Handelsvertreterrecht: Zur Abdingbarkeit der gesetzlichen Regelung über Bezirksprovision
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Aus Art. 7 II erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Gründe:
Die Klägerin, eine ehemalige Handelsvertreterin der Beklagten, verfolgt mit einer Stufenklage Ansprüche auf Auskunft über bestimmte nicht verprovisionierte, ihrer Meinung nach aber provisionspflichtige Geschäfte sowie auf Zahlung des sich aus der zu erteilenden Auskunft ergebenden Provisionsbetrags.
Die Beklagte verlegt die kostenlose Werbezeitschrift "D. M.", die wöchentlich in der Region N. verteilt wird. Sie schloss mit der Klägerin am 21. September 1993 einen Handelsvertretervertrag; hierin wurde der Klägerin für einen bestimmten, gesondert festgelegten Bezirk die Vertretung der Beklagten zum Zwecke der Akquisition von Zeitungsanzeigen und Werbebeilagen übertragen. Nach § 7 des Vertrags erhielt die Klägerin Provision nur für die von ihr während der Vertragsdauer mit Kunden in ihrem Bereich ordnungsgemäß abgeschlossenen Geschäfte; aus Aufträgen, die ohne ihr Mitwirken erteilt würden, sollte kein Provisionsanspruch entstehen. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Eine weitere kostenlose, wöchentlich verteilte Werbezeitschrift mit der Bezeichnung "PS." wurde von der W.-V. GmbH herausgegeben; mit der Verteilung der beiden Werbezeitschriften war die DWF. GmbH beauftragt.
Die Klägerin wie auch andere Handelsvertreter der Beklagten wurden ab dem Ende der 1990er-Jahre aufgefordert, auch für die Werbezeitschrift "PS." Anzeigen und Beilagen zu akquirieren. Am 27. November 2003 schloss die Klägerin eine schriftliche Ergänzungsvereinbarung zu dem bestehenden Handelsvertretervertrag; darin heißt es, dass mit dieser Vereinbarung der Gegenstand der Handelsvertretung erweitert werde; ergänzend zu der vertraglich vereinbarten Vertretung beauftrage die Beklagte die Klägerin zusätzlich mit der Vermittlung von Anzeigen und Beilagen für das Anzeigenblatt "PS."; diese Vermittlungstätigkeit werde mit dem gleichen Provisionssatz vergütet, wie im bestehenden Handelsvertretervertrag bezüglich der Werbezeitschrift "D. M." vereinbart. Die zunächst bis 31. Mai 2004 befristete Geltung der Ergänzungsvereinbarung wurde schriftlich bis 31. Dezember 2004 verlängert. Danach setzte die Klägerin die Handelsvertretertätigkeit auch hinsichtlich des Anzeigenblattes "PS." fort und erhielt hierfür von der Beklagten auch Provisionen. Mit Wirkung zum 30. September 2009 kündigte die Beklagte den Handelsvertretervertrag.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe auch Provision für Aufträge des Unternehmens T. P. GmbH & Co. KG zu, die dieses Unternehmen der W.-V. GmbH für den "PS." erteilt habe, auch wenn sie, die Klägerin, selbst solche Aufträge nicht vermittelt habe. Dabei gehe es um Geschäfte ab dem 1. Januar 2007. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte schulde der Klägerin auch Provision für Geschäfte, die der Kunde Drogeriemarkt R. GmbH dem "PS." für eine im Oktober 2009 neu eröffnete Filiale in E. erteilt habe. Schließlich macht die Klägerin geltend, ihr stünden Provisionsansprüche aufgrund von Aufträgen zu, die der Drogeriemarkt M. - ein weiterer Kunde der Beklagten, den die Klägerin vermittelt habe - ab 1. Januar 2009 für den "PS." erteilt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Provisionsansprüche unter anderem unter Hinweis auf die in § 7 des Vertrages getroffene Regelung für nicht gegeben gehalten, weil die Klägerin an den Aufträgen nicht mitgewirkt habe. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die nach Zulassung der Revision ihre vorinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen möchte. Die Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückzuweisen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die von der Beschwerde im Hinblick auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung aufgeworfene Rechtsfrage, ob § 87 Abs. 2 HGB insoweit dispositiv ist, als für den Provisionsanspruch eines Bezirksvertreters zusätzlich eine Kausalität seiner Tätigkeit für den Vertragsschluss vorausgesetzt wird, ist nicht klärungsbedürftig.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf wirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind. Vereinzelt gebliebene abweichende Literaturauffassungen gebieten die Zulassung der Revision nicht.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Klärungsbedürftigkeit der genannten Rechtsfrage zu verneinen.
Es entspricht ganz überwiegender, mit den Gesetzesmaterialien in Einklang stehender Meinung, dass die gesetzlichen Regelungen über die Bezirksprovision in den allgemeinen Grenzen dispositiv sind, und dass jedenfalls durch Individualvereinbarung bezüglich der Bezirksprovision von § 87 Abs. 2 HGB Abweichendes vereinbart werden kann.
Aus Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der - Warenvertreter betreffenden und deshalb im Streitfall nicht unmittelbar einschlägigen - Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ergibt sich nichts Gegenteiliges. Angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Richtlinie besteht keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel , dass Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich Vereinbarungen der Parteien des Handelsvertretervertrags nicht hindert, die von der in der genannten Richtlinienbestimmung vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des Bezirksvertreters abweichen. Im Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechte der Mitgliedstaaten die Handelsvertreter betreffend, ABl. EG Nr. C 13/2 vom 18. Januar 1977, ist die betreffende Regelung, soweit sie für den Handelsvertreter vorteilhaft ist, zwingend ausgestaltet. Nach Art. 35 Abs. 1 des genannten Vorschlags ist eine Vertragsbestimmung nichtig, mit der die Parteien zum Nachteil des Handelsvertreters unter anderem von Art. 12 Abs. 1 abweichen. Die Endfassung der Richtlinie 86/653/EWG enthält eine Art. 35 Abs. 1 des Vorschlags entsprechende Bestimmung nicht. Vielmehr ist nur in einzelnen Bestimmungen der Endfassung der Richtlinie 86/653/EWG statuiert, dass von bestimmten Artikeln nicht durch Vereinbarung zum Nachteil des Handelsvertreters abgewichen werden kann. Art. 7 der Richtlinie 86/653/EWG enthält eine solche Regelung gerade nicht. Dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. Dezember 1996 - C-104/95, Slg. 1996 I-6643 ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Nach diesem Urteil ist Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG dahin auszulegen, dass ein Handelsvertreter, dem ein Bezirk zugewiesen ist, Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte hat, die ohne seine Mitwirkung mit Kunden abgeschlossen wurden, die diesem Bezirk angehören. In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien eine Bezirksprovision nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder eingeschränkt, sondern insoweit keinerlei Regelung getroffen. Im Übrigen sehen die gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 86/653/EWG in Österreich und Italien ausdrücklich vor, dass Vereinbarungen der Parteien zulässig sind, die von der in Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des Bezirksvertreters abweichen.
Vor diesem Hintergrund hält der Senat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG im Streitfall nicht für veranlasst.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
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Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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Gegenstandswert: 40.000,00 €
Gründe
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I.
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Die Klägerin, eine ehemalige Handelsvertreterin der Beklagten, verfolgt mit einer Stufenklage Ansprüche auf Auskunft über bestimmte nicht verprovisionierte, ihrer Meinung nach aber provisionspflichtige Geschäfte sowie auf Zahlung des sich aus der zu erteilenden Auskunft ergebenden Provisionsbetrags.
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Die Beklagte verlegt die kostenlose Werbezeitschrift "D. M.", die wöchentlich in der Region N. verteilt wird. Sie schloss mit der Klägerin am 21. September 1993 einen Handelsvertretervertrag; hierin wurde der Klägerin für einen bestimmten, gesondert festgelegten Bezirk die Vertretung der Beklagten zum Zwecke der Akquisition von Zeitungsanzeigen und Werbebeilagen übertragen. Nach § 7 des Vertrags erhielt die Klägerin Provision nur für die von ihr während der Vertragsdauer mit Kunden in ihrem Bereich ordnungsgemäß abgeschlossenen Geschäfte; aus Aufträgen, die ohne ihr Mitwirken erteilt würden, sollte kein Provisionsanspruch entstehen. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.
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Eine weitere kostenlose, wöchentlich verteilte Werbezeitschrift mit der Bezeichnung "PS." wurde von der W.-V. GmbH herausgegeben; mit der Verteilung der beiden Werbezeitschriften war die DWF. GmbH beauftragt.
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Die Klägerin wie auch andere Handelsvertreter der Beklagten wurden ab dem Ende der 1990er-Jahre aufgefordert, auch für die Werbezeitschrift "PS." Anzeigen und Beilagen zu akquirieren. Am 27. November 2003 schloss die Klägerin eine schriftliche Ergänzungsvereinbarung zu dem bestehenden Handelsvertretervertrag; darin heißt es, dass mit dieser Vereinbarung der Gegenstand der Handelsvertretung erweitert werde; ergänzend zu der vertraglich vereinbarten Vertretung beauftrage die Beklagte die Klägerin zusätzlich mit der Vermittlung von Anzeigen und Beilagen für das Anzeigenblatt "PS."; diese Vermittlungstätigkeit werde mit dem gleichen Provisionssatz vergütet, wie im bestehenden Handelsvertretervertrag bezüglich der Werbezeitschrift "D. M." vereinbart. Die zunächst bis 31. Mai 2004 befristete Geltung der Ergänzungsvereinbarung wurde schriftlich bis 31. Dezember 2004 verlängert. Danach setzte die Klägerin die Handelsvertretertätigkeit auch hinsichtlich des Anzeigenblattes "PS." fort und erhielt hierfür von der Beklagten auch Provisionen. Mit Wirkung zum 30. September 2009 kündigte die Beklagte den Handelsvertretervertrag.
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Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe auch Provision für Aufträge des Unternehmens T. P. GmbH & Co. KG zu, die dieses Unternehmen der W.-V. GmbH für den "PS." erteilt habe, auch wenn sie, die Klägerin, selbst solche Aufträge nicht vermittelt habe. Dabei gehe es um Geschäfte ab dem 1. Januar 2007. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte schulde der Klägerin auch Provision für Geschäfte, die der Kunde Drogeriemarkt R. GmbH dem "PS." für eine im Oktober 2009 neu eröffnete Filiale in E. erteilt habe. Schließlich macht die Klägerin geltend, ihr stünden Provisionsansprüche aufgrund von Aufträgen zu, die der Drogeriemarkt M. - ein weiterer Kunde der Beklagten, den die Klägerin vermittelt habe - ab 1. Januar 2009 für den "PS." erteilt habe.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Provisionsansprüche unter anderem unter Hinweis auf die in § 7 des Vertrages getroffene Regelung für nicht gegeben gehalten, weil die Klägerin an den Aufträgen nicht mitgewirkt habe. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die nach Zulassung der Revision ihre vorinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen möchte. Die Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückzuweisen.
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II.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die von der Beschwerde im Hinblick auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung aufgeworfene Rechtsfrage, ob § 87 Abs. 2 HGB insoweit dispositiv ist, als für den Provisionsanspruch eines Bezirksvertreters zusätzlich eine Kausalität seiner Tätigkeit für den Vertragsschluss vorausgesetzt wird, ist nicht klärungsbedürftig.
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a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12, NJW-RR 2013, 897 Rn. 4; Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291). Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, WM 2013, 19, 20 m.w.N.). Vereinzelt gebliebene abweichende Literaturauffassungen gebieten die Zulassung der Revision nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - II ZR 308/12, NJW 2013, 3360 Rn. 10 m.w.N.).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Klärungsbedürftigkeit der genannten Rechtsfrage zu verneinen.
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aa) Es entspricht ganz überwiegender, mit den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 1/3856 S. 23) in Einklang stehender Meinung, dass die gesetzlichen Regelungen über die Bezirksprovision in den allgemeinen Grenzen dispositiv sind (vgl. MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene, 3. Aufl., § 87 Rn. 99; Fröhlich in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 HGB Rn. 102; Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 87 HGB Rn. 13 f.; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 87 Rn. 48; a.M. Schmidt, ZHR 156 (1992), 512, 519; zweifelnd Roth in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 87 Rn. 3), und dass jedenfalls durch Individualvereinbarung bezüglich der Bezirksprovision von § 87 Abs. 2 HGB Abweichendes vereinbart werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1978 - I ZR 136/76, WM 1978, 982, 983).
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bb) Aus Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der - Warenvertreter betreffenden und deshalb im Streitfall nicht unmittelbar einschlägigen - Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. EG Nr. L 382 S. 17) ergibt sich nichts Gegenteiliges (a.M. Schmidt, ZHR 156 (1992), 512, 517 ff.; zweifelnd Roth in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 87 Rn. 3). Angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Richtlinie besteht keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel (vgl. EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.), dass Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich Vereinbarungen der Parteien des Handelsvertretervertrags nicht hindert, die von der in der genannten Richtlinienbestimmung vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des Bezirksvertreters abweichen. Im Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechte der Mitgliedstaaten die (selbständigen) Handelsvertreter betreffend, ABl. EG Nr. C 13/2 vom 18. Januar 1977, ist die betreffende Regelung, soweit sie für den Handelsvertreter vorteilhaft ist, zwingend ausgestaltet. Nach Art. 35 Abs. 1 des genannten Vorschlags ist eine Vertragsbestimmung nichtig, mit der die Parteien zum Nachteil des Handelsvertreters unter anderem von Art. 12 Abs. 1 abweichen. Die Endfassung der Richtlinie 86/653/EWG enthält eine Art. 35 Abs. 1 des Vorschlags entsprechende Bestimmung nicht. Vielmehr ist nur in einzelnen Be-stimmungen der Endfassung der Richtlinie 86/653/EWG (vgl. Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 3, Art. 12 Abs. 3, Art. 19) statuiert, dass von bestimmten Artikeln nicht durch Vereinbarung zum Nachteil des Handelsvertreters abgewichen werden kann. Art. 7 der Richtlinie 86/653/EWG enthält eine solche Regelung gerade nicht. Dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. Dezember 1996 - C-104/95, Slg. 1996 I-6643 (Kontogeorgas) ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Nach diesem Urteil ist Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG dahin auszulegen, dass ein Handelsvertreter, dem ein Bezirk zugewiesen ist, Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte hat, die ohne seine Mitwirkung mit Kunden abgeschlossen wurden, die diesem Bezirk angehören. In dem zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien eine Bezirksprovision nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder eingeschränkt, sondern insoweit keinerlei Regelung getroffen (vgl. von Hase, BuW 2003, 685, 689). Im Übrigen sehen die gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 86/653/EWG in Österreich (Art. 8 Abs. 4 österreichisches Handelsvertretergesetz) und Italien (Art. 1748 Abs. 2 Codice Civile) ausdrücklich vor, dass Vereinbarungen der Parteien zulässig sind, die von der in Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des Bezirksvertreters abweichen (vgl. von Hase, BuW 2003, 685, 689).
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cc) Vor diesem Hintergrund hält der Senat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/EWG im Streitfall nicht für veranlasst.
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2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO).
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Kartzke Graßnack
(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.
(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.
(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn
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er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder - 2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.