Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ...straße ...8 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...89 und ... der Gemarkung Würzburg, ...straße ... und ...1 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen.

1.Mit Bauantrag vom 6. Mai 2013 stellte die Beigeladene bei der Beklagten den Bauantrag auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Hochhauses ...straße ... sowie auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Vorderhauses ...straße ...1 sowie Abbruch und Neubau des Hinterhauses ...straße ...1. Dabei ist die westliche Außenwand des Gebäudes (vgl. Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 - wie der Bestand - bemaßt mit einer Höhe von „+28,85“ im Norden und „+28,82“ im Süden und die Oberkante First mit „+32,55=204,79 üNN“. Die Dachneigung beträgt (auch) auf der Westseite 45° gegenüber dem Bestand von 32,5°.

Das Baugrundstück liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „...haus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Die Klägerin betreibt auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“). Hierfür hat die Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé sowie Änderung der Außenwerbung erhalten. Gegen die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum vom 21. November 2013 hat die Beigeladene am 19. Dezember 2013 Klage (W 5 K 13.1260, jetzt; W 5 K 14.605) erheben lassen, der mit Urteil vom heutigen Tag stattgegeben wurde. Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen auf dem Baugrundstück unter Befreiungen, Abweichungen und Nebenbestimmungen. So sieht Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids eine Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Baulinie auf der Westseite vor (Unterschreitung um 2,30 m). Nummer ...13 erteilt eine Abweichung von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsflächen auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant 8,24 m und 7,16 m). Nummer ...14 sieht eine Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen vor und Nr. 1350 eine solche von der vorgeschriebenen Errichtung eines Kinderspielplatzes gemäß Art. 7 Abs. 2 BayBO. Zur Begründung der vg. Befreiung wird ausgeführt, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt würden, die Abweichung städtebaulich vertretbar und sie auch unter Würdigung nachbarlicher Belange mit den öffentlichen Interessen vereinbar sei. Die Abweichungen von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite würden zugelassen, da keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und der Belüftung bestünden und die Abweichungen unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Die Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen werde zugelassen, da nur das Baugrundstück betroffen sei, Nachbarrechte nicht berührt würden und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Auf den weiteren Inhalt des Genehmigungsbescheides, der den nunmehrigen Gesellschaftern der Klägerin am 5. Dezember 2014 jeweils gegen Empfangsbestätigung zugestellt worden ist, wird Bezug genommen.

2. Am 2. Januar 2015 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben mit dem Antrag, die Baugenehmigung der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, das geplante Bauvorhaben werde nach den genehmigten Plänen eine Gesamthöhe von 32,55 m über dem heutigen Straßenniveau der ...straße erreichen. Damit werde das seit Ende der 20er Jahre dort vorhandene Gebäude über den derzeitigen Bestand hinaus erhöht. Durch die neuen Dachaufbauten vergrößerten sich die Abstandsflächen für das Gebäude um ca. 1,1 m. Nach den Vorgaben der BayBO dürften die Abstandsflächen sich aber nur bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche erstrecken. Die Eingabeplanung widerspreche den Maßangaben der Tiefbauabteilung der Beklagten. In den Abstandsflächenplänen seien keine Maße bezüglich der auf den Nachbargrundstücken liegenden Abstandsflächen angegeben. Das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 heiße nicht umsonst ...haus. Es sei mehr als doppelt so hoch wie die übrigen Gebäude in der ...straße.

Durch die Umnutzung von Büros zu Wohnungen im Umfang von sieben Geschossflächen einschließlich Wohnung im Hinterhaus und im Bauvorhaben auf dem Grundstück Fl.Nr. ...90 entspreche die Maßnahme nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets, sondern denen eines Wohngebiets oder besonderen Wohngebiets.

Die ...straße sei eine relativ enge Straßenschlucht, belastet durch den Verkehrslärm der Straßenbahn und geprägt durch zahlreiche umliegende Gaststätten. Vor dem davon ausgehenden Lärm würden die Nutzer der Wohnungen im Bauprojekt der Beigeladenen nicht geschützt. Es gebe keine Auflagen bezüglich des Schallschutzes. Aufgrund des bereits vorhandenen Lärms könne eine erhöhte Wohnnutzung nicht gewünscht sein. Das Nachbargebäude der Klägerin mit der „...Lounge“ dürfe durch die neu implementierte Wohnnutzung keinerlei weitere Einschränkungen erfahren.

Hinsichtlich der Errichtung gewerblicher Anlagen im Erdgeschoss sei von der Beigeladenen ein Schallschutzgutachten zu fordern. Die genehmigten Pläne ließen auch nicht erkennen, wo Lüftungsanlagen platziert werden sollten. Die Abluftkamine (auch derjenige der Tiefgarage) seien in der Eingabeplanung nicht dargestellt. Weder in den Wohneinheiten noch im Hof sei ein Müllraum für gewerblichen Müll des Ladengeschäfts und des Tagescafés vorgesehen.

Auf die weitere Klagebegründung wird Bezug genommen.

3. Demgegenüber beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, dass von den grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen auf der Westseite in zulässiger Weise eine Abweichung habe erteilt werden können. Die Tiefe der Abstandsflächen erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude um 1,13 m, von bislang 28,82 m auf 29,95 m (betrachtet an der südwestlichen Gebäudeecke des Hochhauses ...straße ...). Die aufgehende westliche Außenwand sei dabei jeweils mit 28,82 m zugrunde gelegt, jedoch sei das bisherige Dach mit einer Neigung von 32,5° abstandsflächenrechtlich neutral, während für die neue Dachform die Höhe des Daches mit einer Neigung von 45° zu einem Drittel (3,38 m x 1,13 m) hinzugerechnet worden sei (28,82 m + 1,13 m = 29,95 m). Bezüglich des Gebäudeteils „Vorderhaus ...straße ...1“ erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude die Tiefe der Abstandsfläche um 0,85 m, von bislang 13,45 m auf 14,30 m. Das Vorderhaus sei auf der im Baulinienauflageplan festgesetzten Baulinie errichtet und entspreche in der Höhenentwicklung den sich südlich anschließenden Nachbargebäuden ...straße ...3, ...5 und ...7. Insofern sei im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO eine Abstandsflächenabweichung ggf. sogar entbehrlich.

Die durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten nachbarlichen Belange würden nicht merklich weiter beeinträchtigt als durch das bestehende Ämterhochhaus und das Gebäude ...straße ...1. Auch liege das Grundstück der Klägerin nur auf einer Breite von ca. 3,50 m dem Gebäudeteil Hochhaus ...straße ... gegenüber. Eine Beeinträchtigung des gewerblich genutzten Grundstücks ...straße ...8 sei nicht gegeben. Insgesamt sei eine Verschlechterung der abstandsflächenrechtlichen Situation durch die geringfügige Erhöhung der Abstandsflächentiefe für die umliegenden Grundstücke und die darauf befindlichen Gebäude nicht erkennbar.

Das Bauvorhaben und das Grundstück der Klägerin lägen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“, der für diesen Bereich Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetze. Demnach seien als Nutzungen Wohnen und Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich störten, zulässig. Wohnen und Gewerbe stünden dabei gleichberechtigt nebeneinander. Ein ausgewogenes Mischungsverhältnis zwischen Wohnen und Gewerbe bestehe nicht für jedes Einzelobjekt. Zudem seien bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben im Erdgeschoss 271 m² Ladenflächen sowie ein Tagescafe mit 71 m² vorgesehen.

Hinsichtlich der Darstellung von Lüftungsanlagen, eines Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sei eine Beeinträchtigung nachbarrechtlicher Belange nicht ersichtlich.

4. Auch die Beigeladene beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde vorgetragen, die Ausführungen der Klägerin zur vorgeblichen Nichteinhaltung bzw. unzulässigen Überschreitung der Abstandsflächen seien rechtlich unzutreffend. Auf die Fragestellungen des Art. 6 BayBO komme es nicht an, weil vorrangig die Vorgaben des Bauplanungsrechts nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu beachten seien. Einer Zustimmungserklärung der Beklagten bedürfe es nicht, die behaupteten klägerischen Abwehrrechte seien gerade ausgeschlossen. Nachbarliche Rechte würden angesichts der tatsächlichen nachbarlichen Berührung von nur 3,50 m ohnedies nicht beeinträchtigt. In einem derartigen Fall stelle das Berufen auf eine Verletzung von Abstandsflächenvorschriften eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans würden insgesamt eingehalten. Ausgewiesen werde ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO. Wohnen und Gewerbe stünden gleichberechtigt nebeneinander. Ein Wohngebäude wäre grundsätzlich auch im Allgemeinen zulässig (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Interessant sei der Vortrag der Klägerin zum Lärmschutz. Dass sie sich nun zur Sachwalterin des Lärmschutzes machen wolle, erstaune. Auf das Vorbringen im Verfahren W 5 K 14.605 werde verwiesen.

Eine Beeinträchtigung irgendwelcher subjektiven Rechte vermöge die Klägerin nicht vorzutragen.

Auf die weitere Begründung des Abweisungsantrags wird Bezug genommen.

5. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 14.605 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Ein derartiger Fall ist vorliegend nicht gegeben.

1. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, insbesondere solche des Abstandsflächenrechts werden nicht zulasten der Klägerin verletzt.

1.1. Der (sinngemäße) Vortrag der Klägerseite, dass die Abstandsflächenvorschriften hier nicht eingehalten seien und insbesondere die Abstandsflächentiefe durch neue Dachaufbauten sich erhöht habe, kann nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn es liegt keine Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften zulasten der Klägerin vor.

Zwar erstreckt sich das Prüfprogramm bei Sonderbauten - es handelt sich hier um ein Hochhaus gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 1 BayBO - auch auf die Anforderungen des Abstandsflächenrechts der Bayerischen Bauordnung (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO) und damit auch auf beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 BayBO, so dass auch die Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

Hier hat die Stadt Würzburg unter Nr. 1313 der Baugenehmigung eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant: 8,24 m und 7,16 m) erteilt. Begründet wurde dies damit, dass keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und Belüftung bestehen und die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Beklagte ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Beigeladenen insoweit einer Abweichung von den Regelungen über Abstandsflächen bedarf, so dass sie ins Leere geht. Im Einzelnen:

1.2. Zwar sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Eine Abstandsfläche ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aber gerade nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Zu den planungsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gehört auch die Festsetzung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 BauNVO (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.3.2014 - W 5 S 14.124 - juris; bestätigt durch BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.709 - juris; siehe schon BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand 2015, Art. 6 Rn. 49; Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 6 Rn. 28). Ist nämlich eine Baulinie festgesetzt, so muss nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO auf dieser Linie gebaut werden.

Verläuft die Baulinie entlang einer Grundstücksgrenze, bestimmt sie - anders als die Baugrenze, die nur nicht überschritten werden darf -, weil Gebäude eben auf die Baulinie zu setzen sind, den konkreten Standort des Vorhabens an der Grundstücksgrenze. Ist daher sichergestellt, dass Baulinie und Grundstücksgrenze identisch sind, sind bei Einhaltung der Baulinie keine Abstandsflächen einzuhalten (BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris zu Baugrenzen; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 49; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Dez. 2015, Art. 6 Rn. 84).

Nach diesen Maßstäben scheidet hier ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus. Das Gebäude wird hier auf die vordere Grundstücksgrenze gesetzt. Dies entspricht den Festsetzungen des Baulinien-Auflageplans „...straße“ der Stadt Würzburg von 1951, festgesetzt mit RB vom 15. Januar 1951 in der „Zusammenfassung der Baulinien-Auflagepläne für das Gebiet zwischen A... ..., O... ..., W...straße und ...straße“ zum Baulinienplan Nr. ...22 vom 10. Dezember 2009 und der Bauweise entlang der ...straße.

Derartige Baulinienfestsetzungen wurden gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als einfache Bebauungspläne übergeleitet und entfalten gemäß § 233 Abs. 3 BauGB nach wie vor Geltung. Soweit ein einfacher Bebauungsplan Regelungen bzw. Festsetzungen enthält, bestimmt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es diesen Festsetzungen widerspricht oder nicht. Lediglich ergänzend - soweit keine Festsetzungen vorhanden sind - sind die Bestimmungen der §§ 34 oder 35 BauGB heranzuziehen, was § 30 Abs. 3 BauGB ausdrücklich klarstellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der für das Vorhaben maßgebliche Baulinien-Auflageplan außer Kraft getreten sein könnte. Vielmehr erklärt der Bebauungsplan „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für den Bereich des Grundstücks der Beigeladenen ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, die unveränderte Fortgeltung der Festsetzungen des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Bei der mit roter Farbe auf der Ostseite der ...straße dargestellten Baulinie im Baulinienplan handelt es sich um eine Gebäudefluchtlinie mit der rechtlichen Wirkung, dass die vordere Gebäudeflucht unmittelbar an diese Linie herangerückt werden muss (vgl. § 4 Abs. 2 BauO 1901 i. V. m. Nr. 44 der Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 3.8.1910, abgedruckt in Englert/Mang, BayBO 1901, 11. Aufl. 1957, Anhang 28).

Nach allem scheidet hier, da gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nach planungsrechtlichen Vorschriften an die vordere Grundstückgrenze gebaut werden muss, ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus.

1.3. Darüber hinaus wäre hier aber auch die Berechnung der Abstandsflächentiefe zu beanstanden, soweit in diese die Höhe des Daches eingeflossen ist. Wie bei dem Hochhaus bisher schon bestimmt sich die Abstandsflächentiefe allein nach der Wandhöhe. Insoweit war keine Neubetrachtung der Abstandsflächen durchzuführen.

Für das Hochhaus hat die Beklagte eine Änderung der durch das Vorhaben der Beigeladenen benötigten Abstandsflächen gegenüber dem Bestand von 1,13 m wegen der nunmehrigen Dachneigung von 45° zugrunde gelegt. Diese Berechnung findet im Gesetz keine Stütze.

Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO berechnet sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe. Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO ist die Höhe von Dächern mit einer „Neigung von mehr als 45 Grad“ zu einem Drittel hinzuzurechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung bleiben damit Dächer mit einer Neigung bis einschließlich 45° oder - anders ausgedrückt - nicht größer als 45° unberücksichtigt (vgl. auch Schwarzer/König, BayBO Art. 6 Rn. 72; Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 182; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Sept. 2015, Art. 6 Rn. 128). Ausweislich der genehmigten Eingabeplanung liegt hier aber eine Dachneigung von exakt 45° vor (vgl. Ansichten Plan 01, Ansichten Plan 02, Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) und damit keine Dachneigung von mehr als 45°, so dass die Hinzurechnung zu unterbleiben hat.

1.4. Maßgeblich ist nach Art. 6 Abs. 4 BayBO deshalb alleine die Wandhöhe, nach dessen Satz 2 also das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut. Vorliegend vergrößert sich aufgrund der erhöhten Dachneigung die vor der westlichen Außenwand einzuhaltende Abstandsfläche, gemessen an der Ansicht West der Eingabeplanung „Ansichten für Abstandsflächen“ um wenige Zentimeter (allenfalls10 cm).

Angesichts dieser marginalen Veränderung spricht vieles dafür, dass bezüglich des Hochhauses keine neue abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung erforderlich ist.

Jedenfalls begegnet eine Abweichung nach Art. 63 BayBO in Anbetracht der vorhandenen Höhe des Gebäudes, der schon allein damit einhergehenden Atypik der Grundstückssituation auf der Flnr. ...89 und der allenfalls minimalen, mit der Messlatte der abstandsflächenrechtlichen Belange Belichtung, Belüftung, Besonnung und Wahrung des Wohnfriedens nicht mehr fassbaren Verschlechterung der nachbarrechtlichen Situation des klägerischen Grundstücks auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit einem Abstand von ca. 15 m keinen Bedenken.

Abgesehen davon würde auch das Gebäude der Klägerin zur ...straße hin - wollte man nicht auch auf dieses Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO anwenden - nicht die sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO zu errechnenden Abstandsflächen einhalten. Die relevante Wandhöhe beträgt ca. 15 m. Dazu käme noch ein Drittel der Giebelfläche. Bis zur Mitte der ...straße stehen aber nur 7,5 m zur Verfügung.

1.5. Die Einwände der Klägerin zu in den Eingabeplänen fehlenden Angaben zu Lüftungsanlagen, Abluftkaminen und einem Müllraum sowie hinsichtlich des Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sind - jedenfalls unter dem Aspekt des Nachbarschutzes - irrelevant. Soweit gerügt wird, dass ein Abluftkamin sowie ein Müllraum für den gewerblichen Müll nicht im Plan dargestellt sei und der Müllraum zwischen Notstromaggregat und Technikzentrale im Keller liege, ist dieses Vorbringen im Übrigen auch völlig unsubstanziiert, denn es wird noch nicht einmal ansatzweise begründet, inwieweit hierdurch nachbarschützende Vorschriften, die der Klägerin zustehen könnten, verletzt sein sollen. Eine Abweichung von den Vorschriften über Kinderspielplätze ist nicht nachbarschützend. Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zur Herstellung eines Kinderspielplatzes dienen nicht dem Schutz des Nachbarn (vgl. Taft in Simon/Busse, BayBO, Art. 7 Rn. 177). Dass durch eine Nebenbestimmung, mit der dem Bauherrn gestattet wird, den Antrag auf Erteilung des Prüfauftrags hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nachzureichen, der Nachbar in seinen Rechten verletzt sein könnte, scheidet von vornherein aus. Soweit ein unzureichender Schallschutz im Bauprojekt der Beigeladenen gerügt wird, kann dies keinesfalls in Rechte des Nachbarn eingreifen.

2. Auch nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werden durch die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht zulasten der Klägerin verletzt.

2.1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Die Baugrundstücke und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für die Baugrundstücke Baulinien vorgibt.

2.2. Dass für einen 2,30 m breiten Bereich zwischen den beiden Gebäudetrakten an der ...straße im Wege der Befreiung (Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids) ein Zurückbleiben hinter der festgesetzten Baulinie zugelassen wurde, kann sich nicht zulasten der Klägerin auswirken.

2.3. Das klägerische Bauvorhaben fügt sich seiner Art nach in die Umgebungsbebauung ein. Die vorgesehene Wohnnutzung ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, die geplante gewerbliche Nutzung nach § 6 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauNVO allgemein zulässig. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben (§ 6 Abs. 1 BauNVO).

Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit ihrem Vorbringen, dass durch eine Umnutzung von Büros in Wohnungen in dem hier vorgesehenen Umfang, das Gebiet nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets entspreche, sondern denen eines Wohngebiets. Es ist nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, dass der fragliche Bereich an der ...straße in ein allgemeines oder besonderes Wohngebiet „umkippen“ würde. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass anders als die Klägerseite wohl meint, § 6 BauNVO nicht beinhaltet, dass ein ausschließlich zu Wohnzwecken genutztes Gebäude in einem Mischgebiet unzulässig wäre, oder sich gar Wohn- und Gewerbeflächen in gleichem oder ähnlichem Verhältnis befinden müssten. Zulässig sind vielmehr - selbstverständlich - „reine“ Wohngebäude (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), zulässig sind in einem Mischgebiet Wohngebäude jeglicher Art und Größe (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2014, § 6 Rn. 8). Darüber hinaus handelt es sich schon gar nicht um ein reines Wohngebäude, vielmehr soll das Erdgeschoss gewerblich genutzt werden (Ladenfläche, Tagescafé), wie sich den genehmigten Planunterlagen unzweifelhaft entnehmen lässt.

Im Übrigen bleibt noch darauf hinzuweisen, dass der Gebietscharakter des Mischgebiets dadurch gekennzeichnet ist, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, allerdings nur solchen, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Anders als die Klägerseite wohl meint ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 BauNVO, dass zwischen beiden Nutzungen ein Rangverhältnis nicht besteht (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, § 6 Rn. 3).

Das Vorhaben der Klägerin fügt sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung ein. Zwar stellt das frühere „...haus“ per se einen Fremdkörper in der Umgebung dar. Vorliegend wird aber gerade dieses Gebäude einer geänderten Nutzung unterzogen. Die äußere Form bleibt weitgehend unverändert. Der bestehende Rahmen wird nicht gesprengt, auch nicht durch die Veränderung des Daches, zumal die Höhe des Dachfirsts unverändert bleibt.

2.4. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht zulasten der Klägerin gegen das aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB herzuleitende nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Klägerin ist hier nicht zu erkennen. Die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Nachbargrundstücks wird grundsätzlich durch die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung sichergestellt. Hält ein Bauvorhaben - wie hier (vgl. Ausführungen unter 1.) - diese Vorschriften ein, so ist darüber hinaus für ein drittschützendes Gebot der Rücksichtnahme auf diese nachbarlichen Belange kein Raum. Der Landesgesetzgeber hat insoweit abschließend bewertet und geregelt, was den Nachbarn billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.9.1998 - 1 B 96.4115 - juris). Für einen Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“, der voraussetzt, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 1759 - juris), ist hier weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

2.5. Soweit die Klägerin Einschränkungen des Betriebs der von ihr betriebenen „...Lounge“ befürchtet, geht auch dieser Einwand ins Leere, weil sie bereits bisher gegenüber der Nachbarschaft die auf ein Mischgebiet bzw. ein besonderes Wohngebiet bezogenen Immissionsschutzrichtwerte einhalten muss. Auch auf den unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücken Flnrn. ...29 und ...26 findet im Übrigen Wohnnutzung statt.

Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene durch Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entsprach es der Billigkeit, die ihr entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift:Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 12.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Tenor I. Der Bescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 wird aufgehoben. II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorl

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(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I.

Der Bescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg, ... ... und ...1 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ... ...8 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum.

1. Die Beigeladene betreibt auf dem Baugrundstück, das an der westlichen Straßenseite der ... gelegen ist, eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“).

Das Grundstück der Klägerin liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „Ämterhochhaus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Klägerin die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen. Hiergegen ließ die Beigeladene Klage erheben (W 5 K 15.4), die mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen wurde.

Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 erteilte die Stadt Würzburg der Bauherrengemeinschaft ... die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss des bestehenden Gebäudes in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé und Änderung der Außenwerbung auf dem Baugrundstück. Unter Nr. ...0a des Genehmigungsbescheides werden die „technischen Auflagen des Umweltamtes der Stadt vom 5. Dezember 2005“ zum Bestandteil des Bescheides erklärt. Nummer 6 dieser „Auflagen“ regelt, dass antragsgemäß im Obergeschoss des Gebäudes das Abspielen von Musik und Live-Musikdarbietungen nicht zulässig sind.

2. Mit Bauantrag vom 31. Juli 2006 stellte die Beigeladene einen Antrag zur Änderung der Baugenehmigung vom 20. April 2006 betreffend einer Umnutzung des Kinosaals im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene, sowie der Nutzung des Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen. Aus der in den Bauantragsunterlagen enthaltenen Projektbeschreibung ergibt sich, dass die Planänderung die Angliederung des Zwischengeschosses an die erdgeschossige Nutzung sowie die Aktivierung des bestehenden Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Tagungsraum für die vorbeschriebenen Events umfasst. Als Sonderveranstaltungen werden genannt Firmenevents, Promotions und Modeschauen.

Mit Bescheid vom 21. November 2013 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales dieses Gebäudes im Obergeschoss „unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen“.

Unter Nr. ...0 des Baugenehmigungsbescheides werden folgende Auflagen festgesetzt:

„1. Ein Diskobetrieb in den Räumen des Obergeschosses ist nicht zulässig. Gleiches gilt für die Installation einer Musikanlage.

2. Live-Musikdarbietungen sind in den Räumen des Obergeschosses nicht zulässig.

3. Pro Jahr sind in den Räumen des Obergeschosses maximal 12 Sonderveranstaltungen erlaubt.“

Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. November 2013 mit Zustellungsurkunde zugestellt.

3. Am 19. Dezember 2013 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben und im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2013 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, die Klägerin sei Eigentümerin des Anwesens ...straße ... in Würzburg (sog. „...haus“). Seit geraumer Zeit gingen von der „...Lounge“ unzumutbare Lärmbelästigungen aus. Schallpegelmessungen der Klägerin hätten ergeben, dass ab der Wochenmitte und an den Wochenenden der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) überschritten werde. Mit Betrieb der „...Lounge“ werde der Nachtwert generell überschritten. Der Spitzenpegel liege in einem Bereich von deutlich über 70 dB(A). Die Lärmimmissionen stellten dabei bereits in der gegenwärtigen Form eine erhebliche Beeinträchtigung der (bevorstehenden) Wohnnutzung des klägerischen Gebäudes dar. Gänzlich unzumutbar sei eine weitere Ausdehnung der Nutzung des Anwesens zu weiteren Veranstaltungen, die das Ausmaß des Lärms und der Beeinträchtigungen noch vertiefen würden, wenn nach Maßgabe des Genehmigungsbescheides eine Nutzung als Bankett- und Vortragsraum hinzutrete. Allein 12 Sonderveranstaltungen würden zugelassen, es sei von einer deutlichen Ausweitung der Immissionen auszugehen.

In einem Mischgebiet könnten nur nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Die geplante Ausweitung des deutlich störenden Gewerbebetriebs verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ausweislich der vorliegenden Akten handele es sich bei dem der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauantrag um eine Erweiterung zur bestehenden Baugenehmigung aus dem Jahr 2006. Der Umnutzung sei aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zugestimmt worden. Der angegriffene Bescheid sei bereits deswegen rechtswidrig, weil die aufgrund der zusätzlichen Nutzung im Obergeschoss aufgeworfenen immissionsschutzfachlichen Fragestellungen nicht einmal ansatzweise ausgeräumt worden seien. Sie könnten auch nicht ausgeräumt werden. Es lägen bereits signifikante Überschreitungen des Immissionsrichtwerts vor, durch die streitgegenständliche Genehmigung träten weitere Störungen gravierenden Umfangs hinzu. Durch die verfügten Auflagen würden weitere Rechtsverletzungen der Nachbarn, speziell der Klägerin, nicht hinreichend sicher ausgeschlossen. Erst recht gelte dies, weil das Obergeschoss von vornherein schallschutztechnisch nur höchst unzureichend ausgestattet sei.

Auf die weitere Klagebegründung und die dieser beigefügte immissionsschutztechnische Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 wird Bezug genommen.

4. Demgegenüber beantragte die Stadt Würzburg,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, Gegenstand der Genehmigung vom 21. November 2013 sei im Wesentlichen die Nutzung des Obergeschosses für bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin hierdurch sei im Hinblick auf die Beauflagung aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zu besorgen. Das Klagevorbringen richte sich gegen die mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2006 genehmigte Nutzung im Erdgeschoss und könne somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein.

5. Auch die Beigeladene ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Abweisungsantrags wies die Beigeladene darauf hin, sie dürfe bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr im Obergeschoss durchführen. 2013 seien acht, 2014 sieben Sonderveranstaltungen durchgeführt worden. Die Beigeladene habe die „...Lounge“ umgebaut. Die Clubfläche im Obergeschoss sei um 30% verkleinert worden, es könnten deshalb auch zu Sonderveranstaltungen nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss aufsuchen.

6. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 15.4 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung aber dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. So liegt der Fall hier.

1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Das Baugrundstück und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für das Baugrundstück eine Baulinie vorgibt.

Ob die in einem Teilbereich des Anwesens ...straße ...8 genehmigte und betriebene „...Lounge“ sowie die nun zusätzlich genehmigte Nutzung des Zwischen- und des Obergeschosses dieses Anwesens als Bankett- und Vortragsraum nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein zulässig ist, kann offen bleiben.

2. Denn die zusätzliche Nutzung - und nur diese ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - verstößt gegen das der Klägerin zustehende und aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hergeleitete nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

2.1. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist unabhängig davon zu beachten, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zu beurteilen ist. Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - wie hier - nach § 30 Abs. 3 (einfacher Bebauungsplan) und im Übrigen nach § 34 BauGB, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 - juris, zu § 34 Abs. 2 BauGB).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO sind Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wege einer Gesamtschau zu ermitteln. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es demnach wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22/75 - BVerwGE 52, 122). Bei der vorzunehmenden Abwägung sind sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Beides muss in einer dem Gebietscharakter, der Vorprägung der Grundstücke durch die vorhandene bauliche Nutzung und der konkreten Schutzwürdigkeit entsprechenden Weise in Einklang gebracht werden (BayVGH, B.v. 26.1.2009 - 15 ZB 08.2934 - juris). In Bereichen, in denen Nutzungen unterschiedlicher Art mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet (BVerwG, B.v. 5.3.1984 - 4 B 171/83 - NVwZ 1984, 646; U.v. 22.6.1990 - 4 C 6/87 - NVwZ 1991, 64). Dies führt nicht nur zu einer Verpflichtung desjenigen, der Beeinträchtigungen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Beeinträchtigungen aussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 - BVerwGE 98, 235).

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann.

Für die Berücksichtigung des Immissionsschutzes im Bauplanungsrecht sind Grenzwerte nicht gesetzlich festgelegt. Bei der Überprüfung des konkreten Falles anhand des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, nämlich der Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen, genauer von Lärmimmissionen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und die materiellrechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der auch bauplanungsrechtlich bedeutsamen Legaldefinition des § 3 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt diese Grenze und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314). Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen anbetrifft, können anerkanntermaßen die TA Lärm (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, vom 26.8.1998, GMBl. S. 503) bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm gehört zu den sogenannten „normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften“, welche vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.

Die TA Lärm sieht in Ziffer 6.1 Buchst. c) in Mischgebieten Immissionsrichtwerte tagsüber von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) vor. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (Nr. 6.1 TA Lärm aE). Damit sind Geräuschspitzen tagsüber im Mischgebiet bis zu einer Grenze von 90 dB(A) zulässig, nachts bis zu einer Grenze von 65 dB(A). Für die Zuordnung der Immissionsorte zu den einzelnen Baugebietstypen sind nach Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm grundsätzlich die Festlegungen in den Bebauungsplänen maßgebend.

Die Baugenehmigungsbehörde hat bei der Prüfung, ob und inwieweit von einer Anlage Immissionen ausgehen können, der Reichweite der Immissionen nachzugehen. Sie muss prüfen, in welchem Umkreis die Immissionen noch zumutbar sind. Die Baugenehmigungsbehörde ist daher verpflichtet, gegebenenfalls durch Auflagen in der Baugenehmigung oder die Einbeziehung von Beschreibungen entsprechend § 9 BauVorlV sicherzustellen, dass der Nachbar vor unzumutbaren Immissionen ausreichend geschützt wird. Auf solche Schutzauflagen hat der Nachbar einen Anspruch (BayVGH, U.v. 16.11.2006 - 26 B 03.2486 - juris Rn. 28). Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel (es sei denn, die Anforderung ist von vornherein nicht einhaltbar, s.u. S. 15) aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15) .

2.2. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundsätze gewährleistet die Baugenehmigung vom 21. November 2013 nicht, dass im Verhältnis zur Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 ein ausreichender Lärmschutz eingehalten wird.

Durch den Bescheid vom 21. November 2013 hat die Baugenehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene zwar (wenige) Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz erhalten. Allerdings werden dadurch die Immissionen nicht wirkungsvoll auf ein der Klägerin zumutbares Maß begrenzt. Zum einen wurde schon die Zumutbarkeitsgrenze nicht festgelegt (unten 2.3). Selbst wenn man hiervon ausgehen würde, wäre aber nicht sichergestellt, dass diese Grenze eingehalten wird (unten 2.4.). Auch die von Beklagten- und Beigeladenenseite vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (unten 2.5.).

2.3. Die Grenzen der Zumutbarkeit der von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden und auf das Grundstück der Klägerin F.lNr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg einwirkenden Lärmimmissionen wurden von der Beklagten in der streitgegenständlichen Baugenehmigung schon nicht festgelegt. Im Einzelnen:

Im Baugenehmigungsbescheid vom 21. November 2013 findet sich keine Regelung, mit der ein Immissionswert festgelegt worden wäre, den das Vorhaben hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin einhalten müsste. Auch den sonstigen Bauantragsunterlagen lässt sich ein derartiger Immissionswert nicht entnehmen.

Zwar wird durch die Nebenbestimmung Nr. ...00 der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Weitergeltung der Auflagen des Bescheides vom 20. April 2006 angeordnet, soweit keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Satz 1 der Ziffer 2...0a dieser Baugenehmigung erklärt die „technischen Auflagen laut beiliegendem Schreiben des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 (Blatt 1 bis 3-6) (zum) Bestandteil dieses Bescheides“.

Zum einen kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer derartigen Regelungstechnik überhaupt die von dem Umweltamt gemachten immissionsschutzfachlichen Auflagenvorschläge - und nur solche können von einer Fachbehörde gemacht werden - in rechtmäßiger Weise zu Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung werden. Denn ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht (gebundener Verwaltungsakt) - wie hier beim Erlass der streitgegenständlichen Baugenehmigung - darf gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt sind, es sein denn, sie wäre durch Rechtsvorschrift zugelassen. Nachdem hier Letzteres nicht der Fall ist, ist auch in den Fällen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG eine Entscheidung über die Beifügung von Nebenbestimmungen zum Haupt-Verwaltungsakt im Ermessen der zuständigen Behörde erforderlich. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Frage, ob überhaupt an Stelle der Ablehnung der Versuch gemacht werden soll, durch Nebenbestimmungen die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen als auch hinsichtlich der Frage, mit welchen Nebenbestimmungen konkret die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sichergestellt werden soll (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 2015, § 36 Rn. 45). An einer solchen Ermessensentscheidung der zuständigen Baugenehmigungsbehörde fehlt es aber vollständig, wenn - wie hier in 29 Ziffern der Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 - die Auflagenvorschläge einer Fachbehörde ohne eigene Entscheidung zum Bestandteil des Bescheides gemacht werden und diese - wie vorliegend - Auflagenvorvorschläge, Hinweise auf gesetzliche Regelungen und VDI-Richtlinien sowie Bedingungen und Genehmigungsinhaltsbestimmungen enthalten. Stellungnahmen und Auflagenvorschläge nach Art. 65 Abs. 1 BayBO angehörter Träger öffentlicher Belange dürfen aber nicht „unbesehen“ in die Baugenehmigung übernommen, sondern müssen neu formuliert werden (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 2015, Art. 68 Rn. 299).

Zum anderen wurden hier für das Grundstück der Klägerin Fl.Nr. ...89 und ...90, das sich entsprechend dem Bebauungsplan „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998 in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) befindet, keine Lärmgrenzwerte festgesetzt. Die vom Umweltamt der Beklagten unter dem 5. Dezember 2005 gemachten 29 Auflagenvorschläge, Hinweise, usw. enthalten in Satz 1 der Nr. 2 die Vorgabe, dass die Beurteilungspegel aller vom Betrieb der Bar/Lounge einschließlich An- und Abfahrtsverkehr und sämtlicher technischer Einrichtungen ausgehenden Geräusche am nächstgelegenen Immissionsort die Immissionsrichtwerte „Außen“ (0,5 m vor dem geöffneten Fenster schutzbedürftiger Räume gemäß DIN 4109) von „tagsüber 60dB(A) und nachts 45 dB(A) im benachbarten Kerngebiet und tagsüber 60 dB(A) und nachts 40 dB(A) im benachbarten Besonderen Wohngebiet“ nicht überschreiten dürfen.

Für das angrenzende Mischgebiet, in dem sich das Gebäude der Klägerin befindet, wurde mithin ein Grenzwert nicht festgesetzt. Warum dies unterblieben ist, ließ sich abschließend auch in der mündlichen Verhandlung nicht klären. Der Vertreter der Beklagten hat insoweit auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 verwiesen, in der hinsichtlich der nächstgelegenen Immissionsorte zum Eingangsbereich von einem Kerngebiet ausgegangen wird (vgl. Seite 2 der Stellungnahme, Bl. 77 der Behördenakte zur Baugenehmigung 2006). Dies zugrunde gelegt spricht einiges dafür, dass das Umweltamt der Beklagten davon ausgegangen ist, dass der fragliche Bereich und damit auch die klägerischen Grundstücke in einem Kerngebiet gelegen sind, obwohl nach den eindeutigen Festsetzungen des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998 tatsächlich ein Mischgebiet gemäß § 6 BauNVO ausgewiesen worden war. Die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten hat dann (wohl) den Auflagenvorschlag des Umweltamtes genauso wenig überprüft wie die diesem zugrunde liegende bauplanungsrechtliche Einstufung der Umgebungsbebauung. Letztlich ist all dies aber nicht hinreichend klar, so dass die Nebenbestimmung Nr. ...00 aus der streitgegenständlichen Baugenehmigung i. V. m. der Nebenbestimmung Nr. 2040a der Baugenehmigung vom 20. April 2006 i. V. m. Nr. 2 des Schreibens des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 jedenfalls in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Klägerin im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich unbestimmt ist.

2.4. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in rechtmäßiger Weise ein Grenzwert von 60/45 dB(A) auch für das klägerische Grundstück festgesetzt worden wäre - was nach den vg. Ausführungen nicht der Fall ist -, würde dies nichts an der Rechtswidrigkeit ändern, denn ein solcher Wert erweist sich unter den gegenwärtigen Bedingungen als nicht einhaltbar.

Wird nämlich ein Lärmgrenzwert festgesetzt, so kommt es darauf an, ob diese Forderung realistisch ist, ob der Wert auch tatsächlich eingehalten werden kann. Überschreiten allerdings die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. Vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2328; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945; beide juris).

Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme liegt dann vor, wenn eine Baugenehmigung nicht sicherstellt, dass ein Vorhaben zulasten des Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen, die den Rahmen des Zumutbaren übersteigen, verursacht. Wird eine Baugenehmigung für ein Vorhaben erteilt, von dem Emissionen ausgehen, so muss das im Bescheid festgelegte Betriebsreglement geeignet und ausreichend sein, die Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Schutzpflicht sicherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 juris; Geiger in Birkl, Praxishandlbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts, Sept. 2015, E4; s.a. Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 68 Rn. 42). Die Festlegung von Lärmgrenzwerten in einer Baugenehmigung reicht somit alleine nicht aus, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie bei dem genehmigten Betrieb auch sicher eingehalten werden können. Enthält die Baugenehmigung keine hinreichende Regelung, um diesen Konflikt zu lösen, ist dieser rechtsfehlerhaft. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, mögliche Nebenbestimmungen zu prüfen und die Behörde zu ihrem Erlass zu verpflichten. Vielmehr ist die Baugenehmigung aufzuheben (vgl. Geiger in Birkl, a.a.O). Kann die in der Baugenehmigung enthaltene Anforderung nämlich von vornherein nicht eingehalten werden, ist die Genehmigung wegen einer nur formalen Berücksichtigung nachbarschützender Belange rechtswidrig (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.1.2010 - W 4 K 09.47 - juris; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 428 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 26.7.1990 - 26 B 89.470).

Im vorliegenden Fall war aber bei Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens in keiner Weise sichergestellt, dass die für den Nachbarschutz erforderlichen Immissionsrichtwerte eingehalten werden können. Die Beigeladene selbst hat als Bauherrin von sich aus keine Lärmprognose und auch keine Messberichte hinsichtlich des klägerischen Grundstücks oder von Grundstücken in vergleichbarer Lage vorgelegt.

Die Beklagte hat dies allerdings auch nicht gefordert. Sie hat es vielmehr verabsäumt, vor Erlass der Baugenehmigung für eine Zusatznutzung die durch die vorausgegangene Genehmigung geschaffene Situation einer Überprüfung zu unterziehen. Sie hätte sich aber angesichts der diffizilen immissionsschutzrechtlichen Situation, die sich im ursprünglichen Genehmigungsverfahren zeigte, vom Funktionieren des im Bescheid vom 20. April 2006 getroffenen Regelungskonzepts überzeugen müssen.

Dies gilt v.a. auch deshalb, weil das Umweltamt sowohl im Genehmigungsverfahren hinsichtlich der streitgegenständlichen Baugenehmigung als auch in dem früheren Verfahren sowohl auf die Immissionsschutzproblematik hingewiesen als auch die Vorlage einer Immissionsprognose verlangt bzw. gerügt hat, dass der Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht sei. So ergibt sich aus der Stellungnahme vom 16. Oktober 2006, dass aus immissionsschutzfachlicher Sicht der Umnutzung derzeit nicht zugestimmt und eine abschließende Stellungnahme erst erfolgen könne, wenn die geforderten Ergänzungen zu Abnahmemessungen und ein entsprechendes bauakustisches Gutachten vorgelegt werde (Bl. 43 der Genehmigungsakte 2006). Mit der Stellungnahme vom 5. Dezember 2015 wird auf die entstehende planungsrechtliche Problematik der Zulassung einer Bar/Lounge/Tanzcafé in einem Bereich, der zum Teil von einem besonderen Wohngebiet eingegrenzt werde, „deutlich hingewiesen“ und weiter ausgeführt, dass „erfahrungsgemäß Störungen/Lärmbelästigungen durch Besucher (Gespräche/Rufen, Lachen, abholende Fahrzeuge in der Nähe etc.) in der Wohnumgebung wohl kaum zu vermeiden“ seien und „durch technische Auflagen des Immissionsschutzes nicht reglementiert oder gelöst“ werden könnten (Bl. 78 der Genehmigungsakte 2006). In der Stellungnahme vom 24. Januar 2007 wird bemängelt, dass die geforderten messtechnischen Nachweise nicht vorgelegt wurden und so im „Kerngebiet“ der Nachweis für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht worden sei (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013). Ausweislich der Stellungnahme vom 11. Januar 2008 (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013) liegen keine belastbaren bauakustischen Aussagen (auch unter Berücksichtigung der Summenwirkung mit dem Bereich im Erdgeschoss) vor.

Erstmals wurde zur Immissionssituation des Betriebs der mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 genehmigten „...Lounge“ im gerichtlichen Verfahren und zwar durch die Klägerin eine immissionsschutzfachliche Einschätzung vorgelegt, nämlich die sachverständige Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 („Nächtliche Geräuschsituation im Bereich der ...straße ..., Würzburg - Schallpegelmessungen 26./27. - 28.29. - 29./30. August 2013“).

Durch das Ingenieurbüro wurden dabei zur Erfassung unterschiedlicher Geräuschsituationen an drei Messorten der Gebäudefassade zur ...straße Schallpegelmessungen im Nachtzeitraum durchgeführt. Dabei wurde bei der Messung in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (28./29.8.2013), an dem nach Betreiberangaben die „...Lounge“ im Unterschied zu den Nächten von Montag auf Dienstag (26./27.8.2013) bzw. Donnerstag auf Freitag (29./30.8.2013) sehr gut besucht ist, vergleichsweise (deutlich) höhere und die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchst. c) der TA Lärm (teilweise) weit überschreitende Werte gemessen bzw. berechnet. So ergaben sich am 28./29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr an der Fassade ...straße ... im 1. OG ein Mittelungspegel von 64,1 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 55,1 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 61,5 dB(A). In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 83,2 dB(A), 75,9 dB(A) bzw. 83,2 dB(A) gemessen. Im Vergleich dazu wurde bspw. in der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 (...-Lounge geschlossen) im 1. OG an der Fassade ...straße ... von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 38,4 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 52,4 dB(A) und am 29./30. August 2013 (...-Lounge geschlossen bei ansonsten regem Betrieb in der Stadt) von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 46,2 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 54,6 dB(A) gemessen (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Vergleichbare Werte ergeben sich für die Messstelle im 4. OG der Fassade ...straße ...: Hier wurden in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 61,7 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 53,0 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 59,2 dB(A) errechnet. In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 80,8 dB(A), 73,9 dB(A) bzw. 83,7 dB(A) gemessen. In der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 wurden von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 37,0 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 41,7 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 49,5 dB(A) berechnet. Die Nacht vom 29. auf den 30. August 2014 erbrachte folgende Ergebnisse: Von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 43,8 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,4 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 51,9 dB(A) (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Zulässig sind nach Nr. 6.1 der TA Lärm als Mittelungspegel 45 dB(A) bzw. als Spitzenpegel 65 dB(A), so dass der Gutachter zu dem - für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbaren - Ergebnis kommt, dass mit dem Betrieb der „...Lounge“ der Nachtrichtwert „generell erheblich überschritten“ (vgl. Bericht Büro ..., S. 10) wird. Zurückgeführt werden die Überschreitungen - ebenfalls ohne Weiteres nachvollziehbar - auf den insgesamt hohen Personenaufenthalt in der ...straße während der Betriebszeiten der „...Lounge“. Die Personengeräusche zum Zeitpunkt der durch das Ingenieurbüro vorgenommenen Messung in der Nacht von Mittwoch, 28. August 2013, auf Donnerstag, 29. August 2013, seien dabei ab 1:00 Uhr nahezu ausschließlich dem Lounge-Betrieb zuzurechnen gewesen. Die verursachten Geräuschpegel seien maßgeblich aus Unterhaltungen der Besucher im Raucherbereich auf der Straße entstanden. Auch seien Gäste durch Taxis und Privatfahrzeuge vor dem Eingang abgeholt worden. Die Gespräche seien generell deutlich wahrnehmbar und größtenteils auch verstehbar gewesen. Beim Verlassen des Lokals seien lautstärkere Unterhaltungen, Gelächter und einzelne Schreie feststellbar gewesen, wobei die maßgeblichen Verkehrsgeräusche bei der Messung weitestgehend ausgeschlossen worden seien (vgl. Bericht Büro ..., S. 8).

Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass an dem Bericht des Ingenieurbüros ... irgendwelche Bedenken angebracht wären. Die Feststellungen und Bewertungen des Ingenieurbüros ... wurden weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen in Zweifel gezogen, schon gar nicht wurde ihnen substanziiert entgegengetreten. Eigene Messungen hat die Beklagten- und Beigeladenenseite im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht vorgelegt.

Nach allem stellt die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht sicher, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber der Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 die erforderlichen Lärmrichtwerte einhält.

2.5. So aber ist gerade nicht auszuschließen, dass eine Erweiterung des bereits vorhandenen und genehmigten Betriebes, die - wie vorliegend - zu einer höheren Besucherfrequenz führt, unzulässige Lärmbeeinträchtigungen der Grundstücke mit der dort geplanten und zulässigen Wohnnutzung der Klägerin nach sich ziehen würde.

Die Argumentation der Beklagten- und der Beigeladenenseite, mit der Vorlage der schalltechnischen Bewertung des Büros ... greife die Klägerin nur die bereits bestandskräftige Baugenehmigung vom 20. April 2006 an, ist unzutreffend. Zwar kann es bei dem vorliegenden Streitverfahren in der Tat nicht um die Aufhebung dieser Genehmigung gehen. Die Messungen und Berechnungen der Klägerseite lassen aber durchaus Rückschlüsse auf die Zulässigkeit einer Erweiterung des vorhandenen Betriebs zu. Immissionsschutzrechtlich ist auch die Argumentation nicht haltbar, ein Nachbar müsse, wenn ihn schon der genehmigte Bestand unzumutbaren Lärmbelastungen aussetze, Erweiterungen des Bestands und Verschärfungen der Situation hinnehmen.

Dass die Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vortragen lassen, sie hätten nach einem Umbau Anfang des Jahres 2015 die genehmigte Betriebsfläche um 30% reduziert, so dass auch nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss des Anwesens bei Sonderveranstaltungen aufsuchen könnten, ist unbehelflich. Das Gericht hat seiner Entscheidung die streitgegenständliche Baugenehmigung zugrunde zu legen.

Die Klägerin muss nach Lage der Dinge jedenfalls damit rechnen, dass die geplante und genehmigte Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstößt. Der angefochtene Bescheid stellt eine Einhaltung des Rücksichtnahmegebots nicht sicher. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung. Der Bescheid war deshalb antragsgemäß aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte und die Beigeladene sind unterlegen. Sie tragen die Verfahrenskosten je zur Hälfte. Der Beigeladenen konnten Kosten auferlegt werden, weil sie einen Klageantrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren die Baugenehmigung zum Neubau einer Wohnanlage mit 55 Wohneinheiten einschließlich Tiefgarage mit 60 PKW-Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.Nr. 3658 der Gemarkung W. Auf die in der Baugenehmigung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erteilten Befreiungen sowie die nach Art. 63 Abs. 1 BayBO zugelassenen Abweichungen wird Bezug genommen. Zur Begründung der Baugenehmigung und der zugelassenen Abweichungen wurde u. a. ausgeführt, eine Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen sei zugelassen worden, da nur das Baugrundstück betroffen sei, keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und der Belüftung bestünden und Nachbarrechte nicht berührt würden. An der Nord- und Westseite des Bauvorhabens fielen keine Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO an, da nach den planungsrechtlichen Vorschriften auf die Baulinie zu bauen sei (Baulinienplan für die J.-straße - jetzt L.-straße - vom 19.7.1913) und das Bauvorhaben nach § 30 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilen sei. Das Bauvorhaben füge sich im Bereich L.-straße gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in die Umgebungsbebauung ein, die Traufhöhe überschreite die der Nachbarbebauung nicht oder nur unwesentlich.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller, der Miteigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 3704 der Gemarkung W. ist, laut Postzustellungsurkunde am 14. Januar 2014 zugestellt.

2.

Am 14. Februar 2014 ließ der Antragsteller im Verfahren W 5 K 14.123 Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2014 erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei trotz der Trennung seines Grundstücks vom Baugrundstück durch die L.-straße als Nachbar anzusehen, da sich die Abstandsfläche des unmittelbar an der L.-straße geplanten Gebäudes der Beigeladenen weit in das Grundstück des Antragstellers erstrecke. Insoweit sei im Bescheid in Ziffer 1312 eine Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen zugelassen. Da sich die Antragstellerin also mit der Abstandsflächenproblematik im Genehmigungsbescheid befasst habe, könne sich der Antragsteller auf die Fehlerhaftigkeit der Abweichung berufen. Die erteilte Befreiung sei rechtswidrig und nicht mit den Nachbarinteressen des Antragstellers vereinbar. Der Baulinienplan, der schon vor dem 2. Weltkrieg erlassen worden sei, setze sich nicht gegen das Abstandsflächenrecht der Bayer. Bauordnung durch. Als die Bayer. Bauordnung im Jahr 1962 in Kraft getreten sei, seien die Baulinienpläne als übergeleitete Bebauungspläne unwirksam geworden, soweit sie kleinere Abstände zugelassen hätten, als die Bayer. Bauordnung 1962 vorgesehen habe. Bauordnungsrechtlich könne der geringe Abstand zwischen dem Bauvorhaben und dem Grundstück des Antragstellers nicht mit dem Baulinienplan 1913/1931 gerechtfertigt werden. Denn die übergeleiteten Bebauungspläne könnten keine abweichenden Festsetzungen für die Abstandsflächen enthalten, da sie sich nicht auf das derzeit maßgebliche Abstandsflächensystem hätten beziehen können und deshalb nicht ersehen ließen, dass und in welchem Umfang die Abstandsflächen erweitert oder verringert würden. Hinzu komme, dass zur Festlegung von abweichenden Abstandsflächen allein die Festsetzung einer Baulinie nicht ausreiche, weil hierdurch lediglich die Lage der Außenwand, nicht aber ihre Höhe bestimmt werde. Einzuräumen sei zwar, dass das Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers abstandsflächenrechtlich nicht vollkommen korrekt sei, da die Abstandsfläche die Straßenhälfte der L.-straße geringfügig überschreite. Ein nachbarliches Interesse würde es jedoch gebieten, dass die Bebauung auf dem Grundstück der Beigeladenen zumindest soweit zurückversetzt werde, dass einerseits mindestens die im Baulinienplan festgesetzte Vorgartenfläche übrig bleibe, jedenfalls dann aber soweit, dass die Abstandsfläche sich nicht auf das Grundstück des Antragstellers erstrecke, sondern allenfalls auf die öffentliche Verkehrsfläche. Der abstandsflächenrechtliche Verstoß der Beigeladenen wiege deutlich schwerer als der abstandsflächenrechtliche Verstoß des Antragstellers, dessen Abstandsfläche das Baugrundstück nicht tangiere. Zu beachten sei auch, dass sich das genehmigte Gebäude auf der Südseite des Grundstücks des Antragstellers befinde und es deswegen durchaus zu einer Verschlechterung der Belichtungs- und Besonnungssituation kommen könne. Insbesondere mit der Baulinie könne die konkret genehmigte Bebauung nicht gerechtfertigt werden, denn im Westen sei ein deutliches Verspringen der Bebauung nach hinten um 22 m zugelassen worden. Die Baulinie werde auch auf dem Grundstück Fl.Nr. 3701 nicht beachtet.

Auf die weitere Antragsbegründung wird Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, wie den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids zu entnehmen sei, sei die Abweichung unter Nr. 1312 der Baugenehmigung vom Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen nicht in Bezug auf das Grundstück des Antragstellers erteilt worden. In Bezug auf das Grundstück des Antragstellers falle nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsfläche an, wie den handschriftlichen Prüfungsbemerkungen auf den Bauvorlagen, Nr. 2006 der Baugenehmigung sowie den Bescheidgründen zu entnehmen sei. Es sei zwar zutreffend, dass der Baulinienplan keine Bebauungshöhe bzw. Anzahl der Geschosse festsetze, weshalb nicht für jede beliebige Gebäudehöhe von einem Entfallen der Abstandsfläche auszugehen sei. Das Bauvorhaben füge sich vorliegend nach dem Maß der baulichen Nutzung jedoch zweifelsfrei in die nähere Umgebung gemäß § 34 BauGB ein. Das Anwesen des Antragstellers sowie die sich in der L.-straße anschließenden Mietshäuser wiesen ebenfalls vier Geschosse auf, sogar zusätzlich mit geneigtem Dach. Es gelte deshalb der Vorrang des Städtebaurechts gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO vor dem Bauordnungsrecht. Der Baulinienplan sei auch nicht unwirksam geworden, sondern gelte fort. Er setze nämlich nicht ausdrücklich „kleinere Abstände“ als die BayBO 1962 fest, sondern diene einer städtebaulichen Ordnung, indem er Straßen- und Gebäudefluchten festsetze, die für den Ausbau der seinerzeitigen J.-straße erforderlich gewesen seien. So sei mit Plänen vom 17. August 1912 auf der Südseite der heutigen L.-straße die Vorgartenlinie entfallen, weshalb sie bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben auch nicht mehr zu beachten sei, während die bestehende Baulinie, auf der bereits seinerzeit einige Gebäude errichtet gewesen seien und auf der sich auch derzeit noch die Anwesen L.-straße 4, 4a und 6 befänden, beibehalten worden sei. Demgegenüber sei auf der Nordseite der L.-straße den sich anschließenden Grundstücken ein größerer Vorgartenbereich durch Verschieben der Vorgartenlinie nach Süden um ca. 4 m zuerkannt worden. Der Kopfbau des Bauvorhabens werde auf der Nord- und Westseite auf der festgesetzten Baulinie errichtet. Das Abrücken der übrigen Gebäudeteile von der Baulinie sei dem bestehenden Gebäude M.-straße 6 und dem Grundstückszuschnitt geschuldet. Eine Befreiung habe insoweit erteilt werden können. Im Übrigen seien die nachbarlichen Interessen hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung des Anwesens des Antragstellers gewahrt. Die beiden Gebäude wiesen einen Abstand von 17 m auf, so dass bei einer abstandsrelevanten Höhe des Bauvorhabens von maximal 14,42 m ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad für das gesamte Wohngebäude des Antragstellers stets gewährleistet sei.

Die Beigeladene hat sich im vorliegenden Verfahren nicht geäußert.

3.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1.

Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (§ 80 Abs. 1 VwGO) entfällt vorliegend, weil er sich gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens wendet (§ 212a BauGB). In einem solchen Fall kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen (§ 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO). Ein derartiger Antrag ist unmittelbar bei Gericht zulässig und setzt nach Auffassung der Kammer nicht die Stellung eines entsprechenden Antrages bei der Verwaltungsbehörde voraus. Eine Frist ist nicht einzuhalten.

2.

Wenn auch der Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage in den Fällen des § 212a BauGB zu einem veränderten Ansatz bei der gerichtlichen Prüfung führt, so bedeutet dies im Regelfall jedoch nicht eine grundlegende Änderung des Prüfungsmaßstabes (vgl. BayVGH, BauR 1991, 182 zu § 10 Abs. 2 BauGB-MaßnG; BayVGH, BayVBl 2003, 48). Nach wie vor stehen die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens in der Mitte der gerichtlichen Überprüfung. Führt diese überschlägig zu dem Ergebnis, dass der Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben oder aber Erfolg haben wird, richtet sich die Entscheidung über den Aussetzungsantrag grundsätzlich hiernach.

Vorliegend lässt sich bereits aufgrund einer summarischen Überprüfung feststellen, dass die Klage des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben wird.

3.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Ein derartiger Fall ist bei summarischer Prüfung vorliegend nicht gegeben.

4.

Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach dem Baulinienplan für die J.-straße (jetzt: L.-straße) von 1913, festgesetzt mit Regierungsentschließung vom 19. Juli 1913, in der Fassung des Baulinienänderungsplans an der A.- und J.-straße von 1932, festgesetzt mit Regierungsentschließung vom 22. Januar 1932, sowie ergänzend nach § 34 BauGB. Derartige Baulinienfestsetzungen wurden gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als einfache Bebauungspläne übergeleitet und entfalten gemäß § 233 Abs. 3 BauGB nach wie vor Geltung. Soweit ein einfacher Bebauungsplan Regelungen bzw. Festsetzungen enthält, bestimmt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es diesen Festsetzungen widerspricht oder nicht. Lediglich ergänzend - soweit keine Festsetzungen vorhanden sind - sind die Bestimmungen der §§ 34 oder 35 BauGB heranzuziehen, was § 30 Abs. 3 BauGB ausdrücklich klarstellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der für das Vorhaben maßgebliche Baulinienplan außer Kraft getreten sein könnte. Eine Festsetzung von kleineren oder größeren Grenz- oder Gebäudeabständen als nach der Bauordnung 1962, die zum Außerkrafttreten geführt haben könnte (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rd.Nr. 296), enthält dieser Baulinienplan nicht. Es sind ausschließlich Baulinien zum öffentlichen Straßenraum, teilweise auch Vorgartenlinien festgesetzt, letztere allerdings - wie die Antragstellerseite verkennt - nicht für den Bereich des Baugrundstücks an der ehemaligen J.-straße, denn hier wurde die einstmals bestehende Vorgartenlinie mit dem Baulinienplan aus dem Jahr 1913 gerade aufgehoben. Eine Funktionslosigkeit dieses einfachen Bebauungsplans kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts als auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 Nr. 4 CN 11/03; BayVGH, B. v. 25.9.2013 Nr. 15 ZB 11.2302) kann ein Bebauungsplan funktionslos werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint. Bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit des Plans reichen für die Annahme eines unüberwindlichen Hindernisses indes nicht aus. Ein Bebauungsplan tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn offenkundig ist, dass er als Instrument für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung nicht mehr tauglich ist (BayVGH, B. v. 13.2.2014 Nr. 9 CS 13.2143). Hiervon kann vorliegend keine Rede sein. Insbesondere die Baulinie entlang der L.-straße auf der Straßenseite des Bauvorhabens ist ersichtlich nicht funktionslos geworden, da sie von dem vorhandenen Bestand eingehalten wird.

Gegenüber dem Antragsteller werden die Vorgaben des Baulinienplanes eingehalten, eine Unterschreitung der Baulinie im südöstlichen Bereich des Grundstücks an der M.-straße kann den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen.

5.

Auch ein den Antragsteller verletzender Verstoß gegen § 34 BauGB ist nicht ersichtlich. Diese Vorschrift vermittelt Nachbarschutz nicht aus sich heraus, sondern nur mittels des im Begriff des „sich Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen und in den Fällen des § 34 Abs. 2 BauGB aus § 15 Abs. 1 BauNVO hergeleiteten nachbarlichen Rücksichtnahmegebotes. Für einen Verstoß gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot ist vorliegend nichts ersichtlich.

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine schwer wiegende Beeinträchtigung des Antragstellers ist hier nicht zu erkennen. Die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung seines Nachbargrundstücks wird grundsätzlich durch die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung sichergestellt. Hält ein Bauvorhaben diese Vorschriften ein, wird das nachbarliche Rücksichtnahmegebot zumindest aus tatsächlichen Gründen im Regelfall nicht verletzt (BVerwG, NVwZ 99, 879). Der Landesgesetzgeber hat insoweit abschließend bewertet und geregelt, was den Nachbarn billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 3.2.1993 Nr. 15 CS 92.3757, m. w. N.). Vorliegend kann nicht von einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks ausgegangen werden. Vielmehr fällt die Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus.

a)

Eine Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch das Bauvorhaben ist nicht erkennbar. Der Antragsteller verkennt, dass die im Genehmigungsbescheid vom 10. Januar 2014 unter Nr. 1312 erteilte Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen sich nicht auf das antragstellerische Grundstück, sondern nur auf die Abstandsflächen innerhalb des Baugrundstücks bezieht. Die Antragsgegnerin hält die von der Beigeladenen beantragte Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächenvorschriften zur L.-straße nicht für erforderlich. Ausweislich der Begründung des Baugenehmigungsbescheids ist sie der Ansicht, an der Nordseite des Bauvorhabens fielen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen an, weil nach planungsrechtlichen Vorschriften entsprechend dem Baulinienplan für die J.-straße, jetzt L.-straße, vom 19. Juli 1913 auf die Baulinie zu bauen sei. Diese Rechtsauffassung ist nicht zu beanstanden. Zu den planungsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gehört auch die Festsetzung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 BauNVO. Wenn eine Baulinie entlang einer Grundstücksgrenze verläuft, wie im vorliegenden Fall, und Gebäude auf die Baulinie zu setzen sind, bestimmt sie den konkreten Standort des Vorhabens an der Grundstücksgrenze. Wenn sichergestellt ist, dass Baulinie und Grundstücksgrenze identisch sind, was vorliegend der Fall ist, sind bei Einhaltung der Baulinie keine Abstandsflächen einzuhalten (Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 49).

b)

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bei der Aufstockung seines Wohnhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. 3704 im Jahr 2000 selbst die notwendigen Abstandsflächen in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen nicht eingehalten hat und ihm von der Antragsgegnerin eine Abweichung erteilt wurde. Außerdem weist das Wohnhaus des Antragstellers teilweise ebenso viele Geschosse wie das Bauvorhaben und eine diesem vergleichbare Höhe auf. Das Bauvorhaben fügt sich insgesamt hinsichtlich seiner Höhe und der Anzahl der Geschosse ersichtlich nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Umgebungsbebauung ein. Nachdem aufgrund des Abstands zwischen dem Bauvorhaben und dem Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers trotz der Lage des Bauvorhabens südlich des antragstellerischen Grundstücks eine spürbare Einschränkung der Belichtung, Besonnung und Belüftung sowie des Wohnfriedens nicht zu befürchten ist, kommt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht.

Nach alledem war der Antrag abzulehnen.

6.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es nicht der Billigkeit, ihre eventuell entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen dem Antragsteller aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist bei Nachbarklagen von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Die Kammer hält im vorliegenden Fall in der Hauptsache einen Streitwert von 15.000,00 EUR für angemessen. Für das vorliegende Sofortverfahren war dieser Wert zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, Eigentümer des Grundstücks FlNr. 3704 Gemarkung W., wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Januar 2014 erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Wohnanlage mit 55 Wohneinheiten einschließlich Tiefgarage mit 60 Pkw-Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. 3658 Gemarkung W. auf der gegenüberliegenden Straßenseite der L.straße. Er hat gegen die Baugenehmigung Klage erhoben. Ferner hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. März 2014 abgelehnt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, gegenüber seinem Grundstück werde Abstandsflächenrecht verletzt, weil der Baulinienplan von 1913, auf dessen Grundlage die Baugenehmigung an die Beigeladene erteilt worden sei, funktionslos geworden sei. Abgesehen davon könne die damalige Planung hinsichtlich der Baulinien nicht als abwägungsgerecht angesehen werden. Auch nach heutigen Maßstäben enthalte diese Planung kein vertretbares Abwägungsergebnis. Mit Inkrafttreten der Bayerischen Bauordnung im Jahre 1962 seien die Baulinienpläne als übergeleitete Bebauungspläne unwirksam geworden, soweit sie kleinere Abstände zugelassen hätten, als die BayBO 1962 vorgesehen habe. Durch den massiven Verstoß des Bauvorhabens gegen das Abstandsflächenrecht bei unwirksamer Baulinie werde das Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Antragstellers verletzt. Das Vorhaben betreffe die besonders schutzwürdige Südseite seines Grundstücks. Zwar halte auch sein Gebäude die vollen Abstandsflächen nicht ein. Der Verstoß sei aber erheblich geringer als der Verstoß gegen Abstandsflächenrecht durch das Vorhaben der Beigeladenen. Die bei Unwirksamkeit der Baulinienplanung erforderliche Befreiung von den Abstandsflächenvorschriften gegenüber dem Grundstück des Antragstellers sei im angefochtenen Bescheid nicht erteilt worden.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts W. vom 10. März 2014 die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 10. Januar 2014 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Baulinienplan von 1913 sei nicht funktionslos geworden. Er weise auf der Südseite der L.-straße eine an der jeweiligen Grundstücksgrenze liegende Baulinie auf, auf der sich die dort vorhandene Bebauung befinde. Demgegenüber herrsche entlang der M.-Straße eine Einzelhausbebauung vor, so dass dort eine Befreiung von der Baulinie städtebaulich vertretbar gewesen sei. Wie sich den Akten zum Baulinienplan 1913 entnehmen lasse, habe ein Abwägungsprozess stattgefunden und es seien Einwendungen abgehandelt worden. Die nachbarlichen Belange des Anwesens des Antragstellers hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung seien bei einem Abstand der beiden Gebäude von ca. 17 m und einer abstandsflächenrelevanten Höhe des Vorhabens der Beigeladenen von maximal 14,42 m ausreichend gewahrt.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die maßgebliche Baulinie entlang der südlichen Grenze der heutigen L.-straße habe noch heute die im Baulinienplan von 1913 vorgesehene städtebauliche Funktion, weil sich dort die gesamte bestehende Bebauung wie auch die geplante Bebauung auf dem Grundstück der Beigeladenen an dieser Baulinie orientiere. Es sei nicht ersichtlich, warum die Planung hinsichtlich der Baulinien - insbesondere in Bezug auf das Grundstück des Antragstellers - als nicht abwägungsgerecht anzusehen sei. Der Antragsteller lege nicht dar, warum der Planinhalt auch zum Zeitpunkt der Überleitung kein vertretbares Abwägungsergebnis dargestellt habe. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes scheide aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

1. Soweit sich der Antragsteller auf die Verletzung der Abstandsflächenvorschriften beruft, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Zwar erstreckt sich das Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch auf beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 BayBO, so dass im Hinblick auf die von der Beigeladenen (unter anderem) beantragte Abweichung von den Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 2 BayBO im Bereich der L-straße /M-Straße auch die Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren (vgl. Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 59 Rn. 15).

Die Antragsgegnerin ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Beigeladenen insoweit keiner Abweichung bedarf. Denn gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist vor der an der L-straße gelegenen Außenwand des Vorhabens eine Abstandsfläche nicht erforderlich, weil dort nach planungsrechtlichen Vorschriften, nämlich aufgrund des Baulinienplans für die J-straße - jetzt L-straße - vom 19. Juli 1913, an diese Grenze gebaut werden muss. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, stellt dieser (übergeleitete) Baulinienplan jedenfalls dann eine solche planungsrechtliche Vorschrift dar, wenn - wie hier - eine Baulinie als Gebäudefluchtlinie auf der vorderen Grundstücksgrenze festgesetzt ist, weil in diesem Fall an der Grenze gebaut werden muss (vgl. Kuchler, BayVBl 2014, 257/266).

Dem Baulinienplan fehlt auch nicht der für eine Überleitung nach § 173 Abs. 3 BauGB 1960 erforderliche Charakter der Verbindlichkeit (vgl. BayVGH, B.v. 30.12.2012 - 1 ZB 11.1536). Insbesondere handelt es sich bei ihm nicht lediglich um einen sogenannten Generalbaulinienplan, aus dem verbindliche Baulinien erst entwickelt werden sollen (s. § 59 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung v. 17.2.1901, GVBl S. 87). Wie sich dem Bescheid der Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg vom 19. Juli 1913 entnehmen lässt, wurden damit die Bau- und Vorgartenlinie für die J-straße und die angrenzenden Teile des Platzes an der A-straße nach Maßgabe des Plans vom 17. August 1912 sowie die Höhenlage der J-straße nach Maßgabe des Plans vom 24. Juli 1913 verbindlich festgesetzt (s. § 64 i. V. m. § 58 Abs. 1 BauO 1901). Bei der mit roter Farbe auf der Südseite der J-straße dargestellten Baulinie im Baulinienplan, die durch die Festsetzung nicht verändert wurde, handelt es sich um eine Gebäudefluchtlinie mit der rechtlichen Wirkung, dass die vordere Gebäudeflucht unmittelbar an diese Linie herangerückt werden muss (vgl. § 4 Abs. 2 BauO 1901 i. V. m. Nr. 4 der Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 3.8.1910, abgedruckt in Englert/Mang, BayBO 1901, 11. Auflage 1957, Anhang 28).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der Baulinienplan nicht mit Inkrafttreten der Bayerischen Bauordnung im Jahre 1962 unwirksam geworden. Eine Festsetzung von kleineren oder größeren Grenz- oder Gebäudeabständen nach Art. 101 des Polizeistrafgesetzbuchs für Bayern - PStGB - vom 26. Dezember 1871 (GBl. Sp. 9) als nach der Bayerischen Bauordnung 1962 zulässig, die zu seinem Außerkrafttreten geführt haben könnte (vgl. Dhom in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 296), enthält dieser Baulinienplan nicht.

Anhaltspunkte dafür, dass der Baulinienplan am rechtsstaatlichen Abwägungsgebot scheitern würde und seine Überleitung aus diesen oder anderen Gründen ausgeschlossen wäre (vgl. BVerwG, U.v. 20.10.1972 - BVerwG IV 14,71 - BVerwGE 41, 67/72), sind auch unter Würdigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich. Vielmehr lässt sich der Behördenakte zum Baulinienplan entnehmen, aus welchen Gründen die frühere Vorgartenlinie auf der Südseite der J-straße weggefallen ist und dass die damalige Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 3704 bei der Aufstellung des Baulinienplans angehört worden ist und mit diesem einverstanden war.

Ob der Baulinienplan in Teilbereichen wegen späterer erheblicher Abweichungen funktionslos geworden ist, kann offen bleiben. Denn jedenfalls die Baulinie entlang der südlichen Grenze der L-straße entfaltet auch heute noch ihre städtebauliche Ordnungsfunktion, weil sie vom vorhandenen Baubestand ersichtlich eingehalten wird. Dieser Festsetzung trägt auch das Vorhaben der Beigeladenen Rechnung.

2. Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB angelegte Gebot der Rücksichtnahme verletzt, lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Für eine „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung des Bauvorhabens gegenüber dem Wohngebäude des Antragstellers ist bei einem Abstand von ca. 17 m zwischen beiden Gebäuden und einer Höhe des Bauvorhabens von maximal 14,42 m sowie einer Höhe des Wohngebäudes des Antragstellers von ca. 13 bis 14 m in Richtung des Bauvorhabens nach der dem Antragsteller mit Bescheid vom 21. Februar 2000 erteilten Baugenehmigung für die Wohnhausaufstockung nichts ersichtlich. Bei dem gegebenen Abstand ist nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin, dem im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten wird, ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad für das gesamte Wohngebäude des Antragstellers gewährleistet, der für eine ausreichende Besonnung und Belüftung spricht (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 22).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.