Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 18. Sept. 2012 - 6 K 1399/12

bei uns veröffentlicht am18.09.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am ...1955 geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger. Er reiste auf seinen Antrag vom ...1997 gemeinsam mit seiner Familie als jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion nach Durchführung eines Aufnahmeverfahrens mit einem Visum der deutschen Botschaft in Moskau im Juni 2002 in das Bundesgebiet ein. Am ...2002 erhielt er eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis sowie die Bescheinigung nach § 2 Abs. 1 des Kontingentflüchtlingsgesetzes, wonach „der Ausweisinhaber als ausländischer Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge gilt“. Am ...2006 wurde ihm eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 101 Abs. 1 AufenthG erteilt.
Das Job-Center ... teilte der Beklagten durch Schreiben vom 03.11.2010 mit, der Kläger mit Familie sei zwecks Arbeit zurück nach Russland gezogen. Am 01.06.2010 habe die Familie sich wieder zurückgemeldet und im Job-Center ... Antrag auf ALG II gestellt. Zum 01.09.2010 sei die Familie wieder nach ... gezogen.
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin durch Anhörungsschreiben vom 12.11.2010 mit, nach Aktenlage sei die ihm erteilte Niederlassungserlaubnis kraft Gesetzes erloschen. Es sei daher beabsichtigt, ihn zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufzufordern. Wie er im Rahmen seiner Vorsprache auf dem Job-Center eingeräumt habe, sei er 2007 mit seiner Familie nach Russland ausgereist und am 01.07.2010 bzw. am 01.06.2010 wieder in das Bundesgebiet zurückgekehrt. Grund für die Rückkehr nach Russland sei nach seinen Angaben die Aufnahme einer Beschäftigung gewesen. Aufgrund des Auslandsaufenthaltes sei der Aufenthaltstitel nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG erloschen, weil der Kläger aus einem nicht nur vorübergehenden Grund das Bundesgebiet verlassen habe bzw. ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten wieder in das Bundesgebiet eingereist sei. Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis (seit 01.01.2005 Niederlassungserlaubnis) sei somit kraft Gesetzes erloschen. Bei der Wiedereinreise nach Deutschland im Juni 2010 sei er somit nicht im Besitz des hierfür erforderlichen Visums gewesen, so dass er unerlaubt eingereist sei. Es sei daher beabsichtigt, ihn zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufzufordern.
Der Kläger teilte daraufhin durch Schreiben vom 22.11.2010 mit, sie seien lediglich vorübergehend nach Russland gefahren, da sie seit 2002 vergeblich versucht hätten, in Deutschland eine Arbeitsstelle zu bekommen und weil es ihnen sehr unangenehm gewesen sei, von ALG II zu leben. Sie hätten zu jeder Zeit die Absicht gehabt, wieder nach Deutschland zurückzukehren, da ihre beiden Söhne ja weiterhin in Deutschland (...) lebten. Sie hätten lediglich die Zeit nutzen wollen, ihre berufliche Qualifikation und Praxiskenntnisse weiter zu verbessern, da sie neben dem Deutschsprachkurs keine weiteren beruflichen Eingliederungsmaßnahmen in Deutschland erhalten hätten. Ihre Söhne in Deutschland hätten ihnen auch regelmäßig Stellenangebote nach Russland geschickt, auf die sie sich, leider vergebens, beworben hätten. Allein aus diesen Aktivitäten könne ersehen werden, dass es immer ihr Ziel gewesen sei, in Deutschland zu leben und hier eine berufliche Existenz aufzubauen. Sie hätten auch zu keiner Zeit die 6-Monats-Frist nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG überschritten, wie den Einträgen in den Pässen zu entnehmen sei. Sie seien dann sofort nach Deutschland zurückgekommen, als ihnen einige vielversprechende Arbeitsangebote übermittelt worden seien. Ihre Tochter besuche seit September 2010 ein Gymnasium in ..., nachdem sie in Moskau die Deutsche Schule besucht habe. Auch hieraus könne das Interesse erkannt werden, dass sie dauerhaft in Deutschland wohnen wollten. Es werde gebeten, die Niederlassungserlaubnis weiterhin für gültig zu erklären.
Am 24.01.2011 stellte der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Der Antrag wurde durch Beschluss vom 27.05.2011 - 6 K 253/11 - abgelehnt. Im Beschwerdeverfahren legte der Kläger Bewerbungen aus den Jahren 2008 und 2009 vor. Der VGH Baden-Württemberg verpflichtete die Beklagte durch Beschluss vom 21.07.2011 - 11 S 1796/11 -, dem Kläger eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auszustellen. Am 14.10.2011 erteilte die Beklagte ihm eine solche bis 13.10.2012 gültige Aufenthaltserlaubnis.
Am 25.01.2011 hat der Kläger auch Feststellungsklage im Hinblick auf die ihm erteilte Niederlassungserlaubnis erhoben. Er trägt vor, er sei im Juni 2007 nach Moskau ausgereist, um dort vorübergehend eine Arbeitsstelle bei einer Firma als Bauleiter im Rahmen der Renovierung eines Gebäudes anzunehmen. Im Zeitraum Juni 2007 bis 30.05.2010 sei er immer wieder zwischen Russland und Deutschland gependelt, um in Russland verschiedenen Arbeitstätigkeiten nachzugehen, da er in der Zeit seines Aufenthalts in Deutschland von 2002 bis 2007 keine Arbeitsstelle habe finden können. Er listete im Einzelnen auf, wann er sich ab 2007 in ... befunden habe. Es sei falsch, dass er das Bundesgebiet aus einem nicht nur vorübergehenden Grund verlassen habe. Er sei nach Russland lediglich geflogen, um dort einer Arbeitstätigkeit nachzugehen. Er sowie seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter hätten jedoch jederzeit die Absicht gehabt, wieder für immer nach Deutschland zurückzukehren, weil auch die beiden älteren Söhne weiterhin in ... bei ... lebten. Auch habe er sich von 2007 bis 2010 immer wieder regelmäßig auf verschiedene Stellenangebote in Deutschland beworben, leider jedoch vergebens. - Durch Schriftsatz vom 05.09.2011 legte sein Prozessbevollmächtigter verschiedene Bewerbungen vor.
Er habe zu keinem Zeitpunkt die 6-Monats-Frist nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG überschritten. Der besondere aufenthaltsrechtliche Status der vor dem 01.01.2005 wie Kontingentflüchtlinge aufgenommenen jüdischen Zuwanderer bleibe auch nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes erhalten. Er unterfalle also nicht dem AufenthG. Er habe sich vor seiner Abreise auch bei dem Juristen der jüdischen Gemeinde in ... darüber beraten lassen, ob durch seine vorübergehende Ausreise nach Russland sein Aufenthaltstitel gefährdet werde. Aufgrund der Beratung habe er in den darauffolgenden Jahren stets penibel darauf geachtet, nicht den 6-Monats-Zeitraum zu überschreiten.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2012 - 1 C 3.11 - befasse sich ausschließlich mit der Abschiebungsproblematik und sei daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Es würden keine Aussagen über den Verlust des Aufenthaltstitels für jüdische Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion getroffen.
Der Kläger beantragt,
10 
festzustellen, dass die ihm am 24.06.2002 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis, jetzt Niederlassungserlaubnis, nicht kraft Gesetzes erloschen ist; hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG zu erteilen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie führt aus, die Aufenthaltserlaubnis sei nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen. Der Kläger habe sich in der Zeit vom 02.04.2008 bis zum 31.03.2009 (= 354 Tage) und demnach mehr als 6 Monate außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten. Vergleiche man die Aufenthaltszeiten des Klägers in Russland mit denen im Bundesgebiet, zeige sich unabhängig von einer Abwesenheit von mehr als 6 Monaten, dass er sich in der Zeit ab Juni 2007 überwiegend im Ausland aufgehalten habe. Seine Aufenthalte im Bundesgebiet hätten jeweils nur wenige Tage gedauert. Er habe in seinem Heimatland ein auf Dauer angelegtes Arbeitsverhältnis angenommen. Daher sei davon auszugehen, dass er aus einem nicht nur seiner Natur nach vorübergehenden Grund ausgereist sei. Für eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes spreche auch, dass vom Job-Center lediglich Leistungen bis zum 31.05.2007 bezogen worden seien. Ein Neuantrag sei erst am 01.06.2010 gestellt worden. Vom 07.06.2010 bis zum 12.09.2010 habe er sich wiederum für 98 Tage im Ausland aufgehalten. Seine Ex-Ehefrau und Lebensgefährtin habe im Rahmen ihrer Vorsprache am 25.11.2010 ebenfalls eingeräumt, sie habe sich überwiegend im Ausland aufgehalten und sei jeweils nur für sehr kurze Zeiträume in das Bundesgebiet eingereist. Das Bundesverwaltungsgericht habe am 22.03.2012 entschieden, dass das am 01.01.2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz auch die zukünftige Rechtsstellung der vor dem 01.01.2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten abschließend regele. Demgemäß könne auch eine Niederlassungserlaubnis bei längerem Auslandsaufenthalt erlöschen.
14 
Am 10.09.2012 ging beim Verwaltungsgericht Stuttgart eine Mail des Klägers ein, wonach er sich derzeit in Moskau aufhält. Aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen sei er gezwungen gewesen, Deutschland zu verlassen.
15 
Die einschlägigen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart über den Kläger liegen dem Gericht vor. Auf sie sowie auf die Gerichtsakten - auch des Verfahrens wegen vorläufigen Rechtsschutzes - wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet und mit dem Hilfsantrag unzulässig.
17 
Die Feststellungsklage (Hauptantrag) ist zulässig. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse, weil die Beklagte, ohne einen entsprechenden Bescheid erlassen zu haben, der Ansicht ist, die dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis sei erloschen. Die Klage ist aber nicht begründet, weil die Niederlassungserlaubnis tatsächlich erloschen ist.
18 
Das Erlöschen richtet sich nach § 51 AufenthG. Dies folgt aus dem Urteil des BVerwG vom 22.03.2012 - 1 C 3/11 -, juris und InfAuslR 2012, 261. Danach ergibt sich aus den Übergangsregelungen des § 101 Abs. 1 S. 2 AufenthG und des § 103 AufenthG, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG die zukünftige Rechtsstellung auch der vor dem 01.01.2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion abschließend neu ausgestaltet hat, um die bisherige, aus der entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes resultierende unklare Rechtslage für die Zukunft zu bereinigen. Allein ein gesetzlich erworbener Kontingentflüchtlingsstatus besteht über den 01.01.2005 hinaus. Anders ist es dagegen beim Kläger, der „lediglich“ infolge einer Aufnahmezusage nach Deutschland kam (vgl. zum Urteil vom 22.03.2012 Fricke in jurisPR-BVerwG 13/2012, Anm. 1). Seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, später Niederlassungserlaubnis galt als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG fort (§ 101 Abs. 1 S. 2 AufenthG). Damit ist § 51 AufenthG anwendbar, denn die Vorschrift gilt für sämtliche Aufenthaltstitel des Aufenthaltsgesetzes.
19 
Die Niederlassungserlaubnis dürfte allerdings nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen sein. Der Kläger hat die Sechs-Monatsfrist wohl nicht überschritten, und zwar auch nicht in der Zeit vom 02.04.2008 bis zum 21.03.2009. Aus der Kopie von Seite 8 des Passes des Klägers ergibt sich nämlich hinreichend deutlich, dass er am 20.09.2008 aus Russland ausgereist ist. Im Zusammenhang mit der vorgelegten Flugübersicht von Germanwings (Seite 89 der Gerichtsakte) dürfte nachgewiesen sein, dass er am 20.09.2008 von Moskau nach ... geflogen ist und damit die Sechs-Monatsfrist gewahrt hat.
20 
Letztlich kommt es darauf aber nicht an; es war daher nicht erforderlich, das Original des Reisepasses des Klägers in Augenschein zu nehmen. Die Niederlassungserlaubnis ist nämlich nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen. Der Kläger hat die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2007 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verlassen (so schon Beschluss des Gerichts vom 27.05.2011 - 6 K 253/11-). Vielmehr hielt er sich in Russland auf unabsehbare Zeit auf. Ob dies der Fall ist, ist nicht allein nach dem inneren Willen des Klägers zu beurteilen. Maßgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles. Ein wesentliches Indiz ist die Abwesenheitsdauer. Je länger sie währt und je deutlicher sie über einen bloßen Besuchs - und Erholungsaufenthalt im Ausland hinausgeht, desto mehr spricht dafür, dass der Auslandsaufenthalt nicht nur vorübergehender Natur ist. Weitere äußere Anhaltspunkte für die Beurteilung des Ausreisegrundes sind der Zweck der Abwesenheit sowie der Abbruch oder die Aufrechterhaltung von Beziehungen zu Deutschland (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -, juris und InfAuslR 2002, 234).
21 
Hieran gemessen, hat der Kläger Deutschland aus einem nicht nur vorübergehenden Grund verlassen, auch wenn er den inneren Willen gehabt haben mag, nach Deutschland zurückzukehren. Hierfür spricht entscheidend die Länge des Auslandsaufenthaltes, nämlich - mit kurzen Unterbrechungen - von Juni 2007 bis Ende Mai 2010. Wie sein Prozessbevollmächtigter selbst vorträgt, ist der Kläger in dieser Zeit verschiedenen Arbeitstätigkeiten nachgegangen, was ebenfalls deutlich gegen eine bloße Besuchsreise spricht. Der Umstand, dass er, um das Erlöschen des Aufenthaltstitels zu vermeiden, vor Ablauf der Sechs- Monats-Frist jeweils mehr oder weniger kurzfristig nach Deutschland zurückgekehrt ist, ist nicht geeignet, eine nur vorübergehende Abwesenheit bejahen zu können (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.01.2008 -11 ME 418/07 -, juris und InfAuslR 2008, 151). Zudem ist nicht nur der Kläger nach Russland gereist, sondern auch seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter, die in Moskau sogar die Schule besucht hat. Es ist kein Anzeichen für den Rückkehrwillen des Klägers, dass dies die „deutsche Schule“ war, weil auch Kinder von russischen Staatsangehörigen, die dauerhaft in Russland leben, eine solche Schule besuchen. Im Übrigen handelte es sich nach der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung um eine Mittlere allgemeinbildende Schule mit erweitertem Deutschunterricht Nr. ..., also nicht etwa um eine Schule, an der ausschließlich auf Deutsch unterrichtet wurde. Richtig ist allerdings, dass die beiden - erwachsenen - Söhne des Klägers in Deutschland (...) zurückblieben. Auch dies spricht aber nicht für die Absicht des Klägers, sich nur vorübergehend in Russland aufhalten zu wollen, da die Söhne für sich selbst sorgen konnten und der Kontakt mit ihnen auch im Rahmen von bloßen Besuchsaufenthalten aufrecht erhalten werden konnte.
22 
Zwar hat der Kläger dem Gericht einige Bewerbungsschreiben vorgelegt, die an Firmen in Deutschland gerichtet sind. Einen Nachweis, wann und wie er die Schreiben abgesandt hat, hat er aber nicht geführt; dies wäre aber umso notwendiger gewesen, als er kein einziges Antwortschreiben einer Firma beigefügt hat. Auch wenn eine Firma die Bewerbung nicht berücksichtigen wollte, hätte sie ihm in der Regel dennoch ein kurzes Ablehnungsschreiben zukommen lassen.
23 
Bereits im Beschluss vom 27.05.2011 hat das Gericht ferner darauf hingewiesen, dass der Kläger sich auch nach Ende Mai 2010 in Russland aufhielt. Auch zur Zeit lebt er wieder in Russland, wie sich aus seinem Schreiben, das am 10.09.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangen ist, ergibt.
24 
Schließlich folgt angesichts dieser eindeutig gegen den Erfolg der Feststellungsklage sprechenden Umstände auch nichts zugunsten des Klägers aus der „Rechtsstellung sui generis“, die er nach dem Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2011 - 11 S 1796/11 - erworben haben soll (vgl. dazu aber das bereits zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.03.2012).
25 
Die Verpflichtungsklage (Hilfsantrag) ist unzulässig, denn der Kläger hat bei der Beklagten weder einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gestellt, noch hat es einen ablehnenden Bescheid oder gar einen Widerspruchsbescheid gegeben. Ohne ein vorhergehendes Verwaltungsverfahren kann aber keine Verpflichtungsklage erhoben werden.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
16 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet und mit dem Hilfsantrag unzulässig.
17 
Die Feststellungsklage (Hauptantrag) ist zulässig. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse, weil die Beklagte, ohne einen entsprechenden Bescheid erlassen zu haben, der Ansicht ist, die dem Kläger erteilte Niederlassungserlaubnis sei erloschen. Die Klage ist aber nicht begründet, weil die Niederlassungserlaubnis tatsächlich erloschen ist.
18 
Das Erlöschen richtet sich nach § 51 AufenthG. Dies folgt aus dem Urteil des BVerwG vom 22.03.2012 - 1 C 3/11 -, juris und InfAuslR 2012, 261. Danach ergibt sich aus den Übergangsregelungen des § 101 Abs. 1 S. 2 AufenthG und des § 103 AufenthG, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG die zukünftige Rechtsstellung auch der vor dem 01.01.2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion abschließend neu ausgestaltet hat, um die bisherige, aus der entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes resultierende unklare Rechtslage für die Zukunft zu bereinigen. Allein ein gesetzlich erworbener Kontingentflüchtlingsstatus besteht über den 01.01.2005 hinaus. Anders ist es dagegen beim Kläger, der „lediglich“ infolge einer Aufnahmezusage nach Deutschland kam (vgl. zum Urteil vom 22.03.2012 Fricke in jurisPR-BVerwG 13/2012, Anm. 1). Seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, später Niederlassungserlaubnis galt als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG fort (§ 101 Abs. 1 S. 2 AufenthG). Damit ist § 51 AufenthG anwendbar, denn die Vorschrift gilt für sämtliche Aufenthaltstitel des Aufenthaltsgesetzes.
19 
Die Niederlassungserlaubnis dürfte allerdings nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen sein. Der Kläger hat die Sechs-Monatsfrist wohl nicht überschritten, und zwar auch nicht in der Zeit vom 02.04.2008 bis zum 21.03.2009. Aus der Kopie von Seite 8 des Passes des Klägers ergibt sich nämlich hinreichend deutlich, dass er am 20.09.2008 aus Russland ausgereist ist. Im Zusammenhang mit der vorgelegten Flugübersicht von Germanwings (Seite 89 der Gerichtsakte) dürfte nachgewiesen sein, dass er am 20.09.2008 von Moskau nach ... geflogen ist und damit die Sechs-Monatsfrist gewahrt hat.
20 
Letztlich kommt es darauf aber nicht an; es war daher nicht erforderlich, das Original des Reisepasses des Klägers in Augenschein zu nehmen. Die Niederlassungserlaubnis ist nämlich nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen. Der Kläger hat die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2007 aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verlassen (so schon Beschluss des Gerichts vom 27.05.2011 - 6 K 253/11-). Vielmehr hielt er sich in Russland auf unabsehbare Zeit auf. Ob dies der Fall ist, ist nicht allein nach dem inneren Willen des Klägers zu beurteilen. Maßgebend sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles. Ein wesentliches Indiz ist die Abwesenheitsdauer. Je länger sie währt und je deutlicher sie über einen bloßen Besuchs - und Erholungsaufenthalt im Ausland hinausgeht, desto mehr spricht dafür, dass der Auslandsaufenthalt nicht nur vorübergehender Natur ist. Weitere äußere Anhaltspunkte für die Beurteilung des Ausreisegrundes sind der Zweck der Abwesenheit sowie der Abbruch oder die Aufrechterhaltung von Beziehungen zu Deutschland (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2001 - 11 S 1822/01 -, juris und InfAuslR 2002, 234).
21 
Hieran gemessen, hat der Kläger Deutschland aus einem nicht nur vorübergehenden Grund verlassen, auch wenn er den inneren Willen gehabt haben mag, nach Deutschland zurückzukehren. Hierfür spricht entscheidend die Länge des Auslandsaufenthaltes, nämlich - mit kurzen Unterbrechungen - von Juni 2007 bis Ende Mai 2010. Wie sein Prozessbevollmächtigter selbst vorträgt, ist der Kläger in dieser Zeit verschiedenen Arbeitstätigkeiten nachgegangen, was ebenfalls deutlich gegen eine bloße Besuchsreise spricht. Der Umstand, dass er, um das Erlöschen des Aufenthaltstitels zu vermeiden, vor Ablauf der Sechs- Monats-Frist jeweils mehr oder weniger kurzfristig nach Deutschland zurückgekehrt ist, ist nicht geeignet, eine nur vorübergehende Abwesenheit bejahen zu können (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.01.2008 -11 ME 418/07 -, juris und InfAuslR 2008, 151). Zudem ist nicht nur der Kläger nach Russland gereist, sondern auch seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter, die in Moskau sogar die Schule besucht hat. Es ist kein Anzeichen für den Rückkehrwillen des Klägers, dass dies die „deutsche Schule“ war, weil auch Kinder von russischen Staatsangehörigen, die dauerhaft in Russland leben, eine solche Schule besuchen. Im Übrigen handelte es sich nach der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung um eine Mittlere allgemeinbildende Schule mit erweitertem Deutschunterricht Nr. ..., also nicht etwa um eine Schule, an der ausschließlich auf Deutsch unterrichtet wurde. Richtig ist allerdings, dass die beiden - erwachsenen - Söhne des Klägers in Deutschland (...) zurückblieben. Auch dies spricht aber nicht für die Absicht des Klägers, sich nur vorübergehend in Russland aufhalten zu wollen, da die Söhne für sich selbst sorgen konnten und der Kontakt mit ihnen auch im Rahmen von bloßen Besuchsaufenthalten aufrecht erhalten werden konnte.
22 
Zwar hat der Kläger dem Gericht einige Bewerbungsschreiben vorgelegt, die an Firmen in Deutschland gerichtet sind. Einen Nachweis, wann und wie er die Schreiben abgesandt hat, hat er aber nicht geführt; dies wäre aber umso notwendiger gewesen, als er kein einziges Antwortschreiben einer Firma beigefügt hat. Auch wenn eine Firma die Bewerbung nicht berücksichtigen wollte, hätte sie ihm in der Regel dennoch ein kurzes Ablehnungsschreiben zukommen lassen.
23 
Bereits im Beschluss vom 27.05.2011 hat das Gericht ferner darauf hingewiesen, dass der Kläger sich auch nach Ende Mai 2010 in Russland aufhielt. Auch zur Zeit lebt er wieder in Russland, wie sich aus seinem Schreiben, das am 10.09.2012 beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingegangen ist, ergibt.
24 
Schließlich folgt angesichts dieser eindeutig gegen den Erfolg der Feststellungsklage sprechenden Umstände auch nichts zugunsten des Klägers aus der „Rechtsstellung sui generis“, die er nach dem Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2011 - 11 S 1796/11 - erworben haben soll (vgl. dazu aber das bereits zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.03.2012).
25 
Die Verpflichtungsklage (Hilfsantrag) ist unzulässig, denn der Kläger hat bei der Beklagten weder einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gestellt, noch hat es einen ablehnenden Bescheid oder gar einen Widerspruchsbescheid gegeben. Ohne ein vorhergehendes Verwaltungsverfahren kann aber keine Verpflichtungsklage erhoben werden.
26 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 18. Sept. 2012 - 6 K 1399/12 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 51 Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts; Fortgeltung von Beschränkungen


(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 7 Aufenthaltserlaubnis


(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorg

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 101 Fortgeltung bisheriger Aufenthaltsrechte


(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Auf

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 103 Anwendung bisherigen Rechts


Für Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkom

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 22. März 2012 - 1 C 3/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Androhung der Abschiebung; die gegen seine Ausweisung gerichtete Klage wurde bereits rechtskräftig abgewiesen.

Referenzen

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Androhung der Abschiebung; die gegen seine Ausweisung gerichtete Klage wurde bereits rechtskräftig abgewiesen.

2

Der 1966 in St. Petersburg geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger jüdischen Glaubens. Er beantragte im Februar 1995 beim Generalkonsulat in St. Petersburg eine Aufenthaltserlaubnis zum ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Beauftragte des Freistaats Bayern erteilte im Juni 1996 gegenüber dem Bundesverwaltungsamt eine Aufnahmezusage, die der Familie des Klägers durch das Generalkonsulat bekannt gegeben wurde. Der Kläger reiste im September 1997 mit einem Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt am 14. Oktober 1997 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Am 23. Oktober 1997 wurde ihm eine Bescheinigung ausgestellt, wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (Kontingentflüchtlingsgesetz - HumHAG) sei.

3

Der Kläger wurde im Dezember 2003 wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Die Strafkammer ging wegen des Vorliegens einer undifferenzierten Schizophrenie davon aus, dass seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt gewesen sei. In der Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung machte der Kläger geltend, er sei herzkrank (Mitral- und Aortenklappenersatz) und erhalte in der Russischen Föderation keine angemessene medizinische Behandlung.

4

Die Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 27. Februar 2006 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1) und drohte ihm die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Russische Föderation an (Nr. 2). Hilfsweise drohte sie ihm die Abschiebung binnen einer Woche nach Haftentlassung an (Nr. 3).

5

Das Verwaltungsgericht hob die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung binnen Wochenfrist (Nr. 3 des Bescheids) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Mit Beschluss vom 3. September 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zwar genössen jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes Ausweisungsschutz gemäß Art. 33 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG. Wegen der vom Kläger ausgehenden konkreten (Wiederholungs-)Gefahr greife dieses Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG/Art. 33 Abs. 2 GFK jedoch nicht.

6

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 13. März 2009 (BVerwG 1 B 20.08) die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Abschiebungsandrohung aus der Haft (Nr. 2 des Bescheids) aufgehoben und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen; hinsichtlich der Ausweisung (Nr. 1 des Bescheids) hat er die Beschwerde zurückgewiesen.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 die Abschiebungsandrohung (Nr. 2 des Bescheids) und insoweit auch das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Er ist davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 die Rechtsstellung eines Kontingentflüchtlings entsprechend § 1 Abs. 1 HumHAG genieße und sich auch ohne Vorliegen eines Verfolgungsschicksals auf das Abschiebungsverbot des Art. 33 Abs. 1 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG berufen könne. Zwar entstehe dieser Status ausschließlich kraft Gesetzes, so dass auch die Bescheinigung gemäß § 2 HumHAG nur deklaratorische Bedeutung besitze. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion nicht unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 HumHAG fielen. Dies würde der historischen Dimension der Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion nicht gerecht und widerspräche auch der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Verwaltungspraxis. Danach sei den Betroffenen ohne individuelle Prüfung auf Verfolgung oder Diskriminierung analog § 1 Abs. 3 HumHAG sofort eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt und eine Bescheinigung nach § 2 HumHAG ausgestellt worden. Angesichts der besonderen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus könne nicht davon ausgegangen werden, dass die analoge Heranziehung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ausgerechnet vor dem Refoulement-Verbot des Art. 33 Abs. 1 GFK habe haltmachen wollen. Der besondere ausländerrechtliche Status sei auch mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 nicht entfallen. § 60 Abs. 8 AufenthG stehe dem nicht mehr entgegen, denn seit Einnahme eines Neuroleptikums bestehe beim Kläger nach dem Ergebnis des fachpsychiatrischen Gutachtens keine konkrete Wiederholungsgefahr.

8

Darüber hinaus greife auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar stünden die vom Kläger benötigten Medikamente und Behandlungsmaßnahmen auch in der Russischen Föderation zur Verfügung. Die dort übliche kostenlose medizinische Behandlung entspreche aber nicht dem nach einer Herzklappenoperation erforderlichen Standard. Der Kläger benötige nach Auskunft der Botschaft monatlich 400 € für die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen, 110 € für die Lebenshaltung sowie 400 € für eine bescheidene Einzimmerwohnung am Stadtrand von St. Petersburg. Diese Summe könne er krankheitsbedingt nicht erarbeiten.

9

Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen rügen die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern, das Kontingentflüchtlingsgesetz sei weder direkt noch analog auf den Kläger anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof stütze seine Auffassung auf eine fehlerhafte Wiedergabe des Schreibens des Bundesministeriums des Inneren (BMI) vom 10. August 1993. Maßgeblich für die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes seien die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Eingliederungsmaßnahmen und das Verteilungsverfahren auf die Länder gewesen. Daher könnten Regelungen dieses Gesetzes, die an eine Verfolgungssituation anknüpften, auf jüdische Emigranten nicht angewendet werden. Schließlich sei mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für den in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes aufgenommenen Personenkreis nur der Aufenthaltstitel und kein Kontingentflüchtlingsstatus übergeleitet worden. Zudem greife § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, denn beim Kläger bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht habe auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu Unrecht bejaht. Der Verwaltungsgerichtshof habe keinerlei Feststellungen dazu getroffen, dass und wie sich der Gesundheitszustand des Klägers nach seiner Abschiebung in die Russische Föderation verschlimmern werde. Notwendig seien beim Kläger nur die regelmäßige Gabe eines blutverflüssigenden Medikaments und Blutgerinnungskontrollen; das hätte vom Berufungsgericht aufgeklärt werden müssen.

10

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ergebe sich bereits aus dem in § 103 AufenthG enthaltenen Grundsatz des Bestandsschutzes. Sein Vertrauen sei schutzwürdig, da die Beklagte die Bescheinigung, dass er Kontingentflüchtling sei, nicht widerrufen habe. Die Beklagte sei an die Erlasslage und ihre Verwaltungspraxis gebunden. Daraus werde ersichtlich, dass der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz einen eigenen, sich nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz richtenden Aufenthaltsgrund ausgestaltet habe. Zutreffend habe das Berufungsgericht das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG verneint und das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bejaht.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revisionen für begründet.

Entscheidungsgründe

12

Die Revisionen der Beklagten und der Landesanwaltschaft Bayern sind zulässig und begründet. Die Berufungsentscheidung beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsandrohung, für deren gerichtliche Überprüfung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich ist (1.), mit einer Begründung aufgehoben, die mit Bundesrecht unvereinbar ist. Denn jedenfalls seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes genießt der Kläger keine Rechtsstellung, die das Refoulement-Verbot (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK) umfasst (2.). Des Weiteren hat das Berufungsgericht seiner Gefahrenprognose im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unzutreffende Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt (3.). Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen über das Vorliegen dieses Abschiebungsverbots nicht selbst abschließend entscheiden kann, ist die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

13

1. Der gerichtlichen Beurteilung einer Abschiebungsandrohung ist jedenfalls dann, wenn der Ausländer aufgrund der Androhung noch nicht abgeschoben wurde oder noch nicht freiwillig ausgereist ist, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen. Das liegt in der Konsequenz der neueren Rechtsprechung des Senats zum veränderten Zeitpunkt der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Prüfung einer Ausweisung (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12), der Ermessensentscheidung über die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329, Rn. 37 f.) sowie der Rücknahme oder des Widerrufs eines unbefristeten Aufenthaltstitels (Urteil vom 13. April 2010 - BVerwG 1 C 10.09 - Buchholz 402.242 § 51 AufenthG Nr. 1). Maßgeblich für die Änderung der Rechtsprechung war die Erwägung, dass die genannten Verwaltungsakte zu einer Aufenthaltsbeendigung führen können, bei der in vielen Fällen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie bei familiären Bindungen dem Grundrecht aus Art. 6 GG besondere Bedeutung zukommt. Der diesen Freiheitsrechten immanente Verhältnismäßigkeitsgrundsatz spricht dafür, dass die Gerichte bei ihrer Entscheidung über einen aufenthaltsbeendenden Verwaltungsakt auf eine möglichst aktuelle, d.h. nicht bereits überholte Tatsachengrundlage abstellen (Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 16 a.E.). Sie sollen realitätsnah und aus Gründen der Verfahrensökonomie möglichst abschließend entscheiden können (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - juris Rn. 10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE bestimmt). Es liegt auf der Hand, dass diese Überlegungen erst recht für die Abschiebungsandrohung als vollstreckungsrechtliche Grundlage einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung zutreffen. Ob auch bei einer bereits durchgeführten Abschiebung oder einer freiwilligen Ausreise auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung der Tatsacheninstanz oder aber den Zeitpunkt der Abschiebung bzw. Ausreise abzustellen ist, kann hier dahinstehen.

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Auch wenn - wie hier - für die revisionsgerichtliche Prüfung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, sind Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens zu beachten, wenn sie das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - zu berücksichtigen hätte (stRspr, etwa Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb im vorliegenden Fall die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854). Damit sind auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) zu beachten.

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Nicht anzuwenden ist hingegen die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98). Denn für die bereits 2006 verfügte und mit der Klage angegriffene Abschiebungsandrohung beansprucht die Rückführungsrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, noch keine Geltung (zur intertemporalen Anwendung von Richtlinien vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 - Rs. C-349/06, Polat - Slg. 2007, I-8167 Rn. 25 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung findet (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Slg. 2009, I-11189 Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft betreffen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden ist.

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An diesen Maßstäben gemessen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Androhung der Abschiebung unmittelbar aus der Haft (§ 59 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 58 Abs. 1 AufenthG) vor. Insbesondere ist, da sich der Kläger in Haft befindet, die Überwachung seiner Ausreise erforderlich (§ 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), so dass es keiner Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise bedarf (§ 59 Abs. 5 AufenthG).

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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl I S. 1057) - Kontingentflüchtlingsgesetz (HumHAG) der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung nicht entgegen. Der Kläger ist kein Kontingentflüchtling (2.1). Dahinstehen kann, ob die ihm durch die Aufnahmezusage vermittelte Rechtsstellung ursprünglich auch das in Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 559) - GFK - niedergelegte Refoulement-Verbot umfasst hat (2.2). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht diese Rechtstellung nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr fort. Deshalb können sich jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion jedenfalls seit diesem Zeitpunkt allein aufgrund ihrer Aufnahme nicht auf das Refoulement-Verbot berufen (2.3).

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2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger, der weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling anerkannt ist, sich nicht unmittelbar auf das Refoulement-Verbot (Art. 33 Abs. 1 GFK) berufen kann. Gemäß § 1 Abs. 1 HumHAG genießt im Bundesgebiet die Rechtsstellung nach den Art. 2 bis 34 GFK, wer als Ausländer im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks oder aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs. 1 AuslG 1990 im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen worden ist. Zwar stünde der Fortgeltung des Kontingentflüchtlingsstatus nicht entgegen, dass das Kontingentflüchtlingsgesetz durch Art. 15 Abs. 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 aufgehoben worden ist. Denn aus der Übergangsvorschrift des § 103 AufenthG, nach der für Kontingentflüchtlinge die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung finden, ergibt sich, dass ein unmittelbar aufgrund dieses Gesetzes entstandener Kontingentflüchtlingsstatus fortbesteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Statuserwerb nach § 1 Abs. 1 HumHAG beim Kläger zu Recht verneint.

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Nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen befand sich der Kläger als jüdischer Emigrant aus der früheren Sowjetunion im Zeitpunkt seiner Aufnahme weder in einer Verfolgungssituation noch war seine Lage durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnet. Entscheidend ist jedoch, dass die Übernahme seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht wegen eines derartigen Gruppenschicksals erfolgte (vgl. zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HumHAG: Urteile vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 77.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 150 S. 329<331, 332, 334> und vom 27. Februar 1996 a.a.O. Nr. 185 S. 75 <78>). Das Berufungsgericht hat den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder) vom 9. Januar 1991 und die darauf aufbauende Aufnahmepraxis jüdischer Emigranten aus der früheren Sowjetunion vielmehr dahingehend gewürdigt, dass dieser Personenkreis im Bewusstsein der historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus zur Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland und zur Revitalisierung des jüdischen Elements im deutschen Kultur- und Geistesleben aufgenommen wurde. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

20

Durch die Liberalisierung der sowjetischen Ausreisepolitik im Zuge der Perestroika zogen, wie allgemeinkundig ist, sowjetische Juden nach dem Fall der Berliner Mauer ab 1989 verstärkt nach Ost-Berlin. Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik beschloss am 11. Juli 1990 im Rahmen vorläufiger Regelungen des Aufenthalts und des Asyls für Ausländer, zunächst in zu begrenzendem Umfang ausländischen jüdischen Bürgern, denen Verfolgung oder Diskriminierung drohte, aus humanitären Gründen Aufenthalt zu gewähren. Diese Regelung fand jedoch keinen Niederschlag im Einigungsvertrag. Die Bundesregierung bat vielmehr im September 1990 die Auslandsvertretungen, Zuwanderungsanträge sowjetischer Juden bis zur Klärung eines zwischen Bund und Ländern abgestimmten Aufnahmeverfahrens nur entgegenzunehmen und weiter zu bearbeiten, soweit nicht von vornherein eine Aufnahme nach den geltenden Gesetzen ausgeschlossen sei (vgl. BTDrucks 11/8439 S. 2). Im Bewusstsein der historischen Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen des Nationalsozialismus stand sie dem Wunsch dieses Personenkreises, in Deutschland eine neue Heimat zu gründen, im Grundsatz aufgeschlossen gegenüber, da der Zuzug die jüdischen Gemeinden in Deutschland stärke und diese Stärkung mittel- und langfristig zu einer Revitalisierung des bedeutenden jüdischen Beitrags zum Kultur- und Geistesleben in Deutschland führe. Eine unbegrenzte Aufnahme sowjetischer Juden sei jedoch nicht möglich, sondern komme nur im Rahmen eines geordneten Verfahrens in Betracht. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines mit den Ländern und den jüdischen Organisationen abgestimmten Aufnahmeprogramms, das Vorsorge für den geregelten Zugang und eine angemessene Unterbringung treffe (BTDrucks 11/8439 S. 3 f.). Diese Bestrebungen, Motive und Steuerungsbedürfnisse, die auch die damalige politische Debatte prägten (vgl. Plenarprotokolle des Deutschen Bundestags, 11. Wahlperiode, 231. Sitzung vom 25. Oktober 1990, S. 18359 ff. und 234. Sitzung vom 31. Oktober 1990, S. 18740 ff.), fanden Eingang in den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991. Damit wurde zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern in Anwesenheit des Bundesministers des Inneren Einvernehmen darüber hergestellt, dass die Einreise von Juden aus der Sowjetunion ohne zahlenmäßige Begrenzung auch in Zukunft aufgrund von Einzelfallentscheidungen in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ermöglicht wird. Bei den großzügig zu handhabenden Einzelfallentscheidungen sollte u.a. der Gesichtspunkt der Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland eine Rolle spielen; die Verteilung auf die einzelnen Länder sollte grundsätzlich nach dem "Königsteiner Schlüssel" erfolgen (vgl. auch BTDrucks 12/229 S. 1 ff.).

21

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes belege, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion von der Bundesrepublik Deutschland nicht als verfolgte oder durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnete Gruppe aufgenommen worden sind, als überzeugend (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 - 11 S 1413/10 - InfAuslR 2011, 383 <384, 385 f.>; VGH München, Beschluss vom 20. Dezember 2004 - 12 CE 04.3232 - juris ; OVG Greifswald, Urteil vom 15. September 2004 - 1 L 107/02 - LKV 2005, 510 <512>; OVG Berlin, Beschluss vom 30. Juli 2004 - 2 N 87.04 - juris). Mangels gesetzlichen Erwerbs des Kontingentflüchtlingsstatus kann sich der Kläger nicht unmittelbar auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK berufen.

22

2.2 Da der Kläger den Kontingentflüchtlingsstatus nicht durch Gesetz erworben hat, konnte eine das Refoulement-Verbot umfassende Rechtsstellung entgegen der Annahme, wie sie der angefochtenen Entscheidung unausgesprochen zugrunde liegt, nur durch einen Rechtsakt (Verwaltungsakt) begründet werden. Denn nichtförmliches Verwaltungshandeln, auch wenn es einer auf Schreiben oberster Bundes- und Landesbehörden zurückzuführenden Verwaltungspraxis entspricht, wonach die Betroffenen hinsichtlich bestimmter begünstigender Rechtsfolgen wie Inhaber des Kontingentflüchtlingsstatus behandelt werden sollen, vermag einem Betroffenen weder diesen Status noch die Möglichkeit der Berufung auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. Art. 33 GFK zu vermitteln.

23

Als rechtsbegründender Verwaltungsakt kommt im vorliegenden Fall nur die Aufnahmezusage des Beauftragten des Freistaats Bayern vom 18. Juni 1996 in Betracht. Sie wurde - wie vom Klägerbevollmächtigten im Revisionsverfahren belegt und auch von den übrigen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - der Familie des Klägers vor ihrer Ausreise durch das Generalkonsulat St. Petersburg bekannt gegeben. Diese Vorgehensweise entsprach wohl auch der damaligen Verwaltungspraxis (vgl. IV. Nr. 3 des Erlasses des Auswärtigen Amtes betreffend die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen UdSSR vom 25. März 1997, Gz.: 514-516.20/7, nach der die Aufnahmezusage den Antragstellern unverzüglich zuzustellen war).

24

Die dem Kläger bekannt gegebene Aufnahmezusage ist ein Verwaltungsakt, der zumindest die Zusicherung der Erteilung eines Visums sowie eines unbefristeten Aufenthaltstitels nach Einreise mit einem nationalen Visum enthielt (weitergehend i.S. eines Status sui generis: VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. S. 386 ff.; Hochreuter, NVwZ 2000, 1376, 1379 f.). Der Gegenauffassung, wie sie in IV. Nr. 7 des o.g. Erlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 zum Ausdruck kommt, wonach selbst eine zugestellte Aufnahmezusage als reines Verwaltungsinternum anzusehen sei, folgt der Senat nicht. Denn ob ein behördliches Schreiben eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt enthält und welchen Inhalt dieser ggf. hat, ist durch Auslegung nach der im Öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Dieser allgemeine Grundsatz findet hier Anwendung, ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz selbst gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG nicht für die Tätigkeit der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt. Maßgebend ist bei der Auslegung behördlicher Schreiben nicht der innere Wille der Behörde, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektivierter Würdigung verstehen konnte, wobei Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen (stRspr, vgl. Urteile vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <306>; vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.>; vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <279> und vom 20. April 2005 - BVerwG 9 C 4.04 - BVerwGE 123, 292 <297>;).

25

Bei Anwendung dieser Maßstäbe konnte und durfte der Kläger nach Erhalt des im Pendelbriefverfahren zwischen Generalkonsulat - Bundesverwaltungsamt - Beauftragter des Freistaats Bayern und zurück übermittelten Formulars mit der Überschrift "Aufnahme jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland" und der darin angekreuzten Variante "Die Aufnahmezusage wird erteilt." davon ausgehen, dass damit dem Grunde nach verbindlich über seinen künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet entschieden worden war. Die Notwendigkeit, sich noch um ein Visum zu bemühen, steht dem nicht entgegen. Die gegenteilige Annahme wäre vor dem Hintergrund, dass der Kläger zuvor beim Generalkonsulat ein Formular "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - Zuwanderungsfall aus der SU" ausgefüllt hatte, lebensfremd. Dem Revisionsgericht ist die eigene Auslegung der Aufnahmezusage nicht verwehrt, da das Tatsachengericht in seiner Entscheidung aufgrund seines abweichenden rechtlichen Ansatzes dazu nichts ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52 m.w.N.).

26

Ob die Aufnahmezusage - ggf. in Verbindung mit einem beigefügten Merkblatt, wie es der Klägerbevollmächtigte beispielhaft aus einem Parallelverfahren vorgelegt hat - dem Kläger über die oben genannten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen hinaus auch das in Art. 33 Abs. 1 GFK enthaltene Refoulement-Verbot vermittelt hat, kann offenbleiben. Eine derartige Annahme könnte sich jedenfalls nicht auf die Bescheinigung stützen, die ihm nach der Einreise im Oktober 1997 im Bundesgebiet ausgestellt wurde und wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 HumHAG ist. Denn für die Auslegung eines Verwaltungsakts sind nur solche Umstände indiziell zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung - hier: der Aufnahmezusage - erkennbar waren (Urteile vom 4. Dezember 2001 a.a.O. und vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Des Weiteren kommt es bei der Auslegung der Aufnahmezusage aus dem Empfängerhorizont nicht darauf an, ob diese rechtmäßig war oder nicht. Daher hat außer Betracht zu bleiben, ob das Ausländerrecht mit Blick auf die in § 33 AuslG 1990 eröffnete Möglichkeit, Ausländer u.a. aus humanitären Gründen oder politischen Interessen zu übernehmen, überhaupt Raum für eine entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ließ (verneinend VGH München, Urteil vom 29. Juli 2009 - 10 B 08.2447 - InfAuslR 2010, 26; Raabe, ZAR 2004, 410 <411 f.>). Das alles kann jedoch hier letztlich dahinstehen.

27

2.3 Selbst wenn die Aufnahmezusage seinerzeit das flüchtlingsrechtliche Abschiebungsverbot mit umfasst haben sollte, könnte sich der Kläger hierauf nach dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr berufen. Denn aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG die zukünftige Rechtsstellung auch der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion abschließend neu ausgestaltet hat.

28

Nach § 23 Abs. 2 AufenthG kann das Bundesministerium des Innern zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigende Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, die mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden kann; flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG genießen sie nicht.

29

Der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass man für das Kontingentflüchtlingsgesetz keinen Anwendungsbedarf mehr sah. Dort findet sich der Hinweis, dass derzeit (Frühjahr 2003) lediglich die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes erfolge. Nunmehr werde für diesen Personenkreis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland mit § 23 Abs. 2 AufenthG die Möglichkeit geschaffen, von Anfang an eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (BTDrucks 15/420 S. 64). In der speziellen Begründung zu § 23 Abs. 2 AufenthG wird ausgeführt (BTDrucks 15/420 S. 78):

"... Die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion seit 1991 (insgesamt bisher über 170 000 Personen) erfolgt bislang lediglich in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (Ergebnis der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder vom 9. Januar 1991). Die neue Vorschrift schafft für derartige Fälle nunmehr eine sichere Rechtsgrundlage. Das Ergebnis der Besprechung vom 9. Januar 1991 dokumentiert den übereinstimmenden Willen zur Aufnahme dieses Personenkreises, es bedarf deshalb auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes keiner erneuten Anordnung. Die in § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz vorgesehene Gewährung der Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) ist im Hinblick auf die Gewährung einer Niederlassungserlaubnis nicht erforderlich. Darüber hinaus ist eine Reihe der sich aus der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen (z. B. Erlöschen der Rechtsstellung, wenn die Person sich freiwillig oder durch Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses erneut in den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt, § 2a Abs. 1 Nr. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz) der Stellung aufgenommener jüdischer Immigranten nicht angemessen."

30

Diese - vom Berufungsgericht in Rn. 71 seiner Entscheidung fehlerhaft wiedergegebene - Begründung macht deutlich, dass mit Blick auf die bisher praktizierte entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ein Bedürfnis für die Schaffung einer "sicheren Rechtsgrundlage" gesehen wurde. Des Weiteren sollte die Rechtsstellung jüdischer Emigranten von den sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen, die als nicht erforderlich und zum Teil als nicht angemessen erschienen, abgekoppelt und in Zukunft rein aufenthaltsrechtlich ausgestaltet werden. Dass die Neuregelung auch die vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten erfassen und damit zukünftig eine einheitliche, nicht länger mit rechtlichen Unsicherheiten behaftete Rechtsstellung schaffen wollte, ergibt sich auch aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes. Darin hat der Gesetzgeber zwischen Personen, die den Kontingentflüchtlingsstatus gesetzlich erworben haben, und solchen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz nur entsprechend angewendet worden ist, differenziert und die statusrechtlichen Folgen unterschiedlich ausgestaltet.

31

Gemäß § 103 AufenthG finden für Personen, die vor dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gemäß § 1 HumHAG die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 GFK genießen, die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung. § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ordnet an, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 HumHAG oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG fortgelten. Damit werden Kontingentflüchtlinge und Personen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz von der Verwaltung nur entsprechend angewendet worden ist, aufenthaltsrechtlich gleich behandelt; ihr bestehendes Daueraufenthaltsrecht wird fortgeschrieben. Aus der Zusammenschau der Regelungen wird jedoch deutlich, dass nur ein gesetzlich erworbener Kontingentflüchtlingsstatus über den 1. Januar 2005 hinaus fortbesteht. Dieser systematische Befund wird durch die Gesetzesmaterialien zu den Übergangsvorschriften bestätigt. Denn nur in der Begründung zu § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird die Gruppe der jüdischen Emigranten genannt; an dieser Stelle wird die Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG ausdrücklich auch auf Aufnahmefälle aus der Vergangenheit erstreckt: "Für jüdische Immigranten, die in entsprechender Anwendung des HumHAG aufgenommen wurden, gilt § 23 Abs. 2,..." (BTDrucks 15/420 S. 100). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 102 Abs. 1 AufenthG, da die Vermittlung des Kontingentflüchtlingsstatus keine Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift ist.

32

Der Senat entnimmt diesen Regelungen den hinreichend deutlichen Willen des Gesetzgebers, mit der abschließenden aufenthaltsrechtlichen Neuregelung in § 23 Abs. 2 AufenthG auch die Fälle der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten zu erfassen, um die bisherige, aus der entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes resultierende unklare Rechtslage für die Zukunft zu bereinigen (a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. <389>). Die darin liegende unechte Rückwirkung der Neuregelung ist mit Blick auf die bisherigen rechtlichen Unsicherheiten verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn die Betroffenen behalten ihr Daueraufenthaltsrecht und haben die Möglichkeit, bei Furcht vor Verfolgung einen Asylantrag zu stellen. Schließlich ist bei dem Personenkreis der jüdischen Emigranten, die - wie dargestellt - nicht wegen eines Verfolgungsschicksals aufgenommen worden sind, auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand eines ihnen möglicherweise in der Vergangenheit gewährten flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutzes ersichtlich. Demzufolge vermag sich der Kläger jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht auf das Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 GFK zu berufen. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen ist, dass im Fall des Klägers die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht (mehr) vorliegen.

33

3. Die angefochtene Entscheidung verletzt zudem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Berufungsgericht hat der Gefahrenprognose, die es bei Prüfung dieses Abschiebungsverbots gestellt hat, einen unzutreffenden Ansatz und darauf aufbauend fehlerhafte materiellrechtliche Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt.

34

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer landesweit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine notwendige und an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich z.B. aus finanziellen Gründen nicht erlangen kann (Urteil vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 1 C 1.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990). Der Senat hat bereits entschieden, dass die Verschlimmerung einer Erkrankung, die der Betroffene nicht mit einer Vielzahl seiner Landsleute teilt, so dass kein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung gemäß § 60a Abs. 1 AufenthG besteht und die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht greift, als individuelle, unmittelbar am Maßstab der genannten Vorschrift zu prüfende Gefahr anzusehen ist (Urteil vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33 Rn. 15 f. = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff., AufenthG Nr. 21). In Fällen einer Erkrankung eher singulären Charakters - wie hier - sind die Voraussetzungen des genannten Abschiebungsverbots erfüllt, wenn sich die Krankheit des Betroffenen mangels (ausreichender) Behandlung im Abschiebungszielstaat verschlimmert und sich dadurch der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (Beschluss vom 24. Mai 2006 - BVerwG 1 B 118.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16 m.w.N.). Konkret ist die Gefahr, wenn diese Verschlechterung alsbald nach der Abschiebung des Betroffenen einträte (Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383 <387> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 10). Diesen Prüfungsansatz und die sich daraus ergebenden Maßstäbe hat das Berufungsgericht in mehrfacher Hinsicht verfehlt.

35

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beweisaufnahme, wie die Beweisbeschlüsse vom 26. November 2009 zeigen, nur auf die Diagnose der Krankheiten des Klägers sowie deren Behandelbarkeit in der Russischen Föderation (einschließlich verfügbarer Medikation) fokussiert. Dem auf diesen tatsächlichen Feststellungen aufbauenden, für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zentralen Beweisthema, nämlich dem Krankheitsverlauf bei Rückkehr bzw. Abschiebung in das Herkunftsland ohne medizinische Betreuung bzw. bei vom Kläger nur teilweise finanzierbarer Behandlung und Medikation, ist er nicht nachgegangen. Des Weiteren hat das Berufungsgericht, wie aus seinem Beweisbeschluss vom 11. Mai 2010 ersichtlich wird, die Beurteilung, ob die in den medizinischen Fachgutachten genannten Behandlungen und Medikamente erforderlich sind, den medizinischen Gutachtern überlassen. Diese haben ihrer Wertung jedoch den in Deutschland üblichen medizinischen Standard zugrunde gelegt und sich - mangels entsprechender Vorgaben des Berufungsgerichts - nicht am Maßstab einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung orientiert. Schließlich hat das Berufungsgericht in seiner finanziellen Bedarfsberechnung für den Kläger monatliche Wohnkosten "für eine bescheidene 1-Zimmer-Wohnung am Stadtrand von Sankt Petersburg" in Höhe von 400 € angesetzt (BA Rn. 82). Dieses Unterbringungsniveau, das der Verwaltungsgerichtshof selbst dem Auswärtigen Amt in seiner Anfrage vom 24. August 2010 vorgegeben hatte, verfehlt den strengen Maßstab des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

36

Diese Verstöße gegen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen vermag der Senat über das Vorliegen des genannten Abschiebungsverbots selbst weder positiv noch negativ abschließend zu entscheiden. Damit war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), ohne dass es eines Eingehens auf die von den Revisionsführern erhobenen Aufklärungsrügen bedarf.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

Für Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießen, finden die §§ 2a und 2b des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge in der bis zum 1. Januar 2005 geltenden Fassung weiter Anwendung. In diesen Fällen gilt § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Androhung der Abschiebung; die gegen seine Ausweisung gerichtete Klage wurde bereits rechtskräftig abgewiesen.

2

Der 1966 in St. Petersburg geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger jüdischen Glaubens. Er beantragte im Februar 1995 beim Generalkonsulat in St. Petersburg eine Aufenthaltserlaubnis zum ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Beauftragte des Freistaats Bayern erteilte im Juni 1996 gegenüber dem Bundesverwaltungsamt eine Aufnahmezusage, die der Familie des Klägers durch das Generalkonsulat bekannt gegeben wurde. Der Kläger reiste im September 1997 mit einem Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt am 14. Oktober 1997 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Am 23. Oktober 1997 wurde ihm eine Bescheinigung ausgestellt, wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (Kontingentflüchtlingsgesetz - HumHAG) sei.

3

Der Kläger wurde im Dezember 2003 wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Die Strafkammer ging wegen des Vorliegens einer undifferenzierten Schizophrenie davon aus, dass seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt gewesen sei. In der Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung machte der Kläger geltend, er sei herzkrank (Mitral- und Aortenklappenersatz) und erhalte in der Russischen Föderation keine angemessene medizinische Behandlung.

4

Die Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 27. Februar 2006 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1) und drohte ihm die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Russische Föderation an (Nr. 2). Hilfsweise drohte sie ihm die Abschiebung binnen einer Woche nach Haftentlassung an (Nr. 3).

5

Das Verwaltungsgericht hob die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung binnen Wochenfrist (Nr. 3 des Bescheids) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Mit Beschluss vom 3. September 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zwar genössen jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes Ausweisungsschutz gemäß Art. 33 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG. Wegen der vom Kläger ausgehenden konkreten (Wiederholungs-)Gefahr greife dieses Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG/Art. 33 Abs. 2 GFK jedoch nicht.

6

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 13. März 2009 (BVerwG 1 B 20.08) die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Abschiebungsandrohung aus der Haft (Nr. 2 des Bescheids) aufgehoben und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen; hinsichtlich der Ausweisung (Nr. 1 des Bescheids) hat er die Beschwerde zurückgewiesen.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 die Abschiebungsandrohung (Nr. 2 des Bescheids) und insoweit auch das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Er ist davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 die Rechtsstellung eines Kontingentflüchtlings entsprechend § 1 Abs. 1 HumHAG genieße und sich auch ohne Vorliegen eines Verfolgungsschicksals auf das Abschiebungsverbot des Art. 33 Abs. 1 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG berufen könne. Zwar entstehe dieser Status ausschließlich kraft Gesetzes, so dass auch die Bescheinigung gemäß § 2 HumHAG nur deklaratorische Bedeutung besitze. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion nicht unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 HumHAG fielen. Dies würde der historischen Dimension der Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion nicht gerecht und widerspräche auch der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Verwaltungspraxis. Danach sei den Betroffenen ohne individuelle Prüfung auf Verfolgung oder Diskriminierung analog § 1 Abs. 3 HumHAG sofort eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt und eine Bescheinigung nach § 2 HumHAG ausgestellt worden. Angesichts der besonderen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus könne nicht davon ausgegangen werden, dass die analoge Heranziehung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ausgerechnet vor dem Refoulement-Verbot des Art. 33 Abs. 1 GFK habe haltmachen wollen. Der besondere ausländerrechtliche Status sei auch mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 nicht entfallen. § 60 Abs. 8 AufenthG stehe dem nicht mehr entgegen, denn seit Einnahme eines Neuroleptikums bestehe beim Kläger nach dem Ergebnis des fachpsychiatrischen Gutachtens keine konkrete Wiederholungsgefahr.

8

Darüber hinaus greife auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar stünden die vom Kläger benötigten Medikamente und Behandlungsmaßnahmen auch in der Russischen Föderation zur Verfügung. Die dort übliche kostenlose medizinische Behandlung entspreche aber nicht dem nach einer Herzklappenoperation erforderlichen Standard. Der Kläger benötige nach Auskunft der Botschaft monatlich 400 € für die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen, 110 € für die Lebenshaltung sowie 400 € für eine bescheidene Einzimmerwohnung am Stadtrand von St. Petersburg. Diese Summe könne er krankheitsbedingt nicht erarbeiten.

9

Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen rügen die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern, das Kontingentflüchtlingsgesetz sei weder direkt noch analog auf den Kläger anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof stütze seine Auffassung auf eine fehlerhafte Wiedergabe des Schreibens des Bundesministeriums des Inneren (BMI) vom 10. August 1993. Maßgeblich für die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes seien die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Eingliederungsmaßnahmen und das Verteilungsverfahren auf die Länder gewesen. Daher könnten Regelungen dieses Gesetzes, die an eine Verfolgungssituation anknüpften, auf jüdische Emigranten nicht angewendet werden. Schließlich sei mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für den in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes aufgenommenen Personenkreis nur der Aufenthaltstitel und kein Kontingentflüchtlingsstatus übergeleitet worden. Zudem greife § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, denn beim Kläger bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht habe auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu Unrecht bejaht. Der Verwaltungsgerichtshof habe keinerlei Feststellungen dazu getroffen, dass und wie sich der Gesundheitszustand des Klägers nach seiner Abschiebung in die Russische Föderation verschlimmern werde. Notwendig seien beim Kläger nur die regelmäßige Gabe eines blutverflüssigenden Medikaments und Blutgerinnungskontrollen; das hätte vom Berufungsgericht aufgeklärt werden müssen.

10

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ergebe sich bereits aus dem in § 103 AufenthG enthaltenen Grundsatz des Bestandsschutzes. Sein Vertrauen sei schutzwürdig, da die Beklagte die Bescheinigung, dass er Kontingentflüchtling sei, nicht widerrufen habe. Die Beklagte sei an die Erlasslage und ihre Verwaltungspraxis gebunden. Daraus werde ersichtlich, dass der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz einen eigenen, sich nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz richtenden Aufenthaltsgrund ausgestaltet habe. Zutreffend habe das Berufungsgericht das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG verneint und das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bejaht.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revisionen für begründet.

Entscheidungsgründe

12

Die Revisionen der Beklagten und der Landesanwaltschaft Bayern sind zulässig und begründet. Die Berufungsentscheidung beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsandrohung, für deren gerichtliche Überprüfung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich ist (1.), mit einer Begründung aufgehoben, die mit Bundesrecht unvereinbar ist. Denn jedenfalls seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes genießt der Kläger keine Rechtsstellung, die das Refoulement-Verbot (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK) umfasst (2.). Des Weiteren hat das Berufungsgericht seiner Gefahrenprognose im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unzutreffende Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt (3.). Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen über das Vorliegen dieses Abschiebungsverbots nicht selbst abschließend entscheiden kann, ist die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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1. Der gerichtlichen Beurteilung einer Abschiebungsandrohung ist jedenfalls dann, wenn der Ausländer aufgrund der Androhung noch nicht abgeschoben wurde oder noch nicht freiwillig ausgereist ist, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen. Das liegt in der Konsequenz der neueren Rechtsprechung des Senats zum veränderten Zeitpunkt der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Prüfung einer Ausweisung (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12), der Ermessensentscheidung über die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329, Rn. 37 f.) sowie der Rücknahme oder des Widerrufs eines unbefristeten Aufenthaltstitels (Urteil vom 13. April 2010 - BVerwG 1 C 10.09 - Buchholz 402.242 § 51 AufenthG Nr. 1). Maßgeblich für die Änderung der Rechtsprechung war die Erwägung, dass die genannten Verwaltungsakte zu einer Aufenthaltsbeendigung führen können, bei der in vielen Fällen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie bei familiären Bindungen dem Grundrecht aus Art. 6 GG besondere Bedeutung zukommt. Der diesen Freiheitsrechten immanente Verhältnismäßigkeitsgrundsatz spricht dafür, dass die Gerichte bei ihrer Entscheidung über einen aufenthaltsbeendenden Verwaltungsakt auf eine möglichst aktuelle, d.h. nicht bereits überholte Tatsachengrundlage abstellen (Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 16 a.E.). Sie sollen realitätsnah und aus Gründen der Verfahrensökonomie möglichst abschließend entscheiden können (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - juris Rn. 10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE bestimmt). Es liegt auf der Hand, dass diese Überlegungen erst recht für die Abschiebungsandrohung als vollstreckungsrechtliche Grundlage einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung zutreffen. Ob auch bei einer bereits durchgeführten Abschiebung oder einer freiwilligen Ausreise auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung der Tatsacheninstanz oder aber den Zeitpunkt der Abschiebung bzw. Ausreise abzustellen ist, kann hier dahinstehen.

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Auch wenn - wie hier - für die revisionsgerichtliche Prüfung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, sind Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens zu beachten, wenn sie das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - zu berücksichtigen hätte (stRspr, etwa Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb im vorliegenden Fall die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854). Damit sind auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) zu beachten.

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Nicht anzuwenden ist hingegen die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98). Denn für die bereits 2006 verfügte und mit der Klage angegriffene Abschiebungsandrohung beansprucht die Rückführungsrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, noch keine Geltung (zur intertemporalen Anwendung von Richtlinien vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 - Rs. C-349/06, Polat - Slg. 2007, I-8167 Rn. 25 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung findet (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Slg. 2009, I-11189 Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft betreffen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden ist.

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An diesen Maßstäben gemessen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Androhung der Abschiebung unmittelbar aus der Haft (§ 59 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 58 Abs. 1 AufenthG) vor. Insbesondere ist, da sich der Kläger in Haft befindet, die Überwachung seiner Ausreise erforderlich (§ 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), so dass es keiner Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise bedarf (§ 59 Abs. 5 AufenthG).

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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl I S. 1057) - Kontingentflüchtlingsgesetz (HumHAG) der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung nicht entgegen. Der Kläger ist kein Kontingentflüchtling (2.1). Dahinstehen kann, ob die ihm durch die Aufnahmezusage vermittelte Rechtsstellung ursprünglich auch das in Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 559) - GFK - niedergelegte Refoulement-Verbot umfasst hat (2.2). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht diese Rechtstellung nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr fort. Deshalb können sich jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion jedenfalls seit diesem Zeitpunkt allein aufgrund ihrer Aufnahme nicht auf das Refoulement-Verbot berufen (2.3).

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2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger, der weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling anerkannt ist, sich nicht unmittelbar auf das Refoulement-Verbot (Art. 33 Abs. 1 GFK) berufen kann. Gemäß § 1 Abs. 1 HumHAG genießt im Bundesgebiet die Rechtsstellung nach den Art. 2 bis 34 GFK, wer als Ausländer im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks oder aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs. 1 AuslG 1990 im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen worden ist. Zwar stünde der Fortgeltung des Kontingentflüchtlingsstatus nicht entgegen, dass das Kontingentflüchtlingsgesetz durch Art. 15 Abs. 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 aufgehoben worden ist. Denn aus der Übergangsvorschrift des § 103 AufenthG, nach der für Kontingentflüchtlinge die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung finden, ergibt sich, dass ein unmittelbar aufgrund dieses Gesetzes entstandener Kontingentflüchtlingsstatus fortbesteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Statuserwerb nach § 1 Abs. 1 HumHAG beim Kläger zu Recht verneint.

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Nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen befand sich der Kläger als jüdischer Emigrant aus der früheren Sowjetunion im Zeitpunkt seiner Aufnahme weder in einer Verfolgungssituation noch war seine Lage durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnet. Entscheidend ist jedoch, dass die Übernahme seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht wegen eines derartigen Gruppenschicksals erfolgte (vgl. zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HumHAG: Urteile vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 77.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 150 S. 329<331, 332, 334> und vom 27. Februar 1996 a.a.O. Nr. 185 S. 75 <78>). Das Berufungsgericht hat den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder) vom 9. Januar 1991 und die darauf aufbauende Aufnahmepraxis jüdischer Emigranten aus der früheren Sowjetunion vielmehr dahingehend gewürdigt, dass dieser Personenkreis im Bewusstsein der historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus zur Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland und zur Revitalisierung des jüdischen Elements im deutschen Kultur- und Geistesleben aufgenommen wurde. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

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Durch die Liberalisierung der sowjetischen Ausreisepolitik im Zuge der Perestroika zogen, wie allgemeinkundig ist, sowjetische Juden nach dem Fall der Berliner Mauer ab 1989 verstärkt nach Ost-Berlin. Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik beschloss am 11. Juli 1990 im Rahmen vorläufiger Regelungen des Aufenthalts und des Asyls für Ausländer, zunächst in zu begrenzendem Umfang ausländischen jüdischen Bürgern, denen Verfolgung oder Diskriminierung drohte, aus humanitären Gründen Aufenthalt zu gewähren. Diese Regelung fand jedoch keinen Niederschlag im Einigungsvertrag. Die Bundesregierung bat vielmehr im September 1990 die Auslandsvertretungen, Zuwanderungsanträge sowjetischer Juden bis zur Klärung eines zwischen Bund und Ländern abgestimmten Aufnahmeverfahrens nur entgegenzunehmen und weiter zu bearbeiten, soweit nicht von vornherein eine Aufnahme nach den geltenden Gesetzen ausgeschlossen sei (vgl. BTDrucks 11/8439 S. 2). Im Bewusstsein der historischen Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen des Nationalsozialismus stand sie dem Wunsch dieses Personenkreises, in Deutschland eine neue Heimat zu gründen, im Grundsatz aufgeschlossen gegenüber, da der Zuzug die jüdischen Gemeinden in Deutschland stärke und diese Stärkung mittel- und langfristig zu einer Revitalisierung des bedeutenden jüdischen Beitrags zum Kultur- und Geistesleben in Deutschland führe. Eine unbegrenzte Aufnahme sowjetischer Juden sei jedoch nicht möglich, sondern komme nur im Rahmen eines geordneten Verfahrens in Betracht. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines mit den Ländern und den jüdischen Organisationen abgestimmten Aufnahmeprogramms, das Vorsorge für den geregelten Zugang und eine angemessene Unterbringung treffe (BTDrucks 11/8439 S. 3 f.). Diese Bestrebungen, Motive und Steuerungsbedürfnisse, die auch die damalige politische Debatte prägten (vgl. Plenarprotokolle des Deutschen Bundestags, 11. Wahlperiode, 231. Sitzung vom 25. Oktober 1990, S. 18359 ff. und 234. Sitzung vom 31. Oktober 1990, S. 18740 ff.), fanden Eingang in den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991. Damit wurde zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern in Anwesenheit des Bundesministers des Inneren Einvernehmen darüber hergestellt, dass die Einreise von Juden aus der Sowjetunion ohne zahlenmäßige Begrenzung auch in Zukunft aufgrund von Einzelfallentscheidungen in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ermöglicht wird. Bei den großzügig zu handhabenden Einzelfallentscheidungen sollte u.a. der Gesichtspunkt der Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland eine Rolle spielen; die Verteilung auf die einzelnen Länder sollte grundsätzlich nach dem "Königsteiner Schlüssel" erfolgen (vgl. auch BTDrucks 12/229 S. 1 ff.).

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Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes belege, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion von der Bundesrepublik Deutschland nicht als verfolgte oder durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnete Gruppe aufgenommen worden sind, als überzeugend (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 - 11 S 1413/10 - InfAuslR 2011, 383 <384, 385 f.>; VGH München, Beschluss vom 20. Dezember 2004 - 12 CE 04.3232 - juris ; OVG Greifswald, Urteil vom 15. September 2004 - 1 L 107/02 - LKV 2005, 510 <512>; OVG Berlin, Beschluss vom 30. Juli 2004 - 2 N 87.04 - juris). Mangels gesetzlichen Erwerbs des Kontingentflüchtlingsstatus kann sich der Kläger nicht unmittelbar auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK berufen.

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2.2 Da der Kläger den Kontingentflüchtlingsstatus nicht durch Gesetz erworben hat, konnte eine das Refoulement-Verbot umfassende Rechtsstellung entgegen der Annahme, wie sie der angefochtenen Entscheidung unausgesprochen zugrunde liegt, nur durch einen Rechtsakt (Verwaltungsakt) begründet werden. Denn nichtförmliches Verwaltungshandeln, auch wenn es einer auf Schreiben oberster Bundes- und Landesbehörden zurückzuführenden Verwaltungspraxis entspricht, wonach die Betroffenen hinsichtlich bestimmter begünstigender Rechtsfolgen wie Inhaber des Kontingentflüchtlingsstatus behandelt werden sollen, vermag einem Betroffenen weder diesen Status noch die Möglichkeit der Berufung auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. Art. 33 GFK zu vermitteln.

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Als rechtsbegründender Verwaltungsakt kommt im vorliegenden Fall nur die Aufnahmezusage des Beauftragten des Freistaats Bayern vom 18. Juni 1996 in Betracht. Sie wurde - wie vom Klägerbevollmächtigten im Revisionsverfahren belegt und auch von den übrigen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - der Familie des Klägers vor ihrer Ausreise durch das Generalkonsulat St. Petersburg bekannt gegeben. Diese Vorgehensweise entsprach wohl auch der damaligen Verwaltungspraxis (vgl. IV. Nr. 3 des Erlasses des Auswärtigen Amtes betreffend die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen UdSSR vom 25. März 1997, Gz.: 514-516.20/7, nach der die Aufnahmezusage den Antragstellern unverzüglich zuzustellen war).

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Die dem Kläger bekannt gegebene Aufnahmezusage ist ein Verwaltungsakt, der zumindest die Zusicherung der Erteilung eines Visums sowie eines unbefristeten Aufenthaltstitels nach Einreise mit einem nationalen Visum enthielt (weitergehend i.S. eines Status sui generis: VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. S. 386 ff.; Hochreuter, NVwZ 2000, 1376, 1379 f.). Der Gegenauffassung, wie sie in IV. Nr. 7 des o.g. Erlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 zum Ausdruck kommt, wonach selbst eine zugestellte Aufnahmezusage als reines Verwaltungsinternum anzusehen sei, folgt der Senat nicht. Denn ob ein behördliches Schreiben eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt enthält und welchen Inhalt dieser ggf. hat, ist durch Auslegung nach der im Öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Dieser allgemeine Grundsatz findet hier Anwendung, ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz selbst gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG nicht für die Tätigkeit der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt. Maßgebend ist bei der Auslegung behördlicher Schreiben nicht der innere Wille der Behörde, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektivierter Würdigung verstehen konnte, wobei Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen (stRspr, vgl. Urteile vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <306>; vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.>; vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <279> und vom 20. April 2005 - BVerwG 9 C 4.04 - BVerwGE 123, 292 <297>;).

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Bei Anwendung dieser Maßstäbe konnte und durfte der Kläger nach Erhalt des im Pendelbriefverfahren zwischen Generalkonsulat - Bundesverwaltungsamt - Beauftragter des Freistaats Bayern und zurück übermittelten Formulars mit der Überschrift "Aufnahme jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland" und der darin angekreuzten Variante "Die Aufnahmezusage wird erteilt." davon ausgehen, dass damit dem Grunde nach verbindlich über seinen künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet entschieden worden war. Die Notwendigkeit, sich noch um ein Visum zu bemühen, steht dem nicht entgegen. Die gegenteilige Annahme wäre vor dem Hintergrund, dass der Kläger zuvor beim Generalkonsulat ein Formular "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - Zuwanderungsfall aus der SU" ausgefüllt hatte, lebensfremd. Dem Revisionsgericht ist die eigene Auslegung der Aufnahmezusage nicht verwehrt, da das Tatsachengericht in seiner Entscheidung aufgrund seines abweichenden rechtlichen Ansatzes dazu nichts ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52 m.w.N.).

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Ob die Aufnahmezusage - ggf. in Verbindung mit einem beigefügten Merkblatt, wie es der Klägerbevollmächtigte beispielhaft aus einem Parallelverfahren vorgelegt hat - dem Kläger über die oben genannten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen hinaus auch das in Art. 33 Abs. 1 GFK enthaltene Refoulement-Verbot vermittelt hat, kann offenbleiben. Eine derartige Annahme könnte sich jedenfalls nicht auf die Bescheinigung stützen, die ihm nach der Einreise im Oktober 1997 im Bundesgebiet ausgestellt wurde und wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 HumHAG ist. Denn für die Auslegung eines Verwaltungsakts sind nur solche Umstände indiziell zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung - hier: der Aufnahmezusage - erkennbar waren (Urteile vom 4. Dezember 2001 a.a.O. und vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Des Weiteren kommt es bei der Auslegung der Aufnahmezusage aus dem Empfängerhorizont nicht darauf an, ob diese rechtmäßig war oder nicht. Daher hat außer Betracht zu bleiben, ob das Ausländerrecht mit Blick auf die in § 33 AuslG 1990 eröffnete Möglichkeit, Ausländer u.a. aus humanitären Gründen oder politischen Interessen zu übernehmen, überhaupt Raum für eine entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ließ (verneinend VGH München, Urteil vom 29. Juli 2009 - 10 B 08.2447 - InfAuslR 2010, 26; Raabe, ZAR 2004, 410 <411 f.>). Das alles kann jedoch hier letztlich dahinstehen.

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2.3 Selbst wenn die Aufnahmezusage seinerzeit das flüchtlingsrechtliche Abschiebungsverbot mit umfasst haben sollte, könnte sich der Kläger hierauf nach dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr berufen. Denn aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG die zukünftige Rechtsstellung auch der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion abschließend neu ausgestaltet hat.

28

Nach § 23 Abs. 2 AufenthG kann das Bundesministerium des Innern zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigende Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, die mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden kann; flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG genießen sie nicht.

29

Der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass man für das Kontingentflüchtlingsgesetz keinen Anwendungsbedarf mehr sah. Dort findet sich der Hinweis, dass derzeit (Frühjahr 2003) lediglich die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes erfolge. Nunmehr werde für diesen Personenkreis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland mit § 23 Abs. 2 AufenthG die Möglichkeit geschaffen, von Anfang an eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (BTDrucks 15/420 S. 64). In der speziellen Begründung zu § 23 Abs. 2 AufenthG wird ausgeführt (BTDrucks 15/420 S. 78):

"... Die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion seit 1991 (insgesamt bisher über 170 000 Personen) erfolgt bislang lediglich in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (Ergebnis der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder vom 9. Januar 1991). Die neue Vorschrift schafft für derartige Fälle nunmehr eine sichere Rechtsgrundlage. Das Ergebnis der Besprechung vom 9. Januar 1991 dokumentiert den übereinstimmenden Willen zur Aufnahme dieses Personenkreises, es bedarf deshalb auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes keiner erneuten Anordnung. Die in § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz vorgesehene Gewährung der Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) ist im Hinblick auf die Gewährung einer Niederlassungserlaubnis nicht erforderlich. Darüber hinaus ist eine Reihe der sich aus der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen (z. B. Erlöschen der Rechtsstellung, wenn die Person sich freiwillig oder durch Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses erneut in den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt, § 2a Abs. 1 Nr. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz) der Stellung aufgenommener jüdischer Immigranten nicht angemessen."

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Diese - vom Berufungsgericht in Rn. 71 seiner Entscheidung fehlerhaft wiedergegebene - Begründung macht deutlich, dass mit Blick auf die bisher praktizierte entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ein Bedürfnis für die Schaffung einer "sicheren Rechtsgrundlage" gesehen wurde. Des Weiteren sollte die Rechtsstellung jüdischer Emigranten von den sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen, die als nicht erforderlich und zum Teil als nicht angemessen erschienen, abgekoppelt und in Zukunft rein aufenthaltsrechtlich ausgestaltet werden. Dass die Neuregelung auch die vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten erfassen und damit zukünftig eine einheitliche, nicht länger mit rechtlichen Unsicherheiten behaftete Rechtsstellung schaffen wollte, ergibt sich auch aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes. Darin hat der Gesetzgeber zwischen Personen, die den Kontingentflüchtlingsstatus gesetzlich erworben haben, und solchen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz nur entsprechend angewendet worden ist, differenziert und die statusrechtlichen Folgen unterschiedlich ausgestaltet.

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Gemäß § 103 AufenthG finden für Personen, die vor dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gemäß § 1 HumHAG die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 GFK genießen, die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung. § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ordnet an, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 HumHAG oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG fortgelten. Damit werden Kontingentflüchtlinge und Personen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz von der Verwaltung nur entsprechend angewendet worden ist, aufenthaltsrechtlich gleich behandelt; ihr bestehendes Daueraufenthaltsrecht wird fortgeschrieben. Aus der Zusammenschau der Regelungen wird jedoch deutlich, dass nur ein gesetzlich erworbener Kontingentflüchtlingsstatus über den 1. Januar 2005 hinaus fortbesteht. Dieser systematische Befund wird durch die Gesetzesmaterialien zu den Übergangsvorschriften bestätigt. Denn nur in der Begründung zu § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird die Gruppe der jüdischen Emigranten genannt; an dieser Stelle wird die Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG ausdrücklich auch auf Aufnahmefälle aus der Vergangenheit erstreckt: "Für jüdische Immigranten, die in entsprechender Anwendung des HumHAG aufgenommen wurden, gilt § 23 Abs. 2,..." (BTDrucks 15/420 S. 100). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 102 Abs. 1 AufenthG, da die Vermittlung des Kontingentflüchtlingsstatus keine Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift ist.

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Der Senat entnimmt diesen Regelungen den hinreichend deutlichen Willen des Gesetzgebers, mit der abschließenden aufenthaltsrechtlichen Neuregelung in § 23 Abs. 2 AufenthG auch die Fälle der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten zu erfassen, um die bisherige, aus der entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes resultierende unklare Rechtslage für die Zukunft zu bereinigen (a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. <389>). Die darin liegende unechte Rückwirkung der Neuregelung ist mit Blick auf die bisherigen rechtlichen Unsicherheiten verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn die Betroffenen behalten ihr Daueraufenthaltsrecht und haben die Möglichkeit, bei Furcht vor Verfolgung einen Asylantrag zu stellen. Schließlich ist bei dem Personenkreis der jüdischen Emigranten, die - wie dargestellt - nicht wegen eines Verfolgungsschicksals aufgenommen worden sind, auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand eines ihnen möglicherweise in der Vergangenheit gewährten flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutzes ersichtlich. Demzufolge vermag sich der Kläger jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht auf das Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 GFK zu berufen. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen ist, dass im Fall des Klägers die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht (mehr) vorliegen.

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3. Die angefochtene Entscheidung verletzt zudem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Berufungsgericht hat der Gefahrenprognose, die es bei Prüfung dieses Abschiebungsverbots gestellt hat, einen unzutreffenden Ansatz und darauf aufbauend fehlerhafte materiellrechtliche Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt.

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Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer landesweit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine notwendige und an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich z.B. aus finanziellen Gründen nicht erlangen kann (Urteil vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 1 C 1.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990). Der Senat hat bereits entschieden, dass die Verschlimmerung einer Erkrankung, die der Betroffene nicht mit einer Vielzahl seiner Landsleute teilt, so dass kein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung gemäß § 60a Abs. 1 AufenthG besteht und die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht greift, als individuelle, unmittelbar am Maßstab der genannten Vorschrift zu prüfende Gefahr anzusehen ist (Urteil vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33 Rn. 15 f. = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff., AufenthG Nr. 21). In Fällen einer Erkrankung eher singulären Charakters - wie hier - sind die Voraussetzungen des genannten Abschiebungsverbots erfüllt, wenn sich die Krankheit des Betroffenen mangels (ausreichender) Behandlung im Abschiebungszielstaat verschlimmert und sich dadurch der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (Beschluss vom 24. Mai 2006 - BVerwG 1 B 118.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16 m.w.N.). Konkret ist die Gefahr, wenn diese Verschlechterung alsbald nach der Abschiebung des Betroffenen einträte (Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383 <387> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 10). Diesen Prüfungsansatz und die sich daraus ergebenden Maßstäbe hat das Berufungsgericht in mehrfacher Hinsicht verfehlt.

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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beweisaufnahme, wie die Beweisbeschlüsse vom 26. November 2009 zeigen, nur auf die Diagnose der Krankheiten des Klägers sowie deren Behandelbarkeit in der Russischen Föderation (einschließlich verfügbarer Medikation) fokussiert. Dem auf diesen tatsächlichen Feststellungen aufbauenden, für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zentralen Beweisthema, nämlich dem Krankheitsverlauf bei Rückkehr bzw. Abschiebung in das Herkunftsland ohne medizinische Betreuung bzw. bei vom Kläger nur teilweise finanzierbarer Behandlung und Medikation, ist er nicht nachgegangen. Des Weiteren hat das Berufungsgericht, wie aus seinem Beweisbeschluss vom 11. Mai 2010 ersichtlich wird, die Beurteilung, ob die in den medizinischen Fachgutachten genannten Behandlungen und Medikamente erforderlich sind, den medizinischen Gutachtern überlassen. Diese haben ihrer Wertung jedoch den in Deutschland üblichen medizinischen Standard zugrunde gelegt und sich - mangels entsprechender Vorgaben des Berufungsgerichts - nicht am Maßstab einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung orientiert. Schließlich hat das Berufungsgericht in seiner finanziellen Bedarfsberechnung für den Kläger monatliche Wohnkosten "für eine bescheidene 1-Zimmer-Wohnung am Stadtrand von Sankt Petersburg" in Höhe von 400 € angesetzt (BA Rn. 82). Dieses Unterbringungsniveau, das der Verwaltungsgerichtshof selbst dem Auswärtigen Amt in seiner Anfrage vom 24. August 2010 vorgegeben hatte, verfehlt den strengen Maßstab des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

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Diese Verstöße gegen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen vermag der Senat über das Vorliegen des genannten Abschiebungsverbots selbst weder positiv noch negativ abschließend zu entscheiden. Damit war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), ohne dass es eines Eingehens auf die von den Revisionsführern erhobenen Aufklärungsrügen bedarf.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

Für Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießen, finden die §§ 2a und 2b des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge in der bis zum 1. Januar 2005 geltenden Fassung weiter Anwendung. In diesen Fällen gilt § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.