Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138

bei uns veröffentlicht am12.07.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …8 der Gemarkung …, welches an der B. Straße gelegen ist. Der Beklagte hat Baumaßnahmen an der B.-Straße vorgenommen. Die Parteien streiten um einen diesbezüglichen Erschließungsbeitragsbescheid.

Die Bundesstraße B 8/B 27 kommt von Nordosten aus der Stadt W., durchquert das Gebiet des Beklagten im Norden und verläuft weiter in Richtung W1. im Westen. Auf dem Gebiet des Beklagten verläuft die B 8/B 27 im Wesentlichen von Westen nach Osten, zunächst unter dem Namen L.-straße, sodann unter dem Namen H.-straße und schließlich unter dem Namen A. Straße.

In Mitten des Gebietes des Beklagten zweigt von der B 8/B 27 ein Straßenzug in Richtung Südwesten ab. Dieser Straßenzug verläuft zunächst unter dem Namen H.-straße und ca. 660 m nach dem Beginn aus der B 8/B 27 unter dem Namen He. Straße. Etwa 1,3 km nach seinem Ursprung aus der B 8/B 27 verläuft der Straßenzug unter dem Namen B. Straße in einer steilen Rechtskurve und führt sodann im westlichen Teil des Gebiets des Beklagten von Süden nach Norden und trifft nach ca. 1,4 km auf einen Kreisverkehr. Nach dem Kreisverkehr verläuft der Straßenzug unter dem Namen F.-straße in Richtung Nordosten weiter und trifft dann wieder auf die B 8/B 27.

Etwa 365 m, nachdem die Straße unter dem Namen B. Straße verläuft, zweigt die Stichstraße Sch. in Richtung Nordwesten ab und hat eine Länge von ca. 250 m. Weitere 134 m nach Einmündung der Straße Sch. zweigt der B. Pfad von der B. Straße ab und verläuft etwa 185 m ebenfalls als Stichstraße in Richtung Nordwesten. Nach ca. 113 zweigt vom B. Pfad eine Straße, ebenfalls unter dem Namen B. Pfad, in Richtung Südwesten ab und mündet nach etwa 110 m in die Straße Sch. Weitere 277 m entlang der B. Straße zweigt die P… Straße in Richtung Süden ab. Sie verläuft ca. 356 m, überquert den B. Pfad und mündet schließlich in die Straße  Sch. Straße Die Straße Sch. überquert die B. Straße in Richtung Südosten und verläuft anschließend unter dem Namen V. B. in Richtung Nordosten.

Das in Rede stehende Grundstück sowie Teile der B. Straße liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „M. …“. Für das Grundstück Fl.Nr. ...8 wurde bereits mit Bescheid vom 29. Juni 2004 eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage B. Straße in Höhe von 9.727,35 EUR erhoben. Im Jahr 2004 wurde mit der Herstellung der Gesamterschließung des Gebietes M. … begonnen, im Jahr 2011 ist nach Angaben des Beklagten die letzte Unternehmerrechnung eingegangen.

Mit Bescheid vom 26. November 2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ...8 der Gemarkung … für die Erschließungsanlage B. Straße einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 12.298,00 EUR fest. Der Zahlungsbetrag wurde um die Vorausleistung in Höhe von 9.727,35 EUR gemindert, wodurch sich ein Zahlungsbetrag von 2.570,65 EUR errechnete. Der Beitragserhebung wurde eine Grundstücksfläche von 550,00 m², ein Nutzungsfaktor von 1,3 und ein Beitragssatz von 17,20 EUR/m² zugrunde gelegt.

Der Kläger erhob gemeinsam mit anderen Anliegern der B. Straße im Rahmen eines Sammelwiderspruchs mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. November 2015. Das Landratsamt W. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2017 zurück.

II.

Hiergegen ließ der Kläger am 9. Februar 2017 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

Der Bescheid des Beklagten vom 26. November 2015 sowie der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Würzburg vom 9. Januar 2017 werden aufgehoben, soweit gegen den Kläger ein den Betrag von 9.416,55 EUR übersteigender Betrag festgesetzt wurde.

Zur Begründung wurde vorgetragen, der Beklagte habe zu Unrecht mit den von der B. Straße nach Nordwesten abzweigenden Straßen keine Erschließungseinheit gebildet. Eine Erschließungseinheit sei dann zu bilden, wenn die Gemeinde andernfalls etwa ein an einer breiten Zugängerstraße liegendes Grundstück gegenüber anderen Grundstücken des Erschließungsgebietes ungebührlich stark belaste. Das der Gemeinde eingeräumte Ermessen bei der Bildung einer Erschließungseinheit sei grundsätzlich auf Null reduziert, wenn bei getrennter Abrechnung die Grundstücke an der regelmäßig aufwendiger hergestellten Hauptstraße im Vergleich mit den Grundstücken an der regelmäßig weniger aufwendig hergestellten Nebenstraße wiederum mit um mehr als einem Drittel höheren Kosten belastet worden seien, bemessen nach dem für die jeweiligen Erschließungsanlagen sich ergebenden Beitragssatz. Die Erschließungskosten für die B. Straße lägen teilweise um ca. 70% über den Kosten je Quadratmeter gegenüber den von der B. Straße abzweigenden Anlagen. Die B. Straße sei zudem gegenüber den von ihr nach Nordwesten abzweigenden Straßen sehr aufwendig hergestellt worden. Sie sei wesentlich breiter, verfüge über beidseitige Gehwege und getrennte Fahrradspuren. Diesen Ausbauzustand wiesen die von der B. Straße abzweigenden, von ihr abhängigen Straßen nicht auf. Bei Einbeziehung der untergeordneten Straßen ergäbe sich ein Beitragssatz in Höhe von 13,17 EUR/m² für die B. Straße, mithin für das Grundstück des Klägers, welches eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 715 m² habe, ein Betrag von 9.416,55 EUR.

Der Beklagte ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Er ließ vortragen, er sei weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, eine Erschließungseinheit der B. Straße mit den nordwestlich abzweigenden Straßen zu bilden. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Erschließungseinheit lägen nicht vor. Eine Erschließungseinheit könne nur gebildet werden, wenn eine funktionale Abhängigkeit der einzubeziehenden Erschließungsanlagen als Nebenanlagen von einer Hauptanlage bestehe. Diese funktionale Abhängigkeit bestehe nur, wenn ausschließlich eine Anlage (Hauptanlage) einer anderen Anlage (Nebenanlage) die Erschließung vermittele, wenn also die Anlieger der Nebenanlage auf die Benutzung der Hauptanlage angewiesen seien, um erschlossen zu sein. Ein solcher Benutzungszwang sei typischerweise bei einem Hauptstraßenzug mit davon abzweigenden selbständigen Stichstraßen gegeben. Nach der neueren Rechtsprechung könne eine Erschließungseinheit auch gebildet werden unter Einbeziehung mehrerer voneinander unabhängiger Nebenanlagen. Durch die Bildung einer Erschließungseinheit der B. Straße mit den nordwestlich angrenzenden Straßen würden die Anlieger der südöstlich abzweigenden Straßen im Vergleich zu denen der nordwestlich gelegenen Straße benachteiligt werden. Zudem handele es sich bei den nordwestlich an die B. Straße angrenzenden Straßen nicht um mehrere voneinander unabhängige Nebenanlagen in Form von Stich- bzw. Ringstraßen. Vielmehr bildeten diese Straßen selbst ein eigenes Erschließungsnetz für das nordwestliche Gebiet mit erheblichem Gewicht. Sie seien nicht nur mit der B. Straße verbunden, sondern sämtlich miteinander und untereinander. Tatsächlich seien die Erschließungsanlagen B. Pfad I, B. Pfad II und P… Straße II noch nicht einmal direkt mit der B. Straße verbunden. Damit seien die Erschließungsanlagen in diesem Gebiet von einem derartigen Gewicht, das bereits ein funktionales Abhängigkeitsverhältnis zur B. Straße ausschließe. Schließlich sei auch kein Benutzungszwang der B. Straße gegeben. Die Zufahrtsstraße Sch. kreuze die B. Straße lediglich und setze sich als V. B. fort. Diese Straße weise einen eigenständigen Anschluss zum Ortsnetz auf. Das bloße Kreuzen einer Straße könne aber das für die Bildung einer Erschließungseinheit erforderliche Abhängigkeitsverhältnis nicht begründen. In wieweit die weiteren Voraussetzungen für die Bildung einer Erschließungseinheit bzw. für eine Ermessenreduzierung auf Null vorlägen, könne daher dahinstehen.

Im Übrigen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2018, das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der sich der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts W. vom 9. Januar 2017 wendet, soweit ein höherer Beitrag als 9.416,55 EUR festgesetzt wird, ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach Art. 5a des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 351), § 127 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1057), erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Erschließungsanlagen in diesem Sinne sind u.a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Beitragspflichtiger ist nach Art. 5a Abs. 1 KAG i.V.m. § 134 Abs. 1 BauGB derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes ist.

Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 132 BauGB regeln die Gemeinden durch Satzung die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen i.S. des § 129 BauGB, die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwandes sowie die Höhe des Einheitssatzes, die Kostenspaltung und die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

Mit seiner Satzung über die Erschließungsbeiträge vom 16. Dezember 1987, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 28. März 1996 - Erschließungsbeitragssatzung (EBS) - hat der Beklagte eine Beitragssatzung in diesem Sinne geschaffen. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind nicht ersichtlich; auch in materiell-rechtlicher Hinsicht liegen keine Fehler, die zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder zur Unwirksamkeit streitrelevanter Satzungsbestimmungen führen würden, auf der Hand. Sie bildet eine wirksame Grundlage für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.

Auf der Grundlage dieser Satzung hat der Beklagte vom Kläger für dessen Grundstück Fl.Nr. …8 zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 12.298,00 EUR für die erstmalige Herstellung der B. Straße erhoben.

Wie weit eine einzelne Anbaustraße (Art. 5a Abs. 1 KAG i.V.m. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (st. Rspr.; vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18; B.v. 23.2.2015 - 6 ZB 13.978 - juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5).

Zu Recht hat die Beklagte als im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts abzurechnende Erschließungsanlage die B. Straße, soweit sie im Süden an der westlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. …2/8 beginnt und sodann in Richtung Norden bis zur östlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. …9/1 verläuft, herangezogen. Dies ergibt sich im südlichen Ende anhand der natürlichen Betrachtungsweise. Im Norden ergibt sich das Ende der Anlage aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans „M. …“. Der Kläger ist dieser Einschätzung nicht entgegengetreten.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich vorliegend um die erstmalige Abrechnung einer Straße und nicht um etwaige Straßenausbaubeiträge handelt. Auch sonst wendet sich der Kläger nicht gegen die grundsätzliche Pflicht zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags.

Die Parteien streiten lediglich darüber, ob der Beklagte dazu verpflichtet war, die Anlage B. Straße gemeinsam mit den im Nordwesten angrenzenden Nebenstraßen (Sch., B. Pfad, P. Straße) im Rahmen einer Erschließungseinheit gemeinsam abzurechnen.

Gemäß § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann der Erschließungsaufwand für mehrere Anlagen, die für die Erschließung eine Einheit bilden, insgesamt ermittelt werden.

Dabei ist zu beachten, dass die Ermittlung des Aufwands für eine einzelne Erschließungsanlage gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB den gesetzlichen Regelfall darstellt. Die Rechtmäßigkeit einer hiervon abweichenden Erschließungseinheit hängt vor allem von Anforderungen ab, die von dem das Erschließungsbeitragsrecht insgesamt prägenden sog. Vorteilsprinzip aufgestellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1992 - 8 C 57/90 - NVwZ 1993, 1201).

Demnach darf eine Gemeinde nicht beliebig Erschließungseinheiten bilden. § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB sieht vielmehr nur ein Ermessen dahingehend vor, eine tatsächlich vorhandene Erschließungseinheit in Ausnahme von der allgemeinen Regel insgesamt abzurechnen (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2017 - 6 ZB 16.1888 - juris Rn. 14). Eine Erschließungseinheit in diesem Sinne ist nicht bereits dann gegeben, wenn mehrere selbständige Anlagen miteinander verbunden sind. Es bedarf vielmehr eines besonderen funktionalen Zusammenhangs. Den tragenden Grund für die Erschließungseinheit bildet nämlich das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße. Er bewirkt, dass die durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke keinen höheren Sondervorteil genießen als die durch die Nebenstraße erschlossenen Grundstücke. Diese durch die Hauptstraße vermittelte Vorteilsgemeinschaft rechtfertigt eine gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Erschließungsaufwands mit dem Ziel, die Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der regelmäßig aufwendigeren Hauptstraße zu nivellieren. Ein solcher besonderer funktionaler Zusammenhang liegt nur vor, wenn mehrere Anbaustraßen derart in Beziehung zueinander stehen, dass eine abhängige (Neben-)Straße ihre Funktion lediglich im Zusammenwirken mit einer bestimmten anderen (Haupt-)Straße in vollem Umfang zu erfüllen geeignet ist, wenn also ausschließlich die letztere der ersteren die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde vermittelt (vgl. BayVGH, a.a.O., m.w.N.). Typischerweise ist dies der Fall bei einer Hauptstraße und einer davon abzweigenden (selbständigen) Stichstraße oder einer Ringstraße, die auf die Hauptstraße zurückführt und keine andere Verbindung zum Verkehrsnetz hat (vgl. Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, 55. EL Januar 2016, Rn. 751).

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Erschließungseinheit auch dann vorliegen, wenn von derselben Hauptstraße nicht nur eine, sondern mehrere funktional von ihr abhängige Nebenstraßen abzweigen (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2013 - 9 C 1/12 - juris). Dabei führt das Gericht aus, dass auch bei mehreren Nebenstraßen das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße dazu führen kann, dass der Sondervorteil der durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke dem Sondervorteil der durch die Nebenstraßen erschlossenen Grundstücke entspricht (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 14; kritisch dazu, im Hinblick auf den fehlenden Sondervorteil der Nebenanlagen untereinander: Schmitz, Erschließungsbeiträge, § 10 Rn. 24).

Auch bei Vorliegen der oben genannten Tatbestandsvoraussetzungen einer Erschließungseinheit darf - als gleichsam negatives Tatbestandsmerkmal - die Einheitsbildung nicht zu einer Mehrbelastung zum Nachteil der Anlieger der Hauptstraße führen (vgl. Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 751 m.w.N.).

Ist der Tatbestand einer Erschließungseinheit erfüllt, hat die Gemeinde - wie oben dargelegt - ein Ermessen dahingehend, ob sie die selbständigen Anlagen gemeinsam abrechnen will. Im Rahmen der Abrechnung nur einer von der Hauptstraße abzweigenden Nebenstraße ist dieses Ermessen auf Null reduziert, wenn bei getrennter Abrechnung die Grundstücke, die an der einen, regelmäßig aufwendiger hergestellten Hauptstraße liegen, im Vergleich mit den Grundstücken an der anderen, regelmäßig weniger aufwendig hergestellten und funktional abhängigen Nebenstraße mit um mehr als einem Drittel höheren Kosten belastet würden, bemessen nach dem für die jeweilige Erschließungsanlage sich ergebenden Beitragssatz in EUR pro qm beitragspflichtiger Veranlagungsfläche (BVerwG, U.v.10.6.2009 - 9 C 2/08 - juris Rn. 30). Im Fall mehrerer funktional von einer Hauptstraße abhängiger Nebenstraßen gilt, dass eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung dann besteht, wenn bei Einzelabrechnung der sich für die Hauptstraße ergebende Beitragssatz um mehr als ein Drittel höher liegt als die Beitragssätze für jede Nebenstraße (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2013 - 9 C 1/12 - juris Rn. 19).

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob die Anlage B. Straße mit den nach Nordwesten abzweigenden Nebenanlagen den Tatbestand einer Erschließungseinheit im Sinne des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB erfüllt. Der Beklagte war aufgrund der oben dargelegten Grundsätze jedenfalls nicht dazu verpflichtet, die in Rede stehenden Anlagen gemeinsam abzurechnen. Eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Abrechnungsentscheidung lag nicht vor.

Der Beklagte hat bei der Abrechnung der B. Straße einen Beitragssatz in Höhe von 17,20 EUR/m² zugrunde gelegt. Der Kläger ist dieser Berechnung nicht entgegengetreten. Auch sonst ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte dahingehend, dass dieser Beitragssatz fehlerhaft zustande gekommen ist.

Die im Nordwesten abzweigenden Straßen Sch., B. Pfad und P… Straße stellen nach Ansicht des Beklagten sechs eigenständige Anlagen im Sinne des Erschließungsrechts mit Folgenden Beitragssätzen dar:

- Sch. 10,52 EUR/m²

- B. Pfad I: 10,23 EUR/m²

- B. Pfad II: 10,29 EUR/m²

- B. Pfad III: 44,80 EUR/m²

- P. Straße I: 7,22 EUR/m²

- P. Straße II: 9,38 EUR/m²

Der Kläger ist auch den Berechnungen dieser Beitragssätze sowie der Qualifizierung der Straßen als jeweils eigenständige Erschließungsanlagen nicht entgegengetreten. Auch an dieser Stelle folgt das Gericht der Ansicht des Beklagten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere festzustellen, dass der Beklagte die Ausdehnung der Anlage B. Pfad III sowie deren Beitragssatz zutreffend bestimmt hat.

Ausgehend von den oben dargelegten Grundsätzen zur Bestimmung einer Erschließungsanlage ist es zutreffend, dass der B. Pfad, soweit er bei der Einmündung in die B. Straße beginnt und etwa 58 m in Richtung Nordwesten verläuft, ehe er an einer Kreuzung mit der P. Straße zusammentrifft, eine eigene Erschließungsanlage darstellt (B. Pfad III). Am östlichen Ende, bei der Einmündung in die B. Straße, ergibt sich dies problemlos anhand der natürlichen Betrachtungsweise. Auch in Bezug auf die Kreuzung der Straße B. Pfad mit der P. Straße kommt das Gericht anhand der vom Beklagten vorgelegten Pläne zu dem Ergebnis, dass die Straße B. Pfad dort nicht als einheitliche Anlage über die Kreuzung hinweg verläuft, sondern dass die Kreuzung B. Pfad/P. Straße die Anlage unterbricht. Anhand des zur Verfügung stehenden Kartenmaterials wird deutlich, dass die Straße B. Pfad nach der Kreuzung mit der P. Straße mit einem deutlichen Versatz weiter verläuft. An der Kreuzung befindet sich zudem eine platzartige Aufweitung, die den Straßenverlauf optisch unterbricht. Dies wird durch eine runde Erhöhung der Straßenoberfläche in der Mitte der platzartigen Aufweitung noch betont. Ein objektiver Betrachter kommt dabei nicht zu dem Ergebnis, die Anlage verlaufe in Richtung Nordwesten über diese Kreuzung hinweg; es entsteht vielmehr der Eindruck, dass nach der Kreuzung eine neue Erschließungsanlage (B. Pfad II) beginnt.

Gemessen an dieser Erschließungsanlage hat der Beklagte den Beitragssatz der Erschließungsanlage B. Pfad III ebenfalls zutreffend bestimmt. Der Beitragssatz errechnet sich anhand des beitragsfähigen Erschließungsaufwands abzüglich des Gemeindeanteils, geteilt durch die beitragspflichtige Grundstücksfläche. Aus den vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsanlagen bzgl. der Erschließungsanlage B. Pfad III ergibt sich, dass der Beklagte die Grundstücke Fl.Nrn. …0/2 und …0/3 als beitragspflichtige Grundstücke für die Abrechnung herangezogen hat. Diese Grundstücke werden unproblematisch von der Anlage B. Pfad III erschlossen und sind daher richtigerweise veranlagt worden.

Ebenfalls richtig ist, dass der Beklagte die Grundstücke Fl.Nrn. …0/15, …0/16 und …0/14 nicht zur Abrechnung herangezogen hat. Aus dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörterten Bebauungsplan „M. …“ wird ersichtlich, dass für das Grundstück Fl.Nr. …0/15 eine öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist (vgl. 12.1 der Festsetzungen im Bebauungsplan „M. …“). Damit ist zum einen klar, dass das Grundstück Fl.Nr. …0/15 selbst nicht bebaubar und somit nicht beitragspflichtig im Rahmen des Erschließungsbeitragsrechts ist (vgl. Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, 55. EL Januar 2016, Rn. 872 Buchst. e). Zum anderen ergibt sich für die Grundstücke Fl.Nrn. …0/16 und …0/14, dass diese nicht von der Anlage B. Pfad III erschlossen werden. Ein Grundstück ist grundsätzlich dann erschlossen, wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise, d.h. in einer auf die bauliche (gewerbliche oder vergleichbare) Nutzbarkeit der Grundstücke gerichteten Funktion, die Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, § 13 Rn. 49 m.w.N.). Ein Grundstück ist von einer Anbaustraße dann erreichbar, wenn auf der Fahrbahn einer öffentlichen Straße bis zur Höhe des Grundstücks mit Personen- und kleinere Versorgungsfahrzeugen gefahren, dort (zumindest kurzfristig) gehalten und von da ab ggf. über einen dazwischen liegenden Gehweg, Radweg oder Seitenstreifen das Grundstück betreten werden kann (Schmitz, a.a.O., Rn. 54). Die Grundstücke Fl.Nrn. …0/16 und …0/14 liegen nicht an der Straße B. Pfad an. Vorliegend kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Grundstück Fl.Nr. …0/15 bloßes Begleitgrün darstellt, über das die dahinter liegenden Grundstücke erreicht werden können. Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Flurnummer, die im Bebauungsplan ausdrücklich als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist. Im Übrigen haben die Vertreter des Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargelegt, eine Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. …0/15 als Zugang zu den Grundstücken Fl.Nrn. …0/16 und …0/14 nicht zu billigen. Damit sind Letztere auch nicht von der Straße B. Pfad, sondern ausschließlich von der P. Straße bzw. der B. Straße erschlossen.

Der Beitragssatz der Anlage B. Pfad III ist deutlich höher als der Beitragssatz der B. Straße. Dementsprechend ist der Beitragssatz der Hauptanlage vorliegend nicht um mehr als ein Drittel höher als der Beitragssatz für jede Nebenanlage. Eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung bestand vorliegend - unabhängig davon, ob überhaupt eine Erschließungseinheit vorliegt - nicht.

Da auch andere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit weder ersichtlich noch vorgetragen sind, erweist sich der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 26. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts W. vom 9. Januar 2017 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Baugesetzbuch - BBauG | § 129 Beitragsfähiger Erschließungsaufwand


(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlich

Baugesetzbuch - BBauG | § 130 Art der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands


(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer E

Baugesetzbuch - BBauG | § 132 Regelung durch Satzung


Die Gemeinden regeln durch Satzung 1. die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,2. die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,3. die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und4. die Merk

Baugesetzbuch - BBauG | § 134 Beitragspflichtiger


(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Is

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 12. Juli 2018 - W 3 K 17.138 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2015 - 6 ZB 13.978

bei uns veröffentlicht am 23.02.2015

Tenor I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. März 2013 - W 2 K 11.32 - wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 25. Aug. 2016 - 6 ZB 16.410

bei uns veröffentlicht am 25.08.2016

Tenor I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Januar 2016 - AN 3 K 15.2032 - wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. März 2017 - 6 ZB 16.1888

bei uns veröffentlicht am 02.03.2017

Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. August 2016 - RN 4 K 15.422 - wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 30. Jan. 2013 - 9 C 1/12

bei uns veröffentlicht am 30.01.2013

Tatbestand 1 Der Kläger zu 1) wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen. 2

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche belastet, so ist der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig.

(2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem dinglichen Nutzungsrecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 4 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. März 2013 - W 2 K 11.32 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.589,44 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, hat keinen Erfolg. Die fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die Beklagte hatte vom Kläger mit Bescheiden vom 6. September 2000 und 12. Juli 2006 Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße Schondratal in Höhe von insgesamt 2.925,25 Euro erhoben. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 erklärte die Beklagte die beiden Vorausleistungsbescheide für endgültig. Mit dem angegriffenen Urteil vom 13. März 2013 hat das Verwaltungsgericht den (endgültigen) Beitragsbescheid vom 15. Dezember 2010 insoweit aufgehoben, als für das Grundstück des Klägers ein höherer Erschließungsbeitrag als 2.589,44 Euro festgesetzt wird; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Straße Schondratal sei von ihrem Beginn bei der Staatsstraße 2302 bis zum Grundstück FlNr. 236 eine - einzige - Erschließungsanlage. Sie sei nicht deshalb funktionslos, weil sie selbst keine Wendeanlage umfasse, im Bereich der 65 m langen Engstelle (bei den Grundstücken FlNrn. 200/3, 200,200/2, 226 und 227) nur eine Straßenbreite zwischen 5 m und 4,15 m aufweise und ab dem Beginn der Engstelle ohne separaten Gehweg angelegt sei. Seit der am 12. März 2010 in Kraft getretenen Änderung des Bebauungsplans Schondratal liege auch keine Abweichung der tatsächlichen Ausbaubreite von den Grundzügen der Planung mehr vor. Ferner sei der erforderliche Unterbau im Bereich des Gewerbegebietes anzunehmen. Die Beklagte habe den auf das Grundstück des Klägers entfallenden Erschließungsbeitrag jedoch zu hoch festgesetzt, weil sie bei der Aufwandsverteilung die erschlossenen Grundstücksflächen teilweise fehlerhaft bestimmt und gewichtet habe.

Der Zulassungsantrag des Klägers hält dem erstinstanzlichen Urteil nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an seiner Richtigkeit begründet und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

a) Nicht überzeugen kann der Einwand, die Straße Schondratal zerfalle bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise entgegen der Sichtweise des Verwaltungsgerichts in zwei selbstständige Anlagen, nämlich in eine Anlage von der Staatsstraße 2302 bis zur westlichen Grenze des Grundstücks FlNr. 200/4 und eine weitere Anlage von dort bis zum westlichen Ende des Bebauungsplans.

Wie weit eine einzelne Anbaustraße im Sinn von Art. 5a Abs. 1 KAG i.V. mit § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BVerwG, U. v. 10.6.2009 - 9 C 2.08 - NVwZ 2009, 1369/1370; BayVGH, U. v. 30.11.2009 - 6 B 08.2294 - juris Rn. 16; U. v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18 m. w. N.).

Gemessen an diesem Maßstab ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass es sich bei der von der Beklagten abgerechneten, etwa 610 m langen Straße Schondratal um eine einzige Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB handelt.

Der Beginn der Engstelle nordwestlich des Grundstücks FlNr. 200/4 stellt trotz der unterschiedlichen Straßenbreite und -ausstattung keine augenfällige Zäsur dar, die den von Südosten nach Nordwesten durchgehenden Straßenzug in zwei Anlagen zerteilt. Das ergibt sich aus dem Gesamteindruck, den die bei den Akten befindlichen Unterlagen und Lichtbilder (S. 45 f. der VGH-Akte; S. 79 ff. der VG-Akte; S. 2 der Akte der Beklagten zur 1. Änderung/2. Erweiterung des Bebauungsplanes Schondratal) in hinreichender Deutlichkeit vermitteln. Die Verschmälerung der Straße und der Wegfall des Gehweges, die durch die Bebauung nahe der Straße bedingt sind, unterbrechen die Straßenführung nicht signifikant. Auch der Wechsel von Farbe und Zustand der Verkehrsfläche an der Engstelle ändert daran nichts; die Unterschiede ergeben sich aus der zeitlichen Abfolge der Bauausführung, vermitteln aber nicht in der gebotenen Deutlichkeit, dass an der Engstelle eine neue, eigenständige Verkehrsanlage beginnt. Eine trennende Wirkung kommt erst recht nicht der etwa 30 m vor der Engstelle gelegenen (nördlichen) Einmündung der Ringstraße zu, die die durchgehende Straßenführung ebenso wenig unterbricht wie ihre etwa 200 m südlich gelegene Abzweigung. Dass der Bebauungsplan „Schondratal“ für die angrenzenden Flächen unterschiedliche Nutzungen festsetzt (Misch-, Dorf- und Gewerbegebiet), bleibt ebenfalls ohne Auswirkung auf den Eindruck einer durchgehenden Verkehrsanlage. An der nördlichen Grenze des Bebauungsplans geht die Straße Schondratal in den Außenbereich über, so dass sie hier mangels weiterer Anbaufunktion ihre Eigenschaft als Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB kraft Gesetzes verliert. Dies verkennt der Kläger mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe auch für den Bereich der weiter nordwestlich gelegenen Wendeanlage auf einen Gebietswechsel abgestellt.

Handelt es sich demnach bei der Straße Schondratal um eine - einzige - Erschließungsanlage, ist der Kläger als Eigentümer eines Anliegergrundstücks am Aufwand für die erstmalige endgültige Herstellung dieser Anlage zu beteiligen, auch wenn für die einzelnen Teilstrecken aufgrund des unterschiedlichen Bauprogramms verschieden hohe Kosten angefallen sind. Denn maßgeblicher Bezugsrahmen für die Aufwandsermittlung und -verteilung ist im gesetzlichen Regelfall die einzelne Anlage (vgl. § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Eine abschnittsweise Abrechnung findet nur statt, wenn die Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Satz 2 BauGB wirksam Abrechnungsabschnitte bildet. Daran fehlt es. Zwar hat die Beklagte in dem vom Kläger angesprochenen „Garagenbeschluss“ vom 13. Juli 1998 ursprünglich eine abschnittsweise Abrechnung vorgesehen. Sie hat diese Entscheidung aber wieder aufgegeben. Das ist bis zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten ohne weiteres möglich (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 14 Rn. 14). Ob eine solche Abschnittsbildung im vorliegenden Fall trotz der unterschiedlich hohen Herstellungskosten überhaupt hätte wirksam vorgenommen werden dürfen (vgl. BayVGH, B. v. 10.9.2009 - 6 CS 09.1435 - juris Rn. 17 f.), kann dahinstehen.

b) Der Kläger wendet weiter ein, die Straße sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts als Erschließungsanlage nicht „funktionsfähig“ und deshalb auch nicht beitragsfähig, weil sie selbst keine Wendemöglichkeit aufweise, an der Engstelle zu schmal sei, teilweise nicht über einen separaten Gehweg verfüge und zudem aufgrund des stellenweise unzureichenden Unterbaus für Schwerlastverkehr ungeeignet sei. Dieses Vorbringen kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt überzeugen. Weder stellt es die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit (§ 125 Abs. 1 BauGB) oder die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage (§ 132 Nr. 4 BauGB i.V. mit § 8 EBS) in Frage, noch wirft es klärungsbedürftige Fragen hinsichtlich der kostenbezogenen Erforderlichkeit (§ 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB) auf.

aa) Die planungsrechtliche Entscheidung der Beklagten, auf eine Wendeanlage im Bereich der Erschließungsanlage Schondratal selbst mit Blick auf die etwa 1.000 m nördlich gelegene Wendemöglichkeit zu verzichten, ist gerichtlich nicht zu beanstanden. Ausdehnung und Lage der Erschließungsanlage Schondratal im örtlichen Verkehrsnetz lassen keine intensive Nutzung dieser Straße erwarten. Sie dient nicht als innerörtliche oder überörtliche Verbindungsstraße, sondern im Wesentlichen den Anliegern dieser Straße. Soweit die Anlieger gewerbliche Nutzungen ausüben (dürfen), ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der entsprechende Ziel- und Quellverkehr auf den jeweiligen Anliegergrundstücken wenden kann. Im Übrigen (Müllabfuhr, Rettungsdienste etc.) bietet die Straße Schondratal ausweislich der Akten jedenfalls bis zur Engstelle westlich des Grundstücks FlNr. 200/4 mehrere Wendemöglichkeiten, etwa an den Einmündungen der Ringstraße. Für die Verkehrsfläche ab der Engstelle hat die Beklagte eine Wendemöglichkeit am Ende des Straßenzugs (außerhalb des Bereichs der Erschließungsanlage) geschaffen, worauf mittels eines Verkehrszeichens hingewiesen wird. Diese Wendeanlage ist dem öffentlichen Verkehr gewidmet, so dass es keiner weiteren zivilrechtlichen Absicherung bedarf. Die dort gelegene Papierfabrik ist seit 2009 stillgelegt, löst also keinen gewerblichen Verkehr mehr aus. Demgegenüber hätte die Errichtung einer Wendeanlage im Bereich der Erschließungsanlage selbst, so sie die beengten Verhältnisse überhaupt zugelassen hätten, hohe Kosten verursacht. Die in der 1. Änderung /2. Erweiterung des Bebauungsplanes Schondratal gewählte Lösung ist daher gerichtlich nicht zu beanstanden.

bb) Ohne Erfolg bleibt der weitere Einwand, die Erschließungsanlage Schondratal sei wegen der Engstelle nordwestlich des Grundstücks FlNr. 200/4 und des ab dieser Stelle fehlenden Gehwegs rechtswidrig und funktionslos.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, hat die Beklagte die entsprechende Festsetzung der Verkehrsfläche im Bebauungsplan Schondratal mit Beschluss über die 2. Erweiterung und 1. Änderung den tatsächlich vorhandenen Straßenbreiten angepasst und dadurch die ursprüngliche Planabweichung im Sinn von § 125 Abs. 3 BauGB beseitigt. Damit sind die Erwägungen des Senats in dem Beschluss vom 23. Juli 2004 - 6 CS 03.3386 - (juris Rn. 19) zur Frage, ob die (frühere) Planunterschreitung mit den Grundzügen der (damaligen) Planung vereinbar war, überholt.

Die Anpassung der planerischen Festsetzungen an die tatsächliche Ausbaubreite ist planungsrechtlich nicht zu beanstanden: Die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) hat ebenso wie die frühere Empfehlung für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE 85/95) nur empfehlenden Charakter. Ihr kommt keine verbindliche Wirkung im Sinn einer Norm zu. Die Gemeinden können bei der Planung anhand der konkreten örtlichen Situation im notwendigen Umfang hiervon abweichen (BayVGH, U. v. 11.06.2002 - 6 B 97.2355 - juris Rn. 23). Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich aufgrund der vorhandenen Bebauung, des geringen Verkehrsaufkommens nordwestlich des Grundstücks FlNr. 200/4 - das der Kläger unabhängig von der Frage der Beweislast für diese Annahme nicht bestreitet - und der zu erwartenden hohen Kosten für eine Aufweitung der Engstelle dazu entschlossen hat, die Bauleitplanung den vorhandenen Gegebenheiten anzupassen. Das gilt unabhängig von der Frage, ob die Beklagte geeignete Erweiterungsflächen zu angemessenen Konditionen hätte erwerben können. Die Beklagte war auch nicht aufgrund von Zusagen in den Gerichtsverfahren über die Vorausleistungsbescheide rechtlich verpflichtet, von einer Änderung der ursprünglichen Planung abzusehen. Abgesehen davon, dass solche Zusagen nicht mit rechtsverbindlicher Wirkung ausgesprochen worden sind, wären sie im Übrigen auch nicht zulässig. Eine Gemeinde kann sich nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB sich weder zu einem bauplanungsrechtlichen Tun noch - spiegelbildlich - zu einem Unterlassen verpflichten (BVerwG, B. v. 28.12.2005 - 4 BN 40.05 - juris Rn. 5).

Die Änderung des Bebauungsplans hat auch nicht zu einer Funktionsunfähigkeit der Erschließungsanlage geführt. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Erschließungsanlage sind Engstellen grundsätzlich auszublenden (BayVGH, B. v. 23.08.2010 - 6 ZB 09.1394 - juris Rn. 5).

cc) Die Rüge, die Erschließungsanlage sei aufgrund des stellenweise unzureichenden Unterbaus für Schwerlastverkehr ungeeignet und deshalb nicht als Anbaustraße beitragsfähig, begründet ebenfalls keine Zweifel, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erschließungsanlage Schondratal endgültig hergestellt ist und infolgedessen gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten entstanden sind. Die Straße entspricht in ihrer gesamten Ausdehnung (von der Staatsstraße 2302 bis zum Grundstück FlNr. 236) den in § 8 EBS normierten Herstellungsmerkmalen. Dem stehen die vom Kläger behaupteten Mängel nicht entgegen, sofern sie überhaupt den fraglichen Bereich des Straßenzugs und nicht die sich in Richtung Nordwesten anschließende Strecke durch den Außenbereich betreffen sollten. Dem Straßenunterbau kommt für die Frage der endgültigen Herstellung keine eigenständige Bedeutung zu, auch wenn die Satzung dies regelt (vgl. Driehaus, a. a. O., § 11 Rn. 63). § 132 Nr. 4 BauGB bezweckt, dass die möglicherweise Beitragspflichtigen aufgrund der in der Satzung festgelegten Merkmale der endgültigen Herstellung möglichst erkennen können sollen, wann eine Anlage endgültig hergestellt ist und die sachlichen Beitragspflichten gemäß § 133 Abs. 2 BauGB entstehen, sofern die sonst erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist beim Straßenunterbau nicht ohne weiteres erkennbar. Dementsprechend ist eine Fahrbahn in dem Zeitpunkt endgültig hergestellt, in dem sie mit einer satzungsgemäßen Decke befestigt ist, was hier trotz etwaiger Mängel außer Frage steht.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte mit Blick auf die vom Kläger behaupteten Mängel bei der Beitragsabrechnung Kosten angesetzt haben könnte, die nicht erforderlich im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB und damit nicht beitragsfähig sind (vgl. BVerwG, U. v. 30.1.2013 - 9 C 11.11 - BVerwGE 145, 354 Nr. 24; BayVGH, B. v. 27.2.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 9). Denn die (angeblichen) Mängel führt der Kläger selbst darauf zurück, dass die Beklagte die Erschließungsanlage nicht vollständig neu hergestellt, sondern bereits vorhandene Straßenteile - nicht zuletzt im Interesse der Anlieger an möglichst niedrigen Erschließungsbeiträgen - unverändert übernommen hat. Es geht also nicht darum, ob Kosten für Herstellungsmaßnahmen wegen Baumängeln hätten gemindert werden müssen. Die Erforderlichkeit der für sich betrachtet nicht zu beanstandenden Baumaßnahmen könnte nur dadurch entfallen, dass die unter Verwendung alter Anlagenteile hergestellte Erschließungsanlage ihre Funktion nicht erfüllen könnte und die angefallenen Kosten deshalb „wertlos“ wären. Davon kann indes aus den oben genannten Gründen keine Rede sein.

c) Die Zweifel des Klägers, ob das Verwaltungsgericht den Beitragsbescheid trotz der festgestellten Fehler im Zusammenhang mit der Aufwandsverteilung auf die erschlossenen Grundstücksflächen teilweise aufrechterhalten durfte oder hätte gänzlich aufheben müssen, sind unbegründet. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, selbst zu prüfen, ob ein auf Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt zumindest hinsichtlich eines Teilbetrags in bestimmter Höhe aufrechterhalten bleiben kann (BVerwG, U. v. 30.1.2013 - 9 C 1.12 - BVerwGE 146, 1 Rn. 25 m. w. N.).

Dass das Verwaltungsgericht bei seiner Neuberechnung mit Blick auf drei Grundstücke die von der Beklagten berücksichtigten Grundstücksflächen - rechnerisch insoweit zulasten des klägerischen Grundstücks - verringert hat, ohne „eine eventuelle Aufwandsüberdeckung zu prüfen“, kann keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers begründen. Eine zu hohe Veranlagung einzelner Beitragspflichtiger kann im Erschließungsbeitragsrecht nicht zu einer „anderweitigen Deckung“ des Erschließungsaufwands im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB führen, die zugunsten anderer Beitragspflichtiger zu berücksichtigen wäre (BVerwG, B. v. 16.7.1982 - 8 B 35.82 - NVwZ 1983, 152 f.). Vielmehr ist eine neue - rechnerische - Aufwandsverteilung vorzunehmen und im Anschluss daran zu prüfen, welche Auswirkungen diese Neuverteilung für die einzelnen Beitragspflichtigen hat. Für den Kläger ist also allein der danach auf sein Grundstück entfallende Anteil maßgeblich. Das gilt unabhängig davon, ob die „überhöhten“ Bescheide gegenüber anderen Grundstückseigentümern bestandskräftig sind und die Beklagte ausnahmsweise verpflichtet ist, sie hinsichtlich des überschießenden Betrags in Durchbrechung der Bestandskraft zurückzunehmen (BayVGH, B. v. 18.2.2013 - 6 ZB 11.864 - juris Rn. 6).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Soweit der Kläger diesen Zulassungsgrund daraus herleiten will, dass er für eine Vielzahl von Grundstücken in Frage gestellt habe, ob diese von der Beklagten bei der Aufwandsverteilung ausreichend berücksichtigt worden seien, fehlt es bereits an der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen - substantiierten - Darlegung. Das Verwaltungsgericht hat, soweit es dem Vorbringen des Klägers nicht gefolgt ist, für jedes einzelne Grundstück erläutert, warum es nicht oder nicht in dem vom Kläger für geboten erachteten Umfang bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen ist. Der Kläger hat diesen Erwägungen mit dem innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 27. Mai 2013 keine konkreten Umstände entgegengehalten, aus denen das erstinstanzliche Urteil in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zweifelhaft sein könnte. Es wird auch nicht substantiiert dargetan, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht auf Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Der nach Fristablauf eingegangene Schriftsatz kann diesen Darlegungsmangel nicht mehr beheben, aber auch in der Sache insbesondere zu dem angeblich erschlossenen Grundstück FlNr. 108 nicht überzeugen.

Mit Blick auf die übrigen Rügen des Klägers liegen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten vor. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich vielmehr aus den oben genannten Gründen ohne weiteres im Sinn des Verwaltungsgerichts beantworten und bedürfen keiner weiteren Prüfung in einem Berufungsverfahren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Januar 2016 - AN 3 K 15.2032 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.190,26 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils und der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Widerspruchsbehörde den Bescheid der Klägerin vom 21. April 2015, mit dem die Beigeladene für das Grundstück FlNr. 627/3 zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Werner-Heisenberg-Straße in Höhe von 50.190,26 € herangezogen wurde, zu Recht aufgehoben hat. Der Vorausleistungsbescheid sei rechtswidrig, weil die Klägerin von einer unzutreffenden Ausdehnung der abzurechnenden Straße ausgegangen sei und deshalb das Grundstück der Klägerin rechtsfehlerhaft als beitragspflichtig angesehen habe. Die Werner-Heisenberg-Straße und der sich im Westen anschließende „Kreisverkehr“ bildeten keine einheitliche Erschließungsanlage. Bei der maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise stelle der „Kreisverkehr“ vielmehr ein eigenständiges Element des Verkehrsnetzes dar. Da das Grundstück der Klägerin an den „Kreisverkehr“, nicht aber an die abzurechnende Werner-Heisenberg-Straße angrenze, könne es nicht der Erschließungsbeitrags- und Vorausleistungspflicht für die abzurechnende Anlage unterliegen. Dem hält die Klägerin nichts Stichhaltiges entgegen, das weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfte.

Wie weit eine einzelne Anbaustraße (Art. 5a Abs. 1 KAG a. F. i.V. mit § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG i. d. F. des Gesetzes vom 8.3.2016, GVBl S. 36) reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BayVGH, U. v. 30.6.2011 - 6 B 08.369 - juris Rn. 18; B. v. 23.2.2015 - 6 ZB 13.978 Rn. 7 m. w. N.). Bei der - hier in Streit stehenden - Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (Art. 5a KAG i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB), die begrifflich immer vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist prognostisch nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Erschließungsanlage sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms darstellen wird (BayVGH, B. v. 24.7.2013 - 6 BV 11.1813 - juris Rn. 13).

In Anwendung dieses Maßstabs begegnet es keinen ernstlichen Zweifeln, dass das Verwaltungsgericht die Werner-Heisenberg-Straße und den sich westlich anschließenden „Kreisverkehr“ (Verkehrskreisel) - prognostisch bezogen auf den Zeitpunkt der technischen Fertigstellung - als zwei selbstständige Verkehrsanlagen angesehen hat. Das ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat, nicht nur aus der Größe des „Kreisverkehrs“, sondern auch aus dem Gesamteindruck, den die bei den Akten befindlichen Pläne (Bl. 27 ff. der Widerspruchsakte) und Luftbilder (Bl. 32, 69 der VG-Akte) vermitteln. Der „Kreisverkehr“ hat schon allein wegen seiner Größe ein eigenständiges Gewicht (Durchmesser des durch die äußere Fahrbahngrenze gebildeten Kreises ca. 30 m bei einem Gesamtdurchmesser einschließlich Grünstreifen und Gehweg von etwa 38 m). Das gilt unabhängig davon, dass die Mittelinsel (Durchmesser ca. 14 m) entgegen dem ursprünglichen Bauprogramm nicht begrünt, sondern gepflastert und überfahrbar ausgestaltet werden soll (Bild der Bauarbeiten auf Bl. 44 der Widerspruchsakte). Schon das Vorhandensein einer solchen optisch abgegrenzten Mittelinsel, deren Größe die Fahrbahnbreiten der einmündenden Straßen deutlich übersteigt und damit aus jedem Blickwinkel eine deutliche Zäsur bewirkt, verstärkt den Eindruck der Eigenständigkeit.

Dieser Charakter als selbstständige Verkehrsanlage wird bestätigt durch die Straßenführung: Der Verkehrskreisel nimmt von Osten die Werner-Heisenberg-Straße (Fahrbahnbreite: 6,5 m) auf, von Süden die Gustav-Herz-Straße (eine Stichstraße mit 6 m Fahrbahnbreite) und von Westen einen Fuß- und Radweg (Breite: 2,5 m). Die im Bebauungsplan ausgewiesene Planstraße D als Verbindung nach Norden zum Hans-Ort-Ring soll nach dem Vorbringen der Klägerin nicht verwirklicht werden und bleibt deshalb bei der maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise außer Betracht. Nur vor dem Hintergrund dieser ursprünglich geplanten Verbindung erklären sich allerdings Gestalt und Ausmaß des „Kreisverkehrs“, der für die nunmehrige Funktion, die sich im Wesentlichen auf die Anbindung der Gustav-Hertz-Straße an das weiterführende Verkehrsnetz beschränkt, auch unter Berücksichtigung des Bedürfnisses nach einer Wendemöglichkeit überdimensioniert erscheint. In den Ausmaßen, in denen er gleichwohl tatsächlich angelegt wird, bildet er nicht nur eine augenfällige Zäsur der rechtwinklig zueinander angelegten Werner-Heisenberg- und Gustav-Herz-Straße, sondern auch eine eigene, selbstständige Verkehrsanlage. Die ihm von der Klägerin beigemessene Verkehrsfunktion auch als Wendemöglichkeit für den gewerblichen Verkehr auf der Werner-Heisenberg-Straße ist unerheblich. Sollte er, wie die Klägerin im Ausgangspunkt meint, dennoch lediglich als unselbstständiges Anhängsel anzusehen sein, kann die strittige Beitragsberechnung gleichwohl nicht überzeugen. Denn als Anhängsel wäre der Verkehrskreisel - bei natürlicher Betrachtungsweise - keineswegs automatisch, wie die Klägerin unterstellt, der Werner-Heisenberg-Straße zuzuordnen, sondern mit ebenso guten Gründen der Gustav-Hertz-Straße; das aber liefe auf eine mittige Teilung des „Kreisverkehrs“ und Zuordnung der beiden Teile zu den jeweils einmündenden Straßen hinaus mit der Folge, dass das Grundstück der Klägerin - wiederum - nicht von der Werner-Heisenberg-Straße erschlossen wäre.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Die Klägerin wirft die Frage auf, „ob eine Anlage wie der streitgegenständliche runde Platz bereits allein aufgrund ihrer Größe nicht Teil der Erschließungsanlage ‚Straße‘ sein kann, oder ob nicht vielmehr die Verkehrsbedeutung das entscheidende Kriterium ist und wie diese in Bezug auf Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit abgegrenzt werden kann“, ferner die Frage, „ob ein runder Platz, der die Verkehrsabwicklung in einer kreisenden Fahrweise ermöglicht, per se als Erschließungsanlage für die anliegenden Grundstücke ausfällt“. Diese Fragen lassen sich indes, soweit sie sich in dieser Form im vorliegenden Fall überhaupt in entscheidungserheblicher Weise stellen, aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beantworten und sind einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen festzusetzen.

(2) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte einer Erschließungsanlage können nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z. B. Grenzen von Bebauungsplangebieten, Umlegungsgebieten, förmlich festgelegten Sanierungsgebieten) gebildet werden. Für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden.

Tenor

I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. August 2016 - RN 4 K 15.422 - wird abgelehnt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 144.771‚38 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg‚ weil die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO) nicht vorliegen.

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel. Die Beklagte hat weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (vgl. dazu BVerfG‚ B.v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - JZ 2009‚ 850/851).

a) Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 28. November 2008‚ mit dem die Klägerin zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die bevorstehende erstmalige Herstellung der „Erschließungsanlage Thermalbad Griesbach - westliche Erschließungsanlage“ in Höhe von 178.353‚60 Euro herangezogen worden war‚ insoweit aufgehoben‚ als die festgesetzte Vorausleistung einen Betrag in Höhe von 33.582‚22 Euro übersteigt.

Es ist dabei entscheidungstragend davon ausgegangen‚ dass die der Abrechnung zugrunde liegende Annahme einer einzelnen Erschließungsanlage bestehend aus den im Bescheid genannten Verkehrseinrichtungen bzw. Straßenzügen (Kreisverkehr der Zufahrt‚ Verbindung zwischen Kurallee und Kur Platz‚ Kur Platz, ‚ Ludwigpromenade‚ Bürgermeister-H. Platz und Wendehammer am Ende des Maximiliantunnels) einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Nach der für die Abgrenzung des Ermittlungsraumes grundsätzlich maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise stelle vorliegend die Ludwigpromenade mit der FlNr. 602/39 beginnend im Norden bei der Einmündung in den Bürgermeister-H. Platz (FlNr. 810) bis zum Beginn des Wendehammers im Süden eine eigenständige Erschließungsanlage dar. Wo eine Erschließungsanlage beginne und wo sie ende, bestimme sich nach ständiger Rechtsprechung nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermittelten. Dieser Gesamteindruck habe sich auszurichten an der Straßenführung‚ Straßenlage‚ Straßenbreite und Straßenausstattung. Zu beantworten sei damit die Frage‚ auf welcher Trasse der Verkehrsteilnehmer den Eindruck habe‚ auf derselben Straße zu bleiben‚ und auf welcher er den Eindruck gewinne abzubiegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei es nicht entscheidungserheblich‚ dass verschiedenartig gestaltete Elemente der Erschließung den Nutzern gleichermaßen zur Verfügung stünden und es sich vorliegend um ein einheitlich genutztes Gebiet‚ ein Thermal-Kurgebiet‚ handle. Die von der Beklagten hervorgehobenen Kriterien wie die unterirdische Erschließung, einheitliche Regelung des oberirdischen Verkehrs mit E-Gas sowie einheitliche Zeiten für Lieferverkehr und An- und Abreise, seien nicht geeignet‚ die im Stadtratsbeschluss zum Ausdruck gebrachte Annahme der Beklagten zu rechtfertigen, die genannten verschiedenen Bestandteile bildeten eine einzelne Erschließungsanlage.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind auch die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB für die Zusammenfassung der Ludwigpromenade mit den weiteren Verkehrsanlagen zu einer Erschließungseinheit nicht gegeben. Die Klägerin könne daher lediglich zu Beiträgen für die erstmalige Herstellung der Ludwigpromenade (FlNr. 602/39) herangezogen werden‚ an der das klägerische Grundstück anliege.

b) Die von der Beklagten hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig und zeigen keine Gesichtspunkte auf‚ die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründen und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Der Senat teilt vielmehr die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin nach Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur zu Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Ludwigpromenade als der für sie maßgeblichen Erschließungsanlage herangezogen werden kann.

Der beitragsfähige Erschließungsaufwand ist gemäß § 130 Abs. 2 BauGB für „die einzelne Erschließungsanlage“ zu ermitteln (und auf die erschlossenen Grundstücke zu verteilen), es sei denn, die Gemeinde bildet wirksam Abschnitte einer Erschließungsanlage (Satz 1 Halbs. 2, Satz 2) oder entscheidet sich wirksam dafür, den Erschließungsaufwand „für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden“, insgesamt zu ermitteln. Mit dieser zwingenden gesetzlichen Vorgabe ist die von der Beklagten vorgenommene Abrechnung der „Thermalbad G. - westliche Erschließungsanlage“ unvereinbar, ohne dass das weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Sie zielt auf eine gesetzwidrige Zusammenfassung mehrerer einzelner Anlagen, die keine Erschließungseinheit bilden.

(1) Einzelne und für das klägerische Grundstück maßgebende Erschließungsanlage ist die Ludwigpromenade, die entgegen der Ansicht der Beklagten - ohne Zweifel -nicht als lediglich unselbstständiger Teil einer umfassenderen Verkehrsanlage angesehen werden kann.

Wie weit eine einzelne Anbau Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (ständige Rechtsprechung; etwa BayVGH, U.v. 30.11.2016 - 6 B 15.1835 - juris Rn. 23; B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 5 m.w.N.)

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen‚ dass der von der Beklagten gebildete Ermittlungsraum aus mehreren selbständigen Verkehrsanlagen besteht. So stellt die Kreisverkehrsanlage im Norden des Plangebietes schon allein wegen ihrer Größe ein eigenständiges Element des Verkehrsnetzes dar. Das Vorhandensein der optisch abgegrenzten Mittelinsel, deren Größe die Fahrbahnbreiten der einmündenden Straßen deutlich übersteigt und damit eine deutliche Zäsur bewirkt, verstärkt diesen Eindruck (vgl. dazu BayVGH, B.v. 25.8.2016 - 6 ZB 16.410 - juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 10.7.2014 - 2 S 2228/13 - juris Rn. 67). Dass auch der Bürgermeister-H. Platz und der Kur Platz augenfällig eigenständige Elemente des Verkehrsnetzes darstellen, ergibt sich bereits aus ihrem äußeren Erscheinungsbild, das sich sowohl im Hinblick auf die Ausstattung und gärtnerische Gestaltung als auch auf die flächenmäßige Ausdehnung deutlich von der nach Süden führenden Ludwigpromenade unterscheidet.

Mit dem Verwaltungsgericht ist die Ludwigpromenade, an der das klägerische Grundstück anliegt, als selbstständige Erschließungsanlage anzusehen, die im Süden im Anschluss an den Wendehammer beginnt und im Norden bei der Einmündung in den Bürgermeister-H. Platz endet. Sie stellt in dieser Ausdehnung mit einer Länge von etwa 380 m ein eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes der Beklagten dar und nicht etwa lediglich ein bloßes „Anhängsel“ der genannten Plätze. Anhaltspunkte, die einen anderen Anfangs- oder Endpunkt der Ludwigpromenade nahelegen würden, hat die Beklagte in ihrer Zulassungsbegründung nicht vorgetragen.

Die Beklagte geht im Übrigen selbst davon aus‚ dass der Kreisverkehr, der Kur Platz und der Bürgermeister-H. Platz, die sie als Bestandteile einer einheitlichen „Erschließungsanlage Thermalbad G. - westliche Erschließungsanlage“ betrachtet, unterschiedliche Funktionen erfüllen und auch kein einheitliches Bild abgeben. Ihre Ansicht‚ eine Aufspaltung in jeweils einzeln abzurechnende Erschließungsanlagen erscheine aufgrund der Besonderheiten künstlich und führe zu unterschiedlich hohen Beitragsbelastungen, obwohl allen im westlichen Plangebiet befindlichen Kurbetrieben identische Vorteile geboten würden, verfehlt indes den gesetzlich vorgegeben Anlagenbegriff. Auf den subjektiven planerischen und städtebaulichen Willen auf Seiten der Beklagten, dass es sich um eine Verkehrsanlage mit einer einheitlichen Bedeutung für das Kurgebiet handeln soll, kann es in diesem Zusammenhang nicht ankommen. Auch der Stadtratsbeschluss vom 27. November 2008 vermag an der Maßgeblichkeit der natürlichen Betrachtungsweise nichts zu ändern (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2015 - 6 ZB 14.2843 - juris Rn. 8; U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206/208).

(2) Dem Verwaltungsgericht ist weiter in der Annahme zu folgen, dass die Ludwigpromenade nicht zusammen mit den übrigen Verkehrsanlagen des westlichen Teils des Plangebietes nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB insgesamt abgerechnet werden darf.

Der Erschließungsaufwand kann nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB nur dann für mehrere Anlagen insgesamt ermittelt (und verteilt) werden, wenn diese Anlagen „für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden“. Die Gemeinde darf also nicht etwa beliebig eine Erschließungseinheit bilden. Sie kann nach ihrem Ermessen vielmehr (nur) entscheiden, dass sie eine tatsächlich vorhandene Erschließungseinheit in Ausnahme von der allgemeinen Regel einer Einzelabrechnung insgesamt abrechnen will. Zur Annahme einer solchen Erschließungseinheit reicht es nicht aus, dass mehrere selbstständige Anlagen miteinander verbunden sind und ein siedlungsmäßig oder sonst sichtbar abgrenzbares System etwa innerhalb eines Baugebiets darstellen. Erforderlich ist nach dem Gesetzeszweck vielmehr ein besonderer funktionaler Zusammenhang. Den tragenden Grund für die Erschließungseinheit bildet nämlich das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße. Er bewirkt, dass die durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke keinen höheren Sondervorteil genießen als die durch die Neben Straße erschlossenen Grundstücke. Diese durch die Hauptstraße vermittelte Vorteilsgemeinschaft rechtfertigt eine gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Erschließungsaufwands mit dem Ziel, die Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der regelmäßig aufwändigeren Hauptstraße zu nivellieren. Ein solcher besonderer funktionaler Zusammenhang liegt nur vor, wenn mehrere Anbaustraßen derart in Beziehung zueinanderstehen, dass eine abhängige (Neben-)Straße ihre Funktion lediglich im Zusammenwirken mit einer bestimmten anderen (Haupt-)Straße in vollem Umfang zu erfüllen geeignet ist, wenn also ausschließlich die letztere der ersteren die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 10.6.2009 - 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139 Rn. 24; U.v. 12.5.2016 - 9 C 11.15 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 25.7.2012 - 6 ZB 10.1412 - juris Rn. 8).

Eine solche Fallkonstellation liegt offenkundig nicht vor. Sowohl die Ludwigpromenade als auch die übrigen von der Beklagten zur Erschließungseinheit „Thermalbad Griesbach - westliche Erschließungsanlage“ zusammengefassten Verkehrsanlagen weisen zumindest jeweils zwei Anbindungen an das übrige Straßennetz auf‚ so dass es an dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zwischen Haupt- und Neben Straße und damit an der eine gemeinsame Abrechnung rechtfertigenden Vorteilsgemeinschaft fehlt. Dass die Verkehrsanlagen ein mehr oder weniger abgegrenztes Verkehrssystem in einem Kurgebiet mit homogener Nutzung darstellen‚ kann den erforderlichen besonderen funktionalen Zusammenhang nicht ersetzen. Die Zusammenfassung durch den Stadtratsbeschluss vom 17. Oktober 1984 war daher rechtswidrig und bereits deshalb für die Beitragserhebung unbeachtlich; welche Auswirkungen der Beschluss vom 27. November 2008 auf ihn hatte, kann mithin dahinstehen.

2. Der Berufungszulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

Die mit dem Zulassungsantrag angesprochenen Gesichtspunkte lassen sich aus den oben genannten Gründen ohne weiteres aufgrund des Gesetzes und der Rechtsprechung beantworten und bedürfen nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren. Die seitens der Beklagten herausgestellte Besonderheit‚ dass vorliegend ein Kurgebiet durch eine (oder mehrere) Verkehrsanlage(n) von besonderer Qualität und Funktion erschlossen werde‚ kann eine gemeinsame Abrechnung als Erschließungseinheit aus den dargelegten Gründen nicht rechtfertigen.

3. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die von der Beklagten formulierten Fragen gehen, soweit sie überhaupt über den konkreten Fall hinaus einer allgemeinen Klärung zugänglich sein sollten, von einem unzutreffenden Verständnis der erschließungsbeitragsrechtlichen Begriffe „einzelne Anlage“ und „Erschließungseinheit“ aus. Sie können sich deshalb in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen. Das gilt insbesondere für die unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Januar 2013 - 9 C 1.12 - formulierte Frage, „ob verschiedene Anlagen, die völlig unterschiedliche Kosten verursachen, jeweils unterschiedliche sehr spezielle Zwecke aufweisen … als Erschließungseinheit zusammengefasst werden können bzw. … müssen“. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in der genannten Entscheidung - freilich nur für das bundesrechtliche, nicht das bayerische Erschließungsbeitragsrecht - daran festgehalten, dass es als Tatbestandsvoraussetzung für eine Zusammenfassungsentscheidung der funktionalen Abhängigkeit zwischen der Hauptstraße und einer von ihr abzweigenden Neben Straße bedarf; es hat in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (lediglich) entschieden, dass im Verhältnis mehrerer von derselben Hauptstraße abzweigenden Nebenstraßen untereinander keine funktionale Abhängigkeit bestehen braucht. Mit Blick auf die nach Ansicht der Beklagten zusammenzufassenden Verkehrsanlagen fehlt es jedoch an jeglicher funktionalen Abhängigkeit; es gibt unter den in Frage kommenden Verkehrsanlagen keine Hauptstraße und keine allein von dieser funktional abhängigen Neben Straße(n).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger zu 1) wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung von Erschließungsbeiträgen.

2

Er ist zusammen mit der Klägerin zu 2) Miteigentümer des 1 068 qm großen Wohngrundstücks A... in M..., das von den Straßen "A..." und "M...weg" erschlossen wird. Beim "M.weg" handelt es sich um eine von der Straße "A..." abzweigende Stichstraße. Von der Straße "A..." zweigt ferner die Straße "Auf dem F..." ab, die nach ringförmigem Verlauf wieder in sie einmündet. Die Anlieger dieser drei Straßen können das übrige Straßennetz nur über die Straße "A..." erreichen.

3

Die Beklagte ermittelte den beitragsfähigen Erschließungsaufwand gemäß einem Beschluss ihres Rates für jede dieser drei Straßen gesondert. Danach beträgt der Beitragssatz (in € pro qm Geschossfläche) für die Straßen "A..." 30,874451, "M...weg" 21,306767 und "Auf dem F..." 17,728378; bei gemeinsamer Abrechnung des Erschließungsaufwands ergibt sich ein einheitlicher Beitragssatz von 23,794612 € pro qm Geschossfläche. Mit an den Kläger zu 1) gerichteten Bescheiden vom 26. Juli 2010 wurde der Erschließungsbeitrag für die Straße "A..." in Höhe von 13 189,57 € und für die Straße "M...weg" in Höhe von 9 102,25 € festgesetzt. Nach der Eckgrundstücksvergünstigung der Beitragssatzung der Beklagten wurde die Fläche des Wohngrundstücks der Kläger bei der Verteilung des Aufwandes für die Straßen "A..." und "M...weg" jeweils nur mit der Hälfte angesetzt.

4

Mit Bescheid vom 26. Mai 2011 wurden die Widersprüche der Kläger im Wesentlichen zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat das Verfahren hinsichtlich der Klage der Klägerin zu 2) nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten eingestellt; bei der Kostenentscheidung ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Klage voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre. Die Klage des Klägers zu 1) hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und sowohl die Berufung als auch die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u.a. ausgeführt: Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Erschließungsaufwand für die drei Straßen gesondert ermittelt und auf die jeweils durch diese Straßen erschlossenen Grundstücke verteilt habe. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gemeinsame Abrechnung lägen nicht vor. Es genüge nicht, dass die Anlieger der beiden Nebenstraßen "M...weg" und "Auf dem F..." auf die Nutzung der Haupterschließungsstraße "A..." angewiesen seien, um das übrige Straßennetz zu erreichen. Vielmehr müsste eine derartige funktionale Abhängigkeit auch im Verhältnis mehrerer Nebenstraßen untereinander bestehen, woran es offenkundig fehle. Da bereits der Tatbestand einer Erschließungseinheit nicht erfüllt sei, spiele es keine Rolle, dass das Ermessen zur gemeinsamen Ermittlung des Erschließungsaufwands auf Null reduziert wäre, weil der Beitragssatz für die Haupterschließungsstraße "A..." bei getrennter Abrechnung um mehr als ein Drittel höher liege als die Beitragssätze für die Nebenstraßen.

5

Der Kläger zu 1) hat Sprungrevision eingelegt. Er rügt u.a., dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts das für das Beitragsrecht maßgebliche Vorteilsprinzip in sein Gegenteil verkehre. Hinsichtlich des gemeinsamen Angewiesenseins auf die aufwändigere Hauptstraße und der daraus folgenden Vorteilsgleichheit mache es keinen Unterschied, ob nur eine oder mehrere Nebenstraßen abzweigten. Ein Ausgleich der unterschiedlichen Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der Hauptstraße durch gemeinsame Abrechnung des Erschließungsaufwands sei umso dringender, je mehr Nebenstraßen vorhanden seien, weil damit die Anzahl der auf die Hauptstraße angewiesenen Anlieger und zugleich der Herstellungsaufwand für dieselbe steige.

6

Der Kläger zu 1) beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 21. November 2011 zu ändern und die Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten für die Straße "A..." und die Straße "M...weg" vom 26. Juli 2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2011, aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Entscheidungsgründe

9

1. Die vom Verwaltungsgericht im Urteil zugelassene Sprungrevision des Klägers zu 1) ist zulässig. Die nach § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche Zustimmung des Rechtsmittelgegners zur Einlegung der Sprungrevision liegt vor. Ausweislich der vom Kläger mit der Einlegung der Sprungrevision vorgelegten Niederschrift der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erklärt, "einer eventuell beabsichtigten Sprungrevision" zuzustimmen. Diese Erklärung genügt den strengen Anforderungen an die Eindeutigkeit des Erklärten, die an eine solche Vorabzustimmung wegen des damit verbundenen Verzichts auf die Einlegung der Berufung und auf Verfahrensrügen (§ 134 Abs. 4 VwGO) ohne Kenntnis des Urteils zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 28. März 1985 - BVerwG 3 C 62.84 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 29 S. 16; Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand August 2012, § 134 Rn. 18 m.w.N.). Der Wortlaut der Erklärung lässt eine Auslegung als bloßes Einverständnis mit der - die Rechtsmittelmöglichkeiten erweiternden - Zulassung der Sprungrevision durch das Gericht nicht zu. Mit der "eventuell beabsichtigten Sprungrevision" kann nur die Einlegung der Sprungrevision durch den Kläger gemeint sein, der zugestimmt wird. Hier lagen zudem besondere Umstände vor, die die Auslegung der Protokollerklärung als eindeutige Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision zusätzlich stützen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit nämlich offenkundig einvernehmlich zum Anlass genommen, die Frage, ob eine Hauptstraße und mehrere von ihr abzweigende Nebenstraßen eine Erschließungseinheit bilden, alsbald durch das Bundesverwaltungsgericht klären zu lassen (vgl. Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 30.08 - NVwZ-RR 2010, 146 Rn. 10 ).

10

2. Die Sprungrevision ist auch begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Entgegen der Auffassung des Gerichts sind die angefochtenen Beitragsbescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger zu 1) in seinen Rechten, weil der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die Straßen "A...", "M...weg" und "Auf dem F..." nicht für die einzelnen Straßen, sondern gemäß § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB insgesamt hätte ermittelt werden müssen; das führt zur teilweisen Aufhebung der angefochtenen Beitragsbescheide (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO).

11

a) Gemäß § 130 Abs. 2 Sätze 1 und 3 BauGB kann der beitragsfähige Erschließungsaufwand für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden; für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Straßen "A...", "M...weg" und "Auf dem F..." bildeten keine Erschließungseinheit. Die beiden zuletzt genannten Straßen seien zwar jeweils von der Haupterschließungsstraße "A..." funktional abhängig, stünden jedoch untereinander nicht in einem Verhältnis funktionaler Abhängigkeit. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Erschließungseinheit i.S.d. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu eng gefasst. Eine Erschließungseinheit i.S.d. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB liegt auch dann vor, wenn von derselben Hauptstraße nicht nur eine, sondern mehrere funktional von ihr abhängige Nebenstraßen abzweigen. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (aa). An dieser Rechtsprechung hält der Senat aber nicht fest (bb).

12

aa) Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können eine Hauptstraße und mehrere von ihr abzweigende Nebenstraßen keine Erschließungseinheit bilden (vgl. Urteil vom 25. Februar 1994 - BVerwG 8 C 14.92 - BVerwGE 95, 176 <182 f.>). § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB begründet die Regel, dass an der Verteilung des für eine bestimmte selbständige Erschließungsanlage entstandenen beitragsfähigen Aufwands nur die Grundstücke zu beteiligen sind, die durch diese Anlage erschlossen werden. Abweichend hiervon können die Anlieger einer Straße nur dann im Wege gemeinsamer Abrechnung am Aufwand für eine andere selbständige Straße beteiligt werden, wenn diese andere Straße ihnen einen annähernd gleichen Sondervorteil vermittelt wie den dortigen Anliegern. Diese Voraussetzung ist nach bisheriger Rechtsprechung nur im Verhältnis von Hauptstraße und einer von ihr abzweigenden selbständigen Nebenstraße (Stich- oder Ringstraße) gegeben, nicht jedoch dann, wenn mehrere Nebenstraßen vorhanden sind: Eine Nebenstraße müsse von den Anliegern der anderen Nebenstraßen nicht benutzt werden, um das übrige Straßennetz der Gemeinde zu erreichen; sie vermittle ihnen daher keinen über den Gemeinvorteil hinausgehenden Sondervorteil, was Voraussetzung für eine gemeinsame Abrechnung sei.

13

bb) An dieser Rechtsauffassung hält der Senat jedenfalls insoweit nicht mehr fest, als es um das - nicht zu erfüllende - Erfordernis funktionaler Abhängigkeit auch im Verhältnis mehrerer Nebenstraßen untereinander geht. Ein solches Erfordernis wird der Vorteilssituation bei mehreren von derselben Hauptstraße abzweigenden Nebenstraßen nicht gerecht. Diese unterscheidet sich nicht wesentlich von der Vorteilslage bei der als Erschließungseinheit anerkannten Verbindung von Hauptstraße und einer von ihr funktional abhängigen Nebenstraße. Als tragender Grund für eine Erschließungseinheit wird insoweit das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße angesehen, das bewirkt, dass die durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke keinen höheren Sondervorteil genießen als die durch die Nebenstraße erschlossenen Grundstücke. Diese durch die Hauptstraße vermittelte Vorteilsgemeinschaft rechtfertigt eine gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Erschließungsaufwands mit dem Ziel, die Beitragsbelastung zugunsten der Anlieger der regelmäßig aufwändigeren Hauptstraße zu nivellieren, ohne dass es darauf ankommt, ob auf diese Weise gerade die durch den gemeinsamen Sondervorteil verursachten ausstattungsbedingten Mehrkosten der Hauptstraße ausgeglichen werden (vgl. Urteil vom 10. Juni 2009 - BVerwG 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139 Rn. 24 und 34 ff.). Demgegenüber wäre eine Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße im Wege gemeinsamer Abrechnung nicht vorteilsgerecht, weil die Nebenstraße ihrerseits den von der Hauptstraße erschlossenen Grundstücken keinen über den Gemeinvorteil hinausgehenden Sondervorteil bieten kann. Der fehlenden funktionalen Abhängigkeit der Hauptstraße von der Nebenstraße trägt das Verbot der Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße als negatives Tatbestandsmerkmal einer Erschließungseinheit i.S.d. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB Rechnung (vgl. Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 26 m.w.N.).

14

Eine vergleichbare Vorteilsgemeinschaft besteht auch dann, wenn nicht nur eine, sondern mehrere Nebenstraßen von derselben Hauptstraße abzweigen. Auch hier bewirkt das gemeinsame Angewiesensein aller Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße, dass der Sondervorteil der durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke dem Sondervorteil der durch die Nebenstraßen erschlossenen Grundstücke entspricht. Der durch die Hauptstraße vermittelte Sondervorteil ist zudem für die Anlieger der verschiedenen von ihr abzweigenden Nebenstraßen gleich groß. Denn alle sind gleichermaßen auf die Nutzung der Hauptstraße angewiesen; Unterschiede beim Herstellungsaufwand für die jeweilige Nebenstraße oder bei deren Ausstattung spielen insoweit keine Rolle. Dass die mehreren Nebenstraßen selbst den Anliegern der anderen Straßen keinen über den Gemeinvorteil hinausreichenden Sondervorteil bieten können, ist auch hier nur insoweit von Bedeutung, als eine gemeinsame Abrechnung keine Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße zur Folge haben darf. Damit kann auch bei mehreren Nebenstraßen der Zwang zur Benutzung der Hauptstraße und die daraus folgende Vorteilsgleichheit als tragender Grund für das Vorliegen einer Erschließungseinheit gelten.

15

Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB auf die Einheit von Hauptstraße und mehreren Nebenstraßen ist nicht zuletzt deshalb geboten, um der Vorteilsgerechtigkeit widersprechende Unterschiede der Beitragsbelastung zu vermeiden (zum "Spannungsverhältnis" zwischen dem Erfordernis funktionaler Abhängigkeit der Nebenstraßen untereinander und dem Vorteilsprinzip vgl. Thielmann, KStZ 2009, 161 <162>), was wiederum zur besseren Akzeptanz der Beitragsveranlagung insbesondere im Verhältnis der Anlieger von Haupt- und Nebenstraßen beitragen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 2 S 1294/11 - VBlBW 2012, 301 unter Bezugnahme auf LTDrucks 13/3966 S. 59). Dies zeigt gerade der vorliegende Fall, in dem bei einer getrennten Abrechnung die Anlieger der Hauptstraße im Vergleich zu den Anliegern der beiden Nebenstraßen trotz gleicher Vorteilslage um mehr als ein Drittel höher belastet werden. Der Kläger weist außerdem zu Recht darauf hin, dass das Bedürfnis nach einem Belastungsausgleich zugunsten der Anlieger der Hauptstraße mit der Anzahl der Nebenstraßen tendenziell steigt, weil dann noch mehr Anlieger auf die Benutzung der Hauptstraße angewiesen sind mit der Folge, dass diese regelmäßig noch aufwändiger gebaut werden muss. Eine vorteilsgerechte Lösung kann auch nicht dadurch erzielt werden, dass die Hauptstraße nur mit einer Nebenstraße zur gemeinsamen Ermittlung und Verteilung des Aufwandes verbunden wird. Dies würde eine Privilegierung der Anlieger der anderen, einzeln abgerechneten Nebenstraßen bedeuten, für die es angesichts des gemeinsamen Sondervorteils an der Hauptstraße keinen sachlichen Grund gibt. Davon abgesehen ist der Normstruktur des § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB ein - der Rechtsklarheit dienendes - Verbot der Aufspaltung einer Erschließungseinheit zu entnehmen; der Erschließungsaufwand für die zu einer Erschließungseinheit verbundenen Anlagen kann nur entweder gemeinsam für alle Anlagen oder für jede Anlage einzeln ermittelt und verteilt werden.

16

Der Senat hat erwogen, das Vorliegen einer Erschließungseinheit für den - hier nicht gegebenen - Fall zu verneinen, dass die gemeinsame Abrechnung des Erschließungsaufwands nicht nur einen Belastungsausgleich zugunsten der Anlieger der Hauptstraße zur Folge hat, sondern auch eine Quersubventionierung unter den Anliegern mehrerer Nebenstraßen bewirkt, weil eine solche Subventionierung mangels funktionaler Abhängigkeit der Nebenstraßen untereinander nicht unmittelbar auf das Vorteilsprinzip gestützt werden kann. Ein solcher Fall mag ausnahmsweise dann eintreten können, wenn der für eine besonders aufwändige Nebenstraße bei getrennter Abrechnung anzuwendende Beitragssatz nur wenig unterhalb des Beitragssatzes für die Hauptstraße liegt, während für eine andere besonders kostengünstige Nebenstraße nur ein geringer Beitragssatz anfällt. Für diese Situation ist denkbar, dass der einheitliche Beitragssatz niedriger ist als der Beitragssatz für die aufwändige Nebenstraße bei getrennter Abrechnung; die gemeinsame Abrechnung geht in einem solchen Fall allein zu Lasten der Anlieger der besonders kostengünstigen Nebenstraße. Indes sprechen zum einen Praktikabilitätserwägungen und der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit dagegen, neben dem Verbot der Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße in einem Verbot der Quersubventionierung unter den Anliegern der Nebenstraßen ein weiteres, mit einer Prognose der künftigen Beitragsbelastungen verbundenes negatives Tatbestandsmerkmal der Erschließungseinheit zu erkennen. Es handelt sich zum anderen um einen Aspekt, der die infolge des gemeinsamen Angewiesenseins auf die Hauptstraße bestehende Vorteilsgemeinschaft und den darauf gestützten Belastungsausgleich zugunsten der Anlieger der Hauptstraße nicht berührt. Wie bereits ausgeführt, wirkt sich ein unterschiedlicher Herstellungsaufwand für die Nebenstraßen nicht auf den durch die Hauptstraße vermittelten gemeinsamen Sondervorteil aus. Aus denselben Gründen kommt auch der Umstand, dass die Anlieger der Nebenstraßen in unterschiedlichem Umfang zur Entlastung der Anlieger der Hauptstraße beitragen, je nach dem, wie hoch der Beitragssatz bei getrennter Abrechnung ist, nicht als Ausschlusskriterium einer Erschließungseinheit in Betracht.

17

b) Es besteht eine Rechtspflicht, den Erschließungsaufwand für die nach den obigen Ausführungen zu einer Erschließungseinheit verbundenen Straßen "A...", "M...weg" und "Auf dem F..." gemeinsam abzurechnen. Das Ermessen, das § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB der Beklagten grundsätzlich eröffnet (aa), ist unter den hier gegebenen Umständen auf Null reduziert (bb - dd).

18

aa) Grundsätzlich hat die Gemeinde im Rahmen des ihr eröffneten Ermessens zu entscheiden, ob eine Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße trotz gleicher Vorteilslage hingenommen werden soll. Dabei wird die Ermessensausübung umso mehr auf eine gemeinsame Abrechnung zulaufen müssen, je größer die Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße ist (vgl. Urteil vom 10. Juni 2009 - BVerwG 9 C 2.08 - BVerwGE 134, 139 Rn. 31). Das schließt nicht aus, im Rahmen des nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB eröffneten Ermessens von einer gemeinsamen Ermittlung und Verteilung des Aufwands für die eine Erschließungseinheit bildenden Anlagen abzusehen, falls damit ausnahmsweise eine Quersubventionierung der Anlieger einer im Vergleich zu den anderen Anlagen besonders aufwändigen Nebenstraße verbunden ist. Das gilt zumal dann, wenn der hohe Aufwand nicht lediglich auf topografischen Besonderheiten beruht (etwa Notwendigkeit von Böschungen und Stützmauern bei Hanglage), sondern einer besseren Ausstattung der Nebenstraße dient und damit zusätzliche Vorteile mit sich bringt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2011 a.a.O. S. 302). Dabei ist allerdings auch das gegenläufige Interesse zu veranschlagen, eine Mehrbelastung der Anlieger der Hauptstraße trotz gleichem Sondervorteil zu verhindern. Im Übrigen können auch Praktikabilitätserwägungen wie etwa Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Unternehmerrechnungen zur einzelnen Straße als für eine gemeinsame Abrechnung des Aufwands für die Erschließungseinheit sprechender Belang berücksichtigt werden.

19

bb) Der Senat hat für eine Erschließungseinheit mit nur einer von der Hauptstraße abzweigenden Nebenstraße ausgesprochen, dass das der Gemeinde eingeräumte Ermessen bei der Entscheidung über die gemeinsame Ermittlung und Verteilung des Aufwands auf Null reduziert ist, wenn bei getrennter Abrechnung die Grundstücke, die an der einen, regelmäßig aufwändiger hergestellten Anlage (Hauptstraße) liegen, im Vergleich mit den Grundstücken an der anderen, regelmäßig weniger aufwändig hergestellten und funktional abhängigen Anlage (Nebenstraße) mit um mehr als ein Drittel höheren Kosten belastet würden, bemessen nach dem für die jeweilige Erschließungsanlage sich ergebenden Beitragssatz in € pro qm beitragspflichtiger Veranlagungsfläche (Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 30, 36). Für den hier vorliegenden Fall mehrerer funktional von einer Hauptstraße abhängiger Nebenstraßen gilt, dass eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung dann besteht, wenn bei Einzelabrechnung der sich für die Hauptstraße ergebende Beitragssatz um mehr als ein Drittel höher liegt als die Beitragssätze für jede Nebenstraße.

20

Die Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung der eine Erschließungseinheit bildenden Straßen entsteht unabhängig von einem entsprechenden Willen der Gemeinde (vgl. Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 42), wenn im Zeitpunkt unmittelbar vor der endgültigen Herstellung der ersten Straße absehbar ist, dass bei getrennter Abrechnung der sich für die Hauptstraße ergebende Beitragssatz voraussichtlich um mehr als ein Drittel höher sein wird als die Beitragssätze für die Nebenstraßen; eine einmal entstandene Rechtspflicht wird durch nachträgliche Änderungen der für die Prognose der künftigen Beitragsbelastung bei Einzelveranlagung maßgeblichen Verhältnisse nicht berührt (vgl. auch Thielmann, KStZ 2009, 161 <162 f.> sowie Strayle/Reif, BWGZ 2010, 80 <82>). Ergibt die Prognose, dass die Voraussetzungen für eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung der Erschließungseinheit vorliegen, ist die Gemeinde im Interesse der Rechtsklarheit gehalten, dieser Pflicht durch eine ausdrückliche Zusammenfassungsentscheidung Rechnung zu tragen. Hat die Gemeinde eine solche Klärung unterlassen, wie dies hier mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung geschehen ist, hat im Streitfall die Prognose der Beitragsbelastung der Anlieger der Hauptstraße im Vergleich zu den Anliegern einer oder mehrerer Nebenstraßen nachträglich, bezogen auf die Verhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt unmittelbar vor endgültiger Herstellung der ersten Straße der Erschließungseinheit zu erfolgen. Die eigentlich erforderliche Zusammenfassungsentscheidung wird damit fingiert (vgl. Thielmann a.a.O. S. 162 und Strayle/Reif a.a.O. S. 81).

21

cc) Ausgehend davon ist hier eine Rechtspflicht zur gemeinsamen Ermittlung und Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands für die Straßen "A...", "M...weg" und "Auf dem F..." entstanden. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass diese Straßen im Jahr 2008 technisch hergestellt und im Jahre 2010 gewidmet wurden. Bereits im Jahr 2008 seien aufgrund der Schlussrechnungen für den Tiefbau die Beitragssätze bekannt gewesen, wie sie der endgültigen Veranlagung zugrunde gelegt worden seien; nach dem Jahr 2008 seien nur noch Vermessungskosten abgerechnet worden. Zwar sind diese Umstände tatrichterlich nicht festgestellt; da der Kläger zu 1) sie aber auch nicht ansatzweise bestritten hat, kann der Senat sie als gegeben hinnehmen (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Fallkonstellation: Urteil vom 20. Mai 2009 - BVerwG 6 C 14.08 - Buchholz 442.041 PostG Nr. 10 Rn. 12 m.w.N.). Somit steht fest, dass unmittelbar vor der endgültigen Herstellung der ersten Straße absehbar war, dass bei getrennter Abrechnung für die Anlieger der Hauptstraße um mehr als ein Drittel höhere Beitragssätze gelten würden als für die Anlieger der beiden Nebenstraßen.

22

dd) Die sonach entstandene Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung ist auch nicht deshalb erloschen, weil mit der endgültigen Herstellung der hier in Rede stehenden Straßen die Beitragspflicht entsprechend dem Aufwand für die einzelne Anlage entstanden ist.

23

Gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen die (sachliche) Beitragspflicht unabhängig von einem darauf gerichteten Willen der Gemeinde und unabhängig von der Geltendmachung durch Beitragsbescheide. Diese einmal entstandene Beitragspflicht kann nicht nachträglich zu einem anderen Zeitpunkt und in anderer Höhe noch einmal entstehen. Der beitragsfähige Aufwand darf dann ausschließlich für die einzelne Erschließungsanlage ermittelt und auf die von ihr erschlossenen Grundstücke verteilt werden. Eine Gemeinde kann den Eintritt dieser Rechtsfolgen dadurch verhindern, dass sie die zu einer Erschließungseinheit verbundenen Anlagen vor dem Entstehen der Beitragspflicht für die Einzelanlagen zur gemeinsamen Abrechnung zusammenfasst. Eine solche Zusammenfassungsentscheidung "sperrt" das Entstehen einer Beitragspflicht für die Einzelanlagen; sie lässt eine Beitragspflicht frühestens entstehen, wenn alle zur gemeinsamen Abrechnung zusammengefassten Anlagen den Herstellungsmerkmalen der Satzung entsprechend ausgebaut worden sind (vgl. Urteil vom 26. September 1983 - BVerwG 8 C 47.82 u.a. - BVerwGE 68, 48 <53 f.>).

24

Vorliegend fehlt eine Entscheidung zur gemeinsamen Abrechnung, welche das Entstehen der Beitragspflicht hätte "sperren" können. Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die Straßen inzwischen endgültig hergestellt wurden. Gleichwohl ist die Beitragspflicht nicht für die einzelne Anlage in Höhe des jeweiligen beitragsfähigen Aufwands entstanden mit der Folge, dass eine pflichtgemäße gemeinsame Abrechnung ausgeschlossen ist (a.A. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 14 Rn. 49). Besteht eine Rechtspflicht zur gemeinsamen Abrechnung, sind "Erschließungsanlagen" i.S.d. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht die einzelnen Anlagen, sondern die nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB zur Erschließungseinheit verbundenen Anlagen; die sachliche Beitragspflicht entsteht somit erst, wenn die Erschließungseinheit als ganze endgültig hergestellt ist (vgl. bereits Urteil vom 15. September 1978 - BVerwG 4 C 50.76 - BVerwGE 56, 238 <242>). Anders als bei einer gemeinsamen Abrechnung nach Ermessen bedarf es insoweit keiner rechtzeitigen ausdrücklichen Zusammenfassungsentscheidung der Gemeinde, um das Entstehen einer auf die Einzelanlagen bezogenen Beitragspflicht zu "sperren". Hat die Gemeinde eine ausdrückliche Zusammenfassungsentscheidung, zu der sie im Interesse der Rechtsklarheit gehalten war, unterlassen, tritt die oben genannte fiktive Zusammenfassungsentscheidung bei nachträglicher Feststellung der Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung an deren Stelle (vgl. Thielmann a.a.O. S. 162).

25

c) Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, selbst zu prüfen, ob ein auf Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt zumindest hinsichtlich eines Teilbetrags in bestimmter Höhe aufrechterhalten bleiben kann (Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 40). Das ist hier der Fall. Die Sache ist spruchreif, weil zwischen den Beteiligten die Höhe des vom Kläger zu 1) geschuldeten Erschließungsbeitrags bei gemeinsamer Abrechnung des Aufwandes für die hier in Rede stehenden Straßen unstreitig ist (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <107>; stRspr). Unter Ansatz des bei gemeinsamer Abrechnung geltenden einheitlichen Beitragssatzes von 23,794612 € pro qm Geschossfläche ergibt sich für das Wohngrundstück der Kläger ein Beitrag in Höhe von 20 330,12 €; die angefochtenen Bescheide, mit denen auf der Grundlage getrennter Abrechnung ein Beitrag von insgesamt 22 282,16 € festgesetzt wurde, sind dementsprechend jeweils um den Betrag von 976,02 € zu reduzieren.

(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen festzusetzen.

(2) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte einer Erschließungsanlage können nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z. B. Grenzen von Bebauungsplangebieten, Umlegungsgebieten, förmlich festgelegten Sanierungsgebieten) gebildet werden. Für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.