Tenor

Die Satzung der Antragsgegnerin vom 26.01.2017 zur Änderung der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Kastanienbuckel, 3. Änderung“ wird insoweit für unwirksam erklärt, als sie die bisher geltende Bestimmung über die Zulässigkeit von Einfriedigungen durch eine Neuregelung ersetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Satzung zur Änderung örtlicher Bauvorschriften.
Die Antragsteller sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. 6129 (Haselnußweg 9) im Ortsteil Lingental der Antragsgegnerin. Das Grundstück grenzt nach Osten an das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Flst.Nr. 6130 (Haselnußweg 11a/11b). Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Kastanienbuckel, 3. Änderung“ und der zu ihm erlassenen örtlichen Bauvorschriften. In Ziff. 2.3.2 der örtlichen Bauvorschriften war bisher Folgendes bestimmt:
„In den Baugebieten bis zu 2 Vollgeschossen ist gegen die öffentliche Verkehrsfläche eine durchlässige Einfriedigung bis 80 cm Gesamthöhe bei einem Sockel bis 20 cm Höhe zulässig. An den übrigen Grenzen sind leichte Maschendrahtzäune bis 1,50 m zulässig.“
Die Regelung wird mit der angefochtenen Satzung durch folgende Bestimmung ersetzt:
„An öffentlichen Verkehrsflächen sind Einfriedigungen mit Heckenhinterpflanzung zulässig. Gesamthöhe (auch mit der Heckenhinterpflanzung) max. 1,50 m. Im Übrigen gelten die Festsetzungen des Nachbarrechtes.“
Der angefochtenen Satzung liegt folgendes Verfahren zu Grunde: Der Gemeinderat der Antragsgegnerin fasste am 23.3.2016 den Beschluss, die bestehenden örtlichen Bauvorschriften im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB zu ändern. Gegen den Entwurf der Satzung, der in der Zeit vom 25.4. bis 25.5.2016 und vom 7.11. bis 21.11.2016öffentlich ausgelegt wurde, erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 3.5. und 18.11.2016 Einwendungen, die sie u.a. damit begründeten, dass sie ihr Grundstück aufgrund seiner zum Außenbereich hin offenen Lage und im Vertrauen auf die u.a. auch die Aussicht schützenden Vorschriften des Bebauungsplans, insbesondere seiner bauordnungsrechtlichen Festsetzungen zu Einfriedigungen erworben hätten. Durch die beabsichtigte Änderungen dieser Festsetzungen verlöre ihr Grundstück an Wert.
Die Änderung der örtlichen Bauvorschriften wurde am 26.1.2017 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen. Der Beschluss wurde am 10.2.2017 öffentlich bekannt gemacht.
Die Antragsteller haben am 5.4.2017 einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung machen sie geltend, der angefochtenen Satzung fehle es an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, da sie ausschließlich den Zweck habe, private Interessen zu befriedigen, und es sich damit um eine unzulässige Gefälligkeitsplanung handele. Die Aufhebung der bisherigen Regelung über die Zulässigkeit von Einfriedungen sei ausschließlich auf das Begehren ihrer Grundstücksnachbarn zurückzuführen, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze einen blickdichten Sichtschutzzaun errichten wollten. Ihren Nachbarn sei es zuvor nicht gelungen, die erforderliche behördliche Zulassung für einen solchen Sichtschutz zu erhalten. Sie seien danach bei der Antragsgegnerin vorstellig geworden und hätten eine Änderung der bisher geltenden Regelung über die Zulässigkeit von Einfriedungen begehrt. Diesem Wunsch sei sodann mit der angefochtenen Satzung Rechnung getragen worden, sodass diese letztlich ausschließlich der Realisierung privater Bauwünsche diene.
Die angefochtene Satzung verstoße ferner gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Im Rahmen der planerischen Abwägung müsse das private Interesse am Erhalt bestehender Vorgaben zur baulichen Nutzung der Grundstücke mit dem öffentlichen Interesse an einer städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Im Gegensatz zu dem privaten Interesse ihrer Grundstücksnachbarn an einer Änderung der bisher geltenden Vorgaben zwecks Ermöglichung eines ihren Vorstellungen entsprechenden Sichtschutzes an der gemeinsamen Grundstücksgrenze sei ihr Vertrauen in deren Fortbestand schutzwürdig. Denn die öffentlichen Interessen, die mit diesen verfolgt worden seien, seien unverändert vorhanden. Unter Ziff. 5.1 der Begründung des Ursprungsbebauungsplans werde das verfolgte städtebauliche Konzept dahingehend erläutert, dass die Vorschriften dazu beitragen sollen, „den ländlichen und naturverbundenen Charakter dieses Ortsteiles zu erhalten“. Aus diesem Grunde und zu diesem Zweck sollten massive Einfriedungen ausgeschlossen werden. Eine Erklärung dafür, weshalb die Antragsgegnerin den ländlichen und naturverbundenen Charakter des Ortsteils nicht länger schützen wolle oder private Interessen an der Errichtung massiver Einfriedungen nunmehr als vorrangig betrachte, sei der Begründung der angefochtenen Satzung nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin habe außerdem die von der Planung berührten Belange fehlerhaft gewichtet und zueinander nicht in einen angemessenen Ausgleich gebracht, da sie dem Wunsch eines einzelnen Grundstückseigentümers nach einem massiven Sichtschutz an der Grundstücksgrenze das maßgebliche und entscheidende Gewicht beigemessen und ihn den öffentlichen Interessen vorgezogen habe.
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Die Antragsteller beantragen,
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die Satzung der Antragsgegnerin vom 26.01.2017 zur Änderung der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Kastanienbuckel, 3. Änderung“ insoweit für unwirksam zu erklären als sie die bisher geltende Bestimmung über die Zulässigkeit von Einfriedigungen durch eine Neuregelung ersetzt.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Anträge abzuweisen.
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Sie erwidert: Es bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, ob die Antragsteller geltend machen könnten, durch die angefochtene Satzung in ihren Rechten verletzt zu sein. Die bisher geltende Regelung habe keine nachbarschützende, sondern ausschließlich gestalterische Ziele verfolgt, nämlich den ländlichen, naturverbundenen Charakters des Ortsteils zu erhalten. Es stelle sich daher die Frage, ob in der Änderung dieser Vorschrift eine Rechtsverletzung liegen könne.Wenn schon im Allgemeinen der freie Ausblick vom eigenen Grundstück nach außen nicht geschützt sei, könne die ungehinderte Blickbeziehung von außen auf einen Ortsteil erst recht keine subjektive Rechtsverletzung bewirken.
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Die Anträge seien aber jedenfalls unbegründet. Die Annahme der Antragsteller, es sei gleichsam „unanständig“, den Wunsch eines Bauherrn nach Errichtung einer baulichen Anlage, die im Widerspruch zu bisherigen Festsetzungen eines Bebauungsplans stehe, zum Anlass zu nehmen, ein Planaufstellungsverfahren einzuleiten, sei unzutreffend. Im Allgemeinen hätten gerade die von einem Plan Betroffenen konkrete Vorstellungen, was sie verwirklichen wollten, und stellten deswegen zuerst fest, dass - wie hier - manche Festsetzungen mittlerweile überholt seien. Das Bedürfnis, Grundstücke auch durch blickdichte Einfriedigungen vor neugierigen Blicken zu schützen und Einfriedigungen zugleich so zu ertüchtigen, dass sie nicht ohne Weiteres überwunden werden könnten, habe zugenommen. Zugleich habe die Überzeugung des Plangebers, hier zu Lasten der betroffenen Eigentümer rigide Vorschriften fassen zu dürfen, die beispielsweise dazu führten, dass auch von unbefugter Seite leicht Zugang auf das Grundstück genommen werden könne, im gleichen Umfang abgenommen. Sie, die Antragsgegnerin, gehe daher zunehmend dazu über, die gesetzlichen Regelungen, wie sie sich insbesondere in der Landesbauordnung und im Nachbarrechtsgesetz fänden, als ausreichend anzusehen.
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Von einer Gefälligkeitsplanung ausschließlich zugunsten eines einzelnen Eigentümers könne nicht die Rede sein. Zutreffend sei nur, dass der ursprüngliche Wunsch, von Bauvorschriften befreit zu werden, der Anlass gewesen sei, den Bebauungsplan zu hinterfragen und schließlich die örtlichen Bauvorschriften neu zu fassen. Der Gemeinderat habe sich mit den Einwendungen der Antragsteller eingehend befasst. Er habe festgestellt, dass die bisher geltende Regelung über die Zulässigkeit von Einfriedigungen nicht mehr den aktuellen Anforderungen des Zusammenlebens entspreche und die Festsetzung „leichte Maschendrahtzäune“ nicht mehr zeitgemäß erscheine. Er habe sich schließlich dazu entschlossen, den Interessen der einzelnen Eigentümer an einer eigenverantwortlichen Gestaltung von Einfriedigungen im Rahmen der Gesetze den Vorrang zu geben. Eine wie auch immer geartete Fehlgewichtung sei nicht festzustellen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Verfahrensakten der Antragsgegnerin sowie die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Anträge sind zulässig und begründet.
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I. Die Anträge sind statthaft. Bei der angefochtenen Satzung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung, die nach diesen Vorschriften mit einem Normenkontrollantrag auf ihre Gültigkeit überprüft werden kann. Die Anträge sind auch sonst zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie sich gegen in der angefochtenen Satzung getroffene Regelungen wenden, die unmittelbar ihr eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken ihres Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - Juris; Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205).
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II. Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Satzung beruht auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der von ihr berührten öffentlichen und privaten Belange und widerspricht daher insoweit höherrangigem Recht.
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1. Nach Ansicht der Antragsteller ist die angefochtene Satzung nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich, da es sich um eine reine Gefälligkeitsplanung handele, die nur privaten, nicht aber öffentlichen Interessen diene.
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Von den Antragstellern wird damit übersehen, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur für die Aufstellung von Bauleitplänen gilt und nicht für den Erlass oder die Änderung auf § 74 Abs. 1 LBO gestützter örtlicher Bauvorschriften. Anders als die nachfolgende Bestimmung in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB, wonach auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen kein Anspruch besteht und ein solcher Anspruch auch nicht durch Vertrag begründet werden kann, wird § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB in § 74 Abs. 6 LBO auch nicht für entsprechend anwendbar erklärt. Eine dieser Vorschrift vergleichbare Einschränkung beim Erlass örtlicher Bauvorschriften ergibt sich allerdings daraus, dass nach § 74 Abs. 1 LBO örtliche Bauvorschriften nur erlassen werden dürfen „zur Durchführung baugestalterischer Absichten, zur Erhaltung schützenswerter Bauteile, zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie zum Schutz von Kultur- und Naturdenkmalen“. Örtliche Bauvorschriften, die nicht einem der genannten Zwecke, sondern nur privaten Interessen dienen, sind danach unzulässig. Eine ähnliche Einschränkung gilt damit auch in Fällen, in denen es - wie hier - um die Änderung bereits existierender örtlicher Bauvorschriften geht.
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Dafür, dass die Änderung der bisher geltenden Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen nur der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung das Instrument der örtlichen Bauvorschriften nicht bestimmt ist, ist jedoch nichts zu erkennen. Richtig ist zwar, dass der Wunsch der Nachbarn der Antragsteller, auf ihrem Grundstück einen Sichtschutz in Form einer 1,80 m hohen Einfriedigung errichten zu können, den Anlass für die Einleitung des Verfahrens zur Änderung der bisher geltenden Regelung gegeben hat, die in den an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzenden Bereichen nur eine „durchlässige Einfriedigung bis 80 cm Gesamthöhe“ und an den übrigen Grundstücksgrenzen nur „leichte Maschendrahtzäune bis 1,50 m“ erlaubte. Das ist jedoch für sich genommen nicht zu beanstanden. Was Bebauungspläne betrifft, ist allgemein anerkannt, dass eine Planung, die durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen und deshalb im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein kann. Die Erforderlichkeit der Planung ist vielmehr nur dann zu verneinen, wenn eine positive städtebauliche Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit andere als städtebauliche Ziele zu verfolgen (BVerwG, Beschl. v. 30.12.2009 - 4 BN 13.09 - BauR 2010, 569; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.6.1996 - 8 S 487/96 - NVwZ-RR 1997, 684).
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Ein Verstoß gegen ein § 74 Abs. 1 LBO zu entnehmendes Verbot einer bloßen „Gefälligkeitsplanung“ ist in Anwendung dieser Grundsätze nicht zu erkennen. In der Sitzungsvorlage wird die Änderung der bisher geltenden Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen damit gerechtfertigt, dass die Einfriedigungsproblematik, die auch aus anderen Bebauungsplänen der Stadt resultiere, „durch zeitgemäße Festsetzungen“ gemildert werden solle. Der Gemeinderat habe daher beschlossen, Festsetzungen über Materialauswahl und Gestaltung von Einfriedigungen nach und nach aus den bauordnungsrechtlichen Festsetzungen zu entfernen, womit jedem ermöglicht werde, selbst zu entscheiden, wie er - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben - sein Eigentum gestalten möchte. Dafür, dass diese Begründung nur vorgeschoben ist und es dem Gemeinderat der Antragsgegnerin allein darum gegangen ist, dem Nachbarn der Antragsteller zu dem gewünschten Sichtschutz zu verhelfen, sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Gegen diese Annahme spricht vielmehr, dass die Antragsgegnerin am 21.7.2017 auch die örtlichen Bauvorschriften zu einem anderen Bebauungsplan, nämlich dem Bebauungsplan “Rößbach, 3. Änderung“ in vergleichbarer Weise geändert hat.
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Aus dem von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung genannten Umstand, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin nur kurze Zeit vor dem Erlass der angefochtenen Satzung es im Falle eines anderen Bebauungsplans abgelehnt hat, die zu diesem Plan erlassenen örtlichen Bauvorschriften über die Zulässigkeit von Einfriedigungen zu ändern, ergibt sich nichts anderes. Die Entscheidung steht zwar im Widerspruch zu der in der Begründung der angefochtenen Satzung behaupteten generellen Linie der Antragsgegnerin, der auch nicht dadurch befriedigend erklärt werden dürfte, dass in dem Vergleichsfall zuvor massiv gegen die örtlichen Bauvorschriften verstoßen worden war und sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seiner Entscheidung offenbar von der Überlegung leiten ließ, dass diese Verstöße nicht nachträglich legitimiert werden sollten. Aus diesem Widerspruch kann aber schon im Hinblick auf die Besonderheiten dieses Falls nicht der Schlussgezogen werden, die angefochtene Satzung sei in Wahrheit nicht aus gestalterischen Gründen, sondern nur im Hinblick auf die privaten Interessen des Nachbarn der Antragsteller erlassen worden.
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2. Die Satzung beruht jedoch auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der von ihr berührten öffentlichen und privaten Belange und widerspricht daher insoweit höherrangigem Recht.
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a) Die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 LBO ist nach allgemeiner Meinung nicht auf die Abwehr von Verunstaltungen und die Verhinderung von Störungen des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds beschränkt, sondern erlaubt es den Gemeinden, auch eine „positive Gestaltungspflege“ zu betreiben (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.5.1998 - 8 S 159/88 - NVwZ-RR 1998, 622). Einer solchen positiven Gestaltungspflege ist auch eine gewisse planerische Gestaltungsfreiheit immanent. Diese besteht jedoch nicht unbeschränkt. Örtliche Bauvorschriften bestimmen ebenso wie Bebauungspläne gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums muss der Satzungsgeber nicht anders als der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Er muss sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten; insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Die Gemeinde ist daher beim Erlass örtlicher Bauvorschriften verpflichtet, die von ihnen berührten öffentlichen und privaten Belange in gleicher Weise unter- und gegeneinander gerecht abzuwägen, wie dies auch beim Erlass eines Bebauungsplans zu geschehen hat (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2006 - 3 S 337/06 - BauR 2007, 358; Urt. v. 22.4.2002 - 8 S 177/02 - BauR 2003, 81; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472; HessVGH, Urt. v. 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
28 
Der Gemeinde kommt dabei ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ein Abwägungsspielraum zu (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; Urt. v. 26.8.1982 - 5 S 858/82 - VBlBW 1983, 179). Entsprechend den zu § 1 Abs. 7 BauGB entwickelten Grundsätzen (grundlegend BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309) ist die Abwägung der Gemeinde deshalb von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt worden musste, ob die Bedeutung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht.
29 
b) Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung ist in Anwendung dieser Regeln insofern zu beanstanden, als die Antragsgegnerin in ihre Abwägung nicht alle Belange eingestellt hat, die unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen in sie eingestellt werden mussten.
30 
aa) Durch die angefochtene Satzung werden die bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen erheblich gelockert, um den Grundstückseigentümern mehr Freiheit bei der Gestaltung entsprechender Einrichtungen zu geben. Wie sich aus der Begründung der Satzung sowie aus der Sitzungsvorlage ergibt, ist die Antragsgegnerin dabei davon ausgegangen, dass die bisher geltenden Beschränkungen nicht erforderlich seien, da schon das Nachbarrecht hinreichende Vorgaben enthalte. Gegen diese Auffassung bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Das Nachbarrechtsgesetz enthält in den §§ 11 ff. Regelungen über „Einfriedigungen, Spaliervorrichtungen und Pflanzungen“. Nach § 11 Abs. 2 NRG müssen bspw. tote Einfriedigungen gegenüber nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücken einen Grenzabstand entsprechend der „Mehrhöhe“ einhalten, die über 1,50 m hinausgeht, woraus folgt, dass tote Einfriedigungen, die zu solchen Grundstücken keinen Abstand einhalten, nur bis zu einer Höhe von 1,50 m zulässig sind. Mit Hecken bis 1,80 m ist gemäß § 12 Abs. 1 NRG ein Abstand von 0,50 m, mit höheren Hecken ein größerer, der „Mehrhöhe“ entsprechender Abstand einzuhalten. Einfriedigungen, die bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 LBO darstellen, unterliegen ferner den sich aus § 5 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 LBO ergebenden Einschränkungen. Diese Regelungen bleiben von der angefochtenen Satzung sämtlich unberührt, worauf in der Satzung ausdrücklich hingewiesen wird.
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bb) Ein Abwägungsfehler ergibt sich auch nicht aus der Behandlung des von den Antragstellern im Aufstellungsverfahren erhobenen Einwands, sie hätten ihr Grundstück aufgrund seiner zum Außenbereich hin offenen Lage und im Vertrauen auf die u.a. auch die Aussicht schützenden Vorschriften des Bebauungsplans erworben. Zu dem Einwand heißt es in der Sitzungsvorlage, der Bebauungsplan beinhalte keine die Aussicht schützenden Festsetzungen. Zur freien Landschaft sei vielmehr ein Gehölzstreifen als Ortsrandeingrünung (ohne weitere Festlegungen über die Höhe) festgesetzt. Das festgesetzte Pflanzgebot gelte auch weiterhin. Diese Argumentation ist für sich genommen ebenfalls nicht zu beanstanden. Dafür, dass die bisher geltende Regelung über die Zulässigkeit von Einfriedigungen auch den Zweck hatte, die Aussicht der Grundstücksnachbarn zu schützen, kann der Begründung des Bebauungsplans „Kastanienbuckel“ vom 20.9.1985 auch nach Ansicht des Senats nichts entnommen werden.
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cc) Die Antragsgegnerin hat jedoch bei ihrer Abwägung dem Umstand keine Beachtung geschenkt, dass sie sich mit der Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen von ihrem städtebaulichen Konzept entfernt, das sie selbst beim Erlass des Bebauungsplans „Kastanienbuckel“ im Jahre 1985 nicht nur dem Plan selbst, sondern auch den in den Plan aufgenommenen bauordnungsrechtlichen Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen zugrunde gelegt hat. In der Begründung des Bebauungsplans von 1985 finden sich dazu unter der Überschrift „städtebauliches Konzept“ u.a. folgende Ausführungen:
33 
„Der Entwurf ist im Wesentlichen von der Topographie bestimmt.
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So sind nur eingeschossige Gebäude mit dem sich aus der Hanglage ergebenden, möglichen Ausbau des Untergeschosses zulässig. Die Festlegung der Höhenlage erfordert eine dem vorhandenen Gelände angepasste Gestaltung der Gebäude. Ebenso wird durch die Bauweise … eine möglichst aufgelockerte Bebauung angestrebt.
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Ebenso sollen entsprechende Vorschriften dazu beitragen, den ländlichen und naturverbundenen Charakter dieses Ortsteils zu erhalten. So sollen häusliche Einfassungen, Befestigungen und massive Einfriedigungen ausgeschlossen werden. Pflanzgebote, insbesondere im Straßen- bzw. Vorgartenbereich sowie am Rande des Baugebiets sollen die Einfügung in das Landschaftsbild sichern.“
36 
Weder die Begründung der angefochtenen Satzung noch die in der Abwägungstabelle enthaltenen Überlegungen zu den im Aufstellungsverfahren erhobenen Einwendungen lassen erkennen, dass die Antragsgegnerin sich darüber im Klaren war, dass sie mit der Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen in das mit diesen Worten beschriebene städtebauliche Konzept eingreift. Der von dem Nachbarn der Antragsteller inzwischen errichtete Sichtschutzzaun verdeutlicht dies. Wie dieser Sichtschutzzaun zeigt, lassen die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes auch Einfriedigungen zu, die sich mit dem von der Antragsgegnerin ursprünglich verfolgten Ziel, den ländlichen und naturverbundenen Charakter des Ortsteils Lingental zu erhalten, nicht vereinbaren lassen. Weder der Begründung der Satzung noch der Abwägungstabelle kann dementsprechend entnommen werden, dass die aus der Sicht der Antragsgegnerin für eine Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen sprechenden Gründe dem genannten Ziel gegenüber gestellt wurden und aufgrund welcher Überlegungen sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen hat, den für eine Lockerung der Beschränkungen sprechenden Gründen vor den seinerzeit beim Erlass des Bebauungsplans angestellten Überlegungen den Vorrang einzuräumen. Die Abwägung der Antragsgegnerin ist daher insoweit defizitär.
37 
c) Der danach festzustellende Abwägungsfehler in Form eines Fehlers im Abwägungsvorgang stellt einen nach Maßgabe der §§ 214, 215 BauGB für die Gültigkeit der Satzung erheblichen Fehler dar. Ob und inwieweit diese unmittelbar nur für Flächennutzungspläne und Satzungen nach dem Baugesetzbuch geltenden Vorschriften als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf örtliche Bauvorschriften Anwendungen finden (vgl. zu dieser Frage BVerwG, Urt. v. 23.8.2006 - 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 Rn. 32; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.10.2006 - 8 S 2417/05 - VBlBW 2007, 149; Urt. v. 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BauR 2003, 81), kann daher dahinstehen.
38 
aa) Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. BauGB nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
39 
Das Merkmal der Offensichtlichkeit soll zum Ausdruck bringen, dass es nicht auf die „innere Seite“ des Abwägungsvorgangs, also etwa auf die Vorstellungen oder Motive der Mitglieder des Gemeinderats, ankommt. Abzustellen ist vielmehr auf die leichte Erkennbarkeit des Mangels und damit auf die „äußere Seite“ des Abwägungsvorgangs. Beachtlich sind somit alle Fehler und Irrtümer, die auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruhen (BVerwG, Beschl. v. 7.11.1997 - 4 NB 48.96 - BauR 1998, 284). Dazu gehören insbesondere Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials betreffen, wenn sie sich aus den Planungsunterlagen ergeben, wie das bei dem festgestellten Abwägungsfehler der Fall ist.
40 
Der Fehler ist ferner auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, da es an konkreten Anhaltspunkten dafür fehlt, dass auch bei Vermeidung des Mangels die gleiche Entscheidung getroffen worden wäre (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 - NVwZ 2016, 524 Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.6.2016 - 5 S 1149/15 - BauR 2016, 2043 Rn. 42).
41 
bb) Die Antragsteller haben den Fehler im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 31.5.2017 und damit innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung der angefochtenen Satzung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts gerügt. Der Fehler ist daher unabhängig von der Frage nach der Anwendbarkeit des § 215 Abs. 1 BauGB auch nicht durch Zeitablauf unerheblich geworden.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
44 
Beschluss
45 
Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die Anträge sind zulässig und begründet.
19 
I. Die Anträge sind statthaft. Bei der angefochtenen Satzung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung, die nach diesen Vorschriften mit einem Normenkontrollantrag auf ihre Gültigkeit überprüft werden kann. Die Anträge sind auch sonst zulässig. Die Antragsteller besitzen insbesondere die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie sich gegen in der angefochtenen Satzung getroffene Regelungen wenden, die unmittelbar ihr eigenes Grundstück betreffen und daher eine Bestimmung von Inhalt und Schranken ihres Eigentums bedeuten. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall regelmäßig zu bejahen (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - Juris; Beschl. v. 7.7.1997 - 4 BN 11.97 - ZfBR 1997, 314; Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 - ZfBR 1998, 205).
20 
II. Die Anträge haben auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Satzung beruht auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der von ihr berührten öffentlichen und privaten Belange und widerspricht daher insoweit höherrangigem Recht.
21 
1. Nach Ansicht der Antragsteller ist die angefochtene Satzung nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich, da es sich um eine reine Gefälligkeitsplanung handele, die nur privaten, nicht aber öffentlichen Interessen diene.
22 
Von den Antragstellern wird damit übersehen, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur für die Aufstellung von Bauleitplänen gilt und nicht für den Erlass oder die Änderung auf § 74 Abs. 1 LBO gestützter örtlicher Bauvorschriften. Anders als die nachfolgende Bestimmung in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB, wonach auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen kein Anspruch besteht und ein solcher Anspruch auch nicht durch Vertrag begründet werden kann, wird § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB in § 74 Abs. 6 LBO auch nicht für entsprechend anwendbar erklärt. Eine dieser Vorschrift vergleichbare Einschränkung beim Erlass örtlicher Bauvorschriften ergibt sich allerdings daraus, dass nach § 74 Abs. 1 LBO örtliche Bauvorschriften nur erlassen werden dürfen „zur Durchführung baugestalterischer Absichten, zur Erhaltung schützenswerter Bauteile, zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie zum Schutz von Kultur- und Naturdenkmalen“. Örtliche Bauvorschriften, die nicht einem der genannten Zwecke, sondern nur privaten Interessen dienen, sind danach unzulässig. Eine ähnliche Einschränkung gilt damit auch in Fällen, in denen es - wie hier - um die Änderung bereits existierender örtlicher Bauvorschriften geht.
23 
Dafür, dass die Änderung der bisher geltenden Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen nur der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung das Instrument der örtlichen Bauvorschriften nicht bestimmt ist, ist jedoch nichts zu erkennen. Richtig ist zwar, dass der Wunsch der Nachbarn der Antragsteller, auf ihrem Grundstück einen Sichtschutz in Form einer 1,80 m hohen Einfriedigung errichten zu können, den Anlass für die Einleitung des Verfahrens zur Änderung der bisher geltenden Regelung gegeben hat, die in den an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzenden Bereichen nur eine „durchlässige Einfriedigung bis 80 cm Gesamthöhe“ und an den übrigen Grundstücksgrenzen nur „leichte Maschendrahtzäune bis 1,50 m“ erlaubte. Das ist jedoch für sich genommen nicht zu beanstanden. Was Bebauungspläne betrifft, ist allgemein anerkannt, dass eine Planung, die durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen und deshalb im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein kann. Die Erforderlichkeit der Planung ist vielmehr nur dann zu verneinen, wenn eine positive städtebauliche Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit andere als städtebauliche Ziele zu verfolgen (BVerwG, Beschl. v. 30.12.2009 - 4 BN 13.09 - BauR 2010, 569; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5.6.1996 - 8 S 487/96 - NVwZ-RR 1997, 684).
24 
Ein Verstoß gegen ein § 74 Abs. 1 LBO zu entnehmendes Verbot einer bloßen „Gefälligkeitsplanung“ ist in Anwendung dieser Grundsätze nicht zu erkennen. In der Sitzungsvorlage wird die Änderung der bisher geltenden Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen damit gerechtfertigt, dass die Einfriedigungsproblematik, die auch aus anderen Bebauungsplänen der Stadt resultiere, „durch zeitgemäße Festsetzungen“ gemildert werden solle. Der Gemeinderat habe daher beschlossen, Festsetzungen über Materialauswahl und Gestaltung von Einfriedigungen nach und nach aus den bauordnungsrechtlichen Festsetzungen zu entfernen, womit jedem ermöglicht werde, selbst zu entscheiden, wie er - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben - sein Eigentum gestalten möchte. Dafür, dass diese Begründung nur vorgeschoben ist und es dem Gemeinderat der Antragsgegnerin allein darum gegangen ist, dem Nachbarn der Antragsteller zu dem gewünschten Sichtschutz zu verhelfen, sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Gegen diese Annahme spricht vielmehr, dass die Antragsgegnerin am 21.7.2017 auch die örtlichen Bauvorschriften zu einem anderen Bebauungsplan, nämlich dem Bebauungsplan “Rößbach, 3. Änderung“ in vergleichbarer Weise geändert hat.
25 
Aus dem von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung genannten Umstand, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin nur kurze Zeit vor dem Erlass der angefochtenen Satzung es im Falle eines anderen Bebauungsplans abgelehnt hat, die zu diesem Plan erlassenen örtlichen Bauvorschriften über die Zulässigkeit von Einfriedigungen zu ändern, ergibt sich nichts anderes. Die Entscheidung steht zwar im Widerspruch zu der in der Begründung der angefochtenen Satzung behaupteten generellen Linie der Antragsgegnerin, der auch nicht dadurch befriedigend erklärt werden dürfte, dass in dem Vergleichsfall zuvor massiv gegen die örtlichen Bauvorschriften verstoßen worden war und sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seiner Entscheidung offenbar von der Überlegung leiten ließ, dass diese Verstöße nicht nachträglich legitimiert werden sollten. Aus diesem Widerspruch kann aber schon im Hinblick auf die Besonderheiten dieses Falls nicht der Schlussgezogen werden, die angefochtene Satzung sei in Wahrheit nicht aus gestalterischen Gründen, sondern nur im Hinblick auf die privaten Interessen des Nachbarn der Antragsteller erlassen worden.
26 
2. Die Satzung beruht jedoch auf einer nicht ordnungsgemäßen Abwägung der von ihr berührten öffentlichen und privaten Belange und widerspricht daher insoweit höherrangigem Recht.
27 
a) Die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 LBO ist nach allgemeiner Meinung nicht auf die Abwehr von Verunstaltungen und die Verhinderung von Störungen des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds beschränkt, sondern erlaubt es den Gemeinden, auch eine „positive Gestaltungspflege“ zu betreiben (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.5.1998 - 8 S 159/88 - NVwZ-RR 1998, 622). Einer solchen positiven Gestaltungspflege ist auch eine gewisse planerische Gestaltungsfreiheit immanent. Diese besteht jedoch nicht unbeschränkt. Örtliche Bauvorschriften bestimmen ebenso wie Bebauungspläne gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums muss der Satzungsgeber nicht anders als der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Er muss sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten; insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Die Gemeinde ist daher beim Erlass örtlicher Bauvorschriften verpflichtet, die von ihnen berührten öffentlichen und privaten Belange in gleicher Weise unter- und gegeneinander gerecht abzuwägen, wie dies auch beim Erlass eines Bebauungsplans zu geschehen hat (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2006 - 3 S 337/06 - BauR 2007, 358; Urt. v. 22.4.2002 - 8 S 177/02 - BauR 2003, 81; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472; HessVGH, Urt. v. 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
28 
Der Gemeinde kommt dabei ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ein Abwägungsspielraum zu (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; Urt. v. 26.8.1982 - 5 S 858/82 - VBlBW 1983, 179). Entsprechend den zu § 1 Abs. 7 BauGB entwickelten Grundsätzen (grundlegend BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309) ist die Abwägung der Gemeinde deshalb von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt worden musste, ob die Bedeutung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht.
29 
b) Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung ist in Anwendung dieser Regeln insofern zu beanstanden, als die Antragsgegnerin in ihre Abwägung nicht alle Belange eingestellt hat, die unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen in sie eingestellt werden mussten.
30 
aa) Durch die angefochtene Satzung werden die bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen erheblich gelockert, um den Grundstückseigentümern mehr Freiheit bei der Gestaltung entsprechender Einrichtungen zu geben. Wie sich aus der Begründung der Satzung sowie aus der Sitzungsvorlage ergibt, ist die Antragsgegnerin dabei davon ausgegangen, dass die bisher geltenden Beschränkungen nicht erforderlich seien, da schon das Nachbarrecht hinreichende Vorgaben enthalte. Gegen diese Auffassung bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Das Nachbarrechtsgesetz enthält in den §§ 11 ff. Regelungen über „Einfriedigungen, Spaliervorrichtungen und Pflanzungen“. Nach § 11 Abs. 2 NRG müssen bspw. tote Einfriedigungen gegenüber nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücken einen Grenzabstand entsprechend der „Mehrhöhe“ einhalten, die über 1,50 m hinausgeht, woraus folgt, dass tote Einfriedigungen, die zu solchen Grundstücken keinen Abstand einhalten, nur bis zu einer Höhe von 1,50 m zulässig sind. Mit Hecken bis 1,80 m ist gemäß § 12 Abs. 1 NRG ein Abstand von 0,50 m, mit höheren Hecken ein größerer, der „Mehrhöhe“ entsprechender Abstand einzuhalten. Einfriedigungen, die bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 LBO darstellen, unterliegen ferner den sich aus § 5 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 3 LBO ergebenden Einschränkungen. Diese Regelungen bleiben von der angefochtenen Satzung sämtlich unberührt, worauf in der Satzung ausdrücklich hingewiesen wird.
31 
bb) Ein Abwägungsfehler ergibt sich auch nicht aus der Behandlung des von den Antragstellern im Aufstellungsverfahren erhobenen Einwands, sie hätten ihr Grundstück aufgrund seiner zum Außenbereich hin offenen Lage und im Vertrauen auf die u.a. auch die Aussicht schützenden Vorschriften des Bebauungsplans erworben. Zu dem Einwand heißt es in der Sitzungsvorlage, der Bebauungsplan beinhalte keine die Aussicht schützenden Festsetzungen. Zur freien Landschaft sei vielmehr ein Gehölzstreifen als Ortsrandeingrünung (ohne weitere Festlegungen über die Höhe) festgesetzt. Das festgesetzte Pflanzgebot gelte auch weiterhin. Diese Argumentation ist für sich genommen ebenfalls nicht zu beanstanden. Dafür, dass die bisher geltende Regelung über die Zulässigkeit von Einfriedigungen auch den Zweck hatte, die Aussicht der Grundstücksnachbarn zu schützen, kann der Begründung des Bebauungsplans „Kastanienbuckel“ vom 20.9.1985 auch nach Ansicht des Senats nichts entnommen werden.
32 
cc) Die Antragsgegnerin hat jedoch bei ihrer Abwägung dem Umstand keine Beachtung geschenkt, dass sie sich mit der Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen von ihrem städtebaulichen Konzept entfernt, das sie selbst beim Erlass des Bebauungsplans „Kastanienbuckel“ im Jahre 1985 nicht nur dem Plan selbst, sondern auch den in den Plan aufgenommenen bauordnungsrechtlichen Regelungen über die Zulässigkeit von Einfriedigungen zugrunde gelegt hat. In der Begründung des Bebauungsplans von 1985 finden sich dazu unter der Überschrift „städtebauliches Konzept“ u.a. folgende Ausführungen:
33 
„Der Entwurf ist im Wesentlichen von der Topographie bestimmt.
34 
So sind nur eingeschossige Gebäude mit dem sich aus der Hanglage ergebenden, möglichen Ausbau des Untergeschosses zulässig. Die Festlegung der Höhenlage erfordert eine dem vorhandenen Gelände angepasste Gestaltung der Gebäude. Ebenso wird durch die Bauweise … eine möglichst aufgelockerte Bebauung angestrebt.
35 
Ebenso sollen entsprechende Vorschriften dazu beitragen, den ländlichen und naturverbundenen Charakter dieses Ortsteils zu erhalten. So sollen häusliche Einfassungen, Befestigungen und massive Einfriedigungen ausgeschlossen werden. Pflanzgebote, insbesondere im Straßen- bzw. Vorgartenbereich sowie am Rande des Baugebiets sollen die Einfügung in das Landschaftsbild sichern.“
36 
Weder die Begründung der angefochtenen Satzung noch die in der Abwägungstabelle enthaltenen Überlegungen zu den im Aufstellungsverfahren erhobenen Einwendungen lassen erkennen, dass die Antragsgegnerin sich darüber im Klaren war, dass sie mit der Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen in das mit diesen Worten beschriebene städtebauliche Konzept eingreift. Der von dem Nachbarn der Antragsteller inzwischen errichtete Sichtschutzzaun verdeutlicht dies. Wie dieser Sichtschutzzaun zeigt, lassen die Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes auch Einfriedigungen zu, die sich mit dem von der Antragsgegnerin ursprünglich verfolgten Ziel, den ländlichen und naturverbundenen Charakter des Ortsteils Lingental zu erhalten, nicht vereinbaren lassen. Weder der Begründung der Satzung noch der Abwägungstabelle kann dementsprechend entnommen werden, dass die aus der Sicht der Antragsgegnerin für eine Lockerung der bisher geltenden Beschränkungen für Einfriedigungen sprechenden Gründe dem genannten Ziel gegenüber gestellt wurden und aufgrund welcher Überlegungen sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen hat, den für eine Lockerung der Beschränkungen sprechenden Gründen vor den seinerzeit beim Erlass des Bebauungsplans angestellten Überlegungen den Vorrang einzuräumen. Die Abwägung der Antragsgegnerin ist daher insoweit defizitär.
37 
c) Der danach festzustellende Abwägungsfehler in Form eines Fehlers im Abwägungsvorgang stellt einen nach Maßgabe der §§ 214, 215 BauGB für die Gültigkeit der Satzung erheblichen Fehler dar. Ob und inwieweit diese unmittelbar nur für Flächennutzungspläne und Satzungen nach dem Baugesetzbuch geltenden Vorschriften als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf örtliche Bauvorschriften Anwendungen finden (vgl. zu dieser Frage BVerwG, Urt. v. 23.8.2006 - 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 Rn. 32; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.10.2006 - 8 S 2417/05 - VBlBW 2007, 149; Urt. v. 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BauR 2003, 81), kann daher dahinstehen.
38 
aa) Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. BauGB nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
39 
Das Merkmal der Offensichtlichkeit soll zum Ausdruck bringen, dass es nicht auf die „innere Seite“ des Abwägungsvorgangs, also etwa auf die Vorstellungen oder Motive der Mitglieder des Gemeinderats, ankommt. Abzustellen ist vielmehr auf die leichte Erkennbarkeit des Mangels und damit auf die „äußere Seite“ des Abwägungsvorgangs. Beachtlich sind somit alle Fehler und Irrtümer, die auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruhen (BVerwG, Beschl. v. 7.11.1997 - 4 NB 48.96 - BauR 1998, 284). Dazu gehören insbesondere Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials betreffen, wenn sie sich aus den Planungsunterlagen ergeben, wie das bei dem festgestellten Abwägungsfehler der Fall ist.
40 
Der Fehler ist ferner auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, da es an konkreten Anhaltspunkten dafür fehlt, dass auch bei Vermeidung des Mangels die gleiche Entscheidung getroffen worden wäre (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 16.12.2015 - 1 BvR 685/12 - NVwZ 2016, 524 Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.6.2016 - 5 S 1149/15 - BauR 2016, 2043 Rn. 42).
41 
bb) Die Antragsteller haben den Fehler im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 31.5.2017 und damit innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung der angefochtenen Satzung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts gerügt. Der Fehler ist daher unabhängig von der Frage nach der Anwendbarkeit des § 215 Abs. 1 BauGB auch nicht durch Zeitablauf unerheblich geworden.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
44 
Beschluss
45 
Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Feb. 2018 - 3 S 920/17

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Feb. 2018 - 3 S 920/17 zitiert 12 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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Baugesetzbuch - BBauG | § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen; ergänzendes Verfahren


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(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebend

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Okt. 2006 - 3 S 337/06

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2005 - 2 K 2338/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen als Gesamtschuldne

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Okt. 2006 - 8 S 2417/05

bei uns veröffentlicht am 05.10.2006

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Oktober 2005 - 1 K 651/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der ö

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(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert oder enthält er lediglich Festsetzungen nach § 9 Absatz 2a oder Absatz 2b, kann die Gemeinde das vereinfachte Verfahren anwenden, wenn

1.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird,
2.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen und
3.
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

(2) Im vereinfachten Verfahren kann

1.
von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 1 abgesehen werden,
2.
der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Veröffentlichung im Internet nach § 3 Absatz 2 durchgeführt werden,
3.
den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Beteiligung nach § 4 Absatz 2 durchgeführt werden.
Wird nach Satz 1 Nummer 2 die betroffene Öffentlichkeit beteiligt, gilt die Hinweispflicht des § 3 Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz entsprechend.

(3) Im vereinfachten Verfahren wird von der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4, von dem Umweltbericht nach § 2a, von der Angabe nach § 3 Absatz 2 Satz 4, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 6a Absatz 1 und § 10a Absatz 1 abgesehen; § 4c ist nicht anzuwenden. Bei der Beteiligung nach Absatz 2 Nummer 2 ist darauf hinzuweisen, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2005 - 2 K 2338/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streitigen über die baurechtliche Zulässigkeit einer Grenzmauer auf dem Grundstück der Kläger.
Die Kläger sind Eigentümer des Wohngrundstücks Flst.-Nr. .../12 (...) in ... Der Beigeladene ist Eigentümer des im Osten angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. .../9 (... ...). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Schwarzgrund“, der in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1973 stammt und für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Mit Satzungsbeschluss vom 13.05.1996, öffentlich bekannt gemacht am 27.09.1996, änderte der Gemeinderat der Beklagten die dem Bebauungsplan beigefügten Bebauungsvorschriften und beschloss - gestützt auf § 74 Abs. 7 LBO i.d.F. vom 18.08.1995 - folgende örtliche Bauvorschrift:
㤠9 Einfriedigungen und Bepflanzung
1. Gestattet sind offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen.
2. Die Verwendung von Stacheldraht als Einfriedigung ist nicht gestattet.“
Die Kläger planten bereits seit längerem, ihr Grundstück mit einer geschlossenen Einfriedigung in Form einer Gartenmauer zu umbauen. Zu diesem Zweck entfernten sie Anfang 2002 die vorhandene Grenzbepflanzung und zeigten der Beklagten mit Schreiben vom 14.05.2002 an, dass sie entlang der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen die Errichtung einer 1,60 m hohen Mauer mit einem 20 bis 30 cm hohen Glasaufsatz an der Innenseite beabsichtigen. Mit Schreiben vom 24.06.2002 wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass dies § 9 der örtlichen Bauvorschriften widerspreche und eine Befreiung im Interesse der Angrenzer nicht zugelassen werden könne.
Nachdem am 05.09.2002 anlässlich einer Besichtigung festgestellt wurde, dass die Mauer entlang der Straße bereits vollständig und zum Grundstück des Beigeladenen in ihren Fundamenten erstellt worden ist, ordnete die Beklagte mit Verfügung vom 09.09.2002 die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an. Mit Schreiben vom 12.09.2002 wandten sich die Kläger an den Bürgermeister der Beklagten mit der Bitte, sich der Angelegenheit anzunehmen. Zugleich reichten sie einen Grundriss/Ansichtsplan ein, wonach die Einfriedigung zur Grenze des Beigeladenen aus einzelnen, teilweise durch Holzkonstruktionen verbundenen und mit einem Holzaufbau versehenen Mauerstücken bestehen soll. Dieses Schreiben wertete die Beklagte als Widerspruch und entschied im Februar 2003, den zur Straße bereits errichteten Teil der Mauer zu dulden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2004 wies das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche der Kläger gegen die Ablehnung einer Befreiung und die Baueinstellung zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, nachdem die Beklagte die Einfriedigung an der Straße dulde, beschränkten sich die angegriffenen Verfügungen auf die Einfriedigung zum Nachbargrundstück. Insoweit lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor und sei die Baueinstellung nach § 64 LBO zu Recht erfolgt. Soweit geltend gemacht werde, dass die örtlichen Bauvorschriften nicht wirksam seien, bestehe keine Verwerfungskompetenz des Regierungspräsidiums.
Am 28.10.2004 haben die Kläger gegen die Einstellungsverfügung Klage erhoben und hilfsweise die Erteilung einer Befreiung von den örtlichen Bauvorschriften begehrt. Mit Urteil vom 14.12.2005 - 2 K 2338/04 - hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Verfügung vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2004 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Baueinstellung sei rechtswidrig. Die im Streit stehende Grenzmauer widerspreche zwar § 9 der Bebauungsvorschriften zum Bebauungsplan Schwarzgrund. Diese Vorschrift sei jedoch unwirksam, da sie für sämtliche Einfriedigungen gelte, § 74 LBO aber nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen ermächtige. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Nicht sichtbare Einfriedigungen tangierten nicht das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild. Einschränkungen auf das vom öffentlichen Verkehrsraum Sichtbare fänden sich in der LBO auch an anderer Stelle. Sie seien Folge des Grundrechtsschutzes der privaten Eigentümer. Eine Befugnis, gestalterische Anforderungen ohne Bezug zum Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild aufzustellen, würde mangels sachlicher Rechtfertigung das Übermaßverbot verletzen. § 74 LBO sei Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts. Die Gestaltung einzelner baulicher Anlagen ohne Bezug zum Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sei keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Regelung in § 9 der Bebauungsvorschriften und ihrer Entstehungsgeschichte komme eine einschränkende Auslegung nicht in Betracht. Aus den verfassungsrechtlichen Bezügen folge im Übrigen, dass örtlichen Bauvorschriften eine angemessene Abwägung zwischen dem öffentlichen Anliegen der Gestaltung des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbilds und den privaten Eigentümerbefugnissen zugrunde liegen müsse, wobei die gestalterischen Absichten möglichst konkret, im Allgemeinen durch die Satzung selbst, festgelegt werden müssten. Auch hieran fehle es. Den Verfahrensakten sei keine Begründung für die Änderung der Bebauungsvorschrift zu entnehmen. Die Auffassung der Beklagten, schon die frühere Fassung habe alle Einfriedigungen erfasst, sei mit deren Wortlaut nicht zu vereinbaren. Gestaltungsabsichten der Beklagten ließen sich auch nicht ohne weiteres aus dem Inhalt der Bebauungsvorschrift selbst ablesen. Dieser seien konkrete gestalterische Vorstellungen in Bezug auf das Straßen- und Ortsbild - soweit nicht der Bereich zum öffentlichen Verkehrsraum betroffen sei - nicht zu entnehmen. Gegen eine Gestaltungsabsicht der Beklagten spreche zudem, dass sie die Mauer zur Straße hin dulde.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Am 03.02.2006 hat die Beklagte gegen das ihr am 04.01.2006 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
11 
Sie beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14.12.2005 - 2 K 2338/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Zur Begründung trägt sie vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Standort der geplanten Mauer von der auf dem Grundstück Flst.-Nr. .../13 vorhandenen befahrbaren Erschließungsstraße, die im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen sei, einsehbar sei. Es komme daher nicht darauf an, ob § 74 LBO nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen ermächtige. Dies sei im Übrigen zu verneinen. Die Vorschrift enthalte nach ihrem Wortlaut keinen Hinweis auf eine derartige Beschränkung. Auch aus der systematischen Auslegung ergebe sich keine Beschränkung. Soweit die LBO in einzelnen Vorschriften auf den öffentlichen Verkehrsraum als einschränkendes Tatbestandsmerkmal verweise, spreche dies gegen die Auffassung, die Einsehbarkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in sämtliche Vorschriften hineinzulesen. Andernfalls wäre es überflüssig und systemwidrig, dieses Merkmal in einzelnen Vorschriften ausdrücklich aufzuführen. Die Bestimmungen des § 11 LBO könnten nicht ohne Berücksichtigung des jeweiligen Regelungszwecks auf § 74 LBO übertragen werden. Während § 11 LBO ein (negatives) Verunstaltungs- und Beeinträchtigungsverbot enthalte, ermögliche § 74 LBO eine positive Bau- und Gestaltungspflege. Hierbei könnten strengere Maßstäbe angelegt werden als bei der Verunstaltungsabwehr. Der Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 74 LBO überzeuge ebenfalls nicht. Der Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ komme keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu. Außerdem umfasse diese Bezugnahme die gesamte LBO und nicht nur vereinzelte Vorschriften. Auch Sinn und Zweck des gemeindlichen Rechts zur positiven Bau- und Gestaltungspflege spreche gegen eine einschränkende Auslegung. In vielen Fällen bestehe ein Bedürfnis nach gestalterischen Regelungen ungeachtet der Frage, ob der Bereich vom öffentlichen Straßenraum aus erkennbar sei. Zudem sei der öffentliche Verkehrsraum kein hinreichend bestimmbares und praktisch anwendbares Abgrenzungskriterium. Wenn man auf die Erkennbarkeit durch die Öffentlichkeit abstelle, müssten auch sonstige Einsichtsmöglichkeiten einbezogen werden und wären die Bereiche, für die Gestaltungsregelungen getroffen werden dürften, praktisch nicht mehr abgrenzbar. Im Übrigen könne sich die Einsehbarkeit jederzeit ändern. Für das Verunstaltungsverbot sei anerkannt, dass es nicht nur bei Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum aus gelte. Auch der Schutz des Orts- und Landschaftsbilds durch bundesrechtliche Vorschriften sei nicht in diesem Sinne beschränkt. § 74 LBO enthalte keine Aussage darüber, von welchem Standort aus die Sichtbarkeit gegeben sein müsse. Die Einsehbarkeit sei im Rahmen der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Die sachliche Rechtfertigung ergebe sich vorliegend daraus, dass die Mauer vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbar sei. Auch bei einer Sichtbarkeit nur von den Nachbargrundstücken aus sei das Ziel, durch den Ausschluss geschlossener Einfriedigungen innerorts in gestalterischer Hinsicht keine Missstände zu schaffen, offensichtlich. Geschlossene Einfriedigungen führten zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und dem öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Belüftung. Vor allem die Wohnsituation der Nachbargrundstücke werde erheblich beeinträchtigt. Demgegenüber würden die Eigentümerbelange nur geringfügig betroffen. Einfriedigungen seien weiterhin zulässig. Die Einschränkung beziehe sich nur auf deren Form und beeinträchtige die Nutzungsmöglichkeiten allenfalls geringfügig. Vor diesem Hintergrund sei von einer angemessenen Abwägung auszugehen. Die Gestaltungsabsichten der Beklagten ließen sich unmittelbar aus dem Inhalt der Bauvorschrift entnehmen. Eine erhöhte Begründungspflicht habe auch deshalb nicht bestanden, weil trotz Offenlegung von den Grundstückseigentümern keinerlei Anregungen oder Bedenken vorgebracht worden seien. Da die geplante Mauer gegen die Bebauungsvorschrift verstoße, sei die Baueinstellung rechtmäßig verfügt worden. Eine Befreiung scheide bereits auf Grund der betroffenen nachbarlichen Belange aus.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen
16 
Zur Begründung ist ausgeführt, sie hätten auf ihrem Grundstück einen Schwimmteich errichtet und seien aus Gründen der Verkehrssicherheit dringend auf die Einfriedigung angewiesen. Die entlang der Straße errichtete Mauer werde von der Beklagte geduldet, da sie „optisch schön gestaltet“ sei. Die geplante Mauer solle genauso konstruiert werden und sich optisch unmittelbar anschließen. Aufgrund der bereits vorhandenen Mauer sei sie vom öffentlichen Straßenraum aus nicht sichtbar. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass § 9 der Bebauungsvorschriften materiell rechtswidrig sei. § 74 Abs. 1 LBO ermächtige nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für bauliche Maßnahmen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar seien. Aus der Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ ergebe sich, dass die Gemeinde befugt sei, Regelungen zu schaffen, um in einem bestimmten Gebiet eine einheitliche Baugestaltung zu gewährleisten. Die Gemeinde dürfe sich davor schützen, dass das Gesamtbild der gemeindlichen Umgebung gestört werde. Weitergehende Gestaltungsbefugnisse ohne Bezug zum Straßen-, Orts- und Landschaftsbild sehe § 74 Abs. 1 LBO nicht vor. Die Norm enthalte daher einen eindeutigen Hinweis auf den Standort des Betrachters. Dies werde auch durch die Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ deutlich. Danach müssten örtliche Bauvorschriften bauordnungsrechtlichen Zielen dienen. Das Verunstaltungsverbot ermögliche der Gemeinde, auf bauliche Anlagen Einfluss zu nehmen, wenn eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds drohe. Regelungen, die nicht zur Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds bzw. zur Gefahrenabwehr beitrügen, seien unzulässig. Dies folge auch aus der Systematik der LBO. Dem Verunstaltungsverbot des § 11 LBO sei die Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum aus immanent. Die Vorschrift sei als Generalklausel zu verstehen, die für das gesamte Gemeindegebiet gelte. Die Satzungskompetenz des § 74 Abs. 1 LBO sei dagegen auf bestimmte Gebiete beschränkt. Es handle sich um zwei eigenständige Rechtsnormen mit unterschiedlichen Regelungsgehalten. Dies verbiete es, bei der Auslegung einer Norm den Umkehrschluss der anderen heranzuziehen. § 11 LBO enthalte ein negatives Verunstaltungsverbot, § 74 LBO ermögliche eine positive Bau- und Gestaltungspflege. Dennoch strebten beide Normen den gleichen Regelungszweck an, nämlich die einheitliche Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds. Insoweit könnten nur vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung führen. Dies zeige auch die Entstehungsgeschichte des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO. Bis zur LBO-Änderung 1972 sei auf das Verunstaltungsverbot Bezug genommen worden. Hierdurch sei deutlich gemacht worden, dass sich die Satzungskompetenz auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen beschränke. Mit der Novellierung sei die Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ aufgenommen worden. Dies stelle klar, dass Ortsbausatzungen bauordnungsrechtlichen Zielen dienen müssten. Eine Regelungsbefugnis für Maßnahmen ohne Bezug zur Gebietsgestaltung sehe die LBO nicht vor. Auch Sinn und Zweck der Regelungsbefugnis führten zu keinem anderen Ergebnis. Das Kriterium der Erkennbarkeit vom öffentlichen Straßenraum aus sei von entscheidender Bedeutung, da die gestalterischen Absichten der Gemeinde lediglich das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild betreffen dürften. Vom öffentlichen Verkehrsraum nicht erkennbare Maßnahmen könnten das äußere Bild der Gemeinde nicht beeinträchtigen. § 74 Abs. 1 LBO ermächtige nicht zu Grundrechtseingriffen, die keinen Bezug zu den Gestaltungsabsichten der Gemeinde hätten. Eine unbeschränkte Regelungskompetenz würde die Baufreiheit der Grundstückseigentümer praktisch aushöhlen und widerspräche Sinn und Zweck der Planungshoheit. Ein gerechter Interessenausgleich sei nur möglich, wenn man der Gemeinde das Recht zubillige, ihr Straßen-, Orts- und Landschaftsbild selbst gestalten zu dürfen, den Grundstückseigentümern aber eine im Wesentlichen unbeschränkte Gestaltungsbefugnis für die nicht einsehbaren Bereiche verbleibe. § 74 Abs. 1 LBO müsse somit auch aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend ausgelegt werden. § 9 der örtlichen Bauvorschriften widerspreche im Übrigen den Grundsätzen des Gesetzesvorbehalts. Beim Erlass örtlicher Bebauungsvorschriften müsse die Gemeinde alle Belange gegeneinander abwägen und einen gerechten Ausgleich schaffen. Dabei sei sie gehalten, ihre gestalterischen Absichten möglichst konkret in der Satzung festzulegen. Aus den Bebauungsvorschriften müsse hervorgehen, welche gestalterischen Ziele sie verfolge und welche Anforderungen für die Verwirklichung dieser Ziele an den Bauherrn gestellt würden. Die Eigentümerbefugnisse dürften nur eingeschränkt werden, wenn dem eine angemessene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an einer einheitlichen Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds und den privaten Interessen der betroffenen Bauherrn vorangegangen sei. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen. Den Verfahrensakten sei keine Begründung für die Änderung der Bebauungsvorschriften über Einfriedigungen zu entnehmen, obgleich hierdurch die Eigentümerbefugnisse erheblich eingeschränkt worden seien. Auch aus dem Inhalt der Bebauungsvorschrift ergebe sich keine konkrete Festlegung der gestalterischen Ziele. Da die Vorschrift auch nicht einsehbare Grundstücksbereiche betreffe, hätten die gestalterischen Vorstellungen eindeutig festgelegt werden müssen. Insoweit spreche vieles für einen Abwägungsausfall. Nachdem die Beklagte selbst davon ausgehe, dass die bereits errichtete Einfriedigung „optisch gut gestaltet“ sei, widerspreche diese ersichtlich nicht den gestalterischen Absichten. Dies lasse nur den Schluss zu, dass die Beklagte bislang entweder keine bestimmten gestalterischen Ziele ins Auge gefasst habe oder die Gestaltung der Einfriedigung ihren Absichten entspreche. Es sei daher nicht verständlich, weshalb die Mauer entlang der Grundstücksgrenze zum Beigeladenen unzulässig sein sollte. In vielen Neubaugebieten seien gleich hohe Mauern vorhanden. An verschiedenen Orten gebe es sogar bis zu 3 m hohe Hecken an der Straße.
17 
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Freiburg sowie des Verwaltungsgerichts Freiburg - 2 K 2338/04 - vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt der innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 6 S. 1 VwGO eingegangene Schriftsatz der Beklagten den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 6 S. 3 i.V.m. Abs. 3 S. 4 VwGO.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Kläger zu Unrecht stattgegeben hat. Nachdem die Kläger den von ihnen erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag nicht aufrechterhalten haben, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Einstellungsverfügung der Beklagten vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.09.2004. Diese ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21 
Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, kann die Baurechtsbehörde nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO die Einstellung der Bauarbeiten anordnen. Hierdurch kann die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden, die später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei allen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die Baurechtsbehörde ermächtigt ist, den Fortgang der Bauarbeiten anzuhalten, damit zunächst geprüft werden kann, ob zu einem späteren Zeitpunkt (etwa nach Erteilung einer Baugenehmigung oder der Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung) ein Weiterbau möglich ist.
22 
Dabei kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, da es sich bei der Baueinstellung um einen belastenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Dieser enthält das fortlaufende (vollstreckungsfähige und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der Mauer fortzuführen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anlage gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Ob und wie lange dies der Fall ist, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Entsprechend muss sie eine Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage. Hinsichtlich der „Prüfungsdichte“ sind hierbei allerdings verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung schon ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht“ eines Rechtsverstoßes aus. Hierfür genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen „Bauherrn“ zu erfolgen. Dabei ist der maßgebliche Sachverhalt im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären. Hierbei muss sich die Behörde an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, VBlBW 1994, 196 zu § 63 LBO a.F.).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend festzustellen, dass die nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfreie Errichtung der von den Klägern beabsichtigten Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Schwarzgrund“ verstößt.
24 
Danach sind nur offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen zulässig. Der Begriff der Einfriedigung ist funktional zu bestimmen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Einfriedigungen bauliche oder sonstige Anlagen, die nach ihrem wesentlichen Zweck der Sicherung des Grundstücks gegen unbefugtes Betreten oder Verlassen, gegen Witterungseinflüsse oder Immissionseinflüsse sowie gegen Einsicht dienen, um eine ungestörte Nutzung des Grundstücks zu gewährleisten, und die das Grundstück von der öffentlichen Verkehrsfläche oder von Nachbargrundstücken abgrenzen (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 -, BWGZ 1996, 410). Dabei unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Einfriedigungen. Offene Einfriedigungen sind - wie beispielsweise Weidezäune oder Maschendrahtzäune - durchsichtig, wirken also nicht als geschlossene Wand. Geschlossene Einfriedigungen sind solche ohne Zwischenraum, sie bestehen also - wie Mauern und durchgehende Bretterwände - aus zusammenhängenden Wänden (vgl. Sauter, LBO, 3. Auflage, Stand September 2005, § 50 RdNr. 135ff). Vorliegend beabsichtigen die Kläger nach den von ihnen zuletzt vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Plänen die Errichtung einer geschlossenen Einfriedigung. Dies widerspricht ersichtlich den Vorgaben des § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften.
25 
Von der Wirksamkeit dieser Bauvorschrift ist auszugehen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, leidet sie nicht an einem beachtlichen Form- oder Verfahrensfehler. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, nachdem die Kläger ihre diesbezüglichen Einwendungen im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten haben. Die in § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften getroffene Regelung ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich insbesondere im Rahmen der Ermächtigung des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO und genügt dem Abwägungsgebot.
26 
Nach § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO können Gemeinden u.a. zur Durchführung baugestalterischer Absichten im Rahmen der Landesbauordnung in bestimmten bebauten oder unbebauten Teilen des Gemeindegebietes durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über Notwendigkeit, Zulässigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedigungen. Diese Ermächtigung bezieht sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf Einfriedigungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 8 S 1046/02 -, BRS 65 Nr. 145 zu § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO). Soweit der Senat - zu § 111 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1972 - in seinem Beschluss vom 29.11.1979 - III 2380/77 - eine andere Auffassung vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten.
27 
§ 74 Abs. 1 LBO enthält vom Wortlaut her keine Einschränkung auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen. Durch die Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift nicht nur - wie die frühere Regelung in § 111 Abs. 1 LBO 1964 - zur Abwehr von Verunstaltungen, sondern auch zur positiven Gestaltungspflege ermächtigt. Durch die Bezugnahme „im Rahmen dieses Gesetzes“ wird weiter klargestellt, dass sich Gestaltungsvorschriften im Rahmen der von der Landesbauordnung verfolgten Ziele halten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Landesgesetzgeber die Regelung des Bauordnungsrechtes vorbehalten ist. Hierzu zählt nicht mehr nur die bloße Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder Einzelnen von baulichen Anlagen drohen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden. Dies schließt neben der Abwehr von Verunstaltungen eine positive Gestaltungspflege ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - 5 S 858/82 - , VBlBW 1983, 180 zu § 111 Abs. 1 LBO 1972). Den Gemeinden ist es auf landesrechtlicher Grundlage unbenommen, über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Erscheinungsbild Einfluss zu nehmen. Hierzu gehören Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Orts- oder Straßenbild, je nach ihren gestalterischen Vorstellungen zu erhalten oder umzugestalten. Gegenstand örtlicher Bauvorschriften können dagegen nicht Regelungen sein, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind, so im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit der Bund von seiner Kompetenz verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 72 GG). Hierzu gehört das Bodenrecht i.S.d. Art 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das der Bundesgesetzgeber insbesondere im Baugesetzbuch kodifiziert hat. Dieses Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zum Grund und Boden und trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Nicht zuletzt über die Vorschriften, die das Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (vgl. §§ 1 Abs. 5 Satz 2, 34 Abs. 1 Satz 2 und 35 Abs. 3 BauGB). Das städtebauliche Instrumentarium reicht unter diesem Blickwinkel indes nur soweit, wie das Baugesetzbuch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Zur bodenrechtlichen Ortsbildgestaltung steht der Gemeinde der in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend umschriebene Festsetzungskatalog zur Verfügung. Gestaltungsvorschriften, die hierüber hinaus gehen, ohne den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht offen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.1997 - 4 NB 15.97 -, BauR 1997, 999). Hiervon hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Dabei kann auch der Systematik der Landesbauordnung nicht entnommen werden, dass gestalterische Vorgaben sich nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Anlagen beziehen dürfen. Der Umstand, dass die Landesbauordnung eine derartige Einschränkung bei der Definition der Werbeanlagen (vgl. § 2 Abs. 9 Satz 1 LBO) und bei der Verunstaltung durch Automaten (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 2 LBO) vorsieht, spricht im Umkehrschluss dafür, dass der Anwendungsbereich der Landesbauordnung im Übrigen nicht per se auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen beschränkt ist. Andernfalls wäre die ausdrückliche Einschränkung bei Werbeanlagen und Automaten überflüssig. Eine derartige Einschränkung der Ermächtigung erscheint nach Sinn und Zweck auch nicht sachgerecht. Eine bauliche Anlage kann Auswirkungen auf das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild einer Gemeinde auch dann haben, wenn sie zwar nicht vom öffentlichen Verkehrsraum, aber von anderen Standorten aus einsehbar ist und sich aus diesen Blickwinkeln auf das örtliche Erscheinungsbild auswirkt. Das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild stellt zwar das Schutzobjekt bauordnungsrechtlicher Regelungen dar, sagt aber nichts darüber aus, von welchem Standpunkt aus die Beurteilung zu erfolgen hat. Ein umfassender Schutz des örtlichen Erscheinungsbildes wird aber nur dann erreicht, wenn man in die Beurteilung alle baulichen Anlagen mit einbezieht, die für einen Betrachter - unabhängig von einem bestimmten Standort und Blickwinkel - das Umgebungsbild (mit-) prägen. Damit können sich grundsätzlich auch vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbare bauliche Anlagen auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild auswirken. Im Übrigen ist das Kriterium der Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum wenig praktikabel für den mit der Ermächtigung verfolgten Zweck, da es häufig von - jederzeit änderbaren und sich ständig ändernden - Zufälligkeiten abhängt, ob eine bauliche Anlage vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar ist oder nicht. Würden nicht sichtbare bauliche Anlagen von der Ermächtigung von vornherein ausgenommen, könnte die Gemeinde ihre gestalterischen Absichten wegen entgegenstehenden Bestandsschutzes nicht durchsetzen, wenn eine bauliche Anlage irgendwann einmal vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbar war. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sind. Dies hat nicht zur Folge, dass der Geltungsbereich der Landesbauordnung hinsichtlich gestalterischer Anforderungen an bauliche Anlagen von vornherein auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen zu beschränken ist, sondern führt nur dazu, dass regelmäßig zu prüfen ist, ob die Einschränkung der Baufreiheit im konkreten Fall den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG genügt.
28 
Erstreckt sich die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO mithin nicht nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen, so ist § 9 Nr. 1 der einschlägigen Bebauungsvorschriften von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dass die Gemeinde mit der Beschränkung andere als gestalterische Absichten verfolgt hat, ist nicht ersichtlich.
29 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt § 9 Nr. 1 der Bebauungsvorschriften auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Zwar findet das für Bebauungspläne geltende Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F./§ 1 Abs. 7 BauGB n.F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie vorliegend - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen oder geändert werden, da § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das Baugesetzbuch verweist, es sich beim planungsrechtlichen Abwägungsgebot aber nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern um eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -, VBlBW 2003, 123).
30 
Wie bereits oben dargelegt sind Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gezielte Gestaltung einzelner baulicher Anlagen und des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbildes ein bedeutsames öffentliches Anliegen ist, das prinzipiell zu einer Einschränkung privater Eigentümerbefugnisse führen kann. Je gewichtiger die konkrete Gestaltungsaufgabe und je schutzwürdiger das vorhandene bzw. beabsichtigte Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild ist, umso eingehender dürfen gestalterische Festsetzungen und Anforderungen sein, ohne das Übermaßverbot zu verletzen. Daraus folgt umgekehrt, dass das Ziel einer einheitlichen Gestaltung allein um der Einheitlichkeit oder gar Uniformität willen nicht ausreicht. Vielmehr muss im Regelfall entsprechend den örtlichen Bauvorschriften eine gewisse historische, künstlerische oder sonst die Eigenart des Ortsbildes ausmachende Homogenität gegeben sein oder angestrebt werden, die allein es rechtfertigt, den Freiheitsraum des Bauherrn einzuengen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
31 
Im Rahmen der dabei erforderlichen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist der Gemeinde bei der Bestimmung der gestalterischen Absichten und Wertmaßstäbe ein Ermessensspielraum einzuräumen, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.09.2002 - a.a.O. -). Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, nämlich um dem Erfordernis der Bestimmtheit belastender Regelungen und damit deren Erkennbarkeit für den betroffenen Bürger zu genügen, ferner um sicherzustellen, dass die gestalterischen Vorstellungen auch wirklich dem zuständigen Gemeindeorgan zugerechnet werden können, ist eine möglichst konkrete Festlegung der gestalterischen Absichten zu fordern. Dies wird, jedenfalls bei generellen Regelungen im allgemeinen durch die Satzung selbst geschehen müssen. Eine satzungsmäßige Festschreibung ist allerdings entbehrlich, wenn die beabsichtigte Gestaltung des Straßen- oder Ortsbildes aus dem vorhandenen Baubestand ohne weiteres für den gebildeten Durchschnittsbetrachter ablesbar ist oder wenn sich das gestalterische Ziel unmittelbar aus dem Inhalt der gestalterischen Anforderungen ergibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
32 
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen vorliegend nicht ohne Weiteres, dass bei der Änderung der Bebauungsvorschriften im Jahre 1996 hinsichtlich der Vorgaben für Einfriedigungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Den Gemeinderäten lag ausweislich der vorgelegten Tischvorlage vom 04.05.1994 eine synoptische Gegenüberstellung der Bebauungsvorschriften in ihrem damaligen Wortlaut und in der beabsichtigten Änderungsfassung vor. Des Weiteren wurden sie in der Gemeinderatssitzung vom 31.08.1994 ausweislich der Sitzungsniederschrift darüber informiert, dass die unter Ziff. 2.7 der bisherigen Bebauungsvorschriften geforderte einheitliche Gestaltung der Einfriedigungen entlang der öffentlichen Flächen nicht haltbar sei und diese Vorschrift deshalb ersatzlos gestrichen werde. Welche Erwägungen indessen der anstelle der bisherigen Regelung gewählten neuen Regelung letztlich zugrunde lagen, wurde nicht schriftlich festgehalten. Dieser Umstand lässt jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die Änderung der Bebauungsvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - a.a.O. -). Dies gilt umso mehr, als es sich bei § 9 der örtlichen Bauvorschriften um eine Regelung von eher untergeordneter Bedeutung handelt. Durch sie werden im Plangebiet Einfriedigungen weder gänzlich ausgeschlossen noch in ihrer funktionalen Zweckbestimmung beschränkt, sondern nur gewissen Anforderungen an ihre äußere Gestaltung unterworfen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit Sockeln bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton und Heckenhinterpflanzungen sowie der generelle Ausschluss von Stacheldraht die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht nennenswert einschränkt. Auch werden hierdurch die Gestaltungswünsche der Grundstückseigentümer nicht übermäßig beschnitten und verursacht die Einhaltung der Gestaltungsvorschriften keine unverhältnismäßigen Kosten. Dementsprechend sind während des Auslegungsverfahrens auch weder von den Klägern noch von anderen betroffenen Grundstückseigentümern Einwendungen gegen die beabsichtigte Regelung erhoben worden. Die insoweit berührten Interessen liegen im Übrigen auch ohne ausdrückliche Niederlegung in den Planunterlagen offen zu Tage. Einfriedigungen können - wie die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ausgeführt hat - zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Besonnung führen. Diese Auswirkungen werden durch die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit einem Sockel von max. 30 cm und Heckenhinterpflanzungen zumindest abgeschwächt, ohne dass hiermit eine Funktionseinbuße verbunden ist. Eine derartige Beschränkung stellt daher jedenfalls in einem einheitlich geplanten, durch aufgelockerte Bebauung mit entsprechenden Garten- und Vorgartenflächen geprägten Wohngebiet eine zulässige und sachlich vertretbare Zielvorstellung für das Straßen- und Ortsbild dar, die die Grenze des ortsgesetzgeberischen Ermessens nicht überschreitet (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Bei dem Baugebiet „Schwarzgrund“ handelt es sich um ein einheitlich geplantes allgemeines Wohngebiet. Dieses ist durch die Festsetzung einer ein- bis zweigeschossigen Bebauung in offener Bauweise mit einer GRZ von 0,4 und entsprechenden (Vor-) Gartenflächen gekennzeichnet. Damit handelt es sich nach der planerischen Konzeption der Beklagten um ein gehobenes Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung. Bei dieser Sachlage sind die gestalterischen Absichten der Gemeinde bei einer Gesamtschau der satzungsmäßigen Regelungen auch ohne ausdrückliche Festschreibung hinreichend erkennbar.
33 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. In einem gehobenen Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung dürfen grundsätzlich auch die Grundstücksrandzonen einheitlichen gestalterischen Anforderungen unterworfen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., NK-Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Dies gilt nicht nur für die vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbaren Randbereiche, da auch nicht einsehbare Einfriedigungen, - wie oben dargelegt - sich auf das Ortsbild auszuwirken können und deshalb ihre Einbeziehung grundsätzlich von einem sachgerechten öffentlichen Interesse an der Gestaltung des örtlichen Erscheinungsbildes getragen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Regelung den Grundstückseigentümern genügend Spielraum belässt hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einer von ihnen gewünschten Einfriedigung. Stellt man den von der Beklagten verfolgten gestalterischen Absichten das Maß der damit verbundenen Einschränkung in der Grundstücksnutzung gegenüber, hält sich die gewählte Regelung daher in den Grenzen einer angemessenen Abwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits.
34 
Der Wirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift steht entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht entgegen, dass auf dem Gemeindegebiet an anderen Stellen geschlossene Einfriedigungen vorhanden sind. Denn die streitgegenständliche Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Schwarzgrund“. Dass innerhalb dieses Baugebietes - außer der von der Beklagten geduldeten Einfriedigung auf dem Grundstück des Klägers - weitere Einfriedigungen gegen § 9 Nr. 1 der örtlichen Bauvorschriften verstoßen, haben die Kläger nicht dargelegt. Ob und inwieweit inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften möglicherweise in anderen Baugebieten nicht eingehalten werden, ist für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Bauvorschrift nicht erheblich.
35 
Damit verstößt die von den Klägern geplante Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften und lag der Erlass der Baueinstellungsverfügung im Ermessen der Baurechtsbehörde. Diese hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (vgl. § 40 LVwVfG). Entsprechend kann das Gericht nur prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ermessensausübung durch die der Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO obliegende Überwachungspflicht und durch den Gleichheitsgrundsatz verhältnismäßig enge Grenzen gezogen sind und die fehlerfreie Ermessensausübung im Regelfall die Anordnung der Einstellung der Bauarbeiten verlangt, da hierdurch sichergestellt werden soll, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen sind. Das öffentliche Interesse gebietet daher grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ermessensentscheidung vorliegend nicht zu beanstanden.
36 
Insoweit kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der streitgegenständlichen örtlichen Bauvorschrift haben und damit der oben festgestellte Widerspruch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften beseitigt werden könnte. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung liegen ersichtlich nicht vor. Da die streitgegenständliche Regelung ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 LBO findet, käme eine Befreiung nur nach § 56 Abs. 6 LBO in Betracht. Danach kann von einer örtlichen Bauvorschrift Befreiung erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung erfordern oder die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Weder erfordern Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch liegt eine nicht beabsichtigte Härte vor. Letztere ist nur dann zu bejahen, wenn das Grundstück bei Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1979 - V 995/79 -, BRS 36 Nr. 182), wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte und der Normzweck eine Abweichung erlaubt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1965 - I 493/64 -, ESVGH 15, 180). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Kläger in ihrem Garten unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen einen Schwimmteich errichtet haben und aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht einer Grundstückseinfriedigung bedürfen, genügt hierfür nicht, da dies keinen in der Grundstückssituation bedingten Sonderfall darstellt. Im Übrigen können die Kläger ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Errichtung einer Einfriedigung nachkommen, die den örtlichen Gestaltungsvorschriften entspricht.
37 
Die Einstellungsverfügung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die von den Klägern zur Straße hin errichtete Einfriedigung, die gleichermaßen gegen § 9 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften verstößt, von der Beklagten geduldet wird. Die Duldung einer bereits errichteten baurechtswidrigen Anlage führt nicht dazu, dass die Behörde gegen einen beabsichtigten weiteren Verstoß nicht (mehr) im Wege einer Baueinstellungsverfügung vorgehen darf. Aus diesem Grund kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und inwieweit in anderen Baugebieten möglicherweise inhaltsgleiche Bauvorschriften existieren und die Beklagte dort gegen baurechtswidrig errichtete Einfriedigungen nicht eingeschritten ist.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
40 
Beschluss
vom 11. Oktober 2006
41 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG endgültig auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt der innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 6 S. 1 VwGO eingegangene Schriftsatz der Beklagten den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 6 S. 3 i.V.m. Abs. 3 S. 4 VwGO.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Kläger zu Unrecht stattgegeben hat. Nachdem die Kläger den von ihnen erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag nicht aufrechterhalten haben, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Einstellungsverfügung der Beklagten vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.09.2004. Diese ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21 
Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, kann die Baurechtsbehörde nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO die Einstellung der Bauarbeiten anordnen. Hierdurch kann die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden, die später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei allen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die Baurechtsbehörde ermächtigt ist, den Fortgang der Bauarbeiten anzuhalten, damit zunächst geprüft werden kann, ob zu einem späteren Zeitpunkt (etwa nach Erteilung einer Baugenehmigung oder der Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung) ein Weiterbau möglich ist.
22 
Dabei kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, da es sich bei der Baueinstellung um einen belastenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Dieser enthält das fortlaufende (vollstreckungsfähige und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der Mauer fortzuführen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anlage gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Ob und wie lange dies der Fall ist, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Entsprechend muss sie eine Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage. Hinsichtlich der „Prüfungsdichte“ sind hierbei allerdings verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung schon ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht“ eines Rechtsverstoßes aus. Hierfür genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen „Bauherrn“ zu erfolgen. Dabei ist der maßgebliche Sachverhalt im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären. Hierbei muss sich die Behörde an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, VBlBW 1994, 196 zu § 63 LBO a.F.).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend festzustellen, dass die nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfreie Errichtung der von den Klägern beabsichtigten Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Schwarzgrund“ verstößt.
24 
Danach sind nur offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen zulässig. Der Begriff der Einfriedigung ist funktional zu bestimmen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Einfriedigungen bauliche oder sonstige Anlagen, die nach ihrem wesentlichen Zweck der Sicherung des Grundstücks gegen unbefugtes Betreten oder Verlassen, gegen Witterungseinflüsse oder Immissionseinflüsse sowie gegen Einsicht dienen, um eine ungestörte Nutzung des Grundstücks zu gewährleisten, und die das Grundstück von der öffentlichen Verkehrsfläche oder von Nachbargrundstücken abgrenzen (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 -, BWGZ 1996, 410). Dabei unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Einfriedigungen. Offene Einfriedigungen sind - wie beispielsweise Weidezäune oder Maschendrahtzäune - durchsichtig, wirken also nicht als geschlossene Wand. Geschlossene Einfriedigungen sind solche ohne Zwischenraum, sie bestehen also - wie Mauern und durchgehende Bretterwände - aus zusammenhängenden Wänden (vgl. Sauter, LBO, 3. Auflage, Stand September 2005, § 50 RdNr. 135ff). Vorliegend beabsichtigen die Kläger nach den von ihnen zuletzt vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Plänen die Errichtung einer geschlossenen Einfriedigung. Dies widerspricht ersichtlich den Vorgaben des § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften.
25 
Von der Wirksamkeit dieser Bauvorschrift ist auszugehen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, leidet sie nicht an einem beachtlichen Form- oder Verfahrensfehler. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, nachdem die Kläger ihre diesbezüglichen Einwendungen im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten haben. Die in § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften getroffene Regelung ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich insbesondere im Rahmen der Ermächtigung des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO und genügt dem Abwägungsgebot.
26 
Nach § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO können Gemeinden u.a. zur Durchführung baugestalterischer Absichten im Rahmen der Landesbauordnung in bestimmten bebauten oder unbebauten Teilen des Gemeindegebietes durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über Notwendigkeit, Zulässigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedigungen. Diese Ermächtigung bezieht sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf Einfriedigungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 8 S 1046/02 -, BRS 65 Nr. 145 zu § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO). Soweit der Senat - zu § 111 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1972 - in seinem Beschluss vom 29.11.1979 - III 2380/77 - eine andere Auffassung vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten.
27 
§ 74 Abs. 1 LBO enthält vom Wortlaut her keine Einschränkung auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen. Durch die Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift nicht nur - wie die frühere Regelung in § 111 Abs. 1 LBO 1964 - zur Abwehr von Verunstaltungen, sondern auch zur positiven Gestaltungspflege ermächtigt. Durch die Bezugnahme „im Rahmen dieses Gesetzes“ wird weiter klargestellt, dass sich Gestaltungsvorschriften im Rahmen der von der Landesbauordnung verfolgten Ziele halten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Landesgesetzgeber die Regelung des Bauordnungsrechtes vorbehalten ist. Hierzu zählt nicht mehr nur die bloße Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder Einzelnen von baulichen Anlagen drohen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden. Dies schließt neben der Abwehr von Verunstaltungen eine positive Gestaltungspflege ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - 5 S 858/82 - , VBlBW 1983, 180 zu § 111 Abs. 1 LBO 1972). Den Gemeinden ist es auf landesrechtlicher Grundlage unbenommen, über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Erscheinungsbild Einfluss zu nehmen. Hierzu gehören Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Orts- oder Straßenbild, je nach ihren gestalterischen Vorstellungen zu erhalten oder umzugestalten. Gegenstand örtlicher Bauvorschriften können dagegen nicht Regelungen sein, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind, so im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit der Bund von seiner Kompetenz verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 72 GG). Hierzu gehört das Bodenrecht i.S.d. Art 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das der Bundesgesetzgeber insbesondere im Baugesetzbuch kodifiziert hat. Dieses Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zum Grund und Boden und trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Nicht zuletzt über die Vorschriften, die das Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (vgl. §§ 1 Abs. 5 Satz 2, 34 Abs. 1 Satz 2 und 35 Abs. 3 BauGB). Das städtebauliche Instrumentarium reicht unter diesem Blickwinkel indes nur soweit, wie das Baugesetzbuch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Zur bodenrechtlichen Ortsbildgestaltung steht der Gemeinde der in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend umschriebene Festsetzungskatalog zur Verfügung. Gestaltungsvorschriften, die hierüber hinaus gehen, ohne den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht offen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.1997 - 4 NB 15.97 -, BauR 1997, 999). Hiervon hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Dabei kann auch der Systematik der Landesbauordnung nicht entnommen werden, dass gestalterische Vorgaben sich nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Anlagen beziehen dürfen. Der Umstand, dass die Landesbauordnung eine derartige Einschränkung bei der Definition der Werbeanlagen (vgl. § 2 Abs. 9 Satz 1 LBO) und bei der Verunstaltung durch Automaten (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 2 LBO) vorsieht, spricht im Umkehrschluss dafür, dass der Anwendungsbereich der Landesbauordnung im Übrigen nicht per se auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen beschränkt ist. Andernfalls wäre die ausdrückliche Einschränkung bei Werbeanlagen und Automaten überflüssig. Eine derartige Einschränkung der Ermächtigung erscheint nach Sinn und Zweck auch nicht sachgerecht. Eine bauliche Anlage kann Auswirkungen auf das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild einer Gemeinde auch dann haben, wenn sie zwar nicht vom öffentlichen Verkehrsraum, aber von anderen Standorten aus einsehbar ist und sich aus diesen Blickwinkeln auf das örtliche Erscheinungsbild auswirkt. Das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild stellt zwar das Schutzobjekt bauordnungsrechtlicher Regelungen dar, sagt aber nichts darüber aus, von welchem Standpunkt aus die Beurteilung zu erfolgen hat. Ein umfassender Schutz des örtlichen Erscheinungsbildes wird aber nur dann erreicht, wenn man in die Beurteilung alle baulichen Anlagen mit einbezieht, die für einen Betrachter - unabhängig von einem bestimmten Standort und Blickwinkel - das Umgebungsbild (mit-) prägen. Damit können sich grundsätzlich auch vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbare bauliche Anlagen auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild auswirken. Im Übrigen ist das Kriterium der Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum wenig praktikabel für den mit der Ermächtigung verfolgten Zweck, da es häufig von - jederzeit änderbaren und sich ständig ändernden - Zufälligkeiten abhängt, ob eine bauliche Anlage vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar ist oder nicht. Würden nicht sichtbare bauliche Anlagen von der Ermächtigung von vornherein ausgenommen, könnte die Gemeinde ihre gestalterischen Absichten wegen entgegenstehenden Bestandsschutzes nicht durchsetzen, wenn eine bauliche Anlage irgendwann einmal vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbar war. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sind. Dies hat nicht zur Folge, dass der Geltungsbereich der Landesbauordnung hinsichtlich gestalterischer Anforderungen an bauliche Anlagen von vornherein auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen zu beschränken ist, sondern führt nur dazu, dass regelmäßig zu prüfen ist, ob die Einschränkung der Baufreiheit im konkreten Fall den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG genügt.
28 
Erstreckt sich die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO mithin nicht nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen, so ist § 9 Nr. 1 der einschlägigen Bebauungsvorschriften von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dass die Gemeinde mit der Beschränkung andere als gestalterische Absichten verfolgt hat, ist nicht ersichtlich.
29 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt § 9 Nr. 1 der Bebauungsvorschriften auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Zwar findet das für Bebauungspläne geltende Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F./§ 1 Abs. 7 BauGB n.F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie vorliegend - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen oder geändert werden, da § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das Baugesetzbuch verweist, es sich beim planungsrechtlichen Abwägungsgebot aber nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern um eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -, VBlBW 2003, 123).
30 
Wie bereits oben dargelegt sind Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gezielte Gestaltung einzelner baulicher Anlagen und des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbildes ein bedeutsames öffentliches Anliegen ist, das prinzipiell zu einer Einschränkung privater Eigentümerbefugnisse führen kann. Je gewichtiger die konkrete Gestaltungsaufgabe und je schutzwürdiger das vorhandene bzw. beabsichtigte Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild ist, umso eingehender dürfen gestalterische Festsetzungen und Anforderungen sein, ohne das Übermaßverbot zu verletzen. Daraus folgt umgekehrt, dass das Ziel einer einheitlichen Gestaltung allein um der Einheitlichkeit oder gar Uniformität willen nicht ausreicht. Vielmehr muss im Regelfall entsprechend den örtlichen Bauvorschriften eine gewisse historische, künstlerische oder sonst die Eigenart des Ortsbildes ausmachende Homogenität gegeben sein oder angestrebt werden, die allein es rechtfertigt, den Freiheitsraum des Bauherrn einzuengen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
31 
Im Rahmen der dabei erforderlichen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist der Gemeinde bei der Bestimmung der gestalterischen Absichten und Wertmaßstäbe ein Ermessensspielraum einzuräumen, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.09.2002 - a.a.O. -). Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, nämlich um dem Erfordernis der Bestimmtheit belastender Regelungen und damit deren Erkennbarkeit für den betroffenen Bürger zu genügen, ferner um sicherzustellen, dass die gestalterischen Vorstellungen auch wirklich dem zuständigen Gemeindeorgan zugerechnet werden können, ist eine möglichst konkrete Festlegung der gestalterischen Absichten zu fordern. Dies wird, jedenfalls bei generellen Regelungen im allgemeinen durch die Satzung selbst geschehen müssen. Eine satzungsmäßige Festschreibung ist allerdings entbehrlich, wenn die beabsichtigte Gestaltung des Straßen- oder Ortsbildes aus dem vorhandenen Baubestand ohne weiteres für den gebildeten Durchschnittsbetrachter ablesbar ist oder wenn sich das gestalterische Ziel unmittelbar aus dem Inhalt der gestalterischen Anforderungen ergibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
32 
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen vorliegend nicht ohne Weiteres, dass bei der Änderung der Bebauungsvorschriften im Jahre 1996 hinsichtlich der Vorgaben für Einfriedigungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Den Gemeinderäten lag ausweislich der vorgelegten Tischvorlage vom 04.05.1994 eine synoptische Gegenüberstellung der Bebauungsvorschriften in ihrem damaligen Wortlaut und in der beabsichtigten Änderungsfassung vor. Des Weiteren wurden sie in der Gemeinderatssitzung vom 31.08.1994 ausweislich der Sitzungsniederschrift darüber informiert, dass die unter Ziff. 2.7 der bisherigen Bebauungsvorschriften geforderte einheitliche Gestaltung der Einfriedigungen entlang der öffentlichen Flächen nicht haltbar sei und diese Vorschrift deshalb ersatzlos gestrichen werde. Welche Erwägungen indessen der anstelle der bisherigen Regelung gewählten neuen Regelung letztlich zugrunde lagen, wurde nicht schriftlich festgehalten. Dieser Umstand lässt jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die Änderung der Bebauungsvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - a.a.O. -). Dies gilt umso mehr, als es sich bei § 9 der örtlichen Bauvorschriften um eine Regelung von eher untergeordneter Bedeutung handelt. Durch sie werden im Plangebiet Einfriedigungen weder gänzlich ausgeschlossen noch in ihrer funktionalen Zweckbestimmung beschränkt, sondern nur gewissen Anforderungen an ihre äußere Gestaltung unterworfen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit Sockeln bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton und Heckenhinterpflanzungen sowie der generelle Ausschluss von Stacheldraht die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht nennenswert einschränkt. Auch werden hierdurch die Gestaltungswünsche der Grundstückseigentümer nicht übermäßig beschnitten und verursacht die Einhaltung der Gestaltungsvorschriften keine unverhältnismäßigen Kosten. Dementsprechend sind während des Auslegungsverfahrens auch weder von den Klägern noch von anderen betroffenen Grundstückseigentümern Einwendungen gegen die beabsichtigte Regelung erhoben worden. Die insoweit berührten Interessen liegen im Übrigen auch ohne ausdrückliche Niederlegung in den Planunterlagen offen zu Tage. Einfriedigungen können - wie die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ausgeführt hat - zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Besonnung führen. Diese Auswirkungen werden durch die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit einem Sockel von max. 30 cm und Heckenhinterpflanzungen zumindest abgeschwächt, ohne dass hiermit eine Funktionseinbuße verbunden ist. Eine derartige Beschränkung stellt daher jedenfalls in einem einheitlich geplanten, durch aufgelockerte Bebauung mit entsprechenden Garten- und Vorgartenflächen geprägten Wohngebiet eine zulässige und sachlich vertretbare Zielvorstellung für das Straßen- und Ortsbild dar, die die Grenze des ortsgesetzgeberischen Ermessens nicht überschreitet (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Bei dem Baugebiet „Schwarzgrund“ handelt es sich um ein einheitlich geplantes allgemeines Wohngebiet. Dieses ist durch die Festsetzung einer ein- bis zweigeschossigen Bebauung in offener Bauweise mit einer GRZ von 0,4 und entsprechenden (Vor-) Gartenflächen gekennzeichnet. Damit handelt es sich nach der planerischen Konzeption der Beklagten um ein gehobenes Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung. Bei dieser Sachlage sind die gestalterischen Absichten der Gemeinde bei einer Gesamtschau der satzungsmäßigen Regelungen auch ohne ausdrückliche Festschreibung hinreichend erkennbar.
33 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. In einem gehobenen Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung dürfen grundsätzlich auch die Grundstücksrandzonen einheitlichen gestalterischen Anforderungen unterworfen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., NK-Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Dies gilt nicht nur für die vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbaren Randbereiche, da auch nicht einsehbare Einfriedigungen, - wie oben dargelegt - sich auf das Ortsbild auszuwirken können und deshalb ihre Einbeziehung grundsätzlich von einem sachgerechten öffentlichen Interesse an der Gestaltung des örtlichen Erscheinungsbildes getragen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Regelung den Grundstückseigentümern genügend Spielraum belässt hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einer von ihnen gewünschten Einfriedigung. Stellt man den von der Beklagten verfolgten gestalterischen Absichten das Maß der damit verbundenen Einschränkung in der Grundstücksnutzung gegenüber, hält sich die gewählte Regelung daher in den Grenzen einer angemessenen Abwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits.
34 
Der Wirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift steht entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht entgegen, dass auf dem Gemeindegebiet an anderen Stellen geschlossene Einfriedigungen vorhanden sind. Denn die streitgegenständliche Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Schwarzgrund“. Dass innerhalb dieses Baugebietes - außer der von der Beklagten geduldeten Einfriedigung auf dem Grundstück des Klägers - weitere Einfriedigungen gegen § 9 Nr. 1 der örtlichen Bauvorschriften verstoßen, haben die Kläger nicht dargelegt. Ob und inwieweit inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften möglicherweise in anderen Baugebieten nicht eingehalten werden, ist für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Bauvorschrift nicht erheblich.
35 
Damit verstößt die von den Klägern geplante Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften und lag der Erlass der Baueinstellungsverfügung im Ermessen der Baurechtsbehörde. Diese hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (vgl. § 40 LVwVfG). Entsprechend kann das Gericht nur prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ermessensausübung durch die der Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO obliegende Überwachungspflicht und durch den Gleichheitsgrundsatz verhältnismäßig enge Grenzen gezogen sind und die fehlerfreie Ermessensausübung im Regelfall die Anordnung der Einstellung der Bauarbeiten verlangt, da hierdurch sichergestellt werden soll, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen sind. Das öffentliche Interesse gebietet daher grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ermessensentscheidung vorliegend nicht zu beanstanden.
36 
Insoweit kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der streitgegenständlichen örtlichen Bauvorschrift haben und damit der oben festgestellte Widerspruch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften beseitigt werden könnte. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung liegen ersichtlich nicht vor. Da die streitgegenständliche Regelung ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 LBO findet, käme eine Befreiung nur nach § 56 Abs. 6 LBO in Betracht. Danach kann von einer örtlichen Bauvorschrift Befreiung erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung erfordern oder die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Weder erfordern Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch liegt eine nicht beabsichtigte Härte vor. Letztere ist nur dann zu bejahen, wenn das Grundstück bei Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1979 - V 995/79 -, BRS 36 Nr. 182), wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte und der Normzweck eine Abweichung erlaubt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1965 - I 493/64 -, ESVGH 15, 180). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Kläger in ihrem Garten unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen einen Schwimmteich errichtet haben und aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht einer Grundstückseinfriedigung bedürfen, genügt hierfür nicht, da dies keinen in der Grundstückssituation bedingten Sonderfall darstellt. Im Übrigen können die Kläger ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Errichtung einer Einfriedigung nachkommen, die den örtlichen Gestaltungsvorschriften entspricht.
37 
Die Einstellungsverfügung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die von den Klägern zur Straße hin errichtete Einfriedigung, die gleichermaßen gegen § 9 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften verstößt, von der Beklagten geduldet wird. Die Duldung einer bereits errichteten baurechtswidrigen Anlage führt nicht dazu, dass die Behörde gegen einen beabsichtigten weiteren Verstoß nicht (mehr) im Wege einer Baueinstellungsverfügung vorgehen darf. Aus diesem Grund kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und inwieweit in anderen Baugebieten möglicherweise inhaltsgleiche Bauvorschriften existieren und die Beklagte dort gegen baurechtswidrig errichtete Einfriedigungen nicht eingeschritten ist.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
40 
Beschluss
vom 11. Oktober 2006
41 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG endgültig auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Oktober 2005 - 1 K 651/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Farbe der Dacheindeckung des dem Kläger gehörenden, im Wege des Kenntnisgabeverfahrens errichteten Einfamilienwohnhauses.
Das Hausgrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Reuteberg-West“ vom 15.10.2003. Die gemeinsam mit ihm erlassenen örtlichen Bauvorschriften sehen als Dachdeckungsmaterial nur Dachziegel oder Betondachsteine in den Farben rot bis rotbraun vor. Unter dem 28.10.2004 beantragte der Kläger die Zulassung einer Abweichung von dieser Bestimmung aus architektonischen Gründen, da die Südseite der Dachhaut zu 90 % von einer Photovoltaikanlage in grau-schwarzer Farbe bedeckt werden solle. Die Beklagte lehnte diesen Antrag letztlich mit Bescheid vom 28.12.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 LBO seien nicht gegeben. Auch wenn man der Förderung regenerativer Energien ein Gemeinwohlinteresse zubillige, könne daraus kein Erfordernis einer abweichenden Farbe der Dachdeckung abgeleitet werden. Auch eine offenbar nicht beabsichtigte Härte liege nicht vor; die örtlichen Bauvorschriften, in deren Kenntnis der Kläger das Baugrundstück erworben habe, dienten ganz bewusst dem Zweck, im öffentlichen Interesse an einem Mindestmaß einheitlicher Gestaltung des Baugebiets die persönlichen Gestaltungsabsichten der Bauherren in Teilbereichen einzuschränken.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, nach dem Stand der Technik könne die für die südliche Dachhälfte vorgesehene Fotovoltaikanlage keine andere Farbe als schwarz oder dunkelgrau aufweisen. Eine Eindeckung der nördlichen Dachhälfte mit roten Ziegeln stehe in ästhetischem Widerspruch dazu. Deshalb sei mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Planungsamtes vereinbart worden, dass ein Befreiungsantrag gestellt werden solle, dem dieser zustimmen werde. Die ablehnende Entscheidung gehe allein auf das Votum des Ortsvorstehers zurück. Das Regierungspräsidium Tübingen wies diesen Widerspruch mit Bescheid vom 14.3.2005 mit der Begründung zurück, die örtliche Bauvorschrift sei rechtsgültig und die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 14.4.2005 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und zuletzt beantragt, unter Aufhebung der anders lautenden Bescheide festzustellen, dass die farbliche Gestaltung des Daches auf seinem Gebäude baurechtlich zulässig sei, insbesondere nicht gegen die entsprechende örtliche Bauvorschrift verstoße, hilfsweise die entgegenstehenden Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Befreiung von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckung zu erteilen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Festlegung der Dachfarbe verstoße gegen das Abwägungsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Verfahrensakten lasse sich nicht entnehmen, dass eine Abwägung bezüglich der Dachflächenfarbe insbesondere im Hinblick auf zwangsläufig schwarze bis dunkelgraue Fotovoltaik-Elemente stattgefunden habe. Derartige Zellen gebe es in rötlichen Tönen nicht. Bei seinem Haus führe die Einhaltung örtlichen Bauvorschrift dazu, dass auf der Südseite durch die Fotovoltaik-Elemente ein graues/schwarzes Dach mit einem schmalen roten oder rötlich-braunen Rand entstehe, während die nördliche Dachfläche rot bis rotbraun gedeckt sei. Es werde so eine optische Zweifarbigkeit erzwungen, die verunstaltend wirke. Ohnehin sei fraglich, ob angesichts des Vorhandenseins unterschiedlicher Dachfarben in den angrenzenden Baugebieten das Ziel eines einheitlichen Erscheinungsbildes überhaupt noch erreicht werden könne. Die Festlegung sei umso fraglicher, als ihm für den Fall einer „In-Dachmontage“, also einer Nutzung der Dachziegel als Fotovoltaik-Elemente, eine entsprechende Befreiung in Aussicht gestellt worden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat vorgetragen, die seitens des Klägers angesprochene Gemengelage unterschiedlicher Dachfarben betreffe einzelne Häuser außerhalb des Bebauungsplans „Reuteberg-West“. Die von ihm vorgelegten Lichtbilder zeigten, dass seine abweichende Dachfarbe aus der farblich einheitlichen Dachlandschaft heraussteche und störend wirke. Die Regelung verstoße nicht gegen das Abwägungsgebot. Dem gestalterischen Wunsch des Plangebers könne nicht entgegengehalten werden, dass er den Gesichtspunkt der Förderung so genannter „Solar-Anlagen“ bei Erlass der Satzung nicht berücksichtigt habe. Dass es Fotovoltaikanlagen nur in einem gräulich-blauen Farbton gebe, stehe der vorgeschriebenen Farbgestaltung nicht entgegen. Die Dachziegelfarbe kollidiere nicht mit der Funktionsfähigkeit solcher Anlagen. Das subjektiv-ästhetische Empfinden des Klägers müsse zurücktreten. Durch das Anbringen einer Fotovoltaikanlage entstehe nicht zwangsläufig eine verunstaltend wirkende zweifarbige Dachlandschaft, weil solche Anlagen in der Regel nicht die komplette Dachfläche überdeckten. Auch im vorliegenden Falle bleibe ein seitlicher Rand deutlich sichtbar. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Weder erforderten Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch führe die Einhaltung der vorgeschriebenen Farbpalette zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben und festgestellt, dass die farbliche Gestaltung der Dacheindeckung am Wohnhaus des Klägers baurechtlich zulässig sei, insbesondere nicht gegen die entsprechende örtliche Bauvorschrift verstoße, weil diese Bestimmung unwirksam sei. Denn es sei rechtlich nicht sichergestellt, dass ihr Zweck, über die zulässige Farbpalette der Dachziegel eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu gewährleisten, erreicht werden könne. Vielmehr befürworte und unterstütze die Beklagte die Errichtung von Fotovoltaikanlagen, weshalb davon auszugehen sei, dass solche Anlagen, deren technische Gestaltung eine abweichende Farbwahl gebiete, im Baugebiet nicht verhindert werden sollten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten, mit der diese beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Oktober 2005 - 1 K 651/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend: Die fragliche Regelung über die zulässige Farbe der Dacheindeckungen sei komplexer strukturiert als vom Verwaltungsgericht angenommen. Sie besage, dass - 1. - die Dachfarbe rot bis rotbraun durchgesetzt werden solle und - 2. - als Ausnahme von dieser Regel auch andersfarbige Solaranlagen und andere technische Einrichtungen zulässig seien. Beide Sätze zusammen bildeten erst die maßgebliche Gestaltungsvorschrift. Das Verwaltungsgericht habe die Ausnahmeregelung, die „natürlich nicht expressis verbis in den Normtext aufgenommen“ worden sei, zwar gesehen, ihr aber nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen. Die Regelung - einschließlich des Ausnahmetatbestandes - erscheine außerordentlich vernünftig. Sie gewähre der Gewinnung regenerativer Energie Vorrang vor der farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft, sei also bereit, zur Förderung des Umweltschutzes Abstriche am Farbkonzept hinzunehmen. Intendiert sei keine 100%-Lösung, sondern ein zurückgenommenes, ausgewogenes Konzept, das zum einen auf die Nordseiten der Dächer wirke, wo aus wirtschaftlichen Gründen keine Solaranlagen installiert werden könnten. Zum anderen habe das Konzept eine zeitliche Dimension, da es bei Abbau der Solaranlage auch für die bisher für sie beanspruchte Dachflächen wieder in den Vordergrund trete und steuernd wirken könne. Demgegenüber laufe die Auffassung des Verwaltungsgerichts auf die Forderung nach einem Alles-oder-Nichts-System hinaus. Das Konzept der Beklagten trage dagegen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung und stelle so eine ausgewogene und vernünftige Lösung dar, die von den Bauherrn - außer dem Kläger - durchweg akzeptiert werde. Dem Kläger komme es dagegen auf die Pflege seines Individualismus an. Seine Betroffenheit tendiere gegen Null, weil rote oder rotbraune Dachsteine nicht kostspieliger seien als schwarze oder graue. Schließlich habe der Senat eine vergleichbare Regelung in einer Entscheidung vom 22.4.2002 (- 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123) als rechtmäßig angesehen. Die nach Nr. 21 des Anhangs zu § 50 LBO verfahrensfreien Anlagen zur fotovoltaischen oder thermischen Solarnutzung seien wohl auch in jenem Fall zulässig gewesen, ohne dass der Senat daraus die Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift abgeleitet habe.
10 
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er erwidert: Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht davon aus, dass die streitige örtliche Bauvorschrift, deren Ziel es sei, für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen, ihren Regelungszweck im Hinblick auf die zugelassenen Ausnahmen für zwangsläufig schwarze bis dunkelgraue Solaranlagen nicht mehr erreichen könne und deshalb unwirksam sei. Mit der Installation einer solchen Anlage werde bei Einhaltung der Farbvorgabe im Übrigen eine „Zweifarbigkeit“ und damit „Uneinheitlichkeit“ in der farblichen Gestaltung der Dachflächen bereits am jeweiligen Gebäude selbst geschaffen. Ferner machten aufgrund des technischen Fortschritts durchaus auch diffuses Licht nutzende Solaranlagen auf nicht nach Süden weisenden Dächern Sinn. Auch das auf die zeitliche Dimension abhebende Argument der Beklagten verfange nicht; für Solarmodule werde eine Garantie von 25 Jahren gewährt und die Einspeisevergütung nach dem Energieeinspeisungsgesetz währe 20 Jahre. Das Beharren auf roter bis rotbrauner Dachdeckung trotz Zulassung andersfarbiger Photovoltaikelemente führe zum Gegenteil der beabsichtigten Einheitlichkeit der Dachflächen. Eine Gestaltungsregelung, die es nicht verstehe, erwünschte Ausnahmen dieser Art aufzunehmen und gestalterisch zu verarbeiten, sei wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unwirksam. Es sei auch nicht zutreffend, dass das „Konzept“ der Beklagten von den Bauherren durchweg akzeptiert werde; laut Auskunft des Baurechtsamtes hätten mindestens drei weitere Bauherren wegen einer Eindeckung mit schwarzen Dachziegeln angefragt. Am Haus gegenüber - Juraweg 23 - seien dunkelbraune Ziegel verwendet worden. Im älteren Baugebiet am Juraweg seien mehrere schwarze Dächer vorhanden. Vollends fragwürdig werde die ablehnende Entscheidung der Beklagten vor dem Hintergrund der Erklärung der Baugenehmigungsbehörde, die bei einer so genannten Indachmontage der Photovoltaikelemente eine Befreiung von der Dachfarbe für das gesamte Dach - also auch für die nördliche Dachfläche - in Aussicht gestellt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die - zulässige - Berufung der Beklagten ist nicht begründet; das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Es hätte allerdings nicht dem Hauptantrag des Klägers folgen und die streitige örtliche Bauvorschrift für unwirksam halten dürfen (nachfolgend 1.), sondern entsprechend seinem Hilfsantrag die Beklagte zur Erteilung der beantragten Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ verpflichten müssen (nachfolgend 2.).
15 
1. Die örtliche Bauvorschrift über die Farbe der Eindeckung der Dächer im Baugebiet „Reuteberg-West“ mit roten bis rotbraunen Dachziegeln oder Betondachsteinen ist rechtsgültig.
16 
a) Diese Bestimmung ist zwar möglicherweise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Denn bei örtlichen Bauvorschriften, die zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, richtet sich das Verfahren für ihren Erlass gemäß § 74 Abs. 7 LBO in vollem Umfang nach den für Bebauungspläne geltenden Vorschriften. Dazu gehört auch § 9 Abs. 8 BauGB, wonach eine Begründung beizufügen ist, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen darzulegen sind. Dass es sich bei dieser Bestimmung mindestens auch um eine Verfahrensvorschrift handelt, ergibt sich aus § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, der § 9 Abs. 8 BauGB ausdrücklich erwähnt. Auf solche örtlichen Bauvorschriften finden allerdings die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB entsprechende Anwendung (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; ebenso: Sauter, LBO, § 74 RdNr. 121 a. E.; vgl. auch: OVG NW, Urteil vom 24.7.2000 - 7a D 179/98.NE - BRS 63 Nr. 18; Urteil vom 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - NVwZ-RR 2001, 14 zum nordrhein-westfälischen Landesrecht; BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 - UPR 2002, 275 zum allgemein geltenden Grundsatz der Planerhaltung).
17 
Im vorliegenden Fall enthält die Begründung zum Bebauungsplan vom 8.4.2003 zur Gestaltung der baulichen Anlagen unter Nr. 5.6. lediglich die Aussage, dass zur Einfügung der Bebauung in das vorhandene Orts- und Landschaftsbild besondere Festsetzungen zur Gestaltung und Anordnung der baulichen Anordnung (wie Dachform, Firstrichtung und Einfriedungen) getroffen wurden. Es erscheint fraglich, ob die unterbliebene Nennung der Farbe der Dacheindeckung diese Begründung lediglich als unvollständig erscheinen lässt, was nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB einen unbeachtlichen Fehler darstellen würde, oder ob von einem völligen Begründungsausfall auszugehen wäre, der von dieser Unbeachtlichkeitsregel nicht erfasst wäre. Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn selbst wenn ein beachtlicher Begründungsmangel vorliegen sollte, wäre er gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der örtlichen Bauvorschriften am 23.10.2003 gegenüber der Beklagten gerügt worden ist.
18 
b) Die streitige örtliche Bauvorschrift ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
19 
aa) Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO, der den Gemeinden den Erlass örtlicher Bauvorschriften über „Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ gestattet. Einzelheiten der Dachgestaltung können dagegen nicht durch planerische Festsetzungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB oder der Baunutzungsverordnung getroffen werden (Urteil des Senats vom 22.4.2002 - 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123; BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000, 1169; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006 - 3 S 337/06 -). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.4.2002, a.a.O.) gehören zur äußeren Gestaltung einer baulichen Anlage auch Dachformen oder andere Einzelheiten der Dachgestaltung, wie namentlich Material und Farbe der Dacheindeckung. Sie können daher Gegenstand einer örtlichen Bauvorschrift auf der Grundlage des § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO sein.
20 
bb) Wie jede andere rechtliche Regelung muss auch eine örtliche Bauvorschrift dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsgebot genügen. Dieses Gebot schließt jedoch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht aus, sofern sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O., unter Berufung auf BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 - BRS 57 Nr. 26). Das ist hier sowohl hinsichtlich der vorgeschriebenen Materialien als auch hinsichtlich der angeordneten Farben „rot bis rotbraun“ der Fall. Dies hat der Senat in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 22.4.2002 unter Berufung auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2000 (- 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472) und in Abgrenzung zum Urteil des OVG Niedersachsen vom 7.11.1995 (- 11 A 293/94 - NVwZ-RR 1996, 491) entschieden. Gründe für eine hiervon abweichende Sichtweise sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
21 
cc) Die umstrittene Regelung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot.
22 
Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde auch beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146 m.w.N.). Zwar findet die nur für Bebauungspläne geltende Regelung in § 1 Abs. 6 BauGB a. F./§ 1 Abs. 7 BauGB n. F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie hier - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, da in § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das BauGB verwiesen wird und es sich bei § 1 Abs. 6 BauGB a. F./3 1 Abs. 7 BauGB n. F. nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch unabhängig von einer solchen Verweisung aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.; OVG NW, Urteil vom 9.2.2000, a.a.O.; HessVGH, Urteil vom 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
23 
Die streitige Regelung wird diesen Anforderungen (noch) gerecht. Den Verfahrensakten kann zwar nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der Vorgabe einer bestimmten Farbe für die Dacheindeckungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Entgegen der Ansicht der Kläger lässt dieser Umstand jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die örtlichen Bauvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat, die von der umstrittenen Gestaltungsbestimmung berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 29.1.1992 - 4 NB 22.90 - NVwZ 1992, 662 = PbauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 3; Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, als es sich bei der in Rede stehenden Vorschrift um keine Regelung von zentraler Bedeutung handelt, da von ihr weder die bauliche Ausnutzbarkeit der Baugrundstücke eingeschränkt wird noch den Bauherren Vorgaben gemacht werden, die sie in ihren Gestaltungswünschen übermäßig einengen oder eine zusätzliche Kostenbelastung verursachen, zumal - wie noch zu zeigen sein wird - das Bauordnungsrecht die seitens des Klägers vermisste Flexibilität im Hinblick auf eine Harmonisierung mit den aus technischen Gründen abweichenden Farben von Fotovoltaikanlagen anderweitig herstellt. Dementsprechend sind auch während des Aufstellungsverfahrens von keiner Seite Einwendungen gegen die beabsichtigte Gestaltungsregelung erhoben worden. Ihre Zielrichtung ist im Übrigen offenkundig. Der Beklagten geht es mit der Regelung ersichtlich darum, durch Vorgabe eines bestimmten Farbspektrums für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen. Dass an anderen Stellen - etwa in den benachbarten Planbereichen - nicht durchgängig dieselben Vorgaben gelten, ist unerheblich, denn die streitige Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Reuteberg-West“ (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Allerdings mindert die Tatsache, dass in den östlich sich anschließenden Neubaugebieten die Farben der Dächer zu etwa gleichen Anteilen zwischen rot bis rotbraun und schwarz bis anthrazit variieren, wie die seitens des Klägers vorgelegten Fotos zeigen, das Gewicht der gemeindlichen Interessen. Dennoch hält es der Senat für nicht vertretbar, dem von der Beklagten verfolgten Ziel völlig die Rechtfertigung abzusprechen. Denn es spricht einiges dafür, dass in den Nachbarbaugebieten inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften nicht in allen Fällen eingehalten worden sind. Dies betrifft aber nicht die Frage der Normgeltung, sondern ihres Vollzugs. Andererseits liegt es auf der Hand, dass von einer Regelung wie der streitigen das Interesse der Grundstückseigentümer an einer möglichst ungeschmälerten Erhaltung ihrer gestalterischen Freiheiten berührt wird. Auf diese unterschiedliche Interessenlage besonders und ausdrücklich einzugehen, bestand für den Gemeinderat der Beklagten folglich kein Anlass.
24 
Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht von der Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift über Material und Farbe der Dacheindeckungen ausgehen und dem Hauptantrag des Klägers nicht stattgeben dürfen.
25 
2. Es hätte aber - auf der Grundlage des Hilfsantrags des Klägers - die Beklagte verpflichten müssen, die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen. Denn der Kläger hat einen aus einem Zusammenwirken der Abweichungsregel des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO mit der Befreiungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 5 LBO folgenden Anspruch auf die begehrte Befreiung. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
26 
a) Nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO sind Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO und von Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, also auch von örtlichen Bauvorschriften (Sauter, LBO, § 56 RdNr. 4), zur Verwirklichung von Vorhaben zur Energieeinsparung zuzulassen, wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es besteht somit ein Anspruch auf deren Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den nach dieser Vorschrift privilegierten Vorhaben zählen auch Fotovoltaikanlagen (vgl. Sauter, LBO, § 56 RdNr. 19, der ausdrücklich solarthermische Anlagen sowie Energie- oder Absorberdächer anführt; Anlagen wie diejenige des Klägers, die Sonnenlicht direkt in Strom umwandeln, können nicht anders behandelt werden als solarthermische Anlagen). Wenn diese aber - was unter den Beteiligten unstreitig ist - aus technischen Gründen nicht in roter oder rotbrauner Farbe erhältlich sind, so muss die Abweichungsregelung auch die Farbvorgabe in der örtlichen Bauvorschrift erfassen, soll sie nicht ins Leere laufen. Das sieht die Beklagte auch nicht anders, denn sie will die Solarenergienutzung ausdrücklich ermöglichen (vgl. die Niederschrift über die Verhandlung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt des Gemeinderats vom 30.9.2003, S. 2, /33 der Bebauungsplanakten) und betont sogar den „Vorrang“ regenerativer Energien vor der „farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft“ (Schriftsatz vom 29.12.2005, S. 3). Danach kann kein Zweifel bestehen, dass die Anbringung von Fotovoltaikanlagen auch dann im Sinne des § 56 Abs. 2 LBO mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, wenn sie von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckungen abweichen.
27 
b) Aus diesem von der Beklagten nicht in Frage gestellten Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Dachfarbenfestlegung auf der Grundlage des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO für die Fotovoltaikelemente selbst folgt zugleich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Befreiung von der streitigen örtlichen Bauvorschrift im Hinblick auf die Farbe der „eigentlichen“ Dachhaut. Denn wenn die - auch seitens der Beklagten befürwortete - Anbringung solcher Module zwangsläufig dazu führt, dass etwa 99 % der Fläche der südlichen Dachhälfte optisch schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau in Erscheinung tritt, und wenn zugleich das Ziel verfolgt wird, eine weitgehende Einheitlichkeit der farblichen Gestaltung der Dacheindeckungen zu erreichen, so erfordern Gründe des allgemeinen Wohls im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO die Zulassung einer der Farbe der Solarmodule entsprechenden Farbe der übrigen Dacheindeckung. Jede andere Entscheidung würde - wie der Kläger zu Recht hervorhebt - das grundsätzliche Ziel einer im Hinblick auf ihre Farbe möglichst einheitlichen Gestaltung der Dachlandschaft konterkarieren. Das gilt sowohl für den nur wenige Zentimeter schmalen, sichtbaren Rand der Dachhaut der südlichen Dachfläche, auf der die Fotovoltaikelemente angebracht sind, als auch für die nördliche Dachseite. Denn es sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, die es erfordern könnten, eine an sich wegen der - aus technischen Gründen in derartigen Farbtönen gehaltenen - Solarmodule optisch schwärzlich erscheinenden Dachfläche rot umranden und ihr Satteldachpendant auf der nördlichen Dachhälfte andersfarbig gestalten zu müssen. Davon abgesehen stellt es für den Kläger eine im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 offenbar nicht beabsichtigte Härte dar, gleichwohl sein gesamtes Dach - entgegen seinem Wunsch - rot bis rotbraun eindecken zu müssen. Denn der Satzungsgeber kann nicht zugleich beabsichtigen, Fotovoltaikanlagen auf den Dächern im Baugebiet zuzulassen, die nur in schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau erhältlich sind, und dennoch eine rote bis rotbraune Dacheindeckung zu fordern. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich solche Anlagen nur für eine begrenzte Zeit energetisch nutzen lassen und dann nach Entfernung der Module die „falsche“ Farbe der Dacheindeckung zu Vorschein kommen werde, wie die Beklagte meint. Denn diesem Szenario lässt sich ohne weiteres dadurch vorbeugen, dass in die Befreiungsentscheidung ein entsprechender Widerrufsvorbehalt aufgenommen wird.
28 
Nach allem ist die Berufung mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.
29 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die - zulässige - Berufung der Beklagten ist nicht begründet; das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Es hätte allerdings nicht dem Hauptantrag des Klägers folgen und die streitige örtliche Bauvorschrift für unwirksam halten dürfen (nachfolgend 1.), sondern entsprechend seinem Hilfsantrag die Beklagte zur Erteilung der beantragten Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ verpflichten müssen (nachfolgend 2.).
15 
1. Die örtliche Bauvorschrift über die Farbe der Eindeckung der Dächer im Baugebiet „Reuteberg-West“ mit roten bis rotbraunen Dachziegeln oder Betondachsteinen ist rechtsgültig.
16 
a) Diese Bestimmung ist zwar möglicherweise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Denn bei örtlichen Bauvorschriften, die zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, richtet sich das Verfahren für ihren Erlass gemäß § 74 Abs. 7 LBO in vollem Umfang nach den für Bebauungspläne geltenden Vorschriften. Dazu gehört auch § 9 Abs. 8 BauGB, wonach eine Begründung beizufügen ist, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen darzulegen sind. Dass es sich bei dieser Bestimmung mindestens auch um eine Verfahrensvorschrift handelt, ergibt sich aus § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, der § 9 Abs. 8 BauGB ausdrücklich erwähnt. Auf solche örtlichen Bauvorschriften finden allerdings die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB entsprechende Anwendung (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; ebenso: Sauter, LBO, § 74 RdNr. 121 a. E.; vgl. auch: OVG NW, Urteil vom 24.7.2000 - 7a D 179/98.NE - BRS 63 Nr. 18; Urteil vom 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - NVwZ-RR 2001, 14 zum nordrhein-westfälischen Landesrecht; BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 - UPR 2002, 275 zum allgemein geltenden Grundsatz der Planerhaltung).
17 
Im vorliegenden Fall enthält die Begründung zum Bebauungsplan vom 8.4.2003 zur Gestaltung der baulichen Anlagen unter Nr. 5.6. lediglich die Aussage, dass zur Einfügung der Bebauung in das vorhandene Orts- und Landschaftsbild besondere Festsetzungen zur Gestaltung und Anordnung der baulichen Anordnung (wie Dachform, Firstrichtung und Einfriedungen) getroffen wurden. Es erscheint fraglich, ob die unterbliebene Nennung der Farbe der Dacheindeckung diese Begründung lediglich als unvollständig erscheinen lässt, was nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB einen unbeachtlichen Fehler darstellen würde, oder ob von einem völligen Begründungsausfall auszugehen wäre, der von dieser Unbeachtlichkeitsregel nicht erfasst wäre. Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn selbst wenn ein beachtlicher Begründungsmangel vorliegen sollte, wäre er gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der örtlichen Bauvorschriften am 23.10.2003 gegenüber der Beklagten gerügt worden ist.
18 
b) Die streitige örtliche Bauvorschrift ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
19 
aa) Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO, der den Gemeinden den Erlass örtlicher Bauvorschriften über „Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ gestattet. Einzelheiten der Dachgestaltung können dagegen nicht durch planerische Festsetzungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB oder der Baunutzungsverordnung getroffen werden (Urteil des Senats vom 22.4.2002 - 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123; BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000, 1169; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006 - 3 S 337/06 -). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.4.2002, a.a.O.) gehören zur äußeren Gestaltung einer baulichen Anlage auch Dachformen oder andere Einzelheiten der Dachgestaltung, wie namentlich Material und Farbe der Dacheindeckung. Sie können daher Gegenstand einer örtlichen Bauvorschrift auf der Grundlage des § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO sein.
20 
bb) Wie jede andere rechtliche Regelung muss auch eine örtliche Bauvorschrift dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsgebot genügen. Dieses Gebot schließt jedoch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht aus, sofern sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O., unter Berufung auf BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 - BRS 57 Nr. 26). Das ist hier sowohl hinsichtlich der vorgeschriebenen Materialien als auch hinsichtlich der angeordneten Farben „rot bis rotbraun“ der Fall. Dies hat der Senat in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 22.4.2002 unter Berufung auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2000 (- 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472) und in Abgrenzung zum Urteil des OVG Niedersachsen vom 7.11.1995 (- 11 A 293/94 - NVwZ-RR 1996, 491) entschieden. Gründe für eine hiervon abweichende Sichtweise sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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cc) Die umstrittene Regelung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot.
22 
Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde auch beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146 m.w.N.). Zwar findet die nur für Bebauungspläne geltende Regelung in § 1 Abs. 6 BauGB a. F./§ 1 Abs. 7 BauGB n. F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie hier - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, da in § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das BauGB verwiesen wird und es sich bei § 1 Abs. 6 BauGB a. F./3 1 Abs. 7 BauGB n. F. nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch unabhängig von einer solchen Verweisung aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.; OVG NW, Urteil vom 9.2.2000, a.a.O.; HessVGH, Urteil vom 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
23 
Die streitige Regelung wird diesen Anforderungen (noch) gerecht. Den Verfahrensakten kann zwar nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der Vorgabe einer bestimmten Farbe für die Dacheindeckungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Entgegen der Ansicht der Kläger lässt dieser Umstand jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die örtlichen Bauvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat, die von der umstrittenen Gestaltungsbestimmung berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 29.1.1992 - 4 NB 22.90 - NVwZ 1992, 662 = PbauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 3; Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, als es sich bei der in Rede stehenden Vorschrift um keine Regelung von zentraler Bedeutung handelt, da von ihr weder die bauliche Ausnutzbarkeit der Baugrundstücke eingeschränkt wird noch den Bauherren Vorgaben gemacht werden, die sie in ihren Gestaltungswünschen übermäßig einengen oder eine zusätzliche Kostenbelastung verursachen, zumal - wie noch zu zeigen sein wird - das Bauordnungsrecht die seitens des Klägers vermisste Flexibilität im Hinblick auf eine Harmonisierung mit den aus technischen Gründen abweichenden Farben von Fotovoltaikanlagen anderweitig herstellt. Dementsprechend sind auch während des Aufstellungsverfahrens von keiner Seite Einwendungen gegen die beabsichtigte Gestaltungsregelung erhoben worden. Ihre Zielrichtung ist im Übrigen offenkundig. Der Beklagten geht es mit der Regelung ersichtlich darum, durch Vorgabe eines bestimmten Farbspektrums für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen. Dass an anderen Stellen - etwa in den benachbarten Planbereichen - nicht durchgängig dieselben Vorgaben gelten, ist unerheblich, denn die streitige Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Reuteberg-West“ (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Allerdings mindert die Tatsache, dass in den östlich sich anschließenden Neubaugebieten die Farben der Dächer zu etwa gleichen Anteilen zwischen rot bis rotbraun und schwarz bis anthrazit variieren, wie die seitens des Klägers vorgelegten Fotos zeigen, das Gewicht der gemeindlichen Interessen. Dennoch hält es der Senat für nicht vertretbar, dem von der Beklagten verfolgten Ziel völlig die Rechtfertigung abzusprechen. Denn es spricht einiges dafür, dass in den Nachbarbaugebieten inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften nicht in allen Fällen eingehalten worden sind. Dies betrifft aber nicht die Frage der Normgeltung, sondern ihres Vollzugs. Andererseits liegt es auf der Hand, dass von einer Regelung wie der streitigen das Interesse der Grundstückseigentümer an einer möglichst ungeschmälerten Erhaltung ihrer gestalterischen Freiheiten berührt wird. Auf diese unterschiedliche Interessenlage besonders und ausdrücklich einzugehen, bestand für den Gemeinderat der Beklagten folglich kein Anlass.
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Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht von der Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift über Material und Farbe der Dacheindeckungen ausgehen und dem Hauptantrag des Klägers nicht stattgeben dürfen.
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2. Es hätte aber - auf der Grundlage des Hilfsantrags des Klägers - die Beklagte verpflichten müssen, die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen. Denn der Kläger hat einen aus einem Zusammenwirken der Abweichungsregel des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO mit der Befreiungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 5 LBO folgenden Anspruch auf die begehrte Befreiung. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
26 
a) Nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO sind Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO und von Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, also auch von örtlichen Bauvorschriften (Sauter, LBO, § 56 RdNr. 4), zur Verwirklichung von Vorhaben zur Energieeinsparung zuzulassen, wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es besteht somit ein Anspruch auf deren Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den nach dieser Vorschrift privilegierten Vorhaben zählen auch Fotovoltaikanlagen (vgl. Sauter, LBO, § 56 RdNr. 19, der ausdrücklich solarthermische Anlagen sowie Energie- oder Absorberdächer anführt; Anlagen wie diejenige des Klägers, die Sonnenlicht direkt in Strom umwandeln, können nicht anders behandelt werden als solarthermische Anlagen). Wenn diese aber - was unter den Beteiligten unstreitig ist - aus technischen Gründen nicht in roter oder rotbrauner Farbe erhältlich sind, so muss die Abweichungsregelung auch die Farbvorgabe in der örtlichen Bauvorschrift erfassen, soll sie nicht ins Leere laufen. Das sieht die Beklagte auch nicht anders, denn sie will die Solarenergienutzung ausdrücklich ermöglichen (vgl. die Niederschrift über die Verhandlung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt des Gemeinderats vom 30.9.2003, S. 2, /33 der Bebauungsplanakten) und betont sogar den „Vorrang“ regenerativer Energien vor der „farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft“ (Schriftsatz vom 29.12.2005, S. 3). Danach kann kein Zweifel bestehen, dass die Anbringung von Fotovoltaikanlagen auch dann im Sinne des § 56 Abs. 2 LBO mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, wenn sie von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckungen abweichen.
27 
b) Aus diesem von der Beklagten nicht in Frage gestellten Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Dachfarbenfestlegung auf der Grundlage des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO für die Fotovoltaikelemente selbst folgt zugleich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Befreiung von der streitigen örtlichen Bauvorschrift im Hinblick auf die Farbe der „eigentlichen“ Dachhaut. Denn wenn die - auch seitens der Beklagten befürwortete - Anbringung solcher Module zwangsläufig dazu führt, dass etwa 99 % der Fläche der südlichen Dachhälfte optisch schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau in Erscheinung tritt, und wenn zugleich das Ziel verfolgt wird, eine weitgehende Einheitlichkeit der farblichen Gestaltung der Dacheindeckungen zu erreichen, so erfordern Gründe des allgemeinen Wohls im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO die Zulassung einer der Farbe der Solarmodule entsprechenden Farbe der übrigen Dacheindeckung. Jede andere Entscheidung würde - wie der Kläger zu Recht hervorhebt - das grundsätzliche Ziel einer im Hinblick auf ihre Farbe möglichst einheitlichen Gestaltung der Dachlandschaft konterkarieren. Das gilt sowohl für den nur wenige Zentimeter schmalen, sichtbaren Rand der Dachhaut der südlichen Dachfläche, auf der die Fotovoltaikelemente angebracht sind, als auch für die nördliche Dachseite. Denn es sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, die es erfordern könnten, eine an sich wegen der - aus technischen Gründen in derartigen Farbtönen gehaltenen - Solarmodule optisch schwärzlich erscheinenden Dachfläche rot umranden und ihr Satteldachpendant auf der nördlichen Dachhälfte andersfarbig gestalten zu müssen. Davon abgesehen stellt es für den Kläger eine im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 offenbar nicht beabsichtigte Härte dar, gleichwohl sein gesamtes Dach - entgegen seinem Wunsch - rot bis rotbraun eindecken zu müssen. Denn der Satzungsgeber kann nicht zugleich beabsichtigen, Fotovoltaikanlagen auf den Dächern im Baugebiet zuzulassen, die nur in schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau erhältlich sind, und dennoch eine rote bis rotbraune Dacheindeckung zu fordern. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich solche Anlagen nur für eine begrenzte Zeit energetisch nutzen lassen und dann nach Entfernung der Module die „falsche“ Farbe der Dacheindeckung zu Vorschein kommen werde, wie die Beklagte meint. Denn diesem Szenario lässt sich ohne weiteres dadurch vorbeugen, dass in die Befreiungsentscheidung ein entsprechender Widerrufsvorbehalt aufgenommen wird.
28 
Nach allem ist die Berufung mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.
29 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14. Dezember 2005 - 2 K 2338/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streitigen über die baurechtliche Zulässigkeit einer Grenzmauer auf dem Grundstück der Kläger.
Die Kläger sind Eigentümer des Wohngrundstücks Flst.-Nr. .../12 (...) in ... Der Beigeladene ist Eigentümer des im Osten angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. .../9 (... ...). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Schwarzgrund“, der in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1973 stammt und für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Mit Satzungsbeschluss vom 13.05.1996, öffentlich bekannt gemacht am 27.09.1996, änderte der Gemeinderat der Beklagten die dem Bebauungsplan beigefügten Bebauungsvorschriften und beschloss - gestützt auf § 74 Abs. 7 LBO i.d.F. vom 18.08.1995 - folgende örtliche Bauvorschrift:
㤠9 Einfriedigungen und Bepflanzung
1. Gestattet sind offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen.
2. Die Verwendung von Stacheldraht als Einfriedigung ist nicht gestattet.“
Die Kläger planten bereits seit längerem, ihr Grundstück mit einer geschlossenen Einfriedigung in Form einer Gartenmauer zu umbauen. Zu diesem Zweck entfernten sie Anfang 2002 die vorhandene Grenzbepflanzung und zeigten der Beklagten mit Schreiben vom 14.05.2002 an, dass sie entlang der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen die Errichtung einer 1,60 m hohen Mauer mit einem 20 bis 30 cm hohen Glasaufsatz an der Innenseite beabsichtigen. Mit Schreiben vom 24.06.2002 wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass dies § 9 der örtlichen Bauvorschriften widerspreche und eine Befreiung im Interesse der Angrenzer nicht zugelassen werden könne.
Nachdem am 05.09.2002 anlässlich einer Besichtigung festgestellt wurde, dass die Mauer entlang der Straße bereits vollständig und zum Grundstück des Beigeladenen in ihren Fundamenten erstellt worden ist, ordnete die Beklagte mit Verfügung vom 09.09.2002 die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an. Mit Schreiben vom 12.09.2002 wandten sich die Kläger an den Bürgermeister der Beklagten mit der Bitte, sich der Angelegenheit anzunehmen. Zugleich reichten sie einen Grundriss/Ansichtsplan ein, wonach die Einfriedigung zur Grenze des Beigeladenen aus einzelnen, teilweise durch Holzkonstruktionen verbundenen und mit einem Holzaufbau versehenen Mauerstücken bestehen soll. Dieses Schreiben wertete die Beklagte als Widerspruch und entschied im Februar 2003, den zur Straße bereits errichteten Teil der Mauer zu dulden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2004 wies das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche der Kläger gegen die Ablehnung einer Befreiung und die Baueinstellung zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, nachdem die Beklagte die Einfriedigung an der Straße dulde, beschränkten sich die angegriffenen Verfügungen auf die Einfriedigung zum Nachbargrundstück. Insoweit lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht vor und sei die Baueinstellung nach § 64 LBO zu Recht erfolgt. Soweit geltend gemacht werde, dass die örtlichen Bauvorschriften nicht wirksam seien, bestehe keine Verwerfungskompetenz des Regierungspräsidiums.
Am 28.10.2004 haben die Kläger gegen die Einstellungsverfügung Klage erhoben und hilfsweise die Erteilung einer Befreiung von den örtlichen Bauvorschriften begehrt. Mit Urteil vom 14.12.2005 - 2 K 2338/04 - hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Verfügung vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2004 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Baueinstellung sei rechtswidrig. Die im Streit stehende Grenzmauer widerspreche zwar § 9 der Bebauungsvorschriften zum Bebauungsplan Schwarzgrund. Diese Vorschrift sei jedoch unwirksam, da sie für sämtliche Einfriedigungen gelte, § 74 LBO aber nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen ermächtige. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Nicht sichtbare Einfriedigungen tangierten nicht das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild. Einschränkungen auf das vom öffentlichen Verkehrsraum Sichtbare fänden sich in der LBO auch an anderer Stelle. Sie seien Folge des Grundrechtsschutzes der privaten Eigentümer. Eine Befugnis, gestalterische Anforderungen ohne Bezug zum Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild aufzustellen, würde mangels sachlicher Rechtfertigung das Übermaßverbot verletzen. § 74 LBO sei Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts. Die Gestaltung einzelner baulicher Anlagen ohne Bezug zum Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sei keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Regelung in § 9 der Bebauungsvorschriften und ihrer Entstehungsgeschichte komme eine einschränkende Auslegung nicht in Betracht. Aus den verfassungsrechtlichen Bezügen folge im Übrigen, dass örtlichen Bauvorschriften eine angemessene Abwägung zwischen dem öffentlichen Anliegen der Gestaltung des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbilds und den privaten Eigentümerbefugnissen zugrunde liegen müsse, wobei die gestalterischen Absichten möglichst konkret, im Allgemeinen durch die Satzung selbst, festgelegt werden müssten. Auch hieran fehle es. Den Verfahrensakten sei keine Begründung für die Änderung der Bebauungsvorschrift zu entnehmen. Die Auffassung der Beklagten, schon die frühere Fassung habe alle Einfriedigungen erfasst, sei mit deren Wortlaut nicht zu vereinbaren. Gestaltungsabsichten der Beklagten ließen sich auch nicht ohne weiteres aus dem Inhalt der Bebauungsvorschrift selbst ablesen. Dieser seien konkrete gestalterische Vorstellungen in Bezug auf das Straßen- und Ortsbild - soweit nicht der Bereich zum öffentlichen Verkehrsraum betroffen sei - nicht zu entnehmen. Gegen eine Gestaltungsabsicht der Beklagten spreche zudem, dass sie die Mauer zur Straße hin dulde.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Am 03.02.2006 hat die Beklagte gegen das ihr am 04.01.2006 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
11 
Sie beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 14.12.2005 - 2 K 2338/04 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
13 
Zur Begründung trägt sie vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Standort der geplanten Mauer von der auf dem Grundstück Flst.-Nr. .../13 vorhandenen befahrbaren Erschließungsstraße, die im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen sei, einsehbar sei. Es komme daher nicht darauf an, ob § 74 LBO nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen ermächtige. Dies sei im Übrigen zu verneinen. Die Vorschrift enthalte nach ihrem Wortlaut keinen Hinweis auf eine derartige Beschränkung. Auch aus der systematischen Auslegung ergebe sich keine Beschränkung. Soweit die LBO in einzelnen Vorschriften auf den öffentlichen Verkehrsraum als einschränkendes Tatbestandsmerkmal verweise, spreche dies gegen die Auffassung, die Einsehbarkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in sämtliche Vorschriften hineinzulesen. Andernfalls wäre es überflüssig und systemwidrig, dieses Merkmal in einzelnen Vorschriften ausdrücklich aufzuführen. Die Bestimmungen des § 11 LBO könnten nicht ohne Berücksichtigung des jeweiligen Regelungszwecks auf § 74 LBO übertragen werden. Während § 11 LBO ein (negatives) Verunstaltungs- und Beeinträchtigungsverbot enthalte, ermögliche § 74 LBO eine positive Bau- und Gestaltungspflege. Hierbei könnten strengere Maßstäbe angelegt werden als bei der Verunstaltungsabwehr. Der Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 74 LBO überzeuge ebenfalls nicht. Der Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ komme keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu. Außerdem umfasse diese Bezugnahme die gesamte LBO und nicht nur vereinzelte Vorschriften. Auch Sinn und Zweck des gemeindlichen Rechts zur positiven Bau- und Gestaltungspflege spreche gegen eine einschränkende Auslegung. In vielen Fällen bestehe ein Bedürfnis nach gestalterischen Regelungen ungeachtet der Frage, ob der Bereich vom öffentlichen Straßenraum aus erkennbar sei. Zudem sei der öffentliche Verkehrsraum kein hinreichend bestimmbares und praktisch anwendbares Abgrenzungskriterium. Wenn man auf die Erkennbarkeit durch die Öffentlichkeit abstelle, müssten auch sonstige Einsichtsmöglichkeiten einbezogen werden und wären die Bereiche, für die Gestaltungsregelungen getroffen werden dürften, praktisch nicht mehr abgrenzbar. Im Übrigen könne sich die Einsehbarkeit jederzeit ändern. Für das Verunstaltungsverbot sei anerkannt, dass es nicht nur bei Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum aus gelte. Auch der Schutz des Orts- und Landschaftsbilds durch bundesrechtliche Vorschriften sei nicht in diesem Sinne beschränkt. § 74 LBO enthalte keine Aussage darüber, von welchem Standort aus die Sichtbarkeit gegeben sein müsse. Die Einsehbarkeit sei im Rahmen der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Die sachliche Rechtfertigung ergebe sich vorliegend daraus, dass die Mauer vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbar sei. Auch bei einer Sichtbarkeit nur von den Nachbargrundstücken aus sei das Ziel, durch den Ausschluss geschlossener Einfriedigungen innerorts in gestalterischer Hinsicht keine Missstände zu schaffen, offensichtlich. Geschlossene Einfriedigungen führten zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und dem öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Belüftung. Vor allem die Wohnsituation der Nachbargrundstücke werde erheblich beeinträchtigt. Demgegenüber würden die Eigentümerbelange nur geringfügig betroffen. Einfriedigungen seien weiterhin zulässig. Die Einschränkung beziehe sich nur auf deren Form und beeinträchtige die Nutzungsmöglichkeiten allenfalls geringfügig. Vor diesem Hintergrund sei von einer angemessenen Abwägung auszugehen. Die Gestaltungsabsichten der Beklagten ließen sich unmittelbar aus dem Inhalt der Bauvorschrift entnehmen. Eine erhöhte Begründungspflicht habe auch deshalb nicht bestanden, weil trotz Offenlegung von den Grundstückseigentümern keinerlei Anregungen oder Bedenken vorgebracht worden seien. Da die geplante Mauer gegen die Bebauungsvorschrift verstoße, sei die Baueinstellung rechtmäßig verfügt worden. Eine Befreiung scheide bereits auf Grund der betroffenen nachbarlichen Belange aus.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen
16 
Zur Begründung ist ausgeführt, sie hätten auf ihrem Grundstück einen Schwimmteich errichtet und seien aus Gründen der Verkehrssicherheit dringend auf die Einfriedigung angewiesen. Die entlang der Straße errichtete Mauer werde von der Beklagte geduldet, da sie „optisch schön gestaltet“ sei. Die geplante Mauer solle genauso konstruiert werden und sich optisch unmittelbar anschließen. Aufgrund der bereits vorhandenen Mauer sei sie vom öffentlichen Straßenraum aus nicht sichtbar. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass § 9 der Bebauungsvorschriften materiell rechtswidrig sei. § 74 Abs. 1 LBO ermächtige nur zum Erlass von Gestaltungsregelungen für bauliche Maßnahmen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar seien. Aus der Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ ergebe sich, dass die Gemeinde befugt sei, Regelungen zu schaffen, um in einem bestimmten Gebiet eine einheitliche Baugestaltung zu gewährleisten. Die Gemeinde dürfe sich davor schützen, dass das Gesamtbild der gemeindlichen Umgebung gestört werde. Weitergehende Gestaltungsbefugnisse ohne Bezug zum Straßen-, Orts- und Landschaftsbild sehe § 74 Abs. 1 LBO nicht vor. Die Norm enthalte daher einen eindeutigen Hinweis auf den Standort des Betrachters. Dies werde auch durch die Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ deutlich. Danach müssten örtliche Bauvorschriften bauordnungsrechtlichen Zielen dienen. Das Verunstaltungsverbot ermögliche der Gemeinde, auf bauliche Anlagen Einfluss zu nehmen, wenn eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds drohe. Regelungen, die nicht zur Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds bzw. zur Gefahrenabwehr beitrügen, seien unzulässig. Dies folge auch aus der Systematik der LBO. Dem Verunstaltungsverbot des § 11 LBO sei die Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum aus immanent. Die Vorschrift sei als Generalklausel zu verstehen, die für das gesamte Gemeindegebiet gelte. Die Satzungskompetenz des § 74 Abs. 1 LBO sei dagegen auf bestimmte Gebiete beschränkt. Es handle sich um zwei eigenständige Rechtsnormen mit unterschiedlichen Regelungsgehalten. Dies verbiete es, bei der Auslegung einer Norm den Umkehrschluss der anderen heranzuziehen. § 11 LBO enthalte ein negatives Verunstaltungsverbot, § 74 LBO ermögliche eine positive Bau- und Gestaltungspflege. Dennoch strebten beide Normen den gleichen Regelungszweck an, nämlich die einheitliche Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds. Insoweit könnten nur vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung führen. Dies zeige auch die Entstehungsgeschichte des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO. Bis zur LBO-Änderung 1972 sei auf das Verunstaltungsverbot Bezug genommen worden. Hierdurch sei deutlich gemacht worden, dass sich die Satzungskompetenz auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen beschränke. Mit der Novellierung sei die Formulierung „im Rahmen dieses Gesetzes“ aufgenommen worden. Dies stelle klar, dass Ortsbausatzungen bauordnungsrechtlichen Zielen dienen müssten. Eine Regelungsbefugnis für Maßnahmen ohne Bezug zur Gebietsgestaltung sehe die LBO nicht vor. Auch Sinn und Zweck der Regelungsbefugnis führten zu keinem anderen Ergebnis. Das Kriterium der Erkennbarkeit vom öffentlichen Straßenraum aus sei von entscheidender Bedeutung, da die gestalterischen Absichten der Gemeinde lediglich das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild betreffen dürften. Vom öffentlichen Verkehrsraum nicht erkennbare Maßnahmen könnten das äußere Bild der Gemeinde nicht beeinträchtigen. § 74 Abs. 1 LBO ermächtige nicht zu Grundrechtseingriffen, die keinen Bezug zu den Gestaltungsabsichten der Gemeinde hätten. Eine unbeschränkte Regelungskompetenz würde die Baufreiheit der Grundstückseigentümer praktisch aushöhlen und widerspräche Sinn und Zweck der Planungshoheit. Ein gerechter Interessenausgleich sei nur möglich, wenn man der Gemeinde das Recht zubillige, ihr Straßen-, Orts- und Landschaftsbild selbst gestalten zu dürfen, den Grundstückseigentümern aber eine im Wesentlichen unbeschränkte Gestaltungsbefugnis für die nicht einsehbaren Bereiche verbleibe. § 74 Abs. 1 LBO müsse somit auch aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend ausgelegt werden. § 9 der örtlichen Bauvorschriften widerspreche im Übrigen den Grundsätzen des Gesetzesvorbehalts. Beim Erlass örtlicher Bebauungsvorschriften müsse die Gemeinde alle Belange gegeneinander abwägen und einen gerechten Ausgleich schaffen. Dabei sei sie gehalten, ihre gestalterischen Absichten möglichst konkret in der Satzung festzulegen. Aus den Bebauungsvorschriften müsse hervorgehen, welche gestalterischen Ziele sie verfolge und welche Anforderungen für die Verwirklichung dieser Ziele an den Bauherrn gestellt würden. Die Eigentümerbefugnisse dürften nur eingeschränkt werden, wenn dem eine angemessene Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an einer einheitlichen Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbilds und den privaten Interessen der betroffenen Bauherrn vorangegangen sei. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen. Den Verfahrensakten sei keine Begründung für die Änderung der Bebauungsvorschriften über Einfriedigungen zu entnehmen, obgleich hierdurch die Eigentümerbefugnisse erheblich eingeschränkt worden seien. Auch aus dem Inhalt der Bebauungsvorschrift ergebe sich keine konkrete Festlegung der gestalterischen Ziele. Da die Vorschrift auch nicht einsehbare Grundstücksbereiche betreffe, hätten die gestalterischen Vorstellungen eindeutig festgelegt werden müssen. Insoweit spreche vieles für einen Abwägungsausfall. Nachdem die Beklagte selbst davon ausgehe, dass die bereits errichtete Einfriedigung „optisch gut gestaltet“ sei, widerspreche diese ersichtlich nicht den gestalterischen Absichten. Dies lasse nur den Schluss zu, dass die Beklagte bislang entweder keine bestimmten gestalterischen Ziele ins Auge gefasst habe oder die Gestaltung der Einfriedigung ihren Absichten entspreche. Es sei daher nicht verständlich, weshalb die Mauer entlang der Grundstücksgrenze zum Beigeladenen unzulässig sein sollte. In vielen Neubaugebieten seien gleich hohe Mauern vorhanden. An verschiedenen Orten gebe es sogar bis zu 3 m hohe Hecken an der Straße.
17 
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Freiburg sowie des Verwaltungsgerichts Freiburg - 2 K 2338/04 - vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt der innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 6 S. 1 VwGO eingegangene Schriftsatz der Beklagten den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 6 S. 3 i.V.m. Abs. 3 S. 4 VwGO.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Kläger zu Unrecht stattgegeben hat. Nachdem die Kläger den von ihnen erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag nicht aufrechterhalten haben, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Einstellungsverfügung der Beklagten vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.09.2004. Diese ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21 
Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, kann die Baurechtsbehörde nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO die Einstellung der Bauarbeiten anordnen. Hierdurch kann die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden, die später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei allen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die Baurechtsbehörde ermächtigt ist, den Fortgang der Bauarbeiten anzuhalten, damit zunächst geprüft werden kann, ob zu einem späteren Zeitpunkt (etwa nach Erteilung einer Baugenehmigung oder der Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung) ein Weiterbau möglich ist.
22 
Dabei kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, da es sich bei der Baueinstellung um einen belastenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Dieser enthält das fortlaufende (vollstreckungsfähige und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der Mauer fortzuführen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anlage gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Ob und wie lange dies der Fall ist, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Entsprechend muss sie eine Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage. Hinsichtlich der „Prüfungsdichte“ sind hierbei allerdings verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung schon ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht“ eines Rechtsverstoßes aus. Hierfür genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen „Bauherrn“ zu erfolgen. Dabei ist der maßgebliche Sachverhalt im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären. Hierbei muss sich die Behörde an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, VBlBW 1994, 196 zu § 63 LBO a.F.).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend festzustellen, dass die nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfreie Errichtung der von den Klägern beabsichtigten Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Schwarzgrund“ verstößt.
24 
Danach sind nur offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen zulässig. Der Begriff der Einfriedigung ist funktional zu bestimmen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Einfriedigungen bauliche oder sonstige Anlagen, die nach ihrem wesentlichen Zweck der Sicherung des Grundstücks gegen unbefugtes Betreten oder Verlassen, gegen Witterungseinflüsse oder Immissionseinflüsse sowie gegen Einsicht dienen, um eine ungestörte Nutzung des Grundstücks zu gewährleisten, und die das Grundstück von der öffentlichen Verkehrsfläche oder von Nachbargrundstücken abgrenzen (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 -, BWGZ 1996, 410). Dabei unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Einfriedigungen. Offene Einfriedigungen sind - wie beispielsweise Weidezäune oder Maschendrahtzäune - durchsichtig, wirken also nicht als geschlossene Wand. Geschlossene Einfriedigungen sind solche ohne Zwischenraum, sie bestehen also - wie Mauern und durchgehende Bretterwände - aus zusammenhängenden Wänden (vgl. Sauter, LBO, 3. Auflage, Stand September 2005, § 50 RdNr. 135ff). Vorliegend beabsichtigen die Kläger nach den von ihnen zuletzt vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Plänen die Errichtung einer geschlossenen Einfriedigung. Dies widerspricht ersichtlich den Vorgaben des § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften.
25 
Von der Wirksamkeit dieser Bauvorschrift ist auszugehen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, leidet sie nicht an einem beachtlichen Form- oder Verfahrensfehler. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, nachdem die Kläger ihre diesbezüglichen Einwendungen im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten haben. Die in § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften getroffene Regelung ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich insbesondere im Rahmen der Ermächtigung des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO und genügt dem Abwägungsgebot.
26 
Nach § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO können Gemeinden u.a. zur Durchführung baugestalterischer Absichten im Rahmen der Landesbauordnung in bestimmten bebauten oder unbebauten Teilen des Gemeindegebietes durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über Notwendigkeit, Zulässigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedigungen. Diese Ermächtigung bezieht sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf Einfriedigungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 8 S 1046/02 -, BRS 65 Nr. 145 zu § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO). Soweit der Senat - zu § 111 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1972 - in seinem Beschluss vom 29.11.1979 - III 2380/77 - eine andere Auffassung vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten.
27 
§ 74 Abs. 1 LBO enthält vom Wortlaut her keine Einschränkung auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen. Durch die Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift nicht nur - wie die frühere Regelung in § 111 Abs. 1 LBO 1964 - zur Abwehr von Verunstaltungen, sondern auch zur positiven Gestaltungspflege ermächtigt. Durch die Bezugnahme „im Rahmen dieses Gesetzes“ wird weiter klargestellt, dass sich Gestaltungsvorschriften im Rahmen der von der Landesbauordnung verfolgten Ziele halten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Landesgesetzgeber die Regelung des Bauordnungsrechtes vorbehalten ist. Hierzu zählt nicht mehr nur die bloße Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder Einzelnen von baulichen Anlagen drohen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden. Dies schließt neben der Abwehr von Verunstaltungen eine positive Gestaltungspflege ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - 5 S 858/82 - , VBlBW 1983, 180 zu § 111 Abs. 1 LBO 1972). Den Gemeinden ist es auf landesrechtlicher Grundlage unbenommen, über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Erscheinungsbild Einfluss zu nehmen. Hierzu gehören Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Orts- oder Straßenbild, je nach ihren gestalterischen Vorstellungen zu erhalten oder umzugestalten. Gegenstand örtlicher Bauvorschriften können dagegen nicht Regelungen sein, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind, so im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit der Bund von seiner Kompetenz verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 72 GG). Hierzu gehört das Bodenrecht i.S.d. Art 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das der Bundesgesetzgeber insbesondere im Baugesetzbuch kodifiziert hat. Dieses Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zum Grund und Boden und trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Nicht zuletzt über die Vorschriften, die das Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (vgl. §§ 1 Abs. 5 Satz 2, 34 Abs. 1 Satz 2 und 35 Abs. 3 BauGB). Das städtebauliche Instrumentarium reicht unter diesem Blickwinkel indes nur soweit, wie das Baugesetzbuch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Zur bodenrechtlichen Ortsbildgestaltung steht der Gemeinde der in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend umschriebene Festsetzungskatalog zur Verfügung. Gestaltungsvorschriften, die hierüber hinaus gehen, ohne den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht offen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.1997 - 4 NB 15.97 -, BauR 1997, 999). Hiervon hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Dabei kann auch der Systematik der Landesbauordnung nicht entnommen werden, dass gestalterische Vorgaben sich nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Anlagen beziehen dürfen. Der Umstand, dass die Landesbauordnung eine derartige Einschränkung bei der Definition der Werbeanlagen (vgl. § 2 Abs. 9 Satz 1 LBO) und bei der Verunstaltung durch Automaten (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 2 LBO) vorsieht, spricht im Umkehrschluss dafür, dass der Anwendungsbereich der Landesbauordnung im Übrigen nicht per se auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen beschränkt ist. Andernfalls wäre die ausdrückliche Einschränkung bei Werbeanlagen und Automaten überflüssig. Eine derartige Einschränkung der Ermächtigung erscheint nach Sinn und Zweck auch nicht sachgerecht. Eine bauliche Anlage kann Auswirkungen auf das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild einer Gemeinde auch dann haben, wenn sie zwar nicht vom öffentlichen Verkehrsraum, aber von anderen Standorten aus einsehbar ist und sich aus diesen Blickwinkeln auf das örtliche Erscheinungsbild auswirkt. Das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild stellt zwar das Schutzobjekt bauordnungsrechtlicher Regelungen dar, sagt aber nichts darüber aus, von welchem Standpunkt aus die Beurteilung zu erfolgen hat. Ein umfassender Schutz des örtlichen Erscheinungsbildes wird aber nur dann erreicht, wenn man in die Beurteilung alle baulichen Anlagen mit einbezieht, die für einen Betrachter - unabhängig von einem bestimmten Standort und Blickwinkel - das Umgebungsbild (mit-) prägen. Damit können sich grundsätzlich auch vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbare bauliche Anlagen auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild auswirken. Im Übrigen ist das Kriterium der Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum wenig praktikabel für den mit der Ermächtigung verfolgten Zweck, da es häufig von - jederzeit änderbaren und sich ständig ändernden - Zufälligkeiten abhängt, ob eine bauliche Anlage vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar ist oder nicht. Würden nicht sichtbare bauliche Anlagen von der Ermächtigung von vornherein ausgenommen, könnte die Gemeinde ihre gestalterischen Absichten wegen entgegenstehenden Bestandsschutzes nicht durchsetzen, wenn eine bauliche Anlage irgendwann einmal vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbar war. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sind. Dies hat nicht zur Folge, dass der Geltungsbereich der Landesbauordnung hinsichtlich gestalterischer Anforderungen an bauliche Anlagen von vornherein auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen zu beschränken ist, sondern führt nur dazu, dass regelmäßig zu prüfen ist, ob die Einschränkung der Baufreiheit im konkreten Fall den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG genügt.
28 
Erstreckt sich die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO mithin nicht nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen, so ist § 9 Nr. 1 der einschlägigen Bebauungsvorschriften von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dass die Gemeinde mit der Beschränkung andere als gestalterische Absichten verfolgt hat, ist nicht ersichtlich.
29 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt § 9 Nr. 1 der Bebauungsvorschriften auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Zwar findet das für Bebauungspläne geltende Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F./§ 1 Abs. 7 BauGB n.F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie vorliegend - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen oder geändert werden, da § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das Baugesetzbuch verweist, es sich beim planungsrechtlichen Abwägungsgebot aber nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern um eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -, VBlBW 2003, 123).
30 
Wie bereits oben dargelegt sind Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gezielte Gestaltung einzelner baulicher Anlagen und des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbildes ein bedeutsames öffentliches Anliegen ist, das prinzipiell zu einer Einschränkung privater Eigentümerbefugnisse führen kann. Je gewichtiger die konkrete Gestaltungsaufgabe und je schutzwürdiger das vorhandene bzw. beabsichtigte Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild ist, umso eingehender dürfen gestalterische Festsetzungen und Anforderungen sein, ohne das Übermaßverbot zu verletzen. Daraus folgt umgekehrt, dass das Ziel einer einheitlichen Gestaltung allein um der Einheitlichkeit oder gar Uniformität willen nicht ausreicht. Vielmehr muss im Regelfall entsprechend den örtlichen Bauvorschriften eine gewisse historische, künstlerische oder sonst die Eigenart des Ortsbildes ausmachende Homogenität gegeben sein oder angestrebt werden, die allein es rechtfertigt, den Freiheitsraum des Bauherrn einzuengen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
31 
Im Rahmen der dabei erforderlichen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist der Gemeinde bei der Bestimmung der gestalterischen Absichten und Wertmaßstäbe ein Ermessensspielraum einzuräumen, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.09.2002 - a.a.O. -). Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, nämlich um dem Erfordernis der Bestimmtheit belastender Regelungen und damit deren Erkennbarkeit für den betroffenen Bürger zu genügen, ferner um sicherzustellen, dass die gestalterischen Vorstellungen auch wirklich dem zuständigen Gemeindeorgan zugerechnet werden können, ist eine möglichst konkrete Festlegung der gestalterischen Absichten zu fordern. Dies wird, jedenfalls bei generellen Regelungen im allgemeinen durch die Satzung selbst geschehen müssen. Eine satzungsmäßige Festschreibung ist allerdings entbehrlich, wenn die beabsichtigte Gestaltung des Straßen- oder Ortsbildes aus dem vorhandenen Baubestand ohne weiteres für den gebildeten Durchschnittsbetrachter ablesbar ist oder wenn sich das gestalterische Ziel unmittelbar aus dem Inhalt der gestalterischen Anforderungen ergibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
32 
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen vorliegend nicht ohne Weiteres, dass bei der Änderung der Bebauungsvorschriften im Jahre 1996 hinsichtlich der Vorgaben für Einfriedigungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Den Gemeinderäten lag ausweislich der vorgelegten Tischvorlage vom 04.05.1994 eine synoptische Gegenüberstellung der Bebauungsvorschriften in ihrem damaligen Wortlaut und in der beabsichtigten Änderungsfassung vor. Des Weiteren wurden sie in der Gemeinderatssitzung vom 31.08.1994 ausweislich der Sitzungsniederschrift darüber informiert, dass die unter Ziff. 2.7 der bisherigen Bebauungsvorschriften geforderte einheitliche Gestaltung der Einfriedigungen entlang der öffentlichen Flächen nicht haltbar sei und diese Vorschrift deshalb ersatzlos gestrichen werde. Welche Erwägungen indessen der anstelle der bisherigen Regelung gewählten neuen Regelung letztlich zugrunde lagen, wurde nicht schriftlich festgehalten. Dieser Umstand lässt jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die Änderung der Bebauungsvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - a.a.O. -). Dies gilt umso mehr, als es sich bei § 9 der örtlichen Bauvorschriften um eine Regelung von eher untergeordneter Bedeutung handelt. Durch sie werden im Plangebiet Einfriedigungen weder gänzlich ausgeschlossen noch in ihrer funktionalen Zweckbestimmung beschränkt, sondern nur gewissen Anforderungen an ihre äußere Gestaltung unterworfen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit Sockeln bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton und Heckenhinterpflanzungen sowie der generelle Ausschluss von Stacheldraht die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht nennenswert einschränkt. Auch werden hierdurch die Gestaltungswünsche der Grundstückseigentümer nicht übermäßig beschnitten und verursacht die Einhaltung der Gestaltungsvorschriften keine unverhältnismäßigen Kosten. Dementsprechend sind während des Auslegungsverfahrens auch weder von den Klägern noch von anderen betroffenen Grundstückseigentümern Einwendungen gegen die beabsichtigte Regelung erhoben worden. Die insoweit berührten Interessen liegen im Übrigen auch ohne ausdrückliche Niederlegung in den Planunterlagen offen zu Tage. Einfriedigungen können - wie die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ausgeführt hat - zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Besonnung führen. Diese Auswirkungen werden durch die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit einem Sockel von max. 30 cm und Heckenhinterpflanzungen zumindest abgeschwächt, ohne dass hiermit eine Funktionseinbuße verbunden ist. Eine derartige Beschränkung stellt daher jedenfalls in einem einheitlich geplanten, durch aufgelockerte Bebauung mit entsprechenden Garten- und Vorgartenflächen geprägten Wohngebiet eine zulässige und sachlich vertretbare Zielvorstellung für das Straßen- und Ortsbild dar, die die Grenze des ortsgesetzgeberischen Ermessens nicht überschreitet (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Bei dem Baugebiet „Schwarzgrund“ handelt es sich um ein einheitlich geplantes allgemeines Wohngebiet. Dieses ist durch die Festsetzung einer ein- bis zweigeschossigen Bebauung in offener Bauweise mit einer GRZ von 0,4 und entsprechenden (Vor-) Gartenflächen gekennzeichnet. Damit handelt es sich nach der planerischen Konzeption der Beklagten um ein gehobenes Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung. Bei dieser Sachlage sind die gestalterischen Absichten der Gemeinde bei einer Gesamtschau der satzungsmäßigen Regelungen auch ohne ausdrückliche Festschreibung hinreichend erkennbar.
33 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. In einem gehobenen Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung dürfen grundsätzlich auch die Grundstücksrandzonen einheitlichen gestalterischen Anforderungen unterworfen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., NK-Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Dies gilt nicht nur für die vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbaren Randbereiche, da auch nicht einsehbare Einfriedigungen, - wie oben dargelegt - sich auf das Ortsbild auszuwirken können und deshalb ihre Einbeziehung grundsätzlich von einem sachgerechten öffentlichen Interesse an der Gestaltung des örtlichen Erscheinungsbildes getragen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Regelung den Grundstückseigentümern genügend Spielraum belässt hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einer von ihnen gewünschten Einfriedigung. Stellt man den von der Beklagten verfolgten gestalterischen Absichten das Maß der damit verbundenen Einschränkung in der Grundstücksnutzung gegenüber, hält sich die gewählte Regelung daher in den Grenzen einer angemessenen Abwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits.
34 
Der Wirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift steht entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht entgegen, dass auf dem Gemeindegebiet an anderen Stellen geschlossene Einfriedigungen vorhanden sind. Denn die streitgegenständliche Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Schwarzgrund“. Dass innerhalb dieses Baugebietes - außer der von der Beklagten geduldeten Einfriedigung auf dem Grundstück des Klägers - weitere Einfriedigungen gegen § 9 Nr. 1 der örtlichen Bauvorschriften verstoßen, haben die Kläger nicht dargelegt. Ob und inwieweit inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften möglicherweise in anderen Baugebieten nicht eingehalten werden, ist für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Bauvorschrift nicht erheblich.
35 
Damit verstößt die von den Klägern geplante Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften und lag der Erlass der Baueinstellungsverfügung im Ermessen der Baurechtsbehörde. Diese hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (vgl. § 40 LVwVfG). Entsprechend kann das Gericht nur prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ermessensausübung durch die der Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO obliegende Überwachungspflicht und durch den Gleichheitsgrundsatz verhältnismäßig enge Grenzen gezogen sind und die fehlerfreie Ermessensausübung im Regelfall die Anordnung der Einstellung der Bauarbeiten verlangt, da hierdurch sichergestellt werden soll, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen sind. Das öffentliche Interesse gebietet daher grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ermessensentscheidung vorliegend nicht zu beanstanden.
36 
Insoweit kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der streitgegenständlichen örtlichen Bauvorschrift haben und damit der oben festgestellte Widerspruch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften beseitigt werden könnte. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung liegen ersichtlich nicht vor. Da die streitgegenständliche Regelung ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 LBO findet, käme eine Befreiung nur nach § 56 Abs. 6 LBO in Betracht. Danach kann von einer örtlichen Bauvorschrift Befreiung erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung erfordern oder die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Weder erfordern Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch liegt eine nicht beabsichtigte Härte vor. Letztere ist nur dann zu bejahen, wenn das Grundstück bei Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1979 - V 995/79 -, BRS 36 Nr. 182), wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte und der Normzweck eine Abweichung erlaubt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1965 - I 493/64 -, ESVGH 15, 180). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Kläger in ihrem Garten unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen einen Schwimmteich errichtet haben und aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht einer Grundstückseinfriedigung bedürfen, genügt hierfür nicht, da dies keinen in der Grundstückssituation bedingten Sonderfall darstellt. Im Übrigen können die Kläger ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Errichtung einer Einfriedigung nachkommen, die den örtlichen Gestaltungsvorschriften entspricht.
37 
Die Einstellungsverfügung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die von den Klägern zur Straße hin errichtete Einfriedigung, die gleichermaßen gegen § 9 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften verstößt, von der Beklagten geduldet wird. Die Duldung einer bereits errichteten baurechtswidrigen Anlage führt nicht dazu, dass die Behörde gegen einen beabsichtigten weiteren Verstoß nicht (mehr) im Wege einer Baueinstellungsverfügung vorgehen darf. Aus diesem Grund kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und inwieweit in anderen Baugebieten möglicherweise inhaltsgleiche Bauvorschriften existieren und die Beklagte dort gegen baurechtswidrig errichtete Einfriedigungen nicht eingeschritten ist.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
40 
Beschluss
vom 11. Oktober 2006
41 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG endgültig auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere genügt der innerhalb der Monatsfrist des § 124 Abs. 6 S. 1 VwGO eingegangene Schriftsatz der Beklagten den Formerfordernissen des § 124 a Abs. 6 S. 3 i.V.m. Abs. 3 S. 4 VwGO.
20 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Kläger zu Unrecht stattgegeben hat. Nachdem die Kläger den von ihnen erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag nicht aufrechterhalten haben, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur die Einstellungsverfügung der Beklagten vom 09.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.09.2004. Diese ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21 
Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen, kann die Baurechtsbehörde nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO die Einstellung der Bauarbeiten anordnen. Hierdurch kann die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindert werden, die später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei allen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die Baurechtsbehörde ermächtigt ist, den Fortgang der Bauarbeiten anzuhalten, damit zunächst geprüft werden kann, ob zu einem späteren Zeitpunkt (etwa nach Erteilung einer Baugenehmigung oder der Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung) ein Weiterbau möglich ist.
22 
Dabei kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, da es sich bei der Baueinstellung um einen belastenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt. Dieser enthält das fortlaufende (vollstreckungsfähige und bußgeldbewehrte) Verbot, die Bauarbeiten an der Mauer fortzuführen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anlage gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Ob und wie lange dies der Fall ist, muss die Baurechtsbehörde von sich aus prüfen. Entsprechend muss sie eine Baueinstellungsverfügung verfahrensmäßig unter Kontrolle halten. Maßgeblich ist die jeweils aktuelle Sach- und Rechtslage. Hinsichtlich der „Prüfungsdichte“ sind hierbei allerdings verschiedene Zeiträume zu unterscheiden. Wegen des präventiv-polizeilichen Zwecks (Gefahrenabwehr, Verhinderung vollendeter Tatsachen) reicht für den Erlass der Baueinstellung schon ein durch Tatsachen belegter „Anfangsverdacht“ eines Rechtsverstoßes aus. Hierfür genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Im nachfolgenden Zeitraum muss die Behörde jedoch prüfen, ob der Anfangsverdacht berechtigt war, d.h. ob die in Rede stehende Anlage tatsächlich gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. Diese Prüfung hat von Amts wegen und nicht etwa nur auf Antrag des betroffenen „Bauherrn“ zu erfolgen. Dabei ist der maßgebliche Sachverhalt im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit den erforderlichen Beweismitteln und unter Mitwirkung des Bauherrn aufzuklären. Hierbei muss sich die Behörde an der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage orientieren und darf sich nicht mit dem Hinweis auf frühere Verhältnisse begnügen. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt es ab, ob die Baueinstellung aufrechterhalten werden darf oder aufzuheben ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 -, VBlBW 1994, 196 zu § 63 LBO a.F.).
23 
In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend festzustellen, dass die nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 45 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfreie Errichtung der von den Klägern beabsichtigten Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Schwarzgrund“ verstößt.
24 
Danach sind nur offene Einfriedigungen mit Sockel bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton mit Heckenhinterpflanzungen zulässig. Der Begriff der Einfriedigung ist funktional zu bestimmen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind Einfriedigungen bauliche oder sonstige Anlagen, die nach ihrem wesentlichen Zweck der Sicherung des Grundstücks gegen unbefugtes Betreten oder Verlassen, gegen Witterungseinflüsse oder Immissionseinflüsse sowie gegen Einsicht dienen, um eine ungestörte Nutzung des Grundstücks zu gewährleisten, und die das Grundstück von der öffentlichen Verkehrsfläche oder von Nachbargrundstücken abgrenzen (vgl. Senatsurteil vom 18.12.1995 - 3 S 1298/94 -, BWGZ 1996, 410). Dabei unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Einfriedigungen. Offene Einfriedigungen sind - wie beispielsweise Weidezäune oder Maschendrahtzäune - durchsichtig, wirken also nicht als geschlossene Wand. Geschlossene Einfriedigungen sind solche ohne Zwischenraum, sie bestehen also - wie Mauern und durchgehende Bretterwände - aus zusammenhängenden Wänden (vgl. Sauter, LBO, 3. Auflage, Stand September 2005, § 50 RdNr. 135ff). Vorliegend beabsichtigen die Kläger nach den von ihnen zuletzt vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Plänen die Errichtung einer geschlossenen Einfriedigung. Dies widerspricht ersichtlich den Vorgaben des § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften.
25 
Von der Wirksamkeit dieser Bauvorschrift ist auszugehen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, leidet sie nicht an einem beachtlichen Form- oder Verfahrensfehler. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, nachdem die Kläger ihre diesbezüglichen Einwendungen im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten haben. Die in § 9 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschriften getroffene Regelung ist aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hält sich insbesondere im Rahmen der Ermächtigung des § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO und genügt dem Abwägungsgebot.
26 
Nach § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO können Gemeinden u.a. zur Durchführung baugestalterischer Absichten im Rahmen der Landesbauordnung in bestimmten bebauten oder unbebauten Teilen des Gemeindegebietes durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über Notwendigkeit, Zulässigkeit, Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedigungen. Diese Ermächtigung bezieht sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf Einfriedigungen, die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2002 - 8 S 1046/02 -, BRS 65 Nr. 145 zu § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO). Soweit der Senat - zu § 111 Abs. 2 Nr. 1 LBO 1972 - in seinem Beschluss vom 29.11.1979 - III 2380/77 - eine andere Auffassung vertreten hat, wird diese nicht aufrechterhalten.
27 
§ 74 Abs. 1 LBO enthält vom Wortlaut her keine Einschränkung auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen. Durch die Formulierung „zur Durchführung baugestalterischer Absichten“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift nicht nur - wie die frühere Regelung in § 111 Abs. 1 LBO 1964 - zur Abwehr von Verunstaltungen, sondern auch zur positiven Gestaltungspflege ermächtigt. Durch die Bezugnahme „im Rahmen dieses Gesetzes“ wird weiter klargestellt, dass sich Gestaltungsvorschriften im Rahmen der von der Landesbauordnung verfolgten Ziele halten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Landesgesetzgeber die Regelung des Bauordnungsrechtes vorbehalten ist. Hierzu zählt nicht mehr nur die bloße Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder Einzelnen von baulichen Anlagen drohen. Das Bauordnungsrecht darf, soweit dies im Rahmen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig ist, auch zur Wahrung ästhetischer Belange nutzbar gemacht werden. Dies schließt neben der Abwehr von Verunstaltungen eine positive Gestaltungspflege ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - 5 S 858/82 - , VBlBW 1983, 180 zu § 111 Abs. 1 LBO 1972). Den Gemeinden ist es auf landesrechtlicher Grundlage unbenommen, über die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Erscheinungsbild Einfluss zu nehmen. Hierzu gehören Vorschriften, die dazu bestimmt sind, das Orts- oder Straßenbild, je nach ihren gestalterischen Vorstellungen zu erhalten oder umzugestalten. Gegenstand örtlicher Bauvorschriften können dagegen nicht Regelungen sein, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind, so im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit der Bund von seiner Kompetenz verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 72 GG). Hierzu gehört das Bodenrecht i.S.d. Art 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, das der Bundesgesetzgeber insbesondere im Baugesetzbuch kodifiziert hat. Dieses Gesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zum Grund und Boden und trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Nicht zuletzt über die Vorschriften, die das Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (vgl. §§ 1 Abs. 5 Satz 2, 34 Abs. 1 Satz 2 und 35 Abs. 3 BauGB). Das städtebauliche Instrumentarium reicht unter diesem Blickwinkel indes nur soweit, wie das Baugesetzbuch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Zur bodenrechtlichen Ortsbildgestaltung steht der Gemeinde der in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend umschriebene Festsetzungskatalog zur Verfügung. Gestaltungsvorschriften, die hierüber hinaus gehen, ohne den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht offen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.07.1997 - 4 NB 15.97 -, BauR 1997, 999). Hiervon hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht. Dabei kann auch der Systematik der Landesbauordnung nicht entnommen werden, dass gestalterische Vorgaben sich nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Anlagen beziehen dürfen. Der Umstand, dass die Landesbauordnung eine derartige Einschränkung bei der Definition der Werbeanlagen (vgl. § 2 Abs. 9 Satz 1 LBO) und bei der Verunstaltung durch Automaten (vgl. § 11 Abs. 3 Nr. 2 LBO) vorsieht, spricht im Umkehrschluss dafür, dass der Anwendungsbereich der Landesbauordnung im Übrigen nicht per se auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen beschränkt ist. Andernfalls wäre die ausdrückliche Einschränkung bei Werbeanlagen und Automaten überflüssig. Eine derartige Einschränkung der Ermächtigung erscheint nach Sinn und Zweck auch nicht sachgerecht. Eine bauliche Anlage kann Auswirkungen auf das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild einer Gemeinde auch dann haben, wenn sie zwar nicht vom öffentlichen Verkehrsraum, aber von anderen Standorten aus einsehbar ist und sich aus diesen Blickwinkeln auf das örtliche Erscheinungsbild auswirkt. Das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild stellt zwar das Schutzobjekt bauordnungsrechtlicher Regelungen dar, sagt aber nichts darüber aus, von welchem Standpunkt aus die Beurteilung zu erfolgen hat. Ein umfassender Schutz des örtlichen Erscheinungsbildes wird aber nur dann erreicht, wenn man in die Beurteilung alle baulichen Anlagen mit einbezieht, die für einen Betrachter - unabhängig von einem bestimmten Standort und Blickwinkel - das Umgebungsbild (mit-) prägen. Damit können sich grundsätzlich auch vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbare bauliche Anlagen auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild auswirken. Im Übrigen ist das Kriterium der Sichtbarkeit vom öffentlichen Verkehrsraum wenig praktikabel für den mit der Ermächtigung verfolgten Zweck, da es häufig von - jederzeit änderbaren und sich ständig ändernden - Zufälligkeiten abhängt, ob eine bauliche Anlage vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar ist oder nicht. Würden nicht sichtbare bauliche Anlagen von der Ermächtigung von vornherein ausgenommen, könnte die Gemeinde ihre gestalterischen Absichten wegen entgegenstehenden Bestandsschutzes nicht durchsetzen, wenn eine bauliche Anlage irgendwann einmal vom öffentlichen Verkehrsraum aus nicht sichtbar war. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig sind. Dies hat nicht zur Folge, dass der Geltungsbereich der Landesbauordnung hinsichtlich gestalterischer Anforderungen an bauliche Anlagen von vornherein auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Maßnahmen zu beschränken ist, sondern führt nur dazu, dass regelmäßig zu prüfen ist, ob die Einschränkung der Baufreiheit im konkreten Fall den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG genügt.
28 
Erstreckt sich die Ermächtigung in § 74 Abs. 1 Nr. 3 LBO mithin nicht nur auf vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare bauliche Anlagen, so ist § 9 Nr. 1 der einschlägigen Bebauungsvorschriften von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Dass die Gemeinde mit der Beschränkung andere als gestalterische Absichten verfolgt hat, ist nicht ersichtlich.
29 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verstößt § 9 Nr. 1 der Bebauungsvorschriften auch nicht gegen das Abwägungsgebot. Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Zwar findet das für Bebauungspläne geltende Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F./§ 1 Abs. 7 BauGB n.F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie vorliegend - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen oder geändert werden, da § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das Baugesetzbuch verweist, es sich beim planungsrechtlichen Abwägungsgebot aber nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern um eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -, VBlBW 2003, 123).
30 
Wie bereits oben dargelegt sind Einschränkungen der Baufreiheit nur im Rahmen zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die gezielte Gestaltung einzelner baulicher Anlagen und des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbildes ein bedeutsames öffentliches Anliegen ist, das prinzipiell zu einer Einschränkung privater Eigentümerbefugnisse führen kann. Je gewichtiger die konkrete Gestaltungsaufgabe und je schutzwürdiger das vorhandene bzw. beabsichtigte Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild ist, umso eingehender dürfen gestalterische Festsetzungen und Anforderungen sein, ohne das Übermaßverbot zu verletzen. Daraus folgt umgekehrt, dass das Ziel einer einheitlichen Gestaltung allein um der Einheitlichkeit oder gar Uniformität willen nicht ausreicht. Vielmehr muss im Regelfall entsprechend den örtlichen Bauvorschriften eine gewisse historische, künstlerische oder sonst die Eigenart des Ortsbildes ausmachende Homogenität gegeben sein oder angestrebt werden, die allein es rechtfertigt, den Freiheitsraum des Bauherrn einzuengen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
31 
Im Rahmen der dabei erforderlichen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist der Gemeinde bei der Bestimmung der gestalterischen Absichten und Wertmaßstäbe ein Ermessensspielraum einzuräumen, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.09.2002 - a.a.O. -). Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, nämlich um dem Erfordernis der Bestimmtheit belastender Regelungen und damit deren Erkennbarkeit für den betroffenen Bürger zu genügen, ferner um sicherzustellen, dass die gestalterischen Vorstellungen auch wirklich dem zuständigen Gemeindeorgan zugerechnet werden können, ist eine möglichst konkrete Festlegung der gestalterischen Absichten zu fordern. Dies wird, jedenfalls bei generellen Regelungen im allgemeinen durch die Satzung selbst geschehen müssen. Eine satzungsmäßige Festschreibung ist allerdings entbehrlich, wenn die beabsichtigte Gestaltung des Straßen- oder Ortsbildes aus dem vorhandenen Baubestand ohne weiteres für den gebildeten Durchschnittsbetrachter ablesbar ist oder wenn sich das gestalterische Ziel unmittelbar aus dem Inhalt der gestalterischen Anforderungen ergibt (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -).
32 
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen vorliegend nicht ohne Weiteres, dass bei der Änderung der Bebauungsvorschriften im Jahre 1996 hinsichtlich der Vorgaben für Einfriedigungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Den Gemeinderäten lag ausweislich der vorgelegten Tischvorlage vom 04.05.1994 eine synoptische Gegenüberstellung der Bebauungsvorschriften in ihrem damaligen Wortlaut und in der beabsichtigten Änderungsfassung vor. Des Weiteren wurden sie in der Gemeinderatssitzung vom 31.08.1994 ausweislich der Sitzungsniederschrift darüber informiert, dass die unter Ziff. 2.7 der bisherigen Bebauungsvorschriften geforderte einheitliche Gestaltung der Einfriedigungen entlang der öffentlichen Flächen nicht haltbar sei und diese Vorschrift deshalb ersatzlos gestrichen werde. Welche Erwägungen indessen der anstelle der bisherigen Regelung gewählten neuen Regelung letztlich zugrunde lagen, wurde nicht schriftlich festgehalten. Dieser Umstand lässt jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die Änderung der Bebauungsvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.04.2002 - a.a.O. -). Dies gilt umso mehr, als es sich bei § 9 der örtlichen Bauvorschriften um eine Regelung von eher untergeordneter Bedeutung handelt. Durch sie werden im Plangebiet Einfriedigungen weder gänzlich ausgeschlossen noch in ihrer funktionalen Zweckbestimmung beschränkt, sondern nur gewissen Anforderungen an ihre äußere Gestaltung unterworfen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit Sockeln bis zu 30 cm Höhe aus Naturstein oder Beton und Heckenhinterpflanzungen sowie der generelle Ausschluss von Stacheldraht die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht nennenswert einschränkt. Auch werden hierdurch die Gestaltungswünsche der Grundstückseigentümer nicht übermäßig beschnitten und verursacht die Einhaltung der Gestaltungsvorschriften keine unverhältnismäßigen Kosten. Dementsprechend sind während des Auslegungsverfahrens auch weder von den Klägern noch von anderen betroffenen Grundstückseigentümern Einwendungen gegen die beabsichtigte Regelung erhoben worden. Die insoweit berührten Interessen liegen im Übrigen auch ohne ausdrückliche Niederlegung in den Planunterlagen offen zu Tage. Einfriedigungen können - wie die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend ausgeführt hat - zu einer Zerstückelung der städtebaulichen Struktur, abgeschlossenen Grundstücken, Beeinträchtigungen der Sicht von Nachbargrundstücken und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sowie zu nachteiligen Auswirkungen auf Belichtung und Besonnung führen. Diese Auswirkungen werden durch die Beschränkung auf offene Einfriedigungen mit einem Sockel von max. 30 cm und Heckenhinterpflanzungen zumindest abgeschwächt, ohne dass hiermit eine Funktionseinbuße verbunden ist. Eine derartige Beschränkung stellt daher jedenfalls in einem einheitlich geplanten, durch aufgelockerte Bebauung mit entsprechenden Garten- und Vorgartenflächen geprägten Wohngebiet eine zulässige und sachlich vertretbare Zielvorstellung für das Straßen- und Ortsbild dar, die die Grenze des ortsgesetzgeberischen Ermessens nicht überschreitet (vgl. VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Hiervon ist vorliegend auszugehen. Bei dem Baugebiet „Schwarzgrund“ handelt es sich um ein einheitlich geplantes allgemeines Wohngebiet. Dieses ist durch die Festsetzung einer ein- bis zweigeschossigen Bebauung in offener Bauweise mit einer GRZ von 0,4 und entsprechenden (Vor-) Gartenflächen gekennzeichnet. Damit handelt es sich nach der planerischen Konzeption der Beklagten um ein gehobenes Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung. Bei dieser Sachlage sind die gestalterischen Absichten der Gemeinde bei einer Gesamtschau der satzungsmäßigen Regelungen auch ohne ausdrückliche Festschreibung hinreichend erkennbar.
33 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. In einem gehobenen Wohngebiet mit entsprechend aufgelockerter Bebauung dürfen grundsätzlich auch die Grundstücksrandzonen einheitlichen gestalterischen Anforderungen unterworfen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., NK-Beschluss vom 26.08.1982 - a.a.O. -). Dies gilt nicht nur für die vom öffentlichen Verkehrsraum aus einsehbaren Randbereiche, da auch nicht einsehbare Einfriedigungen, - wie oben dargelegt - sich auf das Ortsbild auszuwirken können und deshalb ihre Einbeziehung grundsätzlich von einem sachgerechten öffentlichen Interesse an der Gestaltung des örtlichen Erscheinungsbildes getragen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Regelung den Grundstückseigentümern genügend Spielraum belässt hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung einer von ihnen gewünschten Einfriedigung. Stellt man den von der Beklagten verfolgten gestalterischen Absichten das Maß der damit verbundenen Einschränkung in der Grundstücksnutzung gegenüber, hält sich die gewählte Regelung daher in den Grenzen einer angemessenen Abwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit einerseits und denen der betroffenen Grundstückseigentümer andererseits.
34 
Der Wirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift steht entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht entgegen, dass auf dem Gemeindegebiet an anderen Stellen geschlossene Einfriedigungen vorhanden sind. Denn die streitgegenständliche Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Schwarzgrund“. Dass innerhalb dieses Baugebietes - außer der von der Beklagten geduldeten Einfriedigung auf dem Grundstück des Klägers - weitere Einfriedigungen gegen § 9 Nr. 1 der örtlichen Bauvorschriften verstoßen, haben die Kläger nicht dargelegt. Ob und inwieweit inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften möglicherweise in anderen Baugebieten nicht eingehalten werden, ist für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Bauvorschrift nicht erheblich.
35 
Damit verstößt die von den Klägern geplante Einfriedigung an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften und lag der Erlass der Baueinstellungsverfügung im Ermessen der Baurechtsbehörde. Diese hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (vgl. § 40 LVwVfG). Entsprechend kann das Gericht nur prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck des Ermessens nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Ermessensausübung durch die der Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 LBO obliegende Überwachungspflicht und durch den Gleichheitsgrundsatz verhältnismäßig enge Grenzen gezogen sind und die fehlerfreie Ermessensausübung im Regelfall die Anordnung der Einstellung der Bauarbeiten verlangt, da hierdurch sichergestellt werden soll, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen sind. Das öffentliche Interesse gebietet daher grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ermessensentscheidung vorliegend nicht zu beanstanden.
36 
Insoweit kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der streitgegenständlichen örtlichen Bauvorschrift haben und damit der oben festgestellte Widerspruch gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften beseitigt werden könnte. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung liegen ersichtlich nicht vor. Da die streitgegenständliche Regelung ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 LBO findet, käme eine Befreiung nur nach § 56 Abs. 6 LBO in Betracht. Danach kann von einer örtlichen Bauvorschrift Befreiung erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung erfordern oder die Einhaltung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Weder erfordern Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch liegt eine nicht beabsichtigte Härte vor. Letztere ist nur dann zu bejahen, wenn das Grundstück bei Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften nicht oder nur schwer bebaut werden kann und diese Beschränkung nicht durch die Zielsetzung oder den Schutzzweck dieser Vorschriften gefordert wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1979 - V 995/79 -, BRS 36 Nr. 182), wenn also die schematische Anwendung der Vorschrift zu Ungerechtigkeiten führen würde, namentlich ein ganz unbilliges Ergebnis zur Folge hätte und der Normzweck eine Abweichung erlaubt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1965 - I 493/64 -, ESVGH 15, 180). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Kläger in ihrem Garten unmittelbar an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen einen Schwimmteich errichtet haben und aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht einer Grundstückseinfriedigung bedürfen, genügt hierfür nicht, da dies keinen in der Grundstückssituation bedingten Sonderfall darstellt. Im Übrigen können die Kläger ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Errichtung einer Einfriedigung nachkommen, die den örtlichen Gestaltungsvorschriften entspricht.
37 
Die Einstellungsverfügung ist auch nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die von den Klägern zur Straße hin errichtete Einfriedigung, die gleichermaßen gegen § 9 Abs. 1 der Bebauungsvorschriften verstößt, von der Beklagten geduldet wird. Die Duldung einer bereits errichteten baurechtswidrigen Anlage führt nicht dazu, dass die Behörde gegen einen beabsichtigten weiteren Verstoß nicht (mehr) im Wege einer Baueinstellungsverfügung vorgehen darf. Aus diesem Grund kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob und inwieweit in anderen Baugebieten möglicherweise inhaltsgleiche Bauvorschriften existieren und die Beklagte dort gegen baurechtswidrig errichtete Einfriedigungen nicht eingeschritten ist.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
39 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
40 
Beschluss
vom 11. Oktober 2006
41 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG endgültig auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
42 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Oktober 2005 - 1 K 651/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Farbe der Dacheindeckung des dem Kläger gehörenden, im Wege des Kenntnisgabeverfahrens errichteten Einfamilienwohnhauses.
Das Hausgrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Reuteberg-West“ vom 15.10.2003. Die gemeinsam mit ihm erlassenen örtlichen Bauvorschriften sehen als Dachdeckungsmaterial nur Dachziegel oder Betondachsteine in den Farben rot bis rotbraun vor. Unter dem 28.10.2004 beantragte der Kläger die Zulassung einer Abweichung von dieser Bestimmung aus architektonischen Gründen, da die Südseite der Dachhaut zu 90 % von einer Photovoltaikanlage in grau-schwarzer Farbe bedeckt werden solle. Die Beklagte lehnte diesen Antrag letztlich mit Bescheid vom 28.12.2004 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 56 Abs. 5 LBO seien nicht gegeben. Auch wenn man der Förderung regenerativer Energien ein Gemeinwohlinteresse zubillige, könne daraus kein Erfordernis einer abweichenden Farbe der Dachdeckung abgeleitet werden. Auch eine offenbar nicht beabsichtigte Härte liege nicht vor; die örtlichen Bauvorschriften, in deren Kenntnis der Kläger das Baugrundstück erworben habe, dienten ganz bewusst dem Zweck, im öffentlichen Interesse an einem Mindestmaß einheitlicher Gestaltung des Baugebiets die persönlichen Gestaltungsabsichten der Bauherren in Teilbereichen einzuschränken.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, nach dem Stand der Technik könne die für die südliche Dachhälfte vorgesehene Fotovoltaikanlage keine andere Farbe als schwarz oder dunkelgrau aufweisen. Eine Eindeckung der nördlichen Dachhälfte mit roten Ziegeln stehe in ästhetischem Widerspruch dazu. Deshalb sei mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Planungsamtes vereinbart worden, dass ein Befreiungsantrag gestellt werden solle, dem dieser zustimmen werde. Die ablehnende Entscheidung gehe allein auf das Votum des Ortsvorstehers zurück. Das Regierungspräsidium Tübingen wies diesen Widerspruch mit Bescheid vom 14.3.2005 mit der Begründung zurück, die örtliche Bauvorschrift sei rechtsgültig und die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 14.4.2005 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und zuletzt beantragt, unter Aufhebung der anders lautenden Bescheide festzustellen, dass die farbliche Gestaltung des Daches auf seinem Gebäude baurechtlich zulässig sei, insbesondere nicht gegen die entsprechende örtliche Bauvorschrift verstoße, hilfsweise die entgegenstehenden Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Befreiung von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckung zu erteilen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Festlegung der Dachfarbe verstoße gegen das Abwägungsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Verfahrensakten lasse sich nicht entnehmen, dass eine Abwägung bezüglich der Dachflächenfarbe insbesondere im Hinblick auf zwangsläufig schwarze bis dunkelgraue Fotovoltaik-Elemente stattgefunden habe. Derartige Zellen gebe es in rötlichen Tönen nicht. Bei seinem Haus führe die Einhaltung örtlichen Bauvorschrift dazu, dass auf der Südseite durch die Fotovoltaik-Elemente ein graues/schwarzes Dach mit einem schmalen roten oder rötlich-braunen Rand entstehe, während die nördliche Dachfläche rot bis rotbraun gedeckt sei. Es werde so eine optische Zweifarbigkeit erzwungen, die verunstaltend wirke. Ohnehin sei fraglich, ob angesichts des Vorhandenseins unterschiedlicher Dachfarben in den angrenzenden Baugebieten das Ziel eines einheitlichen Erscheinungsbildes überhaupt noch erreicht werden könne. Die Festlegung sei umso fraglicher, als ihm für den Fall einer „In-Dachmontage“, also einer Nutzung der Dachziegel als Fotovoltaik-Elemente, eine entsprechende Befreiung in Aussicht gestellt worden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat vorgetragen, die seitens des Klägers angesprochene Gemengelage unterschiedlicher Dachfarben betreffe einzelne Häuser außerhalb des Bebauungsplans „Reuteberg-West“. Die von ihm vorgelegten Lichtbilder zeigten, dass seine abweichende Dachfarbe aus der farblich einheitlichen Dachlandschaft heraussteche und störend wirke. Die Regelung verstoße nicht gegen das Abwägungsgebot. Dem gestalterischen Wunsch des Plangebers könne nicht entgegengehalten werden, dass er den Gesichtspunkt der Förderung so genannter „Solar-Anlagen“ bei Erlass der Satzung nicht berücksichtigt habe. Dass es Fotovoltaikanlagen nur in einem gräulich-blauen Farbton gebe, stehe der vorgeschriebenen Farbgestaltung nicht entgegen. Die Dachziegelfarbe kollidiere nicht mit der Funktionsfähigkeit solcher Anlagen. Das subjektiv-ästhetische Empfinden des Klägers müsse zurücktreten. Durch das Anbringen einer Fotovoltaikanlage entstehe nicht zwangsläufig eine verunstaltend wirkende zweifarbige Dachlandschaft, weil solche Anlagen in der Regel nicht die komplette Dachfläche überdeckten. Auch im vorliegenden Falle bleibe ein seitlicher Rand deutlich sichtbar. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Weder erforderten Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung noch führe die Einhaltung der vorgeschriebenen Farbpalette zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben und festgestellt, dass die farbliche Gestaltung der Dacheindeckung am Wohnhaus des Klägers baurechtlich zulässig sei, insbesondere nicht gegen die entsprechende örtliche Bauvorschrift verstoße, weil diese Bestimmung unwirksam sei. Denn es sei rechtlich nicht sichergestellt, dass ihr Zweck, über die zulässige Farbpalette der Dachziegel eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu gewährleisten, erreicht werden könne. Vielmehr befürworte und unterstütze die Beklagte die Errichtung von Fotovoltaikanlagen, weshalb davon auszugehen sei, dass solche Anlagen, deren technische Gestaltung eine abweichende Farbwahl gebiete, im Baugebiet nicht verhindert werden sollten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten, mit der diese beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Oktober 2005 - 1 K 651/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend: Die fragliche Regelung über die zulässige Farbe der Dacheindeckungen sei komplexer strukturiert als vom Verwaltungsgericht angenommen. Sie besage, dass - 1. - die Dachfarbe rot bis rotbraun durchgesetzt werden solle und - 2. - als Ausnahme von dieser Regel auch andersfarbige Solaranlagen und andere technische Einrichtungen zulässig seien. Beide Sätze zusammen bildeten erst die maßgebliche Gestaltungsvorschrift. Das Verwaltungsgericht habe die Ausnahmeregelung, die „natürlich nicht expressis verbis in den Normtext aufgenommen“ worden sei, zwar gesehen, ihr aber nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen. Die Regelung - einschließlich des Ausnahmetatbestandes - erscheine außerordentlich vernünftig. Sie gewähre der Gewinnung regenerativer Energie Vorrang vor der farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft, sei also bereit, zur Förderung des Umweltschutzes Abstriche am Farbkonzept hinzunehmen. Intendiert sei keine 100%-Lösung, sondern ein zurückgenommenes, ausgewogenes Konzept, das zum einen auf die Nordseiten der Dächer wirke, wo aus wirtschaftlichen Gründen keine Solaranlagen installiert werden könnten. Zum anderen habe das Konzept eine zeitliche Dimension, da es bei Abbau der Solaranlage auch für die bisher für sie beanspruchte Dachflächen wieder in den Vordergrund trete und steuernd wirken könne. Demgegenüber laufe die Auffassung des Verwaltungsgerichts auf die Forderung nach einem Alles-oder-Nichts-System hinaus. Das Konzept der Beklagten trage dagegen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung und stelle so eine ausgewogene und vernünftige Lösung dar, die von den Bauherrn - außer dem Kläger - durchweg akzeptiert werde. Dem Kläger komme es dagegen auf die Pflege seines Individualismus an. Seine Betroffenheit tendiere gegen Null, weil rote oder rotbraune Dachsteine nicht kostspieliger seien als schwarze oder graue. Schließlich habe der Senat eine vergleichbare Regelung in einer Entscheidung vom 22.4.2002 (- 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123) als rechtmäßig angesehen. Die nach Nr. 21 des Anhangs zu § 50 LBO verfahrensfreien Anlagen zur fotovoltaischen oder thermischen Solarnutzung seien wohl auch in jenem Fall zulässig gewesen, ohne dass der Senat daraus die Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift abgeleitet habe.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er erwidert: Das Verwaltungsgericht gehe zu Recht davon aus, dass die streitige örtliche Bauvorschrift, deren Ziel es sei, für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen, ihren Regelungszweck im Hinblick auf die zugelassenen Ausnahmen für zwangsläufig schwarze bis dunkelgraue Solaranlagen nicht mehr erreichen könne und deshalb unwirksam sei. Mit der Installation einer solchen Anlage werde bei Einhaltung der Farbvorgabe im Übrigen eine „Zweifarbigkeit“ und damit „Uneinheitlichkeit“ in der farblichen Gestaltung der Dachflächen bereits am jeweiligen Gebäude selbst geschaffen. Ferner machten aufgrund des technischen Fortschritts durchaus auch diffuses Licht nutzende Solaranlagen auf nicht nach Süden weisenden Dächern Sinn. Auch das auf die zeitliche Dimension abhebende Argument der Beklagten verfange nicht; für Solarmodule werde eine Garantie von 25 Jahren gewährt und die Einspeisevergütung nach dem Energieeinspeisungsgesetz währe 20 Jahre. Das Beharren auf roter bis rotbrauner Dachdeckung trotz Zulassung andersfarbiger Photovoltaikelemente führe zum Gegenteil der beabsichtigten Einheitlichkeit der Dachflächen. Eine Gestaltungsregelung, die es nicht verstehe, erwünschte Ausnahmen dieser Art aufzunehmen und gestalterisch zu verarbeiten, sei wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unwirksam. Es sei auch nicht zutreffend, dass das „Konzept“ der Beklagten von den Bauherren durchweg akzeptiert werde; laut Auskunft des Baurechtsamtes hätten mindestens drei weitere Bauherren wegen einer Eindeckung mit schwarzen Dachziegeln angefragt. Am Haus gegenüber - Juraweg 23 - seien dunkelbraune Ziegel verwendet worden. Im älteren Baugebiet am Juraweg seien mehrere schwarze Dächer vorhanden. Vollends fragwürdig werde die ablehnende Entscheidung der Beklagten vor dem Hintergrund der Erklärung der Baugenehmigungsbehörde, die bei einer so genannten Indachmontage der Photovoltaikelemente eine Befreiung von der Dachfarbe für das gesamte Dach - also auch für die nördliche Dachfläche - in Aussicht gestellt habe.
13 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die - zulässige - Berufung der Beklagten ist nicht begründet; das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Es hätte allerdings nicht dem Hauptantrag des Klägers folgen und die streitige örtliche Bauvorschrift für unwirksam halten dürfen (nachfolgend 1.), sondern entsprechend seinem Hilfsantrag die Beklagte zur Erteilung der beantragten Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ verpflichten müssen (nachfolgend 2.).
15 
1. Die örtliche Bauvorschrift über die Farbe der Eindeckung der Dächer im Baugebiet „Reuteberg-West“ mit roten bis rotbraunen Dachziegeln oder Betondachsteinen ist rechtsgültig.
16 
a) Diese Bestimmung ist zwar möglicherweise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Denn bei örtlichen Bauvorschriften, die zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, richtet sich das Verfahren für ihren Erlass gemäß § 74 Abs. 7 LBO in vollem Umfang nach den für Bebauungspläne geltenden Vorschriften. Dazu gehört auch § 9 Abs. 8 BauGB, wonach eine Begründung beizufügen ist, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen darzulegen sind. Dass es sich bei dieser Bestimmung mindestens auch um eine Verfahrensvorschrift handelt, ergibt sich aus § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, der § 9 Abs. 8 BauGB ausdrücklich erwähnt. Auf solche örtlichen Bauvorschriften finden allerdings die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB entsprechende Anwendung (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; ebenso: Sauter, LBO, § 74 RdNr. 121 a. E.; vgl. auch: OVG NW, Urteil vom 24.7.2000 - 7a D 179/98.NE - BRS 63 Nr. 18; Urteil vom 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - NVwZ-RR 2001, 14 zum nordrhein-westfälischen Landesrecht; BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 - UPR 2002, 275 zum allgemein geltenden Grundsatz der Planerhaltung).
17 
Im vorliegenden Fall enthält die Begründung zum Bebauungsplan vom 8.4.2003 zur Gestaltung der baulichen Anlagen unter Nr. 5.6. lediglich die Aussage, dass zur Einfügung der Bebauung in das vorhandene Orts- und Landschaftsbild besondere Festsetzungen zur Gestaltung und Anordnung der baulichen Anordnung (wie Dachform, Firstrichtung und Einfriedungen) getroffen wurden. Es erscheint fraglich, ob die unterbliebene Nennung der Farbe der Dacheindeckung diese Begründung lediglich als unvollständig erscheinen lässt, was nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB einen unbeachtlichen Fehler darstellen würde, oder ob von einem völligen Begründungsausfall auszugehen wäre, der von dieser Unbeachtlichkeitsregel nicht erfasst wäre. Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn selbst wenn ein beachtlicher Begründungsmangel vorliegen sollte, wäre er gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der örtlichen Bauvorschriften am 23.10.2003 gegenüber der Beklagten gerügt worden ist.
18 
b) Die streitige örtliche Bauvorschrift ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
19 
aa) Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO, der den Gemeinden den Erlass örtlicher Bauvorschriften über „Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ gestattet. Einzelheiten der Dachgestaltung können dagegen nicht durch planerische Festsetzungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB oder der Baunutzungsverordnung getroffen werden (Urteil des Senats vom 22.4.2002 - 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123; BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000, 1169; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006 - 3 S 337/06 -). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.4.2002, a.a.O.) gehören zur äußeren Gestaltung einer baulichen Anlage auch Dachformen oder andere Einzelheiten der Dachgestaltung, wie namentlich Material und Farbe der Dacheindeckung. Sie können daher Gegenstand einer örtlichen Bauvorschrift auf der Grundlage des § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO sein.
20 
bb) Wie jede andere rechtliche Regelung muss auch eine örtliche Bauvorschrift dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsgebot genügen. Dieses Gebot schließt jedoch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht aus, sofern sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O., unter Berufung auf BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 - BRS 57 Nr. 26). Das ist hier sowohl hinsichtlich der vorgeschriebenen Materialien als auch hinsichtlich der angeordneten Farben „rot bis rotbraun“ der Fall. Dies hat der Senat in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 22.4.2002 unter Berufung auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2000 (- 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472) und in Abgrenzung zum Urteil des OVG Niedersachsen vom 7.11.1995 (- 11 A 293/94 - NVwZ-RR 1996, 491) entschieden. Gründe für eine hiervon abweichende Sichtweise sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
21 
cc) Die umstrittene Regelung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot.
22 
Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde auch beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146 m.w.N.). Zwar findet die nur für Bebauungspläne geltende Regelung in § 1 Abs. 6 BauGB a. F./§ 1 Abs. 7 BauGB n. F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie hier - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, da in § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das BauGB verwiesen wird und es sich bei § 1 Abs. 6 BauGB a. F./3 1 Abs. 7 BauGB n. F. nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch unabhängig von einer solchen Verweisung aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.; OVG NW, Urteil vom 9.2.2000, a.a.O.; HessVGH, Urteil vom 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
23 
Die streitige Regelung wird diesen Anforderungen (noch) gerecht. Den Verfahrensakten kann zwar nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der Vorgabe einer bestimmten Farbe für die Dacheindeckungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Entgegen der Ansicht der Kläger lässt dieser Umstand jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die örtlichen Bauvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat, die von der umstrittenen Gestaltungsbestimmung berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 29.1.1992 - 4 NB 22.90 - NVwZ 1992, 662 = PbauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 3; Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, als es sich bei der in Rede stehenden Vorschrift um keine Regelung von zentraler Bedeutung handelt, da von ihr weder die bauliche Ausnutzbarkeit der Baugrundstücke eingeschränkt wird noch den Bauherren Vorgaben gemacht werden, die sie in ihren Gestaltungswünschen übermäßig einengen oder eine zusätzliche Kostenbelastung verursachen, zumal - wie noch zu zeigen sein wird - das Bauordnungsrecht die seitens des Klägers vermisste Flexibilität im Hinblick auf eine Harmonisierung mit den aus technischen Gründen abweichenden Farben von Fotovoltaikanlagen anderweitig herstellt. Dementsprechend sind auch während des Aufstellungsverfahrens von keiner Seite Einwendungen gegen die beabsichtigte Gestaltungsregelung erhoben worden. Ihre Zielrichtung ist im Übrigen offenkundig. Der Beklagten geht es mit der Regelung ersichtlich darum, durch Vorgabe eines bestimmten Farbspektrums für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen. Dass an anderen Stellen - etwa in den benachbarten Planbereichen - nicht durchgängig dieselben Vorgaben gelten, ist unerheblich, denn die streitige Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Reuteberg-West“ (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Allerdings mindert die Tatsache, dass in den östlich sich anschließenden Neubaugebieten die Farben der Dächer zu etwa gleichen Anteilen zwischen rot bis rotbraun und schwarz bis anthrazit variieren, wie die seitens des Klägers vorgelegten Fotos zeigen, das Gewicht der gemeindlichen Interessen. Dennoch hält es der Senat für nicht vertretbar, dem von der Beklagten verfolgten Ziel völlig die Rechtfertigung abzusprechen. Denn es spricht einiges dafür, dass in den Nachbarbaugebieten inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften nicht in allen Fällen eingehalten worden sind. Dies betrifft aber nicht die Frage der Normgeltung, sondern ihres Vollzugs. Andererseits liegt es auf der Hand, dass von einer Regelung wie der streitigen das Interesse der Grundstückseigentümer an einer möglichst ungeschmälerten Erhaltung ihrer gestalterischen Freiheiten berührt wird. Auf diese unterschiedliche Interessenlage besonders und ausdrücklich einzugehen, bestand für den Gemeinderat der Beklagten folglich kein Anlass.
24 
Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht von der Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift über Material und Farbe der Dacheindeckungen ausgehen und dem Hauptantrag des Klägers nicht stattgeben dürfen.
25 
2. Es hätte aber - auf der Grundlage des Hilfsantrags des Klägers - die Beklagte verpflichten müssen, die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen. Denn der Kläger hat einen aus einem Zusammenwirken der Abweichungsregel des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO mit der Befreiungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 5 LBO folgenden Anspruch auf die begehrte Befreiung. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
26 
a) Nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO sind Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO und von Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, also auch von örtlichen Bauvorschriften (Sauter, LBO, § 56 RdNr. 4), zur Verwirklichung von Vorhaben zur Energieeinsparung zuzulassen, wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es besteht somit ein Anspruch auf deren Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den nach dieser Vorschrift privilegierten Vorhaben zählen auch Fotovoltaikanlagen (vgl. Sauter, LBO, § 56 RdNr. 19, der ausdrücklich solarthermische Anlagen sowie Energie- oder Absorberdächer anführt; Anlagen wie diejenige des Klägers, die Sonnenlicht direkt in Strom umwandeln, können nicht anders behandelt werden als solarthermische Anlagen). Wenn diese aber - was unter den Beteiligten unstreitig ist - aus technischen Gründen nicht in roter oder rotbrauner Farbe erhältlich sind, so muss die Abweichungsregelung auch die Farbvorgabe in der örtlichen Bauvorschrift erfassen, soll sie nicht ins Leere laufen. Das sieht die Beklagte auch nicht anders, denn sie will die Solarenergienutzung ausdrücklich ermöglichen (vgl. die Niederschrift über die Verhandlung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt des Gemeinderats vom 30.9.2003, S. 2, /33 der Bebauungsplanakten) und betont sogar den „Vorrang“ regenerativer Energien vor der „farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft“ (Schriftsatz vom 29.12.2005, S. 3). Danach kann kein Zweifel bestehen, dass die Anbringung von Fotovoltaikanlagen auch dann im Sinne des § 56 Abs. 2 LBO mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, wenn sie von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckungen abweichen.
27 
b) Aus diesem von der Beklagten nicht in Frage gestellten Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Dachfarbenfestlegung auf der Grundlage des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO für die Fotovoltaikelemente selbst folgt zugleich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Befreiung von der streitigen örtlichen Bauvorschrift im Hinblick auf die Farbe der „eigentlichen“ Dachhaut. Denn wenn die - auch seitens der Beklagten befürwortete - Anbringung solcher Module zwangsläufig dazu führt, dass etwa 99 % der Fläche der südlichen Dachhälfte optisch schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau in Erscheinung tritt, und wenn zugleich das Ziel verfolgt wird, eine weitgehende Einheitlichkeit der farblichen Gestaltung der Dacheindeckungen zu erreichen, so erfordern Gründe des allgemeinen Wohls im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO die Zulassung einer der Farbe der Solarmodule entsprechenden Farbe der übrigen Dacheindeckung. Jede andere Entscheidung würde - wie der Kläger zu Recht hervorhebt - das grundsätzliche Ziel einer im Hinblick auf ihre Farbe möglichst einheitlichen Gestaltung der Dachlandschaft konterkarieren. Das gilt sowohl für den nur wenige Zentimeter schmalen, sichtbaren Rand der Dachhaut der südlichen Dachfläche, auf der die Fotovoltaikelemente angebracht sind, als auch für die nördliche Dachseite. Denn es sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, die es erfordern könnten, eine an sich wegen der - aus technischen Gründen in derartigen Farbtönen gehaltenen - Solarmodule optisch schwärzlich erscheinenden Dachfläche rot umranden und ihr Satteldachpendant auf der nördlichen Dachhälfte andersfarbig gestalten zu müssen. Davon abgesehen stellt es für den Kläger eine im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 offenbar nicht beabsichtigte Härte dar, gleichwohl sein gesamtes Dach - entgegen seinem Wunsch - rot bis rotbraun eindecken zu müssen. Denn der Satzungsgeber kann nicht zugleich beabsichtigen, Fotovoltaikanlagen auf den Dächern im Baugebiet zuzulassen, die nur in schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau erhältlich sind, und dennoch eine rote bis rotbraune Dacheindeckung zu fordern. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich solche Anlagen nur für eine begrenzte Zeit energetisch nutzen lassen und dann nach Entfernung der Module die „falsche“ Farbe der Dacheindeckung zu Vorschein kommen werde, wie die Beklagte meint. Denn diesem Szenario lässt sich ohne weiteres dadurch vorbeugen, dass in die Befreiungsentscheidung ein entsprechender Widerrufsvorbehalt aufgenommen wird.
28 
Nach allem ist die Berufung mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.
29 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Die - zulässige - Berufung der Beklagten ist nicht begründet; das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben. Es hätte allerdings nicht dem Hauptantrag des Klägers folgen und die streitige örtliche Bauvorschrift für unwirksam halten dürfen (nachfolgend 1.), sondern entsprechend seinem Hilfsantrag die Beklagte zur Erteilung der beantragten Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ verpflichten müssen (nachfolgend 2.).
15 
1. Die örtliche Bauvorschrift über die Farbe der Eindeckung der Dächer im Baugebiet „Reuteberg-West“ mit roten bis rotbraunen Dachziegeln oder Betondachsteinen ist rechtsgültig.
16 
a) Diese Bestimmung ist zwar möglicherweise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Denn bei örtlichen Bauvorschriften, die zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, richtet sich das Verfahren für ihren Erlass gemäß § 74 Abs. 7 LBO in vollem Umfang nach den für Bebauungspläne geltenden Vorschriften. Dazu gehört auch § 9 Abs. 8 BauGB, wonach eine Begründung beizufügen ist, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen darzulegen sind. Dass es sich bei dieser Bestimmung mindestens auch um eine Verfahrensvorschrift handelt, ergibt sich aus § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, der § 9 Abs. 8 BauGB ausdrücklich erwähnt. Auf solche örtlichen Bauvorschriften finden allerdings die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB entsprechende Anwendung (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146; ebenso: Sauter, LBO, § 74 RdNr. 121 a. E.; vgl. auch: OVG NW, Urteil vom 24.7.2000 - 7a D 179/98.NE - BRS 63 Nr. 18; Urteil vom 9.2.2000 - 7 A 2386/98 - NVwZ-RR 2001, 14 zum nordrhein-westfälischen Landesrecht; BVerwG, Beschluss vom 20.2.2002 - 9 B 63.01 - UPR 2002, 275 zum allgemein geltenden Grundsatz der Planerhaltung).
17 
Im vorliegenden Fall enthält die Begründung zum Bebauungsplan vom 8.4.2003 zur Gestaltung der baulichen Anlagen unter Nr. 5.6. lediglich die Aussage, dass zur Einfügung der Bebauung in das vorhandene Orts- und Landschaftsbild besondere Festsetzungen zur Gestaltung und Anordnung der baulichen Anordnung (wie Dachform, Firstrichtung und Einfriedungen) getroffen wurden. Es erscheint fraglich, ob die unterbliebene Nennung der Farbe der Dacheindeckung diese Begründung lediglich als unvollständig erscheinen lässt, was nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB einen unbeachtlichen Fehler darstellen würde, oder ob von einem völligen Begründungsausfall auszugehen wäre, der von dieser Unbeachtlichkeitsregel nicht erfasst wäre. Dies kann aber letztlich offen bleiben, denn selbst wenn ein beachtlicher Begründungsmangel vorliegen sollte, wäre er gemäß § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der örtlichen Bauvorschriften am 23.10.2003 gegenüber der Beklagten gerügt worden ist.
18 
b) Die streitige örtliche Bauvorschrift ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
19 
aa) Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO, der den Gemeinden den Erlass örtlicher Bauvorschriften über „Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ gestattet. Einzelheiten der Dachgestaltung können dagegen nicht durch planerische Festsetzungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB oder der Baunutzungsverordnung getroffen werden (Urteil des Senats vom 22.4.2002 - 8 S 177/02 - VBlBW 2003, 123; BVerwG, Urteil vom 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000, 1169; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006 - 3 S 337/06 -). Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.4.2002, a.a.O.) gehören zur äußeren Gestaltung einer baulichen Anlage auch Dachformen oder andere Einzelheiten der Dachgestaltung, wie namentlich Material und Farbe der Dacheindeckung. Sie können daher Gegenstand einer örtlichen Bauvorschrift auf der Grundlage des § 74 Abs. 1 Nr. 1 LBO sein.
20 
bb) Wie jede andere rechtliche Regelung muss auch eine örtliche Bauvorschrift dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsgebot genügen. Dieses Gebot schließt jedoch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht aus, sofern sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O., unter Berufung auf BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 - BRS 57 Nr. 26). Das ist hier sowohl hinsichtlich der vorgeschriebenen Materialien als auch hinsichtlich der angeordneten Farben „rot bis rotbraun“ der Fall. Dies hat der Senat in dem bereits mehrfach zitierten Urteil vom 22.4.2002 unter Berufung auf das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2000 (- 7 A 2386/98 - BauR 2000, 1472) und in Abgrenzung zum Urteil des OVG Niedersachsen vom 7.11.1995 (- 11 A 293/94 - NVwZ-RR 1996, 491) entschieden. Gründe für eine hiervon abweichende Sichtweise sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
21 
cc) Die umstrittene Regelung verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot.
22 
Ebenso wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen hat die Gemeinde auch beim Erlass örtlicher Bauvorschriften die von der beabsichtigten Regelung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gerecht abzuwägen (Urteil des Senats vom 19.9.2002 - 8 S 1046/02 - BRS 65 Nr. 146 m.w.N.). Zwar findet die nur für Bebauungspläne geltende Regelung in § 1 Abs. 6 BauGB a. F./§ 1 Abs. 7 BauGB n. F. auf örtliche Bauvorschriften auch dann keine (unmittelbare) Anwendung, wenn diese - wie hier - zusammen mit einem Bebauungsplan beschlossen werden, da in § 74 Abs. 7 LBO nur für das Verfahren zum Erlass dieser Vorschriften auf das BauGB verwiesen wird und es sich bei § 1 Abs. 6 BauGB a. F./3 1 Abs. 7 BauGB n. F. nicht um eine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Regelung handelt. Die Verpflichtung der Gemeinde zu einer Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ergibt sich jedoch unabhängig von einer solchen Verweisung aus dem Umstand, dass mit den von ihr erlassenen örtlichen Bauvorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums geregelt werden und hierbei die Interessen der Allgemeinheit sowie die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden müssen (Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.; OVG NW, Urteil vom 9.2.2000, a.a.O.; HessVGH, Urteil vom 2.4.1992 - 3 N 2241/89 - BRS 54 Nr. 116).
23 
Die streitige Regelung wird diesen Anforderungen (noch) gerecht. Den Verfahrensakten kann zwar nicht entnommen werden, dass hinsichtlich der Vorgabe einer bestimmten Farbe für die Dacheindeckungen eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Gemeinde einerseits und denen der Grundstückseigentümer andererseits stattgefunden hat. Entgegen der Ansicht der Kläger lässt dieser Umstand jedoch für sich allein nicht darauf schließen, dass sich der Gemeinderat bei der Beschlussfassung über die örtlichen Bauvorschriften nicht mit den jeweiligen Belangen abwägend befasst hat, die von der umstrittenen Gestaltungsbestimmung berührt werden (BVerwG, Beschluss vom 29.1.1992 - 4 NB 22.90 - NVwZ 1992, 662 = PbauE § 214 Abs. 3 BauGB Nr. 3; Urteil des Senats vom 22.4.2002, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, als es sich bei der in Rede stehenden Vorschrift um keine Regelung von zentraler Bedeutung handelt, da von ihr weder die bauliche Ausnutzbarkeit der Baugrundstücke eingeschränkt wird noch den Bauherren Vorgaben gemacht werden, die sie in ihren Gestaltungswünschen übermäßig einengen oder eine zusätzliche Kostenbelastung verursachen, zumal - wie noch zu zeigen sein wird - das Bauordnungsrecht die seitens des Klägers vermisste Flexibilität im Hinblick auf eine Harmonisierung mit den aus technischen Gründen abweichenden Farben von Fotovoltaikanlagen anderweitig herstellt. Dementsprechend sind auch während des Aufstellungsverfahrens von keiner Seite Einwendungen gegen die beabsichtigte Gestaltungsregelung erhoben worden. Ihre Zielrichtung ist im Übrigen offenkundig. Der Beklagten geht es mit der Regelung ersichtlich darum, durch Vorgabe eines bestimmten Farbspektrums für eine gewisse Einheitlichkeit der Dachlandschaft im Plangebiet zu sorgen. Dass an anderen Stellen - etwa in den benachbarten Planbereichen - nicht durchgängig dieselben Vorgaben gelten, ist unerheblich, denn die streitige Bauvorschrift gilt nur für das Baugebiet „Reuteberg-West“ (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.10.2006, a.a.O.). Allerdings mindert die Tatsache, dass in den östlich sich anschließenden Neubaugebieten die Farben der Dächer zu etwa gleichen Anteilen zwischen rot bis rotbraun und schwarz bis anthrazit variieren, wie die seitens des Klägers vorgelegten Fotos zeigen, das Gewicht der gemeindlichen Interessen. Dennoch hält es der Senat für nicht vertretbar, dem von der Beklagten verfolgten Ziel völlig die Rechtfertigung abzusprechen. Denn es spricht einiges dafür, dass in den Nachbarbaugebieten inhaltsgleiche örtliche Bauvorschriften nicht in allen Fällen eingehalten worden sind. Dies betrifft aber nicht die Frage der Normgeltung, sondern ihres Vollzugs. Andererseits liegt es auf der Hand, dass von einer Regelung wie der streitigen das Interesse der Grundstückseigentümer an einer möglichst ungeschmälerten Erhaltung ihrer gestalterischen Freiheiten berührt wird. Auf diese unterschiedliche Interessenlage besonders und ausdrücklich einzugehen, bestand für den Gemeinderat der Beklagten folglich kein Anlass.
24 
Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht von der Unwirksamkeit der örtlichen Bauvorschrift über Material und Farbe der Dacheindeckungen ausgehen und dem Hauptantrag des Klägers nicht stattgeben dürfen.
25 
2. Es hätte aber - auf der Grundlage des Hilfsantrags des Klägers - die Beklagte verpflichten müssen, die beantragte Befreiung von Nr. 2.2 der örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan „Reuteberg-West“ zu erteilen. Denn der Kläger hat einen aus einem Zusammenwirken der Abweichungsregel des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO mit der Befreiungsmöglichkeit nach § 56 Abs. 5 LBO folgenden Anspruch auf die begehrte Befreiung. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
26 
a) Nach § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO sind Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO und von Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, also auch von örtlichen Bauvorschriften (Sauter, LBO, § 56 RdNr. 4), zur Verwirklichung von Vorhaben zur Energieeinsparung zuzulassen, wenn die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Es besteht somit ein Anspruch auf deren Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den nach dieser Vorschrift privilegierten Vorhaben zählen auch Fotovoltaikanlagen (vgl. Sauter, LBO, § 56 RdNr. 19, der ausdrücklich solarthermische Anlagen sowie Energie- oder Absorberdächer anführt; Anlagen wie diejenige des Klägers, die Sonnenlicht direkt in Strom umwandeln, können nicht anders behandelt werden als solarthermische Anlagen). Wenn diese aber - was unter den Beteiligten unstreitig ist - aus technischen Gründen nicht in roter oder rotbrauner Farbe erhältlich sind, so muss die Abweichungsregelung auch die Farbvorgabe in der örtlichen Bauvorschrift erfassen, soll sie nicht ins Leere laufen. Das sieht die Beklagte auch nicht anders, denn sie will die Solarenergienutzung ausdrücklich ermöglichen (vgl. die Niederschrift über die Verhandlung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt des Gemeinderats vom 30.9.2003, S. 2, /33 der Bebauungsplanakten) und betont sogar den „Vorrang“ regenerativer Energien vor der „farblichen Einheitlichkeit der Dachlandschaft“ (Schriftsatz vom 29.12.2005, S. 3). Danach kann kein Zweifel bestehen, dass die Anbringung von Fotovoltaikanlagen auch dann im Sinne des § 56 Abs. 2 LBO mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, wenn sie von der festgesetzten Farbe der Dacheindeckungen abweichen.
27 
b) Aus diesem von der Beklagten nicht in Frage gestellten Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von der Dachfarbenfestlegung auf der Grundlage des § 56 Abs. 2 Nr. 3 LBO für die Fotovoltaikelemente selbst folgt zugleich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Befreiung von der streitigen örtlichen Bauvorschrift im Hinblick auf die Farbe der „eigentlichen“ Dachhaut. Denn wenn die - auch seitens der Beklagten befürwortete - Anbringung solcher Module zwangsläufig dazu führt, dass etwa 99 % der Fläche der südlichen Dachhälfte optisch schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau in Erscheinung tritt, und wenn zugleich das Ziel verfolgt wird, eine weitgehende Einheitlichkeit der farblichen Gestaltung der Dacheindeckungen zu erreichen, so erfordern Gründe des allgemeinen Wohls im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO die Zulassung einer der Farbe der Solarmodule entsprechenden Farbe der übrigen Dacheindeckung. Jede andere Entscheidung würde - wie der Kläger zu Recht hervorhebt - das grundsätzliche Ziel einer im Hinblick auf ihre Farbe möglichst einheitlichen Gestaltung der Dachlandschaft konterkarieren. Das gilt sowohl für den nur wenige Zentimeter schmalen, sichtbaren Rand der Dachhaut der südlichen Dachfläche, auf der die Fotovoltaikelemente angebracht sind, als auch für die nördliche Dachseite. Denn es sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, die es erfordern könnten, eine an sich wegen der - aus technischen Gründen in derartigen Farbtönen gehaltenen - Solarmodule optisch schwärzlich erscheinenden Dachfläche rot umranden und ihr Satteldachpendant auf der nördlichen Dachhälfte andersfarbig gestalten zu müssen. Davon abgesehen stellt es für den Kläger eine im Sinne des § 56 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 offenbar nicht beabsichtigte Härte dar, gleichwohl sein gesamtes Dach - entgegen seinem Wunsch - rot bis rotbraun eindecken zu müssen. Denn der Satzungsgeber kann nicht zugleich beabsichtigen, Fotovoltaikanlagen auf den Dächern im Baugebiet zuzulassen, die nur in schwarz, schwarz/grau oder schwarz/blau erhältlich sind, und dennoch eine rote bis rotbraune Dacheindeckung zu fordern. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich solche Anlagen nur für eine begrenzte Zeit energetisch nutzen lassen und dann nach Entfernung der Module die „falsche“ Farbe der Dacheindeckung zu Vorschein kommen werde, wie die Beklagte meint. Denn diesem Szenario lässt sich ohne weiteres dadurch vorbeugen, dass in die Befreiungsentscheidung ein entsprechender Widerrufsvorbehalt aufgenommen wird.
28 
Nach allem ist die Berufung mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.
29 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.