € nebst Zinsen; hilfsweise hat er seine Zahlungsklage auf die Zahlung eines Abfindungsguthabens in dieser Höhe gestützt. Das Landgericht hat die Klage in Höhe von 15.185,20 € zugesprochen; auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die vom Berufungsgericht im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des erkennenden Senats vom 5. Mai 2008 (II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 - FRIZ I) zugelassen worden ist.
3
Der erkennende Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. Juli 2008 entsprechend § 148 ZPO bis zur Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens in dem Verfahren II ZR 292/06 ausgesetzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darüber durch Urteil vom 15. April 2010 (C-215/08, ZIP 2010, 772) entschieden.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Klägers hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Kläger habe seine in einer sogenannten Haustürsituation abgegebenen Beitrittserklärungen zu der Beklagten wirksam widerrufen. Auf die Folgen seines Widerrufs seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar , so dass kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung seiner Einlageleistungen bestehe, sondern nur ein Anspruch auf Zahlung des Abfindungsguthabens. Über die Höhe des Abfindungsguthabens könne derzeit nicht entschieden werden, da bei Meinungsverschiedenheiten über dieHöhe nach § 26 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zunächst ein Schiedsgutachten einzuholen sei. Ein solches liege nicht vor.
7
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
8
1. Allerdings hat das Berufungsgericht - von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und auch von der Revisionserwiderung nicht beanstandet - zutreffend angenommen, dass der Kläger der Beklagten in einer sogenannten Haustürsituation beigetreten ist und seine Beitrittserklärungen wirksam widerrufen hat (§ 312 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB).
9
2. Entgegen der Ansicht der Revision steht dem Kläger gegen die Beklagte aufgrund des Widerrufs der Beitrittserklärungen kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlagen nach § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB zu. Die Folgen des Widerrufs richten sich, wie das Berufungsgericht ebenfalls noch zutreffend erkannt hat, nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Danach hat der Kläger nur einen Anspruch auf Zahlung eines Abfindungsguthabens nach § 738 BGB.
10
a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 15. April 2010 (C-215/08, ZIP 2010, 772) auf die Vorlagefragen des erkennenden Senats im Beschluss vom 5. Mai 2008 (II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 - FRIZ I) ausgeführt , dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofs in diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbraucher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben (EuGH, Urteil vom 15. April 2010 - C-215/08, ZIP 2010, 772 Rn. 45). Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darf das nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den ein- zelnen Beteiligten herstellen. Es ist insbesondere zulässig, dem widerrufenden Verbraucher die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen (EuGH, Urteil vom 15. April 2010 - C-215/08, ZIP 2010, 772 Rn. 48 f.). Danach sind die Rechtsfolgen, die mit der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft für den Verbraucher mit dem Widerruf seiner Beitrittserklärung verbunden sind, mit Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie vereinbar (BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 - FRIZ II).
11
b) Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft trägt der Besonderheit des Gesellschaftsrechts Rechnung, dass - nachdem der Verband erst einmal, wenn auch auf fehlerhafter Grundlage in Vollzug gesetzt worden ist - die Ergebnisse dieses Vorgangs, die regelmäßig mit dem Entstehen von Verbindlichkeiten verbunden sind, nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können. Diese Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, der der fehlerhafte Gesellschaftsbeitritt gleichsteht (BGH, Urteil vom 6. Februar 1958 - II ZR 210/56, BGHZ 26, 330, 334 ff.; Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90, WM 1992, 490, 491; Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, ZIP 2001, 1364, 1366; Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214, 221), gehört zum "gesicherten Bestandteil des Gesellschaftsrechts" (BGH, Urteil vom 29. Juni 1970 - II ZR 158/69, BGHZ 55, 5, 8). Die gegenläufigen Interessen des Beitretenden, der Mitgesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft werden gleichmäßig berücksichtigt. Darin liegt die Eigenheit der gesellschaftsrechtlichen Konstellation. Der Kern der Aussagen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und vom fehlerhaften Beitritt besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats , der die Literatur weitestgehend folgt, darin, dass der Beigetretene - bis zum Austritt infolge der geltend gemachten Fehlerhaftigkeit durch Widerruf /Kündigung - Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten bleibt, und zwar sowohl im Innenverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1958 - II ZR 210/56, BGHZ 26, 330, 334 f.) als auch im Außenverhältnis (so zu §§ 128 ff. HGB: BGH, Urteil vom 8. November 1965 - II ZR 267/64, BGHZ 44, 235, 236; Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 251/86, ZIP 1988, 512, 513; Urteil vom 17. Juni 2008 - XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 Rn. 22; zu § 171 HGB: BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 269/07, ZIP 2010, 1689 Rn. 6).
12
3. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klage derzeit unbegründet sei, weil nach § 26 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) wegen der zwischen den Parteien über die Höhe des Abfindungsguthabens bestehenden Meinungsverschiedenheiten vorab ein Schiedsgutachten einzuholen sei.
13
a) Zwar enthält der Vertrag der Parteien eine Schiedsgutachtenabrede. Die Parteien haben in § 26 Nr. 4 GV vereinbart, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Abfindungsguthabens dieses von einem Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter auf der Basis des Gesellschaftsvertrags ermittelt werden soll. Es entspricht auch allgemeiner Meinung, dass eine Klage insgesamt als verfrüht ("als zur Zeit unbegründet") abzuweisen ist, wenn der - wie hier - beweispflichtige Kläger die rechtserhebliche Tatsache, deren Feststellung dem Schiedsgutachter übertragen ist, nicht durch Vorlage des Schiedsgutachtens nachweist (BGH, Urteil vom 23. Mai 1960 - II ZR 75/58, NJW 1960, 1462, 1463; Urteil vom 8. Juni 1988 - VIII ZR 105/87, WM 1988, 1500, 1503 m.w.N.).
14
b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der Kläger hier trotz der Regelung in § 26 Nr. 4 GV zu Recht unmittelbar auf das ihm seiner Ansicht nach zustehende Abfindungsguthaben geklagt hat (§ 319 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB entsprechend).
15
Nach § 26 Nr. 4 GV oblag es der Beklagten, durch die geschäftsführende Gesellschafterin den Schiedsgutachter zu benennen und damit zu beauftragen, das Schiedsgutachten über die Höhe des Abfindungsguthabens zu erstellen. Unterlässt - wie hier - die hierzu befugte und verpflichtete Vertragspartei über einen Zeitraum von fast zwei Jahren und damit außerhalb objektiv angemessener Zeit (vgl. RG JW 1912, 386 Nr. 6; BGH, Urteil vom 30. März 1979 - V ZR 150/77, BGHZ 74, 341, 345) die Benennung des Schiedsgutachters und die Einholung des Gutachtens, entspricht es allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur, § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB entsprechend anzuwenden. Nach § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB hat die Bestimmung der Leistung durch Urteil des angerufenen Gerichts zu erfolgen, wenn der Dritte, dem die Bestimmung obliegt, diese verzögert. Die Vorschrift gilt entsprechend, wenn die Verzögerung der Leistungsbestimmung, die kein Verschulden voraussetzt, auf der Nichtbenennung des bestimmungsberechtigten Dritten durch eine hierzu verpflichtete Vertragspartei beruht (BGH, Urteil vom 17. März 1971 - IV ZR 209/69, NJW 1971, 1455, 1456; Urteil vom 2. Februar 1977 - VIII ZR 271/75, WM 1977, 418; Urteil vom 30. März 1979 - V ZR 150/77, BGHZ 74, 341, 344 f.; MünchKommBGB/Gottwald, 5. Aufl., § 319 Rn. 22; Erman/J. Hager, BGB, 12. Aufl., § 319 Rn. 11 m.w.N.).
16
III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung die Höhe des Abfindungsguthabens durch Einholung des vom Kläger beantragten Sachverständigengutachtens zu bestimmen haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1957 - II ZR 251/56, BGHZ 26, 25, 29; Urteil vom 13. Juli 1987 - II ZR 274/86, ZIP 1987, 1314, 1315 f.; Urteil vom 3. Mai 1999 - II ZR 32/98, WM 1999, 1213 f.; siehe auch Ulmer/Schäfer in MünchKommBGB, 5. Aufl., § 738 Rn. 30 f. m.w.N.).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 20.12.2007 - 4 O 57/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.07.2008 - 9 U 22/08 -

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.

(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.

(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:

1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.

(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:

1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.

(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.

(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.

(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.

(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.

(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Die empfangenen Leistungen sind spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren.

(2) Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3) Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn ausdrücklich etwas anderes vereinbart worden ist und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.

(4) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(5) Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche von dieser Pflicht unterrichtet hat. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer sich bereit erklärt hat, diese Kosten zu tragen.

(6) Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

(7) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers gebracht worden sind, ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können.

(8) Für die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte gilt ferner § 327p entsprechend.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.

(2) Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.