Tenor

Soweit die Kläger die Klagen zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13.12.2007 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Kosovo vorliegen. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Kläger und die Beklagte je die Hälfte.

Tatbestand

 
Die Kläger sind serbische Staatsangehörige und gehören zur Volksgruppe der Ashkali. Sie stammen aus dem Kosovo. Die am 10.07.1974 geborene Klägerin zu 1 reiste am 03.12.1991 in das Bundesgebiet ein. Am 04.12.1991 beantragte sie die Gewährung von Asyl. Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28.06.1994 wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Außerdem wurde der Klägerin mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Jugoslawien (Rest) angedroht. Die hierauf erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 15.08.1995 - A 12 K 17592/94 - ab.
Die am 01.05.1993 in Deutschland geborene Klägerin zu 2 und die am 22.10.1995 gleichfalls in Deutschland geborene Klägerin zu 3 beantragten am 28.06.1993 bzw. 16.11.1995 die Gewährung von Asyl. Diese Asylanträge lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 20.12.1995 ab und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte den Klägern mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung nach Jugoslawien an. Die hierauf erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 23.04.1996 - A 9 K 10052/96 - ab.
Am 06.04.2000 stellten die Klägerinnen zu 1, 2 und 3 Schutzgesuche hinsichtlich des Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG. Mit Bescheid vom 16.12.2002 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Abänderung der Bescheide vom 20.12.1995 und 28.06.1994 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab.
Der am 25.12.1997 in Deutschland geborene Kläger zu 4 beantragte am 23.10.2001 die Gewährung von Asyl. Diesen Antrag nahm er mit Schriftsatz vom 21.02.2002 zurück. Mit Bescheid vom 16.12.2002 stellte das Bundesamt das Asylverfahren ein und stellte gleichzeitig fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Weiter wurde dem Kläger zu 4 mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) angedroht.
Am 04.04.2005 stellten die Kläger zu 2, 3 und 4 Asylfolgeanträge. Mit Bescheid vom 07.06.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge der Kläger zu 3 und 4 auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung der Bescheide vom 20.12.1995 und 16.12.2002 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab. Mit weiterem Bescheid vom 07.06.2005 lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin zu 2 auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG nicht vorliegen. Weiter wurde der Klägerin zu 2 mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung nach Serbien und Montenegro (Kosovo) angedroht. Die hierauf erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteile vom 08.09.2005 - A 4 K 11480/05 und A 4 K 11479/05 - ab.
Die am 04.06.2002 in Deutschland geborene Klägerin zu 5 beantragte am 12.05.2005 die Gewährung von Asyl. Mit Bescheid vom 06.06.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG nicht vorliegen. Gleichzeitig wurde der Klägerin zu 5 mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung nach Serbien und Montenegro (Kosovo) angedroht. Die hierauf erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 08.09.2005 - A 4 K 11481/05 - ab.
Im Juli 2005 wurden die Kläger in das Kosovo abgeschoben. Am 23.04.2007 reisten die Kläger erneut in das Bundesgebiet ein. Mit Schriftsatz vom 25.04.2007 beantragten die Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach ihrer Abschiebung in das Kosovo hätten die Kläger weder eine Unterkunft noch Geld oder Lebensmittel erhalten. Für ca. 2 Monate hätten sie Aufnahme bei einer bekannten Familie gefunden. Danach hätten sie sich drei Monate in Kroatien aufgehalten und die meiste Zeit auf der Straße gelebt. Anschließend hätten sie sich nach Montenegro begeben und einige Zeit Aufnahme bei einer älteren Frau, die Mitleid gehabt habe, gefunden. Die Klägerin zu 1 leide an totaler psychischer Erschöpfung und an ständigen Kopfschmerzen. Die Klägerin zu 2 leide u. a. an Asthma Bronchiale. Nach ihrer Abschiebung in das Kosovo hätten sie keine medizinische Hilfe erhalten.
Mit Schriftsatz vom 02.05.2007 trugen die Kläger weiter vor, im Kosovo hätten sie von keiner Stelle Unterkunft und Lebensunterhalt erhalten. Deshalb hätten sie sich gezwungen gesehen, sich in Nachbarstaaten zu begeben, um dort ihr physisches Überleben zu sichern; dies sei jedoch nicht gelungen. Die Verweigerungshaltung staatlicher Stellen sei auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie zur Volksgruppe der Ashkali gehörten. Durch die katastrophalen Lebensumstände in den letzten zwei Jahren habe sich der Gesundheitszustand der Kläger erheblich verschlechtert.
Mit weiterem Schriftsatz vom 21.09.2007 trug die Klägerin zu 1 vor, sie leide unter einer psychischen Erkrankung und benötige eine Psychotherapie, die ihr das Landratsamt … jedoch aus Kostengründen verweigere. Bei einer Rückkehr in das Kosovo sei mit einer erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu rechnen. Als Angehörige der Volksgruppe der Ashkali könne sie nicht mit einer kostenlosen medizinischen Hilfe rechnen. Finanzielle Mittel zur Bezahlung von Medikamenten stünden ihr nicht zur Verfügung. Als alleinstehende Frau mit vier minderjährigen Kindern werde ihr nicht einmal gelingen, das physische Überleben der Familie zu sichern.
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Bei der Anhörung im Rahmen des Folgeverfahrens in Karlsruhe am 30.10.2007 trug die Klägerin zu 1 vor, nach ihrer Abschiebung in das Kosovo im Juli 2005 hätten sie sich zunächst in Istok bis Ende August 2005 aufgehalten. Nach der Abschiebung habe sie sich bei der örtlichen Verwaltung in Istok gemeldet. Zusammen mit einem Bediensteten der KFOR-Verwaltung sei sie in ihre frühere Wohngegend gegangen. Sie hätten festgestellt, dass ihr Wohnhaus total zerstört sei. Der Bedienstete habe ihr klargemacht, dass er ihr bei der Wohnraumsuche nicht behilflich sein könne; die Gemeinde könne Wohnraum nicht zur Verfügung stellen. Bei einem Bekannten habe sie Unterschlupf gefunden. Dieser bewohne zwei Wohnräume mit insgesamt acht Personen. Er habe ein Zimmer geräumt, in das sie zusammen mit ihren vier Kindern untergekommen sei. Auf Dauer sei jedoch ein Zusammenleben in dieser Wohnung nicht möglich gewesen. Ihre Tochter leide an Asthma Bronchiale. Diese Krankheit habe sich aufgrund der unzuträglichen Wohnverhältnisse verschlimmert. Sie habe mit ihren Kindern mehrmals zum Arzt gehen müssen. Ihr Sohn M leide unter einer unbekannten neurologischen Erkrankung. Sie habe ihn in das Hospital nach Peje gebracht. Dort hätten sie jedoch eine sofortige Bezahlung der Krankenhauskosten verlangt, was sie nicht habe leisten können. Die Erkrankung ihres Sohnes sei kurz nach der Abschiebung aufgetreten. Sie sei dann mit ihren Kindern nach Kroatien gegangen, wo sie sich bei einem Onkel drei Monate aufgehalten habe. Aus aufenthaltsrechtlichen Gründen habe sie jedoch dort nicht längerfristig sein können. Danach sei sie zusammen mit ihren Kindern nach Montenegro gegangen, wo sie sich in der Stadt Kunijk ca. ein Jahr lang aufgehalten hätten. Von Seiten der dortigen Behörde sei ihr mitgeteilt worden, dass sie aus aufenthaltsrechtlichen Gründen nicht länger in Montenegro bleiben könnten. In Montenegro hätten ihre Kinder auch keine Schule besuchen dürfen. Weiter sei ihr Lebensunterhalt dort nicht sicher gewesen. Nur durch die finanzielle Hilfe ihrer Verwandten in Deutschland habe sie sich über Wasser halten können. Mit Hilfe eines Schleppers sei sie dann nach Deutschland weitergereist. Für den Schlepper habe sie ca. 2.000,00 EUR bezahlen müssen. Dieses Geld habe sie von ihrem Bruder erhalten. Ihre Mutter, ihre drei Schwestern und ihre drei Brüder lebten alle in Deutschland. Im Heimatland habe sie keine Verwandten mehr.
11 
Mit Bescheid vom 13.12.2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Anträge auf Abänderung der Bescheide vom 29.06.1994, vom 21.12.1995, vom 16.12.2002, vom 07.06.2005 und vom 06.06.2005 bezüglich der Feststellung zu § 53 Abs. 1 - 6 AusG/§ 60 Abs. 2 - 7 AufenthG ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die von den Klägern geltend gemachten Krankheiten könnten im Kosovo behandelt werden.
12 
Am 23.12.2007 haben die Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, nach ihrer Abschiebung in das Kosovo im Jahr 2005 hätten sie kurzzeitig Aufnahme bei einem Bekannten, der über eine Zwei-Zimmer-Wohnung verfügt habe, gefunden. In dieser Wohnung hätten dann 13 Personen gelebt. Die Klägerin zu 1 habe versucht, bei der KFOR-Verwaltung Unterstützung zu erhalten. Man habe ihr jedoch weder Wohnraum zugewiesen noch Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Als Angehörige der Volksgruppe der Ashkali hätten sie von albanischen Stellen keine Hilfestellung zu erwarten gehabt. Aufgrund der katastrophalen Lebensverhältnisse seien die Kläger zu 2 - 5 im Kosovo erkrankt. Die Klägerin zu 1 habe ihr letztes Geld für eine Behandlung ausgegeben. In der Folgezeit habe sie nur unregelmäßig kleinere finanzielle Zuwendungen ihrer Verwandten aus Deutschland erhalten. Ende August 2005 hätten sie die Wohnung des Bekannten im Kosovo verlassen müssen. Da sie von keiner Seite im Kosovo Hilfe erhalten hätten, seien sie zu einem Onkel nach Kroatien gefahren. Aus aufenthaltsrechtlichen Gründen hätten sie sich dort jedoch nur für drei Monate aufhalten dürfen. Ihr Onkel sei aber auch nicht zu einer Daueraufnahme bereit und in der Lage gewesen. In ihrem Kampf ums Überleben, bei dem sie manche Nacht auf der Straße hätten verbringen müssen, seien sie nach Montenegro gelangt, wo sie zunächst Aufnahme bei einer älteren Frau gefunden hätten. Dort sei den Klägern zu 2 - 4 der Schulbesuch nicht gestattet gewesen. Vor ihrer Ausreise nach Deutschland hätten sie sich noch ca. 2 Monate in der Stadt Budva aufgehalten. Psychisch und physisch völlig erschöpft seien sie im April 2005 in Deutschland angekommen. Die Klägerin zu 1 leide an einer psychischen Erkrankung. Diese bedürfe einer intensiven psychiatrischen Behandlung mit Medikamenten und insbesondere einer Gesprächstherapie. Die Klägerin zu 1 sei weiter an einer Gastritis erkrankt, die dringend behandlungsbedürftig sei. Weiter bestünden bei der Klägerin zu 1 Erkrankungen des Bewegungsapparates, eine Atemwegserkrankung sowie eine Eisenmangelanämie. Die Klägerin zu 2 leide unter Asthma Bronchiale und unter Depressionen. Beim Kläger zu 4 bestehe ein verändertes Blutbild, weshalb eine Operation im Dezember 2007 mehrfach habe verschoben werden müssen. Auch wenn im Kosovo Behandlungsmöglichkeiten der verschiedensten Krankheiten bestünden, so sei nicht davon auszugehen, dass auch die Kläger eine entsprechende Behandlung erhalten würden. Dies habe sich schon nach der Abschiebung der Kläger im Jahr 2005 gezeigt. Vielfach betrieben Ärzte im Kosovo, die in Kliniken arbeiteten, gleichzeitig eine private Arztpraxis, an die die Hilfesuchenden verwiesen würden. In den Privatpraxen würden die Preise für Medikamente, Behandlungen und Untersuchungen dann frei ausgehandelt. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt, dass bei den zahlreich bestehenden Erkrankungen selbst bei geringen Medikamentenpreisen beträchtliche Summen aufzubringen wären. Es sei auch völlig ungeklärt, von wem die Kläger das Geld für ihre medizinische Versorgung erhalten könnten. Im Kosovo hätten sie keinerlei Aussicht auf eine Unterkunft oder auf öffentliche Sozialleistungen. Der Klägerin zu 1 werde es aufgrund der enorm hohen Arbeitslosigkeit auch nicht gelingen, eine Arbeitsmöglichkeit zu finden. Aufgrund der psychischen und physischen Situation sei es der Klägerin zu 1 auch heute ohne Hilfe von Dritten nicht möglich, sich in ausreichendem Maße um ihre vier minderjährigen Kinder zu kümmern. Gegenwärtig erhalte sie Unterstützung durch Mitarbeiter des Arbeitskreises Asyl in M. Im Falle einer Abschiebung wäre die Klägerin zu 1 nicht in der Lage, sich um sich selbst und um ihre vier minderjährigen Kinder zu kümmern. Sie wären hilf- und schutzlos der Willkür Dritter ausgesetzt.
13 
Die Kläger beantragen nunmehr,
14 
Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG festzustellen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.
18 
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1 auf Fragen des Gerichts vorgetragen, von dem Vater ihrer Kinder sei sie seit sechs Jahren geschieden; zu ihm bestehe kein Kontakt mehr. Nach der Abschiebung in das Kosovo im Juli 2005 habe sie sich in diesem Land ca. sechs Wochen zusammen mit ihren Kindern aufgehalten. Ihr in Deutschland lebender Bruder habe eine Person gekannt; von dieser Person seien sie am Flughafen abgeholt worden. Diese Person habe sie in ihren Heimatort gebracht. Dort hätten sie festgestellt, dass das Wohnhaus ihrer Eltern völlig zerstört sei. Sie habe sich sodann bei der KFOR gemeldet. Diese Organisation habe sich erfolglos um ihre Rückkehr nach Deutschland bemüht. Bei einem Bekannten habe sie zunächst Unterschlupf gefunden. Aufgrund der unerträglichen Wohnverhältnisse seien ihre Kinder und sie selbst erkrankt. Sie selbst habe von einem Arzt in Istok Infusionen und Spritzen erhalten. Die Spritzen und die Antibiotika habe sie in Apotheken kaufen müssen. Die Klägerin zu 2 habe eine Atemmaske benötigt. Die Arztbesuche und die Medikamente hätten ca. 600,00 EUR gekostet. Da sie kein Geld gehabt habe, sei ihre Schwester K in den Kosovo gefahren und habe die Krankheitskosten beglichen. Ihre Mutter und ihre sechs Geschwister hielten sich sämtlich in Deutschland auf. Die Schwester S habe fünf Kinder und müsse von dem Einkommen ihres Ehemannes in Höhe von ca. 2.000,00 EUR mehrere Kredite zurückzahlen. Der Bruder N habe zwei Kinder und bei einem Einkommen von ca. 1.700,00 EUR gleichfalls Kreditschulden. Der Bruder V habe sich selbständig gemacht und erziele derzeit keine Gewinne. Der Bruder I müsse von seinem Einkommen in Höhe von 1.400,00 EUR eine Familie mit vier Kindern ernähren. Gleiches gelte für ihre F. Ihre Mutter und ihre Schwester K seien in Deutschland auf Sozialleistungen angewiesen. Schon während ihres Aufenthaltes im Kosovo hätten ihre Geschwister mitgeteilt, sie könnten keine dauernde Unterstützung leisten. Während ihres Aufenthaltes im Kosovo sei ihr mehrmals angedeutet worden, dass sie eine schöne Frau sei und sie mit sexuellem Missbrauch rechnen müsse.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörenden Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
21 
Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Kläger die Klagen zurückgenommen haben (§ 92 Abs. 3 VwGO).
22 
Im Übrigen haben die Klagen überwiegend Erfolg. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs 1 AsylVfG) Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. Sie haben jedoch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass in ihrer Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG vorliegen. Derartige Abschiebungsverbote sind von den Klägern nicht substantiiert geltend gemacht und auch ihrem sonstigen Vorbringen nicht zu entnehmen.
23 
Bei den Anträgen der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG handelt es sich der Sache nach um einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG, weil das Bundesamt bereits in den Asylerstverfahren der Kläger festgestellt hatte, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Ob die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hier erfüllt sind, kann dahingestellt bleiben. Denn das Bundesamt hat eine sachliche Prüfung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorgenommen, Feststellungen zur Sache im Bescheid vom 13.12.2007 getroffen und damit den Weg zu einer Sachprüfung auch im gerichtlichen Verfahren frei gemacht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.2000, BVerwGE 101, 77).
24 
Selbst wenn das Bundesamt den Weg zu einer Sachprüfung im gerichtlichen Verfahren nicht freigemacht hätte, hätten die Kläger einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG trifft. Denn jenseits des § 71 AsylVfG, der nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, die Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue Sachentscheidung zu § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG dann ergeben, wenn tatsächlich Abschiebungsverbote vorliegen; auf die Frage, wann diese geltend gemacht worden sind, kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.06.2000, DVBl. 2000, 179; BVerwG, Urt. v. 07.09.1999, InfAuslR 2000, 16 und Urt. v. 21.03.2000, NVwZ 2000, 940; VGH Baden-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Einer Feststellung des geltend gemachten Abschiebungsverbots durch das Bundesamt steht auch nicht die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidungen über die negativen Feststellungen des Bundesamts in den Asylerstverfahren entgegen. Das Bundesamt ist nicht gehindert, einen rechtskräftig abgesprochenen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu erfüllen, wenn es erkennt, dass der Anspruch tatsächlich besteht und das rechtskräftige Urteil unzutreffend ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.1992, BVerwGE 91, 256; Urt. v. 27.01.1994, BVerwGE 95, 86 und Urt. v. 07.09.1999, NVwZ 2000, 204). Ob eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt, ist somit ohne Rücksicht auf die Versagung asylrechtlichen Verfolgungsschutzes und ohne Bindung an etwa vorliegende rechtskräftige Gerichtsentscheidungen zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1996, InfAuslR 1997, 284 und Urt. v. 30.03.1999, DVBl. 1999, 1213).
25 
Bei den Klägern liegt ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor. Das dem Bundesamt eingeräumte Ermessen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung dieses Abschiebungsverbots ist deshalb auf Null reduziert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.10.2004 (BVerwGE 122, 103) entschieden, dass das behördliche Ermessen nicht schon dann zu Gunsten des Ausländers auf Null reduziert ist, wenn festgestellt wird, dass in seiner Person die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen. Diese Auffassung ist jedoch im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung hierzu herangezogene gesetzliche Konzeption des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, der die Abschiebung auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in das Ermessen der Behörde gestellt hat, überholt. Denn nach der jetzt geltenden Regelung des § 60 Abs 7 Satz 1 AufenthG ist der Behörde ein Ermessen nicht mehr eröffnet. Vielmehr soll nunmehr unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von einer Abschiebung abgesehen werden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.10.2006 (BVerwGE 127, 33) unter Bezugnahme auf das Urteil vom 20.10.2004 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, dass bei Bejahung einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG das Bundesamt nur zu einer Ermessensentscheidung über den Antrag des Ausländers zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden könne, wird offensichtlich übersehen, dass sich die Gesetzeslage (Sollvorschrift!) geändert hat.
26 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324). Die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs ist im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung beachtlich ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO. und Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die für den Eintritt der Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.07.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46).
27 
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, die - wie etwa die typischen Bürgerkriegsgefahren - nicht nur ihm persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen; denn nicht die geringere Betroffenheit des Einzelnen sperrt die Anwendung des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, sondern die Tatsache, dass er sein Fluchtschicksal mit vielen anderen teilt, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme im Bundesgebiet eine politische Leitentscheidung befinden soll (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO; Urt. vom 29.03.1996, NVwZ-Beilage 8/1996, 58; Urt. vom 04.06.1996, NVwZ-Beilage 12/1996, 89 und Urt. vom 12.07.2001, DVBl. 2001, 1772). Abschiebungsschutz vor allgemeinen Gefahren, mögen sie auch durch Umstände in der Person des einzelnen Ausländers verstärkt werden, wird mithin grundsätzlich nur nach Maßgabe spezieller, im politischen Ermessen stehender landesrechtlicher Entscheidungen nach § 60 Abs. 7 S. 3 i.V.m. § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt, auf die der Einzelne keinen Anspruch hat (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, aaO; Urt. v. 08.12.1998, NVwZ 1999, 666).
28 
Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, angesichts derer eine Abschiebung des betreffenden Ausländers unter Würdigung des in seinem Fall verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes insbesondere des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) nicht verantwortet werden kann, kann allerdings unbeschadet der sonst geltenden Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG aufgrund einer verfassungskonformen - einschränkenden - Auslegung der Regelung zur Annahme eines zwingenden Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG führen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, NVwZ 1997, 685; Urt. vom 29.03.1996, DVBl. 1996, 1257). Es muss sich um eine konkrete und unmittelbare Gefährdung hohen Grades handeln. Die drohende Rechtsgutbeeinträchtigung muss nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Beurteilung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer einer extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO.). Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Rechtsgutbeeinträchtigung erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO.). Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die extreme allgemeine Gefahrenlage nicht landesweit gegeben ist und der Ausländer bei einer Abschiebung die vergleichsweise sicheren Landesteile ohne entsprechende Gefahr erreichen und sich dort aufhalten kann (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO).
29 
Entsprechend diesen Anforderungen ist ein zwingendes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG somit anzunehmen, wenn praktisch jedem, der in den Zielstaat abgeschoben wird, alsbald nach seiner Rückkehr (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.01.1999, NVwZ 1999, 668) Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit in erhöhtem Maße drohen, die eine Abschiebung dorthin als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO). Eine extreme allgemeine Gefahrenlage liegt beispielsweise vor, wenn dem Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges der sichere Tod oder schwerste Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit drohen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, aaO; Urt. vom 04.06.1996, aaO und Urt. vom 12.07.2001, NVwZ 2001, 1420). Ebenso liegt es bei einer gleichermaßen manifesten Gefahr, im Zielstaat der Abschiebung mangels einer ausreichenden Existenzmöglichkeit an Hunger oder Krankheit zu sterben (vgl. BVerwG, Urt. vom 02.09.1997, BVerwGE 105, 127; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 02.04.1998 - 11 S 3168/97 -); dies kommt in Betracht, wenn das wirtschaftliche Existenzminimum, mithin das Vorhandensein einer Unterkunft, die Gewährleistung ausreichender Verpflegung und die Verfügbarkeit einer Grundversorgung im medizinischen Bereich, nicht gesichert ist (vgl. BVerwG, Urt.v. 08.12.1998 aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.01.2000 - 11 S 1628/99 -).
30 
Da die Kläger aus dem Kosovo stammen, ist zu prüfen, ob dort die beschriebene Gefahr besteht. Dies galt schon bislang, da auf der Grundlage des deutsch-jugoslawischen Rückübernahmeübereinkommens vom 16.09.2002 keine Minderheitenangehörige aus dem Kosovo in das restliche Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien zurückgeführt werden durften. Seit der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17.02.2008 und der Anerkennung der Republik Kosovo durch die Bundesrepublik Deutschland am 20.02.2008 gilt dies erst recht. Ob die Kläger die kosovarische Staatsangehörigkeit erlangt haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - juris -; VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2007 - 11 K 3108/06 - juris -), kann dahingestellt bleiben. Unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit haben Ausländer Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich der Staaten, für die das Bundesamt verpflichtet ist, eine solche Feststellung zu treffen, für die es eine ihm nachteilige Feststellung bereits getroffen hat oder in die abgeschoben zu werden sie aus berechtigtem Anlass befürchten müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.12.2001, BVerwGE 115, 267; Urt. v. 10.07.2003, BVerwGE 118, 308 und Urt. v. 02.08.2007, BVerwGE 129, 155). Da es sich beim Kosovo um den Herkunftsstaat der Kläger handelt, ist das Bundesamt und damit auch das Gericht zur Prüfung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich dieses Staates verpflichtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.08.2007 a.a.O.).
31 
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht bei der vorzunehmenden qualifizierenden und bewertenden Betrachtungsweise aufgrund der Auskünfte und Informationen zur sozialen und wirtschaftlichen Lage im Kosovo zu der Überzeugung gelangt, dass dort im Hinblick auf die schwierige Versorgungslage für die alleinstehende, in ihrer Heimat über keinerlei familiären Rückhalt verfügende Klägerin zu 1 und ihre Kinder (die Kläger zu 2 - 5) deren Rückkehr in das Kosovo zu einer extremen Gefahr für Leib und Leben führen wird.
32 
Die Klägerin zu 1 ist alleinerziehende Mutter. Sie wäre gehalten, im Kosovo nicht nur für den eigenen, sondern auch für den Unterhalt ihrer vier minderjährigen Kinder zu sorgen. Im Bundesgebiet leben die Kläger von Sozialhilfeleistungen. Angesichts einer Arbeitslosenquote von geschätzten 45 % (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.09.2007) wäre nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin zu 1 durch Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beitragen könnte, abgesehen davon, dass die meisten Lohnempfänger mit einem Gehalt auskommen müssen, das nicht existenzsichernd ist (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Zur Lage der medizinischen Versorgung - Update vom 07.06.2007, S. 2). Hinzu kommt, dass Angehörige der Minderheitengruppen Roma/Ashkali/Ägypter, zu denen die Kläger zählen, vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossen sind (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe a.a.O. S. 3). Die Arbeitslosenquote bei diesen Minderheiten liegt deshalb bei 98 % (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Update: Aktuelle Entwicklungen, 12.08.2008, S. 20 und Stellungnahme vom 10.10.2008 : Asylsuchende Roma aus Kosovo, S. 2). Verwandte der Kläger halten sich im Kosovo nicht mehr auf. Die im Bundesgebiet lebenden Geschwister der Klägerin zu 1 können die notwendige dauernde Unterstützung der Kläger nicht gewährleisten. Die Geschwister der Klägerin zu 1 haben selbst zum Teil sehr große Familien und kommen nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin zu 1 gerade so über die Runden. Zwar haben die Geschwister der Klägerin zu 1 diese nach der Abschiebung im Juli 2005 mit geringen Geldbeträgen unterstützt. Die Klägerin zu 1 hat in der mündlichen Verhandlung jedoch glaubhaft vorgetragen, dass ihre Geschwister zu einer dauerhaften Unterstützung weder in der Lage noch gewillt sind und sie aufgrund fehlender dauerhafter Unterstützung den Kosovo nach sechs Wochen wieder hat verlassen müssen. Angesichts dieser Situation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Geschwister der Klägerin zu 1 für die im Kosovo anfallenden Kosten für den Lebensunterhalt aufkommen können.
33 
Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Familienangehörige unabhängig von der konkreten Vermögens- und Einkommenssituation auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse die unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in das Kosovo in einem solchen Umfang finanziell unterstützen, der für die Deckung der Kosten zum Lebensunterhalt ausreichend sein wird. Die gegenteilige Auffassung des VG Karlsruhe (Urt. v. 17.05.2006 - A 4 K 10267/04 - Juris -) kann weder einen diesbezüglichen Erfahrungssatz in Anspruch nehmen noch nachprüfbare Belege anführen. Angesichts des Umstandes, dass gegenwärtig geschätzte 37 % der Bevölkerung des Kosovo unterhalb der Armutsgrenze und 15 % in extremer Armut leben (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28), entbehrt die nur auf einer Behauptung basierende Annahme des VG Karlsruhe jeglicher Plausibilität und Wahrscheinlichkeit.
34 
Im Kosovo gibt es weder eine Arbeitslosenversicherung noch eine Krankenversicherung (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Zur Lage der medizinischen Versorgung - Update, 07.06.2007, S. 4 und 16). Von staatlichen Stellen, zwischenstaatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen erhalten Personen, die aus Westeuropa abgeschoben werden, keine Unterstützung (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Stellungnahme vom 10.10.2008: Asylsuchende Roma aus Kosovo, S. 4). Diese Feststellungen der sachverständigen Stellen haben sich nach der Abschiebung der Kläger im Juli 2005 als zutreffend erwiesen. Die Kläger wären somit im Kosovo völlig auf sich allein gestellt und könnten mit einer Unterstützung der Internationalen Organisationen, der Kosovo-Regierung oder lokaler Stellen bei der Unterbringung, der sozialen und medizinischen Versorgung oder beim Wiederaufbau ihres zerstörten Hauses mit Unterstützung nicht rechnen. Auch das Auswärtige Amt (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.11.2007) bezeichnet die Unterkunftsfrage für rückkehrende Angehörige der Gruppen der Roma, Ashkali und Ägypter als extrem problematisch; Angehörige dieser Minderheiten könnten nur schwer in privaten Wohnraum vermittelt werden, da sie häufig nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügten und als Mieter selten akzeptiert würden. Ob die Kläger im Kosovo Sozialhilfe erhalten könnten, erscheint zweifelhaft, da Sozialhilfe nur bewilligt wird, wenn u. a. mindestens ein Kind im Haushalt jünger als fünf Jahre ist (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Update: Aktuelle Entwicklungen 12.08.2008, S. 17). Selbst wenn die Kläger im Kosovo aber Sozialhilfe erhielten, wären sie nicht in der Lage, hierdurch ihr wirtschaftliches Überleben zu gewährleisten. Die Sozialhilfeleistungen im Kosovo bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau; sie betragen für Einzelpersonen 35,00 EUR monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 75,00 EUR monatlich und reichen damit als alleinige Einkommensquelle unter Berücksichtigung der lokalen Lebenshaltungskosten zum Leben nicht aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.11.2007; Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28).
35 
Bei dieser Sachlage ist bei den Klägern von einer extremen Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die genannten Schutzgüter auszugehen, die im Kosovo landesweit besteht. Eine Großfamilie oder einen Bekanntenkreis, der sie im Kosovo unterstützen könnte, gibt es nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung nicht. Die Klägerin zu 1 hatte in Deutschland auch nicht die Möglichkeit, irgendwelche finanziellen Rücklagen zu bilden, die sie in die Lage versetzen könnte, im Kosovo die Grundlage für ihr eigenes Überleben und dasjenige ihrer Kinder zu legen, geschweige denn, sich auch nur mit geringen Erfolgsaussichten eine eigene Existenz aufzubauen. Bei einer erneuten Abschiebung in das Kosovo werden die Kläger deshalb von Sozialleistungen, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtungen und Wohnraum ausgeschlossen sein; dies hat sich bereits nach der Abschiebung im Juli 2005 bewahrheitet. Als alleinstehende, ohne verwandtschaftliche Hilfe oder sonstige Unterstützung in das Kosovo zurückkehrende Frau hat die Klägerin zu 1 - dies gilt erst recht auch für ihre Kinder - keine Chance, sich das zum Überleben notwendige Existenzminimum selbst zu erwirtschaften. Alleinstehenden Frauen droht im Kosovo ohne den Rückhalt durch einen Familienverbund soziale und wirtschaftliche Isolation; sie haben daher dort keine ausreichende Lebensbasis (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28). Eine Rückkehr der Kläger in den Kosovo würde diese somit der extremen Gefahr aussetzen, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben. Darüber hinaus wäre die Klägerin zu 1 als Frau ohne familiäre Unterstützung besonders gefährdet, Opfer von Zwangsprostitution zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bedeutung der Tradition im heutigen Kosovo, 24.11.2004). Auch im Hinblick auf diese der Klägerin zu 1 bei einer Rückkehr in das Kosovo drohende konkrete Gefahr ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 und 2 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Gründe

 
20 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens von Beteiligten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 102 Abs. 2 VwGO).
21 
Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Kläger die Klagen zurückgenommen haben (§ 92 Abs. 3 VwGO).
22 
Im Übrigen haben die Klagen überwiegend Erfolg. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs 1 AsylVfG) Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG. Sie haben jedoch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass in ihrer Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 5 AufenthG vorliegen. Derartige Abschiebungsverbote sind von den Klägern nicht substantiiert geltend gemacht und auch ihrem sonstigen Vorbringen nicht zu entnehmen.
23 
Bei den Anträgen der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG handelt es sich der Sache nach um einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG, weil das Bundesamt bereits in den Asylerstverfahren der Kläger festgestellt hatte, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Ob die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hier erfüllt sind, kann dahingestellt bleiben. Denn das Bundesamt hat eine sachliche Prüfung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorgenommen, Feststellungen zur Sache im Bescheid vom 13.12.2007 getroffen und damit den Weg zu einer Sachprüfung auch im gerichtlichen Verfahren frei gemacht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.2000, BVerwGE 101, 77).
24 
Selbst wenn das Bundesamt den Weg zu einer Sachprüfung im gerichtlichen Verfahren nicht freigemacht hätte, hätten die Kläger einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG trifft. Denn jenseits des § 71 AsylVfG, der nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich aus §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 GG gebotenen Ermessensreduzierung auf Null das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens, die Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue Sachentscheidung zu § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG dann ergeben, wenn tatsächlich Abschiebungsverbote vorliegen; auf die Frage, wann diese geltend gemacht worden sind, kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.06.2000, DVBl. 2000, 179; BVerwG, Urt. v. 07.09.1999, InfAuslR 2000, 16 und Urt. v. 21.03.2000, NVwZ 2000, 940; VGH Baden-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Einer Feststellung des geltend gemachten Abschiebungsverbots durch das Bundesamt steht auch nicht die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidungen über die negativen Feststellungen des Bundesamts in den Asylerstverfahren entgegen. Das Bundesamt ist nicht gehindert, einen rechtskräftig abgesprochenen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu erfüllen, wenn es erkennt, dass der Anspruch tatsächlich besteht und das rechtskräftige Urteil unzutreffend ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.1992, BVerwGE 91, 256; Urt. v. 27.01.1994, BVerwGE 95, 86 und Urt. v. 07.09.1999, NVwZ 2000, 204). Ob eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt, ist somit ohne Rücksicht auf die Versagung asylrechtlichen Verfolgungsschutzes und ohne Bindung an etwa vorliegende rechtskräftige Gerichtsentscheidungen zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1996, InfAuslR 1997, 284 und Urt. v. 30.03.1999, DVBl. 1999, 1213).
25 
Bei den Klägern liegt ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG vor. Das dem Bundesamt eingeräumte Ermessen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung dieses Abschiebungsverbots ist deshalb auf Null reduziert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.10.2004 (BVerwGE 122, 103) entschieden, dass das behördliche Ermessen nicht schon dann zu Gunsten des Ausländers auf Null reduziert ist, wenn festgestellt wird, dass in seiner Person die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegen. Diese Auffassung ist jedoch im Hinblick auf die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung hierzu herangezogene gesetzliche Konzeption des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, der die Abschiebung auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG in das Ermessen der Behörde gestellt hat, überholt. Denn nach der jetzt geltenden Regelung des § 60 Abs 7 Satz 1 AufenthG ist der Behörde ein Ermessen nicht mehr eröffnet. Vielmehr soll nunmehr unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von einer Abschiebung abgesehen werden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.10.2006 (BVerwGE 127, 33) unter Bezugnahme auf das Urteil vom 20.10.2004 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, dass bei Bejahung einer Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG das Bundesamt nur zu einer Ermessensentscheidung über den Antrag des Ausländers zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet werden könne, wird offensichtlich übersehen, dass sich die Gesetzeslage (Sollvorschrift!) geändert hat.
26 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, BVerwGE 99, 324). Die Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehen. Die besondere Schwere eines drohenden Eingriffs ist im Rahmen der gebotenen qualifizierenden Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung, Abwägung und zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts vermittels des Kriteriums, ob die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung beachtlich ist, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO. und Urt. vom 05.07.1994, InfAuslR 1995, 24). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn die für den Eintritt der Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 18.07.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46).
27 
Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, die - wie etwa die typischen Bürgerkriegsgefahren - nicht nur ihm persönlich, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen, wird Abschiebungsschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG auch dann nicht, wenn sie den einzelnen Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen; denn nicht die geringere Betroffenheit des Einzelnen sperrt die Anwendung des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, sondern die Tatsache, dass er sein Fluchtschicksal mit vielen anderen teilt, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme im Bundesgebiet eine politische Leitentscheidung befinden soll (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995 aaO; Urt. vom 29.03.1996, NVwZ-Beilage 8/1996, 58; Urt. vom 04.06.1996, NVwZ-Beilage 12/1996, 89 und Urt. vom 12.07.2001, DVBl. 2001, 1772). Abschiebungsschutz vor allgemeinen Gefahren, mögen sie auch durch Umstände in der Person des einzelnen Ausländers verstärkt werden, wird mithin grundsätzlich nur nach Maßgabe spezieller, im politischen Ermessen stehender landesrechtlicher Entscheidungen nach § 60 Abs. 7 S. 3 i.V.m. § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt, auf die der Einzelne keinen Anspruch hat (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, aaO; Urt. v. 08.12.1998, NVwZ 1999, 666).
28 
Eine extreme allgemeine Gefahrenlage, angesichts derer eine Abschiebung des betreffenden Ausländers unter Würdigung des in seinem Fall verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes insbesondere des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) nicht verantwortet werden kann, kann allerdings unbeschadet der sonst geltenden Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG aufgrund einer verfassungskonformen - einschränkenden - Auslegung der Regelung zur Annahme eines zwingenden Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG führen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, NVwZ 1997, 685; Urt. vom 29.03.1996, DVBl. 1996, 1257). Es muss sich um eine konkrete und unmittelbare Gefährdung hohen Grades handeln. Die drohende Rechtsgutbeeinträchtigung muss nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Beurteilung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer einer extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO.). Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Rechtsgutbeeinträchtigung erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO.). Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die extreme allgemeine Gefahrenlage nicht landesweit gegeben ist und der Ausländer bei einer Abschiebung die vergleichsweise sicheren Landesteile ohne entsprechende Gefahr erreichen und sich dort aufhalten kann (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO).
29 
Entsprechend diesen Anforderungen ist ein zwingendes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG somit anzunehmen, wenn praktisch jedem, der in den Zielstaat abgeschoben wird, alsbald nach seiner Rückkehr (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.01.1999, NVwZ 1999, 668) Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit in erhöhtem Maße drohen, die eine Abschiebung dorthin als unzumutbar erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 19.11.1996, aaO). Eine extreme allgemeine Gefahrenlage liegt beispielsweise vor, wenn dem Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges der sichere Tod oder schwerste Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit drohen (vgl. BVerwG, Urt. vom 17.10.1995, aaO; Urt. vom 04.06.1996, aaO und Urt. vom 12.07.2001, NVwZ 2001, 1420). Ebenso liegt es bei einer gleichermaßen manifesten Gefahr, im Zielstaat der Abschiebung mangels einer ausreichenden Existenzmöglichkeit an Hunger oder Krankheit zu sterben (vgl. BVerwG, Urt. vom 02.09.1997, BVerwGE 105, 127; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 02.04.1998 - 11 S 3168/97 -); dies kommt in Betracht, wenn das wirtschaftliche Existenzminimum, mithin das Vorhandensein einer Unterkunft, die Gewährleistung ausreichender Verpflegung und die Verfügbarkeit einer Grundversorgung im medizinischen Bereich, nicht gesichert ist (vgl. BVerwG, Urt.v. 08.12.1998 aaO; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.01.2000 - 11 S 1628/99 -).
30 
Da die Kläger aus dem Kosovo stammen, ist zu prüfen, ob dort die beschriebene Gefahr besteht. Dies galt schon bislang, da auf der Grundlage des deutsch-jugoslawischen Rückübernahmeübereinkommens vom 16.09.2002 keine Minderheitenangehörige aus dem Kosovo in das restliche Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien zurückgeführt werden durften. Seit der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17.02.2008 und der Anerkennung der Republik Kosovo durch die Bundesrepublik Deutschland am 20.02.2008 gilt dies erst recht. Ob die Kläger die kosovarische Staatsangehörigkeit erlangt haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.09.2008 - 13 S 1812/07 - juris -; VG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2007 - 11 K 3108/06 - juris -), kann dahingestellt bleiben. Unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit haben Ausländer Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich der Staaten, für die das Bundesamt verpflichtet ist, eine solche Feststellung zu treffen, für die es eine ihm nachteilige Feststellung bereits getroffen hat oder in die abgeschoben zu werden sie aus berechtigtem Anlass befürchten müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.12.2001, BVerwGE 115, 267; Urt. v. 10.07.2003, BVerwGE 118, 308 und Urt. v. 02.08.2007, BVerwGE 129, 155). Da es sich beim Kosovo um den Herkunftsstaat der Kläger handelt, ist das Bundesamt und damit auch das Gericht zur Prüfung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich dieses Staates verpflichtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.08.2007 a.a.O.).
31 
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Gericht bei der vorzunehmenden qualifizierenden und bewertenden Betrachtungsweise aufgrund der Auskünfte und Informationen zur sozialen und wirtschaftlichen Lage im Kosovo zu der Überzeugung gelangt, dass dort im Hinblick auf die schwierige Versorgungslage für die alleinstehende, in ihrer Heimat über keinerlei familiären Rückhalt verfügende Klägerin zu 1 und ihre Kinder (die Kläger zu 2 - 5) deren Rückkehr in das Kosovo zu einer extremen Gefahr für Leib und Leben führen wird.
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Die Klägerin zu 1 ist alleinerziehende Mutter. Sie wäre gehalten, im Kosovo nicht nur für den eigenen, sondern auch für den Unterhalt ihrer vier minderjährigen Kinder zu sorgen. Im Bundesgebiet leben die Kläger von Sozialhilfeleistungen. Angesichts einer Arbeitslosenquote von geschätzten 45 % (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.09.2007) wäre nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin zu 1 durch Erwerbstätigkeit zum Lebensunterhalt beitragen könnte, abgesehen davon, dass die meisten Lohnempfänger mit einem Gehalt auskommen müssen, das nicht existenzsichernd ist (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Zur Lage der medizinischen Versorgung - Update vom 07.06.2007, S. 2). Hinzu kommt, dass Angehörige der Minderheitengruppen Roma/Ashkali/Ägypter, zu denen die Kläger zählen, vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossen sind (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe a.a.O. S. 3). Die Arbeitslosenquote bei diesen Minderheiten liegt deshalb bei 98 % (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Update: Aktuelle Entwicklungen, 12.08.2008, S. 20 und Stellungnahme vom 10.10.2008 : Asylsuchende Roma aus Kosovo, S. 2). Verwandte der Kläger halten sich im Kosovo nicht mehr auf. Die im Bundesgebiet lebenden Geschwister der Klägerin zu 1 können die notwendige dauernde Unterstützung der Kläger nicht gewährleisten. Die Geschwister der Klägerin zu 1 haben selbst zum Teil sehr große Familien und kommen nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin zu 1 gerade so über die Runden. Zwar haben die Geschwister der Klägerin zu 1 diese nach der Abschiebung im Juli 2005 mit geringen Geldbeträgen unterstützt. Die Klägerin zu 1 hat in der mündlichen Verhandlung jedoch glaubhaft vorgetragen, dass ihre Geschwister zu einer dauerhaften Unterstützung weder in der Lage noch gewillt sind und sie aufgrund fehlender dauerhafter Unterstützung den Kosovo nach sechs Wochen wieder hat verlassen müssen. Angesichts dieser Situation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Geschwister der Klägerin zu 1 für die im Kosovo anfallenden Kosten für den Lebensunterhalt aufkommen können.
33 
Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass Familienangehörige unabhängig von der konkreten Vermögens- und Einkommenssituation auch unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse die unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in das Kosovo in einem solchen Umfang finanziell unterstützen, der für die Deckung der Kosten zum Lebensunterhalt ausreichend sein wird. Die gegenteilige Auffassung des VG Karlsruhe (Urt. v. 17.05.2006 - A 4 K 10267/04 - Juris -) kann weder einen diesbezüglichen Erfahrungssatz in Anspruch nehmen noch nachprüfbare Belege anführen. Angesichts des Umstandes, dass gegenwärtig geschätzte 37 % der Bevölkerung des Kosovo unterhalb der Armutsgrenze und 15 % in extremer Armut leben (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28), entbehrt die nur auf einer Behauptung basierende Annahme des VG Karlsruhe jeglicher Plausibilität und Wahrscheinlichkeit.
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Im Kosovo gibt es weder eine Arbeitslosenversicherung noch eine Krankenversicherung (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Zur Lage der medizinischen Versorgung - Update, 07.06.2007, S. 4 und 16). Von staatlichen Stellen, zwischenstaatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen erhalten Personen, die aus Westeuropa abgeschoben werden, keine Unterstützung (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Stellungnahme vom 10.10.2008: Asylsuchende Roma aus Kosovo, S. 4). Diese Feststellungen der sachverständigen Stellen haben sich nach der Abschiebung der Kläger im Juli 2005 als zutreffend erwiesen. Die Kläger wären somit im Kosovo völlig auf sich allein gestellt und könnten mit einer Unterstützung der Internationalen Organisationen, der Kosovo-Regierung oder lokaler Stellen bei der Unterbringung, der sozialen und medizinischen Versorgung oder beim Wiederaufbau ihres zerstörten Hauses mit Unterstützung nicht rechnen. Auch das Auswärtige Amt (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.11.2007) bezeichnet die Unterkunftsfrage für rückkehrende Angehörige der Gruppen der Roma, Ashkali und Ägypter als extrem problematisch; Angehörige dieser Minderheiten könnten nur schwer in privaten Wohnraum vermittelt werden, da sie häufig nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügten und als Mieter selten akzeptiert würden. Ob die Kläger im Kosovo Sozialhilfe erhalten könnten, erscheint zweifelhaft, da Sozialhilfe nur bewilligt wird, wenn u. a. mindestens ein Kind im Haushalt jünger als fünf Jahre ist (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Kosovo, Update: Aktuelle Entwicklungen 12.08.2008, S. 17). Selbst wenn die Kläger im Kosovo aber Sozialhilfe erhielten, wären sie nicht in der Lage, hierdurch ihr wirtschaftliches Überleben zu gewährleisten. Die Sozialhilfeleistungen im Kosovo bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau; sie betragen für Einzelpersonen 35,00 EUR monatlich und für Familien (abhängig von der Zahl der Personen) bis zu 75,00 EUR monatlich und reichen damit als alleinige Einkommensquelle unter Berücksichtigung der lokalen Lebenshaltungskosten zum Leben nicht aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien - Kosovo - vom 29.11.2007; Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28).
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Bei dieser Sachlage ist bei den Klägern von einer extremen Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die genannten Schutzgüter auszugehen, die im Kosovo landesweit besteht. Eine Großfamilie oder einen Bekanntenkreis, der sie im Kosovo unterstützen könnte, gibt es nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung nicht. Die Klägerin zu 1 hatte in Deutschland auch nicht die Möglichkeit, irgendwelche finanziellen Rücklagen zu bilden, die sie in die Lage versetzen könnte, im Kosovo die Grundlage für ihr eigenes Überleben und dasjenige ihrer Kinder zu legen, geschweige denn, sich auch nur mit geringen Erfolgsaussichten eine eigene Existenz aufzubauen. Bei einer erneuten Abschiebung in das Kosovo werden die Kläger deshalb von Sozialleistungen, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtungen und Wohnraum ausgeschlossen sein; dies hat sich bereits nach der Abschiebung im Juli 2005 bewahrheitet. Als alleinstehende, ohne verwandtschaftliche Hilfe oder sonstige Unterstützung in das Kosovo zurückkehrende Frau hat die Klägerin zu 1 - dies gilt erst recht auch für ihre Kinder - keine Chance, sich das zum Überleben notwendige Existenzminimum selbst zu erwirtschaften. Alleinstehenden Frauen droht im Kosovo ohne den Rückhalt durch einen Familienverbund soziale und wirtschaftliche Isolation; sie haben daher dort keine ausreichende Lebensbasis (vgl. Lüthke in Asylmagazin 4/2007, 28). Eine Rückkehr der Kläger in den Kosovo würde diese somit der extremen Gefahr aussetzen, mangels ausreichender Existenzmöglichkeiten an Hunger oder Krankheit zu sterben. Darüber hinaus wäre die Klägerin zu 1 als Frau ohne familiäre Unterstützung besonders gefährdet, Opfer von Zwangsprostitution zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bedeutung der Tradition im heutigen Kosovo, 24.11.2004). Auch im Hinblick auf diese der Klägerin zu 1 bei einer Rückkehr in das Kosovo drohende konkrete Gefahr ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 und 2 VwGO, § 83 b AsylVfG.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Sept. 2008 - 13 S 1812/07

bei uns veröffentlicht am 24.09.2008

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens. Die Revision

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Mai 2006 - A 4 K 10267/04

bei uns veröffentlicht am 17.05.2006

Tenor 1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand   1 Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.
Der am … in … geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien (früher: Serbien und Montenegro), möglicherweise mittlerweile (auch) der Republik Kosovo, und albanischer Volkszugehöriger. Mit Bescheid vom 16.7.1993 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu seinen Gunsten fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorlägen. Der Kläger war im Besitz eines am 21.12.1995 ausgestellten Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention. Am 5.11.2001 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 11.9.2008 besitzt er einen kosovarischen Reisepass.
Der Kläger beantragte unter dem 15.10.2002 seine Einbürgerung. Mit Schreiben vom 28.11.2003 teilte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit, dass es ein Widerrufsverfahren eingeleitet habe.
Auf die am 6.2.2004 erhobene Untätigkeitsklage des Klägers hin verpflichtete das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Beklagte mit Urteil vom 8.12.2004 - 1 K 353/04 -, ihn einzubürgern. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe einen Einbürgerungsanspruch. Von der Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG sei abzusehen, wenn der Ausländer politisch Verfolgter i.S.v. § 51 AuslG sei. Der Kläger erfülle diese Voraussetzungen, da das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu seinen Gunsten das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt habe und dieser Bescheid bislang nicht widerrufen worden sei.
Der früher zuständige 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat die Berufung auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 16.8.2005 - 12 S 505/05 -zugelassen.
Mit der fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung trägt die Beklagte vor, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) mittlerweile widerrufen. Der Kläger habe hiergegen Klage erhoben. Das Einbürgerungsverfahren sei bis zur rechtkräftigen Entscheidung auszusetzen.
Mit Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - hat der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs entschieden, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung; allerdings habe die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Ermessenseinbürgerung zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, der Kläger erfülle mit Ausnahme der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit alle Voraussetzungen des Einbürgerungsanspruchs des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Von der Einhaltung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG könne auch nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG abgesehen werden. Danach sei eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigere und der Ausländer der zuständigen Behörde einen Entlassungsantrag zur Weiterleitung an den ausländischen Staat übergeben habe. Der Entlassungsantrag müsse den Voraussetzungen entsprechen, die im Recht des Heimatstaates für die Entlassung zwingend vorgeschrieben seien. Diesen Anforderungen entspreche der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandte formlose Entlassungsantrag nicht. Die regelmäßige Verweigerung der Entlassung allein hinsichtlich bestimmter Personengruppen bzw. besonderer Kategorien von Staatsangehörigen genüge nicht. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG werde auch dann abgesehen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt habe, die der Ausländer nicht zu vertreten habe, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig mache oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden habe. Die erste Fallgestaltung (Versagung der Entlassung) setze grundsätzlich eine einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag ablehnende schriftliche Entscheidung voraus. Auch die dritte Fallgestaltung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG (Nichtbescheidung eines vollständigen und formgerechten Entlassungsantrages in angemessener Zeit) sei nicht erfüllt. Der Kläger könne sich auch nicht auf die zweite Fallgestaltung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG (Koppelung der Entlassung an unzumutbare Bedingungen) berufen. Auf das Erfordernis eines ordnungsgemäßen Entlassungsantrages könne nicht verzichtet werden. Die Einleitung des Entlassungsverfahrens sei dem Kläger auch zumutbar. Dass er nach seinen Angaben nicht im Besitz eines gültigen Passes von Serbien und Montenegro sei, stehe dem nicht entgegen. Eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 8 StAG sei allerdings rechtlich nicht ausgeschlossen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 StAG lägen unstreitig vor. Der Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit finde (nur) im Rahmen der Ermessensbetätigung Berücksichtigung und könne mithin „überwunden“ werden.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit (mittlerweile rechtskräftigem) Urteil vom 27.12.2005 die gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gerichtete Klage des Klägers abgewiesen.
Auf die Revision des Klägers gegen das Urteil der 12. Senats hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3.06 - die Sache mit folgender Begründung zurückverwiesen: Der ursprünglich geltend gemachte Ausnahmegrund nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 GFK) sei entfallen, nachdem die gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gerichtete Klage mittlerweile abgewiesen worden sei. Der Senat lasse dahingestellt, ob der Revision bereits auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung stattzugeben gewesen wäre. Auch ein unvollständiger oder formwidriger Antrag könne ausnahmsweise ausreichen, wenn es dem Entlassungsbewerber unzumutbar sei, zur Vervollständigung des Antrags erforderliche Dokumente beizubringen. Der Senat halte es zudem für erwägenswert, in Fällen, in denen eine große, nach staatsangehörigkeitsrechtlich an sich irrelevanten Kriterien wie der Volkszugehörigkeit bestimmte Personengruppe einem diskriminierenden Sonderregime unterworfen werde, für die Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG nicht auf die Entlassungspraxis in Bezug auf die Gesamtheit aller Staatsangehöriger, sondern auf die einer diskriminierenden Sonderbehandlung unterworfene Teilgruppe abzustellen. Es verstoße jedenfalls gegen die zweite Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG, dass der Verwaltungsgerichtshof vom Kläger die Stellung eines formgerechten Entlassungsantrages verlange, ohne aufgeklärt zu haben, ob für ihn überhaupt die Möglichkeit bestehe, seine Entlassung aus der - nunmehr serbischen - Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Das vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Erfordernis der Stellung eines Entlassungsantrages sei für die Fallgestaltung der zweiten Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folge auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die zweite Alternative erfasse die Entlassungsverweigerung bei - nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildeten - Untergruppen von Staatsangehörigen sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar beantworte sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt würden, oft erst nach gestelltem Antrag. Dies rechtfertige es indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar sei bzw. nur durch Bestechung abgewendet werden könne, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen. Da die im Zuge des Revisionsverfahrens vorgebrachten Fakten und die vom Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich ausgewerteten Akteninformationen vom Bundesverwaltungsgericht nicht selbst tatrichterlich geklärt werden könnten, sei eine Zurückverweisung geboten. Soweit der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen gültigen Pass besessen habe, auferlege, zunächst als Voraussetzung für den Passantrag beim Konsulat den erforderlichen Staatsangehörigkeitsnachweis zu beschaffen, bei dem "längere, unter Umständen mehrjährige Verfahrenszeiten" zu erwarten seien, könne dies für sich allein schon die Unzumutbarkeit begründen. Zu Recht gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Ableistung der Wehrpflicht eine grundsätzlich zumutbare Entlassungsvoraussetzung bilde. Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit sei nach dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10. März 2005 und einem Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3. Juni 2005 davon auszugehen, dass bei ihnen die Wehrpflicht zwar grundsätzlich bestehe, aber mangels Einberufung nicht erfüllt werden könne. Unter diesen Umständen sei vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen. Einem Einbürgerungsbewerber sei auch nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit mit Hilfe von Bestechung herbeizuführen. Der Senat könne schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung (§ 8 StAG) ohne Zurückverweisung zu Gunsten des Klägers entscheiden. Der vom Kläger behauptete Folgenbeseitigungs- bzw. Herstellungsanspruch vermöge eine solche Ermessensreduzierung nicht zu bewirken. Allein der Umstand, dass ihm bei Antragstellung noch der Reiseausweis nach Art. 28 GFK zugestanden habe, der als Abwägungselement bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei, lasse eine Einbürgerung nicht als einzig richtige Ermessensentscheidung erscheinen, weil der Kläger nach den gesamten Umständen auf den Fortbestand seiner Anerkennung als politisch Verfolgter nicht habe vertrauen können.
10 
Die Beklagte begründet ihre Berufung wie folgt: Im Zeitraum 2005 bis 2007 sei es 193 Serben albanischer Volkszugehörigkeit in Baden-Württemberg gelungen, ihre Entlassung aus dem serbischen Staatsverband zu erreichen. In dem genannten Zeitraum seien 244 Entlassungsanträge abgelehnt worden. Hierunter hätten sich 214 Personen befunden, die den Wehrdienst nicht abgeleistet hätten. Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit dieser Meldung sprächen, seien nicht bekannt, eine Benennung der Namen und Anschriften der aus der Staatsangehörigkeit entlassenen Personen komme aus Datenschutzgründen nicht in Betracht. Wie viele der männlichen Kosovoalbaner, die in den Jahren 2005 bis 2007 aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen worden seien, ihren Wehrdienst nicht abgeleistet hätten, sei nicht erhoben worden. Ob Personen im wehrpflichtigen Alter überhaupt wehrpflichtig gewesen seien und bereits ihren Wehrdienst abgeleistet hätten, sei unbekannt. Das Innenministerium gehe davon aus, dass serbische Staatsangehörige, die wehrpflichtig seien und ihren Wehrdienst nicht abgeleistet hätten, üblicherweise nicht entlassen würden. Soweit es sich dabei um albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo handle, sei nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit vorzunehmen, sofern diese 1991 oder später ihre Heimat verlassen hätten. Das Innenministerium gehe davon aus, dass von den 193 männlichen Serben albanischer Volkszugehörigkeit die meisten, wenn nicht alle, entweder nicht wehrpflichtig gewesen seien oder ihren Wehrdienst bereits abgeleistet hätten, während in 214 Fällen die Entlassung aus Wehrdienstgründen abgelehnt worden sei. Bei einer Zahl von 407 beschiedenen Entlassungsanträgen kosovo-albanischer männlicher Personen in den Jahren 2005 bis 2007 könne die Behauptung der Gegenseite nicht bestätigt werden, Entlassungsverfahren könnten von diesem Personenkreis nicht betrieben werden. Aus Bayern sei bekannt, dass bei entsprechenden Bemühungen die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bzw. die Entscheidung über den Entlassungsantrag herbeigeführt werden könne. Bei den vorgelegten Entlassungsbescheinigungen bzw. Ablehnungen gestellter Entlassungsanträge handle es sich nicht um Fälschungen, da die Einbürgerungsbehörden angehalten seien, Entlassungsbescheinigungen vom serbischen Generalkonsulat bestätigen zu lassen, soweit sie nicht von diesem selbst ausgehändigt worden seien. Hin und wieder hätten Einbürgerungsbewerber berichtet, sie seien von Mitarbeitern des Generalkonsulats aufgefordert worden, zusätzliche Geldbeträge zu leisten. Konkrete Angaben seien jedoch trotz Aufforderung nie gemacht worden. Das serbische Generalkonsulat habe am 23.2.2007 mitgeteilt, dass es allein im Jahr 2006 über 7.000 Reisepässe für Serben kosovo-albanischer Abstammung ausgestellt habe. In diesem Jahr seien auch mehrere hundert Anträge auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bearbeitet worden. Daneben seien etwa 10.000 Anträge auf Beschaffung von Dokumenten und Rekonstruktionsverfahren von Kosovoalbanern anhängig. Die deutsche Botschaft in Belgrad sei in das Entlassungsverfahren nicht eingebunden und könne daher nur allgemein berichten, wie entsprechende Urkunden in Serbien gekauft oder verfälscht werden könnten. Dies sei bei der Stellungnahme der deutschen Botschaft vom 6.4.2005 zu berücksichtigen, wonach Serben mit albanischer Volkszugehörigkeit von der Gewährung konsularischer Dienstleistungen seitens der serbischen Auslandsvertretungen de facto ausgeschlossen seien. Den Personen, die sich rechtzeitig nach Auslaufen ihrer jugoslawischen Ausweispapiere um die Ausstellung eines serbischen Passes bemüht hätten, sei es auch gelungen, in angemessener Zeit ihre Entlassung herbeizuführen. Einbürgerungsbewerber, die sich UNMIK-Papiere beschafft hätten, obwohl sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten, müssten erst ihre serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen. In diesen Fällen reiche der Zeitraum von zwei Jahren häufig nicht aus, um auch die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen.
11 
Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten hätten fünf männliche Serben albanischer Volkszugehörigkeit und eine weibliche Person ihre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit erreicht. Bei vier männlichen Personen und einer weiblichen Person sei es gelungen, telefonischen Kontakt aufzunehmen. Zwei männliche Personen und eine weibliche Person hätten die Entlassung über Rechtsanwälte in Belgrad erreicht. Zwei männliche Personen hätten die Entlassung über das Generalkonsulat erreicht. Die Frage nach Beschleunigungs- oder Bestechungsgeldern sei stets verneint worden. Personen, die die Entlassung über das Generalkonsulat Stuttgart beantragt hätten, hätten in der Regel 1.000,-- + x EUR bezahlen müssen. Bei der Entlassung über einen Rechtsanwalt in Belgrad hätten im Durchschnitt 650,-- EUR beglichen werden müssen. Bestechungsgelder habe auch auf Nachfrage niemand erwähnt. Bezüglich der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten erhobenen Zahlen sei mitzuteilen, dass keiner der hier Eingebürgerten seinen Wehrdienst abgeleistet habe. Es sei eine Bescheinigung vorgelegt worden, die vom serbischen Generalkonsulat als Fälschung identifiziert worden sei. Bis zur Unabhängigkeit sei das Kosovo integrativer Bestandteil Serbiens gewesen. Serbische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit erhielten seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nach wie vor Pässe und Verlängerungen von Pässen. Das Generalkonsulat in Stuttgart sei besetzt und serbische Staatsangehörige mit albanischer Volkszugehörigkeit seien nicht von konsularischen Dienstleistungen ausgeschlossen.
12 
Der Kläger selbst habe - wenn überhaupt - nur wenige Bemühungen um eine Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen. Die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bzw. der Nachweis nachhaltiger vergeblicher Entlassungsbemühungen werde von allen serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo verlangt.
13 
Nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien. Allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe.
14 
Die serbische Staatsangehörigkeit sei durch die von Deutschland anerkannte Unabhängigkeit des Kosovo nicht verloren gegangen, denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes lasse die Mehrstaatigkeit ausdrücklich zu. Das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Nach dem Wortlaut des § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes spreche viel dafür, dass die Staatsangehörigkeit des Kosovo kraft Gesetzes erworben werde und die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis lediglich deklaratorisch wirke. Ob sich dies in der Verwaltungspraxis der kosovarischen Behörden widerspiegeln werde, lasse sich derzeit - mangels funktionierender Behördenstruktur im Kosovo - weder vom Innenministerium Baden-Württemberg noch vom Bundesministerium des Innern vorhersagen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - die Klage insgesamt abzuweisen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Der Kläger macht geltend: Das Land Hessen habe mit Erlass vom 14.8.2007 verfügt, dass serbische Staatsangehörige mit albanischer Volkszugehörigkeit unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern seien. Die inzwischen gesammelten Erfahrungen hätten gezeigt, dass sie ihre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nicht in zumutbarer Weise erlangen könnten. Das Generalkonsulat des ehemaligen Serbien und Montenegro habe unter dem 17.10.2005 erklärt, Voraussetzung einer Entlassung aus der Staatsbürgerschaft sei die Erfüllung der Wehrpflicht. Soweit sich die Beklagte auf Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit berufe, sei es keineswegs unwahrscheinlich, dass die Gewährung von Vorteilen an serbische Amtsträger unabdingbare Voraussetzung für die Entlassung sei. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe die Vertreterin des Bundesinteresses dargelegt, dass serbische Rechtsanwälte und serbische Behörden zahllose Urkundsdelikte begingen. Bescheinigungen über Entlassungen aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit wiesen eine Fälschungsquote von 75% auf. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass die serbischen Auslandsvertretungen oder die Behörden im Heimatstaat Fälschungen nicht erkennen könnten oder wollten. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, nach telefonischer Auskunft hätten Eingebürgerte keine Bestechungsgelder zahlen müssen, sei darauf hinzuweisen, dass diesen weder eine Unterscheidung zwischen Gebühren und Bestechungsgeldern möglich sei noch dass ihnen überhaupt bewusst sei, dass zwischen beidem differenziert werden könne. Weiter sei nicht klar, ob es sich bei den von der Beklagten genannten Fällen überhaupt um Kosovaren gehandelt habe. Nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen des baden-württembergischen Innenministeriums könne es als unzumutbare Bedingung angesehen werden, wenn die Entlassung von Einbürgerungsbewerbern aus der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien von der Leistung des Wehrdienstes abhängig gemacht werde und es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handle.
20 
Seine serbische Staatsangehörigkeit sei mit der von Deutschland anerkannten Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17.2.2008 untergegangen. Auf dem Gebiet der „Sozialistischen Republik Serbien“ seien zwei Nachfolgestaaten entstanden, und zwar die Republik Serbien und die Republik Kosovo. Die Ausstellung von serbischen Reisepässen an Kosovaren entspreche einer völkerrechtswidrigen Inanspruchnahme fremder Staatsangehöriger als Staatsangehörige einer Annexions- oder Besatzungsmacht.
21 
Nach § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes würden Personen, die am 1.1.1998 ihren ständigen Wohnsitz im Kosovo gehabt hätten oder Abkömmlinge solcher Personen seien, ohne weiteres Staatsangehörige des Kosovo und seien als solche in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis einzutragen. Eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit sei praktisch auf absehbare Zeit nicht möglich. Verfahren und Behörden müssten erst noch eingerichtet werden.
22 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mitgeteilt, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Als Anlage wurde ein Bericht der Botschaft Belgrad vom 6.12.2006 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, die Botschaft sei am Verfahren der Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nicht unmittelbar beteiligt und verfüge insofern nur in eingeschränktem Maß über eigene Erfahrungen. Angesichts der der Botschaft bekannten hohen Zahl ge- und verfälschter wie auch echter, aber inhaltlich unrichtiger serbischer Urkunden hege die Botschaft gewisse Zweifel, ob vorgelegte Entlassungsurkunden von kosovo-albanischen Serben tatsächlich echt bzw. inhaltlich richtig seien. Auf Nachfrage der Botschaft seien die serbischen Behörden nicht bereit gewesen, konkrete Zahlen zu den in letzter Zeit aus der Staatsangehörigkeit Entlassenen zu nennen. Der Botschaft seien nur sehr wenige Fälle bekannt, in denen die Entlassung erfolgreich und innerhalb angemessener Zeit betrieben worden sei.
23 
Das Bundesministerium des Innern hat unter dem 14.5.2008 auf Anfrage des Berichterstatters ein Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, das „RK-Referat“ der Botschaft habe für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit wiesen eine Fälschungsquote von 75% auf. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Tatsächlich seien indes nach Erfahrung der Botschaft aufgrund persönlicher Beziehungen oder gegen Entgelt faktisch von allen Behörden des Landes Urkunden beliebigen Inhalts zu erlangen. Das regelmäßige Auftreten charakteristischer Fälschungsmerkmale und die nicht selten bemerkenswerte Qualität der Fälschungen deuteten auf die Existenz organisierter Fälscherringe hin. In bestimmten Fällen liege die Vermutung nahe, dass die Verwender gefälschte Urkunden in gutem Glauben an deren zumindest formale Echtheit vorlegten. Dies gelte insbesondere für die hohe Zahl gefälschter Entlassungsbescheinigungen. Tatsächlich sei eine reguläre Entlassung aus dem serbisch-montenegrinischen Staatsverband mit hohem Zeit- und Finanzaufwand verbunden. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung durch die beteiligten Behörden einschließlich der Auslandsvertretungen in Deutschland de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich deshalb nicht selten an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob dies durch Bestechung von Amtsträgern und damit Erlangung einer authentischen Urkunde oder schlicht durch Aushändigung einer Fälschung geschehe, hänge von der Seriosität des Vermittlers ab.
24 
Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nehme derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr.
25 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat das Auswärtige Amt unter dem 7.8.2008 Auszüge aus den „Ergebnisniederschriften der Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ aus den Jahren 2003 bis 2008 übersandt. In der Niederschrift über die Besprechung vom 8./9.5.2006 wird ausgeführt, nach Angaben des Vertreters Bayerns sei beabsichtigt, bei Kosovoalbanern nach Durchführung eines Verfahrens zur Entlassung aus der serbischen bzw. montenegrinischen Staatsangehörigkeit Mehrstaatigkeit in den Fällen hinzunehmen, in denen die Ableistung des Wehrdienstes verlangt würde. Der Vertreter Baden-Württembergs habe mitgeteilt, dass 115 Fälle bekannt seien, in denen Kosovoalbaner aus der serbischen bzw. montenegrinischen Staatsangehörigkeit entlassen worden seien. Die Entlassungsverfahren würden mindestens ein Jahr dauern. Daneben habe es auch Fälle gegeben, in denen offensichtlich gefälschte Entlassungsbescheinigungen vorgelegt worden seien. In der Niederschrift über die Besprechung vom 26./27.5.2008 heißt es, nach § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes sollten diejenigen kosovarische Staatsangehörige sein, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen seien und an diesem Tag ihren ständigen Wohnsitz im Kosovo gehabt hätten. Dies gelte auch für Kinder dieser Personen. Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis solle auf Antrag dessen, der diese Voraussetzungen erfülle, wirksam werden. Hierbei scheine es sich lediglich um ein Geltendmachen der bereits automatisch kraft Gesetzes erworbenen kosovarischen Staatsangehörigkeit zu handeln. Nach § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes sei Mehrstaatigkeit ausdrücklich zugelassen. Kosovarische Staatsangehörige dürften von Serbien weiterhin als serbische Staatsangehörige angesehen werden. Die Probleme bei der Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit dürften fortbestehen. Es solle über das Auswärtige Amt ermittelt werden, ob und inwieweit schon handlungsfähige kosovarische Behörden existierten, bei denen staatsangehörigkeitsrechtliche Verfahren durchgeführt werden könnten.
26 
Dem Senat liegen die einschlägigen Einbürgerungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (1 K 353/04) vor.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil die Klage begründet ist. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dass die sonstigen Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln.
28 
Grundsätzlich setzt eine Anspruchseinbürgerung voraus, dass Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit ist ausnahmsweise unter anderem dann möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).
29 
Hier ist jedenfalls die zweite Fallgestaltung (unzumutbare Bedingungen für eine Entlassung) des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG gegeben. Sie scheidet nicht bereits deshalb aus, weil es an der Einleitung eines Entlassungsverfahrens fehlt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3/06 -, BVerwGE 129, 20 = NVwZ 2007, 931; anders noch der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 -, InfAuslR 2006, 230). Das Erfordernis eines Entlassungsantrages ist für diese Fallgestaltung nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folgt auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG (BTDrucks 14/533, 19) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wenn es dort heißt, diese Bestimmung betreffe „hauptsächlich Fälle, in denen ein Entlassungsantrag gestellt wird, das Entlassungsverfahren aber im Einzelfall scheitert", erhellt dies, dass der Gesetzgeber auch andere Fallgruppen vor Augen hatte.
30 
Die hier einschlägige zweite Alternative erfasst - wie das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) entschieden hat - unter anderem die Fallgruppe der generellen Entlassungsverweigerung bei Untergruppen von Staatsangehörigen, die nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildet werden, soweit diese nicht bereits § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG unterfallen sollten, sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar lässt sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt werden, in einer Reihe von Fällen erst im Verfahren nach gestelltem Antrag sinnvoll beantworten. Dies rechtfertigt indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar ist, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hier ist dem Kläger nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder die Entlassung aus einer (möglichen) kosovarischen (1.) noch aus der serbischen (2.) Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich.
31 
1. Der Kläger kann aus einer (möglicherweise erworbenen) kosovarischen Staatsangehörigkeit (a) jedenfalls nicht in zumutbarer Weise entlassen werden (b).
32 
a) Die Republik Kosovo hat in § 29 ihres Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, dass unter anderem die direkten Abkömmlinge derjenigen, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen sind und ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, kosovarische Staatsangehörige sind (Abs. 1 i.V.m. Abs. 2). Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis wird auf Antrag des Betroffenen wirksam (Abs. 3).
33 
Der Wortlaut des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Republik Kosovo scheint darauf hinzudeuten, dass die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis nicht konstitutiv ist, sondern dass es sich lediglich um die deklaratorische Eintragung einer bereits kraft Gesetzes erworbenen Staatsangehörigkeit handeln soll (ebenso der Vertreter des BMI in der „Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ vom 26./27.5.2008; BAMF, Entscheidungen Asyl 8/2008 „Kosovo: Staatsbürgerschaft“). Dafür spricht auch, dass die kosovarischen Behörden den Kläger offenkundig als kosovarischen Staatsangehörigen ansehen, denn sie haben ihm am 11.9.2008 einen Reisepass ausgestellt.
34 
Allerdings ist umstritten, ob eine automatische Erstreckung der Staatsangehörigkeit auf Personen wie den Kläger völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Das Ermessen eines Staates, im Falle einer einseitigen Sezession zu bestimmen, welche ehemaligen Angehörigen des Vorgängerstaates seine Staatsangehörigkeit erlangen sollen, ist nämlich durch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts begrenzt (s. auch Art. 25 GG). Danach setzt die Inanspruchnahme von Personen als eigene Staatsangehörige voraus, dass zwischen diesen und dem Staat eine nähere tatsächliche Beziehung („genuine connection“) besteht. Ob eine solche enge Beziehung zur Republik Kosovo bei Personen noch besteht, die wie der Kläger im Zeitpunkt der Unabhängigkeit ihren Wohnsitz nicht in dem Gebiet des neu gegründeten Staates hatten, sondern seit mehr als fünfzehn Jahren ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland haben, und - wie durch den Einbürgerungsantrag belegt ist - nicht beabsichtigen, jemals auf Dauer in den Kosovo zurückzukehren, ist zumindest fraglich. Die automatische Einbeziehung könnte in diesen Fällen sowohl die Personalhoheit des Vorgängerstaates als auch das im modernen Völkerrecht anerkannte Recht des Individuums, nicht ohne seinen Willen einer neuen Staatsangehörigkeit unterworfen zu werden, verletzen (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/2, 2. Aufl. 2003, S. 45 ff. und 64 ff.; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., Grundlagen Teil E, insbes. Rn. 44; Blumenwitz (2003) in Staudinger, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2007 - 11 K 3108/06 -, juris).
35 
b) Letztlich kann man diese Frage aber offenlassen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Kläger kosovarischer Staatsangehöriger geworden ist, ist es ihm jedenfalls derzeit nicht in zumutbarer Weise möglich, aus dieser Staatsangehörigkeit entlassen zu lassen. Zwar regelt § 17 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit, und nach § 23 Abs. 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes können außerhalb des Kosovo wohnende Personen den Antrag auf Entlassung bei der nächsten Botschaft oder dem nächsten Konsulat einreichen, von welcher der Antrag an die zuständige Stelle weitergeleitet wird. Es ist indes nicht ersichtlich, welche Behörde für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit letztlich zuständig ist. Die Verwaltungsstrukturen im Kosovo sind erst im Aufbau begriffen. Zwar werden mittlerweile wohl schon die ersten Reisepässe ausgestellt (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 4.8. und vom 28.7.2008); außerdem sind nunmehr Botschafter u.a. auch für Deutschland ernannt worden (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 1.9.2008). Es existiert aber zur Zeit nach den vorliegenden Erkenntnissen noch keine Botschaft und kein Konsulat der Republik Kosovo in Deutschland und seinen Nachbarländern. Es liegen auch keine Informationen darüber vor, wonach es im Kosovo Behörden geben könnte, die derzeit einen Entlassungsantrag bearbeiten dürften und könnten. Auch wohl erforderliche Regelungen über die Einzelheiten des Verfahrens liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Wann funktionsfähige kosovarische Behörden und Verfahrensvorschriften für ein Entlassungsverfahren vorhanden sein werden, ist derzeit nicht konkret absehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger in seiner individuellen Situation nicht zumutbar, weiter abzuwarten, bis geklärt sein wird, ob und unter welchen Bedingungen er seine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit erreichen kann. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist nicht nur die objektive Lage, sondern auch die persönliche Situation des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers zu berücksichtigen. Hier fällt zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht, dass er bereits 2002 seinen Einbürgerungsantrag gestellt hat und sein Einbürgerungsverfahren aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, bereits seit langem anhängig ist. Daher kann von ihm nicht verlangt werden, weiter zuzuwarten, bis der Aufbau der kosovarischen Verwaltung so weit abgeschlossen ist, dass ein Entlassungsverfahren bearbeitet werden kann und die konkret erforderlichen Voraussetzungen für eine Entlassung definitiv geklärt sind.
37 
2. Für den Kläger besteht nach der Überzeugung des Senats auch keine Möglichkeit, seine reguläre Entlassung aus der - nach wie vor bestehenden (a) - serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen (b).
38 
a) Der Senat geht nicht davon aus, dass die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers durch die Unabhängigkeit des Kosovo „automatisch“ untergegangen ist (a.A. ohne nähere Begr. VG Göttingen, Urteil vom 21.5.2008 - 1 A 390/07 -, juris). Dabei kann auch hier dahinstehen, ob der Kläger überhaupt wirksam und in Einklang mit völkerrechtlichen Grundsätzen die kosovarische Staatsangehörigkeit erworben hat (s. oben unter 1.a). Denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes erkennt die Mehrstaatigkeit ausdrücklich an. Die Republik Kosovo misst damit dem Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit keinen derartigen Rang zu, dass eine weitere Staatsangehörigkeit dem Erwerb ihrer Staatsangehörigkeit entgegenstehen könnte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das Fortbestehen der serbischen Staatsangehörigkeit von Personen wie dem Kläger, die sich im Zeitpunkt der Unabhängigkeit dauerhaft außerhalb des Kosovo aufgehalten haben, einen völkerrechtswidrigen Eingriff in die Souveränität der Republik Kosovo darstellen sollte.
39 
b) Dem Kläger ist es nicht möglich, seine reguläre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Auf Grund der Praxis ethnischer Diskriminierung albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo durch serbische Behörden wäre absehbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit entweder keinen Erfolg in zumutbarer Zeit hätte oder dass dieser nur durch Bestechung erreicht werden könnte.
40 
Schon allgemein betrachtet ist die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit für den Kläger als albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo unzumutbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er nach wie vor nicht im Besitz eines serbischen Passes ist. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. In diesem Fall müsste er vor Durchführung des eigentlichen Entlassungsverfahrens zunächst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen können. Denn wie sich aus dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2003 sowie aus dem Protokoll vom 15.11.2004 ergibt, leitet das Generalkonsulat Stuttgart ein Entlassungsverfahren ohne einen gültigen Pass nicht ein. Nach einem vom Innenministerium Baden-Württemberg vorgelegten Merkblatt des Generalkonsulats Stuttgart ist u.a. Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses, dass ein aktueller Staatsangehörigkeitsnachweis vom Kläger beschafft wird. Erst wenn dieser vorliegt - das Innenministerium spricht im Protokoll vom 15.11.2004 selbst von längeren, unter Umständen mehrjährigen Verfahrenszeiten - kann ein Reisepass beantragt werden. Zwar ist die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweises als solche nicht von vornherein unzumutbar. Dass die Behörden des Herkunftsstaates den Einbürgerungsbewerber auffordern, zunächst seine pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, stellt grundsätzlich keine unzumutbare Bedingung dar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002 - 13 S 810/02 -). Ist indes wie hier den Betroffenen aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen die Beibringung der erforderlichen Unterlagen in absehbarer Zeit nicht möglich, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 2. Fallgestaltung StAG erfüllt. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass ein Zeitraum von zwei Jahren oft nicht genüge, wenn ein Einbürgerungsbewerber erst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen müsse. Mehrjährige Verfahrenslaufzeiten begründen für sich allein schon die Unzumutbarkeit. Dass die Ordnung der personenstandsrechtlichen Angelegenheiten keine - abstrakt - unzumutbare Entlassungsbedingung bildet, setzt voraus, dass der Einbürgerungsbewerber eine realistische Chance hat, diese Entlassungsvoraussetzung unter zumutbaren Bedingungen in angemessener Zeit erfüllen zu können (vgl. BVerwG, a.a.O.).
41 
Für eine Unzumutbarkeit sprechen auch die Erkenntnisse mehrerer Bundesländer. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mit, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Auch Niedersachsen (Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005) und Nordrhein-Westfalen (vgl. die am 2.12.2005 erfolgte Ergänzung des Runderlasses des Innenministeriums vom 21.6.2005) gehen von einer Unzumutbarkeit aus.
42 
Weiter ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger wohl nicht möglich ist, sich persönlich um die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen zu kümmern. Die Personenstandsregister aus dem Kosovo sind nach Serbien ausgelagert worden. Ohne serbischen Reisepass hat der Kläger aber keine Möglichkeit, sich persönlich nach Serbien zu begeben, um dort die erforderlichen Unterlagen zu besorgen (vgl. bereits Senatsurteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002, a.a.O.). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, die für die Passausstellung zuständige kosovarische Behörde habe Unterlagen zur Verfügung gehabt, die dort als Nachweis seiner Identität ausgereicht hätten, ist nicht klar, um welche Dokumente es sich hierbei genau gehandelt hat; es bedeutet zudem nicht, dass auch serbische Behörden diese Unterlagen anerkennen würden.
43 
Auch ob der Kläger als albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo Zugang zu Dienstleistungen der serbischen Auslandsvertretungen hat, ist äußerst fraglich. Verschiedene Auskünfte deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist (Botschaftsbericht der Botschaft Belgrad vom 6.4. und vom 6.6.2005; BAMF, Informationszentrum Asyl und Migration vom 10.3.2008). Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nimmt derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr. Die Deutsche Botschaft Belgrad geht hierbei davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische kriminelle Kollusion zwischen den Auslandsvertretungen und „dubiosen“ serbischen Rechtsanwälten handelt. Dem hält indes die Beklagte entgegen, das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Diese Angabe beruht allerdings nur auf wenigen Referenzfällen, von denen der Kläger unwidersprochen behauptet, aus den vorgelegten Dokumenten gehe hervor, dass es sich um Roma und nicht um albanische Volkszugehörige gehandelt habe. Die Beklagte hat zudem auch mitgeteilt, nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien; allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe. Zu denken gibt im Zusammenhang mit der in Serbien weit verbreiteten Korruption auch, dass der Kläger seinem Vortrag zufolge auf seinen formlosen Entlassungsantrag hin vom Generalkonsulat Stuttgart aufgefordert worden ist, nur einen Teil der Gebühren per Banküberweisung und den überwiegenden Teil in bar zu begleichen.
44 
Dem Kläger kann es auch nicht abverlangt werden, die Besorgung der erforderlichen Unterlagen und das Entlassungsverfahren einem Bevollmächtigten zu übertragen. Einem Einbürgerungsbewerber ist es nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit nur mit Hilfe einer Bestechung herbeizuführen. Genau dies wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aber der Fall, wenn der Kläger einen Vermittler beauftragen würde. Nach den Erkenntnissen der Deutschen Botschaft Belgrad (Fernschreiben vom 15.4.2005) beträgt die Fälschungsquote bei Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit ca. 75%. Diese Zahl beruhe auf einer Überprüfung der im Rahmen konsularischer Amtshandlungen vorgelegter Dokumente im Zeitraum von April 2004 bis März 2005. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Die Verwendung ge- und verfälschter Urkunden sei im Rechts- und Behördenverkehr in Serbien alltäglich. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich daher an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob diese durch die Bestechung von Amtsträgern oder Integralfälschungen geschehe, hänge von der „Seriosität“ des Vermittlers ab. Bei den Vermittlern handle es sich teilweise um ehemalige Botschaftsbedienstete, die nunmehr als Rechtsanwalt tätig seien und wohl nach wie vor Verbindungen zu den Auslandsvertretungen unterhielten (Botschaftsbericht vom 21.4.2005). In einer Stellungnahme vom 3.3.2006 hat die Botschaft diese Einschätzung nochmals bestätigt.
45 
Dem halten die Beklagte und das Innenministerium Baden-Württemberg zu Unrecht ihre eigenen und bayerische Erkenntnisse entgegen, wonach kosovarische Volkszugehörige nach Auskunft des serbischen Generalkonsulats Stuttgart nach wie vor konsularisch betreut würden und viele Entlassungsverfahren durchgeführt worden seien. Die oben erwähnte hohe Fälschungsquote von 75 % zuzüglich der nicht gefälschten, aber inhaltlich unwahren Entlassungsbescheinigungen lässt es vielmehr als naheliegend erscheinen, dass diese vermeintlichen Entlassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007 - AN 15 K 06.01148 -). Sollte der Verdacht der Deutschen Botschaft Belgrad zutreffen, dass auch serbische Amtsträger in „unsaubere“ Verfahren einbezogen sind, würde dies ohne Weiteres erklären, weshalb diese vorgelegte Entlassungsbescheinigungen als echt bezeichnen. Dass die einzelnen Antragsteller auf Anfrage nichts von Fälschungen oder Bestechungsgeldern erwähnen, kann ohne weiteres auf der Furcht beruhen, dass die entsprechenden Dokumente nicht anerkannt werden oder dass strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Zum anderen deutet der Botschaftsbericht darauf hin, dass die jeweiligen Antragsteller durchaus gutgläubig sein können, also darauf vertrauen, dass die eingeschalteten Vermittler ihnen echte und inhaltlich wahre Dokumente besorgen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Deutsche Botschaft sei selbst nicht mit Entlassungs- oder Einbürgerungsverfahren befasst, und mit dieser Begründung die Auskünfte der Botschaft relativieren möchte, ist darauf hinzuweisen, dass in dem Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 ausgeführt wird, die Botschaft habe immerhin für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Auch wenn es sich hierbei einerseits um keine repräsentative Untersuchung gehandelt haben mag, ist es andererseits naheliegend, dass es sich nicht nur um eine wenige Einzelfälle gehandelt haben wird. Schließlich stehen die Erkenntnisse der Botschaft mit den vorliegenden allgemeinen Erkenntnissen in Einklang. Allgemein sind in Serbien gefälschte oder inhaltlich unwahre Dokumente weit verbreitet. Das Auswärtige Amt führt hierzu in seinem Lagebericht zu Serbien vom 23.4.2007 aus: Die Praxis habe gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt seien, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspreche. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art seien gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten. In Einzelfällen seien selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten. Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts seien auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Besonders hoch sei die Fälschungsquote bei Dokumenten mit Kosovo-Bezug, da im Zuge der Schließung der serbischen bzw. jugoslawischen Ämter im Kosovo im Frühjahr 1999 eine Vielzahl von Formularen und Dienstsiegeln abhanden gekommen sei.
46 
Weiter führt auch die Nichtableistung der Wehrpflicht durch den Kläger zu einer unzumutbaren Entlassungsvoraussetzung (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007, a.a.O.). Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit ist nach den vorliegenden Erkenntnissen (Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2005; Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005; Schreiben des Generalkonsulats Stuttgart vom 17.10.2005 an das Innenministerium Baden-Württemberg; AA, Lagebericht Serbien und Montenegro vom 23.9.2005) davon auszugehen, dass einerseits die Wehrpflicht zwar grundsätzlich - bis zum 60. Lebensjahr in Form einer Wehrdienstpflicht im Reservekontingent - besteht, aber andererseits mangels Einberufung nicht erfüllt werden kann. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Kläger nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte. Gesundheitliche Einschränkungen oder sonstige Gründe für eine Ausnahme von der Wehrpflicht sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert, er sei „topfit“ und leide an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dass er nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte, erscheint demzufolge als lebensfern und als bloße fernliegende theoretische Möglichkeit. Unter diesen Umständen ist vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen, zumal für ihn unabhängig davon, ob eine Wehrpflicht besteht oder durchgesetzt werden soll, de facto voraussichtlich keine Möglichkeit besteht, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Die Einleitung eines Entlassungsverfahrens, dessen negatives Ende feststeht und bei dem nur unklar ist, warum es legal nicht zum Erfolg führen kann, ist eine unzumutbare Entlassungsvoraussetzung.
47 
Auch das Innenministerium Baden-Württemberg geht in seinen Vorläufigen Anwendungshinweisen vom Vorliegen einer unzumutbaren Bedingung aus, wenn die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht bzw. aus diesem Grund abgelehnt wird, sofern es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handelt. Allerdings verlangt es zu Unrecht die vorherige Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Ist wie hier von vornherein absehbar, dass dieses nicht zum Erfolg führen kann, wäre dies ein bloßer Formalismus, der den Betroffenen nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass für das Entlassungsverfahren einschließlich der Beschaffung der notwendigen Unterlagen schon regulär (also ohne etwaige Bestechungsgelder) ein vierstelliger Betrag aufzuwenden ist.
48 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere sind die grundsätzlichen Fragen, die sich in diesem Verfahren ursprünglich gestellt haben, mittlerweile durch die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3.5.2007, a.a.O.) geklärt.

Gründe

 
27 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil die Klage begründet ist. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dass die sonstigen Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln.
28 
Grundsätzlich setzt eine Anspruchseinbürgerung voraus, dass Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit ist ausnahmsweise unter anderem dann möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).
29 
Hier ist jedenfalls die zweite Fallgestaltung (unzumutbare Bedingungen für eine Entlassung) des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG gegeben. Sie scheidet nicht bereits deshalb aus, weil es an der Einleitung eines Entlassungsverfahrens fehlt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3/06 -, BVerwGE 129, 20 = NVwZ 2007, 931; anders noch der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 -, InfAuslR 2006, 230). Das Erfordernis eines Entlassungsantrages ist für diese Fallgestaltung nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folgt auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG (BTDrucks 14/533, 19) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wenn es dort heißt, diese Bestimmung betreffe „hauptsächlich Fälle, in denen ein Entlassungsantrag gestellt wird, das Entlassungsverfahren aber im Einzelfall scheitert", erhellt dies, dass der Gesetzgeber auch andere Fallgruppen vor Augen hatte.
30 
Die hier einschlägige zweite Alternative erfasst - wie das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) entschieden hat - unter anderem die Fallgruppe der generellen Entlassungsverweigerung bei Untergruppen von Staatsangehörigen, die nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildet werden, soweit diese nicht bereits § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG unterfallen sollten, sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar lässt sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt werden, in einer Reihe von Fällen erst im Verfahren nach gestelltem Antrag sinnvoll beantworten. Dies rechtfertigt indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar ist, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hier ist dem Kläger nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder die Entlassung aus einer (möglichen) kosovarischen (1.) noch aus der serbischen (2.) Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich.
31 
1. Der Kläger kann aus einer (möglicherweise erworbenen) kosovarischen Staatsangehörigkeit (a) jedenfalls nicht in zumutbarer Weise entlassen werden (b).
32 
a) Die Republik Kosovo hat in § 29 ihres Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, dass unter anderem die direkten Abkömmlinge derjenigen, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen sind und ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, kosovarische Staatsangehörige sind (Abs. 1 i.V.m. Abs. 2). Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis wird auf Antrag des Betroffenen wirksam (Abs. 3).
33 
Der Wortlaut des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Republik Kosovo scheint darauf hinzudeuten, dass die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis nicht konstitutiv ist, sondern dass es sich lediglich um die deklaratorische Eintragung einer bereits kraft Gesetzes erworbenen Staatsangehörigkeit handeln soll (ebenso der Vertreter des BMI in der „Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ vom 26./27.5.2008; BAMF, Entscheidungen Asyl 8/2008 „Kosovo: Staatsbürgerschaft“). Dafür spricht auch, dass die kosovarischen Behörden den Kläger offenkundig als kosovarischen Staatsangehörigen ansehen, denn sie haben ihm am 11.9.2008 einen Reisepass ausgestellt.
34 
Allerdings ist umstritten, ob eine automatische Erstreckung der Staatsangehörigkeit auf Personen wie den Kläger völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Das Ermessen eines Staates, im Falle einer einseitigen Sezession zu bestimmen, welche ehemaligen Angehörigen des Vorgängerstaates seine Staatsangehörigkeit erlangen sollen, ist nämlich durch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts begrenzt (s. auch Art. 25 GG). Danach setzt die Inanspruchnahme von Personen als eigene Staatsangehörige voraus, dass zwischen diesen und dem Staat eine nähere tatsächliche Beziehung („genuine connection“) besteht. Ob eine solche enge Beziehung zur Republik Kosovo bei Personen noch besteht, die wie der Kläger im Zeitpunkt der Unabhängigkeit ihren Wohnsitz nicht in dem Gebiet des neu gegründeten Staates hatten, sondern seit mehr als fünfzehn Jahren ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland haben, und - wie durch den Einbürgerungsantrag belegt ist - nicht beabsichtigen, jemals auf Dauer in den Kosovo zurückzukehren, ist zumindest fraglich. Die automatische Einbeziehung könnte in diesen Fällen sowohl die Personalhoheit des Vorgängerstaates als auch das im modernen Völkerrecht anerkannte Recht des Individuums, nicht ohne seinen Willen einer neuen Staatsangehörigkeit unterworfen zu werden, verletzen (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/2, 2. Aufl. 2003, S. 45 ff. und 64 ff.; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., Grundlagen Teil E, insbes. Rn. 44; Blumenwitz (2003) in Staudinger, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2007 - 11 K 3108/06 -, juris).
35 
b) Letztlich kann man diese Frage aber offenlassen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Kläger kosovarischer Staatsangehöriger geworden ist, ist es ihm jedenfalls derzeit nicht in zumutbarer Weise möglich, aus dieser Staatsangehörigkeit entlassen zu lassen. Zwar regelt § 17 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit, und nach § 23 Abs. 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes können außerhalb des Kosovo wohnende Personen den Antrag auf Entlassung bei der nächsten Botschaft oder dem nächsten Konsulat einreichen, von welcher der Antrag an die zuständige Stelle weitergeleitet wird. Es ist indes nicht ersichtlich, welche Behörde für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit letztlich zuständig ist. Die Verwaltungsstrukturen im Kosovo sind erst im Aufbau begriffen. Zwar werden mittlerweile wohl schon die ersten Reisepässe ausgestellt (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 4.8. und vom 28.7.2008); außerdem sind nunmehr Botschafter u.a. auch für Deutschland ernannt worden (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 1.9.2008). Es existiert aber zur Zeit nach den vorliegenden Erkenntnissen noch keine Botschaft und kein Konsulat der Republik Kosovo in Deutschland und seinen Nachbarländern. Es liegen auch keine Informationen darüber vor, wonach es im Kosovo Behörden geben könnte, die derzeit einen Entlassungsantrag bearbeiten dürften und könnten. Auch wohl erforderliche Regelungen über die Einzelheiten des Verfahrens liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Wann funktionsfähige kosovarische Behörden und Verfahrensvorschriften für ein Entlassungsverfahren vorhanden sein werden, ist derzeit nicht konkret absehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger in seiner individuellen Situation nicht zumutbar, weiter abzuwarten, bis geklärt sein wird, ob und unter welchen Bedingungen er seine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit erreichen kann. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist nicht nur die objektive Lage, sondern auch die persönliche Situation des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers zu berücksichtigen. Hier fällt zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht, dass er bereits 2002 seinen Einbürgerungsantrag gestellt hat und sein Einbürgerungsverfahren aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, bereits seit langem anhängig ist. Daher kann von ihm nicht verlangt werden, weiter zuzuwarten, bis der Aufbau der kosovarischen Verwaltung so weit abgeschlossen ist, dass ein Entlassungsverfahren bearbeitet werden kann und die konkret erforderlichen Voraussetzungen für eine Entlassung definitiv geklärt sind.
37 
2. Für den Kläger besteht nach der Überzeugung des Senats auch keine Möglichkeit, seine reguläre Entlassung aus der - nach wie vor bestehenden (a) - serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen (b).
38 
a) Der Senat geht nicht davon aus, dass die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers durch die Unabhängigkeit des Kosovo „automatisch“ untergegangen ist (a.A. ohne nähere Begr. VG Göttingen, Urteil vom 21.5.2008 - 1 A 390/07 -, juris). Dabei kann auch hier dahinstehen, ob der Kläger überhaupt wirksam und in Einklang mit völkerrechtlichen Grundsätzen die kosovarische Staatsangehörigkeit erworben hat (s. oben unter 1.a). Denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes erkennt die Mehrstaatigkeit ausdrücklich an. Die Republik Kosovo misst damit dem Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit keinen derartigen Rang zu, dass eine weitere Staatsangehörigkeit dem Erwerb ihrer Staatsangehörigkeit entgegenstehen könnte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das Fortbestehen der serbischen Staatsangehörigkeit von Personen wie dem Kläger, die sich im Zeitpunkt der Unabhängigkeit dauerhaft außerhalb des Kosovo aufgehalten haben, einen völkerrechtswidrigen Eingriff in die Souveränität der Republik Kosovo darstellen sollte.
39 
b) Dem Kläger ist es nicht möglich, seine reguläre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Auf Grund der Praxis ethnischer Diskriminierung albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo durch serbische Behörden wäre absehbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit entweder keinen Erfolg in zumutbarer Zeit hätte oder dass dieser nur durch Bestechung erreicht werden könnte.
40 
Schon allgemein betrachtet ist die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit für den Kläger als albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo unzumutbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er nach wie vor nicht im Besitz eines serbischen Passes ist. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. In diesem Fall müsste er vor Durchführung des eigentlichen Entlassungsverfahrens zunächst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen können. Denn wie sich aus dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2003 sowie aus dem Protokoll vom 15.11.2004 ergibt, leitet das Generalkonsulat Stuttgart ein Entlassungsverfahren ohne einen gültigen Pass nicht ein. Nach einem vom Innenministerium Baden-Württemberg vorgelegten Merkblatt des Generalkonsulats Stuttgart ist u.a. Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses, dass ein aktueller Staatsangehörigkeitsnachweis vom Kläger beschafft wird. Erst wenn dieser vorliegt - das Innenministerium spricht im Protokoll vom 15.11.2004 selbst von längeren, unter Umständen mehrjährigen Verfahrenszeiten - kann ein Reisepass beantragt werden. Zwar ist die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweises als solche nicht von vornherein unzumutbar. Dass die Behörden des Herkunftsstaates den Einbürgerungsbewerber auffordern, zunächst seine pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, stellt grundsätzlich keine unzumutbare Bedingung dar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002 - 13 S 810/02 -). Ist indes wie hier den Betroffenen aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen die Beibringung der erforderlichen Unterlagen in absehbarer Zeit nicht möglich, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 2. Fallgestaltung StAG erfüllt. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass ein Zeitraum von zwei Jahren oft nicht genüge, wenn ein Einbürgerungsbewerber erst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen müsse. Mehrjährige Verfahrenslaufzeiten begründen für sich allein schon die Unzumutbarkeit. Dass die Ordnung der personenstandsrechtlichen Angelegenheiten keine - abstrakt - unzumutbare Entlassungsbedingung bildet, setzt voraus, dass der Einbürgerungsbewerber eine realistische Chance hat, diese Entlassungsvoraussetzung unter zumutbaren Bedingungen in angemessener Zeit erfüllen zu können (vgl. BVerwG, a.a.O.).
41 
Für eine Unzumutbarkeit sprechen auch die Erkenntnisse mehrerer Bundesländer. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mit, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Auch Niedersachsen (Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005) und Nordrhein-Westfalen (vgl. die am 2.12.2005 erfolgte Ergänzung des Runderlasses des Innenministeriums vom 21.6.2005) gehen von einer Unzumutbarkeit aus.
42 
Weiter ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger wohl nicht möglich ist, sich persönlich um die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen zu kümmern. Die Personenstandsregister aus dem Kosovo sind nach Serbien ausgelagert worden. Ohne serbischen Reisepass hat der Kläger aber keine Möglichkeit, sich persönlich nach Serbien zu begeben, um dort die erforderlichen Unterlagen zu besorgen (vgl. bereits Senatsurteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002, a.a.O.). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, die für die Passausstellung zuständige kosovarische Behörde habe Unterlagen zur Verfügung gehabt, die dort als Nachweis seiner Identität ausgereicht hätten, ist nicht klar, um welche Dokumente es sich hierbei genau gehandelt hat; es bedeutet zudem nicht, dass auch serbische Behörden diese Unterlagen anerkennen würden.
43 
Auch ob der Kläger als albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo Zugang zu Dienstleistungen der serbischen Auslandsvertretungen hat, ist äußerst fraglich. Verschiedene Auskünfte deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist (Botschaftsbericht der Botschaft Belgrad vom 6.4. und vom 6.6.2005; BAMF, Informationszentrum Asyl und Migration vom 10.3.2008). Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nimmt derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr. Die Deutsche Botschaft Belgrad geht hierbei davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische kriminelle Kollusion zwischen den Auslandsvertretungen und „dubiosen“ serbischen Rechtsanwälten handelt. Dem hält indes die Beklagte entgegen, das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Diese Angabe beruht allerdings nur auf wenigen Referenzfällen, von denen der Kläger unwidersprochen behauptet, aus den vorgelegten Dokumenten gehe hervor, dass es sich um Roma und nicht um albanische Volkszugehörige gehandelt habe. Die Beklagte hat zudem auch mitgeteilt, nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien; allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe. Zu denken gibt im Zusammenhang mit der in Serbien weit verbreiteten Korruption auch, dass der Kläger seinem Vortrag zufolge auf seinen formlosen Entlassungsantrag hin vom Generalkonsulat Stuttgart aufgefordert worden ist, nur einen Teil der Gebühren per Banküberweisung und den überwiegenden Teil in bar zu begleichen.
44 
Dem Kläger kann es auch nicht abverlangt werden, die Besorgung der erforderlichen Unterlagen und das Entlassungsverfahren einem Bevollmächtigten zu übertragen. Einem Einbürgerungsbewerber ist es nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit nur mit Hilfe einer Bestechung herbeizuführen. Genau dies wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aber der Fall, wenn der Kläger einen Vermittler beauftragen würde. Nach den Erkenntnissen der Deutschen Botschaft Belgrad (Fernschreiben vom 15.4.2005) beträgt die Fälschungsquote bei Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit ca. 75%. Diese Zahl beruhe auf einer Überprüfung der im Rahmen konsularischer Amtshandlungen vorgelegter Dokumente im Zeitraum von April 2004 bis März 2005. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Die Verwendung ge- und verfälschter Urkunden sei im Rechts- und Behördenverkehr in Serbien alltäglich. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich daher an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob diese durch die Bestechung von Amtsträgern oder Integralfälschungen geschehe, hänge von der „Seriosität“ des Vermittlers ab. Bei den Vermittlern handle es sich teilweise um ehemalige Botschaftsbedienstete, die nunmehr als Rechtsanwalt tätig seien und wohl nach wie vor Verbindungen zu den Auslandsvertretungen unterhielten (Botschaftsbericht vom 21.4.2005). In einer Stellungnahme vom 3.3.2006 hat die Botschaft diese Einschätzung nochmals bestätigt.
45 
Dem halten die Beklagte und das Innenministerium Baden-Württemberg zu Unrecht ihre eigenen und bayerische Erkenntnisse entgegen, wonach kosovarische Volkszugehörige nach Auskunft des serbischen Generalkonsulats Stuttgart nach wie vor konsularisch betreut würden und viele Entlassungsverfahren durchgeführt worden seien. Die oben erwähnte hohe Fälschungsquote von 75 % zuzüglich der nicht gefälschten, aber inhaltlich unwahren Entlassungsbescheinigungen lässt es vielmehr als naheliegend erscheinen, dass diese vermeintlichen Entlassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007 - AN 15 K 06.01148 -). Sollte der Verdacht der Deutschen Botschaft Belgrad zutreffen, dass auch serbische Amtsträger in „unsaubere“ Verfahren einbezogen sind, würde dies ohne Weiteres erklären, weshalb diese vorgelegte Entlassungsbescheinigungen als echt bezeichnen. Dass die einzelnen Antragsteller auf Anfrage nichts von Fälschungen oder Bestechungsgeldern erwähnen, kann ohne weiteres auf der Furcht beruhen, dass die entsprechenden Dokumente nicht anerkannt werden oder dass strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Zum anderen deutet der Botschaftsbericht darauf hin, dass die jeweiligen Antragsteller durchaus gutgläubig sein können, also darauf vertrauen, dass die eingeschalteten Vermittler ihnen echte und inhaltlich wahre Dokumente besorgen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Deutsche Botschaft sei selbst nicht mit Entlassungs- oder Einbürgerungsverfahren befasst, und mit dieser Begründung die Auskünfte der Botschaft relativieren möchte, ist darauf hinzuweisen, dass in dem Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 ausgeführt wird, die Botschaft habe immerhin für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Auch wenn es sich hierbei einerseits um keine repräsentative Untersuchung gehandelt haben mag, ist es andererseits naheliegend, dass es sich nicht nur um eine wenige Einzelfälle gehandelt haben wird. Schließlich stehen die Erkenntnisse der Botschaft mit den vorliegenden allgemeinen Erkenntnissen in Einklang. Allgemein sind in Serbien gefälschte oder inhaltlich unwahre Dokumente weit verbreitet. Das Auswärtige Amt führt hierzu in seinem Lagebericht zu Serbien vom 23.4.2007 aus: Die Praxis habe gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt seien, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspreche. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art seien gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten. In Einzelfällen seien selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten. Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts seien auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Besonders hoch sei die Fälschungsquote bei Dokumenten mit Kosovo-Bezug, da im Zuge der Schließung der serbischen bzw. jugoslawischen Ämter im Kosovo im Frühjahr 1999 eine Vielzahl von Formularen und Dienstsiegeln abhanden gekommen sei.
46 
Weiter führt auch die Nichtableistung der Wehrpflicht durch den Kläger zu einer unzumutbaren Entlassungsvoraussetzung (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007, a.a.O.). Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit ist nach den vorliegenden Erkenntnissen (Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2005; Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005; Schreiben des Generalkonsulats Stuttgart vom 17.10.2005 an das Innenministerium Baden-Württemberg; AA, Lagebericht Serbien und Montenegro vom 23.9.2005) davon auszugehen, dass einerseits die Wehrpflicht zwar grundsätzlich - bis zum 60. Lebensjahr in Form einer Wehrdienstpflicht im Reservekontingent - besteht, aber andererseits mangels Einberufung nicht erfüllt werden kann. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Kläger nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte. Gesundheitliche Einschränkungen oder sonstige Gründe für eine Ausnahme von der Wehrpflicht sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert, er sei „topfit“ und leide an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dass er nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte, erscheint demzufolge als lebensfern und als bloße fernliegende theoretische Möglichkeit. Unter diesen Umständen ist vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen, zumal für ihn unabhängig davon, ob eine Wehrpflicht besteht oder durchgesetzt werden soll, de facto voraussichtlich keine Möglichkeit besteht, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Die Einleitung eines Entlassungsverfahrens, dessen negatives Ende feststeht und bei dem nur unklar ist, warum es legal nicht zum Erfolg führen kann, ist eine unzumutbare Entlassungsvoraussetzung.
47 
Auch das Innenministerium Baden-Württemberg geht in seinen Vorläufigen Anwendungshinweisen vom Vorliegen einer unzumutbaren Bedingung aus, wenn die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht bzw. aus diesem Grund abgelehnt wird, sofern es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handelt. Allerdings verlangt es zu Unrecht die vorherige Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Ist wie hier von vornherein absehbar, dass dieses nicht zum Erfolg führen kann, wäre dies ein bloßer Formalismus, der den Betroffenen nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass für das Entlassungsverfahren einschließlich der Beschaffung der notwendigen Unterlagen schon regulär (also ohne etwaige Bestechungsgelder) ein vierstelliger Betrag aufzuwenden ist.
48 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere sind die grundsätzlichen Fragen, die sich in diesem Verfahren ursprünglich gestellt haben, mittlerweile durch die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3.5.2007, a.a.O.) geklärt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG.
Die 1955 bzw. 1956 geborenen Kläger zu 1 und zu 2 sind albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo. Sie reisten im November 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diese Anträge lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 21.10.1993 ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte den Klägern die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise an. Die hiergegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Urteil vom 05.07.1994 - A 8 K 16297/93 - ab.
Am 27.07.1995 stellten die Kläger erneut Asylanträge (Folgeanträge), mit denen sie geltend machten, aufgrund der neuesten Entwicklung im Kosovo sei von einer Gruppenverfolgung der dortigen albanischen Bevölkerungsmehrheit auszugehen. Mit am 27.09.1995 zugestelltem Bescheid vom 08.09.1995 lehnte es das Bundesamt ab, weitere Asylverfahren durchzuführen. Auf die hiergegen am 02.10.1995 erhobenen Klagen wurde die Beklagte mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 03.02.1999 - A 4 K 13700/95 - verpflichtet festzustellen, dass für die Kläger hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Der Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten auf Zulassung der Berufung gegen die Entscheidung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 01.04.1999 (- A 14 S 655/99 -) abgelehnt.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 26.04.1999 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen.
Im Mai 2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab den Klägern unter dem 08.09.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Hierauf hin trugen die Kläger vor, dass sie krank seien und die von ihnen benötigte medizinische Versorgung im Kosovo nicht erhalten könnten.
Mit Bescheid vom 29.01.2004 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 26.04.1999 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots mangels der erforderlichen Prognose drohender politischer Verfolgung nicht mehr gegeben seien. Die von den Klägern nun vorgetragenen Krankheiten seien im Kosovo ausreichend behandelbar.
Am 05.02.2004 haben die Kläger Klage erhoben. Sie berufen sich auf eine Gefährdung als Angehörige der ashkalischen Minderheit im Kosovo und tragen weiterhin vor, dass sie die erforderliche medizinische Behandlung und die von ihnen benötigten Medikamente im Kosovo schon aus finanziellen Gründen nicht erlangen könnten.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004 aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
13 
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
14 
Die Kläger wurden in der mündlichen Verhandlung angehört; bezüglich ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.
15 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamtes vor. Diese Akten wurden ebenso wie die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten mit der Ladung bzw. allgemein übersandten Liste aufgeführt sind, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
24 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
26 
Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
27 
Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
28 
Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
29 
Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
30 
Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
24 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
26 
Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
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Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
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Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
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Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
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Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.
Der am … in … geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Serbien (früher: Serbien und Montenegro), möglicherweise mittlerweile (auch) der Republik Kosovo, und albanischer Volkszugehöriger. Mit Bescheid vom 16.7.1993 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu seinen Gunsten fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorlägen. Der Kläger war im Besitz eines am 21.12.1995 ausgestellten Reiseausweises nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention. Am 5.11.2001 wurde ihm eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Seit dem 11.9.2008 besitzt er einen kosovarischen Reisepass.
Der Kläger beantragte unter dem 15.10.2002 seine Einbürgerung. Mit Schreiben vom 28.11.2003 teilte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit, dass es ein Widerrufsverfahren eingeleitet habe.
Auf die am 6.2.2004 erhobene Untätigkeitsklage des Klägers hin verpflichtete das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Beklagte mit Urteil vom 8.12.2004 - 1 K 353/04 -, ihn einzubürgern. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe einen Einbürgerungsanspruch. Von der Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG sei abzusehen, wenn der Ausländer politisch Verfolgter i.S.v. § 51 AuslG sei. Der Kläger erfülle diese Voraussetzungen, da das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu seinen Gunsten das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt habe und dieser Bescheid bislang nicht widerrufen worden sei.
Der früher zuständige 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs hat die Berufung auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 16.8.2005 - 12 S 505/05 -zugelassen.
Mit der fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung trägt die Beklagte vor, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) mittlerweile widerrufen. Der Kläger habe hiergegen Klage erhoben. Das Einbürgerungsverfahren sei bis zur rechtkräftigen Entscheidung auszusetzen.
Mit Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 - hat der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs entschieden, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung; allerdings habe die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Ermessenseinbürgerung zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, der Kläger erfülle mit Ausnahme der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit alle Voraussetzungen des Einbürgerungsanspruchs des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. Von der Einhaltung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG könne auch nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG abgesehen werden. Danach sei eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigere und der Ausländer der zuständigen Behörde einen Entlassungsantrag zur Weiterleitung an den ausländischen Staat übergeben habe. Der Entlassungsantrag müsse den Voraussetzungen entsprechen, die im Recht des Heimatstaates für die Entlassung zwingend vorgeschrieben seien. Diesen Anforderungen entspreche der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers übersandte formlose Entlassungsantrag nicht. Die regelmäßige Verweigerung der Entlassung allein hinsichtlich bestimmter Personengruppen bzw. besonderer Kategorien von Staatsangehörigen genüge nicht. Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG werde auch dann abgesehen, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt habe, die der Ausländer nicht zu vertreten habe, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig mache oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden habe. Die erste Fallgestaltung (Versagung der Entlassung) setze grundsätzlich eine einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag ablehnende schriftliche Entscheidung voraus. Auch die dritte Fallgestaltung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG (Nichtbescheidung eines vollständigen und formgerechten Entlassungsantrages in angemessener Zeit) sei nicht erfüllt. Der Kläger könne sich auch nicht auf die zweite Fallgestaltung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG (Koppelung der Entlassung an unzumutbare Bedingungen) berufen. Auf das Erfordernis eines ordnungsgemäßen Entlassungsantrages könne nicht verzichtet werden. Die Einleitung des Entlassungsverfahrens sei dem Kläger auch zumutbar. Dass er nach seinen Angaben nicht im Besitz eines gültigen Passes von Serbien und Montenegro sei, stehe dem nicht entgegen. Eine Ermessenseinbürgerung auf der Grundlage des § 8 StAG sei allerdings rechtlich nicht ausgeschlossen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 StAG lägen unstreitig vor. Der Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit finde (nur) im Rahmen der Ermessensbetätigung Berücksichtigung und könne mithin „überwunden“ werden.
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mit (mittlerweile rechtskräftigem) Urteil vom 27.12.2005 die gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gerichtete Klage des Klägers abgewiesen.
Auf die Revision des Klägers gegen das Urteil der 12. Senats hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3.06 - die Sache mit folgender Begründung zurückverwiesen: Der ursprünglich geltend gemachte Ausnahmegrund nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (Besitz eines Reiseausweises nach Art. 28 GFK) sei entfallen, nachdem die gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gerichtete Klage mittlerweile abgewiesen worden sei. Der Senat lasse dahingestellt, ob der Revision bereits auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung stattzugeben gewesen wäre. Auch ein unvollständiger oder formwidriger Antrag könne ausnahmsweise ausreichen, wenn es dem Entlassungsbewerber unzumutbar sei, zur Vervollständigung des Antrags erforderliche Dokumente beizubringen. Der Senat halte es zudem für erwägenswert, in Fällen, in denen eine große, nach staatsangehörigkeitsrechtlich an sich irrelevanten Kriterien wie der Volkszugehörigkeit bestimmte Personengruppe einem diskriminierenden Sonderregime unterworfen werde, für die Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG nicht auf die Entlassungspraxis in Bezug auf die Gesamtheit aller Staatsangehöriger, sondern auf die einer diskriminierenden Sonderbehandlung unterworfene Teilgruppe abzustellen. Es verstoße jedenfalls gegen die zweite Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG, dass der Verwaltungsgerichtshof vom Kläger die Stellung eines formgerechten Entlassungsantrages verlange, ohne aufgeklärt zu haben, ob für ihn überhaupt die Möglichkeit bestehe, seine Entlassung aus der - nunmehr serbischen - Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Das vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Erfordernis der Stellung eines Entlassungsantrages sei für die Fallgestaltung der zweiten Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folge auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die zweite Alternative erfasse die Entlassungsverweigerung bei - nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildeten - Untergruppen von Staatsangehörigen sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar beantworte sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt würden, oft erst nach gestelltem Antrag. Dies rechtfertige es indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar sei bzw. nur durch Bestechung abgewendet werden könne, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen. Da die im Zuge des Revisionsverfahrens vorgebrachten Fakten und die vom Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich ausgewerteten Akteninformationen vom Bundesverwaltungsgericht nicht selbst tatrichterlich geklärt werden könnten, sei eine Zurückverweisung geboten. Soweit der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen gültigen Pass besessen habe, auferlege, zunächst als Voraussetzung für den Passantrag beim Konsulat den erforderlichen Staatsangehörigkeitsnachweis zu beschaffen, bei dem "längere, unter Umständen mehrjährige Verfahrenszeiten" zu erwarten seien, könne dies für sich allein schon die Unzumutbarkeit begründen. Zu Recht gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Ableistung der Wehrpflicht eine grundsätzlich zumutbare Entlassungsvoraussetzung bilde. Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit sei nach dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10. März 2005 und einem Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3. Juni 2005 davon auszugehen, dass bei ihnen die Wehrpflicht zwar grundsätzlich bestehe, aber mangels Einberufung nicht erfüllt werden könne. Unter diesen Umständen sei vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen. Einem Einbürgerungsbewerber sei auch nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit mit Hilfe von Bestechung herbeizuführen. Der Senat könne schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung (§ 8 StAG) ohne Zurückverweisung zu Gunsten des Klägers entscheiden. Der vom Kläger behauptete Folgenbeseitigungs- bzw. Herstellungsanspruch vermöge eine solche Ermessensreduzierung nicht zu bewirken. Allein der Umstand, dass ihm bei Antragstellung noch der Reiseausweis nach Art. 28 GFK zugestanden habe, der als Abwägungselement bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei, lasse eine Einbürgerung nicht als einzig richtige Ermessensentscheidung erscheinen, weil der Kläger nach den gesamten Umständen auf den Fortbestand seiner Anerkennung als politisch Verfolgter nicht habe vertrauen können.
10 
Die Beklagte begründet ihre Berufung wie folgt: Im Zeitraum 2005 bis 2007 sei es 193 Serben albanischer Volkszugehörigkeit in Baden-Württemberg gelungen, ihre Entlassung aus dem serbischen Staatsverband zu erreichen. In dem genannten Zeitraum seien 244 Entlassungsanträge abgelehnt worden. Hierunter hätten sich 214 Personen befunden, die den Wehrdienst nicht abgeleistet hätten. Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit dieser Meldung sprächen, seien nicht bekannt, eine Benennung der Namen und Anschriften der aus der Staatsangehörigkeit entlassenen Personen komme aus Datenschutzgründen nicht in Betracht. Wie viele der männlichen Kosovoalbaner, die in den Jahren 2005 bis 2007 aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen worden seien, ihren Wehrdienst nicht abgeleistet hätten, sei nicht erhoben worden. Ob Personen im wehrpflichtigen Alter überhaupt wehrpflichtig gewesen seien und bereits ihren Wehrdienst abgeleistet hätten, sei unbekannt. Das Innenministerium gehe davon aus, dass serbische Staatsangehörige, die wehrpflichtig seien und ihren Wehrdienst nicht abgeleistet hätten, üblicherweise nicht entlassen würden. Soweit es sich dabei um albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo handle, sei nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit vorzunehmen, sofern diese 1991 oder später ihre Heimat verlassen hätten. Das Innenministerium gehe davon aus, dass von den 193 männlichen Serben albanischer Volkszugehörigkeit die meisten, wenn nicht alle, entweder nicht wehrpflichtig gewesen seien oder ihren Wehrdienst bereits abgeleistet hätten, während in 214 Fällen die Entlassung aus Wehrdienstgründen abgelehnt worden sei. Bei einer Zahl von 407 beschiedenen Entlassungsanträgen kosovo-albanischer männlicher Personen in den Jahren 2005 bis 2007 könne die Behauptung der Gegenseite nicht bestätigt werden, Entlassungsverfahren könnten von diesem Personenkreis nicht betrieben werden. Aus Bayern sei bekannt, dass bei entsprechenden Bemühungen die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bzw. die Entscheidung über den Entlassungsantrag herbeigeführt werden könne. Bei den vorgelegten Entlassungsbescheinigungen bzw. Ablehnungen gestellter Entlassungsanträge handle es sich nicht um Fälschungen, da die Einbürgerungsbehörden angehalten seien, Entlassungsbescheinigungen vom serbischen Generalkonsulat bestätigen zu lassen, soweit sie nicht von diesem selbst ausgehändigt worden seien. Hin und wieder hätten Einbürgerungsbewerber berichtet, sie seien von Mitarbeitern des Generalkonsulats aufgefordert worden, zusätzliche Geldbeträge zu leisten. Konkrete Angaben seien jedoch trotz Aufforderung nie gemacht worden. Das serbische Generalkonsulat habe am 23.2.2007 mitgeteilt, dass es allein im Jahr 2006 über 7.000 Reisepässe für Serben kosovo-albanischer Abstammung ausgestellt habe. In diesem Jahr seien auch mehrere hundert Anträge auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bearbeitet worden. Daneben seien etwa 10.000 Anträge auf Beschaffung von Dokumenten und Rekonstruktionsverfahren von Kosovoalbanern anhängig. Die deutsche Botschaft in Belgrad sei in das Entlassungsverfahren nicht eingebunden und könne daher nur allgemein berichten, wie entsprechende Urkunden in Serbien gekauft oder verfälscht werden könnten. Dies sei bei der Stellungnahme der deutschen Botschaft vom 6.4.2005 zu berücksichtigen, wonach Serben mit albanischer Volkszugehörigkeit von der Gewährung konsularischer Dienstleistungen seitens der serbischen Auslandsvertretungen de facto ausgeschlossen seien. Den Personen, die sich rechtzeitig nach Auslaufen ihrer jugoslawischen Ausweispapiere um die Ausstellung eines serbischen Passes bemüht hätten, sei es auch gelungen, in angemessener Zeit ihre Entlassung herbeizuführen. Einbürgerungsbewerber, die sich UNMIK-Papiere beschafft hätten, obwohl sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten, müssten erst ihre serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen. In diesen Fällen reiche der Zeitraum von zwei Jahren häufig nicht aus, um auch die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit herbeizuführen.
11 
Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten hätten fünf männliche Serben albanischer Volkszugehörigkeit und eine weibliche Person ihre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit erreicht. Bei vier männlichen Personen und einer weiblichen Person sei es gelungen, telefonischen Kontakt aufzunehmen. Zwei männliche Personen und eine weibliche Person hätten die Entlassung über Rechtsanwälte in Belgrad erreicht. Zwei männliche Personen hätten die Entlassung über das Generalkonsulat erreicht. Die Frage nach Beschleunigungs- oder Bestechungsgeldern sei stets verneint worden. Personen, die die Entlassung über das Generalkonsulat Stuttgart beantragt hätten, hätten in der Regel 1.000,-- + x EUR bezahlen müssen. Bei der Entlassung über einen Rechtsanwalt in Belgrad hätten im Durchschnitt 650,-- EUR beglichen werden müssen. Bestechungsgelder habe auch auf Nachfrage niemand erwähnt. Bezüglich der im Zuständigkeitsbereich der Beklagten erhobenen Zahlen sei mitzuteilen, dass keiner der hier Eingebürgerten seinen Wehrdienst abgeleistet habe. Es sei eine Bescheinigung vorgelegt worden, die vom serbischen Generalkonsulat als Fälschung identifiziert worden sei. Bis zur Unabhängigkeit sei das Kosovo integrativer Bestandteil Serbiens gewesen. Serbische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit erhielten seit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nach wie vor Pässe und Verlängerungen von Pässen. Das Generalkonsulat in Stuttgart sei besetzt und serbische Staatsangehörige mit albanischer Volkszugehörigkeit seien nicht von konsularischen Dienstleistungen ausgeschlossen.
12 
Der Kläger selbst habe - wenn überhaupt - nur wenige Bemühungen um eine Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nachgewiesen. Die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit bzw. der Nachweis nachhaltiger vergeblicher Entlassungsbemühungen werde von allen serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo verlangt.
13 
Nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien. Allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe.
14 
Die serbische Staatsangehörigkeit sei durch die von Deutschland anerkannte Unabhängigkeit des Kosovo nicht verloren gegangen, denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes lasse die Mehrstaatigkeit ausdrücklich zu. Das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Nach dem Wortlaut des § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes spreche viel dafür, dass die Staatsangehörigkeit des Kosovo kraft Gesetzes erworben werde und die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis lediglich deklaratorisch wirke. Ob sich dies in der Verwaltungspraxis der kosovarischen Behörden widerspiegeln werde, lasse sich derzeit - mangels funktionierender Behördenstruktur im Kosovo - weder vom Innenministerium Baden-Württemberg noch vom Bundesministerium des Innern vorhersagen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. Dezember 2004 - 1 K 353/04 - die Klage insgesamt abzuweisen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Der Kläger macht geltend: Das Land Hessen habe mit Erlass vom 14.8.2007 verfügt, dass serbische Staatsangehörige mit albanischer Volkszugehörigkeit unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern seien. Die inzwischen gesammelten Erfahrungen hätten gezeigt, dass sie ihre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nicht in zumutbarer Weise erlangen könnten. Das Generalkonsulat des ehemaligen Serbien und Montenegro habe unter dem 17.10.2005 erklärt, Voraussetzung einer Entlassung aus der Staatsbürgerschaft sei die Erfüllung der Wehrpflicht. Soweit sich die Beklagte auf Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit berufe, sei es keineswegs unwahrscheinlich, dass die Gewährung von Vorteilen an serbische Amtsträger unabdingbare Voraussetzung für die Entlassung sei. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe die Vertreterin des Bundesinteresses dargelegt, dass serbische Rechtsanwälte und serbische Behörden zahllose Urkundsdelikte begingen. Bescheinigungen über Entlassungen aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit wiesen eine Fälschungsquote von 75% auf. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass die serbischen Auslandsvertretungen oder die Behörden im Heimatstaat Fälschungen nicht erkennen könnten oder wollten. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, nach telefonischer Auskunft hätten Eingebürgerte keine Bestechungsgelder zahlen müssen, sei darauf hinzuweisen, dass diesen weder eine Unterscheidung zwischen Gebühren und Bestechungsgeldern möglich sei noch dass ihnen überhaupt bewusst sei, dass zwischen beidem differenziert werden könne. Weiter sei nicht klar, ob es sich bei den von der Beklagten genannten Fällen überhaupt um Kosovaren gehandelt habe. Nach den Vorläufigen Anwendungshinweisen des baden-württembergischen Innenministeriums könne es als unzumutbare Bedingung angesehen werden, wenn die Entlassung von Einbürgerungsbewerbern aus der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien von der Leistung des Wehrdienstes abhängig gemacht werde und es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handle.
20 
Seine serbische Staatsangehörigkeit sei mit der von Deutschland anerkannten Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17.2.2008 untergegangen. Auf dem Gebiet der „Sozialistischen Republik Serbien“ seien zwei Nachfolgestaaten entstanden, und zwar die Republik Serbien und die Republik Kosovo. Die Ausstellung von serbischen Reisepässen an Kosovaren entspreche einer völkerrechtswidrigen Inanspruchnahme fremder Staatsangehöriger als Staatsangehörige einer Annexions- oder Besatzungsmacht.
21 
Nach § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes würden Personen, die am 1.1.1998 ihren ständigen Wohnsitz im Kosovo gehabt hätten oder Abkömmlinge solcher Personen seien, ohne weiteres Staatsangehörige des Kosovo und seien als solche in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis einzutragen. Eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit sei praktisch auf absehbare Zeit nicht möglich. Verfahren und Behörden müssten erst noch eingerichtet werden.
22 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mitgeteilt, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Als Anlage wurde ein Bericht der Botschaft Belgrad vom 6.12.2006 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, die Botschaft sei am Verfahren der Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit nicht unmittelbar beteiligt und verfüge insofern nur in eingeschränktem Maß über eigene Erfahrungen. Angesichts der der Botschaft bekannten hohen Zahl ge- und verfälschter wie auch echter, aber inhaltlich unrichtiger serbischer Urkunden hege die Botschaft gewisse Zweifel, ob vorgelegte Entlassungsurkunden von kosovo-albanischen Serben tatsächlich echt bzw. inhaltlich richtig seien. Auf Nachfrage der Botschaft seien die serbischen Behörden nicht bereit gewesen, konkrete Zahlen zu den in letzter Zeit aus der Staatsangehörigkeit Entlassenen zu nennen. Der Botschaft seien nur sehr wenige Fälle bekannt, in denen die Entlassung erfolgreich und innerhalb angemessener Zeit betrieben worden sei.
23 
Das Bundesministerium des Innern hat unter dem 14.5.2008 auf Anfrage des Berichterstatters ein Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, das „RK-Referat“ der Botschaft habe für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit wiesen eine Fälschungsquote von 75% auf. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Tatsächlich seien indes nach Erfahrung der Botschaft aufgrund persönlicher Beziehungen oder gegen Entgelt faktisch von allen Behörden des Landes Urkunden beliebigen Inhalts zu erlangen. Das regelmäßige Auftreten charakteristischer Fälschungsmerkmale und die nicht selten bemerkenswerte Qualität der Fälschungen deuteten auf die Existenz organisierter Fälscherringe hin. In bestimmten Fällen liege die Vermutung nahe, dass die Verwender gefälschte Urkunden in gutem Glauben an deren zumindest formale Echtheit vorlegten. Dies gelte insbesondere für die hohe Zahl gefälschter Entlassungsbescheinigungen. Tatsächlich sei eine reguläre Entlassung aus dem serbisch-montenegrinischen Staatsverband mit hohem Zeit- und Finanzaufwand verbunden. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung durch die beteiligten Behörden einschließlich der Auslandsvertretungen in Deutschland de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich deshalb nicht selten an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob dies durch Bestechung von Amtsträgern und damit Erlangung einer authentischen Urkunde oder schlicht durch Aushändigung einer Fälschung geschehe, hänge von der Seriosität des Vermittlers ab.
24 
Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nehme derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr.
25 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat das Auswärtige Amt unter dem 7.8.2008 Auszüge aus den „Ergebnisniederschriften der Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ aus den Jahren 2003 bis 2008 übersandt. In der Niederschrift über die Besprechung vom 8./9.5.2006 wird ausgeführt, nach Angaben des Vertreters Bayerns sei beabsichtigt, bei Kosovoalbanern nach Durchführung eines Verfahrens zur Entlassung aus der serbischen bzw. montenegrinischen Staatsangehörigkeit Mehrstaatigkeit in den Fällen hinzunehmen, in denen die Ableistung des Wehrdienstes verlangt würde. Der Vertreter Baden-Württembergs habe mitgeteilt, dass 115 Fälle bekannt seien, in denen Kosovoalbaner aus der serbischen bzw. montenegrinischen Staatsangehörigkeit entlassen worden seien. Die Entlassungsverfahren würden mindestens ein Jahr dauern. Daneben habe es auch Fälle gegeben, in denen offensichtlich gefälschte Entlassungsbescheinigungen vorgelegt worden seien. In der Niederschrift über die Besprechung vom 26./27.5.2008 heißt es, nach § 29 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes sollten diejenigen kosovarische Staatsangehörige sein, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen seien und an diesem Tag ihren ständigen Wohnsitz im Kosovo gehabt hätten. Dies gelte auch für Kinder dieser Personen. Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis solle auf Antrag dessen, der diese Voraussetzungen erfülle, wirksam werden. Hierbei scheine es sich lediglich um ein Geltendmachen der bereits automatisch kraft Gesetzes erworbenen kosovarischen Staatsangehörigkeit zu handeln. Nach § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes sei Mehrstaatigkeit ausdrücklich zugelassen. Kosovarische Staatsangehörige dürften von Serbien weiterhin als serbische Staatsangehörige angesehen werden. Die Probleme bei der Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit dürften fortbestehen. Es solle über das Auswärtige Amt ermittelt werden, ob und inwieweit schon handlungsfähige kosovarische Behörden existierten, bei denen staatsangehörigkeitsrechtliche Verfahren durchgeführt werden könnten.
26 
Dem Senat liegen die einschlägigen Einbürgerungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (1 K 353/04) vor.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil die Klage begründet ist. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dass die sonstigen Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln.
28 
Grundsätzlich setzt eine Anspruchseinbürgerung voraus, dass Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit ist ausnahmsweise unter anderem dann möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).
29 
Hier ist jedenfalls die zweite Fallgestaltung (unzumutbare Bedingungen für eine Entlassung) des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG gegeben. Sie scheidet nicht bereits deshalb aus, weil es an der Einleitung eines Entlassungsverfahrens fehlt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3/06 -, BVerwGE 129, 20 = NVwZ 2007, 931; anders noch der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 -, InfAuslR 2006, 230). Das Erfordernis eines Entlassungsantrages ist für diese Fallgestaltung nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folgt auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG (BTDrucks 14/533, 19) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wenn es dort heißt, diese Bestimmung betreffe „hauptsächlich Fälle, in denen ein Entlassungsantrag gestellt wird, das Entlassungsverfahren aber im Einzelfall scheitert", erhellt dies, dass der Gesetzgeber auch andere Fallgruppen vor Augen hatte.
30 
Die hier einschlägige zweite Alternative erfasst - wie das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) entschieden hat - unter anderem die Fallgruppe der generellen Entlassungsverweigerung bei Untergruppen von Staatsangehörigen, die nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildet werden, soweit diese nicht bereits § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG unterfallen sollten, sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar lässt sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt werden, in einer Reihe von Fällen erst im Verfahren nach gestelltem Antrag sinnvoll beantworten. Dies rechtfertigt indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar ist, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hier ist dem Kläger nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder die Entlassung aus einer (möglichen) kosovarischen (1.) noch aus der serbischen (2.) Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich.
31 
1. Der Kläger kann aus einer (möglicherweise erworbenen) kosovarischen Staatsangehörigkeit (a) jedenfalls nicht in zumutbarer Weise entlassen werden (b).
32 
a) Die Republik Kosovo hat in § 29 ihres Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, dass unter anderem die direkten Abkömmlinge derjenigen, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen sind und ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, kosovarische Staatsangehörige sind (Abs. 1 i.V.m. Abs. 2). Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis wird auf Antrag des Betroffenen wirksam (Abs. 3).
33 
Der Wortlaut des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Republik Kosovo scheint darauf hinzudeuten, dass die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis nicht konstitutiv ist, sondern dass es sich lediglich um die deklaratorische Eintragung einer bereits kraft Gesetzes erworbenen Staatsangehörigkeit handeln soll (ebenso der Vertreter des BMI in der „Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ vom 26./27.5.2008; BAMF, Entscheidungen Asyl 8/2008 „Kosovo: Staatsbürgerschaft“). Dafür spricht auch, dass die kosovarischen Behörden den Kläger offenkundig als kosovarischen Staatsangehörigen ansehen, denn sie haben ihm am 11.9.2008 einen Reisepass ausgestellt.
34 
Allerdings ist umstritten, ob eine automatische Erstreckung der Staatsangehörigkeit auf Personen wie den Kläger völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Das Ermessen eines Staates, im Falle einer einseitigen Sezession zu bestimmen, welche ehemaligen Angehörigen des Vorgängerstaates seine Staatsangehörigkeit erlangen sollen, ist nämlich durch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts begrenzt (s. auch Art. 25 GG). Danach setzt die Inanspruchnahme von Personen als eigene Staatsangehörige voraus, dass zwischen diesen und dem Staat eine nähere tatsächliche Beziehung („genuine connection“) besteht. Ob eine solche enge Beziehung zur Republik Kosovo bei Personen noch besteht, die wie der Kläger im Zeitpunkt der Unabhängigkeit ihren Wohnsitz nicht in dem Gebiet des neu gegründeten Staates hatten, sondern seit mehr als fünfzehn Jahren ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland haben, und - wie durch den Einbürgerungsantrag belegt ist - nicht beabsichtigen, jemals auf Dauer in den Kosovo zurückzukehren, ist zumindest fraglich. Die automatische Einbeziehung könnte in diesen Fällen sowohl die Personalhoheit des Vorgängerstaates als auch das im modernen Völkerrecht anerkannte Recht des Individuums, nicht ohne seinen Willen einer neuen Staatsangehörigkeit unterworfen zu werden, verletzen (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/2, 2. Aufl. 2003, S. 45 ff. und 64 ff.; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., Grundlagen Teil E, insbes. Rn. 44; Blumenwitz (2003) in Staudinger, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2007 - 11 K 3108/06 -, juris).
35 
b) Letztlich kann man diese Frage aber offenlassen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Kläger kosovarischer Staatsangehöriger geworden ist, ist es ihm jedenfalls derzeit nicht in zumutbarer Weise möglich, aus dieser Staatsangehörigkeit entlassen zu lassen. Zwar regelt § 17 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit, und nach § 23 Abs. 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes können außerhalb des Kosovo wohnende Personen den Antrag auf Entlassung bei der nächsten Botschaft oder dem nächsten Konsulat einreichen, von welcher der Antrag an die zuständige Stelle weitergeleitet wird. Es ist indes nicht ersichtlich, welche Behörde für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit letztlich zuständig ist. Die Verwaltungsstrukturen im Kosovo sind erst im Aufbau begriffen. Zwar werden mittlerweile wohl schon die ersten Reisepässe ausgestellt (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 4.8. und vom 28.7.2008); außerdem sind nunmehr Botschafter u.a. auch für Deutschland ernannt worden (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 1.9.2008). Es existiert aber zur Zeit nach den vorliegenden Erkenntnissen noch keine Botschaft und kein Konsulat der Republik Kosovo in Deutschland und seinen Nachbarländern. Es liegen auch keine Informationen darüber vor, wonach es im Kosovo Behörden geben könnte, die derzeit einen Entlassungsantrag bearbeiten dürften und könnten. Auch wohl erforderliche Regelungen über die Einzelheiten des Verfahrens liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Wann funktionsfähige kosovarische Behörden und Verfahrensvorschriften für ein Entlassungsverfahren vorhanden sein werden, ist derzeit nicht konkret absehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger in seiner individuellen Situation nicht zumutbar, weiter abzuwarten, bis geklärt sein wird, ob und unter welchen Bedingungen er seine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit erreichen kann. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist nicht nur die objektive Lage, sondern auch die persönliche Situation des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers zu berücksichtigen. Hier fällt zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht, dass er bereits 2002 seinen Einbürgerungsantrag gestellt hat und sein Einbürgerungsverfahren aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, bereits seit langem anhängig ist. Daher kann von ihm nicht verlangt werden, weiter zuzuwarten, bis der Aufbau der kosovarischen Verwaltung so weit abgeschlossen ist, dass ein Entlassungsverfahren bearbeitet werden kann und die konkret erforderlichen Voraussetzungen für eine Entlassung definitiv geklärt sind.
37 
2. Für den Kläger besteht nach der Überzeugung des Senats auch keine Möglichkeit, seine reguläre Entlassung aus der - nach wie vor bestehenden (a) - serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen (b).
38 
a) Der Senat geht nicht davon aus, dass die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers durch die Unabhängigkeit des Kosovo „automatisch“ untergegangen ist (a.A. ohne nähere Begr. VG Göttingen, Urteil vom 21.5.2008 - 1 A 390/07 -, juris). Dabei kann auch hier dahinstehen, ob der Kläger überhaupt wirksam und in Einklang mit völkerrechtlichen Grundsätzen die kosovarische Staatsangehörigkeit erworben hat (s. oben unter 1.a). Denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes erkennt die Mehrstaatigkeit ausdrücklich an. Die Republik Kosovo misst damit dem Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit keinen derartigen Rang zu, dass eine weitere Staatsangehörigkeit dem Erwerb ihrer Staatsangehörigkeit entgegenstehen könnte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das Fortbestehen der serbischen Staatsangehörigkeit von Personen wie dem Kläger, die sich im Zeitpunkt der Unabhängigkeit dauerhaft außerhalb des Kosovo aufgehalten haben, einen völkerrechtswidrigen Eingriff in die Souveränität der Republik Kosovo darstellen sollte.
39 
b) Dem Kläger ist es nicht möglich, seine reguläre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Auf Grund der Praxis ethnischer Diskriminierung albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo durch serbische Behörden wäre absehbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit entweder keinen Erfolg in zumutbarer Zeit hätte oder dass dieser nur durch Bestechung erreicht werden könnte.
40 
Schon allgemein betrachtet ist die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit für den Kläger als albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo unzumutbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er nach wie vor nicht im Besitz eines serbischen Passes ist. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. In diesem Fall müsste er vor Durchführung des eigentlichen Entlassungsverfahrens zunächst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen können. Denn wie sich aus dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2003 sowie aus dem Protokoll vom 15.11.2004 ergibt, leitet das Generalkonsulat Stuttgart ein Entlassungsverfahren ohne einen gültigen Pass nicht ein. Nach einem vom Innenministerium Baden-Württemberg vorgelegten Merkblatt des Generalkonsulats Stuttgart ist u.a. Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses, dass ein aktueller Staatsangehörigkeitsnachweis vom Kläger beschafft wird. Erst wenn dieser vorliegt - das Innenministerium spricht im Protokoll vom 15.11.2004 selbst von längeren, unter Umständen mehrjährigen Verfahrenszeiten - kann ein Reisepass beantragt werden. Zwar ist die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweises als solche nicht von vornherein unzumutbar. Dass die Behörden des Herkunftsstaates den Einbürgerungsbewerber auffordern, zunächst seine pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, stellt grundsätzlich keine unzumutbare Bedingung dar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002 - 13 S 810/02 -). Ist indes wie hier den Betroffenen aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen die Beibringung der erforderlichen Unterlagen in absehbarer Zeit nicht möglich, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 2. Fallgestaltung StAG erfüllt. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass ein Zeitraum von zwei Jahren oft nicht genüge, wenn ein Einbürgerungsbewerber erst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen müsse. Mehrjährige Verfahrenslaufzeiten begründen für sich allein schon die Unzumutbarkeit. Dass die Ordnung der personenstandsrechtlichen Angelegenheiten keine - abstrakt - unzumutbare Entlassungsbedingung bildet, setzt voraus, dass der Einbürgerungsbewerber eine realistische Chance hat, diese Entlassungsvoraussetzung unter zumutbaren Bedingungen in angemessener Zeit erfüllen zu können (vgl. BVerwG, a.a.O.).
41 
Für eine Unzumutbarkeit sprechen auch die Erkenntnisse mehrerer Bundesländer. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mit, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Auch Niedersachsen (Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005) und Nordrhein-Westfalen (vgl. die am 2.12.2005 erfolgte Ergänzung des Runderlasses des Innenministeriums vom 21.6.2005) gehen von einer Unzumutbarkeit aus.
42 
Weiter ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger wohl nicht möglich ist, sich persönlich um die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen zu kümmern. Die Personenstandsregister aus dem Kosovo sind nach Serbien ausgelagert worden. Ohne serbischen Reisepass hat der Kläger aber keine Möglichkeit, sich persönlich nach Serbien zu begeben, um dort die erforderlichen Unterlagen zu besorgen (vgl. bereits Senatsurteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002, a.a.O.). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, die für die Passausstellung zuständige kosovarische Behörde habe Unterlagen zur Verfügung gehabt, die dort als Nachweis seiner Identität ausgereicht hätten, ist nicht klar, um welche Dokumente es sich hierbei genau gehandelt hat; es bedeutet zudem nicht, dass auch serbische Behörden diese Unterlagen anerkennen würden.
43 
Auch ob der Kläger als albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo Zugang zu Dienstleistungen der serbischen Auslandsvertretungen hat, ist äußerst fraglich. Verschiedene Auskünfte deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist (Botschaftsbericht der Botschaft Belgrad vom 6.4. und vom 6.6.2005; BAMF, Informationszentrum Asyl und Migration vom 10.3.2008). Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nimmt derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr. Die Deutsche Botschaft Belgrad geht hierbei davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische kriminelle Kollusion zwischen den Auslandsvertretungen und „dubiosen“ serbischen Rechtsanwälten handelt. Dem hält indes die Beklagte entgegen, das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Diese Angabe beruht allerdings nur auf wenigen Referenzfällen, von denen der Kläger unwidersprochen behauptet, aus den vorgelegten Dokumenten gehe hervor, dass es sich um Roma und nicht um albanische Volkszugehörige gehandelt habe. Die Beklagte hat zudem auch mitgeteilt, nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien; allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe. Zu denken gibt im Zusammenhang mit der in Serbien weit verbreiteten Korruption auch, dass der Kläger seinem Vortrag zufolge auf seinen formlosen Entlassungsantrag hin vom Generalkonsulat Stuttgart aufgefordert worden ist, nur einen Teil der Gebühren per Banküberweisung und den überwiegenden Teil in bar zu begleichen.
44 
Dem Kläger kann es auch nicht abverlangt werden, die Besorgung der erforderlichen Unterlagen und das Entlassungsverfahren einem Bevollmächtigten zu übertragen. Einem Einbürgerungsbewerber ist es nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit nur mit Hilfe einer Bestechung herbeizuführen. Genau dies wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aber der Fall, wenn der Kläger einen Vermittler beauftragen würde. Nach den Erkenntnissen der Deutschen Botschaft Belgrad (Fernschreiben vom 15.4.2005) beträgt die Fälschungsquote bei Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit ca. 75%. Diese Zahl beruhe auf einer Überprüfung der im Rahmen konsularischer Amtshandlungen vorgelegter Dokumente im Zeitraum von April 2004 bis März 2005. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Die Verwendung ge- und verfälschter Urkunden sei im Rechts- und Behördenverkehr in Serbien alltäglich. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich daher an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob diese durch die Bestechung von Amtsträgern oder Integralfälschungen geschehe, hänge von der „Seriosität“ des Vermittlers ab. Bei den Vermittlern handle es sich teilweise um ehemalige Botschaftsbedienstete, die nunmehr als Rechtsanwalt tätig seien und wohl nach wie vor Verbindungen zu den Auslandsvertretungen unterhielten (Botschaftsbericht vom 21.4.2005). In einer Stellungnahme vom 3.3.2006 hat die Botschaft diese Einschätzung nochmals bestätigt.
45 
Dem halten die Beklagte und das Innenministerium Baden-Württemberg zu Unrecht ihre eigenen und bayerische Erkenntnisse entgegen, wonach kosovarische Volkszugehörige nach Auskunft des serbischen Generalkonsulats Stuttgart nach wie vor konsularisch betreut würden und viele Entlassungsverfahren durchgeführt worden seien. Die oben erwähnte hohe Fälschungsquote von 75 % zuzüglich der nicht gefälschten, aber inhaltlich unwahren Entlassungsbescheinigungen lässt es vielmehr als naheliegend erscheinen, dass diese vermeintlichen Entlassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007 - AN 15 K 06.01148 -). Sollte der Verdacht der Deutschen Botschaft Belgrad zutreffen, dass auch serbische Amtsträger in „unsaubere“ Verfahren einbezogen sind, würde dies ohne Weiteres erklären, weshalb diese vorgelegte Entlassungsbescheinigungen als echt bezeichnen. Dass die einzelnen Antragsteller auf Anfrage nichts von Fälschungen oder Bestechungsgeldern erwähnen, kann ohne weiteres auf der Furcht beruhen, dass die entsprechenden Dokumente nicht anerkannt werden oder dass strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Zum anderen deutet der Botschaftsbericht darauf hin, dass die jeweiligen Antragsteller durchaus gutgläubig sein können, also darauf vertrauen, dass die eingeschalteten Vermittler ihnen echte und inhaltlich wahre Dokumente besorgen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Deutsche Botschaft sei selbst nicht mit Entlassungs- oder Einbürgerungsverfahren befasst, und mit dieser Begründung die Auskünfte der Botschaft relativieren möchte, ist darauf hinzuweisen, dass in dem Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 ausgeführt wird, die Botschaft habe immerhin für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Auch wenn es sich hierbei einerseits um keine repräsentative Untersuchung gehandelt haben mag, ist es andererseits naheliegend, dass es sich nicht nur um eine wenige Einzelfälle gehandelt haben wird. Schließlich stehen die Erkenntnisse der Botschaft mit den vorliegenden allgemeinen Erkenntnissen in Einklang. Allgemein sind in Serbien gefälschte oder inhaltlich unwahre Dokumente weit verbreitet. Das Auswärtige Amt führt hierzu in seinem Lagebericht zu Serbien vom 23.4.2007 aus: Die Praxis habe gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt seien, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspreche. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art seien gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten. In Einzelfällen seien selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten. Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts seien auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Besonders hoch sei die Fälschungsquote bei Dokumenten mit Kosovo-Bezug, da im Zuge der Schließung der serbischen bzw. jugoslawischen Ämter im Kosovo im Frühjahr 1999 eine Vielzahl von Formularen und Dienstsiegeln abhanden gekommen sei.
46 
Weiter führt auch die Nichtableistung der Wehrpflicht durch den Kläger zu einer unzumutbaren Entlassungsvoraussetzung (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007, a.a.O.). Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit ist nach den vorliegenden Erkenntnissen (Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2005; Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005; Schreiben des Generalkonsulats Stuttgart vom 17.10.2005 an das Innenministerium Baden-Württemberg; AA, Lagebericht Serbien und Montenegro vom 23.9.2005) davon auszugehen, dass einerseits die Wehrpflicht zwar grundsätzlich - bis zum 60. Lebensjahr in Form einer Wehrdienstpflicht im Reservekontingent - besteht, aber andererseits mangels Einberufung nicht erfüllt werden kann. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Kläger nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte. Gesundheitliche Einschränkungen oder sonstige Gründe für eine Ausnahme von der Wehrpflicht sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert, er sei „topfit“ und leide an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dass er nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte, erscheint demzufolge als lebensfern und als bloße fernliegende theoretische Möglichkeit. Unter diesen Umständen ist vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen, zumal für ihn unabhängig davon, ob eine Wehrpflicht besteht oder durchgesetzt werden soll, de facto voraussichtlich keine Möglichkeit besteht, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Die Einleitung eines Entlassungsverfahrens, dessen negatives Ende feststeht und bei dem nur unklar ist, warum es legal nicht zum Erfolg führen kann, ist eine unzumutbare Entlassungsvoraussetzung.
47 
Auch das Innenministerium Baden-Württemberg geht in seinen Vorläufigen Anwendungshinweisen vom Vorliegen einer unzumutbaren Bedingung aus, wenn die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht bzw. aus diesem Grund abgelehnt wird, sofern es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handelt. Allerdings verlangt es zu Unrecht die vorherige Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Ist wie hier von vornherein absehbar, dass dieses nicht zum Erfolg führen kann, wäre dies ein bloßer Formalismus, der den Betroffenen nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass für das Entlassungsverfahren einschließlich der Beschaffung der notwendigen Unterlagen schon regulär (also ohne etwaige Bestechungsgelder) ein vierstelliger Betrag aufzuwenden ist.
48 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere sind die grundsätzlichen Fragen, die sich in diesem Verfahren ursprünglich gestellt haben, mittlerweile durch die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3.5.2007, a.a.O.) geklärt.

Gründe

 
27 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil die Klage begründet ist. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert zu werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dass die sonstigen Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln.
28 
Grundsätzlich setzt eine Anspruchseinbürgerung voraus, dass Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG). Eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit ist ausnahmsweise unter anderem dann möglich, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).
29 
Hier ist jedenfalls die zweite Fallgestaltung (unzumutbare Bedingungen für eine Entlassung) des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG gegeben. Sie scheidet nicht bereits deshalb aus, weil es an der Einleitung eines Entlassungsverfahrens fehlt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.5.2007 - 5 C 3/06 -, BVerwGE 129, 20 = NVwZ 2007, 931; anders noch der 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs, Urteil vom 24.11.2005 - 12 S 1695/05 -, InfAuslR 2006, 230). Das Erfordernis eines Entlassungsantrages ist für diese Fallgestaltung nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen und folgt auch nicht aus der systematischen Stellung dieses Ausnahmegrundes. Die Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG (BTDrucks 14/533, 19) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Wenn es dort heißt, diese Bestimmung betreffe „hauptsächlich Fälle, in denen ein Entlassungsantrag gestellt wird, das Entlassungsverfahren aber im Einzelfall scheitert", erhellt dies, dass der Gesetzgeber auch andere Fallgruppen vor Augen hatte.
30 
Die hier einschlägige zweite Alternative erfasst - wie das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) entschieden hat - unter anderem die Fallgruppe der generellen Entlassungsverweigerung bei Untergruppen von Staatsangehörigen, die nach staatsangehörigkeitsrechtlich nicht anzuerkennenden Kriterien ethnischer Diskriminierung gebildet werden, soweit diese nicht bereits § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StAG unterfallen sollten, sowie weitere Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Zwar lässt sich die Frage, ob unzumutbare Entlassungsbedingungen gestellt werden, in einer Reihe von Fällen erst im Verfahren nach gestelltem Antrag sinnvoll beantworten. Dies rechtfertigt indes nicht, auch in solchen Fällen, in denen der negative Ausgang des Verfahrens absehbar ist, einen ordnungsgemäßen Entlassungsantrag zu verlangen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hier ist dem Kläger nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder die Entlassung aus einer (möglichen) kosovarischen (1.) noch aus der serbischen (2.) Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise möglich.
31 
1. Der Kläger kann aus einer (möglicherweise erworbenen) kosovarischen Staatsangehörigkeit (a) jedenfalls nicht in zumutbarer Weise entlassen werden (b).
32 
a) Die Republik Kosovo hat in § 29 ihres Staatsangehörigkeitsgesetzes geregelt, dass unter anderem die direkten Abkömmlinge derjenigen, die am 1.1.1998 jugoslawische Staatsangehörige gewesen sind und ihren Wohnsitz im Kosovo hatten, kosovarische Staatsangehörige sind (Abs. 1 i.V.m. Abs. 2). Die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis wird auf Antrag des Betroffenen wirksam (Abs. 3).
33 
Der Wortlaut des § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Republik Kosovo scheint darauf hinzudeuten, dass die Eintragung in das Staatsangehörigkeitsverzeichnis nicht konstitutiv ist, sondern dass es sich lediglich um die deklaratorische Eintragung einer bereits kraft Gesetzes erworbenen Staatsangehörigkeit handeln soll (ebenso der Vertreter des BMI in der „Besprechung von Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen“ vom 26./27.5.2008; BAMF, Entscheidungen Asyl 8/2008 „Kosovo: Staatsbürgerschaft“). Dafür spricht auch, dass die kosovarischen Behörden den Kläger offenkundig als kosovarischen Staatsangehörigen ansehen, denn sie haben ihm am 11.9.2008 einen Reisepass ausgestellt.
34 
Allerdings ist umstritten, ob eine automatische Erstreckung der Staatsangehörigkeit auf Personen wie den Kläger völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Das Ermessen eines Staates, im Falle einer einseitigen Sezession zu bestimmen, welche ehemaligen Angehörigen des Vorgängerstaates seine Staatsangehörigkeit erlangen sollen, ist nämlich durch die allgemeinen Regeln des Völkerrechts begrenzt (s. auch Art. 25 GG). Danach setzt die Inanspruchnahme von Personen als eigene Staatsangehörige voraus, dass zwischen diesen und dem Staat eine nähere tatsächliche Beziehung („genuine connection“) besteht. Ob eine solche enge Beziehung zur Republik Kosovo bei Personen noch besteht, die wie der Kläger im Zeitpunkt der Unabhängigkeit ihren Wohnsitz nicht in dem Gebiet des neu gegründeten Staates hatten, sondern seit mehr als fünfzehn Jahren ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik Deutschland haben, und - wie durch den Einbürgerungsantrag belegt ist - nicht beabsichtigen, jemals auf Dauer in den Kosovo zurückzukehren, ist zumindest fraglich. Die automatische Einbeziehung könnte in diesen Fällen sowohl die Personalhoheit des Vorgängerstaates als auch das im modernen Völkerrecht anerkannte Recht des Individuums, nicht ohne seinen Willen einer neuen Staatsangehörigkeit unterworfen zu werden, verletzen (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/2, 2. Aufl. 2003, S. 45 ff. und 64 ff.; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., Grundlagen Teil E, insbes. Rn. 44; Blumenwitz (2003) in Staudinger, Anh. I zu Art. 5 EGBGB, Rn. 42 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2007 - 11 K 3108/06 -, juris).
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b) Letztlich kann man diese Frage aber offenlassen. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, dass der Kläger kosovarischer Staatsangehöriger geworden ist, ist es ihm jedenfalls derzeit nicht in zumutbarer Weise möglich, aus dieser Staatsangehörigkeit entlassen zu lassen. Zwar regelt § 17 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit, und nach § 23 Abs. 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes können außerhalb des Kosovo wohnende Personen den Antrag auf Entlassung bei der nächsten Botschaft oder dem nächsten Konsulat einreichen, von welcher der Antrag an die zuständige Stelle weitergeleitet wird. Es ist indes nicht ersichtlich, welche Behörde für eine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit letztlich zuständig ist. Die Verwaltungsstrukturen im Kosovo sind erst im Aufbau begriffen. Zwar werden mittlerweile wohl schon die ersten Reisepässe ausgestellt (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 4.8. und vom 28.7.2008); außerdem sind nunmehr Botschafter u.a. auch für Deutschland ernannt worden (BAMF, Informationszentrum Asyl, Briefing Notes vom 1.9.2008). Es existiert aber zur Zeit nach den vorliegenden Erkenntnissen noch keine Botschaft und kein Konsulat der Republik Kosovo in Deutschland und seinen Nachbarländern. Es liegen auch keine Informationen darüber vor, wonach es im Kosovo Behörden geben könnte, die derzeit einen Entlassungsantrag bearbeiten dürften und könnten. Auch wohl erforderliche Regelungen über die Einzelheiten des Verfahrens liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Wann funktionsfähige kosovarische Behörden und Verfahrensvorschriften für ein Entlassungsverfahren vorhanden sein werden, ist derzeit nicht konkret absehbar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger in seiner individuellen Situation nicht zumutbar, weiter abzuwarten, bis geklärt sein wird, ob und unter welchen Bedingungen er seine Entlassung aus der kosovarischen Staatsangehörigkeit erreichen kann. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist nicht nur die objektive Lage, sondern auch die persönliche Situation des jeweiligen Einbürgerungsbewerbers zu berücksichtigen. Hier fällt zugunsten des Klägers erheblich ins Gewicht, dass er bereits 2002 seinen Einbürgerungsantrag gestellt hat und sein Einbürgerungsverfahren aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, bereits seit langem anhängig ist. Daher kann von ihm nicht verlangt werden, weiter zuzuwarten, bis der Aufbau der kosovarischen Verwaltung so weit abgeschlossen ist, dass ein Entlassungsverfahren bearbeitet werden kann und die konkret erforderlichen Voraussetzungen für eine Entlassung definitiv geklärt sind.
37 
2. Für den Kläger besteht nach der Überzeugung des Senats auch keine Möglichkeit, seine reguläre Entlassung aus der - nach wie vor bestehenden (a) - serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen (b).
38 
a) Der Senat geht nicht davon aus, dass die serbische Staatsangehörigkeit des Klägers durch die Unabhängigkeit des Kosovo „automatisch“ untergegangen ist (a.A. ohne nähere Begr. VG Göttingen, Urteil vom 21.5.2008 - 1 A 390/07 -, juris). Dabei kann auch hier dahinstehen, ob der Kläger überhaupt wirksam und in Einklang mit völkerrechtlichen Grundsätzen die kosovarische Staatsangehörigkeit erworben hat (s. oben unter 1.a). Denn § 3 des kosovarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes erkennt die Mehrstaatigkeit ausdrücklich an. Die Republik Kosovo misst damit dem Grundsatz der Vermeidung der Mehrstaatigkeit keinen derartigen Rang zu, dass eine weitere Staatsangehörigkeit dem Erwerb ihrer Staatsangehörigkeit entgegenstehen könnte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das Fortbestehen der serbischen Staatsangehörigkeit von Personen wie dem Kläger, die sich im Zeitpunkt der Unabhängigkeit dauerhaft außerhalb des Kosovo aufgehalten haben, einen völkerrechtswidrigen Eingriff in die Souveränität der Republik Kosovo darstellen sollte.
39 
b) Dem Kläger ist es nicht möglich, seine reguläre Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit auf legale Weise und in zumutbarer Zeit zu erreichen. Auf Grund der Praxis ethnischer Diskriminierung albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo durch serbische Behörden wäre absehbar, dass ein Antrag auf Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit entweder keinen Erfolg in zumutbarer Zeit hätte oder dass dieser nur durch Bestechung erreicht werden könnte.
40 
Schon allgemein betrachtet ist die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit für den Kläger als albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo unzumutbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass er nach wie vor nicht im Besitz eines serbischen Passes ist. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. In diesem Fall müsste er vor Durchführung des eigentlichen Entlassungsverfahrens zunächst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen können. Denn wie sich aus dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2003 sowie aus dem Protokoll vom 15.11.2004 ergibt, leitet das Generalkonsulat Stuttgart ein Entlassungsverfahren ohne einen gültigen Pass nicht ein. Nach einem vom Innenministerium Baden-Württemberg vorgelegten Merkblatt des Generalkonsulats Stuttgart ist u.a. Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses, dass ein aktueller Staatsangehörigkeitsnachweis vom Kläger beschafft wird. Erst wenn dieser vorliegt - das Innenministerium spricht im Protokoll vom 15.11.2004 selbst von längeren, unter Umständen mehrjährigen Verfahrenszeiten - kann ein Reisepass beantragt werden. Zwar ist die Vorlage eines Staatsangehörigkeitsnachweises als solche nicht von vornherein unzumutbar. Dass die Behörden des Herkunftsstaates den Einbürgerungsbewerber auffordern, zunächst seine pass- oder personenstandsrechtlichen Angelegenheiten zu ordnen, stellt grundsätzlich keine unzumutbare Bedingung dar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002 - 13 S 810/02 -). Ist indes wie hier den Betroffenen aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen die Beibringung der erforderlichen Unterlagen in absehbarer Zeit nicht möglich, sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 2. Fallgestaltung StAG erfüllt. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass ein Zeitraum von zwei Jahren oft nicht genüge, wenn ein Einbürgerungsbewerber erst seine serbische Staatsangehörigkeit nachweisen und einen serbischen Pass besorgen müsse. Mehrjährige Verfahrenslaufzeiten begründen für sich allein schon die Unzumutbarkeit. Dass die Ordnung der personenstandsrechtlichen Angelegenheiten keine - abstrakt - unzumutbare Entlassungsbedingung bildet, setzt voraus, dass der Einbürgerungsbewerber eine realistische Chance hat, diese Entlassungsvoraussetzung unter zumutbaren Bedingungen in angemessener Zeit erfüllen zu können (vgl. BVerwG, a.a.O.).
41 
Für eine Unzumutbarkeit sprechen auch die Erkenntnisse mehrerer Bundesländer. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unter dem 13.12.2007 mit, am 26.6.2007 sei bei den hessischen Einbürgerungsbehörden angefragt worden, wie viele serbische Einbürgerungsbewerber mit albanischer Volkszugehörigkeit seit dem 26.7.2006 die Entlassung aus ihrer Staatsangehörigkeit erhalten hätten. Die Umfrage habe ergeben, dass in diesem Zeitraum keine Entlassungsbestätigungen eingegangen seien. Es seien lediglich zwei „Beschlüsse“ vorgelegt worden, die schon prima facie den Eindruck der Fälschung erweckt hätten. Auch Niedersachsen (Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005) und Nordrhein-Westfalen (vgl. die am 2.12.2005 erfolgte Ergänzung des Runderlasses des Innenministeriums vom 21.6.2005) gehen von einer Unzumutbarkeit aus.
42 
Weiter ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger wohl nicht möglich ist, sich persönlich um die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen zu kümmern. Die Personenstandsregister aus dem Kosovo sind nach Serbien ausgelagert worden. Ohne serbischen Reisepass hat der Kläger aber keine Möglichkeit, sich persönlich nach Serbien zu begeben, um dort die erforderlichen Unterlagen zu besorgen (vgl. bereits Senatsurteil vom 15.11.2002 auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002, a.a.O.). Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, die für die Passausstellung zuständige kosovarische Behörde habe Unterlagen zur Verfügung gehabt, die dort als Nachweis seiner Identität ausgereicht hätten, ist nicht klar, um welche Dokumente es sich hierbei genau gehandelt hat; es bedeutet zudem nicht, dass auch serbische Behörden diese Unterlagen anerkennen würden.
43 
Auch ob der Kläger als albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo Zugang zu Dienstleistungen der serbischen Auslandsvertretungen hat, ist äußerst fraglich. Verschiedene Auskünfte deuten darauf hin, dass dies nicht der Fall ist (Botschaftsbericht der Botschaft Belgrad vom 6.4. und vom 6.6.2005; BAMF, Informationszentrum Asyl und Migration vom 10.3.2008). Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 17.3.2008 an das Verwaltungsgericht Münster nimmt derzeit keine diplomatische Vertretung in Deutschland die konsularischen Belange der kosovarischen Staatsangehörigen bis zur Eröffnung einer kosovarischen Vertretung wahr. Die Deutsche Botschaft Belgrad geht hierbei davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische kriminelle Kollusion zwischen den Auslandsvertretungen und „dubiosen“ serbischen Rechtsanwälten handelt. Dem hält indes die Beklagte entgegen, das serbische Generalkonsulat Stuttgart habe dem Innenministerium Baden-Württemberg unter dem 7.7.2008 mitgeteilt, dass nach der serbischen Verfassung das Kosovo Teil des Staatsgebiets sei und das Konsulat weiterhin allen seinen Staatsbürgern aus dem Kosovo für konsularisch-juristische Dienstleistungen wie z.B. für Entlassungen aus der serbischen Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehe. Diese Angabe beruht allerdings nur auf wenigen Referenzfällen, von denen der Kläger unwidersprochen behauptet, aus den vorgelegten Dokumenten gehe hervor, dass es sich um Roma und nicht um albanische Volkszugehörige gehandelt habe. Die Beklagte hat zudem auch mitgeteilt, nach Auskunft des Regierungspräsidiums Karlsruhe hätten betroffene albanische Volkszugehörige überwiegend berichtet, dass sie im serbischen Generalkonsulat Stuttgart - soweit sie überhaupt vorgelassen worden seien - sehr unfreundlich behandelt worden seien; allerdings könne auch nicht gesagt werden, dass das Generalkonsulat seine konsularische Tätigkeit für albanische Volkszugehörige ganz eingestellt habe. Zu denken gibt im Zusammenhang mit der in Serbien weit verbreiteten Korruption auch, dass der Kläger seinem Vortrag zufolge auf seinen formlosen Entlassungsantrag hin vom Generalkonsulat Stuttgart aufgefordert worden ist, nur einen Teil der Gebühren per Banküberweisung und den überwiegenden Teil in bar zu begleichen.
44 
Dem Kläger kann es auch nicht abverlangt werden, die Besorgung der erforderlichen Unterlagen und das Entlassungsverfahren einem Bevollmächtigten zu übertragen. Einem Einbürgerungsbewerber ist es nicht zuzumuten, den Verlust seiner bisherigen Staatsangehörigkeit nur mit Hilfe einer Bestechung herbeizuführen. Genau dies wäre mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aber der Fall, wenn der Kläger einen Vermittler beauftragen würde. Nach den Erkenntnissen der Deutschen Botschaft Belgrad (Fernschreiben vom 15.4.2005) beträgt die Fälschungsquote bei Bescheinigungen über die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit ca. 75%. Diese Zahl beruhe auf einer Überprüfung der im Rahmen konsularischer Amtshandlungen vorgelegter Dokumente im Zeitraum von April 2004 bis März 2005. In dieser - zum Teil wegen geringer Fallzahl nicht wissenschaftlich repräsentativen - Statistik seien authentische Urkunden unwahren Inhalts nicht erfasst. Die Verwendung ge- und verfälschter Urkunden sei im Rechts- und Behördenverkehr in Serbien alltäglich. Ethnische Albaner hätten wegen systematischer Diskriminierung de facto keine Möglichkeit, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Sie wendeten sich daher an dubiose Vermittler, die ihnen gegen Entgelt eine unbürokratische Lösung in Aussicht stellten. Ob diese durch die Bestechung von Amtsträgern oder Integralfälschungen geschehe, hänge von der „Seriosität“ des Vermittlers ab. Bei den Vermittlern handle es sich teilweise um ehemalige Botschaftsbedienstete, die nunmehr als Rechtsanwalt tätig seien und wohl nach wie vor Verbindungen zu den Auslandsvertretungen unterhielten (Botschaftsbericht vom 21.4.2005). In einer Stellungnahme vom 3.3.2006 hat die Botschaft diese Einschätzung nochmals bestätigt.
45 
Dem halten die Beklagte und das Innenministerium Baden-Württemberg zu Unrecht ihre eigenen und bayerische Erkenntnisse entgegen, wonach kosovarische Volkszugehörige nach Auskunft des serbischen Generalkonsulats Stuttgart nach wie vor konsularisch betreut würden und viele Entlassungsverfahren durchgeführt worden seien. Die oben erwähnte hohe Fälschungsquote von 75 % zuzüglich der nicht gefälschten, aber inhaltlich unwahren Entlassungsbescheinigungen lässt es vielmehr als naheliegend erscheinen, dass diese vermeintlichen Entlassungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007 - AN 15 K 06.01148 -). Sollte der Verdacht der Deutschen Botschaft Belgrad zutreffen, dass auch serbische Amtsträger in „unsaubere“ Verfahren einbezogen sind, würde dies ohne Weiteres erklären, weshalb diese vorgelegte Entlassungsbescheinigungen als echt bezeichnen. Dass die einzelnen Antragsteller auf Anfrage nichts von Fälschungen oder Bestechungsgeldern erwähnen, kann ohne weiteres auf der Furcht beruhen, dass die entsprechenden Dokumente nicht anerkannt werden oder dass strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Zum anderen deutet der Botschaftsbericht darauf hin, dass die jeweiligen Antragsteller durchaus gutgläubig sein können, also darauf vertrauen, dass die eingeschalteten Vermittler ihnen echte und inhaltlich wahre Dokumente besorgen. Soweit die Beklagte geltend macht, die Deutsche Botschaft sei selbst nicht mit Entlassungs- oder Einbürgerungsverfahren befasst, und mit dieser Begründung die Auskünfte der Botschaft relativieren möchte, ist darauf hinzuweisen, dass in dem Fernschreiben der Botschaft Belgrad vom 15.4.2005 ausgeführt wird, die Botschaft habe immerhin für den Zeitraum April 2004 bis März 2005 die im Rahmen diverser konsularischer Amtshandlungen vorgelegten Dokumente überprüft. Auch wenn es sich hierbei einerseits um keine repräsentative Untersuchung gehandelt haben mag, ist es andererseits naheliegend, dass es sich nicht nur um eine wenige Einzelfälle gehandelt haben wird. Schließlich stehen die Erkenntnisse der Botschaft mit den vorliegenden allgemeinen Erkenntnissen in Einklang. Allgemein sind in Serbien gefälschte oder inhaltlich unwahre Dokumente weit verbreitet. Das Auswärtige Amt führt hierzu in seinem Lagebericht zu Serbien vom 23.4.2007 aus: Die Praxis habe gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt seien, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspreche. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art seien gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten. In Einzelfällen seien selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbisch-montenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten. Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts seien auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Besonders hoch sei die Fälschungsquote bei Dokumenten mit Kosovo-Bezug, da im Zuge der Schließung der serbischen bzw. jugoslawischen Ämter im Kosovo im Frühjahr 1999 eine Vielzahl von Formularen und Dienstsiegeln abhanden gekommen sei.
46 
Weiter führt auch die Nichtableistung der Wehrpflicht durch den Kläger zu einer unzumutbaren Entlassungsvoraussetzung (vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 28.11.2007, a.a.O.). Bei den aus dem Kosovo stammenden serbischen Staatsangehörigen albanischer Volkszugehörigkeit ist nach den vorliegenden Erkenntnissen (Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 10.3.2005; Schreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 3.6.2005; Schreiben des Generalkonsulats Stuttgart vom 17.10.2005 an das Innenministerium Baden-Württemberg; AA, Lagebericht Serbien und Montenegro vom 23.9.2005) davon auszugehen, dass einerseits die Wehrpflicht zwar grundsätzlich - bis zum 60. Lebensjahr in Form einer Wehrdienstpflicht im Reservekontingent - besteht, aber andererseits mangels Einberufung nicht erfüllt werden kann. Weiter ist auch zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Kläger nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte. Gesundheitliche Einschränkungen oder sonstige Gründe für eine Ausnahme von der Wehrpflicht sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versichert, er sei „topfit“ und leide an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dass er nicht wehrpflichtig (gewesen) sein könnte, erscheint demzufolge als lebensfern und als bloße fernliegende theoretische Möglichkeit. Unter diesen Umständen ist vom Kläger die Durchführung eines förmlichen Entlassungsverfahrens zwecks Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Wehrpflicht nicht zu verlangen, zumal für ihn unabhängig davon, ob eine Wehrpflicht besteht oder durchgesetzt werden soll, de facto voraussichtlich keine Möglichkeit besteht, eine reguläre Entlassung zu erreichen. Die Einleitung eines Entlassungsverfahrens, dessen negatives Ende feststeht und bei dem nur unklar ist, warum es legal nicht zum Erfolg führen kann, ist eine unzumutbare Entlassungsvoraussetzung.
47 
Auch das Innenministerium Baden-Württemberg geht in seinen Vorläufigen Anwendungshinweisen vom Vorliegen einer unzumutbaren Bedingung aus, wenn die Entlassung aus der serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig gemacht bzw. aus diesem Grund abgelehnt wird, sofern es sich um einen aus dem Kosovo stammenden Einbürgerungsbewerber albanischer Volkszugehörigkeit handelt. Allerdings verlangt es zu Unrecht die vorherige Durchführung eines Entlassungsverfahrens. Ist wie hier von vornherein absehbar, dass dieses nicht zum Erfolg führen kann, wäre dies ein bloßer Formalismus, der den Betroffenen nicht zumutbar ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass für das Entlassungsverfahren einschließlich der Beschaffung der notwendigen Unterlagen schon regulär (also ohne etwaige Bestechungsgelder) ein vierstelliger Betrag aufzuwenden ist.
48 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere sind die grundsätzlichen Fragen, die sich in diesem Verfahren ursprünglich gestellt haben, mittlerweile durch die Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 3.5.2007, a.a.O.) geklärt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG.
Die 1955 bzw. 1956 geborenen Kläger zu 1 und zu 2 sind albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo. Sie reisten im November 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diese Anträge lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 21.10.1993 ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG nicht vorliegen, und drohte den Klägern die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien für den Fall der nicht rechtzeitigen Ausreise an. Die hiergegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Urteil vom 05.07.1994 - A 8 K 16297/93 - ab.
Am 27.07.1995 stellten die Kläger erneut Asylanträge (Folgeanträge), mit denen sie geltend machten, aufgrund der neuesten Entwicklung im Kosovo sei von einer Gruppenverfolgung der dortigen albanischen Bevölkerungsmehrheit auszugehen. Mit am 27.09.1995 zugestelltem Bescheid vom 08.09.1995 lehnte es das Bundesamt ab, weitere Asylverfahren durchzuführen. Auf die hiergegen am 02.10.1995 erhobenen Klagen wurde die Beklagte mit Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 03.02.1999 - A 4 K 13700/95 - verpflichtet festzustellen, dass für die Kläger hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Der Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten auf Zulassung der Berufung gegen die Entscheidung wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 01.04.1999 (- A 14 S 655/99 -) abgelehnt.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 26.04.1999 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien vorliegen.
Im Mai 2003 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und gab den Klägern unter dem 08.09.2003 Gelegenheit zur Stellungnahme. Hierauf hin trugen die Kläger vor, dass sie krank seien und die von ihnen benötigte medizinische Versorgung im Kosovo nicht erhalten könnten.
Mit Bescheid vom 29.01.2004 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 26.04.1999 getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots mangels der erforderlichen Prognose drohender politischer Verfolgung nicht mehr gegeben seien. Die von den Klägern nun vorgetragenen Krankheiten seien im Kosovo ausreichend behandelbar.
Am 05.02.2004 haben die Kläger Klage erhoben. Sie berufen sich auf eine Gefährdung als Angehörige der ashkalischen Minderheit im Kosovo und tragen weiterhin vor, dass sie die erforderliche medizinische Behandlung und die von ihnen benötigten Medikamente im Kosovo schon aus finanziellen Gründen nicht erlangen könnten.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004 aufzuheben.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
13 
Die Beteiligten haben sich mit der Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
14 
Die Kläger wurden in der mündlichen Verhandlung angehört; bezüglich ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.
15 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamtes vor. Diese Akten wurden ebenso wie die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten mit der Ladung bzw. allgemein übersandten Liste aufgeführt sind, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
24 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
26 
Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
27 
Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
28 
Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
29 
Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
30 
Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
16 
Es konnte zur Sache entschieden werden, obwohl die Beklagte und der Bundesbeauftragte in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen waren. Die Beklagte und der Bundesbeauftragte haben auf die Formalitäten der Ladung verzichtet, sodass von einem Einverständnis mit der Entscheidung ohne ihr Erscheinen ausgegangen werden kann (s. § 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Widerruf der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
18 
Maßgebend ist insoweit jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylVfG), so dass das AsylVfG in der Fassung des Art. 3 des Zuwanderungsgesetzes vorn 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ebenso zur Anwendung gelangt wie das Aufenthaltsgesetz vom 30.07.2004 (Art. 1 des Zuwanderungsgesetzes), die beide gem. Art. 15 des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getreten sind.
19 
Rechtsgrundlage ist § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. Aufgrund dieser Vorschrift können auch Feststellungen widerrufen werden, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBI. 1 S. 1950) ZuwandG außer Kraft getreten ist (ebenso: VG Karlsruhe, Urt. v. 17.01.2005 - A 2 K 12256/03 -). Die vor dem 01.01.2005 getroffenen Feststellungen bleiben als Verwaltungsakt wirksam. Sie haben sich durch die Rechtsänderung nicht erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts entfällt nur bei solchen Änderungen der Rechtslage, die zur Gegenstandslosigkeit der getroffenen Regelung führen. Hierbei kommt es darauf an, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck Geltung auch für den Fall der veränderten Rechtslage beansprucht (vgl. Kopp, VwVfG, 8. Aufl., § 43 Rn. 42).
20 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die getroffene Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gem. § 53 AuslG nicht unwirksam geworden. Der Inhalt der festgestellten Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist nach der Rechtsänderung zum 01.01.2005 nunmehr in § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG geregelt. Lediglich die Paragraphen, in denen die festzustellenden Voraussetzungen bzw. Abschiebungshindernisse geregelt sind, haben sich durch das Zuwanderungsgesetz geändert. Daher gelten diese Feststellungen zumindest für den Fall ihres Widerrufs als Feststellungen nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG fort mit der Folge, dass diese Feststellungen gestützt auf § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. widerrufen werden können.
21 
Nach § 73 Abs. 3 AsylVfG n.F. ist die Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen, zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist, und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist hier der Fall, weil den Klägern im Falle ihrer Rückkehr keine Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG - mehr - drohen.
22 
1. Eine konkret-individuelle Gefährdung aufgrund ihrer albanischen Volkszugehörigkeit besteht im Fall der Rückkehr der Kläger nicht mehr. Denn sowohl eine etwaige individuelle Verfolgung der Kläger als auch eine kollektive Verfolgung von Angehörigen der albanischen Volksgruppe im Kosovo müssen zwischenzeitlich als beendet angesehen werden, und ein Wiederaufleben der Verfolgung ist nicht nur nach dem Maßstab einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Das Gericht geht davon aus, dass Verfolgungsmaßnahmen zum Nachteil der Kläger auch hinreichend sicher derzeit und auch auf absehbare Zeit ausgeschlossen werden können, weil nicht nur im Kosovo, sondern auch in Serbien und Montenegro insgesamt nach dem Ende des Kosovo-Kriegs im ersten Halbjahr des Jahres 1999 eine nachhaltige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse festzustellen ist. Die aktuellen Umwälzungen in der früheren Bundesrepublik Jugoslawien hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29.03.2001 - A 14 S 2078/99 -, auf das Bezug genommen wird, hinreichend ausführlich beschrieben. Dieser Prozess gipfelte in der Auslieferung des ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und der Teilrepublik Serbien Slobodan Milosevic an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (vgl. dpa-Meldung v. 29.06.2001: Milosevic in Gewahrsam des UN-Kriegsverbrechertribunals; Spiegel-Online v. 28.06.2001: Jugoslawien liefert Milosevic an Den Haag aus). Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Öffnung und Demokratisierung des gesamten Staatswesens Serbien und Montenegros ist hinreichend gewährleistet, dass die Rechte der ethnischen Minderheiten in Zukunft gewahrt bleiben und politische Repressalien und ungesetzliche Maßnahmen jeder Art speziell im Kosovo unterbleiben. Dieser unterliegt seit Mitte 1999 einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK), zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Kosovo sind dort mehrere Zehntausend KFOR-Soldaten stationiert (vgl. etwa den ad-hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) des Auswärtigen Amts vom 04.09.2001). Auf die einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in dessen angesprochener Entscheidung und die hierbei herangezogenen Erkenntnisquellen nimmt das Gericht Bezug (vgl. daneben auch den Beschluss des VGH Bad.-Württ. v. 16.03.2004, AuAS 2004, 142; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.07.2004 - 13 A 546/04.A -). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist es des Weiteren auf die zutreffende Darstellung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.01.2004, der es sich anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
23 
2. Eine individuell drohende, erhebliche, konkrete Gefahr im Falle der Rückkehr ergibt sich für die Kläger auch nicht aus den von ihnen vorgetragenen Krankheiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG darstellen. Dies setzt voraus, dass die mangelnde Behandlungsmöglichkeit zu einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 - 9 C 48.96 -, InfAuslR 1998, 125; Urt. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383 [384ff., 387]; Urt. v. 18.3.1998 - 9 C 36.97 -; Urt. v. 27.04.1998 - 9 C 13.97 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 12).
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Zwar geht das Gericht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1 in der Folge fehlender Behandlung mit einer erheblichen konkreten Gesundheitsgefährdung gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch nicht zum Erfolg der Klage führen, da der Kläger zu 1 nach Ansicht des Gerichts im Kosovo eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten kann.
25 
Der Kläger zu 1 leidet unter einer polyzystischen Nierendegeneration mit einer chronischen Niereninsuffizienz. In einem Bericht seines Hausarztes vom 21.04.2006 wird hierzu mitgeteilt, dass diese Erkrankung eine andauernde Behandlung mit Medikamenten dringend erforderlich mache. Ein Absetzen der Medikamente würde mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Jahre zu einer erheblichen Verschlechterung, möglicherweise mit tödlichem Ausgang führen. Im Zusammenhang mit der Erkrankung stünde eine behandlungsdürftige sehr starke Blutdruckerhöhung, eine ebenfalls durch die Nierenkrankheit bedingte Anämie und Acidose. Es sei eine andauernde Therapie mit den Medikamenten Biopress, Metoprolol, Torasemid, Moxonidin, Nifehexal und Nephrotrans erforderlich.
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Auf der Grundlage dieser Angaben geht das Gericht, auch wenn ein fachärztliches Gutachten nicht vorgelegt worden ist, davon aus, dass der Kläger zu 1 unter einer erblichen Nierenkrankheit leidet und auf die regelmäßige Einnahme blutdrucksenkender Medikamente angewiesen ist, um eine wesentliche Verschlechterung seiner Erkrankung dahingehend, dass er eine Dialysebehandlung benötigt, möglichst zu vermeiden oder zumindest zu verzögern. Insofern ist allerdings mit dem Bundesamt davon auszugehen, dass die bei Niereninsuffizienz typischen Erscheinungen wie arterielle Hypertonie und Anämie in der hämatologischen Abteilung der Universitätsklinik Pristina behandelt werden können. Dort stehen auch neue Dialysegeräte zur Verfügung (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 17.10.2005).
27 
Bei der derzeit im Vordergrund stehenden Behandlung der Hypertonie kommt es nicht darauf an, ob diese im Kosovo mit den gleichen Medikamenten bzw. Wirkstoffen erfolgen würde. Entscheidend ist allein, ob damit eine ausreichend medikamentöse Behandlung verfügbar ist. Nach der ärztlichen Stellungnahme und dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Medikamentenplan muss der Kläger zu 1 blutdrucksenkende Diuretika, Beta-Rezeptoren-Blocker, Antihypertensiva und Kalzium-Antagonisten kombiniert einnehmen. Insoweit ist festzustellen, dass sowohl die in der Essential Drugs List aufgeführten Diuretika Hydrochlorothiazid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 04.06.2004: 25 mg x 10 Tabletten ca. 1,20 EUR) - das als ein Wirkstoff in Biopress enthalten ist - und Furosemid (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 07.06.2005: Furosemid 500 40mg x 10 Tabletten für 1,00 EUR) anstelle von Torasemid (Botschaftsbericht vom 07.11.2003), als auch der Beta-Rezeptoren-Blocker Metoprolol (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro v. 07.06.2005: 100 mg x 30 Tabletten für 2,20 EUR) und der Kalzium-Antagonist Nifedipin (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 14.05.2005: 10 mg x 10 Tabletten für ca. 3,70 EUR) - der Wirkstoff von Nifehexal - im Kosovo verfügbar sind. Als Antihypertensivum steht Clonidin zur Verfügung. Insbesondere ist das Medikament Catapresan (Clonidin) erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005: 30 Tabletten für 4 EUR). Der zweite Wirkstoff von Biopress Candesartan ist nicht zugelassen und das Medikament in den Apotheken im Kosovo nicht erhältlich (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro vom 12.01.2005).
28 
Natriumhydrogencarbonat, der Wirkstoff des gegen die Acidose verordneten Medikaments Nephrotrans ist zwar nach Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 21.06.2005 auf die Anfrage des Bundesamts vom 14.01.2005 im Kosovo nicht verfügbar, kann aber auf Patientenkosten aus dem Ausland bestellt werden.
29 
Das von der Klägerin zu 2 eingenommene Trimineurin enthält den Wirkstoff Trimipramin. Trimipramin ist im Kosovo in privaten Apotheken erhältlich. Der Patient trägt die Kosten. Als Ersatzmedikament stehen weiterhin Haldol (1 Hdlspck . ca. 7,00 EUR), Zoloft (1 Hdlspck . ca. 28,00 EUR), Doxepin (20 Tbl., 25 mg, ca. 2,50 EUR) und Diazepam (1 Hdlspck . ca. 2,00 EUR) zur Verfügung. Die Kosten für diese Medikamente trägt ebenfalls der Patient (Botschaftsbericht von Deutschland/Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom: 28. Mai 2004).
30 
Das Gericht geht auf der Grundlage der genannten Auskünfte davon aus, dass, wenn auch keine absolut identische Arzneimittelkombination zur Verfügung steht, auch der Kläger zu 1 mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten ausreichend behandelt werden kann, wenn er die Kosten für die erforderlichen Medikamente aufbringt.
31 
Auf der Grundlage der vorliegenden Preisangaben ist im günstigsten Fall, in dem den Klägern alle die von ihnen benötigten Medikamente zu den in den Auskünften genannten Preisen überlassen werden, von Kosten in Höhe von ca. 60 EUR im Monat auszugehen. Einer näheren Aufklärung, ob schon durch die Einnahme nur eines - kostengünstigen - Teils der oben genannten Medikamente eine erhebliche Gefährdung i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG beachtlich wahrscheinlich vermieden werden kann, bedarf es nicht. Ebenso bedarf es keiner Aufklärung, ob beim Kläger zu 1 kurzfristig mit der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung zu rechnen ist. Denn das Gericht unterstellt zunächst, dass der Kläger zu 1 auf alle genannten Medikamente, auch auf die im Kosovo nicht verfügbaren Wirkstoffe, die aus dem Ausland bezogen werden müssen, dringend angewiesen ist. Hiervon ausgehend können ohne Weiteres Kosten in Höhe von bis zu 150,-- EUR monatlich entstehen. Weiterhin wird berücksichtigt, dass im Falle der Notwendigkeit einer Dialysebehandlung, die selbst kostenfrei ist, sogar von monatlichen, vom Patienten zu tragenden Kosten für Begleitmedikamente in Höhe von mindestens 200 EUR bis 250 EUR auszugehen ist (AA, Lagebericht vom 22.11.2005, S. 21: Da viele Dialysepatienten die Mittel hierfür nicht selbst aufbringen können, liegt die Todesquote trotz des guten Ausbildungsstands der Ärzte und Schwester und trotz der qualitativ hochwertigen Geräte bei rund 15%). Auch ausgehend von Kosten in Höhe von 200 EUR bis 300 EUR im Monat ist aber im vorliegenden Fall ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis wegen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung im Falle einer Rückkehr aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit grundsätzlich erhältlicher Medikamente nach Ansicht des Gerichts nicht gegeben.
32 
Hinsichtlich der individuellen Zugänglichkeit notwendiger verfügbarer Medikamente hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis sich trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben kann, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben bestehe auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung stehe, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich sei (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 unter Hinweis auf Beschluss v. 29.04.2002 - 1 B 59.02 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 29.04.2002 a.a.O.) allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob es sich bei einer solchen zielstaatsbezogenen Gefahr für Leib und Leben um eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG oder um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG (so die Entscheidungen des BayVGH, B. v. 10.10.2000 - 25 B 99.32077 - und des OVG Saarlouis, Urt. v. 23.08.1999 - 3 R 28/99 -, die in BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 a.a.O. zitiert werden) handelt.
33 
Ein Abschiebungshindernis in diesem Sinne ist hier aber nicht gegeben, weil der tatsächliche Zugang zu den benötigten Medikamente in Fällen wie dem vorliegenden nicht aufgrund der Mittellosigkeit der Kläger faktisch ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt ist. Der Kläger zu 1 ist nicht arbeitsfähig ist; die Klägerin zu 2 dürfte aufgrund ihrer eigenen Erkrankung und der Notwendigkeit, den Kläger zu 1 zu betreuen, keine Aussicht auf eine nennenswerte Erwerbstätigkeit haben. Eine ausreichende Finanzierbarkeit hinsichtlich der genannten Kosten ist dennoch gegeben, weil grundsätzlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich, unabhängig von einer nach serbisch-montenegrinischem Recht zu beurteilenden Unterhaltspflicht und deren Durchsetzbarkeit, die in erster Linie zur gegenseitigen Hilfeleistung jedenfalls sittlich verpflichteten Familienangehörigen in ausreichender Weise Unterstützung gewähren. Dabei kommt es ebenso wenig auf die konkrete Vermögens- und Einkommenssituation bleibeberechtigter Angehöriger wie auf die konkreten Verdienstchancen ebenfalls ausreisepflichtiger Angehöriger an.
34 
Hiervon ausgehend nimmt das Gericht zunächst an, dass eine ausreichende Unterstützung kranker Familienangehöriger durch bleibeberechtigte Eltern oder bleibeberechtigte erwachsene Kinder, die den zurückgekehrten Angehörigen aus dem Bundesgebiet Geld und Medikamente schicken werden, gewährleistet ist. Selbst wenn bleibeberechtigte Familienangehörigen im Bundesgebiet Sozialleistungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts beziehen, hält das Gericht es für beachtlich wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem, nach hiesigen Maßstäben geringen Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der Regel noch ausreichend sein wird.
35 
Entsprechendes gilt auch für ebenfalls ausreisepflichtige Angehörige. Die Arbeitslosenquote im Kosovo liegt zwar bei 57 %; 30 % der Bevölkerung arbeiten aber auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis). Insgesamt kann daher nach Ansicht des Gerichts auch nicht von einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen mangelnder Finanzierbarkeit von Medikamenten für kranke Familienmitglieder im Kosovo ausgegangen werden, wenn sie von arbeitsfähigen, erwachsenen Familienangehörigen begleitet werden.
36 
Nach diesen Grundsätzen ist auch im vorliegenden Fall, in dem die drei älteren Kinder der Kläger Aufenthaltserlaubnisse innehaben, und die Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich der lediglich geduldeten beiden jüngeren Kinder ebenfalls widerrufen worden ist, eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben im Fall der Rückkehr der Kläger in ihr Heimatland nicht gegeben. Zwar ist hier von erheblichen Kosten für Medikamente in Höhe von monatlich 200 EUR bis 300 EUR auszugehen. Dieser Betrag wird jedoch nach den oben genannten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von den fünf erwachsenen Kindern der Kläger entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit aufgebracht werden.
37 
Liegt damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht vor, kann offen bleiben, ob es sich bei der fehlenden Zugänglichkeit von Medikamenten aus finanziellen Gründen, die grundsätzlich eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG darstellen kann, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG handelt, die für alle mittellosen, auf medizinische Behandlung angewiesenen Menschen in Ländern, wie dem Kosovo, ohne ausreichende staatliche Gesundheitsfürsorge gleichermaßen gegeben ist, oder um eine konkret-individuelle Gefährdung (§ 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) der mittellosen, kranken Kläger im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo.
38 
3. Auch soweit sich die Kläger auf eine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen, kann ihnen nicht wegen der damit geltend gemachten allgemeinen Gefahr Abschiebungsschutz unmittelbar nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG gewährt werden, da insoweit die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG entgegensteht. Danach können die Auswirkungen solcher allgemeinen Gefahren auf den einzelnen Ausländer nur aufgrund einer Entscheidung der obersten Landesbehörde nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zur Aussetzung der Abschiebung führen. Eine extreme Gefahrenlage, die die Überwindung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG auf der Grundlage einer verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 114, 379 zu § 53 Abs. 6 AuslG) zuließe, kann im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht angenommen werden. Eine verfassungswidrige Schutzlücke liegt hier deshalb nicht vor, weil die Kläger auch als Angehörige einer Minderheit von einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nicht bedroht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die internationalen Truppen während der Ereignisse im März 2004 den Schutz von Minderheiten, ihres Eigentums und der öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleisten konnten (vgl. dazu UNHCR-Positionen vom 30.03. und 13.08.2004; Auswärtiges Amt v. 02.04.2004 an das Bundesamt: Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16. u. 19.03.2004; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 24.05.2004: Kosovo, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004), ergibt sich daraus nicht, dass Angehörige von Minderheiten derzeit bei einer Rückkehr in den Kosovo in die erhebliche Gefahr geraten, Opfer von von den staatlichen bzw. internationalen Organisationen nicht effektiv beherrschbaren Übergriffen zu werden. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 04.11.2004 haben die internationalen Kräfte die Lage im Kosovo wieder unter Kontrolle. So wurden mehr als 200 Personen nach den Unruhen vorläufig festgenommen, darunter auch führende Mitglieder des Veteranenverbandes der UCK. Die UNMIK-Police hat im Zusammenhang mit der Aufklärung des Tatgeschehens 100 Ermittler angefordert, von denen zwischenzeitlich 60 ihren Dienst aufgenommen haben, darunter auch zehn Beamte aus Deutschland. Über neue Vorfälle ist demgemäß auch nichts bekannt geworden. Angesichts dessen kann trotz der Heftigkeit, der Zahl der handelnden nichtstaatlichen Akteure und des Hintergrunds der Übergriffe vom März 2004 nicht von einem Wiederaufflammen der Unruhen in naher Zukunft und damit in dem für die Verfolgungsprognose maßgeblichen Zeitraum ausgegangen werden. Die bloß theoretische Möglichkeit einer Verfolgung von Minderheiten genügt insoweit nicht. Auch ein denkbarer Erfahrungssatz, dass sich Pogrome typischerweise wiederholen, rechtfertigt allenfalls die Feststellung, die Wiederholung eines solchen Pogroms könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden; für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung bedarf es demgegenüber zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte (BVerfG, B. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86 -, BVerfGE 80, 315). Solche sind hier weder vorgetragen noch aus den der Kammer vorliegenden Erkenntnismitteln ersichtlich. Vielmehr sind inzwischen von den verantwortlichen Stellen Vorkehrungen zur Verhinderung einer Wiederholung derartiger Ausschreitungen getroffen worden.
39 
Dieser Einschätzung stehen die Entscheidungen Verwaltungsgerichts Stuttgart und des VGH Baden-Württemberg (vgl. dazu VG Stuttgart, B. v. 31.01.2005 – A 10 K 13481/04 – und VGH Bad.-Württ., B. v. 15.11.2004 – 7 S 1128/02 -, Asylmagazin 4/2005, S. 26), die sich ausschließlich auf die sich unmittelbar an die Vorgänge vom März 2004 anschließende Situation beziehen, nicht entgegen. Ob die Lage unmittelbar nach den März-Unruhen, also im April oder Mai 2004, anders zu beurteilen gewesen wäre, ist jedoch vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich.
40 
Schließlich deutet auch nichts darauf hin, dass die internationalen Organisationen (UNMIK, KFOR) in absehbarer Zukunft vorhätten, ihr Engagement im Kosovo unter „Zurücklassung“ der Minderheiten und eines entsprechenden Machtvakuums beziehungsweise sogar unter Wiedereinsetzung der serbischen Institutionen zu beenden.
41 
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.