Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. Jan. 2018 - 8 S 2815/17

bei uns veröffentlicht am15.01.2018

Tenor

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache wird das Verfahren eingestellt.

Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Entscheidung ergeht durch den Senat in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO); § 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO findet keine Anwendung. In der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2014 wurde das Ruhen des Verfahren von den Beteiligten beantragt und vom Senat angeordnet; für den Fall des Wiederanrufs wurde auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Senat sah daher keine Veranlassung, im Anschluss an die mündliche Verhandlung wieder ins vorbereitende Verfahren einzutreten, etwa um weitere Ermittlungen durchzuführen oder weiteren Vortrag der Beteiligten abzuwarten, auf deren Grundlage erst eine Sachentscheidung zu treffen gewesen wäre (insoweit unterscheidet sich die Konstellation von der, wie sie dem Beschluss des Bay. VGH vom 16.11.2000 - 15 B 97.2746 - NVwZ-RR 2001, 543 zugrunde gelegen zu haben scheint). Ob eine Entscheidung nach § 87a VwGO stets ausscheidet, wenn bereits eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden hat (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.1991 - 5 S 189/90 -, juris, Rn. 25; ebenso Schmid, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 87a Rn. 3), kann offen bleiben. Denn allein der Wiederanruf mit unmittelbarer Erledigungserklärung bewirkte jedenfalls noch keinen Übergang ins vorbereitende Verfahren (a.A. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.08.1992 - 7 S 1734/92 -, juris, Rn. 1). Auch die seit der mündlichen Verhandlung veränderte Zusammensetzung des Spruchkörpers rechtfertigte für sich genommen noch keine anderweitige Bestimmung des vorbereitenden Verfahrens (vgl. zu diesem Aspekt aber Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Februar 2007, § 87a Rn. 11).
Die Erledigungserklärung der Antragsgegnerin ist wirksam, obwohl sie nicht von einem nach § 67 Abs. 4 Satz 3, 4 oder 7 VwGO zur Vertretung Berechtigten abgegeben wurde. Zwar ist seit der zum 01.07.2008 in Kraft getretenen Neufassung des § 67 VwGO (BGBl. I 2007, S. 2840 [2855 f.]) umstritten, inwieweit die zuvor in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen vom Vertretungszwang (vgl. hinsichtlich einer Erledigungserklärung BVerwG, Beschluss vom 09.10.1970 - VIII C 31.70 - NJW 1971, 479 [480]; Urteil vom 19.07.1989 - 8 C 79.87 - NVwZ 1990, 69 [70]) weiterhin Anwendung finden (vgl. Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juni 2016, § 67 Rn. 71 m.w.N. ). In dem „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts“ heißt es insoweit, dass eine Ausnahme vom Vertretungszwang vor den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht nur in Prozesskostenhilfeverfahren bestehe, während in allen übrigen Angelegenheiten, insbesondere bei der Abgabe von weitreichenden Prozesshandlungen wie etwa Erledigungserklärungen und Rechtsmittelrücknahmen, künftig Vertretungszwang bestehe (BT-Drs. 16/3655, S. 97). Hier wäre es jedoch reine Förmelei, eine Vertretung der Antragsgegnerin für ihre Zustimmung zu der Erledigungserklärung der Antragsteller zu fordern. Sie hatte sich zu einer solchen Erklärung bereits in dem außergerichtlich geschlossenen (und keinem Vertretungszwang unterliegenden) Vergleichsvertrag vom 25.08.2016 verpflichtet, so dass ein Schutz vor der ungeprüften Abgabe weitreichender Prozesshandlungen nicht mehr erreicht werden könnte. Auch könnte die Antragsgegnerin die Beauftragung eines Rechtsanwalts aufgrund der Regelung des § 161 Abs. 2 Satz 2 VwGO durch einfaches Zuwarten vermeiden. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber derartige Konstellationen im Blick hatte und sie nicht (weiterhin) vom Vertretungszwang ausgenommen sein sollen.
Eine Kostenentscheidung ergeht nicht, da die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichtet haben. Nr. 5113 der Anlage 1 zum GKG sieht (unter Nr. 4) eine Gebührenermäßigung vor, wenn bei Erledigungserklärungen vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 161 Abs. 2 VwGO keine Entscheidung über die Kosten ergeht. Warum diese vom Gesetzgeber ausdrücklich auch für Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgesehene Möglichkeit ins Leere gehen soll (so Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Oktober 2014, § 161 Rn. 21 Fn. 153), wird nicht begründet und erschließt sich auch nicht. Gegenüber der Staatskasse haften weiterhin die Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Dass ein Verzicht auf eine gerichtliche Kostenentscheidung nicht dazu führt, dass die Antragsteller ihrer Kostenhaftung entgehen könnten, zeigt die Möglichkeit der Fälligkeit von Gerichtskosten bei „unabsehbarem“ Ruhen des Verfahrens, wie es hier auch in Betracht gekommen wäre (vgl. insoweit VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 31.07.1980 - 10 S 210/80 - und vom 02.04.2012 - 11 S 3086/11 -, juris, Rn. 10). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Beteiligten über die Verteilung ihrer außergerichtlichen Kosten durch einen Verzicht auf eine gerichtliche Entscheidung nicht ebenso disponieren können sollen wie es ihnen grundsätzlich mittels einer Kosteneinigung möglich wäre (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 07.05.2015 - I ZR 176/12 -, juris, für die Zulässigkeit eines Verzichts auf eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Senat legt dabei Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2004 zugrunde, der zum Zeitpunkt der Anhängigmachung des Verfahrens galt, und folgt der damaligen Bemessungspraxis der Bausenate des beschließenden Gerichtshofs.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 1 Geltungsbereich


(1) Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten 1. nach der Zivilprozessordnung, einschließlich des Mahnverfahrens nach § 113 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und

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Tenor Die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06.05.2010 - 11 K 2729/09 - wird aufgehoben. Gründe   I. 1 Die Kläger begehren mit ihren am 17.07.2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten

1.
nach der Zivilprozessordnung, einschließlich des Mahnverfahrens nach § 113 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit das Vollstreckungs- oder Arrestgericht zuständig ist;
2.
nach der Insolvenzordnung und dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung;
3.
nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
3a.
nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz;
4.
nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
5.
nach der Strafprozessordnung;
6.
nach dem Jugendgerichtsgesetz;
7.
nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten;
8.
nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes;
9.
nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen;
9a.
nach dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz;
10.
nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, soweit dort nichts anderes bestimmt ist;
11.
nach dem Wertpapierhandelsgesetz;
12.
nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz;
13.
nach dem Auslandsunterhaltsgesetz, soweit das Vollstreckungsgericht zuständig ist;
14.
für Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz (Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes);
15.
nach dem Energiewirtschaftsgesetz;
16.
nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz;
17.
nach dem EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz;
18.
nach Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Neunten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen;
19.
nach dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz;
20.
nach Abschnitt 3 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042);
21.
nach dem Zahlungskontengesetz und
22.
nach dem Wettbewerbsregistergesetz
werden Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben. Satz 1 Nummer 1, 6 und 12 gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind.

(2) Dieses Gesetz ist ferner anzuwenden für Verfahren

1.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung;
2.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung;
3.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sozialgerichtsgesetz, soweit nach diesem Gesetz das Gerichtskostengesetz anzuwenden ist;
4.
vor den Gerichten für Arbeitssachen nach dem Arbeitsgerichtsgesetz und
5.
vor den Staatsanwaltschaften nach der Strafprozessordnung, dem Jugendgerichtsgesetz und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren nach

1.
der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens,
3.
der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,
4.
der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen, wenn nicht das Familiengericht zuständig ist und
5.
der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

Tenor

Die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06.05.2010 - 11 K 2729/09 - wird aufgehoben.

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren mit ihren am 17.07.2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse und wenden sich zudem gegen Rücknahmen von in der Vergangenheit erteilten Aufenthaltstiteln sowie Abschiebungsandrohungen in den Bescheiden des Landratsamts Göppingen vom 12.12.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.06.2009. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 20.07.2009 wurde der Streitwert für das Verfahren vorläufig auf 20.000 EUR festgesetzt. Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 06.05.2010 das Ruhen des Verfahrens beantragt hatten, wurde mit Beschluss des Berichterstatters vom 06.05.2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und der Streitwert für das bisherige Verfahren auf 40.000 EUR festgesetzt.
Am 09.11.2011 haben die Kläger Beschwerden gegen die Streitwertfestsetzung erhoben. Nachdem sie zunächst vorgetragen haben, der Streitwert betrage lediglich 20.000 EUR, beantragen sie nunmehr, die Wertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06.05.2010 - 11 K 2729/09 - insgesamt aufzuheben.
II.
Auf die Beschwerden der Kläger, über die hier die Berichterstatterin entscheidet (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG; vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.06.2006 - 9 S 1148/06 - NVwZ-RR 2006, 648), ist die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 06.05.2010 aufzuheben.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
a) Sie sind statthaft (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Insbesondere handelt es sich bei der angegriffenen Entscheidung im Beschluss vom 06.05.2010 nicht um eine – dann unanfechtbare (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, § 63 Rn. 14, m.w.N.) – vorläufige Streitwertfestsetzung bzw. um eine Änderung der bereits erfolgten vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 20.07.2009, sondern um eine „endgültige“ Festsetzung gemäß § 63 Abs. 2 GKG. Dies zeigt schon die angefügte Rechtmittelbelehrung.
b) Die Beschwerden sind auch im Übrigen zulässig. Obwohl sie erst am 09.11.2011 und damit etwa anderthalb Jahre nach Bekanntgabe des Beschlusses vom 06.05.2010 über das Ruhen des Verfahrens und die Streitwertfestsetzung eingelegt worden sind, haben die Kläger die sechsmonatige Beschwerdefrist nicht versäumt. Denn diese endet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG erst sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung der Hauptsache; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Hier liegt aber bis heute weder eine Entscheidung in der Hauptsache vor noch ist eine anderweitige Erledigung eingetreten.
Das Verwaltungsgericht hat in der Sache keine Entscheidung getroffen. Das Verfahren ruht vielmehr seit dem Beschluss vom 06.05.2010.
Es hat sich auch nicht „anderweitig erledigt“ im Sinne des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG. Der Zeitpunkt der anderweitigen Erledigung kann auch maßgeblich sein für die Frage, ob ein Streitwert festzusetzen ist. So bestimmt § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, dass in Fällen, in denen - wie hier - eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 GKG nicht ergeht oder nicht bindet, das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss (erst) festsetzt, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Der Begriff der „anderweitigen Erledigung“ ist in beiden Regelungen gleich zu verstehen. Damit sollen die Fälle erfasst werden, in denen das Verfahren auf andere Art und Weise zumindest faktisch beendet ist, etwa durch Abschluss eines unwiderruflichen Prozessvergleichs (vgl. im Einzelnen Hartmann, a.a.O., § 63 Rn. 18; Meyer, GKG, 10. Aufl. 2008, § 63 Rn. 11). Denn dann soll das Verfahren auch hinsichtlich der Gerichtsgebühren abgeschlossen werden können.
Die Anordnung des Ruhens oder eine Aussetzung des Verfahrens führen jedoch in der Regel nicht zu einer Beendigung des Rechtsstreits und damit einer Erledigung im Sinne des Gerichtskostengesetzes, und zwar auch dann nicht, wenn das Verfahren statistisch als erledigt gilt, etwa nach Ablauf von sechs Monaten (vgl. § 6 der Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand 01.01.2012; vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.07.2007 - 5 S 1329/07 - NVwZ-RR 2007, 827; Thür. OVG, Beschluss vom 15.12.2003 - 4 VO 138/02 - LKV 2004, 332; a.A. Meyer, a.a.O., § 63 Rn. 11; vgl. auch Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, § 63 Rn. 4, 11). Die Überlegung, im Interesse der Gerichtskasse sollten möglichst bald die Gerichtsgebühren erhoben werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Im Übrigen besteht seit Inkrafttreten des Gerichtskostengesetzes in der Fassung vom 05.05.2004 (Art. 1 KostRmodG, BGBl. I 718) jedenfalls in verwaltungsgerichtlichen Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahren auch keine besondere praktische Notwendigkeit für eine weite Auslegung des Begriffs der „anderweitigen Erledigung“. Denn seitdem wird die Verfahrensgebühr in Prozessverfahren bereits mit Einreichung der Klage-, Antrags- oder Rechtmittelschrift fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG n der aktuellen Fassung), das bedeutet, dass diese in der Regel bereits erhoben worden ist. In sonstigen Fällen, zum Beispiel in verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, werden Gebühren gemäß § 9 GKG ohnehin unter anderem dann fällig, wenn das Verfahren sechs Monate ruht, nicht betrieben worden ist, unterbrochen oder ausgesetzt war (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 GKG). Dies gilt im Übrigen auch für Auslagen (§ 9 Abs. 2 GKG).
10 
Etwas anderes kann allenfalls anzunehmen sein, wenn feststeht, dass das Verfahren nicht mehr fortgeführt werden wird, oder jedenfalls nach den konkreten Umständen auf unabsehbare Zeit nicht mit einem Wiederanruf zu rechnen ist (so Sächs. OVG, Beschluss vom 14.05.2008 - 5 E 28/08 - Sächs.VBl 2008, 217; Thür. OVG, Beschluss vom 15.12.2003, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 04.12.1980 - III 1373/77 - Rpfleger 1981, 72, und vom 31.07.1980 - 10 S 210/80 - VBlBW 1980, 56; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2009 - L 24 KR 33/09 B - juris). Ein solcher Fall ist hier aber ersichtlich bis heute nicht gegeben. Ausweislich der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 06.05.2010 wurde das Verfahren im Hinblick auf diverse offene Fragen und mit dem Ziel der Klärung weiterer möglicher Anspruchsgrundlagen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ruhen gebracht. Dabei sollten sowohl das Regierungspräsidium Stuttgart als auch die nach dem Umzug der Kläger nach ... jetzt zuständige Ausländerbehörde – welche der Weiterführung des gerichtlichen Verfahrens durch das beklagte Land zugestimmt hatte (vgl. § 3 Abs. 3 LVwVfG) – beteiligt werden. Zum damaligen Zeitpunkt war somit eine spätere Fortführung des Verfahrens sehr wahrscheinlich. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wie Rückfragen beim Prozessbevollmächtigten der Kläger und beim Beklagten-Vertreter sowie der jetzt zuständigen Ausländerbehörde der Stadt ... ergeben haben, sind immer noch nicht alle offenen Fragen geklärt und es ist weiter davon auszugehen, dass das Verfahren gegebenenfalls wiederangerufen wird. Hinzukommt, dass beim Verwaltungsgericht Karlsruhe asylrechtliche Verfahren der Kläger anhängig sind (A 7 K 871/10), deren Ausgang Auswirkungen auf ihre aufenthaltsrechtliche Situation haben könnte.
11 
2. Die Beschwerden sind auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Streitwert (noch) nicht endgültig festsetzen dürfen.
12 
Wie ausgeführt, hätte eine endgültige Wertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG erst erfolgen dürfen, wenn eine Entscheidung über den gesamten Streitwert ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Wertfestsetzung ist daher aufzuheben, damit zum gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt ohne Bindung an vorangegangene Beschlüsse über den Streitwert entschieden werden kann (vgl. dazu Nieders. OVG, Beschluss vom 25.02.2009 - 1 OA 16/09 - juris).
III.
13 
Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil das Verfahren über die Beschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und § 152 Abs. 1 VwGO).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 176/12
vom
7. Mai 2015
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2015 durch die Richter
Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den
Richter Feddersen

beschlossen:
Die Urteile der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 15. Dezember 2011 und des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. August 2012 sind wirkungslos.

Gründe:


1
1. Die Klägerin hat die Beklagten mit der Klage unter anderem wegen der Verletzung ihrer Rechte aus der deutschen Wort-Bild-Marke "Gute Laune Drops" (Klagemarke) auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
2
Das von den Beklagten eingeleitete Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 6. Juni 2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag der Beklagten zu 2 auf Löschung der Klagemarke ausgesetzt. Mit Beschluss vom 10. Juli 2014 (I ZB 18/13, GRUR 2014, 872 = WRP 2014, 1062 - Gute Laune Drops) hat der Senat die Löschung der Klagemarke für die hier relevanten Waren Bonbons, Süßigkeiten und Süßwaren bestätigt. Im Anschluss daran hat der Senat das ausgesetzte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufgenommen und mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 die Revision zugelassen. Die Parteien haben sich während des Laufs der Revisionsbegründungsfrist außergerichtlich verglichen, übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben und auf eine Kostenentscheidung verzichtet. Die Beklagten haben beantragt, entsprechend § 269 Abs. 4 ZPO die Urteile der Vorinstanzen für gegenstandslos zu erklären.
3
2. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war auf Antrag der Beklagten auszusprechen, dass die vorinstanzlichen Entscheidungen wirkungslos sind.
4
Uneingeschränkte übereinstimmende Erledigungserklärungen beenden zwingend die Rechtshängigkeit des Rechtsstreits in der Hauptsache (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02, GRUR 2004, 264, 266 = WRP 2004, 235 - EuroEinführungsrabatt ). Bereits ergangene, noch nicht rechtskräftige Entscheidungen werden in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wirkungslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf (BayVerfGH, NJW 1990, 1783, 1784). Dies kann jedoch auf Antrag in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 4 ZPO ausgesprochen werden (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2007 - I ZR 137/05, JurBüro 2008, 267, 268; vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. Juli 2006 - II ZR 163/03, AG 2006, 666; MünchKomm.ZPO/Lindacher, 4. Aufl., § 91a Rn. 40; Zöller/Vollkommer , ZPO, 30. Aufl., § 91a Rn. 12; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 91a Rn. 18; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1. März 2015, § 91a Rn. 27). Für einen solchen Ausspruch besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Zwangsvollstreckung aus den vorinstanzlichen Entscheidungen ebenso wie im Fall der Klagerücknahme in entsprechender Anwendung von § 775 Nr. 1 ZPO nur dann eingestellt werden kann, wenn durch Vorlage eines Beschlusses nach § 269 Abs. 4 ZPO (analog) die Wirkungslosigkeit der bereits ergangenen Urteile nachgewiesen wird (vgl. Zöller/Stöber aaO § 775 Rn. 4a).
Koch Schaffert Kirchhoff
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 15.12.2011 - 81 O 14/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 10.08.2012 - 6 U 17/12 -

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.