Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Mitunterzeichner des „Bürgerbegehrens Großer Forst“, mit dem die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst verhindert werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, einen Bürgerentscheid zuzulassen.
Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Zweckverband „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“, dessen satzungsgemäße Aufgabe die Entwicklung des Gewerbe- und Dienstleistungsgebietes „Bachhalde/Großer Forst“ auf der Gemarkung der Beklagten ist. Verbandsvorsitzender ist der Oberbürgermeister der Beklagten, der zugleich die Beklagte in der Verbandsversammlung vertritt. Weitere Verbandsmitglieder sind die Städte und Gemeinden ...
In § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung heißt es:
„Nachdem das Gewerbe- und Dienstleistungsgebiet ausschließlich auf Gemarkung N. liegt, verbleibt die Planungshoheit bei der Stadt N. Diese verpflichtet sich, ihre Flächennutzungs- und Bebauungsplanung, soweit das gemeinsame Gewerbegebiet betroffen ist, in enger Abstimmung mit dem Zweckverband vorzunehmen. Alle wesentlichen Planungsschritte bedürfen der vorherigen Entscheidung in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes.“
Das Gebiet Großer Forst wird bisher landwirtschaftlich genutzt. Im Regionalplan Region S. vom 01.03.1999 ist das Gebiet als regionalbedeutsamer Schwerpunkt für Industrie-, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen für die Verwaltungsräume N. und X. dargestellt. Im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. vom 07.04.2000 ist der Große Forst als gewerbliche Baufläche (G) ausgewiesen. Das von der Fa. B. geplante Logistikzentrum soll über einen Baukörper mit einer Länge von ca. 290 m, einer Breite von ca. 180 m und einer Höhe von ca. 20 m verfügen.
Der Oberbürgermeister der Beklagten informierte die Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes in deren Sitzung vom 03.12.2007 darüber, dass die Anfrage eines Interessenten für eine Ansiedlung im Großen Forst mit einem Flächenbedarf von 15 ha vorliege. In der Sitzungsvorlage heißt es, dass dazu ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan erfolgen müsse, dass Grundstücksverhandlungen mit den Grundstückseigentümern aufgenommen worden seien und dass die Anordnung einer Baulandumlegung notwendig sei. Die Verbandsversammlung stimmte den vorgeschlagenen Verfahrensschritten zu und ermächtigte den Verbandvorsitzenden, die entsprechenden Verträge zu schließen.
Am 11.12.2007 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplanes „Großer Forst I“, der als Art der baulichen Nutzung im Wesentlichen Gewerbegebiet (GE) vorsieht. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 08.01.2008 ortsüblich bekannt gemacht. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB erfolgte vom 14.01. bis 11.02.2008.
In seiner Sitzung vom 06.05.2008 fasste der Gemeinderat der Beklagten auf der Basis der Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR vom 22.04.2008 mehrheitlich folgenden Beschluss:
1. Der Gemeinderat stimmt der Ansiedlung der Firma B. im Gewerbegebiet „Großer Forst“ zu.
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2. Der Gemeinderat der Stadt N. weist Herrn Oberbürgermeister H. in der Funktion als Verbandsvorsitzender des Gewerbezweckverbandes Wirtschaftsraum N. an, alle zur Ansiedlung der Firma B. erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen auf der Grundlage von der Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes festzulegenden Grundsätzen, die sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes „Großer Forst I“, Gemarkung N., befinden.
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3. Die Verwaltung wird beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen.
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Mit Schreiben vom 21.05.2008 beantragte die Initiative „Bürgerbegehren Großer Forst“, vertreten unter anderem durch die Vertrauenspersonen A. und G., unter Übergabe von Unterschriftslisten mit 3070 gültigen Unterschriften die Zulassung eines Bürgerentscheids. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet:
13 
„Sind Sie dafür, dass die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie Grundstücksverträge und weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben und der Oberbürgermeister und die Vertreter der Stadt N. in der Verbandsversammlung „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“ entsprechend angewiesen werden“?
14 
Das Bürgerbegehren wird in der Unterschriftsliste wie folgt begründet:
15 
„Mit der Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR vom 22.04.08 zur Gemeinderatssitzung am 06.05.2008) erfolgt eine unwiderrufliche Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts der Stadt N. Die Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung sind heftig umstritten und führen zu einer Spaltung der Bürgerschaft. Mit dem beantragten Entscheid soll der Wille der Bürger festgestellt werden.“
16 
Die Beklagte beauftragte ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens „Großer Forst“, die dieser unter dem 02.07.2008 (mit Ergänzung vom 14.07.2008 und 04.09.2008) erstellte. Parallel dazu erstellte auch der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 04.07.2008 eine gutachterliche Stellungnahme zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.
17 
Mit Beschluss vom 03.06.2008, bekannt gemacht am 16.05.2008, beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Auslegung des Bebauungsplanentwurfs „Großer Forst I“, welche vom 26.05. bis 25.06.2008 erfolgte.
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Mit Beschluss vom 14.07.2008 stimmte die Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes der Ansiedlung der Firma B. im Gebiet Großer Forst zu und legte Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke fest, die zur Realisierung des ersten Bauabschnittes notwendig sind. Der Oberbürgermeister der Beklagten wurde als Verbandsvorsitzender beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen, und wurde ermächtigt, alle zur Erschließung und Finanzierung für die Ansiedlung der Firma B. erforderlichen Verträge abzuschließen, sofern die Ansiedlung der Firma B. vertraglich abgesichert sei.
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In der Gemeinderatssitzung vom 15.07.2008 stimmt der Gemeinderat der Beklagten mehrheitlich gegen die Durchführung des beantragten Bürgerentscheids.
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Am 22.07.2008 beschloss der Gemeinderat der Beklagten den Bebauungsplan „Großer Forst I“ als Satzung; die Bekanntmachung erfolgte am 25.07.2008.
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Mit an die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens G. und A. gerichtete Bescheide vom 25.07.2008 wies die Beklagte den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids über das Bürgerbegehren Großer Forst zurück. Die Bescheide sind im Wesentlichen wie folgt begründet:
22 
Soweit das Bürgerbegehren auf die Ansiedlung der Firma B. im Gebiet Großer Forst und auf den Abschluss von Grundstückskaufverträgen mit diesem Unternehmen abziele, sei es unzulässig, weil diese Tätigkeiten nicht (mehr) zum eigenen Wirkungskreis der Beklagten zählten. Diese Aufgaben seien dem Gemeindezweckverband übertragen worden. Soweit das Bürgerbegehren der Sache nach auch auf die Unterlassung weiterer Verfahrensschritte in der Bauleitplanung abziele, sei es nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO unzulässig. Nicht gefolgt werde der Auffassung, bei bürgerbegehrenfreundlicher Auslegung betreffe das Bürgerbegehren nur die Ansiedlung der Firma B. und nicht die Bauleitplanung im Gewerbegebiet. Erst die Bauleitplanung der Beklagten schaffe die Voraussetzung für die Ansiedlung des Logistikzentrums. Die Unterzeichner des Bürgerbegehrens hätten bei verständiger Auslegung gerade den wichtigsten Schritt für die Ansiedlung des Logistikzentrums verhindern wollen. Folge man der Auslegung der Kläger, dürfe jedes andere Logistikunternehmen als das der Firma B. im Gewerbegebiet Großer Forst angesiedelt werden, was erkennbar nicht dem Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens entspreche. Die weitere Forderung des Bürgerbegehrens, den Oberbürgermeister und die Vertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung des Gemeindezweckverbandes anzuweisen, alle weiteren Schritte für das Projekt zu unterlassen, sei auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet. Das mit der Weisung bezweckte Verhalten der Verbandsmitglieder der Beklagten in der Verbandsversammlung verstoße gegen die Verbandssatzung, die dem Verband eine Entwicklungs- und keine Verhinderungsaufgabe für Gewerbeflächen zuweise. Die Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes habe die Ansiedlung der Firma B. bereits beschlossen. An diese Beschlusslage sei die Beklagte als Verbandsmitgliedsgemeinde gebunden. Die Beklagte habe in der Verbandsversammlung auch keine allein bestimmende Mehrheit und könne aus eigener Kraft keine Änderung der Beschlusslage herbeiführen. Die geplante Weisung an den Oberbürgermeister der Beklagten, alle weiteren Schritte für die Ansiedlung des Logistikzentrums zu unterlassen, sei eine Aufforderung zu pflichtwidrigem Handeln und zum Rechtsbruch. Der Oberbürgermeister sei Verbandsvorsitzender und nach § 7 Abs. 3 der Verbandssatzung i.V.m. § 43 Abs. 1 GemO verpflichtet, die Beschlüsse der Verbandsversammlung unverzüglich zu vollziehen. Schließlich sei die Begründung des Bürgerbegehrens nicht tragfähig und verstoße deshalb gegen § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO. Die Argumente der Initiatoren gegen die Ansiedlung würden nicht dargelegt. Es werde auch nicht klargestellt, dass die Ansiedlung des Logistikzentrums nicht nur die Beklagte, sondern alle Mitglieder des Gemeindezweckverbandes betreffe. Die Bescheide wurden den Vertrauensleuten am 31.07.2008 zugestellt.
23 
Dagegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 25.08.2008, eingegangen am gleichen Tag, im eigenen Namen Widerspruch ein. Zur Begründung trug der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
24 
Das Bürgerbegehren betreffe eine wichtige Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde. Daran ändere auch die Aufgabenübertragung an den Zweckverband nichts. Durch die in die Verbandsversammlung entsandten Vertreter nehme die Beklagte an der Abstimmung darüber, welcher Gewerbebetrieb im Großen Forst angesiedelt werden solle, teil. Das Bürgerbegehren sei gerichtet auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten der Vertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung, über das der Gemeinderat der Beklagten zu entscheiden habe. Dass die im Bürgerbegehren gestellte Frage eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde betreffe, zeige sich schon daran, dass der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 06.05.2008 über genau die Frage, ob die Firma B. angesiedelt werden solle, einen Grundsatzbeschluss getroffen habe. Das Bürgerbegehren verstoße auch nicht gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO. Weder in der Fragestellung noch in der Begründung des Bürgerbegehrens sei das Bebauungsplanverfahren „Großer Forst I“ erwähnt. Daran ändere auch die Bezugnahme auf die Sitzungsvorlage zur Gemeinderatssitzung vom 06.05.2008 in der Begründung nichts. Zwar werde unter Ziffer 3 der Sitzungsvorlage die Verwaltung beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig durchzuführen. Wie sich schon aus der Betreffzeile der Gemeinderatsvorlage ergebe, bestehe die wesentliche Bedeutung des Grundsatzbeschlusses aber darin, die Firma B. im Gebiet Großer Forst anzusiedeln. Der Auftrag an die Verwaltung, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen, habe demgegenüber eine völlig untergeordnete Bedeutung. Ausweislich der Fragestellung habe der Wille der Bürgerschaft zur Ansiedlung der Firma B. im Gebiet Großer Forst festgestellt werden sollen. Daher seien unter der in der Fragestellung gewählten Formulierung „weitere Schritte“ auch nur solche Schritte zu verstehen, die sich auf die konkrete Ansiedlung der Firma B. bezögen und nicht auf den Bebauungsplan, der gerade nicht vorhabenbezogen sei. Zwar habe die Beklagte durch die Aufstellung des Bebauungsplanes die Voraussetzungen für die Errichtung einer gewerblichen baulichen Anlage schaffen können, die nach Art und Maß den Festsetzungen im Bebauungsplan entspreche. Daraus folge jedoch nicht in einem Automatismus, dass sich im Gewerbegebiet Großer Forst selbst bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid jedes andere Logistikunternehmen ansiedeln könne. Auch wenn man zu dem Ergebnis käme, das Bürgerbegehren habe auch bauplanungsrechtliche Fragen zum Gegenstand, ändere dies nichts an seiner Zulässigkeit. Negative Entscheidungen wie Planungsverzicht, Planungsstopp und Aufhebung von Bauleitplänen seien bürgerentscheidsfähig, da keine Abwägung im Sinne eines förmlichen Verfahrens nach dem Baugesetzbuch erforderlich seien. Die im Bürgerbegehren erhobene Forderung, den Oberbürgermeister und den weiteren Vertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes entsprechend anzuweisen, sei auch nicht auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet. Im Gegenteil sei dieses Ziel sogar verfassungsrechtlich geschützt. Das Ergebnis des Willensbildungsprozesses innerhalb der jeweiligen Kommune könne die Verbandssatzung nicht vorschreiben und wolle dies auch nicht. Es möge sein, dass die Beklagte als Verbandsmitglied aus eigener Kraft keine Änderung der Beschlusslage herbeiführen könne. Allerdings sei angesichts der hohen Stimmenanteile der Beklagten zu erwarten, dass ihr Abstimmungsverhalten Signalwirkung auch für die anderen Mitgliedskommunen habe. Im Übrigen sei die Frage, ob die Beklagte aus eigener Kraft eine Änderung der Beschlusslage im Gemeindezweckverband herbeiführen könne, für die Frage der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ohne jede Bedeutung. Auch die Beschlusslage im Gemeindezweckverband stehe dem Bürgerbegehren nicht im Wege. Die beteiligten Kommunen seien berechtigt und nach Maßgabe des gemeindeinternen Willensbildungsprozesses sogar verpflichtet, ihren jeweiligen Auffassungen im Gewerbezweckverband durch ein bestimmtes Abstimmungsverhalten und durch die Stellung von Anträgen Ausdruck zu verleihen. Die Beschlusslage im Gewerbezweckverband könne sich jederzeit verändern. Schließlich entspreche auch die Begründung des Bürgerbegehrens den gesetzlichen Anforderungen. Die Begründung müsse keine Pro- und Kontraargumente enthalten. Die Begründung enthalte im vorliegenden Fall keine unrichtigen Tatsachen, und aufgrund des sehr neutral gehaltenen Inhalts bestünden auch für eine Täuschung des Bürgerwillens keinerlei Anhaltspunkte. Schließlich seien nach der Rechtsprechung die gesetzlichen Vorschriften zum Bürgerbegehren bürgerbegehrensfreundlich auszulegen. Dasselbe gelte für die Auslegung des Inhalts des Bürgerbegehrens und der aufgeworfenen Fragen.
25 
Mit Schriftsatz vom 22.01.2009, eingegangen am 23.01.2009, hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Der Kläger trägt vor, die Klage sei gemäß § 75 VwGO zulässig. Das Regierungspräsidium S. habe mitgeteilt, es sehe sich angesichts einer beim Landtag eingereichten Petition, deren Gegenstand unter anderem die Zurückweisung des Bürgerbegehrens sei, außer Stande, über den Widerspruch zu entscheiden, da eine Entscheidung des Regierungspräsidiums dem Landtag vorgreifen würde. Ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO für die Nichtbehandlung des erhobenen Widerspruchs liege damit nicht vor. Zur weiteren Begründung verweist der Kläger auf die Begründung seines Widerspruchs.
26 
Mit Bescheid vom 11.03.2009 wies das Regierungspräsidium S. den Widerspruch des Klägers zurück. Der Widerspruchsbescheid ist im Wesentlichen wie folgt begründet:
27 
Gegenstand des Bürgerbegehrens seien zwei kumulativ zur Abstimmung gestellte Hauptforderungen. Die Unzulässigkeit auch nur einer der beiden Teilfragen führe zur Gesamtunzulässigkeit des Bürgerbegehrens. Beide Forderungen stellten sich als unzulässig dar. Soweit das Bürgerbegehren auf die Ansiedlung der Firma B. im Gebiet Großer Forst und die hierauf gerichteten Grundstückskaufverträge abziele (Teilfrage 1), sei es unzulässig, weil diese Maßnahmen keine Angelegenheiten des Wirkungskreises der Beklagten seien. Die Ansiedlung von Betrieben sowie der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken gehörten gemäß § 2 Abs. 1 der Verbandssatzung zu den Aufgaben des Gemeindezweckverbandes. Auch sei der Ausschlusstatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO erfüllt. Mit dem Bürgerbegehren solle auch eine Bauleitplanung, die die Ansiedlung der Firma B. im Gebiet Großer Forst ermögliche, verhindert werden. Dies ergebe sich daraus, dass die in Rede stehende Fläche anfangs im Außenbereich gelegen habe und ohne eine entsprechende Bauleitplanung die Ansiedlung eines Logistikzentrums dort nicht möglich gewesen sei. Diese Beurteilung werde dadurch bestätigt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Fragestellung des Bürgerbegehrens „weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben“ sollten. Dass das Bürgerbegehren auf die Unterlassung weiterer Schritte in der Bauleitplanung abziele, ergebe sich auch aus seiner Begründung. Darin werde ohne Einschränkung auf die Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR für die Gemeinderatssitzung am 06.05.2008 Bezug genommen. Damit richte sich das Bürgerbegehren inhaltlich gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 06.05.2008, der auch den Auftrag an die Verwaltung zum zügigen Abschluss des Bebauungsplanverfahrens beinhalte. Das gesamte Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen seien von einem Bürgerentscheid ausgenommen. Nachdem am 22.07.2008 der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan „Großer Forst I“ erfolgt sei, liege zwischenzeitlich sogar ein in Kraft getretener Bebauungsplan vor. Der Gemeinderat sei trotz des eingeleiteten Bürgerbegehens nicht gehindert gewesen, den Bebauungsplan „Großer Forst I“ zu beschließen, denn nach der in Baden-Württemberg geltenden Rechtslage habe ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung. Unzutreffend sei die Auffassung, dass ein auf einen Planungsstopp gerichtetes Bürgerbegehren nicht unter den Tatbestand des gesetzlichen Negativkataloges falle. Die Forderung nach dem Unterbleiben weiterer Schritte für das in Rede stehende Projekt verfolge darüber hinaus ein gesetzwidriges Ziel. Nach der Verbandssatzung des Gewerbezweckverbandes sei die Beklagte verpflichtet, ihre Flächennutzungs- und Bebauungsplanung für das gemeinsame Gewerbegebiet in enger Abstimmung mit dem Gewerbezweckverband vorzunehmen. Außerdem bedürften alle wesentlichen Planungsschritte der vorherigen Entscheidung in der Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes. Die Einstellung des Bebauungsplanverfahrens würde den eindeutigen Regelungen in der Verbandssatzung widersprechen. Schließlich sei die Forderung nach dem Unterbleiben weiterer Schritte in Bezug auf das Bauleitplanverfahren überholt. Die Angelegenheit könnte insoweit nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinne entschieden werden. Die Begründung des Bürgerbegehrens sei ebenfalls zu beanstanden. Die Begründung eines Bürgerbegehrens diene dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Im vorliegenden Fall enthalte die Begründung jedoch gerade keine Argumente gegen die Ansiedlung des Logistikzentrums. Für die unterschriftsbereiten Bürger werde nicht deutlich, aus welchen Gründen sich das Bürgerbegehren gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 06.05.2008 richte. Auch die Forderung, den Oberbürgermeister und die Vertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung anzuweisen, alle weiteren Schritte für die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. zu unterlassen (Teilfrage 2), sei unzulässig. Die Forderung verstoße gegen die Verbandssatzung, weil sie den dort festgelegten Aufgaben widerspreche. Der Gewerbezweckverband habe die Aufgabe, das Gewerbe- und Dienstleistungsgebiet „Bachhalde/Großer Forst“ zu entwickeln. Dementsprechend zähle gemäß § 2 Abs. 1 der Verbandsatzung die Ansiedlung von Betrieben im Gebiet Großer Forst zu den Aufgaben des Gewerbezweckverbandes. Im Innenverhältnis zum Gewerbezweckverband sei die Beklagte als Verbandsmitglied verpflichtet, auf eine sachgerechte Durchführung der Verbandsaufgaben hinzuwirken, dem Verband die erforderlichen Hilfen zu gewähren und alle die Durchführung der Aufgaben gefährdenden Maßnahmen zu unterlassen. Diese solidarische Verpflichtung der Verbandsmitglieder gegenüber dem Zweckverband komme auch in der Präambel der Verbandssatzung zum Ausdruck. Eine Weisung an die Vertreter der Beklagten an die Verbandsversammlung, die auf die Verhinderung der Ansiedlung des geplanten Logistikzentrums abziele, sei nach alledem mit den Verbandsaufgaben nicht vereinbar. Es sei auch nicht ersichtlich, dass ein solches Entgegenwirken durch das Vorliegen eines sachlichen Grundes, der mit der Verbandssatzung vereinbar wäre, gerechtfertigt sei.
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Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 13.03.2009 zugestellt. Im Hinblick auf die Begründung des Widerspruchsbescheides trägt der Kläger zur Klagebegründung ergänzend Folgendes vor:
29 
Nach der Rechtsprechung dürften an die Begründung eines Bürgerbegehrens keine zu hohe Anforderungen gestellt werden. Es könne nicht zum Nachteil der Initiatoren gereichen, wenn sie - um eine möglichst objektive Schilderung der Lage bemüht - in der Begründung in sachlicher Art und Weise die Problematik zum Bürgerbegehren darlegten. Das Regierungspräsidium missachte nicht nur die verfassungsrechtlich verankerte Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden, sondern verkenne die Grundsätze der Demokratie. Das Demokratieprinzip gelte auch innerhalb eines Zweckverbandes. Das Recht der Bürger auf direkte demokratische Beteiligung könne nicht durch eine Zweckverbandssatzung ausgehebelt werden. Darüber hinaus sei ein Oberbürgermeister in seiner Eigenschaft als Vertreter der Gemeinde in erster Linie seinen Bürgern und nicht einer Zweckverbandssatzung verpflichtet. Zu Unrecht spalte das Regierungspräsidium die im Bürgerbegehren gestellte Frage in zwei Hauptforderungen auf. Das Bürgerbegehren beinhalte nur eine Hauptforderung; der zweite Halbsatz der Fragestellung konkretisiere nur die Art und Weise, wie das erstrebe Ziel erreicht werden könne. Die Frage der Teilbarkeit stelle sich daher nicht. Aber selbst wenn man von zwei Teilfragen ausgehen und eine davon als unzulässig ansehen würde, bliebe das Bürgerbegehen im Übrigen zulässig; „gemeinsamer Nenner“ beider Teilfragen sei die Verhinderung der B.-Ansiedlung.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. vom 11.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bürgerentscheid „Großer Forst“ mit folgendem Gegenstand:
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„Sind Sie dafür, dass die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie Grundstücksverträge und weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben und der Oberbürgermeister und die Vertreter der Stadt N. in der Verbandsversammlung „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“ entsprechend angewiesen werden?“
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zuzulassen.
34 
Die Beklagte beantragt,
35 
die Klage abzuweisen.
36 
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf die gutachterlichen Stellungnahmen ihres Prozessbevollmächtigten, die Inhalt ihres Bescheides vom 25.07.2008 geworden sind. Ergänzend verweist sie auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22.06.2009 (1 S 2865/08). Darin bestätige der Verwaltungsgerichtshof, dass sich die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auch dann an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen müsse, wenn es ungeachtet der Fragestellung der Sache nach auf eine typisch bauplanerische Entscheidung gerichtet sei. So liege es im vorliegenden Fall. Der Verwaltungsgerichtshof bestätige außerdem, dass bürgerentscheidsfähige Grundsatzentscheidungen nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich seien. Da der seit April 2000 rechtsgültige Flächennutzungsplan für das Gebiet Großer Forst eine gewerbliche Baufläche darstelle, stehe das Bürgerbegehren nicht im Einklang mit dessen Darstellungen und sei auch deshalb unzulässig.
37 
Gegen den Bebauungsplan „Großer Forst I“ ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein Normenkontrollverfahren anhängig (8 S 2801/08), über das noch nicht entschieden worden ist. Auf gerichtliche Anfrage hat der Beklagte mitgeteilt, dass über die bauplanungsrechtliche Entwicklung hinaus vom Gewerbezweckverband weitere Schritte für das Ansiedlungsprojekt eingeleitet worden seien. So habe der Gewerbezweckverband mit einigen Grundstückseigentümern notarielle Optionsverträge über den Ankauf ihrer Grundstücke abgeschlossen.
38 
Die Firma B. hat die Pläne für das umstrittene Logistikzentrum im Bereich Großer Forst im Frühjahr 2009 auf unbestimmte Zeit zurückgestellt, aber nicht vollständig aufgegeben. Eine Bauvoranfrage oder ein Baugenehmigungsantrag für das Logistikzentrum wurde bisher nicht eingereicht. Ein Ruhen des Verfahrens haben die Prozessbeteiligten abgelehnt.
39 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakten der Beklagten sowie des Regierungspräsidiums S. verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
41 
1. Die Klage ist am 23.01.2009 und damit nach Ablauf von drei Monaten (vgl. § 75 Abs. 1 S. 2 VwGO) seit der am 25.08.2008 erfolgten Einlegung des Widerspruchs in zulässiger Weise als Untätigkeitsklage erhobenen worden. Ob die eingereichte Petition ein zureichender Grund für die Untätigkeit des Regierungspräsidiums im Widerspruchsverfahren war, hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Klage, sondern nur auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Fristsetzung gemäß § 75 Abs. 1 S. 3 VwGO. Der Kläger hat den nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 mit Schriftsatz vom 18.03.2009 innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO in das Verfahren einbezogen.
42 
2. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren selbst am 30.04.2008 unterzeichnet. Er hat die Klage ordnungsgemäß in eigenem Namen erhoben und auch das Widerspruchsverfahren in eigenem Namen durchgeführt. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel.
43 
3. Es besteht auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Klageverfahrens. Die Firma B. hat ihre Ansiedlungspläne im Großen Forst zurückgestellt, aber nicht endgültig aufgegeben. Damit besteht nach wie vor die konkrete Möglichkeit, dass das Vorhaben verwirklicht wird.
II.
44 
Die Klage ist jedoch unbegründet.
45 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, den mit dem Bürgerbegehren erstrebten Bürgerentscheid zuzulassen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.07.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.03.2009 wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
46 
Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bürgerentscheids ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (im Folgenden: GemO) in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung zugrunde zu legen (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
47 
1. Die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens angesprochene Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie der Abschluss von Grundstücksverträgen und grundsätzlich auch die „weiteren Schritte“ für dieses Projekt können nicht unmittelbar zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden, da es sich insoweit nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Beklagten i.S.d. § 21 Abs. 3 S. 1 GemO handelt. Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten ist nur noch die für die Ansiedlung notwendige Bauleitplanung verblieben, die aber gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO nicht zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden kann.
48 
a) Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschreiben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten und Angelegenheiten, deren Entscheidung in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers fällt, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. So kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, VBlBW 2009, 432 ff.).
49 
b) Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Zweckverband „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“ (GZV), dessen satzungsmäßige Aufgabe die Entwicklung des Gewerbe- und Dienstleistungsgebietes „Bachhalde/Großer Forst“ auf der Gemarkung der Beklagten ist. Gemäß § 2 der Verbandssatzung erschließt der Zweckverband auf der Basis der von der Beklagten erstellten Bebauungspläne das Verbandsgebiet, erwirbt und veräußert dort Grundstücke, siedelt Betriebe an und errichtet und unterhält die dafür erforderlichen Einrichtungen.
50 
Der kommunale Zweckverband ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 3 S. 1 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit - GKZ -). Als kommunale Körperschaft verwaltet der Zweckverband gem. § 3 S. 2 GKZ seine Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung. Inhaltlich umfasst die Garantie der Selbstverwaltung des Zweckverbandes das Recht auf eigenverantwortliche Verwaltung der Verbandsangelegenheiten. Da der Zweckverband weder einen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis noch einen universellen Wirkungsbereich hat, bezieht sich die Selbstverwaltungsgarantie auf die aus dem Wirkungskreis der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben, und zwar in dem Umfang, wie sie diesen primären Aufgabenträgern zustanden (vgl. dazu Kunze/Hekking, Gesetz über kommunale Zusammenarbeit für Baden-Württemberg, § 3 Rn 1 ff.). Mit dem Zeitpunkt des Entstehens gehen diese Aufgaben in dem in der Verbandssatzung festgelegten Umfang kraft Gesetzes auf den Zweckverband über (§ 4 Abs. 1 GKZ). Das Recht und die Pflicht, auf diesem Aufgabengebiet tätig zu werden, steht dann allein dem Zweckverband zu; er allein trägt die gesamte Verantwortung gegenüber den Bürgern und dem Staat. Durch diese Verlagerung der Zuständigkeit erlischt die Kompetenz der bisherigen (primären) Aufgabenträger; insoweit wird ihr universeller Wirkungskreis beschnitten. Dieser Aufgabenübergang ist eines der tragenden Prinzipien des Zweckverbandsrechts (vgl. dazu Kunze/Hekking, a.a.O., § 4 Rn. 1 ff.).
51 
Da das Recht auf Durchführung eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO nur den Gemeindebürgern in Bezug auf die eigenen Angelegenheiten der Gemeinde eingeräumt ist und Aufgaben, die eine Gemeinde einem Zweckverband übertragen hat, nicht mehr Aufgaben der Gebietskörperschaften sind, können "Bürgerrechte" im Sinne eines Bürgerbegehrens gegen den Zweckverband nicht geltend gemacht werden. Dementsprechend kann eine einem Gemeindezweckverband übertragene Aufgabe nicht - unmittelbar - zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden (so bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1963 - IV 575/62 -, ESVGH 13, 10 ff.; ebenso VG München, Beschluss vom 05.06.2000 - M 7 E 00 .2246 -, Rn. 13, juris, zur Bay. GemO).
52 
2. Im vorliegenden Fall stellt das Bürgerbegehren nach seiner Fragestellung jedoch nicht unmittelbar die Erfüllung einer Verbandsaufgabe zur Abstimmung, sondern zielt darauf, durch Weisungen an die Verbandsvertreter der Beklagten Einfluss auf die Erledigung der Zweckverbandsaufgaben zu nehmen.
53 
a) Inhalt und Ziel des Bürgerbegehrens sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 133 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Bürgerbegehrens zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, zu ermitteln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.11.1983 - 1 S 1204/83 - und vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, jeweils juris). Im vorliegenden Fall sind in der Fragestellung des Bürgerbegehrens zwei Halbsätze miteinander verknüpft:
54 
- „Sind Sie dafür, dass die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie Grundstücksverträge und weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben …“ (1. Teil der Fragestellung) und
55 
- „ … der Oberbürgermeister und die Vertreter der Stadt N. in der Verbandsversammlung Gewerbezweckverband N. entsprechend angewiesen werden?“ ( 2. Teil der Fragestellung).
56 
Durch die inhaltliche Verknüpfung der beiden Halbsätze wird nach Ansicht der Kammer hinreichend deutlich, dass nicht zwei Forderungen kumulativ zur Abstimmung gestellt werden, sondern eine einheitliche Forderung erhoben und im ersten Teil der Fragestellung das Ziel des Bürgerbegehrens, im zweiten Teil der Fragestellung das Mittel zur Erreichung dieses Ziels konkretisiert wird.
57 
Das Bürgerbegehren ist daher nach seiner Fragestellung darauf gerichtet, die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst durch entsprechende Weisung (des Gemeinderats der Beklagten) bezüglich des Abstimmungsverhaltens der Verbandsvertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung zu verhindern.
58 
b) Gemäß § 13 Abs. 5 GKZ können die Verbandsmitglieder eines Gemeindezweckverbandes ihren Vertretern Weisungen erteilen. Dieses dem kommunalverfassungsrechtlichen System an sich fremde sog. „imperative Mandat“ erklärt sich aus dem Charakter der Verbandsversammlung als Trägerorgan mit mittelbar gewählten Vertretern (vgl. dazu Kunze/Hekker, a.a.O., § 13 Rn. 22). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 10.12.1997 - 4 B 97/89 u.a. -, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; ebenso wohl auch VG Bayreuth, Urteil vom 10.04.2003 - B 2 K 02.324 -, juris) sind daher - bei vergleichbarer Rechtslage - Bürgerbegehren zulässig, mit denen Weisungen an Verbandsräte der Gemeinden in Zweckverbänden erstrebt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof begründet seine Auffassung damit, dass der Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe und deshalb alles, was durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt werden könne, grundsätzlich auch Inhalt eines Bürgerentscheids sein könne (zur Möglichkeit mittelbarer Einflussnahme eines Bürgerentscheids vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.1980 - I 3895/78 -juris).
59 
3. Die Kammer kann die Frage, ob Weisungen an Vertreter kommunaler Zweckverbände „bürgerentscheidsfähig“ sind, im Ergebnis offen lassen. Da die Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerentscheids sich auch auf die Frage erstreckt, ob die erstrebte Maßnahme mit der Rechtsordnung in Einklang steht (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O.), müssten sich solche Weisungen im vorliegenden Fall jedenfalls innerhalb der rechtlichen Bindungen der Beklagten bewegen. Dies ist hier nach der Fragestellung und der Begründung des Bürgerbegehrens aber nicht gewährleistet.
60 
a) Das Gebiet Großer Forst ist im Regionalplan Region S. vom 01.03.1999, im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. vom 07.04.2000 und im am 25.07.2008 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ als gewerbliche Baufläche ausgewiesen. Damit steht die Nutzung des Großen Forsts als Gewerbestandort nicht mehr zur Disposition. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verbandsatzung gehört die Ansiedlung von Betrieben im Gebiet Großer Forst zu den zentralen Aufgaben des Gewerbezweckverbandes. Die Beklagte ist als Verbandsmitglied verpflichtet, „übergemeindlich und partnerschaftlich“ an der Durchführung der Verbandsaufgaben mitzuwirken (vgl. Präambel der Verbandssatzung). Nachdem der allein auf der Gemarkung der Beklagten gelegene Große Forst nach den überregionalen Planvorgaben auch für die übrigen Verbandsgemeinden Schwerpunkt für die Gewerbeansiedlung ist, hat die satzungsmäßige Verpflichtung zu solidarischem Verhalten für die Beklagte besondere Bedeutung. Nach dem Inhalt des Bürgerbegehrens, wie er in Fragestellung und Begründung zum Ausdruck kommt, ist nicht gewährleistet, dass dieser rechtliche Rahmen bei möglichen Weisungen an die Verbandsvertreter beachtet wird.
61 
Zwar bezieht sich der Wortlaut der Fragestellung das Bürgerbegehren nur auf die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firm B. Für die Ermittlung des Gegenstands eines Bürgerbegehrens ist aber weniger die Einkleidung der Fragestellung des Bürgerbegehrens als vielmehr dessen Zielrichtung maßgebend. Bei der Ermittlung dieser Zielrichtung kommt es in erster Linie darauf an, wie die Unterzeichner den Text verstehen müssen, da sichergestellt sein muss, dass die Bürger bei der Leistung der Unterschrift wissen, was Gegenstand des Bürgerbegehrens ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, a.a.O. ).
62 
In der (deswegen auch unzureichenden, s.u.) Begründung des Bürgerbegehrens werden keinerlei sachliche und mit den Aufgaben des Zweckverbandes in Einklang stehende Gründe genannt, die das erstrebte Abstimmungsverhalten der Verbandsvertreter rechtfertigen könnten. Vielmehr wird in der Begründung ganz allgemein darauf abgehoben, dass durch die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. eine „unwiderrufliche Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts der Stadt N.“ erfolge. Weiter heißt es: „Die Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung sind heftig umstritten und führen zu einer Spaltung der Bürgerschaft. Mit dem beantragten Entscheid soll der Wille der Bürger festgestellt werden“. Dadurch, dass in der Begründung zur Fragestellung nicht auf die konkreten Gegebenheiten der B.-Ansiedlung, sondern allgemein auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ und die „Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung“ Bezug genommen wird, kann bei den Unterzeichnern der - unzutreffende - Eindruck entstehen, „anlässlich“ der Ansiedlungsfrage grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung im Großen Forst abstimmen und den Verbandsvertretern diesbezügliche Weisungen erteilen zu können. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass dafür auch die in der Bürgerschaft seinerzeit geführte Debatte zu diesem Thema spricht, auf die die Begründung des Bürgerbegehrens ausdrücklich Bezug nimmt (vgl. z.B. die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Kundgebung der Schutzgemeinschaft Großer Forst vom 17.02.2008, in der die Umnutzung des Großen Forsts von landwirtschaftlicher Fläche in gewerbliche Nutzung und die Situation der durch den Verlust von Pachtflächen betroffenen Landwirte in das Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt wurde).
63 
b) Die erstrebten Weisungen stehen auch in Widerspruch zu der maßgeblichen Beschlusslage im Gewerbezweckverband.
64 
Die Verbandsversammlung hat mit Beschlüssen vom 03.12.2007 und 14.07.2008 mit den Stimmen der Beklagten der Ansiedlung der Firma B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. An diese Beschlusslage ist die Beklagte gebunden. Der Oberbürgermeister der Beklagten ist als Verbandsvorsitzender gemäß §§ 7 Abs. 3 der Verbandssatzung, 43 Abs. 1 GemO verpflichtet, die Beschlüsse der Verbandsversammlung zu vollziehen. Der Beklagten als Verbandsmitglied obliegt es aufgrund ihrer Verpflichtung zu übergemeindlicher und partnerschaftlicher Zusammenarbeit, Maßnahmen zu unterlassen, die die sachgerechte Durchführung der Verbandsaufgaben gefährden. Ein (Abstimmungs-)Verhalten, welches sich ohne Vorliegen von sachlichen Gründen und ohne erkennbare Veränderung der Sachlage in Widerspruch zum bisherigen Abstimmungsverhalten und zur gemeinsamen Beschlusslage der Verbandsversammlung setzt, ist mit diesen Verpflichtungen unvereinbar und dürfte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sogar als treuwidrig darstellen.
65 
c) Die erstrebte Weisung, dass „die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. unterbleiben“ solle, widerspricht im Ergebnis auch dem, was durch den vom Gemeinderat der Beklagten als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ vorgegeben ist. Richtig ist zwar, dass es sich hier nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan i.S.d. § 12 BauGB handelt. Der zum Zwecke der Ansiedlung der Firma B. aufgestellte Bebauungsplan erlaubt nach seinen Festsetzungen jedoch die Realisierung des Bauvorhabens, und die Firma B. hat auf entsprechenden Bauantrag einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung.
66 
4. Die mit dem Bürgerentscheid erstrebte Weisung an die Verbandsvertreter der Beklagten, „weitere Schritte für das Projekt“ zu unterlassen, ist darüber hinaus inhaltlich unbestimmt und nicht geeignet, unmissverständliche Vorgaben für das zukünftige Verhalten der Verbandsvertreter in der Verbandsversammlung zu machen. Zudem umfasst die Formulierung, wie sie von den Unterzeichnern verstanden werden konnte, auch die Bauleitplanung und verstößt damit gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO.
67 
a) Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO findet ein Bürgerentscheid nicht statt über Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften. Die Ausschlussregelung umfasst grundsätzlich alle wesentlichen Verfahrensschritte der Bauleitplanung. Die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens muss sich auch dann an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen, wenn es ungeachtet der Einkleidung der Fragestellung der Sache nach auf eine bauplanerische Entscheidung gerichtet ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - und vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 -, jeweils juris).
68 
Nach der Fragestellung des Bürgerbegehrens sollen die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. sowie Grundstücksverträge und „weitere Schritte“ für dieses Projekt unterbleiben. Neben dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen war die Schaffung der bauplanungsrechtlichen Grundlagen der entscheidende, weil unabdingbare Schritt zur Realisierung des Projekts. Welche „weiteren Schritte“ sonst gemeint sein könnten, ist nicht erkennbar und konnte vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung auch nicht konkretisiert werden. Nach dem damaligen Stand des Bebauungsplanverfahrens „Großer Forst I“ (der Aufstellungsbeschluss war gefasst und die frühzeitige Bürgerbeteiligung erfolgt, die öffentliche Auslegung, die Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der Satzungsbeschluss standen noch aus) lag es für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens deshalb nahe, unter „weiteren Schritten“ auch die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens zu verstehen.
69 
Dafür, dass das Bürgerbegehren „der Sache nach“ auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Großer Forst I“ umfasst hat, spricht ferner die ausdrückliche Bezugnahme auf die Gemeinderatssitzung vom 06.05.2008 und die maßgebliche Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR in der Begründung des Bürgerbegehrens. In dieser Sitzung hat der Gemeinderat der Beklagten auf der Grundlage der genannten Sitzungsvorlage
70 
- der Ansiedlung der Fa. B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt,
71 
- den Oberbürgermeister angewiesen, alle zur Ansiedlung der Fa. B. erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen und
72 
- die Verwaltung beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen.
73 
Nachdem die Aufstellung des Bebauungsplans unabdingbare Voraussetzung für die Gewerbeansiedlung war, folgt die Kammer nicht der Argumentation des Klägervertreters, der diesbezügliche Beschluss habe eine völlig untergeordnete Bedeutung.
74 
Für eine dem Bauplanungsrecht zuzuordnende Entscheidung über die Nutzung von Grundstücksflächen spricht schließlich die Begründung des Bürgerbegehrens auch insoweit, als darin allgemein von der „Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ die Rede ist.
75 
b) Ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO scheidet auch nicht deshalb aus, weil das Bürgerbegehren, soweit es die Bauleitplanung umfasst, nur auf einen „Planungsstopp“ gerichtet war. Ob die Forderung nach Einstellung der Bauleitplanung einem Bürgerbegehren zugänglich ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Selbst wenn man dies bejahen wollte, wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteil vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 - , a.a.O.) ab dem Aufstellungsbeschluss die 6-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. HS GemO zu beachten. Da im der Aufstellungsbeschluss bereits am 11.12.2007 gefasst wurde, war diese Frist bei Beantragung des Bürgerentscheids am 21.05.2008 längst abgelaufen. Darüber hinaus hat nach § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung die Beklagte die Bauleitplanung in enger Abstimmung mit dem Zweckverband vorzunehmen, und alle wesentlichen Planungsschritte bedürfen der vorherigen Entscheidung in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes. Ein „Planungsstopp“ hätte aber der Beschlusslage in der Verbandsversammlung widersprochen.
76 
c) Ob darüber hinaus das Bürgerbegehren auch deshalb unzulässig ist, weil es im Widerspruch zu der Darstellung des Großen Forsts im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. steht (vgl. Urteil des VGH vom 22.06.2000 - 1 S 2865/08 -, a.a.O.), bedarf nach alledem keiner Entscheidung.
77 
5. Das Bürgerbegehren genügt ferner nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 3 S. 4 GemO. Danach muss das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Der Wortlaut der Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und - soweit erforderlich - Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens, die von der Unterschrift der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt sein müssen. Eine Bezugnahme auf Ausführungen, die nicht auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sind, ist unzulässig (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; VG Sigmaringen, Urt. v. 20.01.2009 - 7 K 3298/08 -; VG Gießen, Urt. v. 26.09.2008 - 8 K 1365/08 -; jeweils juris). Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Begründung darf allerdings nicht in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend sein (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O., m.w.N.).
78 
Diesen Anforderungen genügt die Begründung im vorliegenden Fall nicht. Es fehlt an jeglicher Darlegung, aus welchen sachlichen Gründen die Ansiedlung der Fa. B. im Gebiet Großer Forst unterbleiben soll. Dies ist auch deshalb unverzichtbar, weil ohne inhaltliche Begründung nicht nachvollziehbar ist, ob sich die mit dem Bürgerbegehren erstrebten Weisungen an die Verbandsvertreter innerhalb des rechtlichen Rahmens u.a. der Verbandssatzung bewegen. Die Begründung ist darüber hinaus auch missverständlich, weil sie durch den allgemeinen Hinweis auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ den Eindruck erwecken kann, es könne grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung des Großen Forsts abgestimmt werden.
79 
6. Das Bürgerbegehren ist schließlich auch deshalb unzulässig sein, weil für die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Firma B. zu stimmen, zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Raum mehr ist.
80 
a) Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.). Der Gemeinderat ist auch nicht gehalten, mit der Beschlussfassung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens zuzuwarten, bis über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden ist, da ein Bürgerbegehren nach der GemO keine „aufschiebende Wirkung“ hat (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.; zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.04.2010 - 1 S 2810/09 -).
81 
b) Der Gemeinderat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 06.05.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt und den Oberbürgermeister zur Umsetzung der zur Ansiedlung erforderlichen Verfahrensschritten ermächtigt. Trotz der missverständlichen Formulierung in Ziffer 2 des Beschlusses vom 06.05.2008 war der Oberbürgermeister auch als Verbandsvertreter der Beklagten ermächtigt, in der Verbandsversammlung im Namen der Beklagten für die Ansiedlung des Logistikzentrums zu stimmen. Von dieser Ermächtigung hat der Oberbürgermeister als Vertreter der Beklagten Gebrauch gemacht. Die Verbandsversammlung hat dementsprechend mit den Stimmen der Beklagten in seiner Sitzung vom 14.07.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung käme damit die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Fa. B. zu stimmen, zu spät.
82 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
83 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
84 
Beschluss vom 30. Juni 2010
85 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
40 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
41 
1. Die Klage ist am 23.01.2009 und damit nach Ablauf von drei Monaten (vgl. § 75 Abs. 1 S. 2 VwGO) seit der am 25.08.2008 erfolgten Einlegung des Widerspruchs in zulässiger Weise als Untätigkeitsklage erhobenen worden. Ob die eingereichte Petition ein zureichender Grund für die Untätigkeit des Regierungspräsidiums im Widerspruchsverfahren war, hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Klage, sondern nur auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Fristsetzung gemäß § 75 Abs. 1 S. 3 VwGO. Der Kläger hat den nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 mit Schriftsatz vom 18.03.2009 innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO in das Verfahren einbezogen.
42 
2. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren selbst am 30.04.2008 unterzeichnet. Er hat die Klage ordnungsgemäß in eigenem Namen erhoben und auch das Widerspruchsverfahren in eigenem Namen durchgeführt. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel.
43 
3. Es besteht auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Klageverfahrens. Die Firma B. hat ihre Ansiedlungspläne im Großen Forst zurückgestellt, aber nicht endgültig aufgegeben. Damit besteht nach wie vor die konkrete Möglichkeit, dass das Vorhaben verwirklicht wird.
II.
44 
Die Klage ist jedoch unbegründet.
45 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, den mit dem Bürgerbegehren erstrebten Bürgerentscheid zuzulassen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.07.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.03.2009 wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
46 
Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bürgerentscheids ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (im Folgenden: GemO) in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung zugrunde zu legen (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
47 
1. Die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens angesprochene Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie der Abschluss von Grundstücksverträgen und grundsätzlich auch die „weiteren Schritte“ für dieses Projekt können nicht unmittelbar zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden, da es sich insoweit nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Beklagten i.S.d. § 21 Abs. 3 S. 1 GemO handelt. Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten ist nur noch die für die Ansiedlung notwendige Bauleitplanung verblieben, die aber gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO nicht zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden kann.
48 
a) Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschreiben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten und Angelegenheiten, deren Entscheidung in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers fällt, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. So kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, VBlBW 2009, 432 ff.).
49 
b) Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Zweckverband „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“ (GZV), dessen satzungsmäßige Aufgabe die Entwicklung des Gewerbe- und Dienstleistungsgebietes „Bachhalde/Großer Forst“ auf der Gemarkung der Beklagten ist. Gemäß § 2 der Verbandssatzung erschließt der Zweckverband auf der Basis der von der Beklagten erstellten Bebauungspläne das Verbandsgebiet, erwirbt und veräußert dort Grundstücke, siedelt Betriebe an und errichtet und unterhält die dafür erforderlichen Einrichtungen.
50 
Der kommunale Zweckverband ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 3 S. 1 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit - GKZ -). Als kommunale Körperschaft verwaltet der Zweckverband gem. § 3 S. 2 GKZ seine Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung. Inhaltlich umfasst die Garantie der Selbstverwaltung des Zweckverbandes das Recht auf eigenverantwortliche Verwaltung der Verbandsangelegenheiten. Da der Zweckverband weder einen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis noch einen universellen Wirkungsbereich hat, bezieht sich die Selbstverwaltungsgarantie auf die aus dem Wirkungskreis der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben, und zwar in dem Umfang, wie sie diesen primären Aufgabenträgern zustanden (vgl. dazu Kunze/Hekking, Gesetz über kommunale Zusammenarbeit für Baden-Württemberg, § 3 Rn 1 ff.). Mit dem Zeitpunkt des Entstehens gehen diese Aufgaben in dem in der Verbandssatzung festgelegten Umfang kraft Gesetzes auf den Zweckverband über (§ 4 Abs. 1 GKZ). Das Recht und die Pflicht, auf diesem Aufgabengebiet tätig zu werden, steht dann allein dem Zweckverband zu; er allein trägt die gesamte Verantwortung gegenüber den Bürgern und dem Staat. Durch diese Verlagerung der Zuständigkeit erlischt die Kompetenz der bisherigen (primären) Aufgabenträger; insoweit wird ihr universeller Wirkungskreis beschnitten. Dieser Aufgabenübergang ist eines der tragenden Prinzipien des Zweckverbandsrechts (vgl. dazu Kunze/Hekking, a.a.O., § 4 Rn. 1 ff.).
51 
Da das Recht auf Durchführung eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO nur den Gemeindebürgern in Bezug auf die eigenen Angelegenheiten der Gemeinde eingeräumt ist und Aufgaben, die eine Gemeinde einem Zweckverband übertragen hat, nicht mehr Aufgaben der Gebietskörperschaften sind, können "Bürgerrechte" im Sinne eines Bürgerbegehrens gegen den Zweckverband nicht geltend gemacht werden. Dementsprechend kann eine einem Gemeindezweckverband übertragene Aufgabe nicht - unmittelbar - zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden (so bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1963 - IV 575/62 -, ESVGH 13, 10 ff.; ebenso VG München, Beschluss vom 05.06.2000 - M 7 E 00 .2246 -, Rn. 13, juris, zur Bay. GemO).
52 
2. Im vorliegenden Fall stellt das Bürgerbegehren nach seiner Fragestellung jedoch nicht unmittelbar die Erfüllung einer Verbandsaufgabe zur Abstimmung, sondern zielt darauf, durch Weisungen an die Verbandsvertreter der Beklagten Einfluss auf die Erledigung der Zweckverbandsaufgaben zu nehmen.
53 
a) Inhalt und Ziel des Bürgerbegehrens sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 133 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Bürgerbegehrens zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, zu ermitteln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.11.1983 - 1 S 1204/83 - und vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, jeweils juris). Im vorliegenden Fall sind in der Fragestellung des Bürgerbegehrens zwei Halbsätze miteinander verknüpft:
54 
- „Sind Sie dafür, dass die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie Grundstücksverträge und weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben …“ (1. Teil der Fragestellung) und
55 
- „ … der Oberbürgermeister und die Vertreter der Stadt N. in der Verbandsversammlung Gewerbezweckverband N. entsprechend angewiesen werden?“ ( 2. Teil der Fragestellung).
56 
Durch die inhaltliche Verknüpfung der beiden Halbsätze wird nach Ansicht der Kammer hinreichend deutlich, dass nicht zwei Forderungen kumulativ zur Abstimmung gestellt werden, sondern eine einheitliche Forderung erhoben und im ersten Teil der Fragestellung das Ziel des Bürgerbegehrens, im zweiten Teil der Fragestellung das Mittel zur Erreichung dieses Ziels konkretisiert wird.
57 
Das Bürgerbegehren ist daher nach seiner Fragestellung darauf gerichtet, die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst durch entsprechende Weisung (des Gemeinderats der Beklagten) bezüglich des Abstimmungsverhaltens der Verbandsvertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung zu verhindern.
58 
b) Gemäß § 13 Abs. 5 GKZ können die Verbandsmitglieder eines Gemeindezweckverbandes ihren Vertretern Weisungen erteilen. Dieses dem kommunalverfassungsrechtlichen System an sich fremde sog. „imperative Mandat“ erklärt sich aus dem Charakter der Verbandsversammlung als Trägerorgan mit mittelbar gewählten Vertretern (vgl. dazu Kunze/Hekker, a.a.O., § 13 Rn. 22). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 10.12.1997 - 4 B 97/89 u.a. -, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; ebenso wohl auch VG Bayreuth, Urteil vom 10.04.2003 - B 2 K 02.324 -, juris) sind daher - bei vergleichbarer Rechtslage - Bürgerbegehren zulässig, mit denen Weisungen an Verbandsräte der Gemeinden in Zweckverbänden erstrebt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof begründet seine Auffassung damit, dass der Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe und deshalb alles, was durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt werden könne, grundsätzlich auch Inhalt eines Bürgerentscheids sein könne (zur Möglichkeit mittelbarer Einflussnahme eines Bürgerentscheids vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.1980 - I 3895/78 -juris).
59 
3. Die Kammer kann die Frage, ob Weisungen an Vertreter kommunaler Zweckverbände „bürgerentscheidsfähig“ sind, im Ergebnis offen lassen. Da die Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerentscheids sich auch auf die Frage erstreckt, ob die erstrebte Maßnahme mit der Rechtsordnung in Einklang steht (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O.), müssten sich solche Weisungen im vorliegenden Fall jedenfalls innerhalb der rechtlichen Bindungen der Beklagten bewegen. Dies ist hier nach der Fragestellung und der Begründung des Bürgerbegehrens aber nicht gewährleistet.
60 
a) Das Gebiet Großer Forst ist im Regionalplan Region S. vom 01.03.1999, im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. vom 07.04.2000 und im am 25.07.2008 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ als gewerbliche Baufläche ausgewiesen. Damit steht die Nutzung des Großen Forsts als Gewerbestandort nicht mehr zur Disposition. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verbandsatzung gehört die Ansiedlung von Betrieben im Gebiet Großer Forst zu den zentralen Aufgaben des Gewerbezweckverbandes. Die Beklagte ist als Verbandsmitglied verpflichtet, „übergemeindlich und partnerschaftlich“ an der Durchführung der Verbandsaufgaben mitzuwirken (vgl. Präambel der Verbandssatzung). Nachdem der allein auf der Gemarkung der Beklagten gelegene Große Forst nach den überregionalen Planvorgaben auch für die übrigen Verbandsgemeinden Schwerpunkt für die Gewerbeansiedlung ist, hat die satzungsmäßige Verpflichtung zu solidarischem Verhalten für die Beklagte besondere Bedeutung. Nach dem Inhalt des Bürgerbegehrens, wie er in Fragestellung und Begründung zum Ausdruck kommt, ist nicht gewährleistet, dass dieser rechtliche Rahmen bei möglichen Weisungen an die Verbandsvertreter beachtet wird.
61 
Zwar bezieht sich der Wortlaut der Fragestellung das Bürgerbegehren nur auf die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firm B. Für die Ermittlung des Gegenstands eines Bürgerbegehrens ist aber weniger die Einkleidung der Fragestellung des Bürgerbegehrens als vielmehr dessen Zielrichtung maßgebend. Bei der Ermittlung dieser Zielrichtung kommt es in erster Linie darauf an, wie die Unterzeichner den Text verstehen müssen, da sichergestellt sein muss, dass die Bürger bei der Leistung der Unterschrift wissen, was Gegenstand des Bürgerbegehrens ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, a.a.O. ).
62 
In der (deswegen auch unzureichenden, s.u.) Begründung des Bürgerbegehrens werden keinerlei sachliche und mit den Aufgaben des Zweckverbandes in Einklang stehende Gründe genannt, die das erstrebte Abstimmungsverhalten der Verbandsvertreter rechtfertigen könnten. Vielmehr wird in der Begründung ganz allgemein darauf abgehoben, dass durch die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. eine „unwiderrufliche Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts der Stadt N.“ erfolge. Weiter heißt es: „Die Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung sind heftig umstritten und führen zu einer Spaltung der Bürgerschaft. Mit dem beantragten Entscheid soll der Wille der Bürger festgestellt werden“. Dadurch, dass in der Begründung zur Fragestellung nicht auf die konkreten Gegebenheiten der B.-Ansiedlung, sondern allgemein auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ und die „Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung“ Bezug genommen wird, kann bei den Unterzeichnern der - unzutreffende - Eindruck entstehen, „anlässlich“ der Ansiedlungsfrage grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung im Großen Forst abstimmen und den Verbandsvertretern diesbezügliche Weisungen erteilen zu können. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass dafür auch die in der Bürgerschaft seinerzeit geführte Debatte zu diesem Thema spricht, auf die die Begründung des Bürgerbegehrens ausdrücklich Bezug nimmt (vgl. z.B. die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Kundgebung der Schutzgemeinschaft Großer Forst vom 17.02.2008, in der die Umnutzung des Großen Forsts von landwirtschaftlicher Fläche in gewerbliche Nutzung und die Situation der durch den Verlust von Pachtflächen betroffenen Landwirte in das Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt wurde).
63 
b) Die erstrebten Weisungen stehen auch in Widerspruch zu der maßgeblichen Beschlusslage im Gewerbezweckverband.
64 
Die Verbandsversammlung hat mit Beschlüssen vom 03.12.2007 und 14.07.2008 mit den Stimmen der Beklagten der Ansiedlung der Firma B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. An diese Beschlusslage ist die Beklagte gebunden. Der Oberbürgermeister der Beklagten ist als Verbandsvorsitzender gemäß §§ 7 Abs. 3 der Verbandssatzung, 43 Abs. 1 GemO verpflichtet, die Beschlüsse der Verbandsversammlung zu vollziehen. Der Beklagten als Verbandsmitglied obliegt es aufgrund ihrer Verpflichtung zu übergemeindlicher und partnerschaftlicher Zusammenarbeit, Maßnahmen zu unterlassen, die die sachgerechte Durchführung der Verbandsaufgaben gefährden. Ein (Abstimmungs-)Verhalten, welches sich ohne Vorliegen von sachlichen Gründen und ohne erkennbare Veränderung der Sachlage in Widerspruch zum bisherigen Abstimmungsverhalten und zur gemeinsamen Beschlusslage der Verbandsversammlung setzt, ist mit diesen Verpflichtungen unvereinbar und dürfte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sogar als treuwidrig darstellen.
65 
c) Die erstrebte Weisung, dass „die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. unterbleiben“ solle, widerspricht im Ergebnis auch dem, was durch den vom Gemeinderat der Beklagten als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ vorgegeben ist. Richtig ist zwar, dass es sich hier nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan i.S.d. § 12 BauGB handelt. Der zum Zwecke der Ansiedlung der Firma B. aufgestellte Bebauungsplan erlaubt nach seinen Festsetzungen jedoch die Realisierung des Bauvorhabens, und die Firma B. hat auf entsprechenden Bauantrag einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung.
66 
4. Die mit dem Bürgerentscheid erstrebte Weisung an die Verbandsvertreter der Beklagten, „weitere Schritte für das Projekt“ zu unterlassen, ist darüber hinaus inhaltlich unbestimmt und nicht geeignet, unmissverständliche Vorgaben für das zukünftige Verhalten der Verbandsvertreter in der Verbandsversammlung zu machen. Zudem umfasst die Formulierung, wie sie von den Unterzeichnern verstanden werden konnte, auch die Bauleitplanung und verstößt damit gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO.
67 
a) Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO findet ein Bürgerentscheid nicht statt über Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften. Die Ausschlussregelung umfasst grundsätzlich alle wesentlichen Verfahrensschritte der Bauleitplanung. Die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens muss sich auch dann an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen, wenn es ungeachtet der Einkleidung der Fragestellung der Sache nach auf eine bauplanerische Entscheidung gerichtet ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - und vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 -, jeweils juris).
68 
Nach der Fragestellung des Bürgerbegehrens sollen die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. sowie Grundstücksverträge und „weitere Schritte“ für dieses Projekt unterbleiben. Neben dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen war die Schaffung der bauplanungsrechtlichen Grundlagen der entscheidende, weil unabdingbare Schritt zur Realisierung des Projekts. Welche „weiteren Schritte“ sonst gemeint sein könnten, ist nicht erkennbar und konnte vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung auch nicht konkretisiert werden. Nach dem damaligen Stand des Bebauungsplanverfahrens „Großer Forst I“ (der Aufstellungsbeschluss war gefasst und die frühzeitige Bürgerbeteiligung erfolgt, die öffentliche Auslegung, die Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der Satzungsbeschluss standen noch aus) lag es für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens deshalb nahe, unter „weiteren Schritten“ auch die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens zu verstehen.
69 
Dafür, dass das Bürgerbegehren „der Sache nach“ auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Großer Forst I“ umfasst hat, spricht ferner die ausdrückliche Bezugnahme auf die Gemeinderatssitzung vom 06.05.2008 und die maßgebliche Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR in der Begründung des Bürgerbegehrens. In dieser Sitzung hat der Gemeinderat der Beklagten auf der Grundlage der genannten Sitzungsvorlage
70 
- der Ansiedlung der Fa. B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt,
71 
- den Oberbürgermeister angewiesen, alle zur Ansiedlung der Fa. B. erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen und
72 
- die Verwaltung beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen.
73 
Nachdem die Aufstellung des Bebauungsplans unabdingbare Voraussetzung für die Gewerbeansiedlung war, folgt die Kammer nicht der Argumentation des Klägervertreters, der diesbezügliche Beschluss habe eine völlig untergeordnete Bedeutung.
74 
Für eine dem Bauplanungsrecht zuzuordnende Entscheidung über die Nutzung von Grundstücksflächen spricht schließlich die Begründung des Bürgerbegehrens auch insoweit, als darin allgemein von der „Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ die Rede ist.
75 
b) Ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO scheidet auch nicht deshalb aus, weil das Bürgerbegehren, soweit es die Bauleitplanung umfasst, nur auf einen „Planungsstopp“ gerichtet war. Ob die Forderung nach Einstellung der Bauleitplanung einem Bürgerbegehren zugänglich ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Selbst wenn man dies bejahen wollte, wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteil vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 - , a.a.O.) ab dem Aufstellungsbeschluss die 6-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. HS GemO zu beachten. Da im der Aufstellungsbeschluss bereits am 11.12.2007 gefasst wurde, war diese Frist bei Beantragung des Bürgerentscheids am 21.05.2008 längst abgelaufen. Darüber hinaus hat nach § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung die Beklagte die Bauleitplanung in enger Abstimmung mit dem Zweckverband vorzunehmen, und alle wesentlichen Planungsschritte bedürfen der vorherigen Entscheidung in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes. Ein „Planungsstopp“ hätte aber der Beschlusslage in der Verbandsversammlung widersprochen.
76 
c) Ob darüber hinaus das Bürgerbegehren auch deshalb unzulässig ist, weil es im Widerspruch zu der Darstellung des Großen Forsts im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. steht (vgl. Urteil des VGH vom 22.06.2000 - 1 S 2865/08 -, a.a.O.), bedarf nach alledem keiner Entscheidung.
77 
5. Das Bürgerbegehren genügt ferner nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 3 S. 4 GemO. Danach muss das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Der Wortlaut der Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und - soweit erforderlich - Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens, die von der Unterschrift der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt sein müssen. Eine Bezugnahme auf Ausführungen, die nicht auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sind, ist unzulässig (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; VG Sigmaringen, Urt. v. 20.01.2009 - 7 K 3298/08 -; VG Gießen, Urt. v. 26.09.2008 - 8 K 1365/08 -; jeweils juris). Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Begründung darf allerdings nicht in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend sein (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O., m.w.N.).
78 
Diesen Anforderungen genügt die Begründung im vorliegenden Fall nicht. Es fehlt an jeglicher Darlegung, aus welchen sachlichen Gründen die Ansiedlung der Fa. B. im Gebiet Großer Forst unterbleiben soll. Dies ist auch deshalb unverzichtbar, weil ohne inhaltliche Begründung nicht nachvollziehbar ist, ob sich die mit dem Bürgerbegehren erstrebten Weisungen an die Verbandsvertreter innerhalb des rechtlichen Rahmens u.a. der Verbandssatzung bewegen. Die Begründung ist darüber hinaus auch missverständlich, weil sie durch den allgemeinen Hinweis auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ den Eindruck erwecken kann, es könne grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung des Großen Forsts abgestimmt werden.
79 
6. Das Bürgerbegehren ist schließlich auch deshalb unzulässig sein, weil für die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Firma B. zu stimmen, zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Raum mehr ist.
80 
a) Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.). Der Gemeinderat ist auch nicht gehalten, mit der Beschlussfassung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens zuzuwarten, bis über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden ist, da ein Bürgerbegehren nach der GemO keine „aufschiebende Wirkung“ hat (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.; zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.04.2010 - 1 S 2810/09 -).
81 
b) Der Gemeinderat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 06.05.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt und den Oberbürgermeister zur Umsetzung der zur Ansiedlung erforderlichen Verfahrensschritten ermächtigt. Trotz der missverständlichen Formulierung in Ziffer 2 des Beschlusses vom 06.05.2008 war der Oberbürgermeister auch als Verbandsvertreter der Beklagten ermächtigt, in der Verbandsversammlung im Namen der Beklagten für die Ansiedlung des Logistikzentrums zu stimmen. Von dieser Ermächtigung hat der Oberbürgermeister als Vertreter der Beklagten Gebrauch gemacht. Die Verbandsversammlung hat dementsprechend mit den Stimmen der Beklagten in seiner Sitzung vom 14.07.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung käme damit die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Fa. B. zu stimmen, zu spät.
82 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
83 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
84 
Beschluss vom 30. Juni 2010
85 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 30. Juni 2010 - 7 K 273/09 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Baugesetzbuch - BBauG | § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit


(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswir

Baugesetzbuch - BBauG | § 12 Vorhaben- und Erschließungsplan


(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahme

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 30. Juni 2010 - 7 K 273/09 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Sept. 2010 - 8 S 2801/08

bei uns veröffentlicht am 20.09.2010

Tenor Der Bebauungsplan „Großer Forst I“ der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2008 wird für unwirksam erklärt.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Die Antragsteller wenden sich g

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Apr. 2010 - 1 S 2810/09

bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2009 - 3 K 3443/09 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 17. Juli 2009 - 7 K 3229/08

bei uns veröffentlicht am 17.07.2009

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Juni 2009 - 1 S 2865/08

bei uns veröffentlicht am 22.06.2009

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revis

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. März 2009 - 1 S 419/09

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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 2009 - 4 K 105/09 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschl

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Jan. 2009 - 7 K 3298/08

bei uns veröffentlicht am 20.01.2009

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ein Bürgerbegehren zuzulassen, das den Bau einer Eisenb

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(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Bürgerbegehrens über die Bebauung eines Sportplatzgeländes.
Nordöstlich des Ortszentrums der Beklagten liegt in Westhanglage der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Östliche Ortserweiterung (Im alten Berg)" aus dem Jahr 1964. Ursprünglich war im Plan im Bereich eines dort bereits bestehenden Sportplatzes eine ca. 1,5 ha große Vorbehaltsfläche für den Sportplatz ausgewiesen, die im Westen, Norden und Osten von Wohngebieten (WR und WA) umgeben war. Neben weiteren Änderungen wurden Teile dieser Fläche in den folgenden Jahren in das östlich angrenzende Wohngebiet einbezogen. 1993 wurde im Interesse einer planungsrechtlichen Absicherung der sportlichen Nutzung in der Mitte des Baugebiets auf einer Fläche von ca. 1,1 ha der vorhandene und im Eigentum der Beklagten stehende Rasenplatz und im südöstlichen Bereich - auf Grundstücken, die im Eigentum der Sportgemeinde 1887 Nußloch e.V. (SGN) stehen - ein ebenfalls schon bestehendes Kleinspielfeld, jeweils nebst fester Nutzungszeiten, festgesetzt. Die Handballabteilung der SGN hatte den Spielbetrieb auf dem Kleinspielfeld bereits in den 80er Jahren wegen Nachbarschaftsbeschwerden eingestellt; Bemühungen, den Spielbetrieb nach der Bebauungsplanänderung und einer Umgestaltung des Spielfeldes wieder aufzunehmen, waren nicht von Dauer. Das Sportplatzgelände wurde in der Folgezeit hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen als Bolzplatz sowie von örtlichen Vereinen ab und zu als Festplatz genutzt. Ab 1999 war die SGN bestrebt, ihre Grundstücke zu veräußern und im Gegenzug an anderer Stelle Trainingsmöglichkeiten zu erhalten. Vor diesem Hintergrund stellte die Beklagte Überlegungen an, dort einen Kindergarten zu errichten. Am 29.03.2000 fasste der Gemeinderat der Beklagten einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, wonach im südöstlichen Bereich (Kleinspielfeld und benachbartes Vereinsheim) eine „Gemeinbedarfsfläche Kindergarten“ ausgewiesen werden solle. Weitere Verfahrensschritte blieben aus. Im Oktober 2003 regte die SGN mit Blick auf die anstehende Fortschreibung des Flächennutzungsplans, der den Sportplatzbereich als Grünzone (Sportflächen) auswies, an, das Gelände der Wohnbebauung zuzuführen; sie werde dann ihre Grundstücke der Beklagten übergeben, wenn diese im Gegenzug eine neue Sporthalle errichte.
Am 17.03.2004 beschloss der Gemeinderat der Beklagten im Rahmen der Empfehlung zur Flächenanmeldung bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015/2020, dass das Areal des Sportplatzes nicht zuletzt aus fiskalischen Gründen als Baugebiet ausgewiesen werden solle, was sodann beim gem. § 205 Abs. 6 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr.1, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 2 NVerbG zuständigen Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg beantragt wurde. Der Nachbarschaftsverband beschloss die entsprechende Darstellung im neuen Flächennutzungsplan 2015/2020 mit der Maßgabe, dass die neue Wohnbaufläche im ersten Zeitabschnitt bis 2015 einer Bebauung zugeführt werden könne. Der Flächennutzungsplan wurde am 15.07.2006 wirksam.
Die Kläger, deren Wohngrundstücke in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes liegen, gründeten zusammen mit anderen Anwohnern und Anliegern am 01.03.2007 den Verein „Rettet den Alten Berg“ e.V., der ein Bürgerbegehren initiierte. Am 24.05.2007 beantragten sie als Unterzeichner und Vertrauensleute bei der Beklagten ein Bürgerbegehren zur Frage „Soll die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung des Sportplatzes 'Alter Berg' unterbleiben?“. Zur Begründung war angegeben: „Das Freizeitgelände Sportplatz Alter Berg soll allen Nußlocher Bürgerinnen und Bürgern für Sport, Spiel und Freizeit erhalten bleiben.“ Das Bürgerbegehren wurde von 1431 Personen unterstützt, von denen die Beklagte 1344 als wahlberechtigt wertete. Am 20.06.2007 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass das beantragte Bürgerbegehren unzulässig sei und ein Bürgerentscheid nicht durchgeführt werde. Mit Bescheid vom 27.06.2007 wurde dies den Klägern mitgeteilt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass das Bürgerbegehren sich gegen den Flächennutzungsplan richte, was nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO ausgeschlossen sei.
Am 04.07.2007 erhoben die Kläger Widerspruch. Sie machten geltend, dass das Bürgerbegehren nicht auf eine Änderung des Flächennutzungsplans oder einen Bebauungsplan gerichtet sei. Vielmehr sollten künftige Planungs- und Umsetzungsschritte für eine Bebauung des Geländes unterbleiben. Ein solcher punktueller Planungsstopp durch die Verneinung der Frage nach dem „Ob“ eines Bebauungsplans, der als ein Moratorium den Status Quo vorübergehend erhalte, erfordere keine Abwägung in einem förmlichen Planverfahren. Es werde die Offenheit für die Zukunft gewahrt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2007 wies das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Widerspruch zurück. Es führte aus, dass ein durchführbarer Vorschlag zur Deckung der zu erwartenden Verfahrenskosten für eine neuerliche Änderung des Flächennutzungsplans fehle. Das Begehren befasse sich darüber hinaus mit einer Angelegenheit, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO vom Bürgerentscheid ausgenommen sei. Dies gelte dann, wenn es auf die Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet sei. Es sei aber auch dann unzulässig, wenn es lediglich darauf abziele, die Überplanung des Bereichs durch einen Bebauungsplan in Zukunft zu unterlassen. Ein bloßer Planungsstopp oder –verzicht sei hier nicht gegeben. Denn das Planungsverfahren habe bereits mit der Einleitung des Verfahrens zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnen. Der Flächennutzungsplan und der ihn konkretisierende Bebauungsplan enthielten einen einheitlichen Abwägungsvorgang, der nicht künstlich getrennt werden könne. Es gehe nicht um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens, da die Forderung nach dem Erhalt des Sport- und Freizeitgeländes im Widerspruch zu den rechtskräftigen Festsetzungen des Flächennutzungsplans stehe.
Am 08.01.2008 haben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Das Bürgerbegehren sei darauf gerichtet, einstweilen die Umsetzung des Flächennutzungsplans mittels verbindlicher Bauleitpläne zu verhindern. Es handele sich um einen typischen Grundsatzbeschluss im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens. Des Weiteren wendeten sie sich gegen die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung.
Mit Urteil vom 30.05.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Bürgerbegehren richte sich gegen die vorgesehene Bebauung, die die Änderung des geltenden Bebauungsplans voraussetze. Eine solche Änderungsentscheidung wie auch die verbindliche Entscheidung, eine Änderung zu unterlassen, betreffe unmittelbar die in der Zuständigkeit der Beklagten liegende verbindliche Bauleitplanung. Darüber finde ein Bürgerentscheid nicht statt, so dass ein darauf gerichtetes Bürgerbegehren unzulässig sei. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO verbiete nicht nur, dass die Bürgerschaft einen Bauleitplan als Satzung beschließe. Die Vorschrift habe vielmehr auch materiell-rechtlichen Charakter. Der Gesetzgeber sei bei der Änderung des § 21 GemO im Jahr 2005 zu der Auffassung gelangt, die Bauleitplanung sei wegen der in diesem Bereich erforderlichen vielschichtigen Abwägungsprozesse keine Angelegenheit, die die Bürgerschaft entscheiden könne. Dies gelte grundsätzlich für das ‚Ob’ und das ‚Wie’, denn beide Fragestellungen seien abwägungsrelevant und in die geforderte städtebauliche Konzeption einzubeziehen. Die Grundsatzentscheidung der Beklagten vom 17.03.2004, das Sportplatzgelände am „Alten Berg“ bis 2015 bebaubar zu machen und den Flächennutzungsplan zu ändern, sei nur durch eine Änderung des Flächennutzungsplans zu korrigieren. Denn das Verfahren sei rechtsbeständig abgeschlossen. Eine solche Änderung sei schon deshalb nicht bürgerentscheidsfähig, weil es keine Angelegenheit des Wirkungskreises der Beklagten sei, für die der Gemeinderat zuständig sei. Zuständig für die Änderung des Flächennutzungsplans sei der Nachbarschaftsverband. Die Kläger wollten jedoch keine Änderung des Flächennutzungsplans, sondern den Verzicht auf eine Bebauungsplanänderung zur Umsetzung der einschlägigen Festsetzung des Flächennutzungsplans. Eine Änderung des Bebauungsplans oder der bewusste Verzicht darauf sei eine Angelegenheit, für die der Gemeinderat der Beklagten zuständig sei. Diese rechtfertige aber kein Bürgerbegehren. Denn zumindest jetzt sei ein Verzicht auf die vorgesehene Planänderung keine weichenstellende Grundsatzentscheidung im Vorfeld der Bauleitplanung mehr. Der „Alte Berg“ sei nämlich ein seit 1964 überplantes Baugebiet. Die Frage des Wo und Wie des Sportplatzes sei bei den nachfolgenden Änderungen Gegenstand vielschichtiger Abwägungsprozesse gewesen. Seit 2006 habe die Beklagte mit der von ihr erreichten Änderung des Flächennutzungsplans jede planerische Priorität des bereits reduzierten Sportplatzgeländes rechtsbeständig verneint. Sie sei jetzt nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verpflichtet, weitere planerische Festsetzungen dieses Geländes aus dem geänderten Flächennutzungsplan zu entwickeln. Dies sei nur noch in Richtung auf Wohnbebauung möglich. Die Entscheidung, ob städtebauliche Gründe es erforderten, das Baugebiet „Alter Berg“ weiterzuentwickeln und den Bebauungsplan entsprechend zu ändern, sei von umfangreichen Überlegungen und Abwägungen abhängig, die das planerische Ermessen bestimmten, und könne nicht mit einer einfachen Fragestellung der Entscheidung der Bürgerschaft unterstellt werden. Die Vorabentscheidung über die Beibehaltung des Sportplatzes sei mit dem Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans verbunden worden und habe sich mit ihm erledigt. Die Umsetzung dieser Entscheidung, d.h. die Schließung des Platzes, sei eine zwingende Folge der anstehenden Änderung des Bebauungsplanes und als solche keiner gesonderten Entscheidung mehr zugänglich. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob das ehemals als Sportplatz ausgewiesene Gelände überhaupt noch als öffentliche Einrichtung im Sinne von § 10 Abs. 2 GemO anzusehen sei.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 27.10.2008 - 1 S 1766/08 - zugelassenen Berufung tragen die Kläger vor: Der Begriff des Bauleitplans i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei nicht zuletzt im Interesse direktdemokratischer Entscheidungsrechte eng auszulegen. Während der Be- griff Bauleitplanung den ganzen Planungsprozess umfasse, bezeichne das Wort Bauleitplan nur dessen auf einer abschließenden Abwägung beruhendes Ergebnis. Sinn der Regelung sei, die erforderlichen Abwägungen dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorzubehalten und nicht auf eine Ja-Nein-Fragestellung eines Bürgerentscheids zu reduzieren. Die komplexe Abwägung aller nach § 1 Abs. 6 BauGB relevanten Aspekte erfolge erst, wenn alle Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und alle Einwendungen vorlägen. Sie könne zwar nicht unter Umgehung des Gemeinderats durch einen Bürgerentscheid vorgenommen werden. Das gelte aber weder für einen Planungsstopp, auf den das Bürgerbegehren für den Bereich des Kleinspielfeldes und des Gebäudes abziele, noch für einen Planungsverzicht bezüglich des Sportplatzes. Das Bürgerbegehren strebe außerhalb eines laufenden Planverfahrens lediglich an, dass das Freizeitgelände „Alter Berg“ erhalten bleibe und die 2004 bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans ins Auge gefasste Bebauung nicht weiter verfolgt werde. Das Bürgerbegehren berühre zwar Fragen der Bauleitplanung, habe aber keinen Bauleitplan zum Inhalt. Es betreffe damit ausschließlich Fragen des „Ob“ weiterer Planung, die in jedem Fall bürgerentscheidsfähig seien. Im Unterschied zum positiven Beschluss über einen Bebauungsplan bewirke ein negativer Beschluss angesichts der zeitlich begrenzten Bindungswirkung eines Bürgerentscheids nicht mehr als ein Moratorium. Komplexe Abwägungen seien hier nicht gefordert. Es widerspreche dem Gesetz, den Bürgerentscheid auf „Grundsatzentscheidungen im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Vorhabens“ zu beschränken und alle in bauplanungsrechtlichen Verfahren möglichen Weichenstellungen davon auszunehmen. Es gehe jedenfalls aber um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld. Dieses ende nicht bereits mit dem Beschluss des Flächennutzungsplans bzw. dem entsprechenden Antrag des Gemeinderats. Der Flächennutzungsplan stecke vielmehr lediglich den Rahmen für künftige Bebauungspläne ab und eröffne breiten Raum für Grundsatzentscheidungen. Eine Planungspflicht folge aus dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht. Schließlich wende sich das Bürgerbegehren vorbeugend gegen die Aufhebung des Sportplatzes als einer öffentlichen Einrichtung. Eine solche Fragestellung sei bis zur Reform des § 21 GemO bürgerentscheidsfähig gewesen und sei auch jetzt nicht ausgeschlossen. Die Frage der Aufhebung habe sich durch den Antrag zum Flächennutzungsplan nicht erledigt.
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Die Kläger beantragen,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2007 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 17.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Rettet den 'Alten Berg'“ für zulässig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen aus: Den Klägern gehe es um die Verhinderung von Bauleitplänen, also um die Entscheidung „über Bauleitpläne“. Der Wortlaut von § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei eindeutig und umfasse auch den gesamten Planungsprozess. Ein Planungsstopp oder -verzicht sei über einen Bürgerentscheid nicht zu erreichen. Die Bürger könnten alle Argumente gegenüber der Gemeinde im Rahmen der Beteiligungsrechte nach dem BauGB vortragen, sodass diese in eine Abwägungsentscheidung des Gemeinderats einbezogen werden könnten; hiergegen sei gerichtlicher Rechtsschutz gegeben. Komplexe Fragen im Rahmen von Bebauungsplanverfahren gebe es auch bereits im Vorfeld, hier im Hinblick auf die mit einer Bebauung verbundenen gemeindewirtschaftlichen Aspekte. Die Bürger hätten im Hinblick auf den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans vom 29.03.2000 innerhalb der 6-Wochen-Frist reagieren müssen. Die Einwände in Bezug auf die öffentliche Einrichtung seien unzutreffend. Die Kläger hätten nicht beantragt, eine öffentliche Einrichtung aufrechtzuerhalten, sondern eine Bebauung zu unterlassen. Schließlich fehle ein Kostendeckungsvorschlag, denn der Beklagten entgingen beträchtliche Einnahmen, wenn das Gelände nicht bebaut werde.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
17 
1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
20 
c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
32 
(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
33 
Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
17 
1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
20 
c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
32 
(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
33 
Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Bebauungsplan „Großer Forst I“ der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2008 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „Großer Forst I“ der Antragsgegnerin vom 22.07.2008.
Das überplante Gebiet liegt südlich der Innenstadt der Antragsgegnerin und westlich der ... ... (B 313). Es umfasst etwa 15,3 ha, die bislang landwirtschaftlich genutzt werden oder aus Feldwegen bestehen. Der Bebauungsplan setzt als Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) fest. Allgemein zulässig sind Gewerbebetriebe aller Art (außer Einzelhandel), Lagerhäuser, Lagerplätze, öffentliche Betriebe, Geschäfts-, Büro-, Verwaltungsgebäude sowie „untergeordneter Einzelhandel, der im direkten Zusammenhang mit den im Gebiet entwickelten, produzierten oder weiter verarbeiteten Produkten des Betriebs steht und nicht zentrenrelevant ist“. Unzulässig sind Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 und Abs. 3 BauNVO. Der Bebauungsplan enthält ferner Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung; u. a. ist als Mindestgröße für Gewerbegrundstücke 2000 qm vorgesehen.
Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin eines Grundstücks (Flst.Nr. ...) im Plangebiet. Die Antragsteller zu 2 bis 4 sind Pächter von Grundstücken im Plangebiet, für die nach ihren Angaben langfristige, zum Teil bis zum Jahr 2013 laufende Pachtverträge abgeschlossen wurden.
Dem Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss des Gemeinderats der Antragsgegnerin beschloss am 11.12.2007 die Aufstellung des Bebauungsplans mit örtlichen Bauvorschriften. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 08.01.2008 ortsüblich bekanntgemacht. Die Behörden wurden vom 18.12.2007 bis zum 01.02.2008, die Öffentlichkeit vom 14.01.2008 bis zum 11.02.2008 frühzeitig beteiligt. Die Antragsteller zu 2 bis 4 erhoben gegen die vorgesehene Planung Einwendungen (Schreiben vom 06. und 08.02.2008).
Das Ingenieurbüro W. aus N. erarbeitete im Auftrag der Antragsgegnerin ein Entwässerungskonzept für das Plangebiet und legte einen zeichnerischen Teil dieses Konzepts in Gestalt eines Übersichtsplans vor, der das Datum „31.03.2008“ sowie eine rote handschriftliche Aufschrift „Auslegung“ trägt, und einen am 21.03.2008 erstellten und im Mai 2008 geänderten textlichen Teil mit dem Datumsstempel 21.05.2008.
In seiner Sitzung vom 06.05.2008 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen „Grundsatzbeschluss“, in dem er der Ansiedlung der Firma H. B. AG im Gewerbegebiet „Großer Forst I“ zustimmt und den Oberbürgermeister in seiner Funktion als Verbandsvorsitzender des Gewerbezweckverbandes Wirtschaftsraum Nürtingen anweist, „alle zur Ansiedlung der H. B. AG erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen auf der Grundlage von der Verbandsversammlung des Gewerbezweckverbandes festzulegenden Grundsätzen, die sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans befinden“; die Verwaltung wurde beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen.
Ebenfalls am 06.05.2008 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluss, den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans zu erweitern, über die eingegangenen Anregungen und Stellungnahmen im Sinne der Abwägung vom 04.04.2008 zu entscheiden, den Inhalten des Bebauungsplanentwurfs zuzustimmen und die Verwaltung zu beauftragen, die öffentliche Auslegung durchzuführen.
Der Bebauungsplanentwurf wurde vom 26.05. bis zum 25.06.2008 öffentlich ausgelegt. In der hierauf bezogenen ortsüblichen Bekanntmachung in der Nürtinger Zeitung hieß es:
10 
„Der Bebauungsplanentwurf mit den örtlichen Bauvorschriften und der Begründung liegt vom 26.05.2008 für die Dauer eines Monats (bis einschließlich 25.06.2008) im Technischen Rathaus in Nürtingen, Kirchheimer Straße 60, Schaukasten im EG, während der Dienststunden öffentlich aus... Die für den Bebauungsplan erstellten Gutachten sowie die umweltbezogenen Stellungnahmen sind beim Planungsamt (Ansprechperson Hr. R./1. OG/Anmeldung: Zi. …/Tel...) einsehbar. Bis zum 25.06.2008 besteht die Möglichkeit, sich zur Planung gegenüber der Stadt Nürtingen/Planungsamt, Kirchheimer Straße 60, 72622 Nürtingen, schriftlich zu äußern. Nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen können bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben. Ein Antrag nach § 47 VwGO gegen diesen Bebauungsplan ist unzulässig, sofern dies mit Einwendungen geschieht, die im Rahmen der Auslegung fristgerecht hätten geltend gemacht werden können.“
11 
Die Antragsteller zu 2 bis 4 erhoben umfangreiche Einwendungen gegen den Planentwurf. Darin machten sie das Fehlen einer städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung sowie drohende Abwägungsfehler geltend; zahlreiche Belange - etwa der Landwirtschaft - würden nicht hinreichend berücksichtigt. Mehrere Äußerungen anderer Bürger befassten sich mit der Frage, ob ein ausreichendes Entwässerungskonzept vorliege.
12 
Im Rahmen der Behördenbeteiligung äußerte sich u. a. das Regierungspräsidium Stuttgart - Straßenwesen und Verkehr -. In dessen Schreiben vom 30.01.2008 heißt es, die B 313 sei mit dem betroffenen Bereich nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten und es bestünden keine Ausbauabsichten. Der Anschluss des Plangebiets mit einem Kreisverkehrsplatz werde von der Straßenbauverwaltung kritisch gesehen, zumal von Großbettingen kommend schon kurz vorher mehrere Abfahrten bestünden. Der Anschluss an die B 313 sei mit der Straßenbauverwaltung des Landes abzustimmen.
13 
Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin befasste sich am 03.06.2008 nochmals mit dem Planentwurf, unter anderem in Hinblick auf die Entwässerung des Plangebiets. In der Sitzung wurden die anwesenden Gemeinderäte darüber informiert, dass die Entwässerungsplanung noch nicht abgeschlossen sei.
14 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan am 22.07.2008 als Satzung. Der Bebauungsplan wurde am 23.07.2008 vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und seine Beschlussfassung am 25.07.2008 ortsüblich bekannt gemacht. In der Beschlussvorlage der Verwaltung wird zu den eingegangenen Einwendungen Stellung genommen. Zu der Äußerung des Regierungspräsidiums Stuttgart - Straßenwesen und Verkehr - heißt es, dass ein Anschluss an die B 313 mittels eines Kreisverkehrsplatzes favorisiert werde; die weitere Planung des Kreisverkehrs erfolge in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart. Zu den Einwendungen der Antragsteller zu 2 bis 4 werden umfangreiche Ausführungen gemacht (vgl. S. 33 bis 55 der Vorlage).
15 
Die Antragsteller haben am 18.09.2008 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Normenkontrollanträge gestellt, die vom Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 13.10.2008 an den Verwaltungsgerichtshof verwiesen worden sind. Zur Begründung führen sie aus, ihre Anträge seien zulässig. Das gelte auch für den Antrag der Antragstellerin zu 1, obwohl diese im Bebauungsplanaufstellungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben habe. Der von der Antragsgegnerin erteilte Hinweis sei nahezu unverständlich. Nach dem Lesen des Textes wisse der juristisch nicht ausgebildete Betroffene weder, was ein Antrag nach § 47 VwGO sein könne, noch was mit „Einwendungen“ gemeint sei. Aus dem Hinweis ergebe sich auch nicht, dass eine Präklusion solcher Einwendungen erfolge, die nicht erhoben worden seien. Die Präklusionswirkung des § 47 Abs. 2 a VwGO sei damit nicht eingetreten. Die Anträge der Antragsteller zu 2 bis 4 seien zulässig, weil die Möglichkeit einer Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten bestehe.
16 
Die Anträge seien auch begründet. Der Bebauungsplan sei formell rechtswidrig. Die öffentlich ausgelegten Planunterlagen seien unvollständig gewesen, da die Entwässerungsplanung als wesentlicher Bestandteil des Entwurfs nicht ausgelegt worden sei. Die Entwässerungsplanung stelle hier angesichts des Volumens des abzuleitenden Niederschlagswassers von etwa 120 Millionen Liter einen wesentlichen Bestandteil der Planung dar. Die Nachreichung eines bloßen Entwässerungskonzepts, wie sie hier erfolgt sei, reiche nicht aus. Selbst wenn das Entwässerungskonzept nicht zur Auslegung habe nachgereicht werden müssen, so liege in dessen nachträglicher Erstellung und späterer Konkretisierung eine Änderung des Bauleitplans nach § 4 a Abs. 3 BauGB, die eine erneute Auslegung erforderlich gemacht hätte. Ferner fehle es an der öffentlichen Auslegung der wesentlichen umweltbezogenen Stellungnahmen. Diese seien ausweislich der ortsüblichen Bekanntmachung nur beim Planungsamt einsehbar gewesen. Eine solche Einsichtsmöglichkeit stelle keine ordnungsgemäße öffentliche Auslegung dar. Weiter fehle es an einer ordnungsgemäßen Mitteilung des Abwägungsergebnisses nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB. Der Antragsgegnerin habe es an der Planungsbefugnis hinsichtlich der Änderung der Bundestraße gefehlt. Da der geplante Kreisverkehr Teil der Bundesstraße 313 sei, müsse sich die Gemeinde darüber im Klaren sein und in der Planung zum Ausdruck bringen, zu welcher Straßengruppe die geplante Straße gehören solle. Hier fehle es an der nach § 17 b Abs. 2 FStrG erforderlichen Abstimmung mit dem Träger der Straßenbaulast, da die Bedenken der Straßenbauverwaltung gegen die Anlage eines weiteren Kreisverkehrs zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht ausgeräumt gewesen seien.
17 
Der Bebauungsplan sei aber auch materiell rechtswidrig. Die Planung sei nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Es handle sich um eine rein privatnützige Angebotsplanung zu Gunsten einer Ansiedlungshoffnung der Firma H. B. AG. Der Satzungsinhalt sei teilweise unbestimmt. Dies gelte, soweit als allgemein zulässige Nutzungsart „untergeordneter Einzelhandel, der im direkten Zusammenhang mit den im Gebiet entwickelten, produzierten oder weiterverarbeiteten Produkten des Betriebs steht und nicht zentrenrelevant ist“, festgesetzt sei. Der Begriff des untergeordneten Einzelhandels sei der Baunutzungsverordnung nicht bekannt und werde auch aus der Begründung des Plans nicht deutlich. Der Bebauungsplan leide zudem unter Abwägungsfehlern. So sei der Gemeinderat der Antragsgegnerin durch die Beschlüsse des Gewerbezweckverbandes Wirtschaftsraum Nürtingen vom 03.12.2007, 25.02.2008 und 14.07.2008 inhaltlich gebunden gewesen. Aus den Verfahrensakten ergebe sich, dass bei mehreren Sitzungen der Verbandsversammlung Druck auf die Antragsgegnerin aufgebaut worden sei, die Ansiedlung der H. B. AG zu ermöglichen. Beim Satzungsbeschluss habe kein eigener Abwägungsspielraum der Antragsgegnerin mehr bestanden. Eine entsprechende fehlerhafte Vorwegbindung der Abwägung folge aus dem Gemeinderatsbeschluss vom 06.05.2008. Ferner sei eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Abs. 1 Satz 1 UVPG erforderlich gewesen. Auch leide der Bebauungsplan an weiteren Abwägungsfehlern. So seien die Belange der Landwirtschaft fehlerhaft behandelt worden. Es handle sich bei den betroffenen Grundstücken um Ackerland bester Güte. Der Konflikt zwischen der gewünschten Gewerbeansiedlung und den Belangen der landwirtschaftlichen Betriebe sei einseitig zu Lasten der Landwirtschaft aufgelöst worden. Der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) sei missachtet worden. Der schon heute vorhandene historisch gewachsene Konflikt von miteinander nicht verträglichen Nutzungen werde vertieft anstatt gelöst. Abwägungsfehlerhaft seien auch die Belange des Verkehrs sowie der Erschließung des Vorhabens behandelt worden. Die planbedingten Ziel- und Quellverkehre seien nicht ermittelt worden. Auch die Annahmen zu der Verkehrsbelastung aufgrund einer Ansiedlung der Firma H. B. AG seien nicht zutreffend. Diese habe immer wieder nur eine Andienung mit nur 40 Lkw pro Tag, aber keine Sprinterbewegungen genannt. Fehlerhaft abgewogen seien auch die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse. Die geplante, 300 m lange und 20 m hohe Halle erzeuge eine erdrückende Wirkung zu Lasten des Wohnhauses der Antragsteller zu 2 und 3. Die Untersuchung der Schallimmissionen des Straßenverkehrs sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die durch den Bebauungsplan ausgelösten Eingriffe in Natur und Landschaft, insbesondere in die Schutzgüter Boden und Landschaftsbild seien nicht korrekt behandelt worden. Es fehle an der Sicherstellung des erforderlichen Ausgleichs. Nicht ausreichend berücksichtigt seien auch die Belange des Wassers, des Grundwassers und des Klimaschutzes. Im Hinblick auf letzteren fehle ein aktuelles Klimagutachten. Soweit sich der Umweltbericht auf eine Klimagrobanalyse von 1990 stütze, sei diese zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses veraltet gewesen.
18 
Die Antragsteller beantragen,
19 
den Bebauungsplan „Großer Forst I“ der Stadt Nürtingen vom 22.07.2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
die Anträge abzuweisen.
22 
Sie führt aus: Der Antrag der Antragstellerin zu 1 sei nach § 47 Abs. 2 a VwGO unzulässig, da sie im Aufstellungsverfahren keine Einwendungen vorgebracht habe. Die Antragsgegnerin habe ihre Hinweispflicht aus § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB erfüllt. Aus dem Hinweistext in der öffentlichen Bekanntmachung werde eindeutig klar, dass ein Rechtsverlust drohe, wenn ein Betroffener seine Einwendungen nicht fristgerecht vorbringe. Die Anträge der Antragsteller zu 2 bis 4 seien zulässig, aber nicht begründet.
23 
Der Bebauungsplan sei formell rechtmäßig. Die ausgelegten Unterlagen seien vollständig gewesen, da die Entwässerungsplanung keinen notwendigen Bestandteil des auszulegenden Bebauungsplanentwurfs darstelle. Im Auslegungsentwurf, in seiner Begründung und im Umweltbericht sei das vorliegende Entwässerungskonzept dargestellt gewesen; dies sei ausreichend. Selbst bei der Nachreichung eines Entwässerungskonzepts bis zum Satzungsbeschluss wäre keine erneute Auslegung nach § 4 a Abs. 3 BauGB erforderlich gewesen. Im Übrigen habe die Entwässerungsplanung des Planungsbüros W. öffentlich ausgelegen. Soweit die umweltbezogenen Stellungnahmen beim Planungsamt einsehbar gewesen seien, habe diese Form der öffentlichen Auslegung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Forderung der Antragsteller, die öffentliche Bekanntmachung so auszugestalten, dass ein Interessierter in die Planunterlagen Einblick nehmen könnte, ohne noch Fragen oder Bitten an Gemeindebedienstete stellen zu müssen, sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überzogen. Die Mitteilung nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB sei ausreichend gewesen. Der Antragsgegnerin fehle nicht die Planungsbefugnis für den Kreisverkehr. Aus dem Bebauungsplan werde auch hinreichend deutlich, dass der Kreisverkehr Bestandteil der Bundesfernstraße sei. Es sei nicht erforderlich, dass bis zum Satzungsbeschluss alle Einzelheiten der Herbeiführung der Zustimmung des Straßenbaulastträgers geklärt seien. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sei jedenfalls eine „Zustimmungslage“ eingetreten.
24 
Der Bebauungsplan sei auch materiell rechtmäßig. So sei die Bauleitplanung eindeutig städtebaulich erforderlich. Dies ergebe sich bereits aus den Festlegungen des Regionalplans. Der Ansiedlungswunsch der Firma H. B. AG sei allenfalls ein Anstoß gewesen, die schon lange beschlossenen Planungen zügig fortzuführen. Die planerischen Festsetzungen seien auch hinreichend inhaltlich bestimmt. Dies gelte auch für die von den Antragstellern beanstandete Festsetzung. Eine unzulässige Vorwegbindung der planerischen Abwägung sei nicht erfolgt. Dies gelte auch im Hinblick auf die Mitgliedschaft der Antragsgegnerin im Zweckverband. Selbst wenn eine Vorwegbindung eingetreten sei, sei diese gerechtfertigt. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Schließlich liege auch keiner der von den Antragstellern geltend gemachten Abwägungsfehler vor. Die Belange der Landwirtschaft seien ausreichend gewürdigt worden. Nichts anderes gelte für den Trennungsgrundsatz, da ein Gewerbegebiet nicht zu den schutzbedürftigen Gebieten im Sinne des § 50 BImSchG gehöre. Die Situation der Hofstellen verschlechtere sich durch das geplante Gewerbegebiet nicht. Die Einwendungen der Antragsteller gegen die Leistungsfähigkeit der Erschließung des Plangebiets griffen nicht durch, wie sich aus den Stellungnahmen der im Planaufstellungsverfahren beteiligten Fachbehörden ergebe. Die Einholung eines zusätzlichen Verkehrsgutachtens sei nicht erforderlich gewesen. Die gesunden Wohnverhältnisse seien nicht gefährdet. Eine erdrückende Wirkung des geplanten Vorhabens der Firma H. B. AG sei nicht zu befürchten. Die Empfehlungen der Schalluntersuchungen seien nicht fehlerhaft umgesetzt worden. Auch die Belange des Naturschutzes, von Wasser und Klima sowie des Klimaschutzes seien ausreichend gewürdigt worden.
25 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten vor, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
27 
1. Die Normenkontrollanträge sind zulässig, insbesondere innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben. Auf die Frage, ob diese Frist schon durch die Stellung der Anträge beim Verwaltungsgericht oder erst durch deren Eingang beim Verwaltungsgerichtshof gewahrt wird, kommt es nicht an, da die Frist auch bei Zugrundelegung der den Antragstellern ungünstigeren Auffassung (Antragseingang beim Verwaltungsgerichtshof) eingehalten ist. Die für den Fristbeginn maßgebliche Bekanntmachung der Beschlussfassung des Bebauungsplans erfolgte am 25.07.2008, die Anträge gingen - nach ihrer Verweisung - am 20.10.2008 beim Verwaltungsgerichtshof ein.
28 
Die Antragsteller sind auch antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das folgt für die Antragstellerin zu 1 schon daraus, dass sie Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732). Die Antragsteller zu 2 bis 4 sind Pächter von Flächen im Plangebiet; ihr Interesse an einer weiteren Nutzung der Flächen in der bisherigen Weise stellt jedenfalls einen abwägungserheblichen Belang und damit ein möglicherweise verletztes subjektives Recht dar. Dem steht nicht entgegen, dass diese Rechtsposition allein schuldrechtlicher Natur ist, da abwägungserheblich auch ein derartiges privates Interesse sein kann, wenn es - wie hier - schutzwürdig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.11.1999 - 4 CN 3.99 -, BVerwGE 110, 36).
29 
2. Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist auch nicht nach § 47 Abs. 2 a VwGO unzulässig. Das ist bei einem gegen einen Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollantrag dann der Fall, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) oder im Rahmen der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist.
30 
Die Antragstellerin zu 1 macht zwar ausschließlich Einwendungen geltend, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung hätte geltend machen können, doch fehlte es im Rahmen der Beteiligung an einem ordnungsgemäßen Hinweis auf die von § 47 Abs. 2 a VwGO vorgesehene Rechtsfolge.
31 
§ 47 Abs. 2 a VwGO fordert einen Hinweis auf die Rechtsfolge - Unzulässigkeit eines Normenkontrollantrages - unterbliebener oder verspätet geltend gemachter Einwendungen im Beteiligungsverfahren. Diese Rechtsfolgenbelehrung ist einer Belehrung über einen Rechtsbehelf im Sinne des § 58 VwGO vergleichbar. Für derartige Rechtsmittelbelehrungen ist anerkannt, dass nicht jede Textabweichung zur Unrichtigkeit dieser Belehrung führt. Entscheidend und ausreichend ist, dass die Belehrung die notwendigen Bestandteile enthält und keine Irrtümer erregen kann. Eine Rechtsmittelbelehrung nach § 58 VwGO - und entsprechend der Hinweis nach § 47 Abs. 2 a VwGO - muss die gesetzlich erforderlichen Mindestangaben enthalten und darf nicht generell geeignet sein, die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - 3 S 3013/08 -, juris, m.w.N.). Die erhebliche Eingriffswirkung der zu einem Rechtsverlust führenden Vorschrift des § 47 Abs. 2 a VwGO erfordert namentlich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine exakte Einhaltung der einschlägigen Verfahrensvorschriften (vgl. - zu § 55 Abs. 2 LBO - VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2008 - 3 S 2016/07 -, VBlBW 2008, 223).
32 
Gemessen an diesen Maßstäben ist der hier erteilte Hinweis nicht ordnungsgemäß, denn er ist geeignet, einen Irrtum über die Voraussetzungen der von § 47 Abs. 2 a VwGO angeordneten Rechtsfolge und damit zugleich über die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Normenkontrollantrags zu bewirken. Dem Empfänger des von der Antragsgegnerin erteilten Hinweises wird nicht hinreichend deutlich, welche Maßnahmen von ihm für die Offenhaltung des Rechtswegs zum Normenkontrollgericht gefordert sind und welche Obliegenheiten ihn treffen.
33 
Der Hinweis ist - wie die Antragstellerin zu 1 zu Recht beanstandet - aus sich heraus nahezu unverständlich, da er auf eine Unzulässigkeit des Antrags hinweist, „sofern dies“ mit bestimmten Einwendungen „geschieht“. Dabei ist grammatisch und inhaltlich unklar, worauf sich das Wort „dies“ bezieht. Zudem „geschieht“ ein Antrag nicht, sondern er wird gestellt und - gegebenenfalls - begründet. Dem Rechtsunkundigen wird aus der von der Antragsgegnerin gewählten, nicht dem üblichen Sprachgebrauch entsprechenden und daher undeutlichen Formulierung nicht ohne weiteres klar, dass ein Bürger bestimmte inhaltliche Anforderungen an die während der öffentlichen Auslegung erhobenen Einwendungen einhalten muss, wenn er den Bebauungsplan einer inhaltlichen rechtlichen Überprüfung durch das Normenkontrollgericht zuführen will. Ebenso wenig wird aus dem von der Antragsgegnerin erteilten Hinweis deutlich, dass die Einwendungen, um die es geht, während der Auslegungsfrist tatsächlich nicht geltend gemacht worden sein dürfen.
34 
Da ein ordnungsgemäßer Hinweis nach § 47 Abs. 2 a VwGO fehlte, steht diese Vorschrift der Zulässigkeit des Antrags der Antragstellerin zu 1 nicht entgegen. An diesem Ergebnis ändert der Umstand nichts, dass in dem Hinweis die Vorschrift des § 47 VwGO ausdrücklich genannt wird, auch wenn diese Norm - worauf der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - für jedermann ohne weiteres zugänglich sein dürfte. Der Zweck des Hinweises nach § 47 Abs. 2 a VwGO erschöpft sich nicht darin, seinen Adressaten auf die maßgebliche Rechtsvorschrift aufmerksam zu machen. Eine bloße Verweisung auf die einschlägige gesetzliche Norm ist mit dem Sinn und Zweck des Hinweises nicht zu vereinbaren. Aus ihm soll der Adressat unmittelbar und ohne Zuhilfenahme von Rechtsquellen entnehmen können, welches Verhalten von ihm gefordert wird. Die Verweisung auf die gesetzliche Bestimmung des § 47 Abs. 2 a VwGO reicht nicht aus, da sie den Rechtsschutzsuchenden zwingt, sich den Normtext zu beschaffen, um die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines späteren Normenkontrollantrags bestimmen zu können (vgl. - zur Rechtsbehelfsbelehrung nach § 58 Abs. 1 VwGO - VGH Kassel, Urteil vom 18.09.1985 - 5 UE 584/85 -, juris).
II.
35 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan ist unwirksam, da die Antragsgegnerin nicht alle nach ihrer Einschätzung wesentlichen bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen ausgelegt und damit gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen hat. Eine Unbeachtlichkeit dieses Fehlers nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BauGB ist nicht eingetreten.
36 
1. Keiner Entscheidung bedarf dabei die in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterte Frage, ob die gesetzlichen Vorgaben für die öffentliche Auslegung des Planentwurfs (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) und die hierauf bezogene ortsübliche Bekanntmachung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) deswegen nicht eingehalten wurden, weil die Unterlagen nach der öffentlichen Bekanntmachung teilweise in einem Dienstzimmer, teilweise in einem Schaukasten bereitgehalten wurden. Hierbei wäre auch zu berücksichtigen, dass die Unterlagen, wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, insgesamt in dem Dienstzimmer, das in der öffentlichen Bekanntmachung bezeichnet wurde, zur Verfügung standen. Die Konsequenzen dieses tatsächlichen Umstandes müssen ebenso wenig geklärt werden wie die Rechtsfrage, ob die zu den Anforderungen an die öffentliche Auslegung ergangene gefestigte Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (vgl. Senat, Urteil vom 02.05.2005 - 8 S 582/04 -, UPR 2005, 356 m.w.N.) aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung (BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98) der Modifikation bedarf.
37 
2. Die öffentliche Auslegung verstieß gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB, weil die Antragsgegnerin nicht alle nach ihrer Einschätzung wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen ausgelegt hat. Sie hat jedenfalls den Textteil des Entwässerungskonzepts, welches das Ingenieurbüro W. erstellt hat, nicht ausgelegt.
38 
a) aa) Bei den beiden Teilen des Entwässerungskonzepts handelt es sich um Stellungnahmen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Dieser Begriff ist weit zu verstehen und umfasst auch ein Entwässerungskonzept, wie es der Gemeinde hier vorgelegt wurde. Das weite Begriffsverständnis ergibt sich aus den Zielen einer effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung und der Transparenz der Planung, welche der gesetzlichen Pflicht zur Auslegung umweltbezogener Stellungnahmen zugrunde liegen.
39 
§ 3 Abs. 2 BauGB in der derzeit geltenden Fassung wurde durch Art. 1 Nr. 5 des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) in das Baugesetzbuch eingefügt; die zuvor geltende Fassung der Norm sah eine Pflicht zur Auslegung umweltbezogener Stellungnahmen nicht vor. Zweck dieser Erweiterung der Auslegungspflicht ist es, die Informationsmöglichkeiten der Bürger und die Transparenz der Planung zu verbessern (BT-Drucks. 15/2250, S. 43).
40 
Mit der Neuregelung sollte außerdem die entsprechende Bestimmung der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17) umgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 43). In der durch diese Richtlinie geänderten Richtlinie 85/337/EWG heißt es nunmehr in Art. 6 Abs. 3 Buchst. b, dass der betroffenen Öffentlichkeit die wichtigsten „Berichte und Empfehlungen“ zugänglich gemacht werden. Ziel der Richtlinie ist es insgesamt, eine effektive Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit zu bewirken (vgl. Art. 2 Abs. 2 und 3 und den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/35/EG). Soweit in § 3 Abs. 1 BauGB ebenfalls der Begriff der Stellungnahme verwendet wird, zielt diese Formulierung nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers darauf, ungewollte Einengungen zu vermeiden (BT-Drucks. 15/2250, S. 43). Vor diesem Hintergrund kommt es beispielsweise nicht darauf an, ob die fragliche Stellungnahme von einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Stelle gefertigt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 44).
41 
bb) Das Entwässerungskonzept ist eine umweltbezogene Stellungnahme. Seine Umweltbezogenheit ergibt sich daraus, dass die beiden Teile des Konzepts die Auswirkungen der Planung auf Belange behandeln, die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB als Belange des Umweltschutzes ausdrücklich genannt werden (vgl. Krautzberger, in: Ernst u.a., BauGB, § 3 Rn. 36), namentlich die Auswirkungen auf Boden und Wasser sowie der sachgerechte Umgang mit Abwässern (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a und e BauGB).
42 
cc) Das Entwässerungskonzept ist auch eine „wesentliche“ Stellungnahme. Hinsichtlich der Frage, wann eine umweltbezogene Stellungnahme wesentlich ist, steht der Gemeinde, wie sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB („Einschätzung“) ergibt, ein Einschätzungsspielraum zu, dessen Grenzen im Einzelnen noch nicht geklärt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, juris), was aber auch hier keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Die Antragsgegnerin hat eine ausdrückliche Auswahlentscheidung hinsichtlich der auszulegenden umweltbezogenen Stellungnahmen nicht getroffen. Doch hat sie jedenfalls den Übersichtsplan des Entwässerungskonzepts ausgelegt und damit zugleich ihre Einschätzung zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dem Entwässerungskonzept insgesamt um eine wesentliche Stellungnahme handelt. Andernfalls wäre die Auslegung des Übersichtsplans als eines Teils des Entwässerungskonzepts nicht verständlich, da der Übersichtsplan und der Textteil des Konzepts aufeinander bezogen sind und damit eine Einschätzung eines dieser beiden Teile als wesentlich zugleich auch den anderen Teil erfasst. Die Wesentlichkeit wurde im Verlauf des Normenkontrollverfahrens seitens der Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten und ergibt sich auch daraus, dass die erhebliche Bedeutung der Entwässerung des Plangebiets in zahlreichen Äußerungen während des Auslegungsverfahrens betont wurde. Ebenso war die Frage der Entwässerung Gegenstand der öffentlichen Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses der Antragsgegnerin am 03.06.2008. Ausweislich der Niederschrift über diese Sitzung wurden die teilnehmende Gemeinderäte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Entwässerungskonzept noch aufgestellt werde.
43 
dd) Die beiden Teile des Entwässerungskonzepts lagen der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Beginns der öffentlichen Auslegung bereits vor. Die Auslegungspflicht bezieht sich nur auf solche bereits vorliegenden Stellungnahmen; es besteht auch keine Pflicht zur vorgezogenen Einholung von Stellungnahmen nur zum Zwecke ihrer Auslegung bei der Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 44; Battis, in: ders./Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 3 Rn. 13). Der Textteil des Entwässerungskonzepts nennt als Datum seiner Erstellung den 21.03.2008 mit dem Zusatz: „1. Änderung: Mai 2008“ (S. 4). Auf der ersten Seite ist ein Stempel „21. Mai 2008“ aufgebracht. Die von der Antragsgegnerin mit Stand 23.10.2008 erstellte tabellarische Übersicht zum Verfahrensablauf nennt unter der fettgedruckten Überschrift „3. Auslegungsbeschluss“ unter den „Planunterlagen“ das Entwässerungskonzept ebenfalls mit dem Datum 21.05.2008. In der nach dem chronologischen Verfahrensablauf geordneten Planakte der Antragsgegnerin findet sich das Entwässerungskonzept sogar noch vor den Unterlagen, die auf den Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats vom 06.05.2008 bezogen sind. Bei dieser Sachlage ist das Gericht davon überzeugt, dass beide Teile des Entwässerungskonzepts der Antragsgegnerin bereits vor dem Beginn der öffentlichen Auslegung vorlagen.
44 
b) Die beiden Teile des Entwässerungskonzepts wurden nicht, wie es § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorschreibt, für einen Monat öffentlich ausgelegt. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, wann der - in den Verfahrensakten der Antragsgegnerin mit dem handschriftlichen Vermerk „Auslegung“ gekennzeichnete - Übersichtsplan ausgelegt wurde. Denn jedenfalls der Textteil des Entwässerungskonzepts lag während des gesamten Auslegungszeitraums nicht aus.
45 
c) Diese Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden, da sie von den Antragstellern rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht wurde.
46 
3. Ob die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung deswegen nicht rechtmäßig war, weil sie entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB keine Angaben dazu enthielt, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, juris), kann offen bleiben. Zwar enthält die Bekanntmachung in diesem Zusammenhang überhaupt keine Angaben, doch ist ein entsprechender Mangel, sofern er vorlag und nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beachtlich war, jedenfalls nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung der Satzung geltend gemacht wurde (§ 215 Abs. 1 Satz 1 a.E. BauGB) und die Bekanntmachung der Satzung auch den nach § 215 Abs. 2 BauGB erforderlichen Hinweis enthielt.
47 
4. Soweit die Antragsteller eine fehlerhafte Mitteilung des Abwägungsergebnisses und damit einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB rügen, führte dieser, auch wenn er vorläge, nicht zu einer Unwirksamkeit des Plans (OVG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2005 - 1 KN 7/04 -, juris). Diese Mitteilung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Bebauungsplans (BVerwG, Beschluss vom 03.12.2008 - 4 BN 25.08 -, BauR 2009, 609), weil sie nicht Teil der eigentlichen Normsetzung ist und nicht mehr die Beteiligung der Bürger am Verfahren betrifft (Senat, Beschluss vom 05.06.1996 - 8 S 487/96 -, VBlBW 1996, 376).
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
49 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Beschluss vom 14. September 2010
51 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 40.000,--EUR festgesetzt.
52 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
26 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
27 
1. Die Normenkontrollanträge sind zulässig, insbesondere innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben. Auf die Frage, ob diese Frist schon durch die Stellung der Anträge beim Verwaltungsgericht oder erst durch deren Eingang beim Verwaltungsgerichtshof gewahrt wird, kommt es nicht an, da die Frist auch bei Zugrundelegung der den Antragstellern ungünstigeren Auffassung (Antragseingang beim Verwaltungsgerichtshof) eingehalten ist. Die für den Fristbeginn maßgebliche Bekanntmachung der Beschlussfassung des Bebauungsplans erfolgte am 25.07.2008, die Anträge gingen - nach ihrer Verweisung - am 20.10.2008 beim Verwaltungsgerichtshof ein.
28 
Die Antragsteller sind auch antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das folgt für die Antragstellerin zu 1 schon daraus, dass sie Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732). Die Antragsteller zu 2 bis 4 sind Pächter von Flächen im Plangebiet; ihr Interesse an einer weiteren Nutzung der Flächen in der bisherigen Weise stellt jedenfalls einen abwägungserheblichen Belang und damit ein möglicherweise verletztes subjektives Recht dar. Dem steht nicht entgegen, dass diese Rechtsposition allein schuldrechtlicher Natur ist, da abwägungserheblich auch ein derartiges privates Interesse sein kann, wenn es - wie hier - schutzwürdig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.11.1999 - 4 CN 3.99 -, BVerwGE 110, 36).
29 
2. Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist auch nicht nach § 47 Abs. 2 a VwGO unzulässig. Das ist bei einem gegen einen Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollantrag dann der Fall, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) oder im Rahmen der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist.
30 
Die Antragstellerin zu 1 macht zwar ausschließlich Einwendungen geltend, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung hätte geltend machen können, doch fehlte es im Rahmen der Beteiligung an einem ordnungsgemäßen Hinweis auf die von § 47 Abs. 2 a VwGO vorgesehene Rechtsfolge.
31 
§ 47 Abs. 2 a VwGO fordert einen Hinweis auf die Rechtsfolge - Unzulässigkeit eines Normenkontrollantrages - unterbliebener oder verspätet geltend gemachter Einwendungen im Beteiligungsverfahren. Diese Rechtsfolgenbelehrung ist einer Belehrung über einen Rechtsbehelf im Sinne des § 58 VwGO vergleichbar. Für derartige Rechtsmittelbelehrungen ist anerkannt, dass nicht jede Textabweichung zur Unrichtigkeit dieser Belehrung führt. Entscheidend und ausreichend ist, dass die Belehrung die notwendigen Bestandteile enthält und keine Irrtümer erregen kann. Eine Rechtsmittelbelehrung nach § 58 VwGO - und entsprechend der Hinweis nach § 47 Abs. 2 a VwGO - muss die gesetzlich erforderlichen Mindestangaben enthalten und darf nicht generell geeignet sein, die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 - 3 S 3013/08 -, juris, m.w.N.). Die erhebliche Eingriffswirkung der zu einem Rechtsverlust führenden Vorschrift des § 47 Abs. 2 a VwGO erfordert namentlich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine exakte Einhaltung der einschlägigen Verfahrensvorschriften (vgl. - zu § 55 Abs. 2 LBO - VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2008 - 3 S 2016/07 -, VBlBW 2008, 223).
32 
Gemessen an diesen Maßstäben ist der hier erteilte Hinweis nicht ordnungsgemäß, denn er ist geeignet, einen Irrtum über die Voraussetzungen der von § 47 Abs. 2 a VwGO angeordneten Rechtsfolge und damit zugleich über die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Normenkontrollantrags zu bewirken. Dem Empfänger des von der Antragsgegnerin erteilten Hinweises wird nicht hinreichend deutlich, welche Maßnahmen von ihm für die Offenhaltung des Rechtswegs zum Normenkontrollgericht gefordert sind und welche Obliegenheiten ihn treffen.
33 
Der Hinweis ist - wie die Antragstellerin zu 1 zu Recht beanstandet - aus sich heraus nahezu unverständlich, da er auf eine Unzulässigkeit des Antrags hinweist, „sofern dies“ mit bestimmten Einwendungen „geschieht“. Dabei ist grammatisch und inhaltlich unklar, worauf sich das Wort „dies“ bezieht. Zudem „geschieht“ ein Antrag nicht, sondern er wird gestellt und - gegebenenfalls - begründet. Dem Rechtsunkundigen wird aus der von der Antragsgegnerin gewählten, nicht dem üblichen Sprachgebrauch entsprechenden und daher undeutlichen Formulierung nicht ohne weiteres klar, dass ein Bürger bestimmte inhaltliche Anforderungen an die während der öffentlichen Auslegung erhobenen Einwendungen einhalten muss, wenn er den Bebauungsplan einer inhaltlichen rechtlichen Überprüfung durch das Normenkontrollgericht zuführen will. Ebenso wenig wird aus dem von der Antragsgegnerin erteilten Hinweis deutlich, dass die Einwendungen, um die es geht, während der Auslegungsfrist tatsächlich nicht geltend gemacht worden sein dürfen.
34 
Da ein ordnungsgemäßer Hinweis nach § 47 Abs. 2 a VwGO fehlte, steht diese Vorschrift der Zulässigkeit des Antrags der Antragstellerin zu 1 nicht entgegen. An diesem Ergebnis ändert der Umstand nichts, dass in dem Hinweis die Vorschrift des § 47 VwGO ausdrücklich genannt wird, auch wenn diese Norm - worauf der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - für jedermann ohne weiteres zugänglich sein dürfte. Der Zweck des Hinweises nach § 47 Abs. 2 a VwGO erschöpft sich nicht darin, seinen Adressaten auf die maßgebliche Rechtsvorschrift aufmerksam zu machen. Eine bloße Verweisung auf die einschlägige gesetzliche Norm ist mit dem Sinn und Zweck des Hinweises nicht zu vereinbaren. Aus ihm soll der Adressat unmittelbar und ohne Zuhilfenahme von Rechtsquellen entnehmen können, welches Verhalten von ihm gefordert wird. Die Verweisung auf die gesetzliche Bestimmung des § 47 Abs. 2 a VwGO reicht nicht aus, da sie den Rechtsschutzsuchenden zwingt, sich den Normtext zu beschaffen, um die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines späteren Normenkontrollantrags bestimmen zu können (vgl. - zur Rechtsbehelfsbelehrung nach § 58 Abs. 1 VwGO - VGH Kassel, Urteil vom 18.09.1985 - 5 UE 584/85 -, juris).
II.
35 
Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan ist unwirksam, da die Antragsgegnerin nicht alle nach ihrer Einschätzung wesentlichen bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen ausgelegt und damit gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstoßen hat. Eine Unbeachtlichkeit dieses Fehlers nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BauGB ist nicht eingetreten.
36 
1. Keiner Entscheidung bedarf dabei die in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterte Frage, ob die gesetzlichen Vorgaben für die öffentliche Auslegung des Planentwurfs (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) und die hierauf bezogene ortsübliche Bekanntmachung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) deswegen nicht eingehalten wurden, weil die Unterlagen nach der öffentlichen Bekanntmachung teilweise in einem Dienstzimmer, teilweise in einem Schaukasten bereitgehalten wurden. Hierbei wäre auch zu berücksichtigen, dass die Unterlagen, wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, insgesamt in dem Dienstzimmer, das in der öffentlichen Bekanntmachung bezeichnet wurde, zur Verfügung standen. Die Konsequenzen dieses tatsächlichen Umstandes müssen ebenso wenig geklärt werden wie die Rechtsfrage, ob die zu den Anforderungen an die öffentliche Auslegung ergangene gefestigte Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (vgl. Senat, Urteil vom 02.05.2005 - 8 S 582/04 -, UPR 2005, 356 m.w.N.) aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung (BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, BVerwGE 133, 98) der Modifikation bedarf.
37 
2. Die öffentliche Auslegung verstieß gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB, weil die Antragsgegnerin nicht alle nach ihrer Einschätzung wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen ausgelegt hat. Sie hat jedenfalls den Textteil des Entwässerungskonzepts, welches das Ingenieurbüro W. erstellt hat, nicht ausgelegt.
38 
a) aa) Bei den beiden Teilen des Entwässerungskonzepts handelt es sich um Stellungnahmen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Dieser Begriff ist weit zu verstehen und umfasst auch ein Entwässerungskonzept, wie es der Gemeinde hier vorgelegt wurde. Das weite Begriffsverständnis ergibt sich aus den Zielen einer effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung und der Transparenz der Planung, welche der gesetzlichen Pflicht zur Auslegung umweltbezogener Stellungnahmen zugrunde liegen.
39 
§ 3 Abs. 2 BauGB in der derzeit geltenden Fassung wurde durch Art. 1 Nr. 5 des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24.06.2004 (BGBl. I S. 1359) in das Baugesetzbuch eingefügt; die zuvor geltende Fassung der Norm sah eine Pflicht zur Auslegung umweltbezogener Stellungnahmen nicht vor. Zweck dieser Erweiterung der Auslegungspflicht ist es, die Informationsmöglichkeiten der Bürger und die Transparenz der Planung zu verbessern (BT-Drucks. 15/2250, S. 43).
40 
Mit der Neuregelung sollte außerdem die entsprechende Bestimmung der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17) umgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 43). In der durch diese Richtlinie geänderten Richtlinie 85/337/EWG heißt es nunmehr in Art. 6 Abs. 3 Buchst. b, dass der betroffenen Öffentlichkeit die wichtigsten „Berichte und Empfehlungen“ zugänglich gemacht werden. Ziel der Richtlinie ist es insgesamt, eine effektive Vorbereitung und Beteiligung der Öffentlichkeit zu bewirken (vgl. Art. 2 Abs. 2 und 3 und den dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/35/EG). Soweit in § 3 Abs. 1 BauGB ebenfalls der Begriff der Stellungnahme verwendet wird, zielt diese Formulierung nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers darauf, ungewollte Einengungen zu vermeiden (BT-Drucks. 15/2250, S. 43). Vor diesem Hintergrund kommt es beispielsweise nicht darauf an, ob die fragliche Stellungnahme von einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Stelle gefertigt wurde (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 44).
41 
bb) Das Entwässerungskonzept ist eine umweltbezogene Stellungnahme. Seine Umweltbezogenheit ergibt sich daraus, dass die beiden Teile des Konzepts die Auswirkungen der Planung auf Belange behandeln, die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB als Belange des Umweltschutzes ausdrücklich genannt werden (vgl. Krautzberger, in: Ernst u.a., BauGB, § 3 Rn. 36), namentlich die Auswirkungen auf Boden und Wasser sowie der sachgerechte Umgang mit Abwässern (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a und e BauGB).
42 
cc) Das Entwässerungskonzept ist auch eine „wesentliche“ Stellungnahme. Hinsichtlich der Frage, wann eine umweltbezogene Stellungnahme wesentlich ist, steht der Gemeinde, wie sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB („Einschätzung“) ergibt, ein Einschätzungsspielraum zu, dessen Grenzen im Einzelnen noch nicht geklärt sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, juris), was aber auch hier keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Die Antragsgegnerin hat eine ausdrückliche Auswahlentscheidung hinsichtlich der auszulegenden umweltbezogenen Stellungnahmen nicht getroffen. Doch hat sie jedenfalls den Übersichtsplan des Entwässerungskonzepts ausgelegt und damit zugleich ihre Einschätzung zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dem Entwässerungskonzept insgesamt um eine wesentliche Stellungnahme handelt. Andernfalls wäre die Auslegung des Übersichtsplans als eines Teils des Entwässerungskonzepts nicht verständlich, da der Übersichtsplan und der Textteil des Konzepts aufeinander bezogen sind und damit eine Einschätzung eines dieser beiden Teile als wesentlich zugleich auch den anderen Teil erfasst. Die Wesentlichkeit wurde im Verlauf des Normenkontrollverfahrens seitens der Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten und ergibt sich auch daraus, dass die erhebliche Bedeutung der Entwässerung des Plangebiets in zahlreichen Äußerungen während des Auslegungsverfahrens betont wurde. Ebenso war die Frage der Entwässerung Gegenstand der öffentlichen Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses der Antragsgegnerin am 03.06.2008. Ausweislich der Niederschrift über diese Sitzung wurden die teilnehmende Gemeinderäte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Entwässerungskonzept noch aufgestellt werde.
43 
dd) Die beiden Teile des Entwässerungskonzepts lagen der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Beginns der öffentlichen Auslegung bereits vor. Die Auslegungspflicht bezieht sich nur auf solche bereits vorliegenden Stellungnahmen; es besteht auch keine Pflicht zur vorgezogenen Einholung von Stellungnahmen nur zum Zwecke ihrer Auslegung bei der Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. BT-Drucks. 15/2250, S. 44; Battis, in: ders./Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 3 Rn. 13). Der Textteil des Entwässerungskonzepts nennt als Datum seiner Erstellung den 21.03.2008 mit dem Zusatz: „1. Änderung: Mai 2008“ (S. 4). Auf der ersten Seite ist ein Stempel „21. Mai 2008“ aufgebracht. Die von der Antragsgegnerin mit Stand 23.10.2008 erstellte tabellarische Übersicht zum Verfahrensablauf nennt unter der fettgedruckten Überschrift „3. Auslegungsbeschluss“ unter den „Planunterlagen“ das Entwässerungskonzept ebenfalls mit dem Datum 21.05.2008. In der nach dem chronologischen Verfahrensablauf geordneten Planakte der Antragsgegnerin findet sich das Entwässerungskonzept sogar noch vor den Unterlagen, die auf den Aufstellungsbeschluss des Gemeinderats vom 06.05.2008 bezogen sind. Bei dieser Sachlage ist das Gericht davon überzeugt, dass beide Teile des Entwässerungskonzepts der Antragsgegnerin bereits vor dem Beginn der öffentlichen Auslegung vorlagen.
44 
b) Die beiden Teile des Entwässerungskonzepts wurden nicht, wie es § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB vorschreibt, für einen Monat öffentlich ausgelegt. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, wann der - in den Verfahrensakten der Antragsgegnerin mit dem handschriftlichen Vermerk „Auslegung“ gekennzeichnete - Übersichtsplan ausgelegt wurde. Denn jedenfalls der Textteil des Entwässerungskonzepts lag während des gesamten Auslegungszeitraums nicht aus.
45 
c) Diese Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Verbindung mit § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden, da sie von den Antragstellern rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht wurde.
46 
3. Ob die Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung deswegen nicht rechtmäßig war, weil sie entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB keine Angaben dazu enthielt, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 - 5 S 884/09 -, juris), kann offen bleiben. Zwar enthält die Bekanntmachung in diesem Zusammenhang überhaupt keine Angaben, doch ist ein entsprechender Mangel, sofern er vorlag und nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beachtlich war, jedenfalls nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden, da er nicht innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung der Satzung geltend gemacht wurde (§ 215 Abs. 1 Satz 1 a.E. BauGB) und die Bekanntmachung der Satzung auch den nach § 215 Abs. 2 BauGB erforderlichen Hinweis enthielt.
47 
4. Soweit die Antragsteller eine fehlerhafte Mitteilung des Abwägungsergebnisses und damit einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB rügen, führte dieser, auch wenn er vorläge, nicht zu einer Unwirksamkeit des Plans (OVG Lüneburg, Urteil vom 17.02.2005 - 1 KN 7/04 -, juris). Diese Mitteilung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Bebauungsplans (BVerwG, Beschluss vom 03.12.2008 - 4 BN 25.08 -, BauR 2009, 609), weil sie nicht Teil der eigentlichen Normsetzung ist und nicht mehr die Beteiligung der Bürger am Verfahren betrifft (Senat, Beschluss vom 05.06.1996 - 8 S 487/96 -, VBlBW 1996, 376).
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
49 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
50 
Beschluss vom 14. September 2010
51 
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 40.000,--EUR festgesetzt.
52 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 2009 - 4 K 105/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Vorbringen des Antragstellers gibt dem Senat keinen Anlass, über seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, soweit er - in modifizierter Form - noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den im Beschwerdeverfahren noch weiter verfolgten Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 30.09.2008 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „E. Fleischwerk“ nicht als Satzung zu beschließen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Es kann offen bleiben, ob und inwieweit überhaupt vorläufiger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung eines Bürgerbegehrens eröffnet ist (verneinend - allerdings in einer anderen Fallkonstellation - Senatsbeschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100f.; vgl. zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung auch Ritgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, S. 113f., 130f.). Denn selbst wenn man mit Blick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine Sicherungsanordnung dann für zulässig erachtet, wenn - wie hier - die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren sei unzulässig, mit Rechtsbehelfen angegriffen wird (vgl. hierzu OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.10.2008 - 2 MB 25/08 -, Juris) und - spätestens - der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan die Unzulässigkeit eines gegen ihn gerichteten Bürgerbegehrens zur Folge hätte, so hat das vorläufige Rechtsschutzbegehren gleichwohl keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat den hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.11.2008, mit der der Antrag des Antragstellers auf Durchführung des Bürgerentscheids (Bürgerbehren) als unzulässig abgelehnt worden ist, und der zwischenzeitlich ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.02.2009 sind bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtlich nicht zu beanstanden. Das Bürgerbegehren, das gegen die Bauleitplanung für das E.-Fleischwerk gerichtet ist (1.), dürfte nämlich bereits deshalb unzulässig sein, weil der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung Baden-Württemberg - GemO - gegeben ist (2.). Jedenfalls ergibt sich seine Unzulässigkeit aus der Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO (3.).
1. Das Bürgerbegehren ist vorliegend auf eine Bauleitplanung, nämlich gegen die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „E.-Fleischwerk“ einschließlich der parallelen Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet. Dies kann der im Bürgerbegehren enthaltenen Fragestellung mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 24.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288) ist dabei nicht der Wortlaut der Fragestellung maßgeblich. Der Gegenstand eines Bürgerbegehrens ergibt sich vielmehr aus seiner Zielrichtung. Bei der Ermittlung dieser Zielrichtung kommt es in erster Linie darauf an, wie die Unterzeichner den Text verstehen müssen, da sichergestellt sein muss, dass die Bürger bei der Leistung der Unterschrift wissen, was Gegenstand des Bürgerbegehrens ist. Daneben ist auch das Verständnis der Gemeindevertretung als Adressatin des Begehrens auf Durchführung eines Bürgerbescheids für die Auslegung relevant. Es bedarf insoweit einer Kongruenz der Auslegung aus dem Empfängerhorizont sowohl der unterzeichnenden Bürger als auch der Gemeindevertretung (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.07.1996, NVwZ 1997, 306 f.).
Ausgehend hiervon richtet sich das Bürgerbegehren mit hinreichender Deutlichkeit gegen die Bauleitplanung für das E.-Fleischwerk. Dies ergibt sich unabhängig von der „ergebnisoffenen“ Formulierung („Stimmen sie der geplanten Ansiedlung der E.-Fleischfabrik zu?“) für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens und die Antragsgegnerin erkennbar aus der Begründung zum Bürgerbegehren. In der Begründung heißt es: „Die geplante Ansiedlung ist allein schon hinsichtlich des damit verbundenen Flächen- und Landschaftsverbrauchs von grundsätzlicher Bedeutung für die Stadt Rheinstetten und ihrer weiteren Entwicklung. Die Bürger/innen sind in ihrer Gesamtheit davon betroffen und fordern daher die direkte Entscheidungsmöglichkeit in dieser Frage.“ Die Wortwahl „Flächen- und Landschaftsverbrauch“ und der Hinweis auf die Betroffenheit der Bürger lassen auf eine grundsätzlich ablehnende Haltung des Bürgerbegehrens schließen.
2. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO findet ein Bürgerentscheid u.a. nicht statt über Bauleitpläne. Bauleitpläne sind zwar nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). Die Ausschlussregelung ist aber über den Wortlaut hinaus auszulegen und erfasst bereits die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB und damit die wesentlichen Verfahrensabschnitte, die in dem Aufstellungsverfahren nach dem BauGB zu durchlaufen sind.
Denn nach Sinn und Zweck des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO soll das förmliche Verfahren der Bauleitplanung einem Bürgerbescheid entzogen sein. Die planende Tätigkeit, die Berücksichtigung der vielfältigen in § 1 BauGB genannten öffentlichen Belange und ihre Abwägung mit den ebenfalls einzubeziehenden privaten Belangen machen die Bauleitplanung von vornherein nicht zum tauglichen Gegenstand plebiszitärer Willensbildung (vgl. Ritgen, a.a.O. S. 206). Die Vorschrift dient daher der Sicherung einer verantwortbaren, die rechtlichen Vorgaben des BauGB respektierenden Bauleitplanung nach rein städtebaulichen Gesichtspunkten. In diese dem Gemeinderat obliegende Planungskompetenz soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Bürgerschaft nicht unmittelbar eingreifen.
Entgegen der Beschwerde stützen die Gesetzesmaterialien eine solche Auslegung. Denn ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 13/4385, S. 18) erfordern Entscheidungen in den nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO genannten Bereichen vielschichtige Abwägungsprozesse. „Diese Abwägungen sollen dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorbehalten werden und nicht auf eine „Ja-Nein-Fragestellung“, die zwingend Gegenstand eines Bürgerentscheids sein müsste, reduziert werden.“ Noch deutlicher wird die gesetzgeberische Intention, wenn der Vorschlag des Gemeindetags im Gesetzgebungsverfahren mit dem Hinweis darauf nicht aufgegriffen wird, die im Gesetzentwurf verwendete Formulierung („Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften“) decke die gewünschte Formulierung Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen bereits ab (vgl. LT-Drs. 13/485, S. 11).
10 
Damit lässt sich der Gesetzesbegründung mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Ausschlusstatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO nicht erst dann greift, wenn der Bebauungsplan als Satzung beschlossen worden ist. Vielmehr wird bereits die Bauleitplanung von der Regelung erfasst. Dem steht auch die in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers, mit der Änderung des § 21 GemO die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung zu stärken, nicht entgegen. Denn diesem Anliegen wurde durch anderweitige gesetzliche Änderungen entsprochen (Wegfall des Positivkatalogs, Absenkung des Quorums, Verlängerung der Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens, das sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richtet).
11 
Dies schließt nicht aus, dass Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegen- stand eines Bürgerentscheids gemacht werden können (vgl. LT-Drs. 13/4385, wonach Grundsatzentscheidungen im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zur Gemeindeentwicklung davon nicht berührt sind (siehe auch Antwort des Landesregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion GRÜNE, LT-Drs. 14/2311, S. 8). Diese der Bauleitplanung vorgelagerte Phase dürfte aber durch den Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB beendet sein, denn spätestens mit diesem Beschluss wird das förmliche Bauleitplanverfahren eingeleitet (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 2 RdNr. 26). Danach kommt ab dem Zeitpunkt (der Bekanntgabe) des Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 BauGB ein Bürgerentscheid nicht mehr in Betracht.
12 
3. Die Frage der zeitlichen Zäsur muss jedoch in dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung zugeführt werden. Denn selbst wenn der Aufstellungsbeschluss noch als Weichen stellender, die Planung einleitender Beschluss bürgerentscheidsfähig sein sollte, dann ist jedenfalls mit Verstreichen der durch ihn in Gang gesetzten Sechs-Wochen-Frist (§ 21 Abs. 3 Satz 3 GemO) die Bauleitplanung dem Zugriff der Bürger endgültig entzogen.
13 
Diese Frist ist im vorliegenden Fall nicht eingehalten. Der Aufstellungsbeschluss wurde durch den Gemeinderat am 26.02.2008 gefasst. Im gemeindlichen Nachrichtenblatt (Nr. 10/2008, S. 6) vom 10.03.2008 wurde ausführlich über die vorgenannte Gemeinderatssitzung und die Bebauungsplanaufstellung berichtet. Darüber hinaus ist der Aufstellungsbeschluss im gemeindlichen Nachrichtenblatt „Rh. aktuell“ (Nr. 13/2008) am 27.03.2008 amtlich bekannt gemacht worden. Daher ist der erst mit Schreiben vom 30.09.2008, also gut sechs Monate später gestellte Antrag, einen Bürgerbescheid durchzuführen, schon wegen Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Frist unzulässig.
14 
Entgegen der Beschwerde ist die Sechs-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO nicht deshalb neu eröffnet worden, weil die Antragsgegnerin in der Zwischenzeit weitere Gemeinderatsbeschlüsse getroffen hat, wie etwa die Änderung des Aufstellungsbeschlusses und den Beschluss über die zweite öffentliche Auslegung vom 16.12.2008. Das dargelegte, mit der Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO verbundene gesetzgeberische Ziel, Abwägungsentscheidungen dem Bürgerentscheid zu entziehen, könnte nicht erreicht werden, wenn die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO durch jeden einzelnen neuen Verfahrensschritt erneut ausgelöst werden würde.
15 
Ob anderes gilt, wenn ein neuer Grundsatzbeschluss gefasst worden ist, kann dahinstehen. Denn mit Beschluss vom 16.12.2008 ist keine neue Grundsatzentscheidung über das „ob“ eines förmlichen Bebauungsplanverfahrens getroffen worden. Vielmehr wurde insoweit lediglich eine Korrektur der Abgrenzung des ursprünglich im Aufstellungsbeschluss benannten Plangebiets (Verkleinerung) beschlossen.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
17 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 erreicht werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens festzustellen.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Stuttgart - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale zwischen Paris und Bratislava. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus den Stadtteilen Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Untertürkheim sowie einen 9,5 km langen sog. Fildertunnel angebunden werden. Mit den neuen Tunnelstrecken und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entstünde eine Ringstrecke, die den Verkehrsknoten Stuttgart insgesamt leistungsfähiger machen soll. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks sollen in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ soll die Neubaustrecke neben der Bundesautobahn A 8 bis zu einem neuen Bahnhof Flughafen/Messe verlaufen, an dem Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Zeitgleich mit dem Projekt soll zwischen Wendlingen und Ulm eine zweigleisige Neubaustrecke als Hochgeschwindigkeitsstrecke realisiert werden (NBS Wendlingen - Ulm).
Vorhabensträgerin des Projekts Stuttgart 21 sind die Deutsche Bahn AG bzw. ihr zugehörige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: Deutsche Bahn). An der Finanzierung beteiligen sich neben der Deutschen Bahn die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH sowie die Beklagte.
Im Hinblick auf die Aspekte Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung, Denkmalschutz und Finanzen wird das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Im Vorfeld, u.a. im Raumordnungsverfahren, wurden zahlreiche Alternativkonzepte untersucht. Ein Alternativkonzept unter dem Namen Kopfbahnhof 21 sieht eine Sanierung und „Ertüchtigung“ des bisherigen Kopfbahnhofes vor.
Nach dem Raumordnungsverfahren hat die Vorhabensträgerin das Projekt Stuttgart 21 in verschiedene Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Für den Kernbereich (Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen einschließlich Fildertunnel) liegen bestandskräftige eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vor. Mit Urteilen vom 06.04.2006 (5 S 596/05, 5 S 847/05 und 5 S 848/05, jeweils juris) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klagen des Landesverbandes Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und privater Eigentümer gegen den Umbau des Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1) abgewiesen. In der Begründung heißt es, für den Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart bestehe ein verkehrlicher Bedarf. Das Vorhaben sei aus den im Planfeststellungsbeschluss ausgeführten verkehrlichen Gründen - u.a. die Bereitstellung einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung des Verkehrsknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen, die Anbindung der Filderregion und der neuen Messe - planerisch gerechtfertigt. Die von den Gegnern des Projekts befürwortete Beibehaltung und „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs dränge sich im Rahmen der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit nicht als vorzugswürdige Alternative auf.
Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 ergibt sich insbesondere aus folgenden Vereinbarungen:
Am 07.11.1995 wurde zwischen der Deutschen Bahn AG, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 geschlossen, der der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt hat. Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind im Wesentlichen eine Beschreibung des Projekts sowie Regelungen über Investitionen und Finanzierungsfragen, zu planungsrechtlichen Festlegungen und zur Übernahme von frei werdenden Bahnflächen.
Unter dem 24.07.2001 schlossen die Deutsche Bahn AG, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm“ (sog. Realisierungsvereinbarung). Gegenstand dieser Vereinbarung ist insbesondere die Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg, die zuwendungsfähigen Kosten der NBS Wendlingen-Ulm sowie den Bundesanteil für Stuttgart 21 vorzufinanzieren. Darüber hinaus werden in der Vereinbarung Regelungen über den Erwerb von frei werdenden Bahnflächen durch die Beklagte, die Finanzierung und die Übernahme von Kostenrisiken getroffen. Der Gemeinderat der Beklagten hatte der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24.07.2001 mit Beschluss vom 12.07.2001 zugestimmt.
Mit Beschluss vom 19.12.2001 stimmte der Gemeinderat der Beklagten einem Kaufvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG bzw. der DB Netz AG als Verkäufer und der Beklagten als Käufer über frei werdende Bahnflächen (Teilgebiete A 2, A 3, B, C und D) zu. Der Kaufvertrag wurde unter dem 21.12.2001 abgeschlossen.
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Nach einer erneuten Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn AG einigten sich die Beteiligten unter dem 19.07.2007 auf ein sog. Memorandum of Understanding zur Realisierung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und des Projekts Stuttgart 21. Um den Baubeginn der Neubaustrecke vorziehen zu können, erklärte sich das Land Baden-Württemberg bereit, mit einem festen Zuschuss, beginnend ab 2010, die Investitionskosten einschließlich der Planungskosten bis 2016 zu finanzieren. Im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21 stellten die Beteiligten fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Das Memorandum enthält darüber hinaus Absprachen zur Höhe der Beteiligung der Parteien an den Investitionskosten und am Kostensteigerungsrisiko. Im Memorandum sind die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt ist. Die Parteien erklärten schließlich, dass zur Umsetzung des Memorandums Einzelheiten in einem Finanzierungsvertrag geregelt werden sollten. In einer Nebenabrede sagte die Beklagte der Bahn zu, auf die aus dem Kaufvertrag vom 21.12.2001 herrührenden Verzugzinsen wegen der verspäteten Übergabe der Flächen bis zum 31.12.2020 zu verzichten. Der Gemeinderat der Beklagten wurde über das Ergebnis der Verhandlungen in der Sitzung am 19.07.2007 unterrichtet.
11 
Im Hinblick auf die vom „Land und seien Partnern“ im Memorandum of Understanding zugesagten Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen schlossen das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte am 05.10.2007 eine Ergänzungsvereinbarung über ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21. Die Ergänzungsvereinbarung soll nach ihrem Wortlaut der „verbindlichen Regelung der Beteiligung der Landeshauptstadt und des Verbandes Region Stuttgart an den im Memorandum zugesagten Leistungen“ dienen und die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänzen. Nach der Ergänzungsvereinbarung trägt die Beklagte u.a. von den nach dem Memorandum vom Land Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen abzusichernden Kostenerhöhungsrisiken in Höhe von 780 Mio. Euro anteilig 206,94 Mio. Euro. Der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte haben in der Ergänzungsvereinbarung ferner das Land unwiderruflich ermächtigt, den Finanzierungsvertrag für das Projekt Stuttgart 21 mit der Deutschen Bahn und der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen. Am 05.10.2007 wurde auch die verabredete Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 über den Verzicht auf Verzugszinsen bis 2020 notariell beurkundet.
12 
Der Gemeinderat der Beklagten hatte in seiner vorangegangenen Sitzung vom 04.10.2007 die Zustimmung zum Abschluss der o.g. Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 beschlossen und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss der Verträge vorzunehmen. Einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 zu fassen, lehnte die Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 04.10.2007 ab.
13 
Am 05.10.2007 begann eine Koordinierungsgruppe Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 daraufhin mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 herbeigeführt werden sollte. In der Folgezeit wurden der Beklagten Unterschriftenlisten mit über 70.000 Unterschriften übergeben.
14 
Auf den jeweiligen Unterschriftenlisten heißt es unter der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“:
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Wir beantragen gemäß § 21 Abs. 3 der Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
16 
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt STUTTGART 21 aussteigt;
17 
- dass sie keine Ergänzungsvereinbarung mit den Projektpartnern abschließt, die u. a. von der Stadt abzusichernde Risiken in Höhe von 206,94 Mio. Euro vorsieht;
- dass sie keine Änderung des Kaufvertrages mit der Deutschen Bahn für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D, insbesondere nicht unter der Erklärung des Verzichts auf Verzugszinsen aus dem Grundstücksgeschäft, vornimmt;
- dass sie keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt und
- dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitteilt?“
18 
Begründung: STUTTGART 21 (S 21) würde der Stadt über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten in der Stadt bescheren - mit allen damit verbundenen Beeinträchtigungen. S 21 würde über lange Jahre hinweg zu gravierenden Verkehrsbehinderungen führen. Großbaustellen, die während des Planfeststellungsverfahrens nicht absehbar waren, werden neue verkehrliche Verhältnisse schaffen und logistische Probleme mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet produzieren. Die bereits heute an vielen Orten über den gültigen Grenzwerten liegende Feinstaubbelastung der Stuttgarter Luft würde nochmals verschärft. Der 8 m hohe Wall des geplanten Tunnelbahnhofs würde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen. S 21 würde zusätzliche finanzielle Mittel der Stadt erforderlich machen. Zudem sollen der Bahn AG Zinsen erlassen werden - Geld, das der Stadt dann fehlt. Angesichts der Dimension dieses Projekts, der langen Bauzeit, den damit verbundenen Beeinträchtigungen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Stadt wollen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart sich weiterhin am Projekt STUTTGART 21 beteiligen und ob sie weitergehende finanzielle Verpflichtungen dafür eingehen soll.
19 
Kostendeckung: Dieses Bürgerbegehren fordert keine neuen Ausgaben, sondern den Verzicht auf ein teures Projekt und somit die Einsparung von Steuergeldern.
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Mit Bescheid vom 09.01.2008 stellte die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 20.12.2007 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21 unzulässig sei. Die Beklagte begründete ihren Bescheid damit, dass die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens wegen Zeitablaufs unzulässig sei. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei bereits mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung 07.11.1995, spätestens aber mit der Zustimmung zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 getroffen worden. Die Zustimmung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung mit Beschluss vom 04.10.2007 sei keine neue Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen könne. Die Teilfrage 1 sei auch deshalb unzulässig, weil ein gesetzwidriges Ziel, nämlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, verfolgt werde. Die Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie vermittele den Eindruck, dass Beeinträchtigungen wie beispielsweise beim Verkehr und bei der Feinstaubbelastung bei einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt nicht eintreten würden. Die Entscheidung über eine Aufgabe des Projekts sei aber allein Sache der Deutschen Bahn. Der Beitrag der Beklagten beschränke sich im Wesentlichen auf eine finanzielle Beteiligung. Die Begründung erwähne ferner nicht, dass es zu dem geplanten Durchgangsbahnhof keine echte Alternative gebe, da der Hauptbahnhof der Beklagten unzweifelhaft sanierungsbedürftig sei. Die von den Gegnern des Projekts favorisierte „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs sei keine vorzugswürdige Alternative und würde auch keine geringeren Behinderungen und Beeinträchtigungen mit sich bringen. Die Begründung führe die Bürgerinnen und Bürger auch mit dem Hinweis in die Irre, dass durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 keine Kosten entstünden, sondern im Gegenteil Steuern eingespart würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die Vertragspartner einem Ausstieg der Beklagten nur bei entsprechender finanzieller Gegenleistung zustimmen würden. Unberücksichtigt blieben darüber hinaus die von der Stadt bereits aufgewendeten Planungskosten für das Rosenstein-Viertel. Ferner rechne die Beklagte bis zum Jahr 2034 mit zusätzlichen Netto-Mehreinnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen in Höhe von ca. 300 Mio. Euro durch das Projekt. Schließlich würden die Unterzeichner mit der Behauptung, der Durchgangsbahnhof trenne mit einem 8 m hohen Wall den Schlossgarten von der Innenstadt ab, in die Irre geführt. Die Teilfragen 2 und 3 seien ebenfalls unzulässig. Der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007, mit dem die Ermächtigung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages erteilt worden sei, könne nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen am 05.10.2007 nicht mehr zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Fragen zu finanziellen Beteiligungen oder Kostenschätzungen wegen der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig. Die Teilfrage 4 sei im Hinblick auf die erfassten „weiteren Verträge“ inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Nachdem die vorangehenden vier Teilfragen unzulässig seien, könne auch die sich darauf beziehende Teilfrage 5 keinen Bestand haben und sei ebenfalls unzulässig.
21 
Dagegen erhoben der Kläger sowie die beiden anderen Vertrauensleute des Bürgerbegehrens mit Schreiben vom 30.01.2008 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Das Regierungspräsidium führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig. Nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 8 GemO BW, 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG könne jeder Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nur im eigenen Namen gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erheben und hierbei die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen. Die Unterzeichner des Widerspruchsschreibens vom 30.01.2008 hätten nach dessen eindeutigem Wortlaut den Widerspruch aber als Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 erhoben. Sie machten auch nicht die Verletzung eigener subjektiver Rechte als Unterzeichner des Bürgerbegehrens geltend. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass sie den Widerspruch als Vertreter der Bürger erhoben hätten, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt hätten. Dafür spreche auch, dass auf dem Briefumschlag als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ genannt und die Widerspruchsbegründung mit einem Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ vorgelegt worden sei. Hilfsweise sei der Widerspruch aus den im Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 genannten Gründen auch unbegründet.
22 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008, der dem Kläger am 18.07.2008 zugestellt wurde, hat dieser am 18.08.2008 Klage eingereicht, die sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen wie folgt begründet:
23 
Der Kläger erhebe die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet habe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums sei der Widerspruch des Klägers zulässig gewesen, da er das Bürgerbegehren auch selbst unterzeichnet habe. Dafür, dass der Kläger den Widerspruch nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt habe, gebe es keine Anhaltspunkte.
24 
Das Bürgerbegehren sei in allen fünf Teilfragen zulässig. Es sei hinsichtlich der Teilfrage 1 nicht verfristet. Keiner der im Widerspruchsbescheid genannten Beschlüsse des Gemeinderats stelle eine endgültige Grundsatzentscheidung über die Projektbeteiligung der Beklagten dar. In der mit Zustimmung des Gemeinderates geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 sei keine Finanzierungsvereinbarung enthalten, sondern lediglich die Einigung der Parteien, dass eine solche Vereinbarung nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erst noch getroffen werden solle. Eine Vereinbarung über ein milliardenschweres Projekt, die die Frage der Finanzierbarkeit offen lasse, könne aber nur als (unverbindliche) Absichtserklärung gewertet werden. Auch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 habe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Projekts gestanden. Bestätigt werde dies durch Ziffer 3.3 der Vereinbarung. Danach seien die Parteien berechtigt, die Beendigung des Projekts zu erklären, wenn die Verhandlungen über die Finanzierung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führten. Auch in der Zustimmung des Gemeinderats zu dieser Vereinbarung liege deshalb kein Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21. In diese Kette von im Ergebnis unverbindlichen Absichtserklärungen reihe sich das Memorandum of Understanding vom 19.07.2007 ein, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe.
25 
Erst am 05.10.2007 sei mit der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten eine verbindliche Regelung der Beteiligung der Beklagten an den im Memorandum of Understanding zugesagten Leistungen getroffen worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Vorbemerkung der Vereinbarung als auch aus der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007. Bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 handele es sich damit um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss, weil hierdurch die über Jahre hinweg offengebliebene Finanzierungsfrage zwischen den Beteiligten geklärt worden sei. Als solcher sei er einem Bürgerbegehen zugänglich.
26 
Die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens verfolge kein gesetzwidriges Ziel. Dies folge schon daraus, dass eine Abkehr von den vorangegangenen unverbindlichen Absichtserklärungen zwischen den Beteiligten gar keine Vertragsverletzung darstellen könne. Selbst wenn man von rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ausgehen wolle, seien bei einer notwendigen bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung die geforderten Maßnahmen nicht als Aufforderung zum Vertragsbruch zu begreifen, sondern zielten auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.
27 
Die im Bürgerbegehren angegebene Begründung sei ausreichend. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Von einer Irreführung oder Täuschung könne keine Rede sein. Ein Hinweis darauf, wer Vorhabensträger des Projektes Stuttgart 21 ist, sei entbehrlich. Dem unbefangenen Unterzeichner, der mit dem Projekt Stuttgart 21 nicht einverstanden sei, komme es nicht darauf an, ob eine Nichtrealisierung zwingende oder nur mögliche Folge eines Bürgerentscheids sei. Das Bürgerbegehren ziele darauf ab, dass die Stadt „aus dem Projekt aussteige“. Pro- und Kontraargumente müsse die Begründung nicht enthalten. Erst Recht könne nicht verlangt werden, mögliche Auswirkungen anderer potentieller Varianten im Bürgerbegehren darzustellen.
28 
Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter seien nach Grund und Höhe reine Spekulation. Gemessen an den Kosten des Gesamtprojekts seien die Planungskosten für das Rosensteinviertel zu vernachlässigen. Die prognostizierten Steuermehreinnahmen, die im Falle der Realisierung des Projekts in Betracht kämen, stellten lediglich mittelbare Folgen des Projekts dar und seien für den Kostendeckungsvorschlag nicht relevant.
29 
Auch die Teilfragen 2 und 3 seien zulässig. Zwar sei durch die Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung und der Vereinbarung über die Kaufvertragsänderung am 05.10.2007 der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 vollzogen worden. Der Gemeinderatsbeschluss sei aber gleichwohl nicht „verbraucht“, denn der Oberbürgermeister sei zu diesem Handeln nicht ermächtigt gewesen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue vor.
30 
Die Teilfrage 2 widerspreche auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW, wonach ein Bürgerentscheid über die Haushaltssatzung, Kommunalabgaben, Tarife oder Entgelte nicht zulässig sei. Die Ergänzungsvereinbarung gehe über die Klärung interner Finanzierungsfragen weit hinaus, da sie den über Jahre bestehenden Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts beseitige.
31 
Die Formulierung der Teilfrage 4 sei inhaltlich bestimmt. Mangels einer Einschränkung seien mit „weiteren Verträgen“ alle Verträge gemeint, die sich auf das Projekt Stuttgart 21 beziehen. Die vom Regierungspräsidium vertretene Auffassung, Teilfrage 4 stehe im Widerspruch zu der in Teilfrage 5 geforderten Aufhebungsvereinbarung, widerspreche dem Prinzip einer bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung von Bürgerbegehren.
32 
Schließlich sei auch die Teilfrage 5 zulässig. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sei jederzeit rechtlich und tatsächlich möglich. Im Übrigen werde nicht der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gefordert, sondern lediglich eine entsprechende Mitteilung an die weiteren Projektbeteiligten, die erst Recht jederzeit rechtlich wie tatsächlich möglich sei.
33 
Selbst wenn man einen Teil der im Bürgerbegehren aufgeworfenen Fragen als unzulässig ansehen wollte, habe dies nicht die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens zur Folge. Ziel des Bürgerbegehrens und damit „gemeinsamer Nenner“ sei der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfragen 2 bis 5 stellten mehrere Wege dar, dieses Ziel zu erreichen. Es sei augenscheinlich, dass jeder Unterzeichner als Gegner des Projekts auch mit einer geringeren Zahl von Forderungen einverstanden gewesen sei, wenn diese nur zum erstrebten Ziel führten. Selbst wenn man daher einzelne Fragen für unzulässig erachte, so seien die übrig bleibenden Fragen unzweifelhaft vom Willen der Unterzeichner gedeckt und blieben daher zulässig.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.01.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das Projekt Stuttgart 21 festzustellen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Ihr Prozessbevollmächtigter trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch vom Kläger als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens erhoben und damit das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
39 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO BW müsse ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richte, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Der Gemeinderat der Beklagten habe in der Sitzung vom 04.10.2007 keine erneute Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Vorhaben Stuttgart 21 gefasst.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers regele bereits die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995, der der Gemeinderat zugestimmt habe, verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21. Jedenfalls stelle die Zustimmung des Gemeinderates zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 eine verbindliche Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 dar. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen und zur Übernahme von Investitionskosten bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. Euro rechtlich bindend verpflichtet. Nach Ziffer 3.3 der Vereinbarung sei Voraussetzung für die Erklärung der Beendigung des Projekts die einvernehmliche Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Vorhabens. Ein einseitiges Ausstiegsrecht der Beklagten aus dem Projekt habe nicht bestanden. Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung am 04.10.2007 sei klargestellt worden, dass das „Ob“ der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt sei. Die maßgebliche Begründung der Beschlussvorlage beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten und damit auf das „Wie“ der Beteiligung.
41 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 werde der Weg zu einem Bürgerentscheid auch deshalb nicht eröffnet , weil die Frage der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig sei. Wegen des Ausschlusses der Haushaltswirtschaft von Bürgerbegehren gehörten die Beschlüsse des Gemeinderates, die sich lediglich mit der Finanzierung des Vorhabens befassten, nicht zu den weichenstellenden Entscheidungen.
42 
Ein neuer Grundsatzbeschluss liege auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Sachlage vor. Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 sei die Beteiligung der Beklagten an Investitionskosten auf 31,6 Mio. Euro reduziert worden; statt dessen habe die Beklagte Kostensteigerungsrisiken von bis zu 130 Millionen Euro (Kapitalwert 2007) übernommen. Die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren. Darüber hinaus sei die Teilrücklage zur Finanzierung des eventuellen städtischen Beitrages zur Risikoabsicherung schon im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 gebildet worden. Insoweit könne von einer Änderung der Sachlage wegen erheblicher zusätzlicher finanzieller Aufwendungen der Beklagten oder zusätzlicher Haushaltsrisiken durch das Projekt Stuttgart 21 keine Rede sein. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale zusätzliche direkte Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen in zukünftigen Stadthaushalten entstehen würden.
43 
Das Bürgerbegehren mit der unbedingten Forderung nach einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 verfolge auch ein rechtswidriges Ziel, denn sie sei mit den vertraglichen Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung von 1995 und der Realisierungsvereinbarung von 2001 unvereinbar. Die Voraussetzung für die Beendigung des Projekts, nämlich die mangelnde Einigung über dessen Finanzierung, sei nicht eingetreten. Diese Einigung sei vielmehr bereits mit dem Memorandum of Understanding im Juli 2007 erzielt worden.
44 
Im Hinblick auf den geforderten Ausstieg genüge auch die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den gesetzlichen Anforderungen. Den Bürgern habe dargelegt werden müssen, dass die Beklagte nicht Vorhabensträgerin des Projektes sei und deshalb nicht entscheiden könne, ob das Projekt verwirklicht werde oder nicht. An keiner Stelle der Begründung werde außerdem auf die ohnehin erforderliche Gesamtsanierung der Bahnanlagen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 2,3 Mrd. Euro hingewiesen. Die in der Begründung beschriebenen Behinderungen durch eine Großbaustelle entstünden in mindestens dem gleichen Umfang bei einer Sanierung des Kopfbahnhofes. Es werde außerdem nicht dargelegt, dass der Beklagten auch bei einem Verzicht auf das Projekt erhebliche Kosten entstünden. In der Begründung werde ferner nicht dargelegt, dass die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages unverzüglich nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 unterzeichnet werden sollten, was den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens bekannt gewesen sei. Die grobe Überzeichnung der Umstände durch die unzutreffende Behauptung, ein 8 m hoher Wall werde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen, rundeten das Bild einer unvollständigen und unzutreffenden Begründung ab. Die Begründung stütze sich auf Abwägungselemente des Planfeststellungsverfahrens, habe aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht der Stadt auf die finanzielle Beteiligung an diesem Projekt nichts zu tun. Zu den finanziellen Auswirkungen des Projekts für die Stadt nehme die Begründung nur am Rande Stellung.
45 
Es fehle in dem Bürgerbegehren schließlich auch ein Kostendeckungsvorschlag. Nachdem alle bisher abgeschlossenen Vereinbarungen verbindlich seien, bestehe zumindest dem Grunde nach das Risiko von Regressforderungen der anderen Projektbeteiligten. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Abstimmungsberechtigten die finanziellen Risiken des Ausstiegs aufzuzeigen.
46 
Auch hinsichtlich der Teilfragen 2 und 3 sei das Bürgerbegehren unzulässig. Die Verwaltung der Beklagten habe von den ihr durch Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages am 05.10.2007 unterzeichnet. Dazu sei der Oberbürgermeister berechtigt gewesen, denn ein Bürgerbegehren habe in Baden-Württemberg keine aufschiebende Wirkung. Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue liege ebenfalls nicht vor. Der Text des Bürgerbegehrens sei am 05.07.2007 veröffentlicht worden. Zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung am 04.07.2007 und des Abschlusses der Verträge am 05.10.2007 habe weder ein zulässiges noch ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren vorgelegen. Es habe deshalb keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die der Bürgerschaft durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Kompetenzen bestanden. Die Kompetenzausübung durch den Oberbürgermeister habe nicht der Behinderung von Kompetenzen der Bürgerschaft gedient, sondern der Vollziehung eines Gemeinderatsbeschlusses in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 GemO BW.
47 
Hinsichtlich der Teilfrage 4 zum „Abschluss weitere Verträge“ liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis vor. Nach der Auslegung des Klägers dürfe die Beklagte selbst bei einer Durchführung des Projekts Stuttgart 21 keine Verträge mit der Vorhabensträgerin abschließen, die ausschließlich dazu dienten, die Bürger vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Denkbar seien insbesondere Verträge über die Erhaltung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, Verkehrslenkungsmaßnahmen, Baulogistik und Bauablauf. Dies habe in der Begründung verdeutlicht werden müssen.
48 
Die Zulässigkeit der Teilfrage 5 stehe und falle mit der Zulässigkeit der vorhergehenden vier Teilfragen. Nachdem diese unzulässig seien, könne auch die letzte Teilfrage nicht fortbestehen.
49 
Das Bürgerbegehren sei auch nicht teilbar. Nachträglich könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Beweggründen die Unterzeichner ihre Unterschrift geleistet hätten. Dies treffe insbesondere für die Teilfrage 2 zu, in der das von der Stadt abzusichernde Risiko mit 206,94 Millionen Euro ausdrücklich genannt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zahlreiche Unterzeichner gerade die vertragliche Bindung der Stadt zu weiteren Finanzierungsbeiträgen hätten verhindern wollen. Die Aufrechterhaltung eines Teils des Bürgerbegehrens würde daher den Willen der Unterzeichner verfälschen.
50 
Während des Klageverfahrens haben das Land Baden-Württemberg, die Beklagte (vertreten durch das Land Baden-Württemberg), der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH, die DB Netz AG, die DB Station & Service AG, die DB Energie AG und die Deutsche Bahn AG (DB AG) auf der Grundlage des Memorandum of Understanding am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag zu dem Projekt Stuttgart 21 als Teil des Gesamtprojekts Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm geschlossen.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Bürgerbegehrens über die Bebauung eines Sportplatzgeländes.
Nordöstlich des Ortszentrums der Beklagten liegt in Westhanglage der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Östliche Ortserweiterung (Im alten Berg)" aus dem Jahr 1964. Ursprünglich war im Plan im Bereich eines dort bereits bestehenden Sportplatzes eine ca. 1,5 ha große Vorbehaltsfläche für den Sportplatz ausgewiesen, die im Westen, Norden und Osten von Wohngebieten (WR und WA) umgeben war. Neben weiteren Änderungen wurden Teile dieser Fläche in den folgenden Jahren in das östlich angrenzende Wohngebiet einbezogen. 1993 wurde im Interesse einer planungsrechtlichen Absicherung der sportlichen Nutzung in der Mitte des Baugebiets auf einer Fläche von ca. 1,1 ha der vorhandene und im Eigentum der Beklagten stehende Rasenplatz und im südöstlichen Bereich - auf Grundstücken, die im Eigentum der Sportgemeinde 1887 Nußloch e.V. (SGN) stehen - ein ebenfalls schon bestehendes Kleinspielfeld, jeweils nebst fester Nutzungszeiten, festgesetzt. Die Handballabteilung der SGN hatte den Spielbetrieb auf dem Kleinspielfeld bereits in den 80er Jahren wegen Nachbarschaftsbeschwerden eingestellt; Bemühungen, den Spielbetrieb nach der Bebauungsplanänderung und einer Umgestaltung des Spielfeldes wieder aufzunehmen, waren nicht von Dauer. Das Sportplatzgelände wurde in der Folgezeit hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen als Bolzplatz sowie von örtlichen Vereinen ab und zu als Festplatz genutzt. Ab 1999 war die SGN bestrebt, ihre Grundstücke zu veräußern und im Gegenzug an anderer Stelle Trainingsmöglichkeiten zu erhalten. Vor diesem Hintergrund stellte die Beklagte Überlegungen an, dort einen Kindergarten zu errichten. Am 29.03.2000 fasste der Gemeinderat der Beklagten einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, wonach im südöstlichen Bereich (Kleinspielfeld und benachbartes Vereinsheim) eine „Gemeinbedarfsfläche Kindergarten“ ausgewiesen werden solle. Weitere Verfahrensschritte blieben aus. Im Oktober 2003 regte die SGN mit Blick auf die anstehende Fortschreibung des Flächennutzungsplans, der den Sportplatzbereich als Grünzone (Sportflächen) auswies, an, das Gelände der Wohnbebauung zuzuführen; sie werde dann ihre Grundstücke der Beklagten übergeben, wenn diese im Gegenzug eine neue Sporthalle errichte.
Am 17.03.2004 beschloss der Gemeinderat der Beklagten im Rahmen der Empfehlung zur Flächenanmeldung bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015/2020, dass das Areal des Sportplatzes nicht zuletzt aus fiskalischen Gründen als Baugebiet ausgewiesen werden solle, was sodann beim gem. § 205 Abs. 6 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr.1, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 2 NVerbG zuständigen Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg beantragt wurde. Der Nachbarschaftsverband beschloss die entsprechende Darstellung im neuen Flächennutzungsplan 2015/2020 mit der Maßgabe, dass die neue Wohnbaufläche im ersten Zeitabschnitt bis 2015 einer Bebauung zugeführt werden könne. Der Flächennutzungsplan wurde am 15.07.2006 wirksam.
Die Kläger, deren Wohngrundstücke in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes liegen, gründeten zusammen mit anderen Anwohnern und Anliegern am 01.03.2007 den Verein „Rettet den Alten Berg“ e.V., der ein Bürgerbegehren initiierte. Am 24.05.2007 beantragten sie als Unterzeichner und Vertrauensleute bei der Beklagten ein Bürgerbegehren zur Frage „Soll die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung des Sportplatzes 'Alter Berg' unterbleiben?“. Zur Begründung war angegeben: „Das Freizeitgelände Sportplatz Alter Berg soll allen Nußlocher Bürgerinnen und Bürgern für Sport, Spiel und Freizeit erhalten bleiben.“ Das Bürgerbegehren wurde von 1431 Personen unterstützt, von denen die Beklagte 1344 als wahlberechtigt wertete. Am 20.06.2007 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass das beantragte Bürgerbegehren unzulässig sei und ein Bürgerentscheid nicht durchgeführt werde. Mit Bescheid vom 27.06.2007 wurde dies den Klägern mitgeteilt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass das Bürgerbegehren sich gegen den Flächennutzungsplan richte, was nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO ausgeschlossen sei.
Am 04.07.2007 erhoben die Kläger Widerspruch. Sie machten geltend, dass das Bürgerbegehren nicht auf eine Änderung des Flächennutzungsplans oder einen Bebauungsplan gerichtet sei. Vielmehr sollten künftige Planungs- und Umsetzungsschritte für eine Bebauung des Geländes unterbleiben. Ein solcher punktueller Planungsstopp durch die Verneinung der Frage nach dem „Ob“ eines Bebauungsplans, der als ein Moratorium den Status Quo vorübergehend erhalte, erfordere keine Abwägung in einem förmlichen Planverfahren. Es werde die Offenheit für die Zukunft gewahrt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2007 wies das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Widerspruch zurück. Es führte aus, dass ein durchführbarer Vorschlag zur Deckung der zu erwartenden Verfahrenskosten für eine neuerliche Änderung des Flächennutzungsplans fehle. Das Begehren befasse sich darüber hinaus mit einer Angelegenheit, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO vom Bürgerentscheid ausgenommen sei. Dies gelte dann, wenn es auf die Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet sei. Es sei aber auch dann unzulässig, wenn es lediglich darauf abziele, die Überplanung des Bereichs durch einen Bebauungsplan in Zukunft zu unterlassen. Ein bloßer Planungsstopp oder –verzicht sei hier nicht gegeben. Denn das Planungsverfahren habe bereits mit der Einleitung des Verfahrens zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnen. Der Flächennutzungsplan und der ihn konkretisierende Bebauungsplan enthielten einen einheitlichen Abwägungsvorgang, der nicht künstlich getrennt werden könne. Es gehe nicht um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens, da die Forderung nach dem Erhalt des Sport- und Freizeitgeländes im Widerspruch zu den rechtskräftigen Festsetzungen des Flächennutzungsplans stehe.
Am 08.01.2008 haben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Das Bürgerbegehren sei darauf gerichtet, einstweilen die Umsetzung des Flächennutzungsplans mittels verbindlicher Bauleitpläne zu verhindern. Es handele sich um einen typischen Grundsatzbeschluss im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens. Des Weiteren wendeten sie sich gegen die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung.
Mit Urteil vom 30.05.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Bürgerbegehren richte sich gegen die vorgesehene Bebauung, die die Änderung des geltenden Bebauungsplans voraussetze. Eine solche Änderungsentscheidung wie auch die verbindliche Entscheidung, eine Änderung zu unterlassen, betreffe unmittelbar die in der Zuständigkeit der Beklagten liegende verbindliche Bauleitplanung. Darüber finde ein Bürgerentscheid nicht statt, so dass ein darauf gerichtetes Bürgerbegehren unzulässig sei. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO verbiete nicht nur, dass die Bürgerschaft einen Bauleitplan als Satzung beschließe. Die Vorschrift habe vielmehr auch materiell-rechtlichen Charakter. Der Gesetzgeber sei bei der Änderung des § 21 GemO im Jahr 2005 zu der Auffassung gelangt, die Bauleitplanung sei wegen der in diesem Bereich erforderlichen vielschichtigen Abwägungsprozesse keine Angelegenheit, die die Bürgerschaft entscheiden könne. Dies gelte grundsätzlich für das ‚Ob’ und das ‚Wie’, denn beide Fragestellungen seien abwägungsrelevant und in die geforderte städtebauliche Konzeption einzubeziehen. Die Grundsatzentscheidung der Beklagten vom 17.03.2004, das Sportplatzgelände am „Alten Berg“ bis 2015 bebaubar zu machen und den Flächennutzungsplan zu ändern, sei nur durch eine Änderung des Flächennutzungsplans zu korrigieren. Denn das Verfahren sei rechtsbeständig abgeschlossen. Eine solche Änderung sei schon deshalb nicht bürgerentscheidsfähig, weil es keine Angelegenheit des Wirkungskreises der Beklagten sei, für die der Gemeinderat zuständig sei. Zuständig für die Änderung des Flächennutzungsplans sei der Nachbarschaftsverband. Die Kläger wollten jedoch keine Änderung des Flächennutzungsplans, sondern den Verzicht auf eine Bebauungsplanänderung zur Umsetzung der einschlägigen Festsetzung des Flächennutzungsplans. Eine Änderung des Bebauungsplans oder der bewusste Verzicht darauf sei eine Angelegenheit, für die der Gemeinderat der Beklagten zuständig sei. Diese rechtfertige aber kein Bürgerbegehren. Denn zumindest jetzt sei ein Verzicht auf die vorgesehene Planänderung keine weichenstellende Grundsatzentscheidung im Vorfeld der Bauleitplanung mehr. Der „Alte Berg“ sei nämlich ein seit 1964 überplantes Baugebiet. Die Frage des Wo und Wie des Sportplatzes sei bei den nachfolgenden Änderungen Gegenstand vielschichtiger Abwägungsprozesse gewesen. Seit 2006 habe die Beklagte mit der von ihr erreichten Änderung des Flächennutzungsplans jede planerische Priorität des bereits reduzierten Sportplatzgeländes rechtsbeständig verneint. Sie sei jetzt nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verpflichtet, weitere planerische Festsetzungen dieses Geländes aus dem geänderten Flächennutzungsplan zu entwickeln. Dies sei nur noch in Richtung auf Wohnbebauung möglich. Die Entscheidung, ob städtebauliche Gründe es erforderten, das Baugebiet „Alter Berg“ weiterzuentwickeln und den Bebauungsplan entsprechend zu ändern, sei von umfangreichen Überlegungen und Abwägungen abhängig, die das planerische Ermessen bestimmten, und könne nicht mit einer einfachen Fragestellung der Entscheidung der Bürgerschaft unterstellt werden. Die Vorabentscheidung über die Beibehaltung des Sportplatzes sei mit dem Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans verbunden worden und habe sich mit ihm erledigt. Die Umsetzung dieser Entscheidung, d.h. die Schließung des Platzes, sei eine zwingende Folge der anstehenden Änderung des Bebauungsplanes und als solche keiner gesonderten Entscheidung mehr zugänglich. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob das ehemals als Sportplatz ausgewiesene Gelände überhaupt noch als öffentliche Einrichtung im Sinne von § 10 Abs. 2 GemO anzusehen sei.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 27.10.2008 - 1 S 1766/08 - zugelassenen Berufung tragen die Kläger vor: Der Begriff des Bauleitplans i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei nicht zuletzt im Interesse direktdemokratischer Entscheidungsrechte eng auszulegen. Während der Be- griff Bauleitplanung den ganzen Planungsprozess umfasse, bezeichne das Wort Bauleitplan nur dessen auf einer abschließenden Abwägung beruhendes Ergebnis. Sinn der Regelung sei, die erforderlichen Abwägungen dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorzubehalten und nicht auf eine Ja-Nein-Fragestellung eines Bürgerentscheids zu reduzieren. Die komplexe Abwägung aller nach § 1 Abs. 6 BauGB relevanten Aspekte erfolge erst, wenn alle Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und alle Einwendungen vorlägen. Sie könne zwar nicht unter Umgehung des Gemeinderats durch einen Bürgerentscheid vorgenommen werden. Das gelte aber weder für einen Planungsstopp, auf den das Bürgerbegehren für den Bereich des Kleinspielfeldes und des Gebäudes abziele, noch für einen Planungsverzicht bezüglich des Sportplatzes. Das Bürgerbegehren strebe außerhalb eines laufenden Planverfahrens lediglich an, dass das Freizeitgelände „Alter Berg“ erhalten bleibe und die 2004 bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans ins Auge gefasste Bebauung nicht weiter verfolgt werde. Das Bürgerbegehren berühre zwar Fragen der Bauleitplanung, habe aber keinen Bauleitplan zum Inhalt. Es betreffe damit ausschließlich Fragen des „Ob“ weiterer Planung, die in jedem Fall bürgerentscheidsfähig seien. Im Unterschied zum positiven Beschluss über einen Bebauungsplan bewirke ein negativer Beschluss angesichts der zeitlich begrenzten Bindungswirkung eines Bürgerentscheids nicht mehr als ein Moratorium. Komplexe Abwägungen seien hier nicht gefordert. Es widerspreche dem Gesetz, den Bürgerentscheid auf „Grundsatzentscheidungen im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Vorhabens“ zu beschränken und alle in bauplanungsrechtlichen Verfahren möglichen Weichenstellungen davon auszunehmen. Es gehe jedenfalls aber um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld. Dieses ende nicht bereits mit dem Beschluss des Flächennutzungsplans bzw. dem entsprechenden Antrag des Gemeinderats. Der Flächennutzungsplan stecke vielmehr lediglich den Rahmen für künftige Bebauungspläne ab und eröffne breiten Raum für Grundsatzentscheidungen. Eine Planungspflicht folge aus dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht. Schließlich wende sich das Bürgerbegehren vorbeugend gegen die Aufhebung des Sportplatzes als einer öffentlichen Einrichtung. Eine solche Fragestellung sei bis zur Reform des § 21 GemO bürgerentscheidsfähig gewesen und sei auch jetzt nicht ausgeschlossen. Die Frage der Aufhebung habe sich durch den Antrag zum Flächennutzungsplan nicht erledigt.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2007 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 17.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Rettet den 'Alten Berg'“ für zulässig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen aus: Den Klägern gehe es um die Verhinderung von Bauleitplänen, also um die Entscheidung „über Bauleitpläne“. Der Wortlaut von § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei eindeutig und umfasse auch den gesamten Planungsprozess. Ein Planungsstopp oder -verzicht sei über einen Bürgerentscheid nicht zu erreichen. Die Bürger könnten alle Argumente gegenüber der Gemeinde im Rahmen der Beteiligungsrechte nach dem BauGB vortragen, sodass diese in eine Abwägungsentscheidung des Gemeinderats einbezogen werden könnten; hiergegen sei gerichtlicher Rechtsschutz gegeben. Komplexe Fragen im Rahmen von Bebauungsplanverfahren gebe es auch bereits im Vorfeld, hier im Hinblick auf die mit einer Bebauung verbundenen gemeindewirtschaftlichen Aspekte. Die Bürger hätten im Hinblick auf den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans vom 29.03.2000 innerhalb der 6-Wochen-Frist reagieren müssen. Die Einwände in Bezug auf die öffentliche Einrichtung seien unzutreffend. Die Kläger hätten nicht beantragt, eine öffentliche Einrichtung aufrechtzuerhalten, sondern eine Bebauung zu unterlassen. Schließlich fehle ein Kostendeckungsvorschlag, denn der Beklagten entgingen beträchtliche Einnahmen, wenn das Gelände nicht bebaut werde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
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1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
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c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
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(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
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Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
17 
1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
20 
c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
32 
(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
33 
Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ein Bürgerbegehren zuzulassen, das den Bau einer Eisenbahnunterführung in Amstetten betrifft.
Die Gemeinde Amstetten wird von der Eisenbahntrasse Stuttgart-Ulm, einer vielbefahrenen Intercitystrecke, durchschnitten. Ein innerörtlicher, Pkw-tauglicher Bahnübergang existiert nicht. Der Planungs- und Entscheidungsprozess bezüglich der Bahnunterführung, deren Bau mit dem erstrebten Bürgerbegehren verhindert werden soll, lässt sich ausweislich der Behördenakten wie folgt skizzieren:
Im Sommer 2002 schlug der Ortskernsanierungsausschuss zur städtebaulichen Entwicklung u.a. den Bau einer Pkw-tauglichen Bahnunterführung vor. In den Sitzungen vom 18.01. und 06.12.2003 befasste sich der Gemeinderat mit der Finanzierung dieser Baumaßnahme. In der Sitzung vom 22.11.2004 lag dem Gemeinderat eine erste Planung des Ingenieurbüros W. vor. Dieses hatte alternativ die Planung für eine Bahnüber- oder -unterführung berechnet und war zum Ergebnis gekommen, dass die Bahnunterführung mit ca. 1,6 Mio. EUR billiger sei als eine Überführung, deren Kosten auf ca. 2,2 Mio. EUR ermittelt wurden. Es gebe aus dem GVFG-Programm Zuschüsse in Höhe von 60 % der Herstellungskosten, der planende Ingenieur erläuterte, dass bei Bedarf der Abruf des Zuschusses über einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren verschoben werden könne, damit die Gemeinde ihren Anteil aufbringen könne. In der Sitzung beschloss der Gemeinderat, die Verwaltung zu beauftragen, mit der Vorplanung zur Pkw-Unterführung die Aufnahme ins GVFG-Programm zu beantragen. In der Sitzung vom 11.04.2005 beschloss der Gemeinderat, gegenüber der Bahn eine Kostenübernahmeerklärung betreffend der Planungskosten abzugeben. In der Sitzung vom 13.06.2005 teilte der Bürgermeister mit, dass die Bahnunterführung zwar nicht ins GVFG-Programm bis 2009 aufgenommen worden sei, die Maßnahme sei jedoch „im Nachtrag“; rufe eine andere Gemeinde ihren Zuschuss nicht ab, so könne man doch noch zum Zug kommen. Die Planungsarbeiten würden weiter laufen. Im November 2005 wurden ein eisenbahntechnisches und ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben. In der Sitzung vom 22.05.2006 teilte der Bürgermeister mit, die ...-... GmbH habe vergessen, den Bau in ihr Maßnahmenprogramm aufzunehmen, frühester Baubeginn sei damit im Frühjahr 2008. In der Sitzung vom 19.03.2007 teilte der Bürgermeister mit, dass das Bauprojekt aufgrund einer neuen Kostenschätzung nunmehr mit 2,8 Mio. EUR anzusetzen sei und erläuterte im Einzelnen, worauf die Kostensteigerung beruhte. In der Sitzung vom 29.10.2007 befasste sich der Gemeinderat mit einer Änderung der Trassenführung der Bahnhofstraße, um die Zufahrt zur Unterführung zu optimieren. In der Gemeinderatsitzung vom 26.11.2007 legte ein Ingenieur der Firma W. die endgültige Planung vor und bezifferte die Kosten nunmehr auf 2,94 Mio. EUR. Der Gemeinderat erfasste den Ausführungsbeschluss für die Planung unter der Voraussetzung, dass der Zuschussbescheid komme.
In der Gemeinderatsitzung vom 30.06.2008, die dann Anlass für das Bürgerbegehren wurde, gab der Bürgermeister eine neue Kostenberechnung bekannt, in die Vorgaben der Bundesbahn eingeflossen waren. Die Kostenberechnung lautete nunmehr auf 4,4 Mio. EUR. Die Mehrkosten resultierten weitgehend aus der Notwendigkeit aufwendigerer Gründungsmaßnahmen und der Verlegung von Fernmeldeleitungen. Bisher sei ein Zuschuss von 1,1 Mio. EUR bewilligt, der maximal mögliche betrage 2,5 Mio. EUR. Die Finanzierung der Maßnahme sei gesichert. Die Bahn wolle nunmehr wissen, ob der Bau vorangetrieben werde, da die notwendigen Sperrungen langfristig geplant werden müssten. Ausweislich des Protokolls wurde im Gemeinderat rege diskutiert, insbesondere über die gravierende Kostensteigerung, in der Folge wurde der Baubeschluss mit 14 : 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen gefasst.
Über diese Sitzung wurde im Amtsblatt berichtet, ebenso erschien in der örtlichen Presse am 03.07.2008 ein Zeitungsartikel „Kostenschock in Amstetten“.
In der Folge bildete sich in der Bevölkerung eine Bewegung, die wegen der gestiegenen Kosten den Bau der Unterführung zu verhindern versuchte. Als Initiatoren versuchten vor allem Frau V.-L., die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin gehört wurde und das Gemeinderatsmitglied Herr W. ein Bürgerbegehren herbeizuführen. Hierzu begannen sie ab 21.07.2008 Unterschriften zu sammeln. Auf den Unterschriftenblättern findet sich folgender Text:
Bürgerbegehren
        
Gem. § 21 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg in der Fassung vom 27. Juli 2005.
Das Bürgerbegehren richtet sich gegen die geplante Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 30.06.2008, veröffentlich im Amtsblatt Nr. 27 vom 03. Juli 2008.
Ich bin gegen den Bau dieser Unterführung!
Außerdem bestätige ich, dass ich meinen Hauptwohnsitz in 73340 Amstetten/Württemberg habe.
Darunter befinden sich Tabellen jeweils für Name, Vorname, Straße und Hausnummer sowie Unterschrift .
Am 12.08.2008 wurden die Unterschriftenlisten der Gemeindeverwaltung zusammen mit einem Anschreiben übergeben, das von Frau V.-L. und Herrn W. unterschrieben ist und in dem es heißt: „Sehr geehrte Damen und Herren, anbei übergeben wir Ihnen die Unterschriftenliste mit 519 Unterzeichnern, die sich gegen den Bau der geplanten Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof richten. Beigefügt war außerdem ein Blatt mit folgendem Text:
10 
Anlage zur Unterschriftenliste
11 
1. Der Eigenanteil der Gemeinde Amstetten an der geplanten Baumaßnahme ist unverhältnismäßig von der ersten Kostenschätzung zur Zweiten bekannt gemachten Investitionssumme gestiegen. Eine weitere Kostenexplosion muss nach Sachlage befürchtet werden.
2. Es wurde keine Kosten-/Nutzungsrechnung bekannt gemacht.
3. Folgekosten, wie z.B. Instandhaltung, stehen keine direkten oder indirekten Einnahmen gegenüber.
4. Eine eventuelle Nutzung kann nur ein Teil der Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.
Transportfahrzeuge für Gewerbetreibende müssen weiterhin die Umfahrung wählen. Für Fußgänger und Radfahrer besteht in unmittelbarer Nähe bereits eine barrierefreie Unterführung.
5. Größere Rettungsfahrzeuge könne die Durchfahrt nicht nutzen.
6. Solange die Streckenführung der neuen B 10 nicht geklärt ist, sind vermeintliche Verkürzungen als Zubringer grundsätzlich in Frage zu stellen.
7. Es steht zu befürchten, dass diese Baumaßnahmen ein vergleichbares Dasein fristen könnte, wie die B 10-Unterführung zum „Staffelweg“.
12 
Die Überprüfung seitens der Beklagten ergab, dass 510 gültige Unterschriften vorhanden waren. Auf Nachfrage der Beklagten teilte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis in seiner Stellungnahme vom 20.08.2008 mit, das Bürgerbegehren sei unzulässig, da keine Begründung enthalten sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderates entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen hierfür befassen können. Die nachgereichte Anlage sei den Bürgern nicht bekannt gewesen und genüge mithin dem Begründungserfordernis nicht.
13 
In seiner Sitzung vom 29.09.2008 befasste sich der Gemeinderat mit der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Ausweislich des Protokolls kreiste die Diskussion im Wesentlichen um die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Erwägungen, durch Gemeinderatsbeschluss einen Bürgerentscheid herbeizuführen, wurden offenbar nicht angestellt. Der Gemeinderat beschloss mit 16 : 2 Stimmen, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Diese Entscheidung wurde Frau V.-L. und Herrn W. unter dem Datum 30.09.2008 mitgeteilt.
14 
Am 06.10.2008 legte der Kläger gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 29.09.2008 Widerspruch ein und begründete diesen damit, die Bürger hätten sich sehr wohl mit den Gründen des Bürgerbegehrens befassen können. Ihm als Mitunterzeichner habe zur Zeit der Unterschriftsleistung ein Artikel der Geislinger Zeitung vorgelegen, der von einer Kostenexplosion von 1,2 auf 4,4 Mio. EUR berichte. Außerdem habe er nochmals die Bekanntmachung aus dem Amtsblatt durchgelesen, auf die sich die Unterschriftsliste berief. Darin hätten genug Gründe gestanden.
15 
In seiner Sitzung vom 03.11.2008 befasste sich der Gemeinderat mit dem Abschluss der Kreuzungsvereinbarung mit der DB und beschloss mit 14 : 2 Stimmen, die Kreuzungsvereinbarung abzuschließen. Die „Vereinbarung über die Herstellung einer neuen Kreuzung gem. § 11 Abs. 1 EKrG“ zwischen der Beklagten und der DB Netz AG ist mittlerweile unterzeichnet.
16 
Durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren müsse, um zulässig zu sein, auch eine Begründung enthalten. Auch wenn nur geringe verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen seien, führe das gänzliche Fehlen einer Begründung doch dazu, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderats verantwortlich über das Vorhaben entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen befassen können, die gegen das Projekt vorgebracht würden. Durch die vom Gesetzgeber geforderte Begründung solle sichergestellt werden, dass sich jeder einzelne Unterzeichner mit den Gründen befasst habe, die gegen die Durchführung der Unterführung sprächen. Die bloße Möglichkeit, sich über die Hintergründe in der Tageszeitung oder dem Amtsblatt zu informieren, reichten nicht aus. Da die Unterschriftenlisten gar keine Begründungen enthielten, sei das Bürgerbegehren für unzulässig erachtet worden. Die nachgereichte Anlage zur Unterschriftenliste sei den Unterstützern des Bürgerbegehrens im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht bekannt gewesen.
17 
Am 16.12.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Bereits am 03.11.2008, dem Tag der Gemeinderatssitzung zum Abschluss des Kreuzungsvertrages hatte er (beim Gericht per Fax eingegangen um 17:49 Uhr) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bau der Unterführung vorläufig zu untersagen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
18 
Zur Begründung macht der Kläger wie bereits im Widerspruch geltend, sowohl das Amtsblatt Nr. 27 vom 03.07.2008 wie auch die Presse habe über die Kostenexplosion des Projekts berichtet. Diese würden von den Bürgern als Informationsquellen genutzt. Außerdem habe bei seiner persönlichen Unterschriftsleistung in den letzten Tagen vor Abgabe des Sammelordners das Blatt „Anlage zur Unterschriftenliste“ ebenfalls auf dem Tisch gelegen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2008 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 17.11.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das beantragte Bürgerbegehren zuzulassen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und ihres Beschlusses, wonach das Bürgerbegehren schon deshalb unzulässig sei, weil den Unterschriftenlisten keine Begründung beigefügt gewesen sei. Darüber hinaus könne ein Bürgerentscheid schon deshalb nicht mehr stattfinden, weil die Gemeinde durch den Abschluss des Kreuzungsvertrages mit der DB Netz AG nach außen hin rechtlich gebunden sei und der Bürgerentscheid ihr kein Kündigungsrecht gebe. Weiter wird geltend gemacht, der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung - GO - sei entsprechend anzuwenden, wenn die Maßnahme - wie hier - aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werde. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde. Die geplante Straße werde aufgrund der Widmung nicht nur den Einwohnern der Gemeinde zur Verfügung stehen, sondern jedermann, weshalb das Vorhaben über den Wirkungskreis der Gemeinde hinausgehe.
24 
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Stellungnahme der ...-... GmbH zu den Terminplanungen der Baumaßnahme eingeholt. In der Stellungnahme vom 27.11.2008 heißt es, für den Einbau der notwendigen Hilfsbrücken müssten sogenannte „Sperrpausen“ angemeldet werden, dies sei nun für den Zeitraum 18.07. bis 27.07.2009 erfolgt. Der eigentliche Baubeginn, d.h. die ersten Baumaßnahmen seien für den 02.03.2009 geplant. Dieser Termin sei wegen der Sperrpausen im Juli 2009 nicht mehr disponibel. Müssten die Sperrpausen abgesagt werden, käme es zu einer Verzögerung des Baubeginns von ca. 24 Monaten.
25 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Frau V.-L. als Zeugin gehört. Diese hat angegeben, sie sei aufgrund des Zeitungsartikels tätig geworden. Sie hätten im Freundeskreis überlegt, wie die Baumaßnahme zu stoppen sei und erkannt, dass dies nur durch ein Bürgerbegehren möglich sei. Sie hätten dann im Zeitraum vom 21.07. bis 12.08.2008 Unterschriften gesammelt. Die Unterschriftenlisten hätten auf der Poststelle ausgelegen, ferner sei sie - und auch andere - von Haustür zu Haustür gegangen und habe Unterschriften gesammelt. Eines Tages sei dann der Bürgermeister zum Postamt gekommen und habe Herrn W. auf die fehlende Begründung des Bürgerbegehrens hingewiesen. Daraufhin habe sie die Begründung verfasst und auch Herrn W. zugeleitet. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Begründungsblätter den Unterschriftenlisten lose beigelegen. Sie selbst habe die Begründungsblätter immer dabei gehabt, sie könne jedoch nicht sicher sagen, dass jeder Unterschriftenliste ein Begründungsblatt beigelegen habe. Sie könne auch nicht sicher sagen, wie Herr W. das gehandhabt habe. Ab wann das Begründungsblatt den Unterschriftenlisten beigefügt gewesen sei, könne sie datumsmäßig nicht mehr fixieren, auch könne man nicht nachvollziehen, wie viele Unterschriften geleistet worden seien, nachdem die Begründung erstellt worden sei. Da sie in der letzten Woche die meisten Unterschriften gesammelt hätten, könne sie sich gut vorstellen, dass schon nach Existenz des Begründungsblattes genug Unterschriften für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gesammelt worden seien, belegen könne sie das aber nicht.
26 
Ferner ist der Projektleiter der ...-... GmbH angehört worden. Dieser hat angegeben, der Beginn der Baumaßnahmen sei auf März 2009 festgelegt. Dies sei erforderlich, um die Sperrpausen im Juli 2009 zu nutzen. Am 04.07.2009 werde die erste Hilfsbrücke eingebaut. Das Bauende sei voraussichtlich im November 2009. Den Begriff „Sperrpause“ müsse man sich wie folgt vorstellen: Während mancher Arbeitsschritte sei nur ein Gleis blockiert und der Zugverkehr könne über das andere umgeleitet werden. Es gebe aber bestimmte Arbeitsschritte, bei denen die Baumaschinen nicht nur ein Gleis blockieren, sondern auch auf Nachbargleise hineinragen würden, sodass für diese Zeiten kein Zug die Baustelle passieren könne. Solche Baumaßnahmen würden in der Regel in der Nacht von einem Sonntag auf einen Montag durchgeführt, da in diesen Nächten die wenigsten Güterzüge unterwegs seien. Die Dauer dieser Baumaßnahmen, die die Bahnlinie voll blockierten, sei zwar jeweils relativ kurz, oft nur ca. zwei Stunden. Wegen der dichten Taktfrequenz auf dieser Strecke sei es jedoch erforderlich, diese Sperrpausen langfristig zu planen, der zeitliche Vorlauf liege derzeit bei ca. zwei Jahren. Die Anmeldung der Sperrpause für Juli 2009 habe also im Jahr 2007 stattgefunden. Neben dieser mehrjährigen Planung gebe es auch eine unterjährige Planung, die ca. 28 Wochen vor dem Projektbeginn einsetze. Die unmittelbare Bau- und Betriebsplanung lege dann die einzelnen Bauschritte konkret fest, dafür würden die verantwortlichen Planer und Bauleiter namentlich benannt, dies erfolge ca. 6 Wochen vor Beginn der Maßnahme. Im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses vom 30.06.2008 sei aus Sicht der Bahn „die Saat längst ausgebracht“ gewesen. Hätte die Gemeinde für diesen Zeitpunkt die Weiterführung der Maßnahme abgelehnt, hätten die Sperrpausen im Juli 2009 abgesagt werden müssen. Hätte man sich dann jedoch entschlossen, doch zu bauen, hätte eine Weiterplanung wegen erforderlicher neuerer Sperrpausen frühestens nach zwei Jahren erfolgen können. Die Vorlaufzeit für die Sperrpausen wirke für Außenstehende zwar lang, jedoch müsse bedacht werden, dass es an den Eisenbahntrassen ja nicht nur jeweils eine Baustelle gäbe. Jede Baustelle führe zu Verzögerungen für einzelne Züge, die sich dann zu Verspätungen addieren würden. Die verschiedenen Baustellen müssten also so koordiniert werden, dass sich die Einzelverzögerungen nicht zu Zugverspätungen aufaddierten. Dieses zur Verfügung stehende Zeitkontingent werde durch die Sperrpausen zugeteilt. Die Zuteilung der Sperrpausen erfolge durch die Netz AG, deren genaue Kriterien kenne er nicht.
27 
Auf entsprechende Fragen des Klägers hat Herr H. Folgendes angegeben: Wann er über das Bürgerbegehren informiert worden sei, wisse er nicht. Man habe ihm das wohl telefonisch mitgeteilt, dies habe für seine Arbeiten jedoch keine Konsequenzen gehabt. Hinsichtlich der Sperrpausen ändere sich bei einer Verschiebung der Baumaßnahme insoweit nichts, als bestimmte Arbeiten eben am Wochenende durchgeführt werden müssten, etwa der Einbau der Hilfsbrücken. Dass für die Zeit der Sperrpausen Züge über andere Strecken umgeleitet würden, könne sein, das wisse er nicht, da diese Disposition von der Netz AG gemacht werde. Das deutsche Eisenbahnnetz stehe ja nicht nur der DB zur Verfügung, sondern ebenso anderen, auch ausländischen Eisenbahngesellschaften. Die Nutzung des Schienennetzes koordiniere die Netz AG, dazu könne er nichts sagen. Auch der Kreuzungsvertrag werde von der Gemeinde mit der DB Netz AG geschlossen.Wann die einzelnen Unterschriften geleistet worden seien, könne er nicht sagen. Der Bürgermeister der Beklagten hat an dieser Stelle erläutert, er habe am 03.11.2008 unterschrieben, die Gegenzeichnung sei wohl am 13.12.2008 erfolgt. Angesprochen auf Vorleistungen hat Herr H. erläutert, allein während der letzten drei Wochen seien Vorarbeiten im „sechsstelligen Eurobereich“ durchgeführt worden. So habe er etwa schon die zu verlegenden Kabel bestellt. Dabei handele es sich um spezielle Fernmeldekabel, die nur für diese Baustelle angefertigt würden und anderweitig nicht verwertbar seien. Werde auf den Bau verzichtet, könne er die Kabel eigentlich nur noch zum Materialwert verkaufen. Auch seien schon Baumaßnahmen mit einem Volumen von rund 1,8 Mio. EUR ausgeschrieben worden, die Submission sei für Ende Januar 2009 geplant. Man müsse sich immer vor Augen führen, dass die Planungsarbeiten schon seit ca. zwei Jahren liefen.
28 
Der Bürgermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung noch erläutert, das Regierungspräsidium habe mündlich einen Zuschuss von insgesamt 1,7 Mio. EUR zugesagt. Die Kosten der Gesamtmaßnahme würden aktuell auf 4,2 Mio. EUR veranschlagt, die Finanzierung sei gesichert.
29 
Dem Gericht liegen die Behördenakten vor. Auf diese sowie die Gerichtsakten - auch des Verfahrens 7 K 2643/08 - wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
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Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
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(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
47 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
48 
Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
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Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
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Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Gründe

 
30 
Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
47 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
48 
Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
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Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
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Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 erreicht werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens festzustellen.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Stuttgart - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale zwischen Paris und Bratislava. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus den Stadtteilen Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Untertürkheim sowie einen 9,5 km langen sog. Fildertunnel angebunden werden. Mit den neuen Tunnelstrecken und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entstünde eine Ringstrecke, die den Verkehrsknoten Stuttgart insgesamt leistungsfähiger machen soll. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks sollen in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ soll die Neubaustrecke neben der Bundesautobahn A 8 bis zu einem neuen Bahnhof Flughafen/Messe verlaufen, an dem Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Zeitgleich mit dem Projekt soll zwischen Wendlingen und Ulm eine zweigleisige Neubaustrecke als Hochgeschwindigkeitsstrecke realisiert werden (NBS Wendlingen - Ulm).
Vorhabensträgerin des Projekts Stuttgart 21 sind die Deutsche Bahn AG bzw. ihr zugehörige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: Deutsche Bahn). An der Finanzierung beteiligen sich neben der Deutschen Bahn die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH sowie die Beklagte.
Im Hinblick auf die Aspekte Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung, Denkmalschutz und Finanzen wird das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Im Vorfeld, u.a. im Raumordnungsverfahren, wurden zahlreiche Alternativkonzepte untersucht. Ein Alternativkonzept unter dem Namen Kopfbahnhof 21 sieht eine Sanierung und „Ertüchtigung“ des bisherigen Kopfbahnhofes vor.
Nach dem Raumordnungsverfahren hat die Vorhabensträgerin das Projekt Stuttgart 21 in verschiedene Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Für den Kernbereich (Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen einschließlich Fildertunnel) liegen bestandskräftige eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vor. Mit Urteilen vom 06.04.2006 (5 S 596/05, 5 S 847/05 und 5 S 848/05, jeweils juris) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klagen des Landesverbandes Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und privater Eigentümer gegen den Umbau des Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1) abgewiesen. In der Begründung heißt es, für den Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart bestehe ein verkehrlicher Bedarf. Das Vorhaben sei aus den im Planfeststellungsbeschluss ausgeführten verkehrlichen Gründen - u.a. die Bereitstellung einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung des Verkehrsknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen, die Anbindung der Filderregion und der neuen Messe - planerisch gerechtfertigt. Die von den Gegnern des Projekts befürwortete Beibehaltung und „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs dränge sich im Rahmen der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit nicht als vorzugswürdige Alternative auf.
Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 ergibt sich insbesondere aus folgenden Vereinbarungen:
Am 07.11.1995 wurde zwischen der Deutschen Bahn AG, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 geschlossen, der der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt hat. Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind im Wesentlichen eine Beschreibung des Projekts sowie Regelungen über Investitionen und Finanzierungsfragen, zu planungsrechtlichen Festlegungen und zur Übernahme von frei werdenden Bahnflächen.
Unter dem 24.07.2001 schlossen die Deutsche Bahn AG, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm“ (sog. Realisierungsvereinbarung). Gegenstand dieser Vereinbarung ist insbesondere die Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg, die zuwendungsfähigen Kosten der NBS Wendlingen-Ulm sowie den Bundesanteil für Stuttgart 21 vorzufinanzieren. Darüber hinaus werden in der Vereinbarung Regelungen über den Erwerb von frei werdenden Bahnflächen durch die Beklagte, die Finanzierung und die Übernahme von Kostenrisiken getroffen. Der Gemeinderat der Beklagten hatte der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24.07.2001 mit Beschluss vom 12.07.2001 zugestimmt.
Mit Beschluss vom 19.12.2001 stimmte der Gemeinderat der Beklagten einem Kaufvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG bzw. der DB Netz AG als Verkäufer und der Beklagten als Käufer über frei werdende Bahnflächen (Teilgebiete A 2, A 3, B, C und D) zu. Der Kaufvertrag wurde unter dem 21.12.2001 abgeschlossen.
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Nach einer erneuten Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn AG einigten sich die Beteiligten unter dem 19.07.2007 auf ein sog. Memorandum of Understanding zur Realisierung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und des Projekts Stuttgart 21. Um den Baubeginn der Neubaustrecke vorziehen zu können, erklärte sich das Land Baden-Württemberg bereit, mit einem festen Zuschuss, beginnend ab 2010, die Investitionskosten einschließlich der Planungskosten bis 2016 zu finanzieren. Im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21 stellten die Beteiligten fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Das Memorandum enthält darüber hinaus Absprachen zur Höhe der Beteiligung der Parteien an den Investitionskosten und am Kostensteigerungsrisiko. Im Memorandum sind die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt ist. Die Parteien erklärten schließlich, dass zur Umsetzung des Memorandums Einzelheiten in einem Finanzierungsvertrag geregelt werden sollten. In einer Nebenabrede sagte die Beklagte der Bahn zu, auf die aus dem Kaufvertrag vom 21.12.2001 herrührenden Verzugzinsen wegen der verspäteten Übergabe der Flächen bis zum 31.12.2020 zu verzichten. Der Gemeinderat der Beklagten wurde über das Ergebnis der Verhandlungen in der Sitzung am 19.07.2007 unterrichtet.
11 
Im Hinblick auf die vom „Land und seien Partnern“ im Memorandum of Understanding zugesagten Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen schlossen das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte am 05.10.2007 eine Ergänzungsvereinbarung über ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21. Die Ergänzungsvereinbarung soll nach ihrem Wortlaut der „verbindlichen Regelung der Beteiligung der Landeshauptstadt und des Verbandes Region Stuttgart an den im Memorandum zugesagten Leistungen“ dienen und die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänzen. Nach der Ergänzungsvereinbarung trägt die Beklagte u.a. von den nach dem Memorandum vom Land Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen abzusichernden Kostenerhöhungsrisiken in Höhe von 780 Mio. Euro anteilig 206,94 Mio. Euro. Der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte haben in der Ergänzungsvereinbarung ferner das Land unwiderruflich ermächtigt, den Finanzierungsvertrag für das Projekt Stuttgart 21 mit der Deutschen Bahn und der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen. Am 05.10.2007 wurde auch die verabredete Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 über den Verzicht auf Verzugszinsen bis 2020 notariell beurkundet.
12 
Der Gemeinderat der Beklagten hatte in seiner vorangegangenen Sitzung vom 04.10.2007 die Zustimmung zum Abschluss der o.g. Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 beschlossen und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss der Verträge vorzunehmen. Einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 zu fassen, lehnte die Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 04.10.2007 ab.
13 
Am 05.10.2007 begann eine Koordinierungsgruppe Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 daraufhin mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 herbeigeführt werden sollte. In der Folgezeit wurden der Beklagten Unterschriftenlisten mit über 70.000 Unterschriften übergeben.
14 
Auf den jeweiligen Unterschriftenlisten heißt es unter der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“:
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Wir beantragen gemäß § 21 Abs. 3 der Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
16 
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt STUTTGART 21 aussteigt;
17 
- dass sie keine Ergänzungsvereinbarung mit den Projektpartnern abschließt, die u. a. von der Stadt abzusichernde Risiken in Höhe von 206,94 Mio. Euro vorsieht;
- dass sie keine Änderung des Kaufvertrages mit der Deutschen Bahn für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D, insbesondere nicht unter der Erklärung des Verzichts auf Verzugszinsen aus dem Grundstücksgeschäft, vornimmt;
- dass sie keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt und
- dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitteilt?“
18 
Begründung: STUTTGART 21 (S 21) würde der Stadt über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten in der Stadt bescheren - mit allen damit verbundenen Beeinträchtigungen. S 21 würde über lange Jahre hinweg zu gravierenden Verkehrsbehinderungen führen. Großbaustellen, die während des Planfeststellungsverfahrens nicht absehbar waren, werden neue verkehrliche Verhältnisse schaffen und logistische Probleme mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet produzieren. Die bereits heute an vielen Orten über den gültigen Grenzwerten liegende Feinstaubbelastung der Stuttgarter Luft würde nochmals verschärft. Der 8 m hohe Wall des geplanten Tunnelbahnhofs würde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen. S 21 würde zusätzliche finanzielle Mittel der Stadt erforderlich machen. Zudem sollen der Bahn AG Zinsen erlassen werden - Geld, das der Stadt dann fehlt. Angesichts der Dimension dieses Projekts, der langen Bauzeit, den damit verbundenen Beeinträchtigungen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Stadt wollen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart sich weiterhin am Projekt STUTTGART 21 beteiligen und ob sie weitergehende finanzielle Verpflichtungen dafür eingehen soll.
19 
Kostendeckung: Dieses Bürgerbegehren fordert keine neuen Ausgaben, sondern den Verzicht auf ein teures Projekt und somit die Einsparung von Steuergeldern.
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Mit Bescheid vom 09.01.2008 stellte die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 20.12.2007 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21 unzulässig sei. Die Beklagte begründete ihren Bescheid damit, dass die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens wegen Zeitablaufs unzulässig sei. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei bereits mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung 07.11.1995, spätestens aber mit der Zustimmung zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 getroffen worden. Die Zustimmung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung mit Beschluss vom 04.10.2007 sei keine neue Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen könne. Die Teilfrage 1 sei auch deshalb unzulässig, weil ein gesetzwidriges Ziel, nämlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, verfolgt werde. Die Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie vermittele den Eindruck, dass Beeinträchtigungen wie beispielsweise beim Verkehr und bei der Feinstaubbelastung bei einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt nicht eintreten würden. Die Entscheidung über eine Aufgabe des Projekts sei aber allein Sache der Deutschen Bahn. Der Beitrag der Beklagten beschränke sich im Wesentlichen auf eine finanzielle Beteiligung. Die Begründung erwähne ferner nicht, dass es zu dem geplanten Durchgangsbahnhof keine echte Alternative gebe, da der Hauptbahnhof der Beklagten unzweifelhaft sanierungsbedürftig sei. Die von den Gegnern des Projekts favorisierte „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs sei keine vorzugswürdige Alternative und würde auch keine geringeren Behinderungen und Beeinträchtigungen mit sich bringen. Die Begründung führe die Bürgerinnen und Bürger auch mit dem Hinweis in die Irre, dass durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 keine Kosten entstünden, sondern im Gegenteil Steuern eingespart würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die Vertragspartner einem Ausstieg der Beklagten nur bei entsprechender finanzieller Gegenleistung zustimmen würden. Unberücksichtigt blieben darüber hinaus die von der Stadt bereits aufgewendeten Planungskosten für das Rosenstein-Viertel. Ferner rechne die Beklagte bis zum Jahr 2034 mit zusätzlichen Netto-Mehreinnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen in Höhe von ca. 300 Mio. Euro durch das Projekt. Schließlich würden die Unterzeichner mit der Behauptung, der Durchgangsbahnhof trenne mit einem 8 m hohen Wall den Schlossgarten von der Innenstadt ab, in die Irre geführt. Die Teilfragen 2 und 3 seien ebenfalls unzulässig. Der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007, mit dem die Ermächtigung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages erteilt worden sei, könne nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen am 05.10.2007 nicht mehr zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Fragen zu finanziellen Beteiligungen oder Kostenschätzungen wegen der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig. Die Teilfrage 4 sei im Hinblick auf die erfassten „weiteren Verträge“ inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Nachdem die vorangehenden vier Teilfragen unzulässig seien, könne auch die sich darauf beziehende Teilfrage 5 keinen Bestand haben und sei ebenfalls unzulässig.
21 
Dagegen erhoben der Kläger sowie die beiden anderen Vertrauensleute des Bürgerbegehrens mit Schreiben vom 30.01.2008 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Das Regierungspräsidium führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig. Nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 8 GemO BW, 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG könne jeder Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nur im eigenen Namen gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erheben und hierbei die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen. Die Unterzeichner des Widerspruchsschreibens vom 30.01.2008 hätten nach dessen eindeutigem Wortlaut den Widerspruch aber als Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 erhoben. Sie machten auch nicht die Verletzung eigener subjektiver Rechte als Unterzeichner des Bürgerbegehrens geltend. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass sie den Widerspruch als Vertreter der Bürger erhoben hätten, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt hätten. Dafür spreche auch, dass auf dem Briefumschlag als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ genannt und die Widerspruchsbegründung mit einem Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ vorgelegt worden sei. Hilfsweise sei der Widerspruch aus den im Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 genannten Gründen auch unbegründet.
22 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008, der dem Kläger am 18.07.2008 zugestellt wurde, hat dieser am 18.08.2008 Klage eingereicht, die sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen wie folgt begründet:
23 
Der Kläger erhebe die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet habe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums sei der Widerspruch des Klägers zulässig gewesen, da er das Bürgerbegehren auch selbst unterzeichnet habe. Dafür, dass der Kläger den Widerspruch nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt habe, gebe es keine Anhaltspunkte.
24 
Das Bürgerbegehren sei in allen fünf Teilfragen zulässig. Es sei hinsichtlich der Teilfrage 1 nicht verfristet. Keiner der im Widerspruchsbescheid genannten Beschlüsse des Gemeinderats stelle eine endgültige Grundsatzentscheidung über die Projektbeteiligung der Beklagten dar. In der mit Zustimmung des Gemeinderates geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 sei keine Finanzierungsvereinbarung enthalten, sondern lediglich die Einigung der Parteien, dass eine solche Vereinbarung nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erst noch getroffen werden solle. Eine Vereinbarung über ein milliardenschweres Projekt, die die Frage der Finanzierbarkeit offen lasse, könne aber nur als (unverbindliche) Absichtserklärung gewertet werden. Auch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 habe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Projekts gestanden. Bestätigt werde dies durch Ziffer 3.3 der Vereinbarung. Danach seien die Parteien berechtigt, die Beendigung des Projekts zu erklären, wenn die Verhandlungen über die Finanzierung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führten. Auch in der Zustimmung des Gemeinderats zu dieser Vereinbarung liege deshalb kein Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21. In diese Kette von im Ergebnis unverbindlichen Absichtserklärungen reihe sich das Memorandum of Understanding vom 19.07.2007 ein, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe.
25 
Erst am 05.10.2007 sei mit der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten eine verbindliche Regelung der Beteiligung der Beklagten an den im Memorandum of Understanding zugesagten Leistungen getroffen worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Vorbemerkung der Vereinbarung als auch aus der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007. Bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 handele es sich damit um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss, weil hierdurch die über Jahre hinweg offengebliebene Finanzierungsfrage zwischen den Beteiligten geklärt worden sei. Als solcher sei er einem Bürgerbegehen zugänglich.
26 
Die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens verfolge kein gesetzwidriges Ziel. Dies folge schon daraus, dass eine Abkehr von den vorangegangenen unverbindlichen Absichtserklärungen zwischen den Beteiligten gar keine Vertragsverletzung darstellen könne. Selbst wenn man von rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ausgehen wolle, seien bei einer notwendigen bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung die geforderten Maßnahmen nicht als Aufforderung zum Vertragsbruch zu begreifen, sondern zielten auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.
27 
Die im Bürgerbegehren angegebene Begründung sei ausreichend. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Von einer Irreführung oder Täuschung könne keine Rede sein. Ein Hinweis darauf, wer Vorhabensträger des Projektes Stuttgart 21 ist, sei entbehrlich. Dem unbefangenen Unterzeichner, der mit dem Projekt Stuttgart 21 nicht einverstanden sei, komme es nicht darauf an, ob eine Nichtrealisierung zwingende oder nur mögliche Folge eines Bürgerentscheids sei. Das Bürgerbegehren ziele darauf ab, dass die Stadt „aus dem Projekt aussteige“. Pro- und Kontraargumente müsse die Begründung nicht enthalten. Erst Recht könne nicht verlangt werden, mögliche Auswirkungen anderer potentieller Varianten im Bürgerbegehren darzustellen.
28 
Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter seien nach Grund und Höhe reine Spekulation. Gemessen an den Kosten des Gesamtprojekts seien die Planungskosten für das Rosensteinviertel zu vernachlässigen. Die prognostizierten Steuermehreinnahmen, die im Falle der Realisierung des Projekts in Betracht kämen, stellten lediglich mittelbare Folgen des Projekts dar und seien für den Kostendeckungsvorschlag nicht relevant.
29 
Auch die Teilfragen 2 und 3 seien zulässig. Zwar sei durch die Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung und der Vereinbarung über die Kaufvertragsänderung am 05.10.2007 der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 vollzogen worden. Der Gemeinderatsbeschluss sei aber gleichwohl nicht „verbraucht“, denn der Oberbürgermeister sei zu diesem Handeln nicht ermächtigt gewesen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue vor.
30 
Die Teilfrage 2 widerspreche auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW, wonach ein Bürgerentscheid über die Haushaltssatzung, Kommunalabgaben, Tarife oder Entgelte nicht zulässig sei. Die Ergänzungsvereinbarung gehe über die Klärung interner Finanzierungsfragen weit hinaus, da sie den über Jahre bestehenden Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts beseitige.
31 
Die Formulierung der Teilfrage 4 sei inhaltlich bestimmt. Mangels einer Einschränkung seien mit „weiteren Verträgen“ alle Verträge gemeint, die sich auf das Projekt Stuttgart 21 beziehen. Die vom Regierungspräsidium vertretene Auffassung, Teilfrage 4 stehe im Widerspruch zu der in Teilfrage 5 geforderten Aufhebungsvereinbarung, widerspreche dem Prinzip einer bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung von Bürgerbegehren.
32 
Schließlich sei auch die Teilfrage 5 zulässig. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sei jederzeit rechtlich und tatsächlich möglich. Im Übrigen werde nicht der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gefordert, sondern lediglich eine entsprechende Mitteilung an die weiteren Projektbeteiligten, die erst Recht jederzeit rechtlich wie tatsächlich möglich sei.
33 
Selbst wenn man einen Teil der im Bürgerbegehren aufgeworfenen Fragen als unzulässig ansehen wollte, habe dies nicht die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens zur Folge. Ziel des Bürgerbegehrens und damit „gemeinsamer Nenner“ sei der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfragen 2 bis 5 stellten mehrere Wege dar, dieses Ziel zu erreichen. Es sei augenscheinlich, dass jeder Unterzeichner als Gegner des Projekts auch mit einer geringeren Zahl von Forderungen einverstanden gewesen sei, wenn diese nur zum erstrebten Ziel führten. Selbst wenn man daher einzelne Fragen für unzulässig erachte, so seien die übrig bleibenden Fragen unzweifelhaft vom Willen der Unterzeichner gedeckt und blieben daher zulässig.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.01.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das Projekt Stuttgart 21 festzustellen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Ihr Prozessbevollmächtigter trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch vom Kläger als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens erhoben und damit das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
39 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO BW müsse ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richte, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Der Gemeinderat der Beklagten habe in der Sitzung vom 04.10.2007 keine erneute Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Vorhaben Stuttgart 21 gefasst.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers regele bereits die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995, der der Gemeinderat zugestimmt habe, verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21. Jedenfalls stelle die Zustimmung des Gemeinderates zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 eine verbindliche Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 dar. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen und zur Übernahme von Investitionskosten bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. Euro rechtlich bindend verpflichtet. Nach Ziffer 3.3 der Vereinbarung sei Voraussetzung für die Erklärung der Beendigung des Projekts die einvernehmliche Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Vorhabens. Ein einseitiges Ausstiegsrecht der Beklagten aus dem Projekt habe nicht bestanden. Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung am 04.10.2007 sei klargestellt worden, dass das „Ob“ der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt sei. Die maßgebliche Begründung der Beschlussvorlage beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten und damit auf das „Wie“ der Beteiligung.
41 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 werde der Weg zu einem Bürgerentscheid auch deshalb nicht eröffnet , weil die Frage der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig sei. Wegen des Ausschlusses der Haushaltswirtschaft von Bürgerbegehren gehörten die Beschlüsse des Gemeinderates, die sich lediglich mit der Finanzierung des Vorhabens befassten, nicht zu den weichenstellenden Entscheidungen.
42 
Ein neuer Grundsatzbeschluss liege auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Sachlage vor. Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 sei die Beteiligung der Beklagten an Investitionskosten auf 31,6 Mio. Euro reduziert worden; statt dessen habe die Beklagte Kostensteigerungsrisiken von bis zu 130 Millionen Euro (Kapitalwert 2007) übernommen. Die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren. Darüber hinaus sei die Teilrücklage zur Finanzierung des eventuellen städtischen Beitrages zur Risikoabsicherung schon im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 gebildet worden. Insoweit könne von einer Änderung der Sachlage wegen erheblicher zusätzlicher finanzieller Aufwendungen der Beklagten oder zusätzlicher Haushaltsrisiken durch das Projekt Stuttgart 21 keine Rede sein. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale zusätzliche direkte Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen in zukünftigen Stadthaushalten entstehen würden.
43 
Das Bürgerbegehren mit der unbedingten Forderung nach einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 verfolge auch ein rechtswidriges Ziel, denn sie sei mit den vertraglichen Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung von 1995 und der Realisierungsvereinbarung von 2001 unvereinbar. Die Voraussetzung für die Beendigung des Projekts, nämlich die mangelnde Einigung über dessen Finanzierung, sei nicht eingetreten. Diese Einigung sei vielmehr bereits mit dem Memorandum of Understanding im Juli 2007 erzielt worden.
44 
Im Hinblick auf den geforderten Ausstieg genüge auch die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den gesetzlichen Anforderungen. Den Bürgern habe dargelegt werden müssen, dass die Beklagte nicht Vorhabensträgerin des Projektes sei und deshalb nicht entscheiden könne, ob das Projekt verwirklicht werde oder nicht. An keiner Stelle der Begründung werde außerdem auf die ohnehin erforderliche Gesamtsanierung der Bahnanlagen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 2,3 Mrd. Euro hingewiesen. Die in der Begründung beschriebenen Behinderungen durch eine Großbaustelle entstünden in mindestens dem gleichen Umfang bei einer Sanierung des Kopfbahnhofes. Es werde außerdem nicht dargelegt, dass der Beklagten auch bei einem Verzicht auf das Projekt erhebliche Kosten entstünden. In der Begründung werde ferner nicht dargelegt, dass die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages unverzüglich nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 unterzeichnet werden sollten, was den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens bekannt gewesen sei. Die grobe Überzeichnung der Umstände durch die unzutreffende Behauptung, ein 8 m hoher Wall werde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen, rundeten das Bild einer unvollständigen und unzutreffenden Begründung ab. Die Begründung stütze sich auf Abwägungselemente des Planfeststellungsverfahrens, habe aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht der Stadt auf die finanzielle Beteiligung an diesem Projekt nichts zu tun. Zu den finanziellen Auswirkungen des Projekts für die Stadt nehme die Begründung nur am Rande Stellung.
45 
Es fehle in dem Bürgerbegehren schließlich auch ein Kostendeckungsvorschlag. Nachdem alle bisher abgeschlossenen Vereinbarungen verbindlich seien, bestehe zumindest dem Grunde nach das Risiko von Regressforderungen der anderen Projektbeteiligten. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Abstimmungsberechtigten die finanziellen Risiken des Ausstiegs aufzuzeigen.
46 
Auch hinsichtlich der Teilfragen 2 und 3 sei das Bürgerbegehren unzulässig. Die Verwaltung der Beklagten habe von den ihr durch Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages am 05.10.2007 unterzeichnet. Dazu sei der Oberbürgermeister berechtigt gewesen, denn ein Bürgerbegehren habe in Baden-Württemberg keine aufschiebende Wirkung. Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue liege ebenfalls nicht vor. Der Text des Bürgerbegehrens sei am 05.07.2007 veröffentlicht worden. Zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung am 04.07.2007 und des Abschlusses der Verträge am 05.10.2007 habe weder ein zulässiges noch ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren vorgelegen. Es habe deshalb keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die der Bürgerschaft durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Kompetenzen bestanden. Die Kompetenzausübung durch den Oberbürgermeister habe nicht der Behinderung von Kompetenzen der Bürgerschaft gedient, sondern der Vollziehung eines Gemeinderatsbeschlusses in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 GemO BW.
47 
Hinsichtlich der Teilfrage 4 zum „Abschluss weitere Verträge“ liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis vor. Nach der Auslegung des Klägers dürfe die Beklagte selbst bei einer Durchführung des Projekts Stuttgart 21 keine Verträge mit der Vorhabensträgerin abschließen, die ausschließlich dazu dienten, die Bürger vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Denkbar seien insbesondere Verträge über die Erhaltung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, Verkehrslenkungsmaßnahmen, Baulogistik und Bauablauf. Dies habe in der Begründung verdeutlicht werden müssen.
48 
Die Zulässigkeit der Teilfrage 5 stehe und falle mit der Zulässigkeit der vorhergehenden vier Teilfragen. Nachdem diese unzulässig seien, könne auch die letzte Teilfrage nicht fortbestehen.
49 
Das Bürgerbegehren sei auch nicht teilbar. Nachträglich könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Beweggründen die Unterzeichner ihre Unterschrift geleistet hätten. Dies treffe insbesondere für die Teilfrage 2 zu, in der das von der Stadt abzusichernde Risiko mit 206,94 Millionen Euro ausdrücklich genannt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zahlreiche Unterzeichner gerade die vertragliche Bindung der Stadt zu weiteren Finanzierungsbeiträgen hätten verhindern wollen. Die Aufrechterhaltung eines Teils des Bürgerbegehrens würde daher den Willen der Unterzeichner verfälschen.
50 
Während des Klageverfahrens haben das Land Baden-Württemberg, die Beklagte (vertreten durch das Land Baden-Württemberg), der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH, die DB Netz AG, die DB Station & Service AG, die DB Energie AG und die Deutsche Bahn AG (DB AG) auf der Grundlage des Memorandum of Understanding am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag zu dem Projekt Stuttgart 21 als Teil des Gesamtprojekts Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm geschlossen.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2009 - 3 K 3443/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Unterzeichner eines am 23.10.2009 eingereichten Bürgerbegehrens „Stoppt das Millionengrab“. Er begehrt die Durchführung eines Bürgerentscheids zu der Frage „Sind Sie für die Durchführung des Baus eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig gemäß dem Plan der Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft mbH (KASIG), festgestellt durch das Regierungspräsidium Karlsruhe am 15. Dezember 2008?“.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 17.11.2009 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids ab. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Bürgerbegehren sei aus mehreren Gründen unzulässig. Es sei verfristet; die eingetretene Verfristung werde auch nicht durch die in der Begründung angeführte Kostensteigerung aufgehoben. Das Bürgerbegehren sei hinsichtlich der Fragestellung in Verbindung mit der Begründung nicht hinreichend bestimmt und enthalte keinen Kostendeckungsvorschlag. Es fehle an der erforderlichen Kongruenz von Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag. Außerdem seien die Ausschlussgründe nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 6 GemO gegeben. Das Bürgerbegehren sei schließlich auch deshalb unzulässig, weil hierdurch die allgemein geltenden Grundsätze der Vertragstreue verletzt würden.
Über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Antragstellers ist noch nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2009 den Antrag des Antragstellers, die Antraggegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids für zulässig zu erklären und einen Bürgerentscheid zu der angegebenen Fragestellung durchzuführen, abgelehnt. Der Antrag richte sich auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache, was dem Wesen und Zweck der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes widerspreche. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei auch nicht ausnahmsweise hinnehmbar. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliege und anderenfalls dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Insbesondere entstünden dem Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge. Auch ein Anordnungsanspruch könne nicht mit dem erforderlichen Grad von Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Mit der Antragsgegnerin sei das Gericht der Auffassung, dass der Ende Oktober 2009 eingereichte Antrag auf Zulassung des Bürgerbegehrens verfristet sei, da die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO spätestens durch die Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2008 ausgelöst worden sei. Außerdem enthalte der Antrag keinen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme.
Mit seiner Beschwerde hält der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag als Hauptantrag aufrecht, hilfsweise begehrt er die Verpflichtung der Antragsgegnerin, festzustellen, dass der am 23.10.2009 eingereichte Antrag auf Durchführung eines Bürgerbegehrens mit der angeführten Fragestellung zulässig ist. Zur Begründung macht er geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die beantragte Anordnung im Ergebnis keine Vorwegnahme der Hauptsache bedeute, weil der Bürgerentscheid dann, wenn rechtskräftig in der Hauptsache eine andere Entscheidung ergehen würde, unzulässig gewesen und damit ein unzulässiger Beschluss zustande gekommen wäre, der keine Rechtswirkungen entfalte. Jedenfalls durch die hilfsweise begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, werde die Hauptsache nicht vorweggenommen, weil ein Bürgerentscheid hiermit vorerst noch nicht durchgeführt werden müsse. Vielmehr könne insoweit die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden. Aber selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von einer Vorwegnahme der Hauptsache ausgehe, so sei die begehrte Anordnung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig. Die dem Bürger nach § 21 Abs. 3 GemO eingeräumte Kompetenz würde vernichtet, wenn nicht jetzt die - vorläufige - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt würde. Das Bürgerbegehren sei auch offensichtlich zulässig. Es richte sich nicht gegen Gemeinderatsbeschlüsse, so dass die gesetzliche Sechswochenfrist nicht zu beachten gewesen sei. Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Auch die weiteren von der Antragsgegnerin in ihrem Bescheid angeführten Erwägungen stünden der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht entgegen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
10 
Soweit der Antragsteller - entsprechend seinem im Beschwerdeverfahren als Hauptantrag weiterverfolgten Antrag - neben der Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, zugleich deren Verpflichtung begehrt, einen Bürgerentscheid durchzuführen, ist dieser Antrag unzulässig. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz kann grundsätzlich nicht über das hinausgehen, was Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 123 RdNr.11). Dies ist hier aber der Fall. Auch in einem etwaigen Hauptsacheverfahren könnte der Antrag des Antragstellers nur darauf abzielen, die Antragsgegnerin unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, das Bürgerbegehren zu der o.a. Fragestellung für zulässig zu erklären. Das weitere Vorgehen ergäbe sich für die Antragsgegnerin dann aus § 21 Abs. 4 und 5 GemO. Anstatt der Durchführung eines Bürgerentscheids verbliebe dem Gemeinderat die in § 21 Abs. 4 Satz 2 GemO vorgesehene Möglichkeit. Danach entfällt der Bürgerentscheid, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
11 
Außerdem ist die Durchführung eines Bürgerentscheids unter Vorbehalt mit der gesetzlichen Ausgestaltung des § 21 Abs. 3 - 7 GemO grundsätzlich unvereinbar (vgl. auch BayVGH, Beschluss v. 06.11.2000 - 4 ZE 00.3018 - BayVBl. 2001, 500; Sächs. OVG, Beschl. v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 f.). Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderats herbeizuführen, wenn der Bürgerentscheid eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit trifft. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck von § 21 GemO tatsächlich anstelle des Gemeinderats unmittelbar selbst Verantwortung. Dem widerspricht es, wenn die Bürger in der Ungewissheit, ob ihre Stimme letztlich überhaupt Bedeutung erlangt, über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die Vorläufigkeit eines Bürgerentscheids, der sich im Falle der rechtskräftigen Ablehnung des Bürgerbegehrens als gegenstandslos erweist, Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Bürger hätte und damit eine verantwortliche Entscheidung der Bürger durch einen Bürgerentscheid sozusagen auf Vorrat nicht zu erzielen wäre.
12 
Der im Beschwerdeverfahren hilfsweise verfolgte Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen, ist auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn der Antragsteller möchte durch die beantragte einstweilige Anordnung bereits vor einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren erreichen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären. Damit verfolgt er im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sachlich dasselbe Ziel wie im Hauptsacheverfahren. Daran ändert es nichts, dass der Antragsteller lediglich eine vorläufige Zulässigkeitserklärung begehrt.
13 
Zulässig ist hingegen eine - hinter dem Antrag zurückbleibende - vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist (vgl. zur Zulässigkeit vorläufiger Feststellungen Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, §123 RdNr. 9). Mit der vorläufigen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wäre eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Durchführung eines Bürgerentscheids nicht verbunden. Eine derartige Verpflichtung kann nur die - rechtskräftige - Entscheidung über die Zulässigkeit auslösen. Auch wäre sie rechtlich nicht gehindert, in Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse dem Bürgerbegehren entgegenstehende Maßnahmen zu ergreifen. Denn ein Bürgerbegehren hat nach § 21 GemO selbst bei rechtskräftiger Feststellung seiner Zulässigkeit keine aufschiebende, die Gemeinde an der Fortführung ihres Projekts hindernde Wirkung (vgl. Senatsbeschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 ff.; anders z. B. § 26 Abs. 6 Satz 5 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung, für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Bestrebungen, in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg eine entsprechende Schutz- bzw. Sperrwirkung wie in anderen Bundesländern vorzusehen (vgl. LT-Drs. 13/4263), haben auch in der geänderten Fassung des Gesetzes vom 28.07.2005 (GBl. S. 578 ff.) keinen Niederschlag gefunden.
14 
Der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, schließt jedoch die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16.07.1996, NVwZ 1997, 310 ff. zur insoweit entsprechenden Regelung in § 8 b HGO). Aufschiebende Wirkung und einstweilige Anordnung sind verschiedene Rechtsinstitute, wie sich aus den §§ 80 und 123 VwGO ergibt. Die aufschiebende Wirkung tritt normalerweise schon durch Einlegung eines Rechtsbehelfs ein, ohne dass geprüft werden müsste, ob der Rechtsbehelf erfolgversprechend ist oder nicht. Sie ist ein Rechtsinstitut, das den status quo erhalten soll, bis über ein Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt entschieden ist. Soweit hingegen über diesen Rechtsbereich hinaus die aufschiebende Wirkung nicht gesetzlich als vorläufige Regelung geregelt ist, sieht die Verwaltungsgerichtsordnung in § 123 VwGO die Möglichkeit einstweiliger Anordnungen vor, um zu vermeiden, dass vor der Lösung von Rechtskonflikten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Welchen Inhalt eine danach grundsätzlich mögliche einstweilige Anordnung zur Sicherung des Bürgerbegehrens haben kann, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf hier keiner Entscheidung. Soweit frühere Beschlüsse des Senats der dargelegten Auffassung entgegenstehen (vgl. Beschluss vom 22.04.1983 - 1 S 736/83 -, Seeger/Füss-lin/Vogel, EKBW, § 21 GemO E 12; Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93, VBlBW 1994, 397 ff.), wird daran nicht mehr festgehalten.
15 
Eine gerichtliche Entscheidung, die vorläufig die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellt, wäre auch geeignet, die Position des Antragstellers zu verbessern. Mit der vorläufigen gerichtlichen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lässt sich zum einen ein Warneffekt für die Antragsgegnerin dahingehend erzielen, sich während der Dauer eines etwaigen Hauptsacheverfahrens der Risiken bewusst zu sein, die mit weiteren Vollzugsmaßnahmen einhergehen, wenn ihren Maßnahmen ggfs. nachträglich die Grundlage entzogen wird und ihr hierdurch finanzielle Nachteile entstehen können. Zum anderen wäre damit ein Appell für die Antragsgegnerin verbunden, auf die der Bürgerschaft nach § 21 Abs. 3 GemO zustehenden Kompetenzen bei ihrem weiteren Vorgehen Rücksicht zu nehmen.
16 
Mit Blick auf die sich daraus ergebenden weitreichenden Folgen einer einstweiligen Anordnung und vor dem Hintergrund der dargelegten gesetzlichen Ausgestaltung des Bürgerbegehrens kommt die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte (vgl. BayVGH, Beschluss v. 22.10.1996 - 4 CE 96.3109 -, BayVBl. 1997, 312 ff.; Sächs. OVG, Beschluss v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 123 RdNr. 14 m.w.N.). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen.
17 
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann zwar dem Antragsteller ein Anordnungsgrund im dargelegten Sinne nicht abgesprochen werden. Denn für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen für die Untertunnelung der Kaiserstraße so weit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid, soweit er überhaupt noch rechtlich möglich wäre (vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, die Hinweise auf die Rspr. im Urteil des VG Stuttgart vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, zitiert nach juris Rz. 98), jedenfalls angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen würde. Wie ausgeführt wäre die Antragsgegnerin für die Dauer des Hauptsacheverfahrens rechtlich nicht gehindert, in Umsetzung des Bürgerentscheids von 2002 und der nachfolgenden Gemeinderatsbeschlüsse die Baumaßnahmen voranzutreiben (vgl. Senatsbeschl. v. 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 f.). Die - rechtlich zulässige - Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
18 
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil der Antragsteller einen den o.g. Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO in Verb. mit § 920 Abs. 2 ZPO).
19 
Das Bürgerbegehren ist schon deshalb unzulässig, weil die Bürger sich bereits in einer durch Bürgerentscheid gefällten Grundsatzentscheidung von 2002 für die mit dem vorliegenden Bürgerbegehren in Frage gestellte „Kombi-Lösung“ ausgesprochen haben und der Gemeinderat hierzu 2005 einen Umsetzungsbeschluss gefasst hat, der Sperrwirkung entfaltet. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:
20 
Am 22.09.2002 wurde aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin gemäß § 21 Abs. 1 GemO ein Bürgerentscheid durchgeführt, bei dem sich die Mehrheit der Bürger für die „Kombi-Lösung“ (bestehend aus folgenden Maßnahmen: Unterirdische Führung des Schienenverkehrs in der Kaiserstraße mit einem unterirdischen Südabzweig am Marktplatz und schienenfreie Fußgängerzone zwischen Europaplatz und Kronenplatz sowie Umbau der Kriegsstraße mit einem Straßentunnel und oberirdischen Straßenbahnlinien) ausgesprochen hat. Mit dem hier zu beurteilenden Bürgerbegehren vom 23.10.2009 richten sich die Initiatoren gegen das beschlossene Konzept, auch wenn sie nur einen Teil der „Kombi-Lösung“ angreifen, nämlich die Untertunnelung der Kaiserstraße. Daran ändert es nichts, dass der Umbau der Kriegsstraße nach den Vorstellungen des Bürgerbegehrens verwirklicht werden soll; denn wie schon der gewählte Begriff „Kombi-Lösung“ besagt, sollte der eine Teil nicht ohne den anderen realisiert werden. Der Bürgerentscheid von 2002 hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO). Er ist auch nicht innerhalb von drei Jahren durch einen neuen vom Gemeinderat initiierten Bürgerentscheid aufgehoben worden (§ 21 Abs. 7 Satz 2 GemO). Vielmehr hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.07.2005 auf der Grundlage des Bürgerentscheids vom 22.09.2002 die Umsetzung des durch die Bürgerschaft befürworteten Verkehrsprojekts beschlossen. Der Umsetzungsbeschluss sah zur Realisierung dieses Verkehrsprojekts neben der Aufstellung und Auslegung des Bebauungsplans „Kriegsstraße - Mitte, Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ die Planung eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig Ettlinger Straße und die Zustimmung zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 28 PBefG vor. Dieser Umsetzungsbeschluss war nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Ein solches wäre auch nicht an der gesetzlich vorgesehenen Sperrfrist von drei Jahren (§ 21 Abs. 3 Satz 2 GemO) gescheitert, da diese nicht gilt, wenn zuvor - wie hier - ein Bürgerentscheid aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats nach § 21 Abs. 1 GemO durchgeführt worden ist (vgl. Kunze/Bron-ner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, 4. Auflage 2006, § 21 Rz. 22). Der auf dem Bürgerentscheid 2002 basierende Umsetzungsbeschluss von 2005 hat damit nach Ablauf der in § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO vorgesehenen Frist von sechs Wochen Sperrwirkung entfaltet gegenüber Bürgerbegehren, die sich inhaltlich gegen diesen Beschluss richten.
21 
Durchbrochen wird die Sperrwirkung nur durch Eintritt einer wesentlich neuen Sachlage oder durch eine erneute Befassung des Gemeinderats, die die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3, Halbs. 2 GemO für ein Bürgerbegehren wieder in Gang setzt. Voraussetzung für die Abänderung eines Bürgerentscheids nach § 21 Abs. 1 GemO durch eine erneute Entscheidung der Bürgerschaft in gleicher Sache ist demnach, auch wenn im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, dass das Vorhaben, das Gegenstand eines Bürgerentscheids war, eine wesentliche Änderung erfahren hat. Dies ergibt sich aus den Regelungen über die Fristen bei Bürgerbegehren gegen Organbeschlüsse, die die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherstellen und für die Gemeinde Planungssicherheit bei der Realisierung ihrer Vorhaben gewährleisten sollen. Der Aspekt der Planungssicherheit gewinnt insbesondere in Fällen von Großvorhaben Bedeutung, bei denen ein zeitlich und in der Sache gestrecktes Planungsvorhaben in Vollzug eines Bürgerentscheids erforderlich ist, das sich über eine Phase der Vorbereitung, Einleitung von Planfeststellungs- und Bauleitverfahren, Festlegung der Einzelheiten der Finanzierung bis zur Entschließung über die Reihenfolge der Ausführung hinzieht und mehrere Beschlüsse des Gemeinderats erforderlich macht (vgl. auch Senatsurteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff. für den dort zugrundeliegenden Fall eines erneutes Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO innerhalb der Sperrfrist von drei Jahren, § 21 Abs. 3 Satz 2 GemO).
22 
Eine wesentliche Änderung, die danach zum Anlass für ein Bürgerbegehren gemacht werden könnte, dürfte hier jedoch nicht eingetreten sein. Sie kann nicht allein mit Kostensteigerungen und zu befürchtenden Einschnitten in den städtischen Haushalt für den Fall begründet werden, dass die „Kombi-Lösung“ einschließlich der Straßenbahnunterführung durch die Kaiserstraße zur Ausführung gelangt. Denn derartige Steigerungen beruhen nicht auf einer Änderung des Verkehrsprojekts, sondern wesentlich auf den in der Baubranche generell zu verzeichnenden allgemeinen Baukostensteigerungen, die sich bei Großvorhaben dieser Art, deren Planung sich über Jahre hinzieht, zwangsläufig ergeben. Baukostensteigerungen als solche sind jedoch, auch wenn sie den Gemeindehaushalt belasten sollten, einem Bürgerbegehren nicht zugänglich. Dies ergibt sich aus der Ausschlussregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO. Danach darf ein Bürgerentscheid unter anderem nicht über die Haushaltssatzung und die Gemeindeabgaben stattfinden. Aus dieser Regelung lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderats einräumen wollte (vgl. Senatsurteil v. 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Ob das Verkehrsprojekt trotz gestiegener Investitionskosten und angesichts der städtischen Haushaltslage tatsächlich ausgeführt wird, ist, solange der Gemeinderat keinen Anlass zu einem neuerlichen Grundsatzbeschluss sieht, allein der Entscheidung des Gemeinderats überlassen, der hierfür die von der Gemeindeordnung vorgesehene haushaltspolitische Verantwortung trägt.
23 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 dürfte keine neue Grundsatzentscheidung getroffen worden sein, die der Bürgerschaft innerhalb der Sechswochenfrist die Einreichung eines Bürgerbegehrens ermöglicht hätte. Ausweislich der Sitzungsvorlage Nr. 1534 vom 21.10.2008 war Gegenstand dieser Beschlussfassung, in welcher Reihenfolge die beiden aufeinander abgestimmten Teilprojekte „Stadtbahntunnel Kaiserstraße mit Südabzweig“ und „Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ realisiert werden sollen. Das Bürgerbegehren richtet sich jedoch nicht gegen die Reihenfolge der Verwirklichung der „Kombi-Lösung“, sondern, wie dargelegt, gegen deren (Teil-) Realisierung als solche. Eine die „Kombi-Lösung“ nochmals bestätigende Entscheidung dürfte der Gemeinderat danach in der Sitzung vom 21.10.2008 nicht getroffen haben. Zwar können nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110) auch wiederholende Grundsatzentscheidungen, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, innerhalb der gesetzlichen Sechswochenfrist zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden. Jedoch geht insoweit weder aus der Beschlussfassung noch aus der Beschlussvorlage sowie dem Sitzungsprotokoll hervor, dass mit der Entscheidung über die Reihenfolge zugleich ein im Sinne einer wiederholenden Grundsatzentscheidung die „Kombi-Lösung“ bestätigender Gemeinderatsbeschluss gefasst wurde, der die gesetzliche Sechswochenfrist für ein Bürgerbegehren hätte auslösen können. Insbesondere ist aus der Mitte des Gemeinderats kein entsprechender Antrag auf Erneuerung der Grundsatzentscheidung gestellt worden. Soweit der Vorsitzende ausweislich des Protokolls betonte, dass die „Kombi-Lösung“ aus zwei Teilen bestehe, die beide untrennbar miteinander verbunden seien, dürfte diese Äußerung nicht im Zusammenhang mit einer erneuten Sachdiskussion über die Verwirklichung der „Kombi-Lösung“ gefallen sein. Vielmehr dürfte er hiermit lediglich herausgestellt haben, dass diese die Geschäftsgrundlage der hier zu beschließenden Reihenfolge ist. Dafür spricht auch der Beitrag des Stadtrats Dr. ... (KAL) („Nach der dritten Wortmeldung hätte man den Eindruck haben können, heute ginge es um die Entscheidung Kombilösung ja oder nein. Dem ist aber nicht so“).
24 
Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Geht man nämlich mit der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht von einer erneuten Grundsatzentscheidung aus, so ist das Bürgerbegehren jedenfalls verfristet. Entgegen der Beschwerde fehlt es insoweit nicht an einer - die Sechswochenfrist auslösenden - Bekanntmachung des Gemeinderatsbeschlusses vom 21.10.2008. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 14.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288 f.) bedarf es in dem Bereich, in dem der Einzelne nicht durch den Beschluss unmittelbar betroffen ist, nicht einer förmlichen Bekanntmachung. Vielmehr reicht hier aus, wenn ohne formelle Bekanntmachung gewährleistet ist, dass der Bürger von der Beschlussfassung Kenntnis erlangen kann. Dem wird auch eine Veröffentlichung ihres wesentlichen Inhalts in der örtlichen Presse oder im redaktionellen Teil des Amtsblattes gerecht, die den Bürger hinreichend über den Inhalt des Beschlusses unterrichtet und ihm eine Entscheidung im Hinblick auf ein Bürgerbegehren ermöglicht. Vorliegend ist der - in öffentlicher Sitzung ergangene - Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 Gegenstand der Berichterstattung in den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) vom 22.10.2008 (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin v. 26.02.2010) sowie in der Stadtzeitung vom 24.10.2008 (vgl. Anlage 3) gewesen.
25 
Da das Bürgerbegehren schon aus diesem Grunde unzulässig ist, konnte der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen lassen, ob der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch die weiteren von der Antragsgegnerin angeführten Gründe entgegenstehen.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG.
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 25. Januar 2009 - 4 K 105/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Vorbringen des Antragstellers gibt dem Senat keinen Anlass, über seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, soweit er - in modifizierter Form - noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, abweichend vom Verwaltungsgericht zu entscheiden (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den im Beschwerdeverfahren noch weiter verfolgten Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens vom 30.09.2008 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „E. Fleischwerk“ nicht als Satzung zu beschließen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Es kann offen bleiben, ob und inwieweit überhaupt vorläufiger Rechtsschutz nach Maßgabe des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Sicherung eines Bürgerbegehrens eröffnet ist (verneinend - allerdings in einer anderen Fallkonstellation - Senatsbeschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100f.; vgl. zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung auch Ritgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, S. 113f., 130f.). Denn selbst wenn man mit Blick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine Sicherungsanordnung dann für zulässig erachtet, wenn - wie hier - die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren sei unzulässig, mit Rechtsbehelfen angegriffen wird (vgl. hierzu OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.10.2008 - 2 MB 25/08 -, Juris) und - spätestens - der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan die Unzulässigkeit eines gegen ihn gerichteten Bürgerbegehrens zur Folge hätte, so hat das vorläufige Rechtsschutzbegehren gleichwohl keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat den hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.11.2008, mit der der Antrag des Antragstellers auf Durchführung des Bürgerentscheids (Bürgerbehren) als unzulässig abgelehnt worden ist, und der zwischenzeitlich ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.02.2009 sind bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtlich nicht zu beanstanden. Das Bürgerbegehren, das gegen die Bauleitplanung für das E.-Fleischwerk gerichtet ist (1.), dürfte nämlich bereits deshalb unzulässig sein, weil der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung Baden-Württemberg - GemO - gegeben ist (2.). Jedenfalls ergibt sich seine Unzulässigkeit aus der Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO (3.).
1. Das Bürgerbegehren ist vorliegend auf eine Bauleitplanung, nämlich gegen die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „E.-Fleischwerk“ einschließlich der parallelen Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet. Dies kann der im Bürgerbegehren enthaltenen Fragestellung mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden.
Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 24.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288) ist dabei nicht der Wortlaut der Fragestellung maßgeblich. Der Gegenstand eines Bürgerbegehrens ergibt sich vielmehr aus seiner Zielrichtung. Bei der Ermittlung dieser Zielrichtung kommt es in erster Linie darauf an, wie die Unterzeichner den Text verstehen müssen, da sichergestellt sein muss, dass die Bürger bei der Leistung der Unterschrift wissen, was Gegenstand des Bürgerbegehrens ist. Daneben ist auch das Verständnis der Gemeindevertretung als Adressatin des Begehrens auf Durchführung eines Bürgerbescheids für die Auslegung relevant. Es bedarf insoweit einer Kongruenz der Auslegung aus dem Empfängerhorizont sowohl der unterzeichnenden Bürger als auch der Gemeindevertretung (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.07.1996, NVwZ 1997, 306 f.).
Ausgehend hiervon richtet sich das Bürgerbegehren mit hinreichender Deutlichkeit gegen die Bauleitplanung für das E.-Fleischwerk. Dies ergibt sich unabhängig von der „ergebnisoffenen“ Formulierung („Stimmen sie der geplanten Ansiedlung der E.-Fleischfabrik zu?“) für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens und die Antragsgegnerin erkennbar aus der Begründung zum Bürgerbegehren. In der Begründung heißt es: „Die geplante Ansiedlung ist allein schon hinsichtlich des damit verbundenen Flächen- und Landschaftsverbrauchs von grundsätzlicher Bedeutung für die Stadt Rheinstetten und ihrer weiteren Entwicklung. Die Bürger/innen sind in ihrer Gesamtheit davon betroffen und fordern daher die direkte Entscheidungsmöglichkeit in dieser Frage.“ Die Wortwahl „Flächen- und Landschaftsverbrauch“ und der Hinweis auf die Betroffenheit der Bürger lassen auf eine grundsätzlich ablehnende Haltung des Bürgerbegehrens schließen.
2. Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO findet ein Bürgerentscheid u.a. nicht statt über Bauleitpläne. Bauleitpläne sind zwar nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 BauGB der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). Die Ausschlussregelung ist aber über den Wortlaut hinaus auszulegen und erfasst bereits die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB und damit die wesentlichen Verfahrensabschnitte, die in dem Aufstellungsverfahren nach dem BauGB zu durchlaufen sind.
Denn nach Sinn und Zweck des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO soll das förmliche Verfahren der Bauleitplanung einem Bürgerbescheid entzogen sein. Die planende Tätigkeit, die Berücksichtigung der vielfältigen in § 1 BauGB genannten öffentlichen Belange und ihre Abwägung mit den ebenfalls einzubeziehenden privaten Belangen machen die Bauleitplanung von vornherein nicht zum tauglichen Gegenstand plebiszitärer Willensbildung (vgl. Ritgen, a.a.O. S. 206). Die Vorschrift dient daher der Sicherung einer verantwortbaren, die rechtlichen Vorgaben des BauGB respektierenden Bauleitplanung nach rein städtebaulichen Gesichtspunkten. In diese dem Gemeinderat obliegende Planungskompetenz soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Bürgerschaft nicht unmittelbar eingreifen.
Entgegen der Beschwerde stützen die Gesetzesmaterialien eine solche Auslegung. Denn ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 13/4385, S. 18) erfordern Entscheidungen in den nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO genannten Bereichen vielschichtige Abwägungsprozesse. „Diese Abwägungen sollen dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorbehalten werden und nicht auf eine „Ja-Nein-Fragestellung“, die zwingend Gegenstand eines Bürgerentscheids sein müsste, reduziert werden.“ Noch deutlicher wird die gesetzgeberische Intention, wenn der Vorschlag des Gemeindetags im Gesetzgebungsverfahren mit dem Hinweis darauf nicht aufgegriffen wird, die im Gesetzentwurf verwendete Formulierung („Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften“) decke die gewünschte Formulierung Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen bereits ab (vgl. LT-Drs. 13/485, S. 11).
10 
Damit lässt sich der Gesetzesbegründung mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Ausschlusstatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO nicht erst dann greift, wenn der Bebauungsplan als Satzung beschlossen worden ist. Vielmehr wird bereits die Bauleitplanung von der Regelung erfasst. Dem steht auch die in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers, mit der Änderung des § 21 GemO die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung zu stärken, nicht entgegen. Denn diesem Anliegen wurde durch anderweitige gesetzliche Änderungen entsprochen (Wegfall des Positivkatalogs, Absenkung des Quorums, Verlängerung der Frist für die Einreichung eines Bürgerbegehrens, das sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richtet).
11 
Dies schließt nicht aus, dass Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegen- stand eines Bürgerentscheids gemacht werden können (vgl. LT-Drs. 13/4385, wonach Grundsatzentscheidungen im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zur Gemeindeentwicklung davon nicht berührt sind (siehe auch Antwort des Landesregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion GRÜNE, LT-Drs. 14/2311, S. 8). Diese der Bauleitplanung vorgelagerte Phase dürfte aber durch den Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB beendet sein, denn spätestens mit diesem Beschluss wird das förmliche Bauleitplanverfahren eingeleitet (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 2 RdNr. 26). Danach kommt ab dem Zeitpunkt (der Bekanntgabe) des Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 BauGB ein Bürgerentscheid nicht mehr in Betracht.
12 
3. Die Frage der zeitlichen Zäsur muss jedoch in dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung zugeführt werden. Denn selbst wenn der Aufstellungsbeschluss noch als Weichen stellender, die Planung einleitender Beschluss bürgerentscheidsfähig sein sollte, dann ist jedenfalls mit Verstreichen der durch ihn in Gang gesetzten Sechs-Wochen-Frist (§ 21 Abs. 3 Satz 3 GemO) die Bauleitplanung dem Zugriff der Bürger endgültig entzogen.
13 
Diese Frist ist im vorliegenden Fall nicht eingehalten. Der Aufstellungsbeschluss wurde durch den Gemeinderat am 26.02.2008 gefasst. Im gemeindlichen Nachrichtenblatt (Nr. 10/2008, S. 6) vom 10.03.2008 wurde ausführlich über die vorgenannte Gemeinderatssitzung und die Bebauungsplanaufstellung berichtet. Darüber hinaus ist der Aufstellungsbeschluss im gemeindlichen Nachrichtenblatt „Rh. aktuell“ (Nr. 13/2008) am 27.03.2008 amtlich bekannt gemacht worden. Daher ist der erst mit Schreiben vom 30.09.2008, also gut sechs Monate später gestellte Antrag, einen Bürgerbescheid durchzuführen, schon wegen Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Frist unzulässig.
14 
Entgegen der Beschwerde ist die Sechs-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO nicht deshalb neu eröffnet worden, weil die Antragsgegnerin in der Zwischenzeit weitere Gemeinderatsbeschlüsse getroffen hat, wie etwa die Änderung des Aufstellungsbeschlusses und den Beschluss über die zweite öffentliche Auslegung vom 16.12.2008. Das dargelegte, mit der Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO verbundene gesetzgeberische Ziel, Abwägungsentscheidungen dem Bürgerentscheid zu entziehen, könnte nicht erreicht werden, wenn die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO durch jeden einzelnen neuen Verfahrensschritt erneut ausgelöst werden würde.
15 
Ob anderes gilt, wenn ein neuer Grundsatzbeschluss gefasst worden ist, kann dahinstehen. Denn mit Beschluss vom 16.12.2008 ist keine neue Grundsatzentscheidung über das „ob“ eines förmlichen Bebauungsplanverfahrens getroffen worden. Vielmehr wurde insoweit lediglich eine Korrektur der Abgrenzung des ursprünglich im Aufstellungsbeschluss benannten Plangebiets (Verkleinerung) beschlossen.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
17 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 erreicht werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens festzustellen.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Stuttgart - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale zwischen Paris und Bratislava. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus den Stadtteilen Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Untertürkheim sowie einen 9,5 km langen sog. Fildertunnel angebunden werden. Mit den neuen Tunnelstrecken und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entstünde eine Ringstrecke, die den Verkehrsknoten Stuttgart insgesamt leistungsfähiger machen soll. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks sollen in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ soll die Neubaustrecke neben der Bundesautobahn A 8 bis zu einem neuen Bahnhof Flughafen/Messe verlaufen, an dem Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Zeitgleich mit dem Projekt soll zwischen Wendlingen und Ulm eine zweigleisige Neubaustrecke als Hochgeschwindigkeitsstrecke realisiert werden (NBS Wendlingen - Ulm).
Vorhabensträgerin des Projekts Stuttgart 21 sind die Deutsche Bahn AG bzw. ihr zugehörige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: Deutsche Bahn). An der Finanzierung beteiligen sich neben der Deutschen Bahn die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH sowie die Beklagte.
Im Hinblick auf die Aspekte Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung, Denkmalschutz und Finanzen wird das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Im Vorfeld, u.a. im Raumordnungsverfahren, wurden zahlreiche Alternativkonzepte untersucht. Ein Alternativkonzept unter dem Namen Kopfbahnhof 21 sieht eine Sanierung und „Ertüchtigung“ des bisherigen Kopfbahnhofes vor.
Nach dem Raumordnungsverfahren hat die Vorhabensträgerin das Projekt Stuttgart 21 in verschiedene Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Für den Kernbereich (Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen einschließlich Fildertunnel) liegen bestandskräftige eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vor. Mit Urteilen vom 06.04.2006 (5 S 596/05, 5 S 847/05 und 5 S 848/05, jeweils juris) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klagen des Landesverbandes Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und privater Eigentümer gegen den Umbau des Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1) abgewiesen. In der Begründung heißt es, für den Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart bestehe ein verkehrlicher Bedarf. Das Vorhaben sei aus den im Planfeststellungsbeschluss ausgeführten verkehrlichen Gründen - u.a. die Bereitstellung einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung des Verkehrsknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen, die Anbindung der Filderregion und der neuen Messe - planerisch gerechtfertigt. Die von den Gegnern des Projekts befürwortete Beibehaltung und „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs dränge sich im Rahmen der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit nicht als vorzugswürdige Alternative auf.
Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 ergibt sich insbesondere aus folgenden Vereinbarungen:
Am 07.11.1995 wurde zwischen der Deutschen Bahn AG, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 geschlossen, der der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt hat. Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind im Wesentlichen eine Beschreibung des Projekts sowie Regelungen über Investitionen und Finanzierungsfragen, zu planungsrechtlichen Festlegungen und zur Übernahme von frei werdenden Bahnflächen.
Unter dem 24.07.2001 schlossen die Deutsche Bahn AG, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm“ (sog. Realisierungsvereinbarung). Gegenstand dieser Vereinbarung ist insbesondere die Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg, die zuwendungsfähigen Kosten der NBS Wendlingen-Ulm sowie den Bundesanteil für Stuttgart 21 vorzufinanzieren. Darüber hinaus werden in der Vereinbarung Regelungen über den Erwerb von frei werdenden Bahnflächen durch die Beklagte, die Finanzierung und die Übernahme von Kostenrisiken getroffen. Der Gemeinderat der Beklagten hatte der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24.07.2001 mit Beschluss vom 12.07.2001 zugestimmt.
Mit Beschluss vom 19.12.2001 stimmte der Gemeinderat der Beklagten einem Kaufvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG bzw. der DB Netz AG als Verkäufer und der Beklagten als Käufer über frei werdende Bahnflächen (Teilgebiete A 2, A 3, B, C und D) zu. Der Kaufvertrag wurde unter dem 21.12.2001 abgeschlossen.
10 
Nach einer erneuten Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn AG einigten sich die Beteiligten unter dem 19.07.2007 auf ein sog. Memorandum of Understanding zur Realisierung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und des Projekts Stuttgart 21. Um den Baubeginn der Neubaustrecke vorziehen zu können, erklärte sich das Land Baden-Württemberg bereit, mit einem festen Zuschuss, beginnend ab 2010, die Investitionskosten einschließlich der Planungskosten bis 2016 zu finanzieren. Im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21 stellten die Beteiligten fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Das Memorandum enthält darüber hinaus Absprachen zur Höhe der Beteiligung der Parteien an den Investitionskosten und am Kostensteigerungsrisiko. Im Memorandum sind die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt ist. Die Parteien erklärten schließlich, dass zur Umsetzung des Memorandums Einzelheiten in einem Finanzierungsvertrag geregelt werden sollten. In einer Nebenabrede sagte die Beklagte der Bahn zu, auf die aus dem Kaufvertrag vom 21.12.2001 herrührenden Verzugzinsen wegen der verspäteten Übergabe der Flächen bis zum 31.12.2020 zu verzichten. Der Gemeinderat der Beklagten wurde über das Ergebnis der Verhandlungen in der Sitzung am 19.07.2007 unterrichtet.
11 
Im Hinblick auf die vom „Land und seien Partnern“ im Memorandum of Understanding zugesagten Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen schlossen das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte am 05.10.2007 eine Ergänzungsvereinbarung über ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21. Die Ergänzungsvereinbarung soll nach ihrem Wortlaut der „verbindlichen Regelung der Beteiligung der Landeshauptstadt und des Verbandes Region Stuttgart an den im Memorandum zugesagten Leistungen“ dienen und die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänzen. Nach der Ergänzungsvereinbarung trägt die Beklagte u.a. von den nach dem Memorandum vom Land Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen abzusichernden Kostenerhöhungsrisiken in Höhe von 780 Mio. Euro anteilig 206,94 Mio. Euro. Der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte haben in der Ergänzungsvereinbarung ferner das Land unwiderruflich ermächtigt, den Finanzierungsvertrag für das Projekt Stuttgart 21 mit der Deutschen Bahn und der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen. Am 05.10.2007 wurde auch die verabredete Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 über den Verzicht auf Verzugszinsen bis 2020 notariell beurkundet.
12 
Der Gemeinderat der Beklagten hatte in seiner vorangegangenen Sitzung vom 04.10.2007 die Zustimmung zum Abschluss der o.g. Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 beschlossen und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss der Verträge vorzunehmen. Einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 zu fassen, lehnte die Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 04.10.2007 ab.
13 
Am 05.10.2007 begann eine Koordinierungsgruppe Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 daraufhin mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 herbeigeführt werden sollte. In der Folgezeit wurden der Beklagten Unterschriftenlisten mit über 70.000 Unterschriften übergeben.
14 
Auf den jeweiligen Unterschriftenlisten heißt es unter der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“:
15 
Wir beantragen gemäß § 21 Abs. 3 der Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
16 
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt STUTTGART 21 aussteigt;
17 
- dass sie keine Ergänzungsvereinbarung mit den Projektpartnern abschließt, die u. a. von der Stadt abzusichernde Risiken in Höhe von 206,94 Mio. Euro vorsieht;
- dass sie keine Änderung des Kaufvertrages mit der Deutschen Bahn für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D, insbesondere nicht unter der Erklärung des Verzichts auf Verzugszinsen aus dem Grundstücksgeschäft, vornimmt;
- dass sie keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt und
- dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitteilt?“
18 
Begründung: STUTTGART 21 (S 21) würde der Stadt über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten in der Stadt bescheren - mit allen damit verbundenen Beeinträchtigungen. S 21 würde über lange Jahre hinweg zu gravierenden Verkehrsbehinderungen führen. Großbaustellen, die während des Planfeststellungsverfahrens nicht absehbar waren, werden neue verkehrliche Verhältnisse schaffen und logistische Probleme mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet produzieren. Die bereits heute an vielen Orten über den gültigen Grenzwerten liegende Feinstaubbelastung der Stuttgarter Luft würde nochmals verschärft. Der 8 m hohe Wall des geplanten Tunnelbahnhofs würde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen. S 21 würde zusätzliche finanzielle Mittel der Stadt erforderlich machen. Zudem sollen der Bahn AG Zinsen erlassen werden - Geld, das der Stadt dann fehlt. Angesichts der Dimension dieses Projekts, der langen Bauzeit, den damit verbundenen Beeinträchtigungen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Stadt wollen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart sich weiterhin am Projekt STUTTGART 21 beteiligen und ob sie weitergehende finanzielle Verpflichtungen dafür eingehen soll.
19 
Kostendeckung: Dieses Bürgerbegehren fordert keine neuen Ausgaben, sondern den Verzicht auf ein teures Projekt und somit die Einsparung von Steuergeldern.
20 
Mit Bescheid vom 09.01.2008 stellte die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 20.12.2007 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21 unzulässig sei. Die Beklagte begründete ihren Bescheid damit, dass die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens wegen Zeitablaufs unzulässig sei. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei bereits mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung 07.11.1995, spätestens aber mit der Zustimmung zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 getroffen worden. Die Zustimmung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung mit Beschluss vom 04.10.2007 sei keine neue Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen könne. Die Teilfrage 1 sei auch deshalb unzulässig, weil ein gesetzwidriges Ziel, nämlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, verfolgt werde. Die Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie vermittele den Eindruck, dass Beeinträchtigungen wie beispielsweise beim Verkehr und bei der Feinstaubbelastung bei einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt nicht eintreten würden. Die Entscheidung über eine Aufgabe des Projekts sei aber allein Sache der Deutschen Bahn. Der Beitrag der Beklagten beschränke sich im Wesentlichen auf eine finanzielle Beteiligung. Die Begründung erwähne ferner nicht, dass es zu dem geplanten Durchgangsbahnhof keine echte Alternative gebe, da der Hauptbahnhof der Beklagten unzweifelhaft sanierungsbedürftig sei. Die von den Gegnern des Projekts favorisierte „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs sei keine vorzugswürdige Alternative und würde auch keine geringeren Behinderungen und Beeinträchtigungen mit sich bringen. Die Begründung führe die Bürgerinnen und Bürger auch mit dem Hinweis in die Irre, dass durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 keine Kosten entstünden, sondern im Gegenteil Steuern eingespart würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die Vertragspartner einem Ausstieg der Beklagten nur bei entsprechender finanzieller Gegenleistung zustimmen würden. Unberücksichtigt blieben darüber hinaus die von der Stadt bereits aufgewendeten Planungskosten für das Rosenstein-Viertel. Ferner rechne die Beklagte bis zum Jahr 2034 mit zusätzlichen Netto-Mehreinnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen in Höhe von ca. 300 Mio. Euro durch das Projekt. Schließlich würden die Unterzeichner mit der Behauptung, der Durchgangsbahnhof trenne mit einem 8 m hohen Wall den Schlossgarten von der Innenstadt ab, in die Irre geführt. Die Teilfragen 2 und 3 seien ebenfalls unzulässig. Der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007, mit dem die Ermächtigung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages erteilt worden sei, könne nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen am 05.10.2007 nicht mehr zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Fragen zu finanziellen Beteiligungen oder Kostenschätzungen wegen der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig. Die Teilfrage 4 sei im Hinblick auf die erfassten „weiteren Verträge“ inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Nachdem die vorangehenden vier Teilfragen unzulässig seien, könne auch die sich darauf beziehende Teilfrage 5 keinen Bestand haben und sei ebenfalls unzulässig.
21 
Dagegen erhoben der Kläger sowie die beiden anderen Vertrauensleute des Bürgerbegehrens mit Schreiben vom 30.01.2008 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Das Regierungspräsidium führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig. Nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 8 GemO BW, 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG könne jeder Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nur im eigenen Namen gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erheben und hierbei die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen. Die Unterzeichner des Widerspruchsschreibens vom 30.01.2008 hätten nach dessen eindeutigem Wortlaut den Widerspruch aber als Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 erhoben. Sie machten auch nicht die Verletzung eigener subjektiver Rechte als Unterzeichner des Bürgerbegehrens geltend. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass sie den Widerspruch als Vertreter der Bürger erhoben hätten, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt hätten. Dafür spreche auch, dass auf dem Briefumschlag als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ genannt und die Widerspruchsbegründung mit einem Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ vorgelegt worden sei. Hilfsweise sei der Widerspruch aus den im Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 genannten Gründen auch unbegründet.
22 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008, der dem Kläger am 18.07.2008 zugestellt wurde, hat dieser am 18.08.2008 Klage eingereicht, die sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen wie folgt begründet:
23 
Der Kläger erhebe die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet habe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums sei der Widerspruch des Klägers zulässig gewesen, da er das Bürgerbegehren auch selbst unterzeichnet habe. Dafür, dass der Kläger den Widerspruch nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt habe, gebe es keine Anhaltspunkte.
24 
Das Bürgerbegehren sei in allen fünf Teilfragen zulässig. Es sei hinsichtlich der Teilfrage 1 nicht verfristet. Keiner der im Widerspruchsbescheid genannten Beschlüsse des Gemeinderats stelle eine endgültige Grundsatzentscheidung über die Projektbeteiligung der Beklagten dar. In der mit Zustimmung des Gemeinderates geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 sei keine Finanzierungsvereinbarung enthalten, sondern lediglich die Einigung der Parteien, dass eine solche Vereinbarung nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erst noch getroffen werden solle. Eine Vereinbarung über ein milliardenschweres Projekt, die die Frage der Finanzierbarkeit offen lasse, könne aber nur als (unverbindliche) Absichtserklärung gewertet werden. Auch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 habe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Projekts gestanden. Bestätigt werde dies durch Ziffer 3.3 der Vereinbarung. Danach seien die Parteien berechtigt, die Beendigung des Projekts zu erklären, wenn die Verhandlungen über die Finanzierung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führten. Auch in der Zustimmung des Gemeinderats zu dieser Vereinbarung liege deshalb kein Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21. In diese Kette von im Ergebnis unverbindlichen Absichtserklärungen reihe sich das Memorandum of Understanding vom 19.07.2007 ein, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe.
25 
Erst am 05.10.2007 sei mit der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten eine verbindliche Regelung der Beteiligung der Beklagten an den im Memorandum of Understanding zugesagten Leistungen getroffen worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Vorbemerkung der Vereinbarung als auch aus der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007. Bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 handele es sich damit um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss, weil hierdurch die über Jahre hinweg offengebliebene Finanzierungsfrage zwischen den Beteiligten geklärt worden sei. Als solcher sei er einem Bürgerbegehen zugänglich.
26 
Die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens verfolge kein gesetzwidriges Ziel. Dies folge schon daraus, dass eine Abkehr von den vorangegangenen unverbindlichen Absichtserklärungen zwischen den Beteiligten gar keine Vertragsverletzung darstellen könne. Selbst wenn man von rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ausgehen wolle, seien bei einer notwendigen bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung die geforderten Maßnahmen nicht als Aufforderung zum Vertragsbruch zu begreifen, sondern zielten auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.
27 
Die im Bürgerbegehren angegebene Begründung sei ausreichend. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Von einer Irreführung oder Täuschung könne keine Rede sein. Ein Hinweis darauf, wer Vorhabensträger des Projektes Stuttgart 21 ist, sei entbehrlich. Dem unbefangenen Unterzeichner, der mit dem Projekt Stuttgart 21 nicht einverstanden sei, komme es nicht darauf an, ob eine Nichtrealisierung zwingende oder nur mögliche Folge eines Bürgerentscheids sei. Das Bürgerbegehren ziele darauf ab, dass die Stadt „aus dem Projekt aussteige“. Pro- und Kontraargumente müsse die Begründung nicht enthalten. Erst Recht könne nicht verlangt werden, mögliche Auswirkungen anderer potentieller Varianten im Bürgerbegehren darzustellen.
28 
Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter seien nach Grund und Höhe reine Spekulation. Gemessen an den Kosten des Gesamtprojekts seien die Planungskosten für das Rosensteinviertel zu vernachlässigen. Die prognostizierten Steuermehreinnahmen, die im Falle der Realisierung des Projekts in Betracht kämen, stellten lediglich mittelbare Folgen des Projekts dar und seien für den Kostendeckungsvorschlag nicht relevant.
29 
Auch die Teilfragen 2 und 3 seien zulässig. Zwar sei durch die Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung und der Vereinbarung über die Kaufvertragsänderung am 05.10.2007 der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 vollzogen worden. Der Gemeinderatsbeschluss sei aber gleichwohl nicht „verbraucht“, denn der Oberbürgermeister sei zu diesem Handeln nicht ermächtigt gewesen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue vor.
30 
Die Teilfrage 2 widerspreche auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW, wonach ein Bürgerentscheid über die Haushaltssatzung, Kommunalabgaben, Tarife oder Entgelte nicht zulässig sei. Die Ergänzungsvereinbarung gehe über die Klärung interner Finanzierungsfragen weit hinaus, da sie den über Jahre bestehenden Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts beseitige.
31 
Die Formulierung der Teilfrage 4 sei inhaltlich bestimmt. Mangels einer Einschränkung seien mit „weiteren Verträgen“ alle Verträge gemeint, die sich auf das Projekt Stuttgart 21 beziehen. Die vom Regierungspräsidium vertretene Auffassung, Teilfrage 4 stehe im Widerspruch zu der in Teilfrage 5 geforderten Aufhebungsvereinbarung, widerspreche dem Prinzip einer bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung von Bürgerbegehren.
32 
Schließlich sei auch die Teilfrage 5 zulässig. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sei jederzeit rechtlich und tatsächlich möglich. Im Übrigen werde nicht der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gefordert, sondern lediglich eine entsprechende Mitteilung an die weiteren Projektbeteiligten, die erst Recht jederzeit rechtlich wie tatsächlich möglich sei.
33 
Selbst wenn man einen Teil der im Bürgerbegehren aufgeworfenen Fragen als unzulässig ansehen wollte, habe dies nicht die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens zur Folge. Ziel des Bürgerbegehrens und damit „gemeinsamer Nenner“ sei der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfragen 2 bis 5 stellten mehrere Wege dar, dieses Ziel zu erreichen. Es sei augenscheinlich, dass jeder Unterzeichner als Gegner des Projekts auch mit einer geringeren Zahl von Forderungen einverstanden gewesen sei, wenn diese nur zum erstrebten Ziel führten. Selbst wenn man daher einzelne Fragen für unzulässig erachte, so seien die übrig bleibenden Fragen unzweifelhaft vom Willen der Unterzeichner gedeckt und blieben daher zulässig.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.01.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das Projekt Stuttgart 21 festzustellen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Ihr Prozessbevollmächtigter trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch vom Kläger als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens erhoben und damit das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
39 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO BW müsse ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richte, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Der Gemeinderat der Beklagten habe in der Sitzung vom 04.10.2007 keine erneute Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Vorhaben Stuttgart 21 gefasst.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers regele bereits die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995, der der Gemeinderat zugestimmt habe, verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21. Jedenfalls stelle die Zustimmung des Gemeinderates zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 eine verbindliche Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 dar. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen und zur Übernahme von Investitionskosten bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. Euro rechtlich bindend verpflichtet. Nach Ziffer 3.3 der Vereinbarung sei Voraussetzung für die Erklärung der Beendigung des Projekts die einvernehmliche Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Vorhabens. Ein einseitiges Ausstiegsrecht der Beklagten aus dem Projekt habe nicht bestanden. Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung am 04.10.2007 sei klargestellt worden, dass das „Ob“ der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt sei. Die maßgebliche Begründung der Beschlussvorlage beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten und damit auf das „Wie“ der Beteiligung.
41 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 werde der Weg zu einem Bürgerentscheid auch deshalb nicht eröffnet , weil die Frage der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig sei. Wegen des Ausschlusses der Haushaltswirtschaft von Bürgerbegehren gehörten die Beschlüsse des Gemeinderates, die sich lediglich mit der Finanzierung des Vorhabens befassten, nicht zu den weichenstellenden Entscheidungen.
42 
Ein neuer Grundsatzbeschluss liege auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Sachlage vor. Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 sei die Beteiligung der Beklagten an Investitionskosten auf 31,6 Mio. Euro reduziert worden; statt dessen habe die Beklagte Kostensteigerungsrisiken von bis zu 130 Millionen Euro (Kapitalwert 2007) übernommen. Die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren. Darüber hinaus sei die Teilrücklage zur Finanzierung des eventuellen städtischen Beitrages zur Risikoabsicherung schon im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 gebildet worden. Insoweit könne von einer Änderung der Sachlage wegen erheblicher zusätzlicher finanzieller Aufwendungen der Beklagten oder zusätzlicher Haushaltsrisiken durch das Projekt Stuttgart 21 keine Rede sein. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale zusätzliche direkte Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen in zukünftigen Stadthaushalten entstehen würden.
43 
Das Bürgerbegehren mit der unbedingten Forderung nach einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 verfolge auch ein rechtswidriges Ziel, denn sie sei mit den vertraglichen Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung von 1995 und der Realisierungsvereinbarung von 2001 unvereinbar. Die Voraussetzung für die Beendigung des Projekts, nämlich die mangelnde Einigung über dessen Finanzierung, sei nicht eingetreten. Diese Einigung sei vielmehr bereits mit dem Memorandum of Understanding im Juli 2007 erzielt worden.
44 
Im Hinblick auf den geforderten Ausstieg genüge auch die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den gesetzlichen Anforderungen. Den Bürgern habe dargelegt werden müssen, dass die Beklagte nicht Vorhabensträgerin des Projektes sei und deshalb nicht entscheiden könne, ob das Projekt verwirklicht werde oder nicht. An keiner Stelle der Begründung werde außerdem auf die ohnehin erforderliche Gesamtsanierung der Bahnanlagen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 2,3 Mrd. Euro hingewiesen. Die in der Begründung beschriebenen Behinderungen durch eine Großbaustelle entstünden in mindestens dem gleichen Umfang bei einer Sanierung des Kopfbahnhofes. Es werde außerdem nicht dargelegt, dass der Beklagten auch bei einem Verzicht auf das Projekt erhebliche Kosten entstünden. In der Begründung werde ferner nicht dargelegt, dass die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages unverzüglich nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 unterzeichnet werden sollten, was den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens bekannt gewesen sei. Die grobe Überzeichnung der Umstände durch die unzutreffende Behauptung, ein 8 m hoher Wall werde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen, rundeten das Bild einer unvollständigen und unzutreffenden Begründung ab. Die Begründung stütze sich auf Abwägungselemente des Planfeststellungsverfahrens, habe aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht der Stadt auf die finanzielle Beteiligung an diesem Projekt nichts zu tun. Zu den finanziellen Auswirkungen des Projekts für die Stadt nehme die Begründung nur am Rande Stellung.
45 
Es fehle in dem Bürgerbegehren schließlich auch ein Kostendeckungsvorschlag. Nachdem alle bisher abgeschlossenen Vereinbarungen verbindlich seien, bestehe zumindest dem Grunde nach das Risiko von Regressforderungen der anderen Projektbeteiligten. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Abstimmungsberechtigten die finanziellen Risiken des Ausstiegs aufzuzeigen.
46 
Auch hinsichtlich der Teilfragen 2 und 3 sei das Bürgerbegehren unzulässig. Die Verwaltung der Beklagten habe von den ihr durch Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages am 05.10.2007 unterzeichnet. Dazu sei der Oberbürgermeister berechtigt gewesen, denn ein Bürgerbegehren habe in Baden-Württemberg keine aufschiebende Wirkung. Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue liege ebenfalls nicht vor. Der Text des Bürgerbegehrens sei am 05.07.2007 veröffentlicht worden. Zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung am 04.07.2007 und des Abschlusses der Verträge am 05.10.2007 habe weder ein zulässiges noch ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren vorgelegen. Es habe deshalb keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die der Bürgerschaft durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Kompetenzen bestanden. Die Kompetenzausübung durch den Oberbürgermeister habe nicht der Behinderung von Kompetenzen der Bürgerschaft gedient, sondern der Vollziehung eines Gemeinderatsbeschlusses in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 GemO BW.
47 
Hinsichtlich der Teilfrage 4 zum „Abschluss weitere Verträge“ liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis vor. Nach der Auslegung des Klägers dürfe die Beklagte selbst bei einer Durchführung des Projekts Stuttgart 21 keine Verträge mit der Vorhabensträgerin abschließen, die ausschließlich dazu dienten, die Bürger vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Denkbar seien insbesondere Verträge über die Erhaltung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, Verkehrslenkungsmaßnahmen, Baulogistik und Bauablauf. Dies habe in der Begründung verdeutlicht werden müssen.
48 
Die Zulässigkeit der Teilfrage 5 stehe und falle mit der Zulässigkeit der vorhergehenden vier Teilfragen. Nachdem diese unzulässig seien, könne auch die letzte Teilfrage nicht fortbestehen.
49 
Das Bürgerbegehren sei auch nicht teilbar. Nachträglich könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Beweggründen die Unterzeichner ihre Unterschrift geleistet hätten. Dies treffe insbesondere für die Teilfrage 2 zu, in der das von der Stadt abzusichernde Risiko mit 206,94 Millionen Euro ausdrücklich genannt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zahlreiche Unterzeichner gerade die vertragliche Bindung der Stadt zu weiteren Finanzierungsbeiträgen hätten verhindern wollen. Die Aufrechterhaltung eines Teils des Bürgerbegehrens würde daher den Willen der Unterzeichner verfälschen.
50 
Während des Klageverfahrens haben das Land Baden-Württemberg, die Beklagte (vertreten durch das Land Baden-Württemberg), der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH, die DB Netz AG, die DB Station & Service AG, die DB Energie AG und die Deutsche Bahn AG (DB AG) auf der Grundlage des Memorandum of Understanding am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag zu dem Projekt Stuttgart 21 als Teil des Gesamtprojekts Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm geschlossen.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
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d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Bürgerbegehrens über die Bebauung eines Sportplatzgeländes.
Nordöstlich des Ortszentrums der Beklagten liegt in Westhanglage der Geltungsbereich des Bebauungsplans „Östliche Ortserweiterung (Im alten Berg)" aus dem Jahr 1964. Ursprünglich war im Plan im Bereich eines dort bereits bestehenden Sportplatzes eine ca. 1,5 ha große Vorbehaltsfläche für den Sportplatz ausgewiesen, die im Westen, Norden und Osten von Wohngebieten (WR und WA) umgeben war. Neben weiteren Änderungen wurden Teile dieser Fläche in den folgenden Jahren in das östlich angrenzende Wohngebiet einbezogen. 1993 wurde im Interesse einer planungsrechtlichen Absicherung der sportlichen Nutzung in der Mitte des Baugebiets auf einer Fläche von ca. 1,1 ha der vorhandene und im Eigentum der Beklagten stehende Rasenplatz und im südöstlichen Bereich - auf Grundstücken, die im Eigentum der Sportgemeinde 1887 Nußloch e.V. (SGN) stehen - ein ebenfalls schon bestehendes Kleinspielfeld, jeweils nebst fester Nutzungszeiten, festgesetzt. Die Handballabteilung der SGN hatte den Spielbetrieb auf dem Kleinspielfeld bereits in den 80er Jahren wegen Nachbarschaftsbeschwerden eingestellt; Bemühungen, den Spielbetrieb nach der Bebauungsplanänderung und einer Umgestaltung des Spielfeldes wieder aufzunehmen, waren nicht von Dauer. Das Sportplatzgelände wurde in der Folgezeit hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen als Bolzplatz sowie von örtlichen Vereinen ab und zu als Festplatz genutzt. Ab 1999 war die SGN bestrebt, ihre Grundstücke zu veräußern und im Gegenzug an anderer Stelle Trainingsmöglichkeiten zu erhalten. Vor diesem Hintergrund stellte die Beklagte Überlegungen an, dort einen Kindergarten zu errichten. Am 29.03.2000 fasste der Gemeinderat der Beklagten einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, wonach im südöstlichen Bereich (Kleinspielfeld und benachbartes Vereinsheim) eine „Gemeinbedarfsfläche Kindergarten“ ausgewiesen werden solle. Weitere Verfahrensschritte blieben aus. Im Oktober 2003 regte die SGN mit Blick auf die anstehende Fortschreibung des Flächennutzungsplans, der den Sportplatzbereich als Grünzone (Sportflächen) auswies, an, das Gelände der Wohnbebauung zuzuführen; sie werde dann ihre Grundstücke der Beklagten übergeben, wenn diese im Gegenzug eine neue Sporthalle errichte.
Am 17.03.2004 beschloss der Gemeinderat der Beklagten im Rahmen der Empfehlung zur Flächenanmeldung bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015/2020, dass das Areal des Sportplatzes nicht zuletzt aus fiskalischen Gründen als Baugebiet ausgewiesen werden solle, was sodann beim gem. § 205 Abs. 6 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr.1, § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 2 NVerbG zuständigen Nachbarschaftsverband Mannheim-Heidelberg beantragt wurde. Der Nachbarschaftsverband beschloss die entsprechende Darstellung im neuen Flächennutzungsplan 2015/2020 mit der Maßgabe, dass die neue Wohnbaufläche im ersten Zeitabschnitt bis 2015 einer Bebauung zugeführt werden könne. Der Flächennutzungsplan wurde am 15.07.2006 wirksam.
Die Kläger, deren Wohngrundstücke in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes liegen, gründeten zusammen mit anderen Anwohnern und Anliegern am 01.03.2007 den Verein „Rettet den Alten Berg“ e.V., der ein Bürgerbegehren initiierte. Am 24.05.2007 beantragten sie als Unterzeichner und Vertrauensleute bei der Beklagten ein Bürgerbegehren zur Frage „Soll die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung des Sportplatzes 'Alter Berg' unterbleiben?“. Zur Begründung war angegeben: „Das Freizeitgelände Sportplatz Alter Berg soll allen Nußlocher Bürgerinnen und Bürgern für Sport, Spiel und Freizeit erhalten bleiben.“ Das Bürgerbegehren wurde von 1431 Personen unterstützt, von denen die Beklagte 1344 als wahlberechtigt wertete. Am 20.06.2007 beschloss der Gemeinderat der Beklagten, dass das beantragte Bürgerbegehren unzulässig sei und ein Bürgerentscheid nicht durchgeführt werde. Mit Bescheid vom 27.06.2007 wurde dies den Klägern mitgeteilt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass das Bürgerbegehren sich gegen den Flächennutzungsplan richte, was nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO ausgeschlossen sei.
Am 04.07.2007 erhoben die Kläger Widerspruch. Sie machten geltend, dass das Bürgerbegehren nicht auf eine Änderung des Flächennutzungsplans oder einen Bebauungsplan gerichtet sei. Vielmehr sollten künftige Planungs- und Umsetzungsschritte für eine Bebauung des Geländes unterbleiben. Ein solcher punktueller Planungsstopp durch die Verneinung der Frage nach dem „Ob“ eines Bebauungsplans, der als ein Moratorium den Status Quo vorübergehend erhalte, erfordere keine Abwägung in einem förmlichen Planverfahren. Es werde die Offenheit für die Zukunft gewahrt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2007 wies das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis den Widerspruch zurück. Es führte aus, dass ein durchführbarer Vorschlag zur Deckung der zu erwartenden Verfahrenskosten für eine neuerliche Änderung des Flächennutzungsplans fehle. Das Begehren befasse sich darüber hinaus mit einer Angelegenheit, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO vom Bürgerentscheid ausgenommen sei. Dies gelte dann, wenn es auf die Änderung des Flächennutzungsplans gerichtet sei. Es sei aber auch dann unzulässig, wenn es lediglich darauf abziele, die Überplanung des Bereichs durch einen Bebauungsplan in Zukunft zu unterlassen. Ein bloßer Planungsstopp oder –verzicht sei hier nicht gegeben. Denn das Planungsverfahren habe bereits mit der Einleitung des Verfahrens zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnen. Der Flächennutzungsplan und der ihn konkretisierende Bebauungsplan enthielten einen einheitlichen Abwägungsvorgang, der nicht künstlich getrennt werden könne. Es gehe nicht um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens, da die Forderung nach dem Erhalt des Sport- und Freizeitgeländes im Widerspruch zu den rechtskräftigen Festsetzungen des Flächennutzungsplans stehe.
Am 08.01.2008 haben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Das Bürgerbegehren sei darauf gerichtet, einstweilen die Umsetzung des Flächennutzungsplans mittels verbindlicher Bauleitpläne zu verhindern. Es handele sich um einen typischen Grundsatzbeschluss im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens. Des Weiteren wendeten sie sich gegen die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung.
Mit Urteil vom 30.05.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Bürgerbegehren richte sich gegen die vorgesehene Bebauung, die die Änderung des geltenden Bebauungsplans voraussetze. Eine solche Änderungsentscheidung wie auch die verbindliche Entscheidung, eine Änderung zu unterlassen, betreffe unmittelbar die in der Zuständigkeit der Beklagten liegende verbindliche Bauleitplanung. Darüber finde ein Bürgerentscheid nicht statt, so dass ein darauf gerichtetes Bürgerbegehren unzulässig sei. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO verbiete nicht nur, dass die Bürgerschaft einen Bauleitplan als Satzung beschließe. Die Vorschrift habe vielmehr auch materiell-rechtlichen Charakter. Der Gesetzgeber sei bei der Änderung des § 21 GemO im Jahr 2005 zu der Auffassung gelangt, die Bauleitplanung sei wegen der in diesem Bereich erforderlichen vielschichtigen Abwägungsprozesse keine Angelegenheit, die die Bürgerschaft entscheiden könne. Dies gelte grundsätzlich für das ‚Ob’ und das ‚Wie’, denn beide Fragestellungen seien abwägungsrelevant und in die geforderte städtebauliche Konzeption einzubeziehen. Die Grundsatzentscheidung der Beklagten vom 17.03.2004, das Sportplatzgelände am „Alten Berg“ bis 2015 bebaubar zu machen und den Flächennutzungsplan zu ändern, sei nur durch eine Änderung des Flächennutzungsplans zu korrigieren. Denn das Verfahren sei rechtsbeständig abgeschlossen. Eine solche Änderung sei schon deshalb nicht bürgerentscheidsfähig, weil es keine Angelegenheit des Wirkungskreises der Beklagten sei, für die der Gemeinderat zuständig sei. Zuständig für die Änderung des Flächennutzungsplans sei der Nachbarschaftsverband. Die Kläger wollten jedoch keine Änderung des Flächennutzungsplans, sondern den Verzicht auf eine Bebauungsplanänderung zur Umsetzung der einschlägigen Festsetzung des Flächennutzungsplans. Eine Änderung des Bebauungsplans oder der bewusste Verzicht darauf sei eine Angelegenheit, für die der Gemeinderat der Beklagten zuständig sei. Diese rechtfertige aber kein Bürgerbegehren. Denn zumindest jetzt sei ein Verzicht auf die vorgesehene Planänderung keine weichenstellende Grundsatzentscheidung im Vorfeld der Bauleitplanung mehr. Der „Alte Berg“ sei nämlich ein seit 1964 überplantes Baugebiet. Die Frage des Wo und Wie des Sportplatzes sei bei den nachfolgenden Änderungen Gegenstand vielschichtiger Abwägungsprozesse gewesen. Seit 2006 habe die Beklagte mit der von ihr erreichten Änderung des Flächennutzungsplans jede planerische Priorität des bereits reduzierten Sportplatzgeländes rechtsbeständig verneint. Sie sei jetzt nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verpflichtet, weitere planerische Festsetzungen dieses Geländes aus dem geänderten Flächennutzungsplan zu entwickeln. Dies sei nur noch in Richtung auf Wohnbebauung möglich. Die Entscheidung, ob städtebauliche Gründe es erforderten, das Baugebiet „Alter Berg“ weiterzuentwickeln und den Bebauungsplan entsprechend zu ändern, sei von umfangreichen Überlegungen und Abwägungen abhängig, die das planerische Ermessen bestimmten, und könne nicht mit einer einfachen Fragestellung der Entscheidung der Bürgerschaft unterstellt werden. Die Vorabentscheidung über die Beibehaltung des Sportplatzes sei mit dem Antrag auf Änderung des Flächennutzungsplans verbunden worden und habe sich mit ihm erledigt. Die Umsetzung dieser Entscheidung, d.h. die Schließung des Platzes, sei eine zwingende Folge der anstehenden Änderung des Bebauungsplanes und als solche keiner gesonderten Entscheidung mehr zugänglich. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob das ehemals als Sportplatz ausgewiesene Gelände überhaupt noch als öffentliche Einrichtung im Sinne von § 10 Abs. 2 GemO anzusehen sei.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 27.10.2008 - 1 S 1766/08 - zugelassenen Berufung tragen die Kläger vor: Der Begriff des Bauleitplans i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei nicht zuletzt im Interesse direktdemokratischer Entscheidungsrechte eng auszulegen. Während der Be- griff Bauleitplanung den ganzen Planungsprozess umfasse, bezeichne das Wort Bauleitplan nur dessen auf einer abschließenden Abwägung beruhendes Ergebnis. Sinn der Regelung sei, die erforderlichen Abwägungen dem Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde vorzubehalten und nicht auf eine Ja-Nein-Fragestellung eines Bürgerentscheids zu reduzieren. Die komplexe Abwägung aller nach § 1 Abs. 6 BauGB relevanten Aspekte erfolge erst, wenn alle Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und alle Einwendungen vorlägen. Sie könne zwar nicht unter Umgehung des Gemeinderats durch einen Bürgerentscheid vorgenommen werden. Das gelte aber weder für einen Planungsstopp, auf den das Bürgerbegehren für den Bereich des Kleinspielfeldes und des Gebäudes abziele, noch für einen Planungsverzicht bezüglich des Sportplatzes. Das Bürgerbegehren strebe außerhalb eines laufenden Planverfahrens lediglich an, dass das Freizeitgelände „Alter Berg“ erhalten bleibe und die 2004 bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans ins Auge gefasste Bebauung nicht weiter verfolgt werde. Das Bürgerbegehren berühre zwar Fragen der Bauleitplanung, habe aber keinen Bauleitplan zum Inhalt. Es betreffe damit ausschließlich Fragen des „Ob“ weiterer Planung, die in jedem Fall bürgerentscheidsfähig seien. Im Unterschied zum positiven Beschluss über einen Bebauungsplan bewirke ein negativer Beschluss angesichts der zeitlich begrenzten Bindungswirkung eines Bürgerentscheids nicht mehr als ein Moratorium. Komplexe Abwägungen seien hier nicht gefordert. Es widerspreche dem Gesetz, den Bürgerentscheid auf „Grundsatzentscheidungen im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Vorhabens“ zu beschränken und alle in bauplanungsrechtlichen Verfahren möglichen Weichenstellungen davon auszunehmen. Es gehe jedenfalls aber um eine Grundsatzentscheidung im Vorfeld. Dieses ende nicht bereits mit dem Beschluss des Flächennutzungsplans bzw. dem entsprechenden Antrag des Gemeinderats. Der Flächennutzungsplan stecke vielmehr lediglich den Rahmen für künftige Bebauungspläne ab und eröffne breiten Raum für Grundsatzentscheidungen. Eine Planungspflicht folge aus dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht. Schließlich wende sich das Bürgerbegehren vorbeugend gegen die Aufhebung des Sportplatzes als einer öffentlichen Einrichtung. Eine solche Fragestellung sei bis zur Reform des § 21 GemO bürgerentscheidsfähig gewesen und sei auch jetzt nicht ausgeschlossen. Die Frage der Aufhebung habe sich durch den Antrag zum Flächennutzungsplan nicht erledigt.
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Die Kläger beantragen,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 30. Mai 2008 - 1 K 78/08 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 26.06.2007 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 17.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Rettet den 'Alten Berg'“ für zulässig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen aus: Den Klägern gehe es um die Verhinderung von Bauleitplänen, also um die Entscheidung „über Bauleitpläne“. Der Wortlaut von § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO sei eindeutig und umfasse auch den gesamten Planungsprozess. Ein Planungsstopp oder -verzicht sei über einen Bürgerentscheid nicht zu erreichen. Die Bürger könnten alle Argumente gegenüber der Gemeinde im Rahmen der Beteiligungsrechte nach dem BauGB vortragen, sodass diese in eine Abwägungsentscheidung des Gemeinderats einbezogen werden könnten; hiergegen sei gerichtlicher Rechtsschutz gegeben. Komplexe Fragen im Rahmen von Bebauungsplanverfahren gebe es auch bereits im Vorfeld, hier im Hinblick auf die mit einer Bebauung verbundenen gemeindewirtschaftlichen Aspekte. Die Bürger hätten im Hinblick auf den Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans vom 29.03.2000 innerhalb der 6-Wochen-Frist reagieren müssen. Die Einwände in Bezug auf die öffentliche Einrichtung seien unzutreffend. Die Kläger hätten nicht beantragt, eine öffentliche Einrichtung aufrechtzuerhalten, sondern eine Bebauung zu unterlassen. Schließlich fehle ein Kostendeckungsvorschlag, denn der Beklagten entgingen beträchtliche Einnahmen, wenn das Gelände nicht bebaut werde.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und die Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor. Sie waren Gegen- stand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
17 
1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
20 
c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
32 
(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
33 
Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die nach § 21 Abs. 8 GemO i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 GemO liegen nicht vor.
17 
1. a) Mit dem Bürgerbegehren „Rettet den Alten Berg“ soll ausweislich der Fragestellung „die vom Gemeinderat angestrebte Bebauung“ des dortigen Sportplatzgeländes verhindert werden. Rechtsvoraussetzung einer Bebauung ist zunächst eine Änderung der ihr entgegenstehenden Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans und dessen Anpassung an die geänderten Darstellungen des fortgeschriebenen Flächennutzungsplans. Das Bürgerbegehren nimmt ersichtlich Bezug auf die im Gemeinderat diskutierten planerischen Vorstellungen und wendet sich gegen eine verbindliche Bauleitplanung in Fortführung der durch den neuen Flächennutzungsplan eröffneten Möglichkeiten. Dieses Verständnis wird jedenfalls bestätigt durch die Begründung des Widerspruchs. Denn dort wird ausgeführt, dass „künftige Planungsschritte unterbleiben“ sollen; in den gerichtlichen Verfahren stand diese Zielrichtung ebenfalls im Vordergrund.
18 
Mit der Bauleitplanung steht gem. § 2 Abs. 1 BauGB eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde in Rede, für die der Gemeinderat zuständig ist (vgl. § 10 BauGB, § 24 Abs. 1, § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO). Der danach gem. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO grundsätzlich eröffnete Anwendungsbereich des Bürgerbegehrens wird hier indessen durch den Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO beschränkt. § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO, wonach u.a. über Bauleitpläne ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, ist hier einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO über den Wortlaut der Regelung hinaus nicht lediglich die abschließende Entscheidung über den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan, sondern grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB, somit die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ).
19 
b) Der Prüfung am Maßstab dieses Ausschlusstatbestands steht nicht entgegen, dass zur Begründung des Bürgerbegehrens auf den Erhalt des Sportplatzes abgestellt wird. Denn allein durch diese erwartete Folge eines „planungsrechtlichen Moratoriums“ wird die aufgezeigte Zielrichtung des Bürgerbegehrens nicht in Zweifel gezogen.
20 
c) Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass auch nach dem Empfängerhorizont der Unterzeichner des Bürgerbegehren ungeachtet der bauplanungsrechtlichen Situation allein die weitere Nutzbarkeit des Sportplatzes Ziel des Bürgerbegehrens sei, wäre eine abweichende rechtliche Einordnung nicht veranlasst.
21 
(1) Die Kläger verweisen insoweit auf die alte Rechtslage, wonach die Frage des Fortbestands des Sportplatzes bürgerentscheidsfähig gewesen wäre; die Entscheidungsrechte der Bürgerschaft habe der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 21 GemO durch das Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) nicht beschneiden wollen. Dieser Einwand geht fehl. Zwar konnte nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GemO a.F. u.a. die Aufhebung einer öffentlichen Einrichtung, die der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist, als wichtige Gemeindeangelegenheit selbst dann Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Bauleitplanung berührt war (vgl. etwa Urteil des erk. Senats vom 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73 <77>). Auch spricht alles dafür, dass der Sportplatz als eine öffentliche Einrichtung i.S.v. § 10 Abs. 2 Satz 1 GemO anzusehen ist; für den Gemeingebrauch ist hier nichts ersichtlich. Fraglich mag allerdings sein, ob der Sportplatz jedenfalls in seiner Funktion als Spiel- und Bolzplatz der Gesamtheit der Einwohner zu dienen bestimmt ist (siehe etwa Hager, VerwArch 84 <1993>, 97 <104>). Auf diese rückblickende rechtliche Bewertung kommt es aber letztlich nicht an. Denn nach der Neuregelung ist der nunmehr eingefügte Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO auch bei der Prüfung der Bürgerentscheidfähigkeit von auf öffentliche Einrichtungen bezogenen Fragestellungen heranzuziehen. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 21 GemO generell eine Erweiterung der Möglichkeiten direktdemokratischer Einflussnahme der Bürgerschaft angestrebt (LT-Drs. 13/4385, S. 9). Er hat dabei aber die bestehende Rechtslage nicht lediglich erweiternd fortgeschrieben, sondern diese u.a. durch Wegfall des Positivkatalogs und Neufassung des Negativkatalogs neu gestaltet. Allein dieser Normbestand bestimmt nunmehr die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens.
22 
(2) Ob und inwieweit bei einer Fragestellung mit Bezug auf die Bauleitplanung eine rechtliche Trennung zwischen der vom Ausschlussgrund erfassten Aufstellung eines Bauleitplans einerseits und dessen Verwirklichung andererseits möglich ist (siehe hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ; vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 , einerseits; Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2004 – 10 LA 84/04 -, NVwZ-RR 2007, 349 andererseits; vgl. auch OVG SH, Urteil vom 20.09.2006 - 2 LB 8/06 -, NVwZ-RR 2007, 487 ), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn das Bürgerbegehren beschränkte sich bei dem hier unterstellten Verständnis jedenfalls nur vordergründig auf die Frage des Erhalts des Sportplatzes. Der Sache nach bleibt sie auf eine Bauleitplanung gerichtet. Die Frage nach der Nutzbarkeit des Geländes zielt auf eine typisch bauplanerische Entscheidung, die eine Abwägung mit gegenläufigen Interessen voraussetzt. Allein die andere Einkleidung der Fragestellung kann nicht dazu führen, dass sich die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen muss (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.03.2009 - 15 B 328/09 -, juris Rz. 6 f.; Beschluss vom 17.07.2007 - 15 B 874/07 -, NVwZ-RR 2007, 803 ).
23 
2. Die mit dem Bürgerbegehren erstrebte Einwirkung auf die Bauleitplanung der Beklagten ist unzulässig. Hinsichtlich des Geländes des Kleinspielfeldes und des Vereinsheims im südöstlichen Bereich, für den die Beklagte einen Aufstellungsbeschluss erlassen hat, wollen die Kläger nach ihrem eigenen Bekunden einen Planungsstopp erreichen; das ist aber jedenfalls im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich (a). Der für das übrige Gelände begehrte Planungsverzicht kann nicht getrennt zum Bürgerentscheid gestellt werden (b); darüber hinaus stünde auch einem neuen, allein darauf bezogenen Bürgerbegehren der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO entgegen (c).
24 
a) Im Anschluss an die Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/4385, S. 18; siehe auch LT-Drs. 14/2311, S. 8) geht der Senat davon aus, dass ungeachtet der weiten Auslegung des Ausschlussgrundes nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld des bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden können. Ob die damit angesprochene, der Bauleitplanung vorgelagerte Phase den Aufstellungsbeschluss noch mit umfasst (vgl. Beschluss vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - NVwZ-RR 2009, 574, ), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn gegen den weiterhin wirksamen Aufstellungsbeschluss kann sich das Bürgerbegehren jedenfalls wegen des Zeitablaufs nicht mehr richten.
25 
(1) Die Beklagte hat für den südöstlichen Teil des Geländes am 29.03.2000 einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB erlassen. Dem Verfahren ist zwar kein Fortgang gegeben worden; weitere Verfahrensschritte hat die Beklagte nämlich nicht eingeleitet. Das ist für die Rechtswirkungen des Beschlusses aber unschädlich. Er ist nämlich weder aufgrund des bloßen Zeitablaufs noch deswegen obsolet geworden, weil - wie sich aus den Äußerungen in der Beratung über die Flächenanmeldungen ergibt - die Beklagte an den anfänglichen Planungen für die Errichtung eines Kindergartens nicht mehr festgehalten hat. Denn ein Aufstellungsbeschluss ist nicht schon dann überholt, wenn das darin benannte Planungsziel sich geändert hat. Da der Aufstellungsbeschluss Ziele der Planung nicht enthalten muss, hat er vielmehr Bestand, wenn und solange die Gemeinde nur weiterhin ernsthaft beabsichtigt, den betreffenden Bereich städtebaulich zu entwickeln oder zu ordnen (vgl. hierzu Mitschang in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 2 Rn. 20; Söfker in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 2 Rn. 32; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.1992 - 8 S 249/92 -, VBlBW 1992, 420). Das ist hier angesichts der neuen planerischen Überlegungen der Beklagten, die sich auf das gesamte Sportplatzgelände beziehen, ersichtlich der Fall.
26 
(2) Im Interesse der Verlässlichkeit des Handelns der Gemeinde kann ein Gemeinderatsbeschluss gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO nur binnen einer Frist von 6 Wochen im Wege des Bürgerbegehrens angefochten werden. Diese Frist ist hier längst abgelaufen. Unbeachtlich ist dabei, dass ein Aufstellungsbeschluss nach der alten Rechtslage überhaupt nicht bürgerentscheidsfähig gewesen wäre. Denn mangels einer diesbezüglichen Übergangsbestimmung (siehe Art. 4 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 , GBl. S. 578 <579 f.>) ist die Frist nach der gesetzlichen Neuregelung nicht erneut in Lauf gesetzt worden.
27 
b) Die Frage eines Planungsverzichts für das übrige, nicht vom Aufstellungsbeschluss erfasste Gelände kann nicht in diesem beschränkten Umfang zum Bürgerentscheid gestellt werden. Denn in einer – ggfs. im Wege eines Hilfsantrags geltend zu machenden – „Teilzulassung“ läge eine Änderung der Fragestellung, die nicht mehr ohne Weiteres als vom Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt angesehen werden kann.
28 
Es kann offenbleiben, ob eine über rein redaktionelle Änderungen hinausgehende Umformulierung der Fragestellung immer einer ausdrücklichen Ermächtigung der Vertrauensleute bedarf (so BayVGH, Urteil vom 22.06.2007 - 4 B 06.1224 -, BayVBl 2008, 241 ; im Anschluss daran auch Hess. VGH, Beschluss vom 05.10.2007 – 8 TG 1562/07 -, ESVGH 58, 126 ). Denn hier sind jedenfalls die Grenzen einer nachträglich zulässigen inhaltlichen Änderung überschritten. Da sich die Unterschrift der Unterstützer auf ein durch die Fragestellung genau umschriebenes Anliegen bezieht und der Wille der Unterzeichner nicht verfälscht werden darf, ist die Änderung der Fragestellung nur in Ausnahmefällen zulässig. Dabei reicht es nicht schon aus, dass das Bürgerbegehren auch ohne den bereits ausgeschiedenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt. Denn diese Entscheidung hängt – von Randkorrekturen abgesehen – von subjektiven Einschätzungen und Präferenzen ab, die jeweils der Bürger vor seiner Unterstützung des Bürgerbegehrens zu treffen hat. Hier ist eine nicht unerhebliche Abweichung darin zu sehen, dass nunmehr ein merklich verkleinertes Gelände und nur noch der Rasenplatz zur Abstimmung stünde. Dessen Nutzbarkeit stellt sich indessen ohne die Infrastruktur, die das Vereinsheim bietet, anders dar; das gilt nicht zuletzt für die Eignung als „Festwiese“.
29 
c) Im Übrigen wäre auch ein ausdrücklich nur auf die Bebauung des Rasenplatzes bezogenes Bürgerbegehren unzulässig.
30 
Mit dem insoweit erstrebten „Planungsverzicht“ durch die Unterlassung der Änderung des geltenden Bebauungsplans soll hier nicht eine Entscheidung getroffen werden, die als grundlegende Weichenstellung im Vorfeld planungsrechtlicher Verfahren dem Bürgerentscheid offen steht. Das Verfahren der Bauleitplanung ist zwar zweigeteilt, sodass nicht bereits grundsätzlich mit dem Erlass des Flächennutzungsplans dieses Vorfeld verlassen wird. Doch sind insoweit weitere Grundsatzentscheidungen in diesem Verfahrensstadium nur innerhalb des durch den Flächennutzungsplan eröffneten planungsrechtlichen Rahmens möglich; sie dürfen nicht - wie hier - im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans stehen (1). Als vermeintliches Moratorium ist das Bürgerbegehren ebenso wenig zulässig (2).
31 
(1) Die Bauleitplanung ist mit der Unterscheidung zwischen der vorbereitenden Bauleitplanung in Gestalt des Flächennutzungsplans und der verbindlichen Bauleitplanung durch den Bebauungsplan als grundsätzlich zweistufiges Verfahren ausgestaltet (§ 1 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB als gesamträumliches Entwicklungskonzept für das Gemeindegebiet auf die Darstellung der Arten der Bodennutzung in den Grundzügen beschränkt. Der zulässige Inhalt, die Regelungstiefe und die Parzellenschärfe des Flächennutzungsplans hängt dabei von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab und kann auch ins Einzelne gehende Darstellungen enthalten (§ 5 Abs. 2 BauGB). Der Flächennutzungsplan weist allerdings in aller Regel ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung in dem daraus gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu entwickelnden Bebauungsplan angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 <137 ff.>). Je nach dem Bestimmtheitsgrad der im Flächennutzungsplan niedergelegten planerischen Konzeption sind demnach auch vor der Aufstellung eines Bebauungsplans weitere bürgerentscheidfähige Grundentscheidungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese müssen sich allerdings innerhalb der vom Flächennutzungsplan eröffneten Gestaltungsspielräume halten. Anderenfalls ist der Bürgerentscheid auf ein gesetzwidriges Ziel gerichtet und deswegen unzulässig (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 21 Rn. 14). Letzteres ist hier der Fall. Denn infolge des Planungsverzichts bliebe es beim derzeitigen Bebauungsplan, der den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Ausnahmsweise ist eine solche Abweichung zwar unschädlich, wenn die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.02.2003 - 4 BN 9.03 -, NVwZ-RR 2003, 406, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.09.1998 - 8 S 290/98 -, BRS 60 Nr. 9 ). Davon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden, da mit der Beibehaltung des alten Bebauungsplans die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende planerische Konzeption im betroffenen Gebiet nicht nur in einem Nebenpunkt, sondern insgesamt ausgehebelt würde.
32 
(2) Ein Bürgerbegehren wäre schließlich nicht deshalb zulässig, weil es sich nach Auffassung der Kläger lediglich als „Planungsmoratorium“ darstellt.
33 
Die Beklagte ist zwar nicht von Rechts wegen verpflichtet, die mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans begonnene Planung umgehend weiterzuführen. Aus der in § 1 Abs. 3 BauGB normierten Aufgabe der Bauleitplanung erwächst der Gemeinde (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) - bzw. ggfs. dem überörtlichen Planungsträger (§ 203 ff. BauGB) - nach § 5 Abs. 1 BauGB eine originäre Planungspflicht bei der vorbereitenden Bauleitplanung. Aus den Darstellungen des hiernach aufzustellenden Flächennutzungsplans folgt indessen keine Planungspflicht auf der nachfolgenden Ebene des Bebauungsplans. Das Gebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind, greift nämlich nur dann, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt. Ungeachtet dieses Ableitungszusammenhangs gilt vielmehr, dass zunächst wiederum die Gemeinde selbst zu entscheiden hat, ob und wann die weitere Planung städtebaulich erforderlich und damit verbindlich vorgegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.2001 - 4 CN 1.01 -, BVerwGE 114, 301 <304>).
34 
Eine rechtlich verbindliche Planungspflicht ergibt sich hier auch nicht ausnahmsweise aus dem im Flächennutzungsplan wiedergegebenen Konzept der Zeitstufen. Nach dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan (S. 64) sollen diese Zeitstufen die beteiligten Städte und Gemeinden intern binden; sie seien als "informelle Planung“ entsprechend § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu werten. Diese Einordnung ist bereits deswegen zweifelhaft, weil die Bestimmung voraussetzt, dass es sich dabei um ein gemeindliches Entwicklungskonzept handelt. Eine rechtswirksame Übertragung der Zuständigkeit auf den Nachbarschaftsverband liegt aber nicht vor; dessen Zuständigkeit beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 NVerbG auf die vorbereitende Bauleitplanung. Ob der in der Informationssammlung zum Flächennutzungsplan (S. 332) erwähnte Gemeinderatsbeschluss vom 09.11.2005 dieses Konzept als eigenes der Beklagten übernommen hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls versteht auch der Flächennutzungsplan die Bindungswirkung nur in dem Sinne, dass damit bestimmt wird, in welchem Zeitabschnitt eine Maßnahme zur Siedlungsentwicklung begonnen werden kann; von einem Zwang zur sofortigen Umsetzung geht auch der Flächennutzungsplan gerade nicht aus. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sonstigen Planungen i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB gerade nicht die Funktion von bindenden Vorentscheidungen zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 - 4 C 16.07 -, ZfBR 2009, 466 ).
35 
Die hiernach der Beklagten verbleibenden Optionen sind für die Bewertung des Bürgerbegehrens jedoch unerheblich. Denn zum bloßen Planungsmoratorium wird es nur auf Grund der gem. § 21 Abs. 7 Satz 2 GemO auf drei Jahre beschränkten Bindungswirkung des Bürgerentscheids. Seine Zielrichtung bleibt jedoch eine andere; es ist in seinem Bestreben, das Sportplatzgelände von Bebauung freizuhalten, auf Dauer ausgerichtet. Damit wendet es sich in unzulässiger Weise gegen den Flächennutzungsplan.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
38 
Beschluss vom 22. Juni 2009
39 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 2 GKG).
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ein Bürgerbegehren zuzulassen, das den Bau einer Eisenbahnunterführung in Amstetten betrifft.
Die Gemeinde Amstetten wird von der Eisenbahntrasse Stuttgart-Ulm, einer vielbefahrenen Intercitystrecke, durchschnitten. Ein innerörtlicher, Pkw-tauglicher Bahnübergang existiert nicht. Der Planungs- und Entscheidungsprozess bezüglich der Bahnunterführung, deren Bau mit dem erstrebten Bürgerbegehren verhindert werden soll, lässt sich ausweislich der Behördenakten wie folgt skizzieren:
Im Sommer 2002 schlug der Ortskernsanierungsausschuss zur städtebaulichen Entwicklung u.a. den Bau einer Pkw-tauglichen Bahnunterführung vor. In den Sitzungen vom 18.01. und 06.12.2003 befasste sich der Gemeinderat mit der Finanzierung dieser Baumaßnahme. In der Sitzung vom 22.11.2004 lag dem Gemeinderat eine erste Planung des Ingenieurbüros W. vor. Dieses hatte alternativ die Planung für eine Bahnüber- oder -unterführung berechnet und war zum Ergebnis gekommen, dass die Bahnunterführung mit ca. 1,6 Mio. EUR billiger sei als eine Überführung, deren Kosten auf ca. 2,2 Mio. EUR ermittelt wurden. Es gebe aus dem GVFG-Programm Zuschüsse in Höhe von 60 % der Herstellungskosten, der planende Ingenieur erläuterte, dass bei Bedarf der Abruf des Zuschusses über einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren verschoben werden könne, damit die Gemeinde ihren Anteil aufbringen könne. In der Sitzung beschloss der Gemeinderat, die Verwaltung zu beauftragen, mit der Vorplanung zur Pkw-Unterführung die Aufnahme ins GVFG-Programm zu beantragen. In der Sitzung vom 11.04.2005 beschloss der Gemeinderat, gegenüber der Bahn eine Kostenübernahmeerklärung betreffend der Planungskosten abzugeben. In der Sitzung vom 13.06.2005 teilte der Bürgermeister mit, dass die Bahnunterführung zwar nicht ins GVFG-Programm bis 2009 aufgenommen worden sei, die Maßnahme sei jedoch „im Nachtrag“; rufe eine andere Gemeinde ihren Zuschuss nicht ab, so könne man doch noch zum Zug kommen. Die Planungsarbeiten würden weiter laufen. Im November 2005 wurden ein eisenbahntechnisches und ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben. In der Sitzung vom 22.05.2006 teilte der Bürgermeister mit, die ...-... GmbH habe vergessen, den Bau in ihr Maßnahmenprogramm aufzunehmen, frühester Baubeginn sei damit im Frühjahr 2008. In der Sitzung vom 19.03.2007 teilte der Bürgermeister mit, dass das Bauprojekt aufgrund einer neuen Kostenschätzung nunmehr mit 2,8 Mio. EUR anzusetzen sei und erläuterte im Einzelnen, worauf die Kostensteigerung beruhte. In der Sitzung vom 29.10.2007 befasste sich der Gemeinderat mit einer Änderung der Trassenführung der Bahnhofstraße, um die Zufahrt zur Unterführung zu optimieren. In der Gemeinderatsitzung vom 26.11.2007 legte ein Ingenieur der Firma W. die endgültige Planung vor und bezifferte die Kosten nunmehr auf 2,94 Mio. EUR. Der Gemeinderat erfasste den Ausführungsbeschluss für die Planung unter der Voraussetzung, dass der Zuschussbescheid komme.
In der Gemeinderatsitzung vom 30.06.2008, die dann Anlass für das Bürgerbegehren wurde, gab der Bürgermeister eine neue Kostenberechnung bekannt, in die Vorgaben der Bundesbahn eingeflossen waren. Die Kostenberechnung lautete nunmehr auf 4,4 Mio. EUR. Die Mehrkosten resultierten weitgehend aus der Notwendigkeit aufwendigerer Gründungsmaßnahmen und der Verlegung von Fernmeldeleitungen. Bisher sei ein Zuschuss von 1,1 Mio. EUR bewilligt, der maximal mögliche betrage 2,5 Mio. EUR. Die Finanzierung der Maßnahme sei gesichert. Die Bahn wolle nunmehr wissen, ob der Bau vorangetrieben werde, da die notwendigen Sperrungen langfristig geplant werden müssten. Ausweislich des Protokolls wurde im Gemeinderat rege diskutiert, insbesondere über die gravierende Kostensteigerung, in der Folge wurde der Baubeschluss mit 14 : 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen gefasst.
Über diese Sitzung wurde im Amtsblatt berichtet, ebenso erschien in der örtlichen Presse am 03.07.2008 ein Zeitungsartikel „Kostenschock in Amstetten“.
In der Folge bildete sich in der Bevölkerung eine Bewegung, die wegen der gestiegenen Kosten den Bau der Unterführung zu verhindern versuchte. Als Initiatoren versuchten vor allem Frau V.-L., die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin gehört wurde und das Gemeinderatsmitglied Herr W. ein Bürgerbegehren herbeizuführen. Hierzu begannen sie ab 21.07.2008 Unterschriften zu sammeln. Auf den Unterschriftenblättern findet sich folgender Text:
Bürgerbegehren
        
Gem. § 21 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg in der Fassung vom 27. Juli 2005.
Das Bürgerbegehren richtet sich gegen die geplante Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 30.06.2008, veröffentlich im Amtsblatt Nr. 27 vom 03. Juli 2008.
Ich bin gegen den Bau dieser Unterführung!
Außerdem bestätige ich, dass ich meinen Hauptwohnsitz in 73340 Amstetten/Württemberg habe.
Darunter befinden sich Tabellen jeweils für Name, Vorname, Straße und Hausnummer sowie Unterschrift .
Am 12.08.2008 wurden die Unterschriftenlisten der Gemeindeverwaltung zusammen mit einem Anschreiben übergeben, das von Frau V.-L. und Herrn W. unterschrieben ist und in dem es heißt: „Sehr geehrte Damen und Herren, anbei übergeben wir Ihnen die Unterschriftenliste mit 519 Unterzeichnern, die sich gegen den Bau der geplanten Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof richten. Beigefügt war außerdem ein Blatt mit folgendem Text:
10 
Anlage zur Unterschriftenliste
11 
1. Der Eigenanteil der Gemeinde Amstetten an der geplanten Baumaßnahme ist unverhältnismäßig von der ersten Kostenschätzung zur Zweiten bekannt gemachten Investitionssumme gestiegen. Eine weitere Kostenexplosion muss nach Sachlage befürchtet werden.
2. Es wurde keine Kosten-/Nutzungsrechnung bekannt gemacht.
3. Folgekosten, wie z.B. Instandhaltung, stehen keine direkten oder indirekten Einnahmen gegenüber.
4. Eine eventuelle Nutzung kann nur ein Teil der Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.
Transportfahrzeuge für Gewerbetreibende müssen weiterhin die Umfahrung wählen. Für Fußgänger und Radfahrer besteht in unmittelbarer Nähe bereits eine barrierefreie Unterführung.
5. Größere Rettungsfahrzeuge könne die Durchfahrt nicht nutzen.
6. Solange die Streckenführung der neuen B 10 nicht geklärt ist, sind vermeintliche Verkürzungen als Zubringer grundsätzlich in Frage zu stellen.
7. Es steht zu befürchten, dass diese Baumaßnahmen ein vergleichbares Dasein fristen könnte, wie die B 10-Unterführung zum „Staffelweg“.
12 
Die Überprüfung seitens der Beklagten ergab, dass 510 gültige Unterschriften vorhanden waren. Auf Nachfrage der Beklagten teilte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis in seiner Stellungnahme vom 20.08.2008 mit, das Bürgerbegehren sei unzulässig, da keine Begründung enthalten sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderates entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen hierfür befassen können. Die nachgereichte Anlage sei den Bürgern nicht bekannt gewesen und genüge mithin dem Begründungserfordernis nicht.
13 
In seiner Sitzung vom 29.09.2008 befasste sich der Gemeinderat mit der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Ausweislich des Protokolls kreiste die Diskussion im Wesentlichen um die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Erwägungen, durch Gemeinderatsbeschluss einen Bürgerentscheid herbeizuführen, wurden offenbar nicht angestellt. Der Gemeinderat beschloss mit 16 : 2 Stimmen, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Diese Entscheidung wurde Frau V.-L. und Herrn W. unter dem Datum 30.09.2008 mitgeteilt.
14 
Am 06.10.2008 legte der Kläger gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 29.09.2008 Widerspruch ein und begründete diesen damit, die Bürger hätten sich sehr wohl mit den Gründen des Bürgerbegehrens befassen können. Ihm als Mitunterzeichner habe zur Zeit der Unterschriftsleistung ein Artikel der Geislinger Zeitung vorgelegen, der von einer Kostenexplosion von 1,2 auf 4,4 Mio. EUR berichte. Außerdem habe er nochmals die Bekanntmachung aus dem Amtsblatt durchgelesen, auf die sich die Unterschriftsliste berief. Darin hätten genug Gründe gestanden.
15 
In seiner Sitzung vom 03.11.2008 befasste sich der Gemeinderat mit dem Abschluss der Kreuzungsvereinbarung mit der DB und beschloss mit 14 : 2 Stimmen, die Kreuzungsvereinbarung abzuschließen. Die „Vereinbarung über die Herstellung einer neuen Kreuzung gem. § 11 Abs. 1 EKrG“ zwischen der Beklagten und der DB Netz AG ist mittlerweile unterzeichnet.
16 
Durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren müsse, um zulässig zu sein, auch eine Begründung enthalten. Auch wenn nur geringe verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen seien, führe das gänzliche Fehlen einer Begründung doch dazu, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderats verantwortlich über das Vorhaben entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen befassen können, die gegen das Projekt vorgebracht würden. Durch die vom Gesetzgeber geforderte Begründung solle sichergestellt werden, dass sich jeder einzelne Unterzeichner mit den Gründen befasst habe, die gegen die Durchführung der Unterführung sprächen. Die bloße Möglichkeit, sich über die Hintergründe in der Tageszeitung oder dem Amtsblatt zu informieren, reichten nicht aus. Da die Unterschriftenlisten gar keine Begründungen enthielten, sei das Bürgerbegehren für unzulässig erachtet worden. Die nachgereichte Anlage zur Unterschriftenliste sei den Unterstützern des Bürgerbegehrens im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht bekannt gewesen.
17 
Am 16.12.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Bereits am 03.11.2008, dem Tag der Gemeinderatssitzung zum Abschluss des Kreuzungsvertrages hatte er (beim Gericht per Fax eingegangen um 17:49 Uhr) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bau der Unterführung vorläufig zu untersagen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
18 
Zur Begründung macht der Kläger wie bereits im Widerspruch geltend, sowohl das Amtsblatt Nr. 27 vom 03.07.2008 wie auch die Presse habe über die Kostenexplosion des Projekts berichtet. Diese würden von den Bürgern als Informationsquellen genutzt. Außerdem habe bei seiner persönlichen Unterschriftsleistung in den letzten Tagen vor Abgabe des Sammelordners das Blatt „Anlage zur Unterschriftenliste“ ebenfalls auf dem Tisch gelegen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2008 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 17.11.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das beantragte Bürgerbegehren zuzulassen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und ihres Beschlusses, wonach das Bürgerbegehren schon deshalb unzulässig sei, weil den Unterschriftenlisten keine Begründung beigefügt gewesen sei. Darüber hinaus könne ein Bürgerentscheid schon deshalb nicht mehr stattfinden, weil die Gemeinde durch den Abschluss des Kreuzungsvertrages mit der DB Netz AG nach außen hin rechtlich gebunden sei und der Bürgerentscheid ihr kein Kündigungsrecht gebe. Weiter wird geltend gemacht, der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung - GO - sei entsprechend anzuwenden, wenn die Maßnahme - wie hier - aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werde. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde. Die geplante Straße werde aufgrund der Widmung nicht nur den Einwohnern der Gemeinde zur Verfügung stehen, sondern jedermann, weshalb das Vorhaben über den Wirkungskreis der Gemeinde hinausgehe.
24 
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Stellungnahme der ...-... GmbH zu den Terminplanungen der Baumaßnahme eingeholt. In der Stellungnahme vom 27.11.2008 heißt es, für den Einbau der notwendigen Hilfsbrücken müssten sogenannte „Sperrpausen“ angemeldet werden, dies sei nun für den Zeitraum 18.07. bis 27.07.2009 erfolgt. Der eigentliche Baubeginn, d.h. die ersten Baumaßnahmen seien für den 02.03.2009 geplant. Dieser Termin sei wegen der Sperrpausen im Juli 2009 nicht mehr disponibel. Müssten die Sperrpausen abgesagt werden, käme es zu einer Verzögerung des Baubeginns von ca. 24 Monaten.
25 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Frau V.-L. als Zeugin gehört. Diese hat angegeben, sie sei aufgrund des Zeitungsartikels tätig geworden. Sie hätten im Freundeskreis überlegt, wie die Baumaßnahme zu stoppen sei und erkannt, dass dies nur durch ein Bürgerbegehren möglich sei. Sie hätten dann im Zeitraum vom 21.07. bis 12.08.2008 Unterschriften gesammelt. Die Unterschriftenlisten hätten auf der Poststelle ausgelegen, ferner sei sie - und auch andere - von Haustür zu Haustür gegangen und habe Unterschriften gesammelt. Eines Tages sei dann der Bürgermeister zum Postamt gekommen und habe Herrn W. auf die fehlende Begründung des Bürgerbegehrens hingewiesen. Daraufhin habe sie die Begründung verfasst und auch Herrn W. zugeleitet. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Begründungsblätter den Unterschriftenlisten lose beigelegen. Sie selbst habe die Begründungsblätter immer dabei gehabt, sie könne jedoch nicht sicher sagen, dass jeder Unterschriftenliste ein Begründungsblatt beigelegen habe. Sie könne auch nicht sicher sagen, wie Herr W. das gehandhabt habe. Ab wann das Begründungsblatt den Unterschriftenlisten beigefügt gewesen sei, könne sie datumsmäßig nicht mehr fixieren, auch könne man nicht nachvollziehen, wie viele Unterschriften geleistet worden seien, nachdem die Begründung erstellt worden sei. Da sie in der letzten Woche die meisten Unterschriften gesammelt hätten, könne sie sich gut vorstellen, dass schon nach Existenz des Begründungsblattes genug Unterschriften für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gesammelt worden seien, belegen könne sie das aber nicht.
26 
Ferner ist der Projektleiter der ...-... GmbH angehört worden. Dieser hat angegeben, der Beginn der Baumaßnahmen sei auf März 2009 festgelegt. Dies sei erforderlich, um die Sperrpausen im Juli 2009 zu nutzen. Am 04.07.2009 werde die erste Hilfsbrücke eingebaut. Das Bauende sei voraussichtlich im November 2009. Den Begriff „Sperrpause“ müsse man sich wie folgt vorstellen: Während mancher Arbeitsschritte sei nur ein Gleis blockiert und der Zugverkehr könne über das andere umgeleitet werden. Es gebe aber bestimmte Arbeitsschritte, bei denen die Baumaschinen nicht nur ein Gleis blockieren, sondern auch auf Nachbargleise hineinragen würden, sodass für diese Zeiten kein Zug die Baustelle passieren könne. Solche Baumaßnahmen würden in der Regel in der Nacht von einem Sonntag auf einen Montag durchgeführt, da in diesen Nächten die wenigsten Güterzüge unterwegs seien. Die Dauer dieser Baumaßnahmen, die die Bahnlinie voll blockierten, sei zwar jeweils relativ kurz, oft nur ca. zwei Stunden. Wegen der dichten Taktfrequenz auf dieser Strecke sei es jedoch erforderlich, diese Sperrpausen langfristig zu planen, der zeitliche Vorlauf liege derzeit bei ca. zwei Jahren. Die Anmeldung der Sperrpause für Juli 2009 habe also im Jahr 2007 stattgefunden. Neben dieser mehrjährigen Planung gebe es auch eine unterjährige Planung, die ca. 28 Wochen vor dem Projektbeginn einsetze. Die unmittelbare Bau- und Betriebsplanung lege dann die einzelnen Bauschritte konkret fest, dafür würden die verantwortlichen Planer und Bauleiter namentlich benannt, dies erfolge ca. 6 Wochen vor Beginn der Maßnahme. Im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses vom 30.06.2008 sei aus Sicht der Bahn „die Saat längst ausgebracht“ gewesen. Hätte die Gemeinde für diesen Zeitpunkt die Weiterführung der Maßnahme abgelehnt, hätten die Sperrpausen im Juli 2009 abgesagt werden müssen. Hätte man sich dann jedoch entschlossen, doch zu bauen, hätte eine Weiterplanung wegen erforderlicher neuerer Sperrpausen frühestens nach zwei Jahren erfolgen können. Die Vorlaufzeit für die Sperrpausen wirke für Außenstehende zwar lang, jedoch müsse bedacht werden, dass es an den Eisenbahntrassen ja nicht nur jeweils eine Baustelle gäbe. Jede Baustelle führe zu Verzögerungen für einzelne Züge, die sich dann zu Verspätungen addieren würden. Die verschiedenen Baustellen müssten also so koordiniert werden, dass sich die Einzelverzögerungen nicht zu Zugverspätungen aufaddierten. Dieses zur Verfügung stehende Zeitkontingent werde durch die Sperrpausen zugeteilt. Die Zuteilung der Sperrpausen erfolge durch die Netz AG, deren genaue Kriterien kenne er nicht.
27 
Auf entsprechende Fragen des Klägers hat Herr H. Folgendes angegeben: Wann er über das Bürgerbegehren informiert worden sei, wisse er nicht. Man habe ihm das wohl telefonisch mitgeteilt, dies habe für seine Arbeiten jedoch keine Konsequenzen gehabt. Hinsichtlich der Sperrpausen ändere sich bei einer Verschiebung der Baumaßnahme insoweit nichts, als bestimmte Arbeiten eben am Wochenende durchgeführt werden müssten, etwa der Einbau der Hilfsbrücken. Dass für die Zeit der Sperrpausen Züge über andere Strecken umgeleitet würden, könne sein, das wisse er nicht, da diese Disposition von der Netz AG gemacht werde. Das deutsche Eisenbahnnetz stehe ja nicht nur der DB zur Verfügung, sondern ebenso anderen, auch ausländischen Eisenbahngesellschaften. Die Nutzung des Schienennetzes koordiniere die Netz AG, dazu könne er nichts sagen. Auch der Kreuzungsvertrag werde von der Gemeinde mit der DB Netz AG geschlossen.Wann die einzelnen Unterschriften geleistet worden seien, könne er nicht sagen. Der Bürgermeister der Beklagten hat an dieser Stelle erläutert, er habe am 03.11.2008 unterschrieben, die Gegenzeichnung sei wohl am 13.12.2008 erfolgt. Angesprochen auf Vorleistungen hat Herr H. erläutert, allein während der letzten drei Wochen seien Vorarbeiten im „sechsstelligen Eurobereich“ durchgeführt worden. So habe er etwa schon die zu verlegenden Kabel bestellt. Dabei handele es sich um spezielle Fernmeldekabel, die nur für diese Baustelle angefertigt würden und anderweitig nicht verwertbar seien. Werde auf den Bau verzichtet, könne er die Kabel eigentlich nur noch zum Materialwert verkaufen. Auch seien schon Baumaßnahmen mit einem Volumen von rund 1,8 Mio. EUR ausgeschrieben worden, die Submission sei für Ende Januar 2009 geplant. Man müsse sich immer vor Augen führen, dass die Planungsarbeiten schon seit ca. zwei Jahren liefen.
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Der Bürgermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung noch erläutert, das Regierungspräsidium habe mündlich einen Zuschuss von insgesamt 1,7 Mio. EUR zugesagt. Die Kosten der Gesamtmaßnahme würden aktuell auf 4,2 Mio. EUR veranschlagt, die Finanzierung sei gesichert.
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Dem Gericht liegen die Behördenakten vor. Auf diese sowie die Gerichtsakten - auch des Verfahrens 7 K 2643/08 - wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
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Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
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Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
48 
Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
52 
Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Gründe

 
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Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
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(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
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Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
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Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
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Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
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Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
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Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
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Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
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Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
52 
Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 erreicht werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens festzustellen.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Stuttgart - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale zwischen Paris und Bratislava. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus den Stadtteilen Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Untertürkheim sowie einen 9,5 km langen sog. Fildertunnel angebunden werden. Mit den neuen Tunnelstrecken und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entstünde eine Ringstrecke, die den Verkehrsknoten Stuttgart insgesamt leistungsfähiger machen soll. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks sollen in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ soll die Neubaustrecke neben der Bundesautobahn A 8 bis zu einem neuen Bahnhof Flughafen/Messe verlaufen, an dem Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Zeitgleich mit dem Projekt soll zwischen Wendlingen und Ulm eine zweigleisige Neubaustrecke als Hochgeschwindigkeitsstrecke realisiert werden (NBS Wendlingen - Ulm).
Vorhabensträgerin des Projekts Stuttgart 21 sind die Deutsche Bahn AG bzw. ihr zugehörige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: Deutsche Bahn). An der Finanzierung beteiligen sich neben der Deutschen Bahn die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH sowie die Beklagte.
Im Hinblick auf die Aspekte Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung, Denkmalschutz und Finanzen wird das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Im Vorfeld, u.a. im Raumordnungsverfahren, wurden zahlreiche Alternativkonzepte untersucht. Ein Alternativkonzept unter dem Namen Kopfbahnhof 21 sieht eine Sanierung und „Ertüchtigung“ des bisherigen Kopfbahnhofes vor.
Nach dem Raumordnungsverfahren hat die Vorhabensträgerin das Projekt Stuttgart 21 in verschiedene Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Für den Kernbereich (Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen einschließlich Fildertunnel) liegen bestandskräftige eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vor. Mit Urteilen vom 06.04.2006 (5 S 596/05, 5 S 847/05 und 5 S 848/05, jeweils juris) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klagen des Landesverbandes Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und privater Eigentümer gegen den Umbau des Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1) abgewiesen. In der Begründung heißt es, für den Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart bestehe ein verkehrlicher Bedarf. Das Vorhaben sei aus den im Planfeststellungsbeschluss ausgeführten verkehrlichen Gründen - u.a. die Bereitstellung einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung des Verkehrsknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen, die Anbindung der Filderregion und der neuen Messe - planerisch gerechtfertigt. Die von den Gegnern des Projekts befürwortete Beibehaltung und „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs dränge sich im Rahmen der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit nicht als vorzugswürdige Alternative auf.
Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 ergibt sich insbesondere aus folgenden Vereinbarungen:
Am 07.11.1995 wurde zwischen der Deutschen Bahn AG, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 geschlossen, der der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt hat. Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind im Wesentlichen eine Beschreibung des Projekts sowie Regelungen über Investitionen und Finanzierungsfragen, zu planungsrechtlichen Festlegungen und zur Übernahme von frei werdenden Bahnflächen.
Unter dem 24.07.2001 schlossen die Deutsche Bahn AG, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm“ (sog. Realisierungsvereinbarung). Gegenstand dieser Vereinbarung ist insbesondere die Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg, die zuwendungsfähigen Kosten der NBS Wendlingen-Ulm sowie den Bundesanteil für Stuttgart 21 vorzufinanzieren. Darüber hinaus werden in der Vereinbarung Regelungen über den Erwerb von frei werdenden Bahnflächen durch die Beklagte, die Finanzierung und die Übernahme von Kostenrisiken getroffen. Der Gemeinderat der Beklagten hatte der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24.07.2001 mit Beschluss vom 12.07.2001 zugestimmt.
Mit Beschluss vom 19.12.2001 stimmte der Gemeinderat der Beklagten einem Kaufvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG bzw. der DB Netz AG als Verkäufer und der Beklagten als Käufer über frei werdende Bahnflächen (Teilgebiete A 2, A 3, B, C und D) zu. Der Kaufvertrag wurde unter dem 21.12.2001 abgeschlossen.
10 
Nach einer erneuten Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn AG einigten sich die Beteiligten unter dem 19.07.2007 auf ein sog. Memorandum of Understanding zur Realisierung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und des Projekts Stuttgart 21. Um den Baubeginn der Neubaustrecke vorziehen zu können, erklärte sich das Land Baden-Württemberg bereit, mit einem festen Zuschuss, beginnend ab 2010, die Investitionskosten einschließlich der Planungskosten bis 2016 zu finanzieren. Im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21 stellten die Beteiligten fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Das Memorandum enthält darüber hinaus Absprachen zur Höhe der Beteiligung der Parteien an den Investitionskosten und am Kostensteigerungsrisiko. Im Memorandum sind die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt ist. Die Parteien erklärten schließlich, dass zur Umsetzung des Memorandums Einzelheiten in einem Finanzierungsvertrag geregelt werden sollten. In einer Nebenabrede sagte die Beklagte der Bahn zu, auf die aus dem Kaufvertrag vom 21.12.2001 herrührenden Verzugzinsen wegen der verspäteten Übergabe der Flächen bis zum 31.12.2020 zu verzichten. Der Gemeinderat der Beklagten wurde über das Ergebnis der Verhandlungen in der Sitzung am 19.07.2007 unterrichtet.
11 
Im Hinblick auf die vom „Land und seien Partnern“ im Memorandum of Understanding zugesagten Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen schlossen das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte am 05.10.2007 eine Ergänzungsvereinbarung über ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21. Die Ergänzungsvereinbarung soll nach ihrem Wortlaut der „verbindlichen Regelung der Beteiligung der Landeshauptstadt und des Verbandes Region Stuttgart an den im Memorandum zugesagten Leistungen“ dienen und die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänzen. Nach der Ergänzungsvereinbarung trägt die Beklagte u.a. von den nach dem Memorandum vom Land Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen abzusichernden Kostenerhöhungsrisiken in Höhe von 780 Mio. Euro anteilig 206,94 Mio. Euro. Der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte haben in der Ergänzungsvereinbarung ferner das Land unwiderruflich ermächtigt, den Finanzierungsvertrag für das Projekt Stuttgart 21 mit der Deutschen Bahn und der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen. Am 05.10.2007 wurde auch die verabredete Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 über den Verzicht auf Verzugszinsen bis 2020 notariell beurkundet.
12 
Der Gemeinderat der Beklagten hatte in seiner vorangegangenen Sitzung vom 04.10.2007 die Zustimmung zum Abschluss der o.g. Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 beschlossen und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss der Verträge vorzunehmen. Einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 zu fassen, lehnte die Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 04.10.2007 ab.
13 
Am 05.10.2007 begann eine Koordinierungsgruppe Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 daraufhin mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 herbeigeführt werden sollte. In der Folgezeit wurden der Beklagten Unterschriftenlisten mit über 70.000 Unterschriften übergeben.
14 
Auf den jeweiligen Unterschriftenlisten heißt es unter der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“:
15 
Wir beantragen gemäß § 21 Abs. 3 der Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
16 
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt STUTTGART 21 aussteigt;
17 
- dass sie keine Ergänzungsvereinbarung mit den Projektpartnern abschließt, die u. a. von der Stadt abzusichernde Risiken in Höhe von 206,94 Mio. Euro vorsieht;
- dass sie keine Änderung des Kaufvertrages mit der Deutschen Bahn für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D, insbesondere nicht unter der Erklärung des Verzichts auf Verzugszinsen aus dem Grundstücksgeschäft, vornimmt;
- dass sie keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt und
- dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitteilt?“
18 
Begründung: STUTTGART 21 (S 21) würde der Stadt über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten in der Stadt bescheren - mit allen damit verbundenen Beeinträchtigungen. S 21 würde über lange Jahre hinweg zu gravierenden Verkehrsbehinderungen führen. Großbaustellen, die während des Planfeststellungsverfahrens nicht absehbar waren, werden neue verkehrliche Verhältnisse schaffen und logistische Probleme mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet produzieren. Die bereits heute an vielen Orten über den gültigen Grenzwerten liegende Feinstaubbelastung der Stuttgarter Luft würde nochmals verschärft. Der 8 m hohe Wall des geplanten Tunnelbahnhofs würde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen. S 21 würde zusätzliche finanzielle Mittel der Stadt erforderlich machen. Zudem sollen der Bahn AG Zinsen erlassen werden - Geld, das der Stadt dann fehlt. Angesichts der Dimension dieses Projekts, der langen Bauzeit, den damit verbundenen Beeinträchtigungen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Stadt wollen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart sich weiterhin am Projekt STUTTGART 21 beteiligen und ob sie weitergehende finanzielle Verpflichtungen dafür eingehen soll.
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Kostendeckung: Dieses Bürgerbegehren fordert keine neuen Ausgaben, sondern den Verzicht auf ein teures Projekt und somit die Einsparung von Steuergeldern.
20 
Mit Bescheid vom 09.01.2008 stellte die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 20.12.2007 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21 unzulässig sei. Die Beklagte begründete ihren Bescheid damit, dass die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens wegen Zeitablaufs unzulässig sei. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei bereits mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung 07.11.1995, spätestens aber mit der Zustimmung zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 getroffen worden. Die Zustimmung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung mit Beschluss vom 04.10.2007 sei keine neue Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen könne. Die Teilfrage 1 sei auch deshalb unzulässig, weil ein gesetzwidriges Ziel, nämlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, verfolgt werde. Die Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie vermittele den Eindruck, dass Beeinträchtigungen wie beispielsweise beim Verkehr und bei der Feinstaubbelastung bei einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt nicht eintreten würden. Die Entscheidung über eine Aufgabe des Projekts sei aber allein Sache der Deutschen Bahn. Der Beitrag der Beklagten beschränke sich im Wesentlichen auf eine finanzielle Beteiligung. Die Begründung erwähne ferner nicht, dass es zu dem geplanten Durchgangsbahnhof keine echte Alternative gebe, da der Hauptbahnhof der Beklagten unzweifelhaft sanierungsbedürftig sei. Die von den Gegnern des Projekts favorisierte „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs sei keine vorzugswürdige Alternative und würde auch keine geringeren Behinderungen und Beeinträchtigungen mit sich bringen. Die Begründung führe die Bürgerinnen und Bürger auch mit dem Hinweis in die Irre, dass durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 keine Kosten entstünden, sondern im Gegenteil Steuern eingespart würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die Vertragspartner einem Ausstieg der Beklagten nur bei entsprechender finanzieller Gegenleistung zustimmen würden. Unberücksichtigt blieben darüber hinaus die von der Stadt bereits aufgewendeten Planungskosten für das Rosenstein-Viertel. Ferner rechne die Beklagte bis zum Jahr 2034 mit zusätzlichen Netto-Mehreinnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen in Höhe von ca. 300 Mio. Euro durch das Projekt. Schließlich würden die Unterzeichner mit der Behauptung, der Durchgangsbahnhof trenne mit einem 8 m hohen Wall den Schlossgarten von der Innenstadt ab, in die Irre geführt. Die Teilfragen 2 und 3 seien ebenfalls unzulässig. Der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007, mit dem die Ermächtigung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages erteilt worden sei, könne nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen am 05.10.2007 nicht mehr zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Fragen zu finanziellen Beteiligungen oder Kostenschätzungen wegen der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig. Die Teilfrage 4 sei im Hinblick auf die erfassten „weiteren Verträge“ inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Nachdem die vorangehenden vier Teilfragen unzulässig seien, könne auch die sich darauf beziehende Teilfrage 5 keinen Bestand haben und sei ebenfalls unzulässig.
21 
Dagegen erhoben der Kläger sowie die beiden anderen Vertrauensleute des Bürgerbegehrens mit Schreiben vom 30.01.2008 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Das Regierungspräsidium führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig. Nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 8 GemO BW, 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG könne jeder Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nur im eigenen Namen gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erheben und hierbei die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen. Die Unterzeichner des Widerspruchsschreibens vom 30.01.2008 hätten nach dessen eindeutigem Wortlaut den Widerspruch aber als Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 erhoben. Sie machten auch nicht die Verletzung eigener subjektiver Rechte als Unterzeichner des Bürgerbegehrens geltend. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass sie den Widerspruch als Vertreter der Bürger erhoben hätten, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt hätten. Dafür spreche auch, dass auf dem Briefumschlag als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ genannt und die Widerspruchsbegründung mit einem Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ vorgelegt worden sei. Hilfsweise sei der Widerspruch aus den im Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 genannten Gründen auch unbegründet.
22 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008, der dem Kläger am 18.07.2008 zugestellt wurde, hat dieser am 18.08.2008 Klage eingereicht, die sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen wie folgt begründet:
23 
Der Kläger erhebe die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet habe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums sei der Widerspruch des Klägers zulässig gewesen, da er das Bürgerbegehren auch selbst unterzeichnet habe. Dafür, dass der Kläger den Widerspruch nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt habe, gebe es keine Anhaltspunkte.
24 
Das Bürgerbegehren sei in allen fünf Teilfragen zulässig. Es sei hinsichtlich der Teilfrage 1 nicht verfristet. Keiner der im Widerspruchsbescheid genannten Beschlüsse des Gemeinderats stelle eine endgültige Grundsatzentscheidung über die Projektbeteiligung der Beklagten dar. In der mit Zustimmung des Gemeinderates geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 sei keine Finanzierungsvereinbarung enthalten, sondern lediglich die Einigung der Parteien, dass eine solche Vereinbarung nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erst noch getroffen werden solle. Eine Vereinbarung über ein milliardenschweres Projekt, die die Frage der Finanzierbarkeit offen lasse, könne aber nur als (unverbindliche) Absichtserklärung gewertet werden. Auch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 habe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Projekts gestanden. Bestätigt werde dies durch Ziffer 3.3 der Vereinbarung. Danach seien die Parteien berechtigt, die Beendigung des Projekts zu erklären, wenn die Verhandlungen über die Finanzierung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führten. Auch in der Zustimmung des Gemeinderats zu dieser Vereinbarung liege deshalb kein Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21. In diese Kette von im Ergebnis unverbindlichen Absichtserklärungen reihe sich das Memorandum of Understanding vom 19.07.2007 ein, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe.
25 
Erst am 05.10.2007 sei mit der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten eine verbindliche Regelung der Beteiligung der Beklagten an den im Memorandum of Understanding zugesagten Leistungen getroffen worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Vorbemerkung der Vereinbarung als auch aus der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007. Bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 handele es sich damit um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss, weil hierdurch die über Jahre hinweg offengebliebene Finanzierungsfrage zwischen den Beteiligten geklärt worden sei. Als solcher sei er einem Bürgerbegehen zugänglich.
26 
Die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens verfolge kein gesetzwidriges Ziel. Dies folge schon daraus, dass eine Abkehr von den vorangegangenen unverbindlichen Absichtserklärungen zwischen den Beteiligten gar keine Vertragsverletzung darstellen könne. Selbst wenn man von rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ausgehen wolle, seien bei einer notwendigen bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung die geforderten Maßnahmen nicht als Aufforderung zum Vertragsbruch zu begreifen, sondern zielten auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.
27 
Die im Bürgerbegehren angegebene Begründung sei ausreichend. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Von einer Irreführung oder Täuschung könne keine Rede sein. Ein Hinweis darauf, wer Vorhabensträger des Projektes Stuttgart 21 ist, sei entbehrlich. Dem unbefangenen Unterzeichner, der mit dem Projekt Stuttgart 21 nicht einverstanden sei, komme es nicht darauf an, ob eine Nichtrealisierung zwingende oder nur mögliche Folge eines Bürgerentscheids sei. Das Bürgerbegehren ziele darauf ab, dass die Stadt „aus dem Projekt aussteige“. Pro- und Kontraargumente müsse die Begründung nicht enthalten. Erst Recht könne nicht verlangt werden, mögliche Auswirkungen anderer potentieller Varianten im Bürgerbegehren darzustellen.
28 
Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter seien nach Grund und Höhe reine Spekulation. Gemessen an den Kosten des Gesamtprojekts seien die Planungskosten für das Rosensteinviertel zu vernachlässigen. Die prognostizierten Steuermehreinnahmen, die im Falle der Realisierung des Projekts in Betracht kämen, stellten lediglich mittelbare Folgen des Projekts dar und seien für den Kostendeckungsvorschlag nicht relevant.
29 
Auch die Teilfragen 2 und 3 seien zulässig. Zwar sei durch die Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung und der Vereinbarung über die Kaufvertragsänderung am 05.10.2007 der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 vollzogen worden. Der Gemeinderatsbeschluss sei aber gleichwohl nicht „verbraucht“, denn der Oberbürgermeister sei zu diesem Handeln nicht ermächtigt gewesen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue vor.
30 
Die Teilfrage 2 widerspreche auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW, wonach ein Bürgerentscheid über die Haushaltssatzung, Kommunalabgaben, Tarife oder Entgelte nicht zulässig sei. Die Ergänzungsvereinbarung gehe über die Klärung interner Finanzierungsfragen weit hinaus, da sie den über Jahre bestehenden Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts beseitige.
31 
Die Formulierung der Teilfrage 4 sei inhaltlich bestimmt. Mangels einer Einschränkung seien mit „weiteren Verträgen“ alle Verträge gemeint, die sich auf das Projekt Stuttgart 21 beziehen. Die vom Regierungspräsidium vertretene Auffassung, Teilfrage 4 stehe im Widerspruch zu der in Teilfrage 5 geforderten Aufhebungsvereinbarung, widerspreche dem Prinzip einer bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung von Bürgerbegehren.
32 
Schließlich sei auch die Teilfrage 5 zulässig. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sei jederzeit rechtlich und tatsächlich möglich. Im Übrigen werde nicht der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gefordert, sondern lediglich eine entsprechende Mitteilung an die weiteren Projektbeteiligten, die erst Recht jederzeit rechtlich wie tatsächlich möglich sei.
33 
Selbst wenn man einen Teil der im Bürgerbegehren aufgeworfenen Fragen als unzulässig ansehen wollte, habe dies nicht die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens zur Folge. Ziel des Bürgerbegehrens und damit „gemeinsamer Nenner“ sei der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfragen 2 bis 5 stellten mehrere Wege dar, dieses Ziel zu erreichen. Es sei augenscheinlich, dass jeder Unterzeichner als Gegner des Projekts auch mit einer geringeren Zahl von Forderungen einverstanden gewesen sei, wenn diese nur zum erstrebten Ziel führten. Selbst wenn man daher einzelne Fragen für unzulässig erachte, so seien die übrig bleibenden Fragen unzweifelhaft vom Willen der Unterzeichner gedeckt und blieben daher zulässig.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.01.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das Projekt Stuttgart 21 festzustellen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Ihr Prozessbevollmächtigter trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch vom Kläger als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens erhoben und damit das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
39 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO BW müsse ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richte, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Der Gemeinderat der Beklagten habe in der Sitzung vom 04.10.2007 keine erneute Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Vorhaben Stuttgart 21 gefasst.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers regele bereits die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995, der der Gemeinderat zugestimmt habe, verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21. Jedenfalls stelle die Zustimmung des Gemeinderates zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 eine verbindliche Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 dar. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen und zur Übernahme von Investitionskosten bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. Euro rechtlich bindend verpflichtet. Nach Ziffer 3.3 der Vereinbarung sei Voraussetzung für die Erklärung der Beendigung des Projekts die einvernehmliche Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Vorhabens. Ein einseitiges Ausstiegsrecht der Beklagten aus dem Projekt habe nicht bestanden. Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung am 04.10.2007 sei klargestellt worden, dass das „Ob“ der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt sei. Die maßgebliche Begründung der Beschlussvorlage beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten und damit auf das „Wie“ der Beteiligung.
41 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 werde der Weg zu einem Bürgerentscheid auch deshalb nicht eröffnet , weil die Frage der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig sei. Wegen des Ausschlusses der Haushaltswirtschaft von Bürgerbegehren gehörten die Beschlüsse des Gemeinderates, die sich lediglich mit der Finanzierung des Vorhabens befassten, nicht zu den weichenstellenden Entscheidungen.
42 
Ein neuer Grundsatzbeschluss liege auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Sachlage vor. Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 sei die Beteiligung der Beklagten an Investitionskosten auf 31,6 Mio. Euro reduziert worden; statt dessen habe die Beklagte Kostensteigerungsrisiken von bis zu 130 Millionen Euro (Kapitalwert 2007) übernommen. Die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren. Darüber hinaus sei die Teilrücklage zur Finanzierung des eventuellen städtischen Beitrages zur Risikoabsicherung schon im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 gebildet worden. Insoweit könne von einer Änderung der Sachlage wegen erheblicher zusätzlicher finanzieller Aufwendungen der Beklagten oder zusätzlicher Haushaltsrisiken durch das Projekt Stuttgart 21 keine Rede sein. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale zusätzliche direkte Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen in zukünftigen Stadthaushalten entstehen würden.
43 
Das Bürgerbegehren mit der unbedingten Forderung nach einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 verfolge auch ein rechtswidriges Ziel, denn sie sei mit den vertraglichen Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung von 1995 und der Realisierungsvereinbarung von 2001 unvereinbar. Die Voraussetzung für die Beendigung des Projekts, nämlich die mangelnde Einigung über dessen Finanzierung, sei nicht eingetreten. Diese Einigung sei vielmehr bereits mit dem Memorandum of Understanding im Juli 2007 erzielt worden.
44 
Im Hinblick auf den geforderten Ausstieg genüge auch die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den gesetzlichen Anforderungen. Den Bürgern habe dargelegt werden müssen, dass die Beklagte nicht Vorhabensträgerin des Projektes sei und deshalb nicht entscheiden könne, ob das Projekt verwirklicht werde oder nicht. An keiner Stelle der Begründung werde außerdem auf die ohnehin erforderliche Gesamtsanierung der Bahnanlagen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 2,3 Mrd. Euro hingewiesen. Die in der Begründung beschriebenen Behinderungen durch eine Großbaustelle entstünden in mindestens dem gleichen Umfang bei einer Sanierung des Kopfbahnhofes. Es werde außerdem nicht dargelegt, dass der Beklagten auch bei einem Verzicht auf das Projekt erhebliche Kosten entstünden. In der Begründung werde ferner nicht dargelegt, dass die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages unverzüglich nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 unterzeichnet werden sollten, was den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens bekannt gewesen sei. Die grobe Überzeichnung der Umstände durch die unzutreffende Behauptung, ein 8 m hoher Wall werde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen, rundeten das Bild einer unvollständigen und unzutreffenden Begründung ab. Die Begründung stütze sich auf Abwägungselemente des Planfeststellungsverfahrens, habe aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht der Stadt auf die finanzielle Beteiligung an diesem Projekt nichts zu tun. Zu den finanziellen Auswirkungen des Projekts für die Stadt nehme die Begründung nur am Rande Stellung.
45 
Es fehle in dem Bürgerbegehren schließlich auch ein Kostendeckungsvorschlag. Nachdem alle bisher abgeschlossenen Vereinbarungen verbindlich seien, bestehe zumindest dem Grunde nach das Risiko von Regressforderungen der anderen Projektbeteiligten. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Abstimmungsberechtigten die finanziellen Risiken des Ausstiegs aufzuzeigen.
46 
Auch hinsichtlich der Teilfragen 2 und 3 sei das Bürgerbegehren unzulässig. Die Verwaltung der Beklagten habe von den ihr durch Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages am 05.10.2007 unterzeichnet. Dazu sei der Oberbürgermeister berechtigt gewesen, denn ein Bürgerbegehren habe in Baden-Württemberg keine aufschiebende Wirkung. Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue liege ebenfalls nicht vor. Der Text des Bürgerbegehrens sei am 05.07.2007 veröffentlicht worden. Zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung am 04.07.2007 und des Abschlusses der Verträge am 05.10.2007 habe weder ein zulässiges noch ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren vorgelegen. Es habe deshalb keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die der Bürgerschaft durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Kompetenzen bestanden. Die Kompetenzausübung durch den Oberbürgermeister habe nicht der Behinderung von Kompetenzen der Bürgerschaft gedient, sondern der Vollziehung eines Gemeinderatsbeschlusses in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 GemO BW.
47 
Hinsichtlich der Teilfrage 4 zum „Abschluss weitere Verträge“ liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis vor. Nach der Auslegung des Klägers dürfe die Beklagte selbst bei einer Durchführung des Projekts Stuttgart 21 keine Verträge mit der Vorhabensträgerin abschließen, die ausschließlich dazu dienten, die Bürger vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Denkbar seien insbesondere Verträge über die Erhaltung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, Verkehrslenkungsmaßnahmen, Baulogistik und Bauablauf. Dies habe in der Begründung verdeutlicht werden müssen.
48 
Die Zulässigkeit der Teilfrage 5 stehe und falle mit der Zulässigkeit der vorhergehenden vier Teilfragen. Nachdem diese unzulässig seien, könne auch die letzte Teilfrage nicht fortbestehen.
49 
Das Bürgerbegehren sei auch nicht teilbar. Nachträglich könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Beweggründen die Unterzeichner ihre Unterschrift geleistet hätten. Dies treffe insbesondere für die Teilfrage 2 zu, in der das von der Stadt abzusichernde Risiko mit 206,94 Millionen Euro ausdrücklich genannt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zahlreiche Unterzeichner gerade die vertragliche Bindung der Stadt zu weiteren Finanzierungsbeiträgen hätten verhindern wollen. Die Aufrechterhaltung eines Teils des Bürgerbegehrens würde daher den Willen der Unterzeichner verfälschen.
50 
Während des Klageverfahrens haben das Land Baden-Württemberg, die Beklagte (vertreten durch das Land Baden-Württemberg), der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH, die DB Netz AG, die DB Station & Service AG, die DB Energie AG und die Deutsche Bahn AG (DB AG) auf der Grundlage des Memorandum of Understanding am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag zu dem Projekt Stuttgart 21 als Teil des Gesamtprojekts Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm geschlossen.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2009 - 3 K 3443/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Unterzeichner eines am 23.10.2009 eingereichten Bürgerbegehrens „Stoppt das Millionengrab“. Er begehrt die Durchführung eines Bürgerentscheids zu der Frage „Sind Sie für die Durchführung des Baus eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig gemäß dem Plan der Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft mbH (KASIG), festgestellt durch das Regierungspräsidium Karlsruhe am 15. Dezember 2008?“.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 lehnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 17.11.2009 den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids ab. Zur Begründung ist ausgeführt: Das Bürgerbegehren sei aus mehreren Gründen unzulässig. Es sei verfristet; die eingetretene Verfristung werde auch nicht durch die in der Begründung angeführte Kostensteigerung aufgehoben. Das Bürgerbegehren sei hinsichtlich der Fragestellung in Verbindung mit der Begründung nicht hinreichend bestimmt und enthalte keinen Kostendeckungsvorschlag. Es fehle an der erforderlichen Kongruenz von Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag. Außerdem seien die Ausschlussgründe nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 6 GemO gegeben. Das Bürgerbegehren sei schließlich auch deshalb unzulässig, weil hierdurch die allgemein geltenden Grundsätze der Vertragstreue verletzt würden.
Über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Antragstellers ist noch nicht entschieden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2009 den Antrag des Antragstellers, die Antraggegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids für zulässig zu erklären und einen Bürgerentscheid zu der angegebenen Fragestellung durchzuführen, abgelehnt. Der Antrag richte sich auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache, was dem Wesen und Zweck der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes widerspreche. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei auch nicht ausnahmsweise hinnehmbar. Dies sei nur dann der Fall, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliege und anderenfalls dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Davon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Insbesondere entstünden dem Antragsteller keine unzumutbaren Nachteile, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge. Auch ein Anordnungsanspruch könne nicht mit dem erforderlichen Grad von Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Mit der Antragsgegnerin sei das Gericht der Auffassung, dass der Ende Oktober 2009 eingereichte Antrag auf Zulassung des Bürgerbegehrens verfristet sei, da die Sechswochenfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO spätestens durch die Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2008 ausgelöst worden sei. Außerdem enthalte der Antrag keinen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme.
Mit seiner Beschwerde hält der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag als Hauptantrag aufrecht, hilfsweise begehrt er die Verpflichtung der Antragsgegnerin, festzustellen, dass der am 23.10.2009 eingereichte Antrag auf Durchführung eines Bürgerbegehrens mit der angeführten Fragestellung zulässig ist. Zur Begründung macht er geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die beantragte Anordnung im Ergebnis keine Vorwegnahme der Hauptsache bedeute, weil der Bürgerentscheid dann, wenn rechtskräftig in der Hauptsache eine andere Entscheidung ergehen würde, unzulässig gewesen und damit ein unzulässiger Beschluss zustande gekommen wäre, der keine Rechtswirkungen entfalte. Jedenfalls durch die hilfsweise begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, werde die Hauptsache nicht vorweggenommen, weil ein Bürgerentscheid hiermit vorerst noch nicht durchgeführt werden müsse. Vielmehr könne insoweit die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden. Aber selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht von einer Vorwegnahme der Hauptsache ausgehe, so sei die begehrte Anordnung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig. Die dem Bürger nach § 21 Abs. 3 GemO eingeräumte Kompetenz würde vernichtet, wenn nicht jetzt die - vorläufige - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt würde. Das Bürgerbegehren sei auch offensichtlich zulässig. Es richte sich nicht gegen Gemeinderatsbeschlüsse, so dass die gesetzliche Sechswochenfrist nicht zu beachten gewesen sei. Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Auch die weiteren von der Antragsgegnerin in ihrem Bescheid angeführten Erwägungen stünden der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht entgegen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel zu ziehen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
10 
Soweit der Antragsteller - entsprechend seinem im Beschwerdeverfahren als Hauptantrag weiterverfolgten Antrag - neben der Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, zugleich deren Verpflichtung begehrt, einen Bürgerentscheid durchzuführen, ist dieser Antrag unzulässig. Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz kann grundsätzlich nicht über das hinausgehen, was Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens sein kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 123 RdNr.11). Dies ist hier aber der Fall. Auch in einem etwaigen Hauptsacheverfahren könnte der Antrag des Antragstellers nur darauf abzielen, die Antragsgegnerin unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, das Bürgerbegehren zu der o.a. Fragestellung für zulässig zu erklären. Das weitere Vorgehen ergäbe sich für die Antragsgegnerin dann aus § 21 Abs. 4 und 5 GemO. Anstatt der Durchführung eines Bürgerentscheids verbliebe dem Gemeinderat die in § 21 Abs. 4 Satz 2 GemO vorgesehene Möglichkeit. Danach entfällt der Bürgerentscheid, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
11 
Außerdem ist die Durchführung eines Bürgerentscheids unter Vorbehalt mit der gesetzlichen Ausgestaltung des § 21 Abs. 3 - 7 GemO grundsätzlich unvereinbar (vgl. auch BayVGH, Beschluss v. 06.11.2000 - 4 ZE 00.3018 - BayVBl. 2001, 500; Sächs. OVG, Beschl. v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 f.). Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderats herbeizuführen, wenn der Bürgerentscheid eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit trifft. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck von § 21 GemO tatsächlich anstelle des Gemeinderats unmittelbar selbst Verantwortung. Dem widerspricht es, wenn die Bürger in der Ungewissheit, ob ihre Stimme letztlich überhaupt Bedeutung erlangt, über eine Angelegenheit der Gemeinde entscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die Vorläufigkeit eines Bürgerentscheids, der sich im Falle der rechtskräftigen Ablehnung des Bürgerbegehrens als gegenstandslos erweist, Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Bürger hätte und damit eine verantwortliche Entscheidung der Bürger durch einen Bürgerentscheid sozusagen auf Vorrat nicht zu erzielen wäre.
12 
Der im Beschwerdeverfahren hilfsweise verfolgte Antrag, die Antragsgegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen, ist auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn der Antragsteller möchte durch die beantragte einstweilige Anordnung bereits vor einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren erreichen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären. Damit verfolgt er im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sachlich dasselbe Ziel wie im Hauptsacheverfahren. Daran ändert es nichts, dass der Antragsteller lediglich eine vorläufige Zulässigkeitserklärung begehrt.
13 
Zulässig ist hingegen eine - hinter dem Antrag zurückbleibende - vorläufige gerichtliche Feststellung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist (vgl. zur Zulässigkeit vorläufiger Feststellungen Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, §123 RdNr. 9). Mit der vorläufigen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wäre eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Durchführung eines Bürgerentscheids nicht verbunden. Eine derartige Verpflichtung kann nur die - rechtskräftige - Entscheidung über die Zulässigkeit auslösen. Auch wäre sie rechtlich nicht gehindert, in Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse dem Bürgerbegehren entgegenstehende Maßnahmen zu ergreifen. Denn ein Bürgerbegehren hat nach § 21 GemO selbst bei rechtskräftiger Feststellung seiner Zulässigkeit keine aufschiebende, die Gemeinde an der Fortführung ihres Projekts hindernde Wirkung (vgl. Senatsbeschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 ff.; anders z. B. § 26 Abs. 6 Satz 5 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung, für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Bestrebungen, in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg eine entsprechende Schutz- bzw. Sperrwirkung wie in anderen Bundesländern vorzusehen (vgl. LT-Drs. 13/4263), haben auch in der geänderten Fassung des Gesetzes vom 28.07.2005 (GBl. S. 578 ff.) keinen Niederschlag gefunden.
14 
Der Umstand, dass ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung hat, schließt jedoch die Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Durchführung eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids zu sichern, nicht aus (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16.07.1996, NVwZ 1997, 310 ff. zur insoweit entsprechenden Regelung in § 8 b HGO). Aufschiebende Wirkung und einstweilige Anordnung sind verschiedene Rechtsinstitute, wie sich aus den §§ 80 und 123 VwGO ergibt. Die aufschiebende Wirkung tritt normalerweise schon durch Einlegung eines Rechtsbehelfs ein, ohne dass geprüft werden müsste, ob der Rechtsbehelf erfolgversprechend ist oder nicht. Sie ist ein Rechtsinstitut, das den status quo erhalten soll, bis über ein Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt entschieden ist. Soweit hingegen über diesen Rechtsbereich hinaus die aufschiebende Wirkung nicht gesetzlich als vorläufige Regelung geregelt ist, sieht die Verwaltungsgerichtsordnung in § 123 VwGO die Möglichkeit einstweiliger Anordnungen vor, um zu vermeiden, dass vor der Lösung von Rechtskonflikten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Welchen Inhalt eine danach grundsätzlich mögliche einstweilige Anordnung zur Sicherung des Bürgerbegehrens haben kann, ist eine Frage des Einzelfalls und bedarf hier keiner Entscheidung. Soweit frühere Beschlüsse des Senats der dargelegten Auffassung entgegenstehen (vgl. Beschluss vom 22.04.1983 - 1 S 736/83 -, Seeger/Füss-lin/Vogel, EKBW, § 21 GemO E 12; Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93, VBlBW 1994, 397 ff.), wird daran nicht mehr festgehalten.
15 
Eine gerichtliche Entscheidung, die vorläufig die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens feststellt, wäre auch geeignet, die Position des Antragstellers zu verbessern. Mit der vorläufigen gerichtlichen Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens lässt sich zum einen ein Warneffekt für die Antragsgegnerin dahingehend erzielen, sich während der Dauer eines etwaigen Hauptsacheverfahrens der Risiken bewusst zu sein, die mit weiteren Vollzugsmaßnahmen einhergehen, wenn ihren Maßnahmen ggfs. nachträglich die Grundlage entzogen wird und ihr hierdurch finanzielle Nachteile entstehen können. Zum anderen wäre damit ein Appell für die Antragsgegnerin verbunden, auf die der Bürgerschaft nach § 21 Abs. 3 GemO zustehenden Kompetenzen bei ihrem weiteren Vorgehen Rücksicht zu nehmen.
16 
Mit Blick auf die sich daraus ergebenden weitreichenden Folgen einer einstweiligen Anordnung und vor dem Hintergrund der dargelegten gesetzlichen Ausgestaltung des Bürgerbegehrens kommt die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens jedoch nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte (vgl. BayVGH, Beschluss v. 22.10.1996 - 4 CE 96.3109 -, BayVBl. 1997, 312 ff.; Sächs. OVG, Beschluss v. 29.09.2008 - 4 B 209/08 -, SächsVBl. 2009, 19 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, § 123 RdNr. 14 m.w.N.). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen.
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Unter Beachtung dieser Grundsätze kann zwar dem Antragsteller ein Anordnungsgrund im dargelegten Sinne nicht abgesprochen werden. Denn für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Hauptsacheverfahren die Antragsgegnerin rechtskräftig verpflichtet würde, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, könnten bis dahin die Baumaßnahmen für die Untertunnelung der Kaiserstraße so weit fortgeschritten sein, dass ein nachfolgender Bürgerentscheid, soweit er überhaupt noch rechtlich möglich wäre (vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, die Hinweise auf die Rspr. im Urteil des VG Stuttgart vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, zitiert nach juris Rz. 98), jedenfalls angesichts vollendeter Tatsachen das Abstimmungsverhalten der Bürger beeinflussen und damit das Recht der Bürger wirkungslos machen würde. Wie ausgeführt wäre die Antragsgegnerin für die Dauer des Hauptsacheverfahrens rechtlich nicht gehindert, in Umsetzung des Bürgerentscheids von 2002 und der nachfolgenden Gemeinderatsbeschlüsse die Baumaßnahmen voranzutreiben (vgl. Senatsbeschl. v. 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, VBlBW 1994, 100 f.). Die - rechtlich zulässige - Schaffung vollendeter Tatsachen käme daher einem drohenden Rechtsverlust gleich.
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Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat jedoch deshalb keinen Erfolg, weil der Antragsteller einen den o.g. Anforderungen gerecht werdenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO in Verb. mit § 920 Abs. 2 ZPO).
19 
Das Bürgerbegehren ist schon deshalb unzulässig, weil die Bürger sich bereits in einer durch Bürgerentscheid gefällten Grundsatzentscheidung von 2002 für die mit dem vorliegenden Bürgerbegehren in Frage gestellte „Kombi-Lösung“ ausgesprochen haben und der Gemeinderat hierzu 2005 einen Umsetzungsbeschluss gefasst hat, der Sperrwirkung entfaltet. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:
20 
Am 22.09.2002 wurde aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin gemäß § 21 Abs. 1 GemO ein Bürgerentscheid durchgeführt, bei dem sich die Mehrheit der Bürger für die „Kombi-Lösung“ (bestehend aus folgenden Maßnahmen: Unterirdische Führung des Schienenverkehrs in der Kaiserstraße mit einem unterirdischen Südabzweig am Marktplatz und schienenfreie Fußgängerzone zwischen Europaplatz und Kronenplatz sowie Umbau der Kriegsstraße mit einem Straßentunnel und oberirdischen Straßenbahnlinien) ausgesprochen hat. Mit dem hier zu beurteilenden Bürgerbegehren vom 23.10.2009 richten sich die Initiatoren gegen das beschlossene Konzept, auch wenn sie nur einen Teil der „Kombi-Lösung“ angreifen, nämlich die Untertunnelung der Kaiserstraße. Daran ändert es nichts, dass der Umbau der Kriegsstraße nach den Vorstellungen des Bürgerbegehrens verwirklicht werden soll; denn wie schon der gewählte Begriff „Kombi-Lösung“ besagt, sollte der eine Teil nicht ohne den anderen realisiert werden. Der Bürgerentscheid von 2002 hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO). Er ist auch nicht innerhalb von drei Jahren durch einen neuen vom Gemeinderat initiierten Bürgerentscheid aufgehoben worden (§ 21 Abs. 7 Satz 2 GemO). Vielmehr hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 19.07.2005 auf der Grundlage des Bürgerentscheids vom 22.09.2002 die Umsetzung des durch die Bürgerschaft befürworteten Verkehrsprojekts beschlossen. Der Umsetzungsbeschluss sah zur Realisierung dieses Verkehrsprojekts neben der Aufstellung und Auslegung des Bebauungsplans „Kriegsstraße - Mitte, Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ die Planung eines Stadtbahntunnels unter der Kaiserstraße mit Südabzweig Ettlinger Straße und die Zustimmung zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 28 PBefG vor. Dieser Umsetzungsbeschluss war nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Ein solches wäre auch nicht an der gesetzlich vorgesehenen Sperrfrist von drei Jahren (§ 21 Abs. 3 Satz 2 GemO) gescheitert, da diese nicht gilt, wenn zuvor - wie hier - ein Bürgerentscheid aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderats nach § 21 Abs. 1 GemO durchgeführt worden ist (vgl. Kunze/Bron-ner/Katz, Gemeindeordnung Baden-Württemberg, 4. Auflage 2006, § 21 Rz. 22). Der auf dem Bürgerentscheid 2002 basierende Umsetzungsbeschluss von 2005 hat damit nach Ablauf der in § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 GemO vorgesehenen Frist von sechs Wochen Sperrwirkung entfaltet gegenüber Bürgerbegehren, die sich inhaltlich gegen diesen Beschluss richten.
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Durchbrochen wird die Sperrwirkung nur durch Eintritt einer wesentlich neuen Sachlage oder durch eine erneute Befassung des Gemeinderats, die die Frist nach § 21 Abs. 3 Satz 3, Halbs. 2 GemO für ein Bürgerbegehren wieder in Gang setzt. Voraussetzung für die Abänderung eines Bürgerentscheids nach § 21 Abs. 1 GemO durch eine erneute Entscheidung der Bürgerschaft in gleicher Sache ist demnach, auch wenn im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, dass das Vorhaben, das Gegenstand eines Bürgerentscheids war, eine wesentliche Änderung erfahren hat. Dies ergibt sich aus den Regelungen über die Fristen bei Bürgerbegehren gegen Organbeschlüsse, die die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherstellen und für die Gemeinde Planungssicherheit bei der Realisierung ihrer Vorhaben gewährleisten sollen. Der Aspekt der Planungssicherheit gewinnt insbesondere in Fällen von Großvorhaben Bedeutung, bei denen ein zeitlich und in der Sache gestrecktes Planungsvorhaben in Vollzug eines Bürgerentscheids erforderlich ist, das sich über eine Phase der Vorbereitung, Einleitung von Planfeststellungs- und Bauleitverfahren, Festlegung der Einzelheiten der Finanzierung bis zur Entschließung über die Reihenfolge der Ausführung hinzieht und mehrere Beschlüsse des Gemeinderats erforderlich macht (vgl. auch Senatsurteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff. für den dort zugrundeliegenden Fall eines erneutes Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO innerhalb der Sperrfrist von drei Jahren, § 21 Abs. 3 Satz 2 GemO).
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Eine wesentliche Änderung, die danach zum Anlass für ein Bürgerbegehren gemacht werden könnte, dürfte hier jedoch nicht eingetreten sein. Sie kann nicht allein mit Kostensteigerungen und zu befürchtenden Einschnitten in den städtischen Haushalt für den Fall begründet werden, dass die „Kombi-Lösung“ einschließlich der Straßenbahnunterführung durch die Kaiserstraße zur Ausführung gelangt. Denn derartige Steigerungen beruhen nicht auf einer Änderung des Verkehrsprojekts, sondern wesentlich auf den in der Baubranche generell zu verzeichnenden allgemeinen Baukostensteigerungen, die sich bei Großvorhaben dieser Art, deren Planung sich über Jahre hinzieht, zwangsläufig ergeben. Baukostensteigerungen als solche sind jedoch, auch wenn sie den Gemeindehaushalt belasten sollten, einem Bürgerbegehren nicht zugänglich. Dies ergibt sich aus der Ausschlussregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO. Danach darf ein Bürgerentscheid unter anderem nicht über die Haushaltssatzung und die Gemeindeabgaben stattfinden. Aus dieser Regelung lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderats einräumen wollte (vgl. Senatsurteil v. 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Ob das Verkehrsprojekt trotz gestiegener Investitionskosten und angesichts der städtischen Haushaltslage tatsächlich ausgeführt wird, ist, solange der Gemeinderat keinen Anlass zu einem neuerlichen Grundsatzbeschluss sieht, allein der Entscheidung des Gemeinderats überlassen, der hierfür die von der Gemeindeordnung vorgesehene haushaltspolitische Verantwortung trägt.
23 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 dürfte keine neue Grundsatzentscheidung getroffen worden sein, die der Bürgerschaft innerhalb der Sechswochenfrist die Einreichung eines Bürgerbegehrens ermöglicht hätte. Ausweislich der Sitzungsvorlage Nr. 1534 vom 21.10.2008 war Gegenstand dieser Beschlussfassung, in welcher Reihenfolge die beiden aufeinander abgestimmten Teilprojekte „Stadtbahntunnel Kaiserstraße mit Südabzweig“ und „Straßenbahn in der Kriegsstraße mit Straßentunnel“ realisiert werden sollen. Das Bürgerbegehren richtet sich jedoch nicht gegen die Reihenfolge der Verwirklichung der „Kombi-Lösung“, sondern, wie dargelegt, gegen deren (Teil-) Realisierung als solche. Eine die „Kombi-Lösung“ nochmals bestätigende Entscheidung dürfte der Gemeinderat danach in der Sitzung vom 21.10.2008 nicht getroffen haben. Zwar können nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschl. v. 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110) auch wiederholende Grundsatzentscheidungen, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, innerhalb der gesetzlichen Sechswochenfrist zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden. Jedoch geht insoweit weder aus der Beschlussfassung noch aus der Beschlussvorlage sowie dem Sitzungsprotokoll hervor, dass mit der Entscheidung über die Reihenfolge zugleich ein im Sinne einer wiederholenden Grundsatzentscheidung die „Kombi-Lösung“ bestätigender Gemeinderatsbeschluss gefasst wurde, der die gesetzliche Sechswochenfrist für ein Bürgerbegehren hätte auslösen können. Insbesondere ist aus der Mitte des Gemeinderats kein entsprechender Antrag auf Erneuerung der Grundsatzentscheidung gestellt worden. Soweit der Vorsitzende ausweislich des Protokolls betonte, dass die „Kombi-Lösung“ aus zwei Teilen bestehe, die beide untrennbar miteinander verbunden seien, dürfte diese Äußerung nicht im Zusammenhang mit einer erneuten Sachdiskussion über die Verwirklichung der „Kombi-Lösung“ gefallen sein. Vielmehr dürfte er hiermit lediglich herausgestellt haben, dass diese die Geschäftsgrundlage der hier zu beschließenden Reihenfolge ist. Dafür spricht auch der Beitrag des Stadtrats Dr. ... (KAL) („Nach der dritten Wortmeldung hätte man den Eindruck haben können, heute ginge es um die Entscheidung Kombilösung ja oder nein. Dem ist aber nicht so“).
24 
Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Geht man nämlich mit der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht von einer erneuten Grundsatzentscheidung aus, so ist das Bürgerbegehren jedenfalls verfristet. Entgegen der Beschwerde fehlt es insoweit nicht an einer - die Sechswochenfrist auslösenden - Bekanntmachung des Gemeinderatsbeschlusses vom 21.10.2008. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 14.11.1983 - 1 S 1204/83 -, NVwZ 1985, 288 f.) bedarf es in dem Bereich, in dem der Einzelne nicht durch den Beschluss unmittelbar betroffen ist, nicht einer förmlichen Bekanntmachung. Vielmehr reicht hier aus, wenn ohne formelle Bekanntmachung gewährleistet ist, dass der Bürger von der Beschlussfassung Kenntnis erlangen kann. Dem wird auch eine Veröffentlichung ihres wesentlichen Inhalts in der örtlichen Presse oder im redaktionellen Teil des Amtsblattes gerecht, die den Bürger hinreichend über den Inhalt des Beschlusses unterrichtet und ihm eine Entscheidung im Hinblick auf ein Bürgerbegehren ermöglicht. Vorliegend ist der - in öffentlicher Sitzung ergangene - Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2008 Gegenstand der Berichterstattung in den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) vom 22.10.2008 (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin v. 26.02.2010) sowie in der Stadtzeitung vom 24.10.2008 (vgl. Anlage 3) gewesen.
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Da das Bürgerbegehren schon aus diesem Grunde unzulässig ist, konnte der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes offen lassen, ob der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch die weiteren von der Antragsgegnerin angeführten Gründe entgegenstehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
27 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG.
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.