Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 27. Mai 2014 - 5 K 433/12

bei uns veröffentlicht am27.05.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, im Gebiet der Beklagten Tauben zu füttern.
Aufgrund einer Mitteilung aus der Nachbarschaft der damals am ... wohnhaften Klägerin, wonach sie Tauben füttere, wies die Beklagte mit Schreiben vom 31.07.2007 die Klägerin auf das durch Polizeiverordnung der Beklagten geregelte Verbot hin, im Gebiet der Beklagten verwilderte Haustauben und Wildtauben zu füttern. Ende August/Anfang September 2009 teilte ein anderer Nachbar aus der Umgebung der damaligen Wohnung der Klägerin der Beklagten mit, die Klägerin füttere in der Umgebung ihrer Wohnung Tauben. Hierauf hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 23.09.2009 hinsichtlich einer gegen sie beabsichtigten Untersagung der Fütterung von Tauben an. Mit Schreiben vom 01.10.2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe am 07.09.2009 keine Tauben gefüttert. Im Zeitraum vom 08.10.2009 bis 08.11.2009 teilte ein Nachbar der Klägerin der Beklagten mehrfach telefonisch mit, dass wiederum häufig im Bereich der Straße ... Weizen zum Füttern von Tauben ausgestreut gewesen sei.
Aufgrund einer Beschwerde der Mutter der Klägerin gegen einen ihrer Nachbarn nahmen Polizeibeamte des Polizeipräsidiums ... am 05.01.2010 die Dachgeschosswohnung der Mutter der Klägerin, in der damals auch die Klägerin wohnte ..., in Augenschein und stellten unhygienische Zustände (Taubenkot) in den Wohnräumen aufgrund der dortigen Unterbringung von Tauben fest. Der Teppichboden im Zimmer der Klägerin sei schmuddelig gewesen; auf ihm habe sich Weizensaatgut befunden. Der Hauptbeschwerdeführer der Nachbarn, Herr N., teilte in der Zeit von Februar 2010 bis Januar 2011 der Beklagten mehrfach schriftlich und telefonisch mit, dass erneut vielfach im Wohnumfeld der Klägerin Weizen ausgestreut gewesen sei. An der Wohnung der Klägerin würden auch häufig jeweils mehrere Säcke Weizen angeliefert werden. Der städtische Vollzugsdienst des Amtes für öffentliche Ordnung der Beklagten teilte mit Schreiben vom 16.02.2011 einer Sachbearbeiterin dieses Amtes mit, Kontrollen im Bereich der (damaligen) Wohnung der Klägerin ... in der Zeit vom 19.01.2011 bis 16.02.2011 hätten keinerlei Ergebnisse und Hinweise hinsichtlich des Ausstreuens von Taubenfutter erbracht. Die genannte Örtlichkeit sei in dem Zeitraum zu unterschiedlichen Zeiten überwacht worden. Am 16.03.2011 teilte ein anderer, ebenfalls in der Straße ... wohnender Nachbar der Klägerin der Beklagten telefonisch mit, er habe die an Krücken gehende Klägerin am 10.03.2011 in der Zeit von 14:10 Uhr bis 14:30 Uhr gesehen, wie sie auf dem Gehweg entlang der nicht bebauten Straßenseite der Straße ..., auf Höhe der Gebäude ..., Körner aus einem farbigen Plastikbeutel habe rieseln lassen, worauf ein Schwarm Tauben (ca. 100 Tiere) ihr gefolgt sei und das Futter aufgepickt hätte. Die Beklagte hörte hierauf die Klägerin mit Schreiben vom 16.03.2011 zum beabsichtigten individuellen Taubenfütterungsverbot unter Androhung eines Zwangsgeldes an. Die Klägerin teilte hierauf mit Schreiben vom 25.03.2011 der Beklagten mit, in der Verhandlung beim Amtsgericht ... im Januar 2010 habe ihr kein am 07.09.2009 angeblich begangener Verstoß gegen das Taubenfütterungsverbot nachgewiesen werden können. Am 10.03.2011 habe sie tatsächlich ... eine geringe Menge Weizen ausgestreut, in dem (leider erfolglosen) Versuch, eine Taube, die ihr nicht gesund erschienen sei, einzufangen und zum Tierarzt zu bringen. Das Bußgeld nehme sie in diesem Falle gerne in Kauf, auch wenn sie es nicht ganz „glücklich“ finde, dass die Beklagte den Einsatz für diese Tiere unter Strafe stelle.
Mit Bescheid vom 13.04.2011 untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Fütterung von verwilderten Haustauben und Wildtauben im Stadtgebiet der Beklagten. Sie dürfe auch kein Futter, das zum Füttern von verwilderten Haustauben und Wildtauben bestimmt sei, auslegen. Futter für andere Vögel sei so auszulegen, dass es von verwilderten Haustauben und Wildtauben nicht erreicht werden könne (Nr. 1 des Bescheids). Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung dieser Regelung an (Nr. 2 des Bescheids) und drohte der Klägerin für den Fall, dass sie der Verpflichtung nach Nr. 1 des Bescheids nicht nachkommt, ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 150,00 EUR an (Nr. 3 des Bescheids). Schließlich setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,00 EUR fest (Nr. 4 des Bescheids). Zur Begründung führte die Beklagte aus, das gegen die Klägerin erlassene Verbot beruhe auf den §§ 1 und 2 der Polizeiverordnung der Beklagten zur Abwehr der von verwilderten Haustauben, Wildtauben, Enten und Schwänen ausgehenden Gesundheitsgefahren. Die Klägerin habe entgegen diesem Verbot, auf das sie die Beklagte mehrfach hingewiesen habe, Tauben gefüttert, zuletzt am 10.03.2011. Die Klägerin zeige sich in ihrem Verhalten und in ihren eigenen Aussagen uneinsichtig und unbelehrbar, weswegen nur durch die Anordnung eines individuellen Taubenfütterungsverbots für die Zukunft sichergestellt werden könne, dass sie das Taubenfüttern unterlasse. Dieses Verbot sei im öffentlichen Interesse dringend erforderlich, um ein weiteres Ausstreuen von Futter durch die Klägerin wirksam zu verhindern. Die Allgemeinheit müsse vor Gefahren, die direkt oder indirekt von dem ausgestreuten Futter ausgehe, geschützt werden. Durch das ausgestreute Futter verfestigten sich die dortigen Taubenschwärme, verbunden mit Gefahren und Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit, etwa die Übertragung von Krankheitskeimen, Verkotungen, Lärm und Schmutz; ferner bestehe auch die akute Gefahr, dass durch das ausgestreute Futter Ratten angezogen würden. Schließlich unterlaufe die Klägerin mit der „wilden Taubenfütterung“ auch das ... Taubenkonzept, mit dem die Beklagte den Stadttaubenbestand tierschutzgerecht auf einem stadtverträglichen Bestand halten wolle. Eine weitere Vermehrung der Taubenpopulation, die durch das von der Klägerin veranlasste Füttern massiv gefördert werde, könne folglich nicht hingenommen werden. Das Verbot der Taubenfütterung sei daher geeignet und auch erforderlich, um Schäden und Gefahren von der Allgemeinheit abzuwenden. Das Interesse der Klägerin, Tauben zu füttern, müsse mithin gegenüber dem Allgemeininteresse, den Taubenbestand auf einem natürlichen und erträglichen Maß zu halten, zurücktreten. Der Bescheid vom 13.04.2011 wurde der Klägerin am 28.04.2011 zugestellt.
Mit Schreiben vom 22.05.2011, beim Regierungspräsidium ... eingegangen am 27.05.2011, erhob die Klägerin „gegen die Zwangsgeldandrohung des Amts für öffentliche Ordnung ... … vom 13. April 2011 … wegen des Fütterns verwilderter Haustauben“ Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte sei gegen sie übereilt und willkürlich vorgegangen. Sie, die Klägerin, sei der Ansicht, dass die Androhung eines Zwangsgeldes einige ergangene Bußgeldbescheide voraussetze. Dies treffe in ihrem Falle nicht zu. Am 31.07.2007 sei auf der Grundlage der Aussagen „hysterisierter“ Nachbarn sogar ihr Vater abgemahnt worden. Ihre Mutter sei im Jahre 2006 über Monate von Nachbarn beim Amt für öffentliche Ordnung der Beklagten, bei der Polizei, sowie beim Amt für Liegenschaften und Wohnen der Beklagten, ihrem damaligen Vermieter, angezeigt worden: „Horden“ von Tauben flögen in ihre Wohnung. Bei der Verhandlung zur Kündigung der Wohnung - nach einer Videoüberwachung über drei Wochen durch das Amt für öffentliche Ordnung - habe bewiesen werden können, dass lediglich eine einzige Taube - ein Pflegling ihrer Mutter mit einer Schnabelfehlstellung - zum Fenster gekommen sei, um aus einem Topf zu essen, da das Picken ihm unmöglich gewesen sei. Die Hetze und die Beschuldigung durch Nachbarn sei nur bedingt brauchbar zur Feststellung eines Tatbestandes. Zwei Nachbarn hätten einen Zorn auf ihre Mutter, weil sie im Jahre 2005 einen der beiden Nachbarn sowie einen mit dem anderen Nachbarn befreundeten Gastwirt angezeigt habe, Tauben mit Luftgewehren zu töten oder zu verletzen. Ein großer Teil der von der Beklagten erwähnten „Belästigung“ durch Tauben in den letzten Jahren sei durch die Beklagte und die aufgehetzten Nachbarn hausgemacht. Aufgefordert, den durch Taubenfreunde ausgestreuten Weizen wegzukehren, hätten die „Hilfssheriffs“ aus der Nachbarschaft diesen öfters einfach in die Rosenhecken befördert, damit die Tauben nicht herankämen, was der Abwehr von Ratten nicht gerade zuträglich gewesen sei. Eine Ausnahmegenehmigung vom Fütterungsverbot in Form einer kontrollierten Futterstelle hätte den Vorteil, dass die Taubenfreunde das Futter nicht in einer heimlichen „Guerilla-Taktik“ wild ausstreuen müssten; stattdessen ließe sich das Futter in aller Offenheit so verteilen, dass es auch wirklich ganz durch die Tauben aufgegessen werde. Die Beklagte müsse entweder schnell ausreichend Tauben-Türme oder Tauben-Schläge bauen, oder Ausnahmen vom Fütterungsverbot zulassen, sonst werde das „... Taubenkonzept“ unterlaufen. Sie bitte daher das Regierungspräsidium ..., dahingehend zu wirken, dass auf dem ... - in der Nähe der Brücke über die Straße ... - ein Platz bestimmt werde, auf dem zunächst das kontrollierte Füttern durch den Tierschutz ... erfolgen könne und auf dem dann so schnell wie möglich zwei Türme zum Gelegeaustausch aufgestellt werden könnten.
Mit Schreiben vom 23.05.2011 stellte die Klägerin beim erkennenden Gericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung „in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung des Amtes für öffentliche Ordnung wegen Fütterns verwilderter Haustauben… vom 13. April 2011 …“. Mit Beschluss vom 21.09.2011 (5 K 1905/11) lehnte der Berichterstatter den Antrag ab und führte zur Begründung aus, die rechtlichen Voraussetzungen für die Zwangsgeldandrohung lägen vor. Verwaltungsakte könnten vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden seien (§ 2 Nr. 1 LVwVG) oder wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfalle (§ 2 Nr. 2 LVwVG). Beides treffe hier zu. Die zu vollstreckende Grundverfügung (die Anordnung in Nr. 1 der Entscheidungsformel des Bescheids der Beklagten v. 13.04.2011 - Untersagung der Fütterung von verwilderten Haus- und Wildtauben im Stadtgebiet der Beklagten -), sei nach Ablauf der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist bestandskräftig geworden. Der Widerspruch der Klägerin vom 22.05.2011 beziehe sich nach dem mehrmals von ihr bekundeten Willen ausdrücklich nur auf die „Zwangsgeldandrohung wegen Fütterns verwilderter Haustauben“ und damit lediglich auf Nr. 3 des Bescheids vom 13.04.2011. Der Beschluss vom 21.09.2011 ist seit 14.10.2011 rechtskräftig.
Das Regierungspräsidium ... wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 10.01.2012 zurück und setzte hierfür eine Gebühr in Höhe von 100,00 EUR fest. Zur Begründung führte es aus, die ursächliche Verknüpfung zwischen der Fütterung von Tauben und der Gefahr einer nicht unerheblichen Verschmutzung durch diese Tiere gerade bei Fütterungen auf Straßen und Anlagen sei naheliegend. Verwilderte Haustauben würden dort, wo sie in großen Scharen auftreten, starke Verschmutzungen an Gehwegen und Straßen, Hausfassaden, Dachabdeckungen, Dachrinnen, parkenden Fahrzeugen und anderen Gegenständen herbeiführen. Gefahren für die Gesundheit bestünden durch Ungeziefer, das sich in den Nestern und in Gefiedern der Tauben halte und in Wohnungen eindringen könne, durch Taubenkot und durch die von Kadavern verendeter Tauben ausgehenden Gerüche. Das verfügte Verbot sei das mildeste Mittel zur Verminderung der durch Tauben ausgelösten Beeinträchtigungen. Es sei auch ein geeignetes Mittel. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 13.01.2012 zugestellt.
Am 09.02.2012 hat die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums ... vom 10.01.2012 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie habe nicht gegen das Taubenfütterungsverbot verstoßen. Sie habe lediglich offensichtlich kranke Tiere anlocken wollen, um diese einzufangen und wieder gesund zu pflegen. Ein solches Vorgehen habe sie schon mehrfach im Auftrag der Beklagten ausgeführt, da deren Tierschutzbeauftragte vielfach die Klägerin für die Pflege und Genesung von Stadttauben in Anspruch genommen habe. Im Übrigen sei das Taubenfütterungsverbot nicht rechtmäßig. Es verstoße gegen das Staatsziel Tierschutz in Art. 20 a GG sowie gegen das Tierschutzgesetz. Nach diesem Gesetz dürfe man Tieren nicht ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe für ein rechtmäßig normiertes Taubenfütterungsverbot. Die von der Beklagten behaupteten Gründe für das Verbot - Schutz vor Krankheiten und vor Verschmutzungen - seien nicht überzeugend. Das Verbot beruhe auf fehlerhaften und in sich widersprüchlichen Behauptungen, sei schlicht veraltet und unbrauchbar. Bis heute bestehe kein Nachweis dafür, dass bei einem durchschnittlichen Kontakt in der Öffentlichkeit von Tauben ein höheres Gesundheitsrisiko ausgehe als von irgendwelchen anderen Tieren, insbesondere von Haustieren wie Hund und Katze. Das immer wieder behauptete Gesundheitsrisiko sei vielmehr eine über Jahrzehnte gepflegte gesetzliche Lüge. Genauso verhalte es sich mit angeblichen Substanzgefährdungen oder -beschädigungen. Das Taubenfütterungsverbot führe zu vermeidbaren Leiden der Tauben. Bei einem tierschutzgerechten Taubenkonzept bestünden für die Tiere artgerechte Taubenhäuser, die Tiere würden artgerecht ernährt, es existierten Taubenfütterungsplätze und es erfolgte eine Geburtenkontrolle durch den Gelegeaustausch in Ergänzung mit der Fütterung der Taubenpille. Zwar sei in ... ein Taubenkonzept begonnen worden; es sei jedoch ungenügend, da keine Fütterungsplätze ausgewiesen seien. Stadttauben seien keine in die Städte „eingewanderten“ Wildtiere, wie etwa Füchse oder Waschbären, sondern verwilderte Haustiere. Als solche trügen sie bestimmte Domestifikationsmerkmale, von denen zwei wesentlich entscheidend seien: Zum einen brüteten Tauben ganzjährig mit einer kurzen Pause im Herbst. Die verwilderte Haustaube sei geprägt durch eine Zuchtwahl, die eine hohe Nachkommenschaft erziele, sowie eine daraus hervorgehende genetische Änderung, die dazu geführt habe, dass die Anzahl der Nachkommen nicht vom Nahrungsangebot abhängig sei und auch bei Vitamin- und Nährstoffmangel nicht geringer werde. Zum anderen seien Tauben ausgesprochen nistplatz- und standorttreu und sie hätten im Innenstadtbereich nur einen Aktionsradius von einigen Hundert Metern. Selbst wenn es möglich wäre, die Nahrungsmittelabfälle in der Stadt ganz zu vermeiden und kein ausgelegtes artgerechtes Futter bereit stünde, würden die Tauben aufgrund ihrer Standorttreue ihre angestammten Plätze nicht verlassen und auch nicht zu irgendwelchen außerhalb gelegenen Wiesen und Feldern fliegen, um Nahrung zu suchen. Sie würden auch nicht aufhören zu brüten, da sie genetisch nun mal anders festgelegt seien. Sie würden schlicht und einfach sterben. Als Nachkomme der Felsentaube brüte die Stadttaube in hochgelegenem Gemäuer, und ihre artgerechte Nahrung bestehe aus Getreide und Sämereien. Ein Fütterungsverbot führe wissenschaftlich unstreitig nicht dazu, dass weniger Jungtauben geboren würden. Stattdessen werde den Tieren jeder Zugang zu artgerechter Nahrung verbaut und sie müssten zwangsweise von den Abfällen der modernen Zivilisation leben. Das Fütterungsverbot sei auch deshalb widersprüchlich, weil es dazu führe, dass sich die Tauben verstärkt in Fußgängerzonen und Plätzen mit Außengastronomie ansammelten, was eigentlich durch das Verbot vermieden werden sollte. Auch die Verschmutzung innerhalb der Städte sei durch das Fütterungsverbot mit verursacht und damit zum Teil „hausgemacht“. Der Kot einer nicht artgerecht ernährten Taube oder gar der sogenannte Hungerkot sei deutlich unansehnlicher als der Kot eines gesunden Tieres. Der Kot von nicht artgerecht ernährten Tauben sei säurehaltiger und habe eine aggressivere Wirkung auf verschiedene Baustoffe. Durch das Taubenfütterungsverbot werde auch das Mitgefühl mit Tieren institutionalisiert verboten. Das Verbot führe ferner zu einer nicht nachvollziehbaren, ungerechtfertigten Ungleichbehandlung. So sei Mitleid mit anderen Vögeln rechtlich geboten und gewünscht, nur mit Tauben nicht. Andere Vögel dürften gefüttert werden, dabei anwesende Tauben dürften dann aber nichts abbekommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung in den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 09.02.2012 und 03.08.2012 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums ... vom 10.01.2012 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin wiederhole in ihrer Klagebegründung ihre angeblichen tierschützerischen Gründe als Rechtfertigungsgrund für ihre ständige Missachtung des Taubenfütterungsverbotes. Diese Gründe seien jedoch im Hinblick auf die Häufigkeit des Auslegens von Futter und die jeweiligen Mengen sowie insbesondere aufgrund des Verhaltens der Klägerin bei oder nach dem Auslegen von Futter als Schutzbehauptung anzusehen. Die Klägerin sei beispielsweise am 02.02.2012 von einem Zeugen beim Auslegen von Futter beobachtet worden. Sie habe Taubenfutter in großen Mengen ausgestreut und sich entfernt, ohne irgendwelche Anstalten gemacht zu haben, verletzte Tauben einfangen zu wollen. Dieses Verhalten sei für die Klägerin typisch. Sie entferne sich vom „Futterort“. Sie warte nicht, um angeblich verletzte Tauben einzufangen. Das kiloweise ausgestreute Futter sei von der Klägerin auch noch nie nach dem angeblichen Einfangen oder einem missglückten Einfangversuch von angeblich verletzten Tieren entfernt worden. Dies treffe auch auf das Verhalten der Klägerin am 03.04.2012 zu, als sie Futter für Tauben auf dem ... ausgestreut habe und von einem Zeugen wiedererkannt worden sei. Es spreche alles dafür, dass die Klägerin die Tauben nur aus falsch verstandener Taubenliebe füttere. Sie verkenne völlig, dass sie mit ihrem Tun den Tauben an sich nur schade und durch ihre Massenfütterungen Tauben zu Tode kämen. Die Klägerin unterlaufe mit ihren enormen Mengen von ausgelegtem Futter seit Jahren die Bemühungen der Beklagten, die Taubenpopulation auf einen stadtverträglichen Bestand zu reduzieren und zu halten. Maßgeblichen Einfluss auf die Größe eines Taubenbestandes habe das vorhandene Nahrungsangebot; das den Tauben im städtischen System zur Verfügung stehende Futterangebot sei der limitierende Faktor. Die Klägerin erhöhe mit ihrem uneinsichtigen Tun aktiv das vorhandene urbane Nahrungsangebot (Passivfütterung) mit der Folge, dass die Taubenschwärme, insbesondere im (damaligen) Wohnumfeld der Klägerin, weiter zunähmen. Aufgrund der ständig anwachsenden Taubenpopulation und der damit verbundenen Probleme sei im Jahre 2009 das Taubenschlagkonzept mit Gelegeentnahme vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen worden; dieses Konzept werde seither von der Beklagten umgesetzt. Ein wichtiger Faktor für den Erfolg dieses Konzepts sei die Reduzierung des Futterangebotes außerhalb der Schläge. Der Versuch der Klägerin, ihr permanentes und massives Auslegen von Taubenfutter zu legitimieren, indem sie behaupte, dies im Auftrag der Beklagten durchzuführen, entbehre jeder Grundlage.
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Das Taubenfütterungsverbot sehe keine Ausnahmen vor; ausgenommen hiervon seien lediglich die vom Tierschutzverein eingerichteten und betreuten Taubenschläge. Auch die angebliche Beauftragung der Klägerin durch eine „Tierschutzbeauftragte der Stadt ...“ entbehre jeder Grundlage. Eine solche Beauftragte sei bei der Beklagten nicht vorhanden. Die Polizeiverordnung der Beklagten zur Abwehr der von verwilderten Haustauben, Wildtauben, Enten und Schwänen ausgehenden Gesundheitsgefahren sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Es liege weder eine Verletzung der Gewissensfreiheit noch der allgemeinen Handlungsfreiheit vor. Die Polizeiverordnung verstoße auch nicht gegen den im Grundgesetz verankerten Tierschutz (Art. 20 a GG). Diese Norm gewähre nur ein „ethisches“ Mindestmaß im Umgang mit Tieren. Die Verwirklichung des Tierschutzes solle sichergestellt und ein „Rückschrittsverbot“ für den Tierschutz bewirkt werden. Solange sich die Größe der Taubenpopulation dem verringerten Nahrungsangebot noch nicht angepasst habe, sei ein Fütterungsverbot zwar auch mit Leiden für die Tauben verbunden, die sich in der Konkurrenz um das vorhandene Futter nicht durchsetzen könnten und deswegen mangels ausreichender Nahrung geschwächt würden und letztendlich verendeten. Diese Folge sei indes mit dem ethischen Mindestmaß im Umgang mit Tieren zu vereinbaren. Wissenschaftlich anerkannt sei, dass nur die dauerhafte und langfristige Verringerung des Nahrungsangebotes durch ein generelles Fütterungsverbot das erfolgversprechendste Verfahren darstelle, auch wenn seine Durchsetzung unter Praxisbedingungen auf Schwierigkeiten treffe. So bleibe die Passivfütterung insbesondere durch achtloses Wegwerfen von Nahrungsmittelresten weiterhin eine große Nahrungsquelle der Stadttauben, der nur durch eine Verbesserung der allgemeinen Sauberkeit der Straßen beizukommen sei. Dieses ungelöste Problem mache jedoch das explizite Fütterungsverbot nicht zu einem ungeeigneten Mittel. Die hier maßgebliche Polizeiverordnung der Beklagten sei daher weder veraltet noch unbrauchbar. Das Nahrungsangebot bilde in einem städtischen System den ökologischen Mindestfaktor und bestimme damit die Populationsgröße. Sinke das Nahrungsangebot dauerhaft, könnten die Tauben weniger oder keinen Nachwuchs aufziehen und die natürliche Mortalität nicht mehr kompensieren, was zu einem Rückgang des Bestandes führe. Bei regelmäßigen Fütterungen müssten die Tauben nur wenig Energie in die Nahrungssuche investieren und könnten sich uneingeschränkt ihrem Brutgeschäft widmen. Bei Wegfall der regelmäßigen Fütterung sei der Energiesatz umgekehrt. Die Klägerin irre, wenn sie behaupte, dass Tauben keinen großen Aktionsradius zur Futtersuche hätten. Eine in Basel im Jahre 2004 durchgeführte wissenschaftliche Studie an Tauben mit GPS-Geräten zeige, dass Tauben mehr als nur ein paar Hundert Meter fliegen könnten und sehr wohl in der Lage seien, die Stadt flexibel zu nutzen und auf Probleme der Nahrungsversorgung zu reagieren. Einige Tiere seien sogar mehrere Kilometer in die Landschaft hinausgeflogen, was auf eine starke Individualisierung der Ernährungsstrategien hinweise. Tauben hätten ein oder zwei Haupt-Fressplätze und bis zu 33 andere Plätze, die sie gelegentlich zum Fressen oder Ruhen aufsuchten. Im Gebiet der Beklagten gebe es schätzungsweise 20000 bis 30000 Straßentauben.
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Eine Taube erzeuge pro Jahr bis zu 12 kg Nasskot. Tauben würden nur in den Bereichen zu einem Problem, in denen sie in Massen auftreten. Taubenkot führe zu massiven Verschmutzungen auf Gehwegen, an Brutplätzen, Gebäuden, insbesondere Fenstersimsen und Balkongeländern. Diese dem Wohnraum von Menschen am nächsten gelegenen Verschmutzungen seien nicht nur ekelerregend, sondern könnten auch gesundheitsgefährdend sein. Hinzu kämen die den Tauben anhaftenden Ektoparasiten, die sich auch in den Nestern befänden. Aus Nestern in Fensternähe könnten nachts lästige und/oder gesundheitsgefährdende blutsaugende Milben in die Wohnräume eindringen und Menschen befallen; die Bisse erzeugten Juckreize und Hautrötungen, die bei prädisponierten Personen schwere Krankheitssymptome hervorrufen könnten. Ein aktueller Fall in ... zeige, dass dies keine graue Theorie sei; ein Mietshaus sei mit Taubenzecken befallen. Massenhafte Taubenvorkommen an bestimmten Brennpunkten der Stadt hätten zur Folge, dass Passanten, die solche Bereiche täglich durchqueren müssten, ständig dem Taubenkot auf den Gehwegen, dem Gefiederstaub mit Krankheitserregern, Kot, Staub und Parasiten der massenhaft auffliegenden Tauben ausgesetzt seien. Bei prädisponierten Menschen könnten dadurch schwere Allergien und sogar Lungenentzündungen durch Chlamydien ausgelöst werden. Diese Folgen seien wissenschaftlich belegt. Keine anderen Tiere kämen dem Menschen beim Durchqueren der Stadt so nahe wie Tauben. Taubenkot führe auch zu Schädigungen an Gebäuden, Statuen und Denkmälern. Eine direkte Schädigung von Stein und Beton durch Taubenkot entstehe durch mikrobiellen Abbau von organischen Säuren und Proteinen, deren Abbauprodukte kalkhaltiges Gestein angreife. Taubenkot sei aber vor allem ein idealer Nährboden für eine ganze Reihe von Schimmelpilzen. Die Myzelien könnten in kalkhaltiges Gestein eindringen und dieses durch die Ausscheidung von Säuren schädigen. Bei Blechen, etwa auf verzinktem Stahlblech, führe der Kot zur Fleckenbildung und stellenweise zur Zerstörung des Korrosionsschutzes.
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Die Beklagte hat gegen die Klägerin seit der Klageerhebung drei Bußgeldbescheide wegen verbotswidrigen Fütterns von Tauben erlassen: Bescheid vom 31.05.2012, rechtskräftig seit 21.06.2012 (Tattag: 03.04.2012, Tatort: ...); Bescheid vom 09.08.2013, rechtskräftig seit 29.08.2013 (Tattag: 10.05.2013, Tatort: ...); Bescheid vom 12.03.2014 (Tattag: 09.12.2013, Tatort: ...), noch nicht rechtskräftig (Abgabe an die Staatsanwaltschaft ... am 09.04.2014 nach Einspruch der Klägerin v. 27.03.2014).
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Die einschlägigen Akten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums ... liegen vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist zulässig. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 ist weder hinsichtlich der Grundverfügung (Nr. 1) noch bezüglich der Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) und der Gebührenfestsetzung (Nr. 4) bestandskräftig geworden. Soweit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das Gericht mit Beschluss vom 21.09.2011 (5 K 1905/11) bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung vertreten hat, die Klägerin habe mit ihrem Widerspruch vom 22.05.2011 nur die Zwangsgeldandrohung angefochten, weswegen die Grundverfügung - Untersagung der Taubenfütterung - bestandskräftig geworden sei, hält die Kammer nach vertiefter Prüfung im vorliegenden Klageverfahren hieran nicht fest. Die Klägerin thematisiert im Widerspruchsschreiben zwar sowohl im Betreff als auch im Eingangssatz lediglich die Zwangsgeldandrohung. Aus der Begründung des Widerspruchs ergibt sich jedoch in der erforderlichen Deutlichkeit, dass der wirkliche Wille der Klägerin sich darauf erstreckt, den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 auch hinsichtlich der untersagten Taubenfütterung im Widerspruchsverfahren zu überprüfen.
19 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums ... vom 10.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Die Beklagte hat der Klägerin generell für die Zukunft die Fütterung von Tauben untersagt. Es handelt sich daher um einen Dauerverwaltungsakt; zu jedem Zeitpunkt seiner Geltung müssen die rechtlichen Voraussetzungen für seinen Erlass weiterhin gegeben sein (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 3. Aufl., 2012, § 113 VwGO Rdnr. 40, § 35 VwVfG Rdnr. 63).
21 
Die verfügte Untersagung der Taubenfütterung beruht auf der polizeirechtlichen Generalklausel. Hiernach hat die Polizei die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dabei hat die Polizei zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen (§ 3 PolG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten der Beklagten als Ortspolizeibehörde und damit als zuständige Behörde (§ 62 Abs. 4, § 66 Abs. 2 PolG) wegen einer Störung der öffentlichen Sicherheit sind gegeben. Zur öffentlichen Sicherheit gehören sowohl die Individualrechtsgüter Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und Vermögen der Bürger, die Unverletzlichkeit des Staates, seiner Einrichtungen und Veranstaltungen als auch die objektive Rechtsordnung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101; Ruder/Schmitt, Polizeirecht Bad.-Württ., 7. Aufl., 2011, Rdnr. 230). Die öffentliche Sicherheit wird verletzt, weil die Klägerin gegen Vorschriften der Polizeiverordnung der Beklagten zur Abwehr der von verwilderten Haustauben, Wildtauben, Enten und Schwänen ausgehenden Gesundheitsgefahren (im Folgenden: PolVO) vom 06.03.1997 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 10.10.2002 verstößt. Nach § 1 Abs. 1 PolVO dürfen im Stadtgebiet der Beklagten verwilderte Haustauben und Wildtauben nicht gefüttert werden (Satz 1). Auch darf kein Futter, das zum Füttern von verwilderten Haustauben und Wildtauben bestimmt ist, ausgelegt werden (Satz 2). Futter für andere Vögel ist so auszulegen, dass es von verwilderten Haustauben und Wildtauben nicht erreicht werden kann (Satz 3).
22 
Die Polizeiverordnung der Beklagten, gegen deren formelle Rechtmäßigkeit weder von der Klägerin Einwendungen vorgebracht worden noch sonst ersichtlich sind, ist in den hier einschlägigen Bestimmungen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
23 
Die Polizeiverordnung ist nicht wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten. Sie tritt spätestens zwanzig Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft (§ 17 Abs. 1 PolG), also erst im Jahre 2017.
24 
Nach § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PolG darf eine Polizeiverordnung erlassen werden, wenn in typischen Fällen aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2200/08 -, VBlBW 2010, 29).
25 
Die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG wird nicht durch spezialgesetzliche Vorschriften, etwa des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20.07.2000 (BGBl. I, 1045), verdrängt. Eine Sperrwirkung für die lediglich subsidiäre Verordnungsermächtigung des allgemeinen Polizeirechts entfalten die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes nur, soweit eine Rechtsvorschrift allein den Zweck verfolgt, die Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG zu schützen. Dies ist hier nicht der Fall. Soweit das Taubenfütterungsverbot den Gesundheitsschutz im Auge hat, dient es auch der Verhinderung von Gesundheitsgefahren, die nicht von übertragbaren Krankheiten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ausgehen (vgl. dazu bereits zu den beiden früheren Polizeiverordnungen der Beklagten zum Taubenfütterungsverbot: OLG Stuttgart, Urt. v. 24.11.1965 - 1 Ss 496/65 -, BWVBl 1966, 46, zur PolVO v. 15.07.1964; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.07.1991 - 1 S 473/90 -, NVwZ-RR 1992, 19, zur PolVO v. 07.02.1977). Der hier maßgebenden Polizeiverordnung vom 06.03.1997 liegt wiederum wie bereits den früheren entsprechenden Verordnungen der Beklagten die Erwägung zugrunde, mit dem Taubenfütterungsverbot auch Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nicht von übertragbaren Krankheiten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ausgehen (vgl. die amtliche Begründung in der Anlage 1 zur GRDrs. 66/1997).
26 
Das Taubenfütterungsverbot bezweckt - neben anderen ergriffenen Maßnahmen - eine Verringerung des Bestands an Stadttauben und die Stabilisierung ihrer Anzahl auf einem niedrigeren Niveau. Dieses Ziel, das auch von Tierschutzorganisationen im Interesse der Verbesserung der Lebensbedingungen der Tauben durch Vermeidung des mit einer Überpopulation verbundenen Dichtestresses vielfach anerkannt wird (vgl. Elsner, Wege zur friedlichen Koexistenz - Konzept zur nachhaltigen Bestandskontrolle bei Stadttauben, Dt. Tierärzteblatt 2008, 1040; Informationsbroschüre „Stadttauben-Projekt ...“ - Eine Kooperation des Tierschutzvereins ... u. U. e. V., der Caritas ... e. V. sowie der Beklagten, Stand 2014), dient der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, VBlBW 2006, 103).
27 
Erklärtes Ziel der Verringerung des Bestandes der Stadttauben ist die Eindämmung der Verschmutzung insbesondere durch Taubenkot. Eine Taube verursacht pro Jahr 10 bis 12 kg Nasskot, was ca. 2,5 kg Trockenkot entspricht (vgl. Wohlfarth, Rechtsprobleme um die Stadttaube, DÖV 1993, 152, 153; Haag-Wackernagel, Das Straßentaubenproblem, in: Unterlagen zur Tagung Straßentauben - Probleme und Lösungen, 24.03.2006, Anatomisches Institut der Universität Basel, S. 3 ff., Blatt 95 der Akten der Beklagten). Hierdurch werden Schäden an Gebäuden verursacht; es entstehen auch Reinigungskosten. Das streitgegenständliche Verbot dient daher auch dem Schutz des Eigentums Privater und der öffentlichen Hand (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.05.1980 - 2 BvR 854/79 -, BVerfGE 54, 143, 147; BayVerfGH, Entscheidung v. 10.10.1979 - Vf. 33-VII-78 -, BayVBl. 1980, 114). Auch die Erhaltung und Verbesserung der Reinlichkeit des öffentlichen Raums fällt unter das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit (vgl. BayVerfGH, Entscheidung v. 09.11.2004 - Vf. 5-VII-03 -, BayVBl. 2005, 172). Die Verbesserung der Reinlichkeit dient auch dazu, Gefahren für die Gesundheit, die nicht vom Anwendungsbereich des Infektionsschutzgesetzes erfasst sind, entgegen zu wirken. Hierzu zählen - insbesondere bei immundefizienten Personengruppen wie Kindern, alten Menschen und Kranken - neben allergischen Reaktionen beim Einatmen von Feder- oder Kotstaub auch starke Gesundheitsbelastungen sowie Allergien, die durch von Tauben verbreitete Parasiten wie der Taubenzecke und der Vogelmilbe hervorgerufen werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O., m.w.N. zur tierärztlichen Literatur). Von diesen Gefahren ist nach wie vor auszugehen. Die nachgewiesenen humanpathogenen Krankheitserreger haben sich in den letzten Jahren sogar noch erhöht. Bis 2006 wurden 89 solcher Erreger nachgewiesen, davon sieben Viren, 32 Bakterien, 46 Pilze und vier Protozoen (vgl. Haag-Wackernagel, Das Straßentaubenproblem, a.a.O., S. 4; HessVGH, Urt. v. 01.09.2011 - 8 A 396/10 -, DVBl 2011, 1423). Im Jahr 2012 waren es bereits 111 verschiedene humanpathogene Krankheitserreger (vgl. Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, in: Dt. Veterinärmedizinische Gesellschaft e. V., 17. Internationale Fachtagung zum Thema Tierschutz am 12. und 13.03.2012 in Nürtingen, S. 278 ff., Blatt 94 der Akten der Beklagten).
28 
Das Taubenfütterungsverbot ist zur Regulierung der Taubenpopulation auch geeignet. Nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat das vorhandene Nahrungsangebot maßgeblichen Einfluss auf die Größe eines Taubenbestandes. Eine Verringerung des Nahrungsangebots führt zu einem Rückgang der Nachkommensrate über eine Reduktion der Brutpaare, die ihren Flugradius zur Nahrungsbeschaffung vergrößern müssen und wegen des dafür erhöhten Zeit- und Energieaufwands in geringerem Umfang brüten. Vor diesem Hintergrund ist nahezu allgemein anerkannt, dass die dauerhafte Verringerung des Nahrungsangebots durch ein generelles Fütterungsverbot das aus wissenschaftlicher Sicht erfolgversprechendste Verfahren darstellt, auch wenn seine Durchsetzung unter Praxisbedingungen auf Schwierigkeiten trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O., m.w.N.; Rose, Basler Taubenflüge, UNI NOVA 2004, 28, Blatt 96 a der Akten der Beklagten; Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, a.a.O., S. 286 f.). Im Übrigen beschränkt sich die Beklagte - anders als in früheren Jahren - nicht auf das Fütterungsverbot, sondern verfolgt zusammen mit dem örtlichen Tierschutzverein und der Caritas seit 2008 die Schaffung von Taubenschlägen, wovon bis 2013 sechs errichtet worden sind.
29 
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann gegen das Taubenfütterungsverbot nicht mit Erfolg das Gebot des Tierschutzes (Art. 20 a GG) eingewandt werden. Nach der seit dem 01.08.2002 geltenden Fassung dieser Norm durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 26.07.2002 (BGBl. I 2862) schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Staatszielbestimmung des Tierschutzes verleiht keine subjektiven Rechte (vgl. Scholz, in: Maunz-Dürig, GG, Stand: Dezember 2013, Art. 20 a Rdnr. 33). Mit der Einfügung des Tierschutzes in das Grundgesetz ist ein absoluter Schutz der Tiere nicht verbunden. Es soll nur ein „ethisches Mindestmaß“ sichergestellt werden, wonach die Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen sind. Dies gebietet, Leben und Wohlbefinden des Tieres zu schützen (§ 1 Satz 1 TierSchG), und fordert insbesondere, dass niemand einem Tier „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen darf (§ 1 Satz 2 TierSchG). Das Taubenfütterungsverbot wahrt die Mindestanforderungen des ethischen Tierschutzes. Zur Konkretisierung des tierschutzrechtlichen Grundanliegens, Tieren vermeidbare Leiden zu ersparen, ist darauf abzustellen, ob die Leiden nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch einen „vernünftigen Grund“ zu rechtfertigen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1978 - 1 BvL 14/77 -, BVerfGE 48, 376, 389; BVerwG, Beschl. v. 24.10.1997 - 3 BN 1/97 -, Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 10). Das ist hier angesichts der mit dem Taubenfütterungsverbot verfolgten Zwecke zu bejahen. Dies gilt auch in Bezug auf die Erforderlichkeit des Taubenfütterungsverbots für die angestrebte Bestandsreduzierung und -kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O.). Zwar beeinträchtigt das von der Beklagten seit einigen Jahren zusammen mit dem örtlichen Tierschutzverein und der Caritas begonnene Konzept von Taubenhäusern mit Gelegeaustausch und kontrollierter Fütterung das Schutzinteresse der Tiere weniger. Zur Überzeugung der Kammer verspricht es aber nicht den gleichen Erfolg. Angesichts der geschätzten Anzahl von 20000 bis 30000 Stadttauben in ... reichen die bis jetzt lediglich errichteten sechs Taubenschläge, in denen bis Ende 2013 6900 Eier ausgetauscht wurden (vgl. Informationsbroschüre „Stadttauben-Projekt ...“, a.a.O.), bei weitem nicht aus, um die Taubenpopulation zu reduzieren. Geht man von einer Kapazität von 100 Taubenplätze pro Taubenschlag aus (vgl. Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, a.a.O., S. 285), müssten in ... bis zu 300 Taubenschläge errichtet werden.
30 
Das in der Polizeiverordnung der Beklagten normierte Taubenfütterungsverbot verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Klägerin. Sie kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der in Art. 2 Abs. 1 GG normierten allgemeinen Handlungsfreiheit berufen. Das zur Bestandsregulierung von Stadttauben geeignete Fütterungsverbot stellt nur einen sehr begrenzten Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre dar, der durch das überwiegende Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt wird. Es ist Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, die die grundrechtliche Freiheit beschränkt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O.). Der Klägerin steht ferner nicht das Grundrecht der Gewissensfreiheit zur Seite (Art. 4 Abs. 1 GG). Die individuelle Überzeugung ist nicht Maßstab der Gültigkeit genereller Normen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.04.1984 - 1 BvL 43/81 -, BVerfGE 67, 26, 37). Die Klägerin ist bezüglich ihres Gewissenskonflikts auf Alternativen zu ihrem bisherigen Verhalten zu verweisen. So könnte sie sich etwa in die Betreuung von Taubenschlägen im Rahmen des ... Stadttauben-Projekts einbringen.
31 
Das der Beklagten nach den §§ 1 und 3 PolG eingeräumte Ermessen wurde rechtsfehlerfrei ausgeübt. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegen in den persönlichen Verhältnissen der Klägerin, auch unter Berücksichtigung ihres Umzugs im August 2013 vom bisherigen Wohngebiet am ... in die ... Innenstadt, keine veränderten Umstände vor, die Anlass zu ergänzenden Ermessenserwägungen oder einer anderen Gewichtung der widerstreitenden Belange geben würden. Seit der Klageerhebung hat die Beklagte gegen die Klägerin wegen Verstößen gegen das Taubenfütterungsverbot am 03.04.2012 und 10.05.2013 zwei inzwischen rechtskräftige Bußgeldbescheide erlassen (v. 31.05.2012 u. 09.08.2013). Tatort der Tat vom 03.04.2012 war nicht ein Bereich im Umfeld des ..., sondern der ... Soweit die Beklagte wegen eines erneuten Verstoßes gegen das Fütterungsverbot am 09.12.2013 mit Bescheid vom 12.03.2014 ein weiteres Bußgeld gegen die Klägerin verhängt hat, ist dieser Bescheid noch nicht rechtskräftig. Schließlich widerspiegeln auch die Äußerungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer, dass sie eine „unverbesserliche“ Taubenfüttererin ist. Soweit sie vorgibt, Tauben nur gefüttert zu haben, um kranke Tauben einfangen zu können, widersprechen dem die Feststellungen der Beklagten, wonach etwa am 10.03.2011 von der Klägerin Körnerfutter in großen Mengen ausgestreut wurde.
32 
Gegen die weiteren Regelungen im Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 - Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von jeweils 150,00 EUR und Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,00 EUR - sind Rechtsfehler von der Klägerin weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Bezüglich der Zwangsgeldandrohung wird ergänzend auf die Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 21.09.2011 (5 K 1905/11) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verwiesen.
33 
Die von der Klage wegen des Anfechtungsverbundes (§ 24 Satz 2 LGebG) auch erfasste Gebühr im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.01.2012 in Höhe von 100,00 EUR - hiergegen hat die Klägerin auch nichts eingewandt - begegnet gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Gründe

 
18 
Die Klage ist zulässig. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 ist weder hinsichtlich der Grundverfügung (Nr. 1) noch bezüglich der Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) und der Gebührenfestsetzung (Nr. 4) bestandskräftig geworden. Soweit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das Gericht mit Beschluss vom 21.09.2011 (5 K 1905/11) bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Auffassung vertreten hat, die Klägerin habe mit ihrem Widerspruch vom 22.05.2011 nur die Zwangsgeldandrohung angefochten, weswegen die Grundverfügung - Untersagung der Taubenfütterung - bestandskräftig geworden sei, hält die Kammer nach vertiefter Prüfung im vorliegenden Klageverfahren hieran nicht fest. Die Klägerin thematisiert im Widerspruchsschreiben zwar sowohl im Betreff als auch im Eingangssatz lediglich die Zwangsgeldandrohung. Aus der Begründung des Widerspruchs ergibt sich jedoch in der erforderlichen Deutlichkeit, dass der wirkliche Wille der Klägerin sich darauf erstreckt, den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 auch hinsichtlich der untersagten Taubenfütterung im Widerspruchsverfahren zu überprüfen.
19 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums ... vom 10.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Die Beklagte hat der Klägerin generell für die Zukunft die Fütterung von Tauben untersagt. Es handelt sich daher um einen Dauerverwaltungsakt; zu jedem Zeitpunkt seiner Geltung müssen die rechtlichen Voraussetzungen für seinen Erlass weiterhin gegeben sein (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 3. Aufl., 2012, § 113 VwGO Rdnr. 40, § 35 VwVfG Rdnr. 63).
21 
Die verfügte Untersagung der Taubenfütterung beruht auf der polizeirechtlichen Generalklausel. Hiernach hat die Polizei die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PolG). Dabei hat die Polizei zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen (§ 3 PolG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten der Beklagten als Ortspolizeibehörde und damit als zuständige Behörde (§ 62 Abs. 4, § 66 Abs. 2 PolG) wegen einer Störung der öffentlichen Sicherheit sind gegeben. Zur öffentlichen Sicherheit gehören sowohl die Individualrechtsgüter Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und Vermögen der Bürger, die Unverletzlichkeit des Staates, seiner Einrichtungen und Veranstaltungen als auch die objektive Rechtsordnung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101; Ruder/Schmitt, Polizeirecht Bad.-Württ., 7. Aufl., 2011, Rdnr. 230). Die öffentliche Sicherheit wird verletzt, weil die Klägerin gegen Vorschriften der Polizeiverordnung der Beklagten zur Abwehr der von verwilderten Haustauben, Wildtauben, Enten und Schwänen ausgehenden Gesundheitsgefahren (im Folgenden: PolVO) vom 06.03.1997 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 10.10.2002 verstößt. Nach § 1 Abs. 1 PolVO dürfen im Stadtgebiet der Beklagten verwilderte Haustauben und Wildtauben nicht gefüttert werden (Satz 1). Auch darf kein Futter, das zum Füttern von verwilderten Haustauben und Wildtauben bestimmt ist, ausgelegt werden (Satz 2). Futter für andere Vögel ist so auszulegen, dass es von verwilderten Haustauben und Wildtauben nicht erreicht werden kann (Satz 3).
22 
Die Polizeiverordnung der Beklagten, gegen deren formelle Rechtmäßigkeit weder von der Klägerin Einwendungen vorgebracht worden noch sonst ersichtlich sind, ist in den hier einschlägigen Bestimmungen auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
23 
Die Polizeiverordnung ist nicht wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten. Sie tritt spätestens zwanzig Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft (§ 17 Abs. 1 PolG), also erst im Jahre 2017.
24 
Nach § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PolG darf eine Polizeiverordnung erlassen werden, wenn in typischen Fällen aus bestimmten Arten von Handlungen oder Zuständen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung entstehen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.07.2009 - 1 S 2200/08 -, VBlBW 2010, 29).
25 
Die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG wird nicht durch spezialgesetzliche Vorschriften, etwa des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20.07.2000 (BGBl. I, 1045), verdrängt. Eine Sperrwirkung für die lediglich subsidiäre Verordnungsermächtigung des allgemeinen Polizeirechts entfalten die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes nur, soweit eine Rechtsvorschrift allein den Zweck verfolgt, die Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG zu schützen. Dies ist hier nicht der Fall. Soweit das Taubenfütterungsverbot den Gesundheitsschutz im Auge hat, dient es auch der Verhinderung von Gesundheitsgefahren, die nicht von übertragbaren Krankheiten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ausgehen (vgl. dazu bereits zu den beiden früheren Polizeiverordnungen der Beklagten zum Taubenfütterungsverbot: OLG Stuttgart, Urt. v. 24.11.1965 - 1 Ss 496/65 -, BWVBl 1966, 46, zur PolVO v. 15.07.1964; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.07.1991 - 1 S 473/90 -, NVwZ-RR 1992, 19, zur PolVO v. 07.02.1977). Der hier maßgebenden Polizeiverordnung vom 06.03.1997 liegt wiederum wie bereits den früheren entsprechenden Verordnungen der Beklagten die Erwägung zugrunde, mit dem Taubenfütterungsverbot auch Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nicht von übertragbaren Krankheiten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ausgehen (vgl. die amtliche Begründung in der Anlage 1 zur GRDrs. 66/1997).
26 
Das Taubenfütterungsverbot bezweckt - neben anderen ergriffenen Maßnahmen - eine Verringerung des Bestands an Stadttauben und die Stabilisierung ihrer Anzahl auf einem niedrigeren Niveau. Dieses Ziel, das auch von Tierschutzorganisationen im Interesse der Verbesserung der Lebensbedingungen der Tauben durch Vermeidung des mit einer Überpopulation verbundenen Dichtestresses vielfach anerkannt wird (vgl. Elsner, Wege zur friedlichen Koexistenz - Konzept zur nachhaltigen Bestandskontrolle bei Stadttauben, Dt. Tierärzteblatt 2008, 1040; Informationsbroschüre „Stadttauben-Projekt ...“ - Eine Kooperation des Tierschutzvereins ... u. U. e. V., der Caritas ... e. V. sowie der Beklagten, Stand 2014), dient der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, VBlBW 2006, 103).
27 
Erklärtes Ziel der Verringerung des Bestandes der Stadttauben ist die Eindämmung der Verschmutzung insbesondere durch Taubenkot. Eine Taube verursacht pro Jahr 10 bis 12 kg Nasskot, was ca. 2,5 kg Trockenkot entspricht (vgl. Wohlfarth, Rechtsprobleme um die Stadttaube, DÖV 1993, 152, 153; Haag-Wackernagel, Das Straßentaubenproblem, in: Unterlagen zur Tagung Straßentauben - Probleme und Lösungen, 24.03.2006, Anatomisches Institut der Universität Basel, S. 3 ff., Blatt 95 der Akten der Beklagten). Hierdurch werden Schäden an Gebäuden verursacht; es entstehen auch Reinigungskosten. Das streitgegenständliche Verbot dient daher auch dem Schutz des Eigentums Privater und der öffentlichen Hand (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.05.1980 - 2 BvR 854/79 -, BVerfGE 54, 143, 147; BayVerfGH, Entscheidung v. 10.10.1979 - Vf. 33-VII-78 -, BayVBl. 1980, 114). Auch die Erhaltung und Verbesserung der Reinlichkeit des öffentlichen Raums fällt unter das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit (vgl. BayVerfGH, Entscheidung v. 09.11.2004 - Vf. 5-VII-03 -, BayVBl. 2005, 172). Die Verbesserung der Reinlichkeit dient auch dazu, Gefahren für die Gesundheit, die nicht vom Anwendungsbereich des Infektionsschutzgesetzes erfasst sind, entgegen zu wirken. Hierzu zählen - insbesondere bei immundefizienten Personengruppen wie Kindern, alten Menschen und Kranken - neben allergischen Reaktionen beim Einatmen von Feder- oder Kotstaub auch starke Gesundheitsbelastungen sowie Allergien, die durch von Tauben verbreitete Parasiten wie der Taubenzecke und der Vogelmilbe hervorgerufen werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O., m.w.N. zur tierärztlichen Literatur). Von diesen Gefahren ist nach wie vor auszugehen. Die nachgewiesenen humanpathogenen Krankheitserreger haben sich in den letzten Jahren sogar noch erhöht. Bis 2006 wurden 89 solcher Erreger nachgewiesen, davon sieben Viren, 32 Bakterien, 46 Pilze und vier Protozoen (vgl. Haag-Wackernagel, Das Straßentaubenproblem, a.a.O., S. 4; HessVGH, Urt. v. 01.09.2011 - 8 A 396/10 -, DVBl 2011, 1423). Im Jahr 2012 waren es bereits 111 verschiedene humanpathogene Krankheitserreger (vgl. Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, in: Dt. Veterinärmedizinische Gesellschaft e. V., 17. Internationale Fachtagung zum Thema Tierschutz am 12. und 13.03.2012 in Nürtingen, S. 278 ff., Blatt 94 der Akten der Beklagten).
28 
Das Taubenfütterungsverbot ist zur Regulierung der Taubenpopulation auch geeignet. Nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat das vorhandene Nahrungsangebot maßgeblichen Einfluss auf die Größe eines Taubenbestandes. Eine Verringerung des Nahrungsangebots führt zu einem Rückgang der Nachkommensrate über eine Reduktion der Brutpaare, die ihren Flugradius zur Nahrungsbeschaffung vergrößern müssen und wegen des dafür erhöhten Zeit- und Energieaufwands in geringerem Umfang brüten. Vor diesem Hintergrund ist nahezu allgemein anerkannt, dass die dauerhafte Verringerung des Nahrungsangebots durch ein generelles Fütterungsverbot das aus wissenschaftlicher Sicht erfolgversprechendste Verfahren darstellt, auch wenn seine Durchsetzung unter Praxisbedingungen auf Schwierigkeiten trifft (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O., m.w.N.; Rose, Basler Taubenflüge, UNI NOVA 2004, 28, Blatt 96 a der Akten der Beklagten; Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, a.a.O., S. 286 f.). Im Übrigen beschränkt sich die Beklagte - anders als in früheren Jahren - nicht auf das Fütterungsverbot, sondern verfolgt zusammen mit dem örtlichen Tierschutzverein und der Caritas seit 2008 die Schaffung von Taubenschlägen, wovon bis 2013 sechs errichtet worden sind.
29 
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann gegen das Taubenfütterungsverbot nicht mit Erfolg das Gebot des Tierschutzes (Art. 20 a GG) eingewandt werden. Nach der seit dem 01.08.2002 geltenden Fassung dieser Norm durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 26.07.2002 (BGBl. I 2862) schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Staatszielbestimmung des Tierschutzes verleiht keine subjektiven Rechte (vgl. Scholz, in: Maunz-Dürig, GG, Stand: Dezember 2013, Art. 20 a Rdnr. 33). Mit der Einfügung des Tierschutzes in das Grundgesetz ist ein absoluter Schutz der Tiere nicht verbunden. Es soll nur ein „ethisches Mindestmaß“ sichergestellt werden, wonach die Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen sind. Dies gebietet, Leben und Wohlbefinden des Tieres zu schützen (§ 1 Satz 1 TierSchG), und fordert insbesondere, dass niemand einem Tier „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen darf (§ 1 Satz 2 TierSchG). Das Taubenfütterungsverbot wahrt die Mindestanforderungen des ethischen Tierschutzes. Zur Konkretisierung des tierschutzrechtlichen Grundanliegens, Tieren vermeidbare Leiden zu ersparen, ist darauf abzustellen, ob die Leiden nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch einen „vernünftigen Grund“ zu rechtfertigen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1978 - 1 BvL 14/77 -, BVerfGE 48, 376, 389; BVerwG, Beschl. v. 24.10.1997 - 3 BN 1/97 -, Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 10). Das ist hier angesichts der mit dem Taubenfütterungsverbot verfolgten Zwecke zu bejahen. Dies gilt auch in Bezug auf die Erforderlichkeit des Taubenfütterungsverbots für die angestrebte Bestandsreduzierung und -kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O.). Zwar beeinträchtigt das von der Beklagten seit einigen Jahren zusammen mit dem örtlichen Tierschutzverein und der Caritas begonnene Konzept von Taubenhäusern mit Gelegeaustausch und kontrollierter Fütterung das Schutzinteresse der Tiere weniger. Zur Überzeugung der Kammer verspricht es aber nicht den gleichen Erfolg. Angesichts der geschätzten Anzahl von 20000 bis 30000 Stadttauben in ... reichen die bis jetzt lediglich errichteten sechs Taubenschläge, in denen bis Ende 2013 6900 Eier ausgetauscht wurden (vgl. Informationsbroschüre „Stadttauben-Projekt ...“, a.a.O.), bei weitem nicht aus, um die Taubenpopulation zu reduzieren. Geht man von einer Kapazität von 100 Taubenplätze pro Taubenschlag aus (vgl. Haag-Wackernagel, Das Taubenproblem und Wege zu seiner Lösung, a.a.O., S. 285), müssten in ... bis zu 300 Taubenschläge errichtet werden.
30 
Das in der Polizeiverordnung der Beklagten normierte Taubenfütterungsverbot verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Klägerin. Sie kann sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der in Art. 2 Abs. 1 GG normierten allgemeinen Handlungsfreiheit berufen. Das zur Bestandsregulierung von Stadttauben geeignete Fütterungsverbot stellt nur einen sehr begrenzten Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre dar, der durch das überwiegende Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt wird. Es ist Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, die die grundrechtliche Freiheit beschränkt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005 - 1 S 261/05 -, a.a.O.). Der Klägerin steht ferner nicht das Grundrecht der Gewissensfreiheit zur Seite (Art. 4 Abs. 1 GG). Die individuelle Überzeugung ist nicht Maßstab der Gültigkeit genereller Normen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.04.1984 - 1 BvL 43/81 -, BVerfGE 67, 26, 37). Die Klägerin ist bezüglich ihres Gewissenskonflikts auf Alternativen zu ihrem bisherigen Verhalten zu verweisen. So könnte sie sich etwa in die Betreuung von Taubenschlägen im Rahmen des ... Stadttauben-Projekts einbringen.
31 
Das der Beklagten nach den §§ 1 und 3 PolG eingeräumte Ermessen wurde rechtsfehlerfrei ausgeübt. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung liegen in den persönlichen Verhältnissen der Klägerin, auch unter Berücksichtigung ihres Umzugs im August 2013 vom bisherigen Wohngebiet am ... in die ... Innenstadt, keine veränderten Umstände vor, die Anlass zu ergänzenden Ermessenserwägungen oder einer anderen Gewichtung der widerstreitenden Belange geben würden. Seit der Klageerhebung hat die Beklagte gegen die Klägerin wegen Verstößen gegen das Taubenfütterungsverbot am 03.04.2012 und 10.05.2013 zwei inzwischen rechtskräftige Bußgeldbescheide erlassen (v. 31.05.2012 u. 09.08.2013). Tatort der Tat vom 03.04.2012 war nicht ein Bereich im Umfeld des ..., sondern der ... Soweit die Beklagte wegen eines erneuten Verstoßes gegen das Fütterungsverbot am 09.12.2013 mit Bescheid vom 12.03.2014 ein weiteres Bußgeld gegen die Klägerin verhängt hat, ist dieser Bescheid noch nicht rechtskräftig. Schließlich widerspiegeln auch die Äußerungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer, dass sie eine „unverbesserliche“ Taubenfüttererin ist. Soweit sie vorgibt, Tauben nur gefüttert zu haben, um kranke Tauben einfangen zu können, widersprechen dem die Feststellungen der Beklagten, wonach etwa am 10.03.2011 von der Klägerin Körnerfutter in großen Mengen ausgestreut wurde.
32 
Gegen die weiteren Regelungen im Bescheid der Beklagten vom 13.04.2011 - Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von jeweils 150,00 EUR und Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 110,00 EUR - sind Rechtsfehler von der Klägerin weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Bezüglich der Zwangsgeldandrohung wird ergänzend auf die Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 21.09.2011 (5 K 1905/11) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verwiesen.
33 
Die von der Klage wegen des Anfechtungsverbundes (§ 24 Satz 2 LGebG) auch erfasste Gebühr im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.01.2012 in Höhe von 100,00 EUR - hiergegen hat die Klägerin auch nichts eingewandt - begegnet gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Tierschutzgesetz - TierSchG | § 1


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Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 2 Begriffsbestimmungen


Im Sinne dieses Gesetzes ist1.Krankheitserregerein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann,2.Infekti

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juli 2009 - 1 S 2200/08

bei uns veröffentlicht am 28.07.2009

Tenor § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
16 
Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
17 
Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
23 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Krankheitserregerein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann,
2.
Infektiondie Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus,
3.
übertragbare Krankheiteine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit,
3a.
bedrohliche übertragbare Krankheiteine übertragbare Krankheit, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann,
4.
Krankereine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist,
5.
Krankheitsverdächtigereine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen,
6.
Ausscheidereine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein,
7.
Ansteckungsverdächtigereine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein,
8.
nosokomiale Infektioneine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand,
9.
Schutzimpfungdie Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen,
10.
andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxedie Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten,
11.
Impfschadendie gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde,
12.
Gesundheitsschädlingein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können,
13.
Sentinel-Erhebungeine epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und der Immunität gegen bestimmte übertragbare Krankheiten in ausgewählten Bevölkerungsgruppen,
14.
Gesundheitsamtdie nach Landesrecht für die Durchführung dieses Gesetzes bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde,
15.
Einrichtung oder Unternehmeneine juristische Person, eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, in deren unmittelbarem Verantwortungsbereich natürliche Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden,
15a.
Leitung der Einrichtung
a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich einer Einrichtung durch diese mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind,
b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder
c)
sofern die Einrichtung von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
15b.
Leitung des Unternehmens
a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens durch dieses mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind,
b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder
c)
sofern das Unternehmen von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
16.
personenbezogene AngabeName und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse,
17.
Risikogebietein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde; die Einstufung als Risikogebiet erfolgt erst mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung der Feststellung durch das Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/risikogebiete.

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Antragsgegnerin zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 (im Folgenden: PolVO), mit dem ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverbot im öffentlichen Straßenraum der Freiburger Innenstadt („Bermuda-Dreieck“) angeordnet worden ist.
Am 22.07.2008 erließ die Antragsgegnerin mit Zustimmung des Gemeinderats die bis zum 31.07.2010 befristete Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum. Zuvor hatte sie bereits am 23.12.2007 - damals noch unter Einbeziehung eines weiteren Bereichs im Industriegebiet Nord - eine auf sieben Monate befristete Polizeiverordnung gleichen Wortlauts erlassen, die - wie vorgesehen - am 31.07.2008 außer Kraft trat und durch die nunmehr angegriffene Polizeiverordnung abgelöst wurde. Die derzeit gültige Verordnung hat in dem hier angegriffenen Umfang folgenden Wortlaut:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Diese Polizeiverordnung gilt für das Gebiet der Innenstadt, begrenzt durch die Bertoldstraße, den Platz der Alten Synagoge, den Platz der Universität, das westlich der Humboldtstraße gelegene Verbindungsstück zur Humboldtstraße, die Humboldtstraße und die Kaiser-Joseph-Straße bis zum Bertoldsbrunnen.
Die genannten Straßen zählen noch zum Geltungsbereich der Verordnung.
(2) Der beigefügte Lageplan vom 28.05.2008 ist Bestandteil dieser Polizeiverordnung.
§ 2
Alkoholverbot
(1) Im Geltungsbereich der Verordnung ist es auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen verboten
- alkoholische Getränke jeglicher Art zu konsumieren
- alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen.
10 
(2) Dieses Verbot gilt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag, Sonntag auf Montag jeweils von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Gleiches gilt für die Zeit von 00:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens an einem gesetzlichen Feiertag und die zwei Stunden davor (d. h. von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr).
11 
Gemäß § 4 Abs. 1 PolVO kann ein Verstoß gegen dieses Verbot als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
12 
Die angegriffene Polizeiverordnung wurde vorab als Notbekanntmachung in der Badischen Zeitung vom 31.07.2008 und am 02.08.2008 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht.
13 
Nach der Beschlussvorlage vom 07.07.2008 (Drucksache G-08/148), die auf die Beschlussvorlage der Vorläuferfassung (G-07/185) Bezug nimmt, soll das in zeitlicher und räumlicher Hinsicht begrenzte Alkoholverbot die körperliche Unversehrtheit schützen. Eine abstrakte Gefahr im Sinne von § 10 PolG liege vor. Die auch beim Schutz hochrangiger Güter erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts als Folge des Alkoholkonsums sei gegeben. Es bestehe ein Wirkungszusammenhang; Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein Ort überproportional hoher Gewaltkriminalität und starken Alkoholkonsums im öffentlichen Raum. Insbesondere junge Leute träfen sich dort zunächst zum sog. „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen und Diskotheken bereits alkoholisiert aufzusuchen. Aus alldem folge, dass der Konsum von mitgebrachtem Alkohol im „Bermuda-Dreieck“ nach den Erfahrungen der Polizei zumindest mitursächlich für die Begehung von Körperverletzungsdelikten sei. Das Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich aus der seit Einführung der Regelung um 16 % gesunkenen Gewaltkriminalität. Gleich geeignete Mittel seien nicht ersichtlich. Mit Blick auf die zeitliche und räumliche Beschränkung sowie die Befristung des Verbots sei der Freiheitseingriff zu Gunsten des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit angemessen.
14 
Bestandteil der Beschlussvorlage war die Studie der Polizeidirektion Freiburg 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“.
15 
Der 1982 geborene Antragsteller ist Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen (akj) sowie Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie; sein Büro befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs der Polizeiverordnung.
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Am 11.08.2008 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet, zu dessen Begründung er vorträgt:
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Seine Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass er in seiner Freizeit, insbesondere auch an den Wochenenden, regelmäßiger Besucher von Plätzen innerhalb des von der Polizeiverordnung umfassten sog. „Bermuda-Dreiecks“ sei, wo er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss niederlasse. Die Polizeiverordnung sei materiell rechtswidrig. Die angegriffene Regelung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 PolG gedeckt. Diese setze voraus, dass eine Störung oder abstrakte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 10 Abs. 1 und § 1 Abs. 1 PolG vorliege. Dies sei jedoch nicht der Fall. Dass Alkoholisierung, wie in der Studie dargelegt, „zumindest mitursächlich“ für Gewalt sein könne, sei nicht ausreichend, um eine abstrakte Gefährlichkeit des Alkoholgenusses, geschweige denn des Mitführens von alkoholischen Getränken in Konsumabsicht, zu belegen. Der Nachweis, dass durch Alkoholkonsum im Regelfall abstrakte Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung einträten, sei bislang nicht erbracht worden. Auch im „Bermuda-Dreieck“ stellten Gewalttaten nicht die Regel-Folge von öffentlichem Alkoholkonsum dar. Menschliche Gewalttaten entstünden unter komplexen Umständen und seien nicht linear auf Alkoholisierung zurückzuführen. Bei den Erhebungen der Polizeidirektion handle es sich um statistisch nicht belastbares Zahlenmaterial. Für die vorgelagerte Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld biete § 10 Abs. 1 PolG keine gesetzliche Grundlage. Die angegriffene Regelung verstoße schließlich gegen das Bestimmtheitsgebot. Dies gelte insbesondere für die Formulierung, aus den „konkreten Umständen“ müsse die „Absicht“ erkennbar sein, alkoholische Getränke zu konsumieren. Überdies sei sie unverhältnismäßig und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
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Der Antragsteller beantragt,
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§ 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg i. Br. zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22. Juli 2008 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
22 
Sie trägt vor: Die angegriffenen Bestimmungen der Polizeiverordnung seien durch die Ermächtigungsgrundlage des Polizeigesetzes (§ 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1) gedeckt. Es liege eine abstrakte Gefahr - und nicht lediglich ein Gefahrenverdacht - vor. Die angegriffene Regelung sei Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts. Der Konsum mitgebrachten Alkohols führe nach den vollzugspolizeilichen Erfahrungen zwar nicht überall in der Innenstadt, sehr wohl aber im Geltungsbereich der Verordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der körperlichen Unversehrtheit. Insoweit lasse sich im „Bermuda-Dreieck“ aufgrund der konkreten Umstände eine in tatsächlicher Hinsicht hinreichend gesicherte Gefahrenprognose treffen. Auch wenn Alkohol - jedenfalls bei der Durchschnittsbevölkerung - nicht grundsätzlich zur Begehung von Gewaltdelikten führe, so gelte dies nach der polizeilichen Untersuchung nicht für den Bereich des „Bermuda-Dreiecks“. Der weit überwiegende Teil der sich dort aufhaltenden jungen Personen habe bereits deutlich vor Mitternacht erhebliche Mengen an Alkohol zu sich genommen. Der weitere unkontrollierte Konsum des mitgeführten Alkohols im Zusammenwirken mit gruppendynamischen Begleitfaktoren (Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle, vermeintliche Provokationen) sei unmittelbar ursächlich für die Gewaltausschreitungen und bewirke damit eine Überschreitung der Gefahrenschwelle. Die angegriffenen Normen verstießen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Das Bestimmtheitsgebot sei gewahrt. Insbesondere sei der Begriff „Absicht“ in seiner gefestigten dogmatischen Bedeutung unproblematisch bestimmbar als zielgerichteter Wille. Die Besorgnis des Antragstellers, die Formulierung könne zur willkürlichen Handhabung Anlass geben, sei nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Anwendungserfahrungen hätten die diesbezüglichen Zweifel des Antragstellers nicht bestätigt. Die angegriffene Regelung stelle eine verhältnismäßige Einschränkung der bürgerlichen Freiheitsrechte dar. Sie sei ein geeignetes Mittel, den aufgezeigten Gefahren für die körperliche Unversehrtheit zu begegnen, und sie sei insoweit erforderlich. Das in zeitlicher und örtlicher Hinsicht beschränkte Alkoholverbot sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Hierbei sei zu würdigen, dass das Verbot auf lediglich zwei Jahre begrenzt sei, ein Zeitraum, der zum Anlass genommen werden solle, die weitere Entwicklung des Gewaltgeschehens zu beobachten und - soweit möglich - auch statistisch zu bewerten. Schließlich bedeute die Differenzierung zum zulässigen Alkoholgenuss in Freischankflächen keine willkürliche Ungleichbehandlung.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
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1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
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2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
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Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
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Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
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Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
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Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
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Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
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Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
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Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Der Antrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
25 
1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr ist gewahrt.
26 
Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Antragsbefugnis wird nach dieser Regelung jeder natürlichen oder juristischen Person eingeräumt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Polizeiverordnung oder der auf sie gestützte Vollzugsakt an den Antragsteller adressiert ist, d.h. für diesen ein polizeiliches Verbot oder Gebot statuiert (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage, 2007, RdNr. 633). Dies ist hier der Fall. Der 1982 geborene Antragsteller ist Promotionsstudent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Staatswissenschaft und Rechtsphilosophie sein Büro innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung. In seiner Freizeit, insbesondere auch in den späten Abendstunden an Wochenenden, ist er nach seinen eigenen Angaben regelmäßiger Besucher der im sog. „Bermuda-Dreieck“ gelegenen Plätze, auf denen er sich auch zum - nicht an einen Gastronomiebesuch gebundenen - Alkoholgenuss aufhält. Er wird dabei in dem von der Polizeiverordnung zeitlich umfassten Umfang mit dem Alkoholverbot konfrontiert und kann daher, ungeachtet des übergreifenden Anliegens, das er als Mitglied des Arbeitskreises kritischer Juristen und Juristinnen offensichtlich verfolgt, geltend machen, in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen zu sein.
27 
2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des § 2 i.V.m. § 1 der Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum vom 22.07.2008 - PolVO - ist zwar ordnungsgemäß zustande gekommen (2.1) und verstößt auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot (2.2). Sie ist jedoch nicht durch die polizeiliche Generalermächtigung in § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 PolG gedeckt, weil sie nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Gefahrenvorsorge dient (2.3).
28 
2.1. Formelle Bedenken gegen die Polizeiverordnung der Antragsgegnerin sind weder geltend gemacht, noch ersichtlich. Die Polizeiverordnung ist mit der erforderlichen Zustimmung des Gemeinderates der Antragsgegnerin erlassen (§ 15 Abs. 2 PolG) und der Rechtsaufsichtsbehörde vorgelegt worden (§ 16 Abs. 1 PolG). Die Formerfordernisse des § 12 Abs. 1 und 2 PolG sind gewahrt. Eine ordnungsgemäße Verkündung durch öffentliche Bekanntmachung sowohl in der Badischen Zeitung als auch im Amtsblatt der Antragsgegnerin liegt ebenfalls vor.
29 
2.2 Auch genügt die Regelung entgegen der Auffassung des Antragstellers dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die darin verwendeten Begriffe und Tatbestandsmerkmale sind hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar.
30 
Das aus dem Rechtsstaatsgebot abzuleitende Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit der Norm fordert vom Normgeber, seine Regelungen so genau zu fassen, dass der Betroffene die Rechtslage, d.h. Inhalt und Grenzen von Gebots- oder Verbotsnormen, in zumutbarer Weise erkennen und sein Verhalten danach einrichten kann. Der Normgeber darf dabei grundsätzlich auch auf unbestimmte Rechtsbegriffe zurückgreifen, wenn die Kennzeichnung der Normtatbestände mit beschreibenden Merkmalen nicht möglich ist. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm steht ihrer Bestimmtheit nicht entgegen; allerdings müssen sich dann aus Wortlaut, Zweck und Zusammenhang der Regelung objektive Kriterien gewinnen lassen, die einen verlässlichen, an begrenzende Handlungsmaßstäbe gebundenen Vollzug der Norm gewährleisten. Die Erkennbarkeit der Rechtslage durch den Betroffenen darf hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt sein und die Gerichte müssen in der Lage bleiben, den Regelungsinhalt mit den anerkannten Auslegungsregeln zu konkretisieren. Je intensiver dabei eine Regelung auf die Rechtsposition des Normadressaten wirkt, desto höher sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 <375 f.> sowie Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f. m.w.N. und Normenkontrollbeschluss des Senats vom 29.04.1983 - 1 S 1/83 -, VBlBW 1983, 302 f.).
31 
Diesen Anforderungen wird die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Polizeiverordnung gerecht, auch soweit sie nicht lediglich den Alkoholkonsum, sondern darüber hinaus verbietet, „alkoholische Getränke jeglicher Art mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese im Geltungsbereich der Verordnung konsumieren zu wollen“. Für den Betroffenen erkennbar nicht erfasst wird durch die Verbotsnorm das einfache Durchqueren der zum Geltungsbereich der Verordnung gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort konsumieren zu wollen. Auch das Verweilen mit mitgeführtem Alkohol ohne Konsumabsicht unterfällt nicht dem § 2 Abs. 1 PolVO. Verboten ist dagegen das Mitsichführen von alkoholischen Getränken, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese an Ort und Stelle zu konsumieren. Die Bezugnahme auf eine Absicht des Handelnden widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot, wie insbesondere die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts zeigen, die ein Handeln dann unter Strafe stellen, wenn es in einer bestimmten - oft nur anhand von Indizien - feststellbaren Absicht geschieht. Da konkrete äußere Umstände (wie mitgebrachte Trinkgefäße, Strohhalme, bereits geöffnete Flaschen) diese Absicht belegen müssen, ist diese Regelung noch hinreichend bestimmt. Mögliche Nachteile einer insoweit verbleibenden Unbestimmtheit können durch die gerichtliche Kontrolle einer konkretisierenden Polizeiverfügung oder eines Bußgeldbescheides ausgeglichen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, BVerwGE 96, 110 <116>; Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 27720/06 -, VBlBW 2008, 134 ff.). Auch hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereichs des Alkoholverbots sind Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots nicht ersichtlich. Durch den der Regelung beigefügten Lageplan und die genaue Bezeichnung der erfassten Straßen und Plätze ist die räumliche Festlegung des Verbotsgebiets hinreichend erkennbar.
32 
2.3 Die angegriffene Bestimmung des § 2 i.V.m. § 1 PolVO ist jedoch deshalb unwirksam, weil sie sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 i.V.m. § 1 PolG hält. Denn das verbotene Verhalten stellt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht dar.
33 
Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist gegeben, wenn bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die polizeilichen Schutzgüter im Einzelfall, d.h. eine konkrete Gefahrenlage, einzutreten pflegt. Dabei hängt der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Geht es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, wie etwa Leben und Gesundheit von Menschen, so kann auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen (vgl. nur Senatsurteil vom 15.11.2007 - 1 S 2720/06 -, VBlBW 2008, 134 f., BVerwG, Urteil vom 03.07.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 <351 f.>, jeweils m.w.N.).
34 
Der Gefahrenbegriff ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.) dadurch gekennzeichnet, dass aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden. Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein „Besorgnispotential“. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die polizeiliche Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Diese lässt sich auch nicht dahingehend erweiternd auslegen, dass der Exekutive eine „Einschätzungsprärogative“ in Bezug darauf zugebilligt wird, ob die vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer abstrakten Gefahr rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
35 
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich dabei von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, so das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.), durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen. Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: es müssen - bei abstrakt-genereller Betrachtung - hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Der Schaden muss regelmäßig und typischerweise, wenn auch nicht ausnahmslos zu erwarten sein (vgl. Senatsbeschluss vom 06.10.1998 - 1 S 2272/97 -, VBlBW 1999, 101 f.). Denn es liegt im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
36 
Gemessen an diesen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das nach Zeit und Ort verbotene Verhalten regelmäßig und typischerweise Gewaltdelikte zur Folge hat. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewalt begründen lediglich einen Gefahrenverdacht. Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr möglicher Beeinträchtigungen im Gefahrenvorfeld werden durch die Ermächtigungsgrundlage in § 10 i.V.m. § 1 PolG aber nicht gedeckt.
37 
Nach den dargelegten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, welche konkreten Zustände die Antragsgegnerin zum Erlass der angegriffenen Polizeiverordnung bewogen haben. Dabei sind grundsätzlich auch fachliche Erkenntnisse wie diejenigen der örtlichen Polizei zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin will mit der Polizeiverordnung der Gewaltdelinquenz begegnen; damit ist die öffentliche Sicherheit betroffen. Sie beruft sich darauf (vgl. Beschluss-Vorlage des Gemeinderats, Drucksache G-08/148), dass im „Bermuda-Dreieck“ der Konsum von mitgebrachtem Alkohol zur Begehung von Körperverletzungsdelikten führe; der Alkoholkonsum stelle - zwar nicht grundsätzlich, aber in diesem räumlich abgegrenzten Bereich der Innenstadt Freiburgs - eine abstrakte Gefahr für das hochrangige Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit dar. Zwischen Alkoholkonsum und Gewaltkriminalität bestehe ein Wirkungszusammenhang. Der Alkoholkonsum führe zur Enthemmung und damit auch zur Steigerung der Gewaltbereitschaft Einzelner. Nach den Erfahrungen der Polizei sei Alkoholisierung häufig die Ursache für gewalttätige Auseinandersetzungen. Im Jahr 2007 seien 43 % der Tatverdächtigen in der Freiburger Altstadt unter Alkoholeinfluss gestanden, im Jahr 2008 sogar 60 %. Im „Bermuda-Dreieck“, das ungefähr ein Zehntel der Freiburger Altstadt umfasse, sei die Anzahl der Gewaltdelikte im Vergleich zur restlichen Altstadt überproportional hoch. Hier seien sowohl 2007 als auch 2008 fast 50 % aller Gewaltstraftaten in der Altstadt begangen worden. Das „Bermuda-Dreieck“ sei ein begehrter Aufenthaltsort insbesondere junger Menschen. Zu beobachten seien dabei Gruppen, die von vornherein nicht den Besuch der dortigen Kneipen oder anderer Vergnügungsstätten beabsichtigten, sondern diesen Ort als gesellschaftlichen Treffpunkt nutzen wollten und dabei Alkohol in erheblichen Mengen konsumierten. Andere, insbesondere Jugendliche, träfen sich dort zunächst zum sogenannten „Vorglühen“ oder „Warmtrinken“ mit - im Vergleich zu Gaststätten weitaus billigerem - in Discountern gekauftem Alkohol, um anschließend die dortigen Kneipen bereits alkoholisiert aufzusuchen. Dies werde ihnen von Türstehern aufgrund ihres erheblichen Alkoholisierungsgrades oftmals verwehrt. Viele Betroffene reagierten hierauf aggressiv. Dasselbe gelte für Personen, die alkoholisiert der Kneipen verwiesen würden. Nach den Erfahrungen der Polizei sei das Zusammentreffen abgewiesener und verwiesener Personen eine häufige Ursache gewalttätiger Auseinandersetzungen. Seit Erlass der Polizeiverordnung seien die Gewaltstraftaten im gesamten Stadtteil Altstadt gesunken, auch im örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung.
38 
Die Antragsgegnerin stützt sich für die dargelegten Erwägungen auf folgende polizeiliche Untersuchungen:
39 
- die Studie 2007 „Gewaltdelinquenz im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Freiburg, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten“, die als Anlage 3 zur Drucksache G-07/185 Bestandteil der Beschlussvorlage des Gemeinderats bei der Abstimmung über die Vorläuferfassung vom 23.12.2007 war,
40 
- die Studie 2008 „Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg; Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung. Erste Erfahrungen und statistische Entwicklungen nach Einführung des Alkoholverbots“, die als Anlage 2 Bestandteil der Beschlussvorlage vom 07.07.2008, Drucksache G-08/148 vom Juni 2008 war.
41 
Die Studie 2007 basiert auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Delikte. Dabei handelt es sich um eine Ausgangsstatistik, was bedeutet, dass die Fälle erst nach Abschluss der Ermittlungen und vor Abgabe an die Justiz in der PKS erfasst werden. Dadurch ergibt sich in zeitlicher Hinsicht ein Verzerrfaktor, der - worauf in den polizeilichen Untersuchungen hingewiesen wird - bei der Betrachtung der Ergebnisse mitberücksichtigt werden muss. Der Studie zufolge registrierte die Polizeidirektion in der Freiburger Innenstadt in den letzten Jahren einen überproportionalen Anstieg von Gewaltdelikten. In einer Anmerkung wird ausgeführt, dass die - hiervon auch erfassten - Fälle der häuslichen Gewalt in allen Stadtteilen etwa mit gleichen Anteilen registriert worden seien. Im innerstädtischen Bereich liege der Anteil leicht unter dem Durchschnitt, da in diesem Bereich die Wohndichte niedriger sei. Hingewiesen wird auch darauf, dass bei der Auswertung der PKS-Dateien nicht unterschieden werden könne, ob die registrierten Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen worden seien. Hier seien Erfahrungswerte zugrunde zu legen, nach denen sich der Anteil gleichmäßig mit ca. 50:50 verteile. Bei einer Feinanalyse des Stadtteils Altstadt, so die Studie, würden die Straßen im und rund um das „Bermuda-Dreieck“ als Brennpunkte deutlich. Die Auswertung der relevanten Tattage zeige, dass an den Wochentagen von Freitag bis Montag die meisten Straftaten zu verzeichnen seien und die Gewaltdelikte insbesondere in der Zeit zwischen 00.00 bis 05.00 Uhr verübt würden. Die Alkoholbeeinflussung sei je nach Deliktsart sehr unterschiedlich. Der 7-Jahres-Durchschnitt (2000 - 2006) des Anteils an alkoholisierten Tatverdächtigen habe bei den Straftaten in der Stadt bei insgesamt 9,9 % gelegen, für den Bereich der Altstadt bei etwas über 10,5 %. Rund bei der Hälfte (43,0 %) der in der Freiburger Altstadt registrierten Körperverletzungsdelikte im ersten Halbjahr 2007 hätten die Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss gestanden (vgl. S. 14 der Anlage 3 der Beschlussvorlage 2007).
42 
In der Studie 2008 wurde die Gewaltphänomenologie durch eine Tatzeitbetrachtung dargestellt, d.h. es wurden nur die Gewaltstraftaten für die Auswertung herangezogen, die tatsächlich im Zeitraum Januar bis Mai 2008 begangen wurden. Entscheidend war hier die Tatzeit und nicht wie bei der PKS- Auswertung das Erfassungsdatum. Gleichzeitig wurde eine Tatzeitanalyse für den Vergleichszeitraum Januar bis Mai 2007 erstellt und so ein Vergleich mit der Situation vor Inkrafttreten der Polizeiverordnung angestellt, um die Auswirkungen des Verbots sichtbar zu machen. Nach der Studie 2008 wurden in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 256 Straftaten im Vergleich zu insgesamt 273 Straftaten im Vergleichszeitraum 2007 erfasst; dies entspricht einem Rückgang von 7 % (= 17 Straftaten). Die Untersuchung zeige nach wie vor einen Schwerpunkt im Bereich der Kaiser-Joseph-Straße und im „Bermuda-Dreieck“ sowie auf den Zu- und Abwanderungsstraßen. Von den 256 Gewaltdelikten im Stadtteil Altstadt seien 120 Delikte im örtlichen Definitionsbereich der Polizeiverordnung begangen worden, davon 69 auch im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung. Das entspreche einem Anteil von 25 %. Der Studie zufolge sollen im Verbotsbereich die Gewaltstraftaten von 126 im Jahr 2007 auf 120 im Jahr 2008 zurückgegangen sein. Die Untersuchung der Tatzeitpunkte ergebe weiterhin Spitzen an Samstagen und Sonntagen, insbesondere um 03.00 und 05.00 Uhr. Insgesamt hätten sich 69 der 120 Gewaltstraftaten im Verbotsbereich auch im zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung, also am Wochenende, abgespielt; das entspreche im Vergleich zum Vorjahr (82 Taten) einem Rückgang von 13 Gewaltstraftaten und damit um 16 %. Bezüglich des Einflusses von Alkohol enthält die Studie die Feststellung, dass 60 % der registrierten Täter alkoholisiert gewesen seien gegenüber 43 % im Vorjahr. Die registrierten Täter seien überwiegend männlich (82 %) und zwischen 21 und 30 Jahren alt.
43 
Außerdem hat der Vertreter der Polizeidirektion Freiburg - auf aktuelle Zahlen angesprochen - in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass auf der Basis der polizeilichen Kriminalstatistik im „Bermuda-Dreieck“ im Jahr 2009 nochmals ein weiterer Rückgang an Gewaltdelikten von ca. 25 % zu verzeichnen sei. Allerdings seien im ganzen Stadtgebiet die Gewaltdelikte ebenfalls leicht rückläufig gewesen. Eine Tatzeitanalyse liege insoweit nicht vor.
44 
Diese von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten polizeilichen Erkenntnisse lassen nicht den Schluss zu, dass gerade das verbotene Verhalten - der Genuss mitgebrachten Alkohols im Geltungsbereich der PolVO - regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen mit sich bringt. Aufgrund der polizeilichen Studien sind zwar Ursachenzusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gewaltdelikten nicht auszuschließen; sie begründen jedoch allenfalls einen Gefahrenverdacht, nicht aber eine abstrakte Gefahr im oben dargelegten Sinne.
45 
Dass Alkoholgenuss generell zu Aggressivität führt, widerspricht schon der Lebenserfahrung und wird von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Vielmehr hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen der Alkoholgenuss bei dem Einzelnen zeigt. Auch die kriminologische Forschung hat verschiedene Erklärungsmodelle für die in den polizeilichen Kriminalitätsstatistiken festgestellten Beziehungen zwischen Alkohol und Gewaltdelinquenz (vgl. Schwind, Kriminologie, 18. Auflage, 2008, § 26 Rn. 30 f.; Kaiser, Kriminologie, 3. Auflage, 1996, § 54 Rn. 22 f.). Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinzusammenhang“ besteht. Denn es könne auch möglich sein, dass sich Alkoholtäter leichter überführen ließen und daher bei den polizeilichen Erhebungen überrepräsentiert seien (Kaiser, a.a.O. Rn. 23). In dem Zweiten Periodischen Sicherheitsbericht des Bundesministeriums der Justiz von 2006 wird festgestellt (S. 287, unter 3.5.3.1), dass die Alkoholisierung von Beteiligten bei der Entstehung von Straftaten „im Einzelfall“ eine mitursächliche, auslösende, begünstigende oder begleitende Rolle spielt. Der Alkoholeinfluss könne jedoch nur selten als einzige Ursache herausgearbeitet werden.
46 
Nichts grundlegend anderes ergibt sich für den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Polizeiverordnung. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, dass jedenfalls im „Bermuda-Dreieck“ das verbotene Verhalten vor dem Hintergrund der dortigen Verhältnisse - wie Gedränge, körperliche Kontakte, Rempeleien, Gegröle und vermeintliche Provokationen - die prognostizierten Auswirkungen hat, wird der Nachweis einer abstrakten Gefährlichkeit des verbotenen Verhaltens durch die polizeilichen Studien nicht erbracht (kritisch zu dem in diesem Bereich behaupteten Ursachenzusammenhang der Kriminologe Prof. Hefendehl, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg, Leserbrief zum Beitrag Faßbender, NVwZ 11/2009, IX). Nicht geklärt ist dabei vor allem, welche Bedeutung dem Faktor Alkohol neben zahlreichen anderen Ursachen zukommt.
47 
Der Nachweis einer abstrakten Gefahr kann schließlich auch nicht durch den seit Einführung der Verbotsnorm festgestellten Rückgang der Gewaltdelikte um lediglich 16 % (= 13 von 69 im zeitlichen und örtlichen Verbotsbereich festgestellten Gewaltstraftaten) erbracht werden. Der Rückschluss, von dem Normunterworfenen gehe typischerweise und regelmäßig die Gefahr von Gewaltdelikten aus, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ein massiver Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung zu verzeichnen wäre. Davon kann jedoch hier keine Rede sein. Selbst wenn man, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, einzukalkulieren hat, dass die ständige Polizeipräsenz auch ein verändertes Anzeigeverhalten zur Folge gehabt haben kann, belegt der festgestellte Rückgang keinesfalls, dass sich aufgrund des verbotenen Verhaltens in aller Regel eine Gefahrenlage ergibt.
48 
Im Übrigen kommt dem zugrunde gelegten statistischen Material ohnehin nur eine beschränkte Aussagekraft zu. Zum einen ist, wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht, die verfügbare Datenmenge der Polizei zu gering, um hieraus ein empirisch gesichertes Ergebnis abzuleiten und den dargelegten Rückgang der Gewaltdelinquenz im Geltungsbereich der Polizeiverordnung verlässlich nachzuweisen. Zum anderen ist das in die Untersuchung eingestellte Zahlenmaterial als solches nicht hinreichend aussagekräftig für die Frage, wie viele Gewaltdelikte gerade aufgrund des verbotenen Verhaltens vor und nach Erlass der Polizeiverordnung im „Bermuda-Dreieck“ zu verzeichnen waren. Bei der Auswertung der polizeilichen Studien ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Studie 2007 sowie die neuesten, in der mündlichen Verhandlung dargelegten polizeilichen Untersuchungen auf der Auswertung der in der polizeilichen Kriminalstatistik registrierten Delikte basieren. Nach den eigenen Angaben des Vertreters der Polizeidirektion, die sich mit den Hinweisen aus der polizeilichen Studie 2007 decken, geben die aus der PKS übernommenen Zahlen keinen Aufschluss darüber, wann genau sich die Gewalttaten ereignet haben. Hier geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass in der - auf den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen abstellenden - Kriminalstatistik Gewalttaten zahlenmäßig erfasst wurden, die sich schon mehrere Monate vorher ereignet haben können. Mit Blick auf diesen Verzerrfaktor ergeben sich folglich verlässliche Angaben über bestimmte Vergleichszeiträume lediglich aus der in der Studie 2008 dargestellten Tatzeitanalyse, nicht aber aus dem ansonsten von der PKS erfassten Zahlenmaterial. Auch für den Vergleichszeitraum 2009 liegt keine Tatzeitanalyse vor. Der von der Antragsgegnerin für das erste Halbjahr 2009 dargelegte weitere Rückgang von Gewalttaten im zeitlichen und örtlichen Bereich der Polizeiverordnung relativiert sich überdies deshalb, weil für das ganze Stadtgebiet 2009 ein „leichter“ Rückgang dieser Delikte (nähere Angaben hierzu konnten nicht gemacht werden) erwartet wird.
49 
Schließlich kann, wie bereits in der polizeilichen Studie 2007 hervorgehoben wird, bei der Auswertung der polizeilichen Kriminalstatistik nicht unterschieden werden, ob die Delikte im öffentlichen Raum oder in einem Gebäude begangen wurden. Es können insoweit daher nur Erfahrungswerte (50:50) zugrunde gelegt werden. Ebenso sind Fälle häuslicher Gewalt erfasst, die mit dem verbotenen Verhalten in keinerlei Zusammenhang gebracht werden können. Entsprechendes gilt, soweit die registrierten Gewalttaten auch Personen umfassen, die, wie in der Beschlussvorlage ausgeführt, alkoholisiert der dortigen Kneipen verwiesen werden und hierauf aggressiv reagieren. Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte gibt daher keinen Aufschluss darüber, ob der Gewalttäter bereits zu Hause „vorgeglüht“ hat und sich in alkoholisiertem Zustand ins „Bermuda-Dreieck“ begibt oder in den dortigen Kneipen und Vergnügungsstätten Alkohol zu sich nimmt und anschließend aggressiv und gewalttätig wird oder tatsächlich zu der Gruppe der Normunterworfenen zählt.
50 
Ist die Antragsgegnerin daher mangels genügend abgesicherter Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte bzw. über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt allenfalls ein Gefahrenverdacht vor.
51 
Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf, dass angesichts der in der Vergangenheit festgestellten erheblichen Körperverletzungen im „Bermuda-Dreieck“ auch ein Weniger an gesicherten Erkenntnissen hinzunehmen und ihr insoweit eine Erprobungsphase einzuräumen sei.
52 
Die Antragsgegnerin ist als kommunale Verordnungsgeberin an die Vorgaben des § 10 Abs. 1 PolG gebunden; ein Erprobungsspielraum bei der Beurteilung, ob die bisherigen Erkenntnisse eine abstrakte Gefahr belegen oder nicht, kommt ihr nicht zu (BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O., S. 95 f. <96>; a.A. Faßbender, Alkoholverbote durch Polizeiverordnungen: per se rechtswidrig?, NVwZ 2009, 563 f.). Davon abgesehen war sie aufgrund der unbeanstandet gebliebenen, zeitlich befristeten Vorläuferfassung der Polizeiverordnung in der Lage, Erkenntnisse zu sammeln, die jedoch - wie dargelegt - die Annahme einer abstrakten Gefahr nicht stützen.
53 
Der Senat verkennt nicht, dass die sich häufenden Alkoholexzesse gerade unter jungen Menschen ein gesellschaftliches Problem darstellen, denen auf verschiedenen Wegen begegnet werden muss. Es kann daher auch im Bereich der Gefahrenvorsorge ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Dies setzt aber eine Risikobewertung voraus, zu der nur der Gesetzgeber berufen ist. Nur er ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und unter Beachtung grundrechtlicher Vorgaben die Rechtsgrundlagen für abstrakt-generelle Grundeingriffe zu schaffen, mit denen an einzelnen Brennpunkten Risiken vermindert werden sollen. Eine derart weitreichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht der Polizeibehörde nicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.07.2002, a.a.O.).
54 
Der Antragsgegnerin bleibt nach wie vor die Möglichkeit, den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor den von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren mit dem herkömmlichen polizeilichen Instrumentarium zu gewährleisten und etwa mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten im Einzelfall gegen Störer vorzugehen. Auch Massenbesäufnisse auf öffentlichen Plätzen (sog. Botellón-Veranstaltungen) können auf der Grundlage des Polizeigesetzes untersagt werden, ohne dass es des Rückgriffs auf eine Polizeiverordnung bedarf. Das Jugendschutzgesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit ohnehin nicht gestattet (§ 9 Abs. 1), bietet darüber hinaus ein Handhabe gegen jugendliche „Rucksacktrinker“. Auch kann für einzelne öffentliche Einrichtungen eine entsprechende Einrichtungssatzung bzw. Benutzungsordnung erwogen werden. Der Antragsgegnerin ist es schließlich unbenommen, ihre im Rahmen eines Gesamtkonzepts getroffenen sonstigen Maßnahmen (wie Vereinbarungen mit den gastronomischen Betrieben über die gegenseitige Anerkennung von Hausverboten, über die freiwillige Selbstbeschränkung in Bezug auf sog. Flatrate-Angebote, systematische Öffentlichkeitsarbeit, Projekte mit sozialarbeiterischer oder jugendpflegerischer Ausrichtung und „Gefährderansprachen“) weiter zu verfolgen und diese Präventionsprojekte auszuweiten.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 28. Juli 2009
58 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Krankheitserregerein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit verursachen kann,
2.
Infektiondie Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus,
3.
übertragbare Krankheiteine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Menschen übertragen werden, verursachte Krankheit,
3a.
bedrohliche übertragbare Krankheiteine übertragbare Krankheit, die auf Grund klinisch schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit verursachen kann,
4.
Krankereine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist,
5.
Krankheitsverdächtigereine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen,
6.
Ausscheidereine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein,
7.
Ansteckungsverdächtigereine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein,
8.
nosokomiale Infektioneine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand,
9.
Schutzimpfungdie Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen,
10.
andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxedie Gabe von Antikörpern (passive Immunprophylaxe) oder die Gabe von Medikamenten (Chemoprophylaxe) zum Schutz vor Weiterverbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten,
11.
Impfschadendie gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde,
12.
Gesundheitsschädlingein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können,
13.
Sentinel-Erhebungeine epidemiologische Methode zur stichprobenartigen Erfassung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und der Immunität gegen bestimmte übertragbare Krankheiten in ausgewählten Bevölkerungsgruppen,
14.
Gesundheitsamtdie nach Landesrecht für die Durchführung dieses Gesetzes bestimmte und mit einem Amtsarzt besetzte Behörde,
15.
Einrichtung oder Unternehmeneine juristische Person, eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, in deren unmittelbarem Verantwortungsbereich natürliche Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht werden,
15a.
Leitung der Einrichtung
a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich einer Einrichtung durch diese mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind,
b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder
c)
sofern die Einrichtung von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
15b.
Leitung des Unternehmens
a)
die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens durch dieses mit den Aufgaben nach diesem Gesetz betraut ist oder sind,
b)
sofern eine Aufgabenübertragung nach Buchstabe a nicht erfolgt ist, die natürliche Person oder die natürlichen Personen, die für die Geschäftsführung zuständig ist oder sind, oder
c)
sofern das Unternehmen von einer einzelnen natürlichen Person betrieben wird, diese selbst,
16.
personenbezogene AngabeName und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse,
17.
Risikogebietein Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für das vom Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bestimmten bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt wurde; die Einstufung als Risikogebiet erfolgt erst mit Ablauf des ersten Tages nach Veröffentlichung der Feststellung durch das Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse https://www.rki.de/risikogebiete.

Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.