Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12

bei uns veröffentlicht am20.05.2015

Tenor

Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 werden aufgehoben; die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle an den X-Lebensmittelmarkt in der J.-Straße in K. (Flurstücke A, B und C) und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum ebendieses X-Marktes.
Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 05.04.2000 beschlossenen und am 17.04.2000 in Kraft getretenen vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt das Grundstück als „beschränktes Gewerbegebiet“ („GEb“) fest. In der Bebauungsplanbegründung vom 20.12.1999/05.04.2000 heißt es, es solle das notwendige Planungsrecht für die Ansiedlung eines - Lebensmittelmarktes auf dem Gelände X geschaffen werden. Auf dem Betriebsgrundstück sei ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche vorgesehen und es seien 135 Stellplätze geplant.
Vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „S.“ schlossen die Beteiligten am 28.02.2000/03.03.2000 einen „Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.““ (DV). Gemäß dessen § 1 werden sowohl der Bebauungsplan „S.“ als auch die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes „verursacht“. Laut § 2 Abs. 1 DV war die Ausweisung eines Sondergebietes nicht vorgesehen. Gemäß der Festsetzung Gewerbegebiet (GE) sei somit ein Lebensmittelmarkt bis maximal 800 m² Verkaufsfläche und 1.200 m² Grundfläche zulässig. In § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 9 DV verpflichtet sich die Klägerin, auf der J.-Straße Links- und Rechtsabbiegespuren herzustellen und den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der umgebauten J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Die Klägerin muss der Beklagten zudem einen Pauschalbetrag von 13.000 DM für die der Beklagten aufgrund der Bebauungsplanänderung entstehenden Kosten erstatten (§ 2 Abs. 2 S. 3 DV). Der Betrag ist einen Monat nach Satzungsbeschluss des Gemeinderats zur Bebauungsplanänderung an die Stadtkasse zu überweisen (§ 2 Abs. 3 DV). Weiterhin verpflichtet sich die Klägerin in § 4 Abs. 4 DV, an die Stadt einen Ablösungsbetrag von 158.500 DM zu bezahlen, da die Stadt als Straßenbaulastträger zukünftig für die Unterhaltung und Erneuerung der J.-Straße einschließlich der zusätzlichen Abbiegespuren zuständig werde. Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen muss die Klägerin der Beklagten zudem eine unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 250.000 DM (ca. 75 % der geschätzten Baukosten) übergeben, die Stadt diese nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrages unverzüglich zurückgeben (§ 5 DV). Schließlich verpflichtet sich die Klägerin in § 13 DV, die Erschließungsmaßnahmen nach § 3 DV bis zur Fertigstellung des Lebensmittelmarktes herzustellen.
Vor In-Kraft-Treten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ lagen die Flurstücke A, B und C im Geltungsbereich des am 16.12.1998 in Kraft getreten Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Dieser ergänzt im Rahmen eines Konzepts zum Ausschluss von innenstadtrelevantem Einzelhandel die Textteile bestehender Bebauungspläne, soweit darin Misch-, beschränkte Gewerbe-, Gewerbe- und Industriegebiete festgesetzt sind, hinsichtlich deren möglicher Nutzung. Laut den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind im Plangebiet in den genannten Gebieten „Handelsbetriebe für Endverbraucher“ unzulässig, denen eine „zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen ist“. Hierzu zählten nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) u.a. die Gruppen/Klassen 52.1 (Einzelhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen)), 52.2. (Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen)), 52.3. (Apotheken; Facheinzelhandel mit medizinischen, orthopädischen und kosmetischen Artikeln (in Verkaufsräumen)), 52.41 (Einzelhandel mit Textilien), 52.45 (Einzelhandel mit elektrischen Haushalts-, Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Musikinstrumenten), 52.47 (Einzelhandel mit Büchern, Zeitschriften, Schreibwaren und Bürobedarf) und 52.48.3 (Einzelhandel mit Blumen, Pflanzen, zool. Bedarf, lebenden Tieren und Sämereien).
Vor In-Kraft-Treten des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum lagen die streitgegenständlichen Flurstücke im Geltungsbereich des am 12.09.1968 in Kraft getretenen Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Dieser setzt die drei Flurstücke als Gewerbegebiet fest. Als Grundflächenzahl werden maximal 0,6, als Geschossflächenzahl maximal 1,6 erlaubt. Darüber hinausgehende Einschränkungen enthält der Bebauungsplan für die streitgegenständlichen Flurstücke nicht.
Am 13.04.2000 erhielt die Klägerin eine Baugenehmigung für die erstmalige Errichtung des streitgegenständlichen Lebensmittelmarktes in der J.-Straße. Am 29.06.2006 wurde der Klägerin auf ihren Antrag hin eine Genehmigung für den Anbau eines Pfandraumes, am 06.05.2010 schließlich eine Genehmigung zum Einbau eines Backvorbereitungsraums in den bestehenden Lebensmittelmarkt erteilt.
Am 24.02.2011 reichte die Klägerin einen Bauantrag für eine Erweiterung des Lebensmittelmarktes um einen Backvorbereitungsraum mit Tiefkühlzelle sowie einen Umbau des Pfandlagers ein. Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 28.06.2011 ab. Mit Blick auf den Durchführungsvertrag sei maximal eine Geschossfläche von 1200 m² zulässig. Der X-Markt habe jedoch derzeit bereits eine Geschossfläche von 1.494 m². Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Begrenzung der Größe eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Gewerbegebiet als Grundzug der Planung zu beurteilen und diese Vorgabe auch im Durchführungsvertrag nochmals speziell aufgezeigt worden sei. Anhaltspunkte für eine atypische Betrachtungsweise seien nicht erkennbar. Mit der geplanten zusätzlichen Erweiterung des Gebäudes werde der städtebaulich allenfalls teilintegrierte Standort noch etwas weiter ausgebaut und gestärkt werden. Zudem weise der X-Markt im Vergleich zu anderen Lebensmitteldiscountern im Stadtgebiet bereits im derzeitigen Bestand eine überdurchschnittlich große Geschoss- und Verkaufsfläche auf. Die Zulassung der zusätzlichen Geschossflächenerweiterung erscheine daher auch aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vertretbar.
Die Klägerin legte gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für „den Bebauungsplan „J.““.
Das Regierungspräsidium X wies den Widerspruch unter Verweis auf die Geschossfläche des bereits bestehenden Lebensmittelmarktes mit Bescheid vom 13.06.2012 zurück. Bereits beim Neubau des X-Marktes sei eine deutliche Überschreitung der maximalen Geschossfläche zugelassen worden. Durch die nun vorgelegte Planung werde sich die Geschossfläche weiter erhöhen. Eine Befreiung könne nicht erteilt werden, da die Befreiungsvoraussetzungen nicht vorlägen.
10 
Die Klägerin hat daraufhin mit beim Verwaltungsgericht am 06.07.2012 eingegangenem Schriftsatz Klage eingelegt.
11 
Zur Klagebegründung trägt sie vor, der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ stehe der Zulässigkeit des Vorhabens nicht entgegen, da er unwirksam sei. Gleiches gelte für den vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „S.“ geltenden Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung. Maßgebend sei daher der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem sei das Bauvorhaben zu genehmigen.
12 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei unwirksam, da er mit der Festsetzung des beschränkten Gewerbegebiets nicht nur einen Lebensmittelmarkt zulasse, sondern vom Grundsatz her alle Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet zulässig seien. Der Bebauungsplan genüge zudem nicht dem Bestimmtheitsgebot. Dem Bebauungsplan sei nicht zu entnehmen, welche Nutzungen im Einzelnen zugelassen seien. Schließlich sei der vorhabenbezogene Bebauungsplan unwirksam, da sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag nicht zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet habe.
13 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung wiederum sei unwirksam, da das planerische Ziel, eine Dezentralisierung der Einzelhandelsstruktur durch eine dezentrale Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrumstypischen Warensortimenten zu verhindern, durch den Bebauungsplan nicht konsequent umgesetzt werde. Er genüge zudem ebenfalls nicht dem Bestimmtheitsgebot. Weder im Bebauungsplan noch in der Planbegründung sei definiert, wann ein Angebot von Waren verschiedener Art vorliege. Daneben sei die Formulierung der „Handelsbetriebe für Endverbraucher […], denen eine zentrumsschädigende bzw. den Stadtkern in seiner Vitalität beeinträchtigende Wirkung beizumessen sei“ unbestimmt. Weiterhin leide der Bebauungsplan an einem Verkündungsmangel. Die Beklagte habe den Planbetroffenen keine Möglichkeit gegeben, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen. Eine verständige Einordnung der textlichen Festsetzungen über die unzulässigen Sortimentsgruppen sei nur unter Heranziehung der vollständigen Klassifikation möglich. Schließlich sei der Bebauungsplan wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Auf dem Baugrundstück sei eine Entwicklung eingetreten, die den Ausschluss von Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten auf unabsehbare Zeit unmöglich mache. Der genehmigte und errichtete Lebensmittelmarkt werde noch über Jahrzehnte betrieben werden. Diese von den Festsetzungen abweichende tatsächliche Entwicklung sei so offenkundig, dass ein Vertrauen auf die Einhaltung der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr schutzwürdig sei. Hinzu komme, dass ein räumlich abgrenzbarer Teilbereich des Bebauungsplanes betroffen sei.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
1. den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.06.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung für den Anbau eines Backvorbereitungsraums mit Tiefkühlzelle und den Ausbau einer Backvorbereitungszelle im Pfandraum auf dem Grundstück J.-Str. X in K. nach Maßgabe des Bauantrags vom 24.01.2011 zu erteilen,
16 
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ sei wirksam. Er weise einen hinreichenden Vorhabenbezug auf. Ein Verstoß führe zudem allenfalls zur vorübergehenden Unwirksamkeit des Bebauungsplans, die aber durch ein ergänzendes Verfahren geheilt werden könne. Wäre der Gemeinderat vom Vorliegen solcher Umstände ausgegangen, hätte er den Beschluss anderslautend im Sinne eines rechtmäßigen Alternativplanes gefasst. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sei auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam. Unter Zugrundelegung dessen, dass es sich um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handele, ergäben sich aus den zugehörigen Gutachten und Pläne konkret auf das Vorhaben bezogene Beschränkungen. Der gesetzlichen Regelung, wonach sich der Vorhabenträger zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichten müsse, sei schließlich ebenfalls genüge getan. § 2, § 4 Abs. 4, § 4 Abs. 9 und § 5 des Durchführungsvertrages ließen sich Anhaltspunkte für den Beginn des Fristenlaufs entnehmen. Zudem sei durch die gemäß § 5 DV zu erbringende Sicherheitsleistung eine zügige Durchführung der Baumaßnahmen gewährleistet gewesen. Ein fester Zeitpunkt für den Beginn der Fristen sei gesetzt gewesen, da zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung der Beschlusstermin des Gemeinderates, der 05.04.2000, bereits festgestanden habe.
20 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung sei ebenfalls wirksam. Aus den mannigfaltigen Beispielen einerseits und dem Wortlaut „innenstadtrelevanter Einzelhandel“ andererseits folge, dass nur innenstadttauglicher Einzelhandel ausgeschlossen werde. Die Planbetroffenen hätten auch die Möglichkeit gehabt, von der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes Kenntnis zu nehmen, da diese sich, soweit Relevanz bestanden habe, in der dem Beschluss zugrundeliegenden Sitzungsvorlage befunden habe und im Textteil des Bebauungsplans abgedruckt sei. Schließlich sei der Bebauungsplan auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Die Schutzwürdigkeit des übrig gebliebenen Plangebietes sei nicht entfallen.
21 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten einschließlich der Bauakten zu den erteilten Baugenehmigungen aus den Jahren 2000, 2006 und 2010 sowie die Bebauungsplanakten zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan „S.“ und den Bebauungsplänen „J.“ in der Fassung der 3. und der 4. Änderung vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28.6.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums X vom 13.6.2012 sind aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, da die genannten Bescheide rechtswidrig sind, die Klägerin in ihren Rechten verletzen und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 LBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. So verhält es sich hier.
24 
Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften sind nicht ersichtlich.
25 
Dem Bauplanungsrecht ist ebenfalls Genüge getan. Das Bauvorhaben ist nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung zulässig. Dieser Bebauungsplan ist anzuwenden, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ unwirksam und der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung in Bezug auf die streitgegenständlichen Flurstücke A, B und C wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten ist.
26 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „S.“ ist bereits deshalb unwirksam, weil sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000 nicht zur Durchführung des Vorhabens innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet hat. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB in der Fassung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2151) kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss, durch den der Bebauungsplan beschlossen wird, verpflichtet (Durchführungsvertrag). Eine solche Verpflichtung, das Vorhaben innerhalb einer bestimmten Frist durchzuführen, fehlt im Durchführungsvertrag vom 28.02.2000/03.03.2000.
27 
Der Durchführungsvertrag verpflichtet die Vorhabenträgerin nicht, das Vorhaben durchzuführen. Seinem Wortlaut nach verpflichtet der Durchführungsvertrag die Vorhabenträgerin lediglich dazu, Erschließungsmaßnahmen durchzuführen (s. § 3, § 4 Abs. 1, Abs. 9, § 13 DV) und Geld an die Beklagte zu bezahlen (s. § 2 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3, § 4 Abs. 4, § 5 DV). Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Zwar ist in § 1 Abs. 3 DV festgehalten, dass der Bebauungsplan „S.“ und die vorgesehenen Umbau- und Neubaumaßnahmen der öffentlichen Verkehrsflächen ausschließlich durch den geplanten Neubau des Lebensmittelmarktes verursacht werden. Auch muss die Beklagte die Sicherheitsleistung nach § 5 S. 4 DV erst nach vollständiger Erfüllung des Erschließungsvertrags zurückgeben, während sich die Klägerin in § 4 Abs. 9 DV zugleich verpflichtet, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Aus all diesen Vorschriften – wie auch aus der Bebauungsplanbegründung, in der es heißt, dass ein Lebensmittelmarkt mit maximal 800 m² Verkaufsfläche „vorgesehen“ und 135 Stellplätze „geplant“ seien - lässt sich aber allenfalls folgern, dass die Klägerin als Vorhabenträgerin bei Vertragsschluss beabsichtigte, einen Lebensmittelmarkt zu errichten und bereits war, hierfür Erschließungskosten zu tragen. Mit einer Verpflichtung, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, ist eine solche Absicht nicht gleichzusetzen.
28 
Der Durchführungsvertrag regelt zudem nicht verbindlich, innerhalb welcher Frist das Vorhaben durchzuführen ist. In Bezug auf das Vorhaben werden im Durchführungsvertrag keine Fristen erwähnt. § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 4 und § 5 DV, auf die die Beklagte verweist, betreffen ausschließlich Erschließungskosten bzw. die Sicherheitsleistung, die absichern soll, dass die Beklagte Erschließungsmaßnahmen durchführt. Auch aus § 4 Abs. 9 DV ergibt sich keine Frist, innerhalb derer das Vorhaben durchzuführen ist. Zwar verpflichtet sich die Vorhabenträgerin in diesem Paragrafen, den Lebensmittelmarkt erst mit Übernahme der J.-Straße durch die Stadt zu eröffnen. Dies stellt für die Vorhabenträgerin aber nur einen wirtschaftlichen Anreiz dar, die Erschließungsmaßnahmen zügig durchzuführen. Es bleibt ihr unbenommen, im Fall veränderter unternehmerischer Ziele von ihrem Plan, einen Lebensmittelmarkt zu errichten, Abstand zu nehmen.
29 
Vorhabenbezogene Bebauungspläne ohne Durchführungsverpflichtung sind unwirksam (Kukk, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 27; Fehr/Wichardt, ZfIR 2008, 221, 232; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 4. Auflage 2010, § 13 Rn. 174; Turiaux, NJW 1999, 391, 393; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2002 - 5 S 1635/00 -, Juris Rn. 21). Dies ergibt sich zunächst aus dem Gesetzeswortlaut. Nach diesem ist die Durchführungsverpflichtung Mindestinhalt des Durchführungsvertrages. Dieser wiederum ist eine gesetzliche Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (Kukk, ebda). Die Unwirksamkeit folgt zudem aus einer systematischen Gesetzesauslegung. Im Gegensatz zu qualifizierten Bebauungsplänen sind vorhabenbezogene Bebauungspläne auf alsbaldige Verwirklichung angelegt (Jarass/Kment, BauGB, Kommentar, 2013, § 12 Rn. 11). Diese ist nur sichergestellt, wenn die Durchführung des Vorhabens nicht im Belieben des Vorhabenträgers steht. Schließlich lassen sich teleologische Gründe für die Unwirksamkeit anführen. Die beschleunigte, sozusagen privatisierte Planung vorhabenbezogener Bebauungspläne ist nur gerechtfertigt, wenn der Vorhabenträger die fristgemäße Realisierung des Vorhabens verbindlich zusagt und damit sichergestellt ist, dass tatsächlich ein Beschleunigungsbedürfnis besteht (Turiaux, NJW 1999, 391, 393). Anderenfalls bestünde zudem die Gefahr, dass sich eine Gemeinde den Vorstellungen des Vorhabenträgers derart unterordnet, dass sie nur noch als dessen Vollzugsinstanz erscheint und ihre Planung und Abwägung somit „verkauft“ (vgl. Reidt, BauR 1998, 909, 916).
30 
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan wurde auch nicht nachträglich wirksam, als die Beklagte das Vorhaben (freiwillig) durchführte. Zwar soll eine vertragliche Durchführungspflicht und Frist unter Umständen entbehrlich sein, wenn Gegenstand eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein bereits verwirklichtes Vorhaben ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2001 - 1 C 11768/00 -, Juris Rn. 21). Alleine durch die Fertigstellung des Vorhabens kann eine Heilung aber in keinem Fall eingetreten sein. Voraussetzung wäre vielmehr, selbst wenn man eine vertragliche Durchführungspflicht im Fall eines bereits realisierten Vorhabens für entbehrlich hielte, ein erneuter Satzungsbeschluss in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB einschließlich Ausfertigung und öffentlicher Bekanntmachung (s. Schiller, in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rn. 1026; vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.07.2001 - 1 N 00.1574 -, Juris Rn. 67; Busse, in Spannowsky und Uechtritz (Hrsg.), BauGB, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 12 Rn. 46; Gatz, in Berliner Kommentar zum BauGB, 29. Ergänzungslieferung 2014, § 12 Rn. 12a). Hieran fehlt es.
31 
Ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan daneben auch wegen eines fehlenden Vorhabenbezuges und auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam ist, ist nicht mehr zu prüfen.
32 
Der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung steht dem Bauvorhaben ebenfalls nicht entgegen. Er ist in Bezug auf die Flurstücke A, B und C jedenfalls funktionslos geworden.
33 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen nachträglicher Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75-, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35; Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
34 
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8).
35 
Ausnahmsweise kann eine Festsetzung in Anlehnung an die Teilnichtigkeit von Bebauungsplänen (Rechtsgedanke des § 139 BGB) jedoch auch bezogen auf ein Teilgebiet funktionslos geworden sein (OVG Hamburg, Urteil vom 25.01.1996 - Bf II 33/94 -, Juris Rn. 35, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 23 ff.; OVG Berlin, Urteil vom 31.07.1992 - 2 B 3.91 -, Juris Rn. 18; Kalb/Külpmann in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, 115. Ergänzungslieferung 2014, § 10 Rn. 409; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, Kommentar, 7. Aufl. 2013, § 30 Rn. 44; vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; VG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2007 - 13 K 552/06 -, Juris Rn. 31 ff.). Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist nicht abschließend geklärt.
36 
Mindestvoraussetzung für die Funktionslosigkeit in Bezug auf ein Teilgebiet muss in Fortschreibung der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 - Juris Rn. 10, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8) sein, dass die Verhältnisse in diesem Teilgebiet in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans in eben diesem Teilgebiet auf unabsehbare Zeit ausschließt und dass die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (ebenso möglicherweise VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -, Juris Rn. 24 f.). Diese Mindestvoraussetzungen liegen in Bezug auf die Flurstücke A, B und C vor.
37 
Die Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplans ist auf diesen drei Flurstücken auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen. Die tatsächlichen Verhältnisse widersprechen dem Bebauungsplan. Auf den Flurstücken wurde ein Lebensmittelmarkt genehmigt und errichtet, obwohl der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen den Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln (Gruppe 52.1. der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes) ausdrücklich als unzulässig aufführt. Ein Rückbau des Lebensmittelmarktes ist nicht zu erwarten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte den Lebensmittelmarkt noch über Jahrzehnte weiterbetreiben wird. Das Gebäude ist erst rund 15 Jahre alt. Die Klägerin hat das Gebäude in den letzten Jahren zudem mehrfach erweitert bzw. umgebaut und so, wie auch mit dem streitgegenständlichen Bauantrag, wiederholt ihr Interesse an einem langfristigen Betrieb der Filiale zum Ausdruck gebracht.
38 
Die Erkennbarkeit dieser Tatsache hat auch einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Die tatsächlichen Verhältnisse weichen auf den drei streitgegenständlichen Flurstücken derart massiv und offenkundig von der Planung ab, dass der Bebauungsplan dort eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann. Der X-Markt bildet im Kleinen ein eigenes (Stadt-) Zentrum. In dem Einkaufsmarkt werden zahlreiche Artikel verkauft, die der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich als unzulässig ausschließt. Familien können im X-Markt ihre gesamten Lebensmitteleinkäufe - auch derzeit bereits einschließlich Backwaren - und einen Großteil ihrer Drogeriemarkteinkäufe erledigen. Das ständige Sortiment umfasst daneben Zeitungen und Blumen, periodisch werden Kleidung, Büro- und Elektroartikel angeboten.
39 
Über diese zwei Mindestvoraussetzungen ist, damit die Funktionslosigkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Bezug auf ein Teilgebiet des Plangeltungsbereichs ein Ausnahmefall bleibt, zu fordern, dass das betroffene Gebiet ein räumlich hinreichend abgrenzbares Teilgebiet des Plangeltungsbereichs darstellt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45, Urteil vom 23.05.1996 - Bf II 42/94 -, Juris Rn. 36, Urteil vom 08.10.1992 - Bf II 34/91 -, Juris Rn. 35; OVG NRW, Beschluss vom 22.06.2010 - 7 B 479/10 -, Juris Rn. 18; Kalb/ Külpmann, a.a.O., § 10 Rn. 409; ebenso möglicherweise BVerwG, Beschluss vom 06.06.1997 - 4 NB 6/97 -, Juris Rn. 25). Nur im Fall einer solchen räumlichen Abgrenzbarkeit ist es gerechtfertigt, von dem Grundsatz, dass es nicht auf die punktuelle Durchsetzbarkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans ankommt, abzuweichen. Auch diese Voraussetzung ist im Fall der Flurstücke A, B und C erfüllt. Die drei Flurstücke sind vom restlichen Plangeltungsbereich räumlich hinreichend abgrenzbar. Sie grenzen aneinander und bilden zusammen grob ein Rechteck, das im Norden von der J.-Straße, im Westen von der B-X und im Süd-Westen von einer öffentlichen Grünfläche begrenzt wird. Hinzu kommt die Besonderheit, dass der Plangeltungsbereich aus mehreren Teilstücken besteht und die Flurstücke A, B und C für sich genommen ein eigenständiges Teilstück bilden.
40 
Schließlich soll eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen in Bezug auf ein Teilgebiet eines Bebauungsplans nur in Betracht kommen, wenn das Teilgebiet nicht nur aus wenigen Grundstücken besteht (OVG Hamburg, Urteil vom 28.02.2013 - 2 Bf 17/11 -, Juris Rn. 45 unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.10.2003, BauR 2004, 1128, ebenso wohl auch OVG Hamburg, Urteil vom 30.07.2003 - 2 Bf 427/00 -, Juris Rn. 46). Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Für die Funktionslosigkeit kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an (exemplarisch BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5, 11 = Juris Rn. 35, Beschluss vom 21.12.1999 - 4 BN 48/99 -, Leitsatz und Juris Rn. 5, Beschluss vom 09.10.2003 - 4 B 85/03 -, Juris Rn. 8, jew. m.w.N.). Eine andere Bewertung ist aber indiziert, wenn der Plangeltungsbereich aus zwei räumlich voneinander getrennten Teilgebieten besteht und sich die planwidrige Nutzung auf ein gesamtes Teilgebiet erstreckt, da in einem solchen Fall bei natürlicher Betrachtungsweise zwei Plan-/ Baugebiete vorliegen. So verhält es sich hier. Der westliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „J.“ in der Fassung der 4. Änderung ist über 100 m vom östlichen Geltungsbereich getrennt, mithin rund ebenso weit, wie er selbst breit ist. Hinzu kommt, dass die Flurstücke A, B und C im Jahr 2000 Gegenstand eines eigenen (vorhabenbezogenen) Bebauungsplanes wurden. Der Plangeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die drei Flurstücke auch in planerischer Hinsicht als rechtlich eigenständig betrachtet.
41 
Auf den von der Klägerin gerügten Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und einen möglichen Verkündungsmangel ist mit Blick auf die Funktionslosigkeit des Bebauungsplans in Bezug auf die Flurstücke A, B und C nicht mehr einzugehen.
42 
Nachdem der Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 4. Änderung unwirksam ist, richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach dem Bebauungsplan „J.“ in der Fassung der 3. Änderung. Nach diesem ist das Bauvorhaben zulässig. Der Bebauungsplan setzt das Grundstück als Gewerbegebiet fest. Die maximal erlaubte Grundflächenzahl von 0,6 und die maximal erlaubte Geschossflächenzahl von 1,6 werden unterschritten. Weitere Einschränkungen enthält der Bebauungsplan nicht. An der Wirksamkeit des Bebauungsplanes bestehen schließlich keine Zweifel.
43 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
44 
Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bebauungspläne in Bezug auf ein Teilgebiet funktionslos werden können und ob dies insbesondere auch für einzelne Grundstücke gelten kann, die zwischenzeitlich anderweitig beplant wurden, in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht tragend entschieden worden ist.
45 
Der von der Klägerin gestellte Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist begründet. Ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, ist vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Rechtsanwalts bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in der Regel dann, wenn es dem Beteiligten nach seiner Vorbildung, Erfahrung und seinen sonstigen persönlichen Umständen nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (BVerwG, Urteil vom 15.02.1991 - 8 C 83.88 -, Juris Rn. 15). Dabei ist die Schwierigkeit, der Umfang der Sache und die persönliche Sach- und Rechtskunde des Widerspruchsführers zu berücksichtigen (OVG NRW, Beschluss vom 19.09.1973 - II B 701/73 -, Juris). In diesem Sinne war die Zuziehung des bevollmächtigten Rechtsanwalts durch die Klägerin im Vorverfahren notwendig. Der Bauantrag der Klägerin warf eine Reihe rechtlicher Probleme auf. Auch wenn es sich bei der Klägerin um ein Großunternehmen handelt, kann von ihr nicht erwartet werden, dass sie diese mithilfe der eigenen Rechtsabteilung löst. Die Frage der Wirksamkeit von Bebauungsplänen weist einen erhöhten Schwierigkeitsgrad auf.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baugesetzbuch - BBauG | § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen; ergänzendes Verfahren


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn1.entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Bela

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Baugesetzbuch - BBauG | § 12 Vorhaben- und Erschließungsplan


(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahme

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. Okt. 2007 - 13 K 552/06

bei uns veröffentlicht am 16.10.2007

Tenor Die Ziffer 1 des Bescheides der Beklagten vom 25. 08. 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den beantra

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Nov. 2006 - 8 S 361/06

bei uns veröffentlicht am 02.11.2006

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vo
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. März 2018 - 8 S 1464/15

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Mai 2015 - 2 K 2227/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zu

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
11 
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Ziffer 1 des Bescheides der Beklagten vom 25. 08. 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den beantragten positiven Bauvorbescheid für die in Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16. 06. 2005 beschriebenen Wohnhäuser auf den Grundstücken Flst. Nrn ... und ..., Gemarkung M., U.-Straße, zu erteilen.

Im Übrigen (Ziffer 2 der Bauvoranfrage vom 16. 06.2005) wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner ¼ und die Beklagte ¾.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren einen positiven Bauvorbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer der bislang landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Flst.-Nrn. 2042, 2044, 2045/1 und 2045/2 an der U.-Straße in M.
Für den Bereich, in dem sich die Grundstücke befinden, liegen mehrere Ortsbau- bzw. Bebauungspläne vor, im Einzelnen die Ortsbaupläne 1908/44, 1925/65 III, 1936/114 und 1942/14 sowie der qualifizierte Bebauungsplan 1961/79.
Außerdem liegen die Grundstücke (inzwischen) im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart über das Landschaftsschutzgebiet „G.“ vom 16.10.1995 (Gesetzblatt 1995, S. 787; in der geänderten Fassung vom 15.08.2005; Gesetzblatt 2005, S. 617; im Weiteren: LSGVO).
Am 14.06.2005 stellten die Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung von 3 Mehrfamilien-Wohnhäusern (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) und einer Tiefgarage mit 19 Stellplätzen (Ziffer 2 der Bauvoranfrage).
Auf diese Bauvoranfrage entschied die Beklagte mit Bauvorbescheid vom 25.08.2005, dass die dargestellten Baukörper, die Geschosse und die Dachneigung der Wohngebäude (Ziffer 1 des Bauvorbescheides) und ebenso die Erstellung der Tiefgarage für die Unterbringung der notwendigen Stellplätze (Ziffer 2 des Bauvorbescheides) planungsrechtlich nicht zulässig seien.
Zur Begründung wurde ausgeführt, beide Vorhaben sei planungsrechtlich nach § 35 BauGB zu beurteilen, weil die einfachen Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III für den fraglichen Bereich durch den die Baulinien wegplanenden Bebauungsplan 1936/114 aufgehoben worden seien. Der ebenfalls nicht qualifizierte Bebauungsplan 1942/14 sei obsolet, da sich das gesamte Baugeschehen im betreffenden Plangebiet nach dem Bebauungsplan 1961/79 entwickelt habe, der in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats beschlossen worden und deshalb nichtig sei. Da es demnach keinen rechtsverbindlichen Bebauungsplan gebe und die Baugrundstücke im Außenbereich liegen würden, sei das Vorhaben planungsrechtlich nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es handle sich um ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, das jedoch öffentliche Belange i. S. des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn es widerspreche der derzeit laufenden Änderung Nr. 30 des Flächennutzungsplanes 2010, der für den gesamten Bereich eine Änderung von derzeit „geplanter Wohnfläche“ (W) in „landwirtschaftliche Fläche mit Ergänzungsfunktion“ (LE) vorsehe. Außerdem beeinträchtige das Vorhaben Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, weil die Baugrundstücke künftig im Landschaftsschutzgebiet G. liegen würden. Hinzu komme ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz, da in dem Gebiet u. a. mehrere streng geschützte Vogelarten (wie z. B. der Mittelspecht) vorkommen würden, deren Brutreviere durch die angestrebte Bebauung betroffen wären. Zudem lasse das Bauvorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Die ausreichende Erschließung des Vorhabens sei ebenfalls nicht gesichert, da hierfür eine aus wirtschaftlichen Gründen nicht beabsichtigte Verbreiterung der U.-Straße erforderlich sei.
Dagegen legten die Kläger am 23.09.2005 Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2006 als unbegründet zurückwies.
Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben sei planungsrechtlich unzulässig. Der im Jahre 1936 in Kraft getretene Ortsbauplan, in dem für den Bereich östlich der U.-Straße Baulinien, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festgesetzt worden seien, habe den Ortsbauplan aus dem Jahre 1925 aufgehoben. Im Jahre 1942 habe die Gemeinde M. durch den Ortsbauplan 1942/14 die Zulässigkeit der Bebauung in dem genannten Bereich größten Teils neu geregelt. Gleichzeitig seien Anbauvorschriften beschlossen worden, welche die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung hätten regeln sollen. Diese Anbauvorschriften seien jedoch nicht rechtswirksam geworden, weil sie nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden seien. Die Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 hätten ihre Rechtswirksamkeit im Nachhinein wegen Funktionslosigkeit verloren. Dies gelte auch für die Festsetzungen im Teilbereich westlich der U.-Straße. Denn dieser Teilbereich des Plangebiets verfüge lediglich über eine geringe Größe und weise nur Baustreifen entlang der U.-Straße aus. Der Umstand, dass dieser Teilbereich nach wie vor unbebaut sei, schließe die Funktionslosigkeit der Festsetzungen wegen der geringen Größe und der Randlage dieses Teilbereiches nicht aus. Das beabsichtigte Bauvorhaben sei deshalb nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es handle sich um ein im Außenbereich nicht privilegiertes sonstiges Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 2 BauGB, dessen Verwirklichung öffentliche Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn das Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, weil die geplante Bebauung der dortigen Landschaft wesensfremd sei. Die Sonderregelungen des § 35 Abs. 4 BauGB seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
10 
Bereits am 13.01.2006 haben die Kläger (Untätigkeits-)Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach den §§ 30 Abs. 3, 35 BauGB, weil die Baugrundstücke im Geltungsbereich des Ortsbauplanes 1942/14 lägen, bei dem es sich um einen übergeleiteten Ortsbauplan handle, der die Qualität eines einfachen Bebauungsplanes aufweise. Dieser einfache Bebauungsplan sei nicht funktionslos geworden. Denn in dem Bereich, in dem die Baugrundstücke liegen würden, sei eine Bebauung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 noch jederzeit und ohne Weiteres möglich. Es fehle daher bereits an der ersten Voraussetzung für ein Funktionsloswerden. Auf die Frage, in wie weit sich die Bebauung östlich der U.-Straße inzwischen in einer Weise entwickelt habe, die eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplanes in diesem Bereich auf unabsehbare Zeit ausschließe, komme es nicht an, da nach der Rechtsprechung die Plankonzeption eines Bebauungsplanes nicht schon dann sinnlos und funktionslos werde, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden könne. Die U.-Straße weise im fraglichen Bereich auch eine für eine Erschließungsstraße ausreichende Ausbaubreite auf und stehe für den Anliegerverkehr offen. Sie sei daher geeignet, den Erschließungsverkehr zum beabsichtigten Bauvorhaben abzuwickeln. Dem Bauvorhaben würden auch keine öffentlichen Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen. Darstellungen des Flächennutzungsplanes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) könnten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Dies gelte erst recht für künftige Darstellungen nach dem laufenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes 2010. Entgegenstehende öffentliche Belange i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3, 5, 6 und 8 BauGB seien nicht ersichtlich. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege würden durch das Vorhaben ebenfalls nicht beeinträchtigt. Die Baugrundstücke seien aufgrund der Festsetzungen des einfachen Bebauungsplanes grundsätzlich bebaubar. Deren Freihaltung von jeglicher Bebauung könne daher nicht mittels des öffentlichen Belanges nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gefordert werden. Das Vorhaben führe auch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu einer Verunstaltung des Landschafts- und Ortsbildes. Ebenso wenig lasse das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten. Dies folge bereits daraus, dass die beabsichtigte Bebauung den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 und damit den darin enthaltenen städtebaulichen Vorstellungen entspreche. Die Änderungsverordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.08.2005 zur Erweiterung des Landschaftsschutzgebietes G. stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen, da diese Verordnung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig sei. Die Änderungsverordnung sei offensichtlich abwägungsfehlerhaft. Denn das Regierungspräsidium Stuttgart sei bei seiner Entscheidung von der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes 1942/14 ausgegangen und habe damit die privaten Belange der Kläger bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Änderungsverordnung leide daher an einem zur Nichtigkeit führenden Abwägungsmangel. Dem beabsichtigten Bauvorhaben stehe auch der Artenschutz nicht entgegen. Im Bereich der streitgegenständlichen Grundstücke seien keine besonders geschützten Vogelarten im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, im Sinne der Begriffsdefinition des § 10 Abs. 2 Nr. 10 BNatSchG und gemäß Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie und/oder gemäß Anhang 1 der Bundesartenschutzverordnung ermittelt worden. Aus den insgesamt im Bereich der Gesamtstreuobstwiese ermittelten Vogelarten kämen als besonders geschützte Arten lediglich der Wendehals, Grünspecht, Mittelspecht und Halsbandschnepper in Betracht. Nur diese vier Vogelarten seien im Anhang der Bundesartenschutzverordnung und der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt. Alle anderen Vogelarten dagegen nicht. Die umfängliche Untersuchung aus dem Jahr 2004 habe ergeben, dass der Mittelspecht auf den streitgegenständlichen Grundstücken nicht habe festgestellt werden können. Dieser habe seinen Hauptlebensraum ohnehin in Laubwaldregionen. Streuobstwiesen seien für den Mittelspecht daher nicht von entscheidender Relevanz. Hinzu komme, dass der räumliche Verbotsbereich des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eng zu verstehen sei. Es gehe nicht um den Schutz von Lebens- und/oder Bruträumen. Geschützt seien alleine die Brut- und Wohnstätten der genannten Vogelarten. Solche Brut- und Wohnstätten würden bei der Ausführung des streitgegenständlichen Bauvorhabens jedoch weder beseitigt noch sonst beeinträchtigt. Eine Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 BNatSchG sei im Übrigen für ein rechtmäßiges Vorhaben, bei dem Brutstätten der besonders geschützten Art nicht absichtlich beeinträchtigt würden, nicht erforderlich, weil hier die Verbote des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG nicht gelten würden. Die Prüfung, inwieweit das Vorhaben öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige, sei ohnehin auf die Art der baulichen Nutzung beschränkt, da sich die planungsrechtliche Zulässigkeit der Baukörper selbst unmittelbar aus den Festsetzungen des gültigen Ortsbauplanes ergebe. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die beabsichtigte Wohnnutzung könne jedoch niemals schlüssig dargelegt werden (vgl. im Einzelnen: Klagebegründungen vom 12.01.2006, vom 27.07.2006, 29.06.2007 und vom 28. 08.2007).
11 
Die Kläger beantragen zuletzt,
12 
den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten positiven Bauvorbescheid für den Neubau von 3 Mehrfamilien-Wohnhäusern mit Tiefgarage auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... auf Gemarkung M., U.-Straße zu erteilen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Da sich die Bebauung im Wesentlichen nach dem Bebauungsplan von 1961 entwickelt habe, komme dem weggeplanten Teil westlich der U.-Straße nach dem Willen des neuen Satzungsgebers keine städtebauliche Funktion mehr zu. Im Übrigen könne sich eine Funktionslosigkeit auch daraus ergeben, dass sich das Gebiet durch die Nichtbebauung anders entwickelt habe und wie hier ein unter Naturschutzgesichtspunkten schützenswertes Gebiet entstanden sei. Zur Frage der ausreichenden Erschließung sei anzumerken, dass eine Verbreiterung der U.-Straße bei einer vorhandenen Breite von 4,80 bis 5,50 m zwar nicht erforderlich sei, wohl aber ein Verkehrsstraßenausbau, da es sich bei der U.-Straße bisher lediglich um eine unbefestigte Straße handle. Die notwendigen Ver- und Entsorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser seien zwar vorhanden, allerdings nur im Bereich des R. Wegs und nicht in der U.-Straße selbst. Die Erschließung der Gebäude östlich der U.-Straße erfolge ausschließlich über den K.-Weg. Auch für Wohnbauvorhaben im Außenbereich sei eine wegemäßige Erschließung zu fordern, die jedenfalls hinsichtlich der Befahrbarkeit der im Innenbereich erforderlichen und üblichen Erschließung in etwa entsprechen müsse. Dabei sei die Gemeinde auch nicht verpflichtet, ein Erschließungsangebot eines Bauwilligen anzunehmen. Dies gelte selbst dann, wenn das Bauvorhaben keine öffentlichen Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Die Beklagte lehne ein eventuelles Erschließungsangebot der Kläger ab, weil das beabsichtigte Vorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, erfordere unwirtschaftliche Aufwendungen für den Straßenbau, störe ganz erheblich die Belange des Naturschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft. Es gebe verschiedene avifaunistische Gutachten, die im besagten Gebiet Brut- und Nistreviere streng geschützter Vogelarten nachweisen würden. Einer Bebauung stehe damit § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegen. Auf Grund der über Jahre hin dokumentierten Brutsituation einiger streng schützenswerter Arten verweigere auch die Naturschutzbehörde einer Bebauung die Zustimmung. Allein auf den Grundstücken des Bauvorhabens seien aktuell sieben Lebensstätten besonders geschützter Arten festgestellt worden. In der unmittelbaren Umgebung würden die Lebensstätten von weiteren besonders geschützten Arten sowie von vier streng geschützten Arten (Gartenrotschwanz, Grünspecht, Halsbandschnepper, Wendehals) liegen. Zwar habe eine weitere streng geschützte Art, der Mittelspecht, in der diesjährigen Erfassung jahreszeitlich bedingt nicht mehr festgestellt werden können. Da die Lebensräume dieser Art jedoch weiterhin vorhanden und für die Art hinsichtlich Größe, Ausprägung und Qualität weiterhin als Lebensstätte geeignet seien, sei davon auszugehen, dass der Mittelspecht auch aktuell das Gebiet als Brutgebiet nutze. Das Streuobstgebiet am R. Weg sei demnach eines der artenreichsten Streuobstgebiete auf Stuttgarter Gemarkung. Von einer Bebauung auf den genannten Grundstücken würden nicht nur die Lebensstätten der dort brütenden besonders geschützten Arten direkt beseitigt (Blaumeise, Amsel, Buchfink, Kohlmeise, Star und Feldsperling), sondern auch die Lebensstätten der in der Umgebung liegenden besonders und streng geschützten Arten erheblich nachteilig beeinträchtigt. Denn es könne davon ausgegangen werden, dass die in der Umgebung liegenden Lebensstätten der streng geschützten Arten nach einer Bebauung von diesen Arten nicht mehr besiedelt würden. Dem Bauvorhaben stehe daher § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.V.m. den Art. 5 bis 7 der Vogelschutzrichtlinie entgegen. Eine Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 BNatSchG könne nicht erteilt werden, weil die Durchführung der Vorschriften im vorliegenden Fall zu keiner unbeabsichtigten Härte führe.
16 
Ebenso wenig seien überwiegende Gründe des Gemeinwohls ersichtlich (vgl. im Einzelnen Klagerwiderungen vom 08.08.2006, 30.04.2007, 16.05.2007 und vom 25.07.2007).
17 
Der Berichterstatter hat am 08.11.2006 die Baugrundstücke und deren nähere Umgebung in Augenschein genommen und mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen des Ergebnisses dieses Ortstermins wird auf das Protokoll vom 08.11.2006 verwiesen.
18 
Für die Baugrundstücke nördlich der Baugrundstücke ist eine weitere Klage auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für ein weiteres vergleichbares Bauprojekt (U.-Straße II) bei der Kammer anhängig (Az.: 13 K 528/06), das die Beteiligten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren zum Ruhen gebracht haben.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und auch teilweise begründet.
21 
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hinsichtlich des in Ziffer 1 ihrer Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebenen Vorhabens. Denn die dort dargestellten 3 Wohnhäuser sind an den vorgesehenen Standorten planungsrechtlich zulässig. Die Ziffer 1 des Bauvorbescheides der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 ist daher insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
22 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Da hierfür u. a. auch § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entsprechend gilt, ist der (positive) Bauvorbescheid dann zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben die nach dem Inhalt der Bauvoranfrage zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen.
23 
Im vorliegenden Fall war die Bauvoranfrage der Kläger auf die Frage der Bebaubarkeit ihrer Grundstücke mit 3 Wohngebäuden und einer Tiefgarage beschränkt.
24 
Die planungsrechtliche Zulässigkeit der Wohngebäude (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) richtet sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB zunächst nach den Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 und im Übrigen nach § 35 BauGB.
25 
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung, dass die für das fragliche Gebiet vorliegenden früheren Ortsbau- bzw. Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III, welche eine Bebauung der Grundstücke westlich der U.-Straße entlang festgesetzter Baulinien vorsahen, durch den Bebauungsplan 1936/114 ersetzt worden sind und ihnen daher im vorliegenden Verfahren keine streitentscheidende Bedeutung mehr zukommt. Ebenso unstreitig ist, dass der Bebauungsplan 1936/114 durch den Ortsbauplan 1942/14 aufgehoben worden ist, welcher neben der Neugliederung des Teilgebiets östlich der U.-Straße - unter Einbeziehung der dort bereits vorhandenen Bebauung - auch eine Erweiterung des Baugebiets durch Ausweisung eines Baustreifens westlich der U.-Straße bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes (südlich des damaligen H.-L.-Weges) vorsieht.
26 
Bei diesem mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzbuchs vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341; im Weiteren BBauG 1960) nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Ortsbauplan handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 3 BauGB (im Weiteren: Bebauungsplan 1942/14), da dieser lediglich Baulinien-, Baufenster, Vorgartenflächen- und Bauverbotsflächenfestsetzungen enthält und die für den Planbereich zusätzlich erlassenen Anbauvorschriften über die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung aus den im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidium Stuttgart vom 24.07.2006 im Einzelnen dargelegten und ebenfalls nicht im Streit befindlichen Gründen nicht rechtsgültig geworden sind.
27 
Der Bebauungsplan 1942/14 ist aber nach wie vor rechtsgültig.
28 
Insoweit ist zwischen den Beteiligten zunächst weiter außer Streit, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht durch den qualifizierten Bebauungsplan 1961/79, welcher den östlichen Teilbereich des Plangebiets erneut umgestaltete und das frühere Planziel eines Baustreifens westlich der U.-Straße wieder aufgab, nicht aufgehoben wurde, da dieser qualifizierte Bebauungsplan in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen wurde und deshalb nichtig ist.
29 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist der Bebauungsplan 1942/14 - jedenfalls in dem Bereich, in dem das Baugrundstück der Kläger liegt - auch nicht funktionslos geworden.
30 
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, treten bauplanerische Festsetzungen (ausnahmsweise) wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen keinen Schutz mehr verdient. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die betreffenden Festsetzungen noch geeignet sind, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Plankonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird deshalb nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl. zur Teilnichtigkeit: VGH Baden-Württ., Urteil vom 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris). Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse von der ursprünglichen Plankonzeption so massiv abweichen, dass die mit den Festsetzungen verfolgten Planungsziele nicht mehr erreicht werden können, kann eine Funktionslosigkeit der betroffenen Festsetzungen angenommen werden (vgl. hierzu BVerwG in BVerwGE 54, S. 5; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 17 46/02 -; Urt. v. 27.10.2006 - 8 S 361/06 - in Juris, jew. m.w.N.).
31 
Unter Zugrundelegung dieser obergerichtlichen Vorgaben kann von einer Funktionslosigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 in dem Bereich, in dem die Grundstücke der Kläger liegen (Teilbereich westlich der U.-Straße) nicht ausgegangen werden.
32 
Im Gebiet westlich der U.-Straße sind bereits keine Veränderungen im Sinne der o. g. Rechtsprechung eingetreten, die eine Verwirklichung der für diesen Teilbereich geltenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 ausschließen. Denn eine Bebauung der Grundstücke der Kläger ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden.
33 
Im Gegensatz zum Gebiet östlich der U.-Straße, das von den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 unstreitig in weiten Teilen abweichend überbaut wurde, ist der gesamte Planbereich westlich der U.-Straße nach wie vor vollständig unbebaut, so dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 (unter anderem) verfolgte Planziel einer Erweiterung des Baugebiets durch eine Bebauung westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt erreichbar ist.
34 
Dies gilt selbst für den Bereich südlich des früheren H.-L.- und heutigen M.-Weges, in dem die bestehende U.-Straße - von den betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 abweichend - in südöstlicher Richtung abknickt und demzufolge die westlich der geplanten Erschließungsstraße liegenden überbaubaren Flächen des geplanten Baustreifens derzeit wegemäßig nicht erschließt.
35 
Denn das Plangebiet ist auch in diesem Bereich bislang völlig unbebaut. Die im Bebauungsplan 1942/14 dort vorgesehene Erschließungsstraße kann folglich ebenfalls noch realisiert werden. Die in diesem Bereich derzeit fehlende wegemäßige Erschließung führt daher ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der dortigen Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14. Es handelt sich hierbei vielmehr lediglich um eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs (vgl. für einem vergleichbaren Fall: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
36 
Die Bebaubarkeit des Teilbereichs westlich der U.-Straße ist auch nicht aus rechtlichen Gründen, etwa durch die inzwischen erfolgte Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung G. (im Weiteren: LSGVO) entfallen. Denn nach § 6 Ziffer 6 dieser LSGVO gelten die Verbote des § 4 LSGVO und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 LSGVO für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes ausdrücklich nicht. Da die LSGVO den Oberbegriff „Bebauungsplan“ verwendet, fallen hierunter nicht lediglich qualifizierte Bebauungspläne im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB, sondern auch einfache Bebauungspläne wie der hier vorliegende Bebauungsplan 1942/14 (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - in Juris). Die von den Klägern aufgeworfene Frage der Nichtigkeit dieser LSGVO kann daher offen bleiben.
37 
Eben so wenig ist eine Bebauung der Grundstücke der Kläger aufgrund des inzwischen in Kraft getretenen, geänderten Flächennutzungsplanes 2010 ausgeschlossen. Denn auch dieser kann einer nach dem Bebauungsplan 1942/14 zulässigen Bebauung grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden, solange die Beklagte dessen Inhalt nicht durch eine entsprechende Neuplanung umgesetzt hat. Die genannten Festsetzungen sind daher auch durch das Inkrafttreten des geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht funktionslos geworden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
38 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann auch der Umstand, dass der im Bebauungsplan 1942/14 westlich der U.-Straße vorgesehene Baustreifen bis zum heutigen Zeitpunkt nicht realisiert worden ist und sich der Ortsrand stattdessen entsprechend der Vorgaben des späteren qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 entlang der östlichen Seite der U.-Straße ausgebildet hat, die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen nicht begründen, so lange deren Verwirklichung und damit der Vollzug des Bebauungsplanes in dem fraglichen Bereich - wie hier - tatsächlich noch möglich ist (so VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -; Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - jeweils in Juris).
39 
Die im qualifizierten Bebauungsplan 1961/79 zum Ausdruck gekommene Änderung der Planungsabsichten der Beklagten führt ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen. Denn nachdem der Beklagten bereits seit längerer Zeit bekannt ist, dass der Bebauungsplan 1961/79 wegen eines Verfahrensfehlers rechtsungültig ist, hatte diese als Trägerin der kommunalen Planungshoheit bis zum heutigen Zeitpunkt ausreichend Gelegenheit, ihre geänderten Planungsabsichten in einem rechtsgültigen Bebauungsplan zu manifestieren und den Bebauungsplan 1942/14 damit außer Kraft zu setzen (vgl. VGH a.a.O.).
40 
Für die Kammer steht daher fest, dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 vorgegebene Plankonzept einer Erweiterung des Baugebiets um einen Baustreifen westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt realisierbar ist und die diesbezüglichen Festsetzungen des Bebauungsplans folglich nicht funktionslos geworden sind.
41 
Soweit das Regierungspräsidium Stuttgart trotz der tatsächlich noch bestehenden Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen aus der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen im Teilbereich des Plangebiets östlich der U.-Straße sowie aus den Größenverhältnissen der Teilbereiche östlich und westlich der U.-Straße herleiten will, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen.
42 
Denn wie bereits dargelegt, verfolgte der Plangeber mit dem Bebauungsplan 1942/14 mehrere Planziele nebeneinander, nämlich zum einen eine Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße unter Einbeziehung des dort vorhandenen Baubestandes und zum anderen die Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung um einen weiteren Baustreifen bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes. Diese vom damaligen Plangeber beabsichtigte Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ist jedoch unabhängig von der konkreten Gestaltung des Teilbereichs östlich der U.-Straße möglich und steht deshalb mit der zugleich beabsichtigten Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße in keinem untrennbaren Sachzusammenhang.
43 
Davon, dass es sich hierbei um unterschiedliche und unabhängig voneinander realisierbare Planziele handelt, ist die Beklagte bis Oktober 2004 offensichtlich auch selbst ausgegangen.
44 
Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihre Absicht, das Baugebiet im fraglichen Bereich in westlicher Richtung zu erweitern, erst im Oktober 2004 endgültig aufgegeben, obwohl sich die tatsächliche Bebauung des Teilbereichs östlich der U.-Straße bereits seit spätestens Anfang der 60er Jahre nach den Vorgaben des nicht rechtsgültigen qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 und damit abweichend vom Bebauungsplan 1942/14 entwickelt hat.
45 
Ist die Beklagte aber selbst trotz der von ihr nun ins Feld geführten abweichenden baulichen Entwicklung östlich der U.-Straße bis Oktober 2004 von der Möglichkeit einer Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ausgegangen, kann auch den Eigentümern der westlich der U.-Straße liegenden potentiellen Baugrundstücke ein entsprechendes Vertrauen in die Bebaubarkeit dieser Grundstücke nicht abgesprochen werden.
46 
Damit ist auch die weitere Voraussetzung für die Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes (Wegfall des Vertrauens in die Fortgeltung der Festsetzungen zur Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße) offensichtlich nicht gegeben.
47 
Geht man nach alledem im Ergebnis davon aus, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht funktionslos geworden ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziff. 1 der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhabens zunächst nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes, der für das Baugrundstück Baulinien, Baufenster, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festsetzt. Diese Festsetzungen halten die von den Klägern geplanten Wohnhäuser (vgl. Planunterlagen zu Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005) jedoch ein, da die geplanten Baukörper ausnahmslos innerhalb der auf dem Baugrundstück vorgesehenen überbaubaren Flächen (Baufenster) liegen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung.
48 
Auch im Übrigen bestehen gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Wohnhäuser keine durchgreifenden Bedenken.
49 
Da das Baugrundstück nach dem Ergebnis des Ortstermins unstreitig außerhalb des östlich entlang der U.-Straße verlaufenden Ortsrandes und damit im Außenbereich liegt, ist gemäß § 30 Abs. 3 BauGB weiter zu prüfen, ob die - im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Wohnhäuser im Übrigen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen.
50 
Eine solche Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Da die Wohnhäuser im Geltungsbereich eines rechtsgültigen einfachen Bebauungsplanes liegen, können diesen die entgegenstehenden Darstellungen des inzwischen geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht entgegengehalten werden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB; so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - m.w.N. in Juris).
51 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB und insbesondere einen Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauBG verankerte Rücksichtnahmegebot behauptet die Beklagte selbst nicht und ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.
52 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Insoweit bestehen wiederum bereits Zweifel daran, ob einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes der Einwand unwirtschaftlicher Aufwendungen im Sinne der genannten Regelung überhaupt entgegengehalten werden kann, da eine fehlende (wegemäßige) Erschließung im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes - wie bereits dargelegt - lediglich eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990
53 
- 8 S 1215/90 - in Juris).
54 
Hinzu kommt, dass die U.-Straße nach dem Ergebnis des Ortstermins im Bereich des Baugrundstücks der Kläger nach Lage, Breite und Ausbauzustand (asphaltiert) im Wesentlichen der entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan 1942/14 entspricht und das Baugrundstück daher in ausreichenden Maße wegemäßig erschlossen sind.
55 
Die notwendigen Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) sind in dem am Baugrundstück entlang führenden R. Weg ebenfalls vorhanden.
56 
Da sich die beabsichtigte Bebauung innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen (Baufenster) hält, beeinträchtigt diese - obwohl die Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan nicht geregelt ist - auch weder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) noch kann diese zu einer Zersiedelung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB führen, da die Bebauung auf die im Plangebiet ausgewiesenen überbaubaren Flächen beschränkt und folglich keine Ausuferung der Bebauung über das Plangebiet hinaus zu befürchten ist (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.).
57 
Die geplanten Wohnhäuser beeinträchtigen an dem vorgesehenen Standort auch keine Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Insbesondere liegt - wie bereits dargelegt - kein Verstoß gegen die Schutznormen der LSGVO vor, da im ausgewiesenen Schutzgebiet für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes die Verbote des § 4 und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung ausdrücklich nicht gelten (vgl. § 6 Ziff. 6 LSGVO).
58 
Von einer Beeinträchtigung „sonstiger“ Belange des Naturschutzes geht die Beklagte selbst nicht aus (vgl. Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz vom 04.07.2007, AS 21 der Behördenakten).
59 
Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang allein ins Feld geführte öffentliche Belang des Vogelschutzes, der zu den Belangen des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zählt, wird durch die geplanten Wohnhäuser am vorgesehenen Standort nach Einschätzung der Kammer ebenfalls nicht beeinträchtigt.
60 
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes mit den in § 35 Abs. 2 und 3 BauGB genannten öffentlichen Belangen vereinbar ist, nur noch stellt, soweit sich dessen planungsrechtliche Zulässigkeit nicht bereits direkt aus dem Bebauungsplan selbst ergibt. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BauGB, wonach sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes „im Übrigen“, also nur soweit der Bebauungsplan die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht durch Festsetzungen abschließend regelt, nach § 34 oder § 35 BauGB richtet.
61 
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich die Frage, ob die beabsichtigten Baukörper am vorgesehenen Standort die Belange des Vogelschutzes beeinträchtigen, nicht mehr stellt, weil die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung baulicher Anlagen auf den im Bebauungsplan ausgewiesenen überbaubaren Flächen bereits durch den Bebauungsplan abschließend geregelt und ausdrücklich zugelassen ist.
62 
Dementsprechend kann eine planungsrechtlich zulässige Bebauung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch grundsätzlich nicht als absichtliche Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Arten und damit nicht als Verstoß gegen die einschlägigen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Bundesartenschutzverordnung eingestuft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - m.w.N. in Juris).
63 
Dem Umstand, dass einer nach Bebauungsplan zulässigen Bebauung im Plangebiet keine natur- und artenschutzrechtlichen Belange (mehr) entgegengehalten werden können und deren Zulässigkeit auch durch den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht nachträglich in Frage gestellt werden kann, hat im Übrigen auch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Naturschutzbehörde bei der Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets G. mit der bereits mehrfach zitierten Regelung des § 6 Ziff. 6 der LSGVO ausdrücklich Rechnung getragen.
64 
Es ist daher im vorliegenden Verfahren vom Gericht nur noch zu prüfen, ob die - im Bebauungsplan nicht festgesetzte Art der baulichen Nutzung und die konkrete Gestaltung der Baukörper, die nicht durch entsprechende Maßfaktoren der baulichen Nutzung im Bebauungsplan vorgegeben ist (z. B. zur Gebäudehöhe, Stockwerkszahl, Dachgestaltung, etc.), den geltend gemachten Belang des Vogelschutzes beeinträchtigt.
65 
Eine solche Beeinträchtigung durch die konkret beabsichtigte Wohnnutzung und die bauliche Gestaltung der geplanten Gebäude hat die Beklagte jedoch selbst nicht substantiiert behauptet und ist auch für die Kammer nicht erkennbar.
66 
Doch selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass bei der Prüfung einer Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes das gesamte Bauvorhaben in den Blick zu nehmen ist, kann eine solche Beeinträchtigung im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
67 
Denn nach den von der Beklagten in das vorliegende Verfahren eingeführten Erhebungen aus den Jahren
68 
- 1986 (Avifaunistische Untersuchungen M. der Arbeitsgemeinschaft Landschaftsökologie K. und Partner, S.),
- 1990 (Ökologische Grundlagen zur Grünordnungsplanung R. Weg/S.- M. der Bürogemeinschaft Landschaftsökologie und Planung, S.),
- 2004 (Ornithologisches Gutachten zur Bedeutung des Streuobstwiesengeländes R. Weg in M. des Kuratoriums für avifaunistische Forschung in Baden- Württemberg) und
- 2007 (Brutvogelerfassung auf der Streuobstwiese am R. Weg in M. des Diplombiologen Q., S.)
69 
wurden auf dem Baugrundstück der Kläger - und nur dieses ist im vorliegenden Verfahren in den Blick zu nehmen - zu keinem der genannten Erfassungszeitpunkte Nist-, Brut-, Wohn-, oder Zufluchtsstätten von Vogelarten festgestellt, die nach Anhang 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (EWG R 11 409/79; im Weiteren: Vogelschutzrichtlinie) oder nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt oder nach der Roten Liste Baden-Württemberg 2004 stark gefährdet (RL 2) sind.
70 
Anlässlich der Erfassung 2004 wurde vielmehr lediglich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks der Kläger jeweils ein Brut- bzw. Nistplatz eines Wendehalses (RL 2) sowie eines Grün- und eines Mittelspechts (streng geschützt) festgestellt.
71 
Auf dem Baugrundstück der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt dagegen lediglich der Brutplatz eines Haussperlings.
72 
Auch bei der Brutvogelerfassung im April/Mai 2007 wurden auf dem Baugrundstück der Kläger keine besonders geschützten oder stark gefährdeten Vogelarten festgestellt. Lediglich in der weiteren Umgebung wurden wiederum Nist- und Brutstätten eines Wendehalses (RL 2), von zwei Halsbandschneppern (RL 2) und eines Grünspechts (streng geschützt) vorgefunden, deren Abstände zum Baugrundstück der Kläger jedoch zwischen ca. 70 und 130 m betrugen und damit zum Baugrundstück der Kläger nicht näher lagen als die bereits vorhandene Außenbereichs- und Ortsrandbebauung.
73 
Geht man weiter davon aus, dass diese stark gefährdeten bzw. streng geschützten Vogelarten ihre bestehenden Brutreviere trotz der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Außenbereichs- und Ortsrandbebauung bislang nicht aufgegeben haben, ist auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass diese Vogelarten ihre Brutreviere im Falle einer Bebauung der nicht bzw. nur unwesentlich näher liegenden Grundstücke der Kläger aufgeben würden, für die Kammer nicht nachvollziehbar geschweige denn verifizierbar.
74 
Denn die genannten Vogelarten leben nicht nur bereits bislang in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Wohngebiet östlich der U.-Straße. Sie haben nach den von der Beklagten vorgelegten Erhebungen offensichtlich auch ihre Brut- bzw. Nahrungsreviere an diese (bebaute) Umgebung angepasst. Dies belegen insbesondere die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen über die Erfassung 2004.
75 
Aus diesen Unterlagen ergibt sich im Übrigen auch, dass die Brut- bzw. Nahrungsreviere der in der Umgebung des Baugrundstücks der Kläger festgestellten streng geschützten bzw. stark gefährdeten Vogelarten das Baugrundstück der Kläger überhaupt nicht bzw. nur am Rande berühren. Lediglich das Brutrevier des im Jahr 2004 auf dem Nachbargrundstück des Baugrundstücks brütenden Mittelspechts erstreckt sich nahezu vollständig auch über das Baugrundstück der Kläger. Dieser Mittelspecht wurde anlässlich der Erhebung im April/Mai 2007 in diesem Bereich aber nicht mehr angetroffen.
76 
Die festgestellte, lediglich geringfügige Überschneidung der Brut- und Nahrungsreviere der im April/Mai 2007 noch angetroffenen Vogelarten (Halsbandschnepper, Wendehals, Grünspecht) mit dem Baugrundstück der Kläger reicht jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zu bejahen (in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - in Juris).
77 
Soweit auf dem Baugrundstück der Kläger im Jahr 2004 der Brutplatz eines Haussperlings und im April/Mai 2007 „Revierzentren“ eines Feldsperlings, einer Blaumeise, einer Kohlmeise und eines Stars festgestellt wurden, gilt insoweit bereits deshalb nichts anderes, weil es sich bei diesen Vogelarten um keine streng geschützten oder besonders gefährdeten Arten im Sinne der genannten Vorschriften handelt.
78 
Im Übrigen hält es die Kammer auch insoweit für nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Vögel ihren bisherigen Lebensraum allein wegen einer weiteren Bebauung des klägerischen Grundstücks aufgeben, nachdem diese ihre Brutreviere bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe des Ortsrandes haben.
79 
Soweit sich die genannten Nist- und Brutstätten dieser Vögel auf Bäumen befinden, die auf dem Baugrundstück außerhalb der Baufenster stehen, hat die Baugenehmigungsbehörde außerdem zusätzlich die Möglichkeit, durch entsprechende Baugenehmigungsauflagen sicherzustellen, dass die Lebensstätten dieser Vögel durch das Bauvorhaben nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt werden (vgl. auch hierzu im Einzelnen BVerwG a.a.O.).
80 
Da die in Ziff. 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 genannten Baukörper nach alledem keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen und deren Erschließung - wie bereits ausgeführt - über die bestehende U.-Straße gesichert ist, haben die Kläger insoweit Anspruch auf einen positiven Bauvorbescheid.
81 
Dagegen ist die in Ziff. 2 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebene Tiefgarage bereits nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 planungsrechtlich unzulässig, da sich deren Standort vollständig außerhalb der durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufenster und damit auf einer Bauverbotsfläche im Sinne des Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Württ. BauO) befindet. Die Tatsache, dass die Tiefgarage mit 1 m Erdreich überdeckt und intensiv mit Bäumen bepflanzt werden soll, rechtfertigt insoweit keine andere Beurteilung, da durch Bebauungsplan festgesetzte Bauverbotsflächen auch mit unterirdischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen einzuhalten sind.
82 
Ob von der Einhaltung der betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes für die Tiefgarage eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung, da die Frage einer solchen Befreiung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 war.
83 
Der Klage war daher nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
85 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Kammer weder bei der Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes noch bei der Frage, in welchem Umfang einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes die Belange des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegen gehalten werden können, von der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist.
86 
Beschluss vom 16. Oktober 2007
87 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf
88 
EUR 375.000,00
89 
festgesetzt (vgl. Ziffer 9.2 des Streitwertkatalogs 2004).
90 
Dabei hat das Gericht die zwischen den Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung unstreitige ortsübliche Wertdifferenz zwischen einem bebaubaren und einem nicht bebaubaren Grundstück im betreffenden Gebiet (ca. 250 EUR pro m²) und die Größe des Baugrundstücks (ca. 3.000 m²) berücksichtigt.

Gründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und auch teilweise begründet.
21 
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hinsichtlich des in Ziffer 1 ihrer Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebenen Vorhabens. Denn die dort dargestellten 3 Wohnhäuser sind an den vorgesehenen Standorten planungsrechtlich zulässig. Die Ziffer 1 des Bauvorbescheides der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 ist daher insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
22 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Da hierfür u. a. auch § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entsprechend gilt, ist der (positive) Bauvorbescheid dann zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben die nach dem Inhalt der Bauvoranfrage zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen.
23 
Im vorliegenden Fall war die Bauvoranfrage der Kläger auf die Frage der Bebaubarkeit ihrer Grundstücke mit 3 Wohngebäuden und einer Tiefgarage beschränkt.
24 
Die planungsrechtliche Zulässigkeit der Wohngebäude (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) richtet sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB zunächst nach den Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 und im Übrigen nach § 35 BauGB.
25 
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung, dass die für das fragliche Gebiet vorliegenden früheren Ortsbau- bzw. Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III, welche eine Bebauung der Grundstücke westlich der U.-Straße entlang festgesetzter Baulinien vorsahen, durch den Bebauungsplan 1936/114 ersetzt worden sind und ihnen daher im vorliegenden Verfahren keine streitentscheidende Bedeutung mehr zukommt. Ebenso unstreitig ist, dass der Bebauungsplan 1936/114 durch den Ortsbauplan 1942/14 aufgehoben worden ist, welcher neben der Neugliederung des Teilgebiets östlich der U.-Straße - unter Einbeziehung der dort bereits vorhandenen Bebauung - auch eine Erweiterung des Baugebiets durch Ausweisung eines Baustreifens westlich der U.-Straße bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes (südlich des damaligen H.-L.-Weges) vorsieht.
26 
Bei diesem mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzbuchs vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341; im Weiteren BBauG 1960) nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Ortsbauplan handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 3 BauGB (im Weiteren: Bebauungsplan 1942/14), da dieser lediglich Baulinien-, Baufenster, Vorgartenflächen- und Bauverbotsflächenfestsetzungen enthält und die für den Planbereich zusätzlich erlassenen Anbauvorschriften über die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung aus den im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidium Stuttgart vom 24.07.2006 im Einzelnen dargelegten und ebenfalls nicht im Streit befindlichen Gründen nicht rechtsgültig geworden sind.
27 
Der Bebauungsplan 1942/14 ist aber nach wie vor rechtsgültig.
28 
Insoweit ist zwischen den Beteiligten zunächst weiter außer Streit, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht durch den qualifizierten Bebauungsplan 1961/79, welcher den östlichen Teilbereich des Plangebiets erneut umgestaltete und das frühere Planziel eines Baustreifens westlich der U.-Straße wieder aufgab, nicht aufgehoben wurde, da dieser qualifizierte Bebauungsplan in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen wurde und deshalb nichtig ist.
29 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist der Bebauungsplan 1942/14 - jedenfalls in dem Bereich, in dem das Baugrundstück der Kläger liegt - auch nicht funktionslos geworden.
30 
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, treten bauplanerische Festsetzungen (ausnahmsweise) wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen keinen Schutz mehr verdient. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die betreffenden Festsetzungen noch geeignet sind, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Plankonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird deshalb nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl. zur Teilnichtigkeit: VGH Baden-Württ., Urteil vom 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris). Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse von der ursprünglichen Plankonzeption so massiv abweichen, dass die mit den Festsetzungen verfolgten Planungsziele nicht mehr erreicht werden können, kann eine Funktionslosigkeit der betroffenen Festsetzungen angenommen werden (vgl. hierzu BVerwG in BVerwGE 54, S. 5; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 17 46/02 -; Urt. v. 27.10.2006 - 8 S 361/06 - in Juris, jew. m.w.N.).
31 
Unter Zugrundelegung dieser obergerichtlichen Vorgaben kann von einer Funktionslosigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 in dem Bereich, in dem die Grundstücke der Kläger liegen (Teilbereich westlich der U.-Straße) nicht ausgegangen werden.
32 
Im Gebiet westlich der U.-Straße sind bereits keine Veränderungen im Sinne der o. g. Rechtsprechung eingetreten, die eine Verwirklichung der für diesen Teilbereich geltenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 ausschließen. Denn eine Bebauung der Grundstücke der Kläger ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden.
33 
Im Gegensatz zum Gebiet östlich der U.-Straße, das von den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 unstreitig in weiten Teilen abweichend überbaut wurde, ist der gesamte Planbereich westlich der U.-Straße nach wie vor vollständig unbebaut, so dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 (unter anderem) verfolgte Planziel einer Erweiterung des Baugebiets durch eine Bebauung westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt erreichbar ist.
34 
Dies gilt selbst für den Bereich südlich des früheren H.-L.- und heutigen M.-Weges, in dem die bestehende U.-Straße - von den betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 abweichend - in südöstlicher Richtung abknickt und demzufolge die westlich der geplanten Erschließungsstraße liegenden überbaubaren Flächen des geplanten Baustreifens derzeit wegemäßig nicht erschließt.
35 
Denn das Plangebiet ist auch in diesem Bereich bislang völlig unbebaut. Die im Bebauungsplan 1942/14 dort vorgesehene Erschließungsstraße kann folglich ebenfalls noch realisiert werden. Die in diesem Bereich derzeit fehlende wegemäßige Erschließung führt daher ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der dortigen Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14. Es handelt sich hierbei vielmehr lediglich um eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs (vgl. für einem vergleichbaren Fall: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
36 
Die Bebaubarkeit des Teilbereichs westlich der U.-Straße ist auch nicht aus rechtlichen Gründen, etwa durch die inzwischen erfolgte Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung G. (im Weiteren: LSGVO) entfallen. Denn nach § 6 Ziffer 6 dieser LSGVO gelten die Verbote des § 4 LSGVO und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 LSGVO für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes ausdrücklich nicht. Da die LSGVO den Oberbegriff „Bebauungsplan“ verwendet, fallen hierunter nicht lediglich qualifizierte Bebauungspläne im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB, sondern auch einfache Bebauungspläne wie der hier vorliegende Bebauungsplan 1942/14 (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - in Juris). Die von den Klägern aufgeworfene Frage der Nichtigkeit dieser LSGVO kann daher offen bleiben.
37 
Eben so wenig ist eine Bebauung der Grundstücke der Kläger aufgrund des inzwischen in Kraft getretenen, geänderten Flächennutzungsplanes 2010 ausgeschlossen. Denn auch dieser kann einer nach dem Bebauungsplan 1942/14 zulässigen Bebauung grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden, solange die Beklagte dessen Inhalt nicht durch eine entsprechende Neuplanung umgesetzt hat. Die genannten Festsetzungen sind daher auch durch das Inkrafttreten des geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht funktionslos geworden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
38 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann auch der Umstand, dass der im Bebauungsplan 1942/14 westlich der U.-Straße vorgesehene Baustreifen bis zum heutigen Zeitpunkt nicht realisiert worden ist und sich der Ortsrand stattdessen entsprechend der Vorgaben des späteren qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 entlang der östlichen Seite der U.-Straße ausgebildet hat, die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen nicht begründen, so lange deren Verwirklichung und damit der Vollzug des Bebauungsplanes in dem fraglichen Bereich - wie hier - tatsächlich noch möglich ist (so VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -; Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - jeweils in Juris).
39 
Die im qualifizierten Bebauungsplan 1961/79 zum Ausdruck gekommene Änderung der Planungsabsichten der Beklagten führt ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen. Denn nachdem der Beklagten bereits seit längerer Zeit bekannt ist, dass der Bebauungsplan 1961/79 wegen eines Verfahrensfehlers rechtsungültig ist, hatte diese als Trägerin der kommunalen Planungshoheit bis zum heutigen Zeitpunkt ausreichend Gelegenheit, ihre geänderten Planungsabsichten in einem rechtsgültigen Bebauungsplan zu manifestieren und den Bebauungsplan 1942/14 damit außer Kraft zu setzen (vgl. VGH a.a.O.).
40 
Für die Kammer steht daher fest, dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 vorgegebene Plankonzept einer Erweiterung des Baugebiets um einen Baustreifen westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt realisierbar ist und die diesbezüglichen Festsetzungen des Bebauungsplans folglich nicht funktionslos geworden sind.
41 
Soweit das Regierungspräsidium Stuttgart trotz der tatsächlich noch bestehenden Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen aus der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen im Teilbereich des Plangebiets östlich der U.-Straße sowie aus den Größenverhältnissen der Teilbereiche östlich und westlich der U.-Straße herleiten will, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen.
42 
Denn wie bereits dargelegt, verfolgte der Plangeber mit dem Bebauungsplan 1942/14 mehrere Planziele nebeneinander, nämlich zum einen eine Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße unter Einbeziehung des dort vorhandenen Baubestandes und zum anderen die Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung um einen weiteren Baustreifen bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes. Diese vom damaligen Plangeber beabsichtigte Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ist jedoch unabhängig von der konkreten Gestaltung des Teilbereichs östlich der U.-Straße möglich und steht deshalb mit der zugleich beabsichtigten Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße in keinem untrennbaren Sachzusammenhang.
43 
Davon, dass es sich hierbei um unterschiedliche und unabhängig voneinander realisierbare Planziele handelt, ist die Beklagte bis Oktober 2004 offensichtlich auch selbst ausgegangen.
44 
Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihre Absicht, das Baugebiet im fraglichen Bereich in westlicher Richtung zu erweitern, erst im Oktober 2004 endgültig aufgegeben, obwohl sich die tatsächliche Bebauung des Teilbereichs östlich der U.-Straße bereits seit spätestens Anfang der 60er Jahre nach den Vorgaben des nicht rechtsgültigen qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 und damit abweichend vom Bebauungsplan 1942/14 entwickelt hat.
45 
Ist die Beklagte aber selbst trotz der von ihr nun ins Feld geführten abweichenden baulichen Entwicklung östlich der U.-Straße bis Oktober 2004 von der Möglichkeit einer Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ausgegangen, kann auch den Eigentümern der westlich der U.-Straße liegenden potentiellen Baugrundstücke ein entsprechendes Vertrauen in die Bebaubarkeit dieser Grundstücke nicht abgesprochen werden.
46 
Damit ist auch die weitere Voraussetzung für die Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes (Wegfall des Vertrauens in die Fortgeltung der Festsetzungen zur Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße) offensichtlich nicht gegeben.
47 
Geht man nach alledem im Ergebnis davon aus, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht funktionslos geworden ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziff. 1 der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhabens zunächst nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes, der für das Baugrundstück Baulinien, Baufenster, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festsetzt. Diese Festsetzungen halten die von den Klägern geplanten Wohnhäuser (vgl. Planunterlagen zu Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005) jedoch ein, da die geplanten Baukörper ausnahmslos innerhalb der auf dem Baugrundstück vorgesehenen überbaubaren Flächen (Baufenster) liegen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung.
48 
Auch im Übrigen bestehen gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Wohnhäuser keine durchgreifenden Bedenken.
49 
Da das Baugrundstück nach dem Ergebnis des Ortstermins unstreitig außerhalb des östlich entlang der U.-Straße verlaufenden Ortsrandes und damit im Außenbereich liegt, ist gemäß § 30 Abs. 3 BauGB weiter zu prüfen, ob die - im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Wohnhäuser im Übrigen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen.
50 
Eine solche Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Da die Wohnhäuser im Geltungsbereich eines rechtsgültigen einfachen Bebauungsplanes liegen, können diesen die entgegenstehenden Darstellungen des inzwischen geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht entgegengehalten werden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB; so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - m.w.N. in Juris).
51 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB und insbesondere einen Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauBG verankerte Rücksichtnahmegebot behauptet die Beklagte selbst nicht und ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.
52 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Insoweit bestehen wiederum bereits Zweifel daran, ob einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes der Einwand unwirtschaftlicher Aufwendungen im Sinne der genannten Regelung überhaupt entgegengehalten werden kann, da eine fehlende (wegemäßige) Erschließung im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes - wie bereits dargelegt - lediglich eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990
53 
- 8 S 1215/90 - in Juris).
54 
Hinzu kommt, dass die U.-Straße nach dem Ergebnis des Ortstermins im Bereich des Baugrundstücks der Kläger nach Lage, Breite und Ausbauzustand (asphaltiert) im Wesentlichen der entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan 1942/14 entspricht und das Baugrundstück daher in ausreichenden Maße wegemäßig erschlossen sind.
55 
Die notwendigen Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) sind in dem am Baugrundstück entlang führenden R. Weg ebenfalls vorhanden.
56 
Da sich die beabsichtigte Bebauung innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen (Baufenster) hält, beeinträchtigt diese - obwohl die Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan nicht geregelt ist - auch weder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) noch kann diese zu einer Zersiedelung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB führen, da die Bebauung auf die im Plangebiet ausgewiesenen überbaubaren Flächen beschränkt und folglich keine Ausuferung der Bebauung über das Plangebiet hinaus zu befürchten ist (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.).
57 
Die geplanten Wohnhäuser beeinträchtigen an dem vorgesehenen Standort auch keine Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Insbesondere liegt - wie bereits dargelegt - kein Verstoß gegen die Schutznormen der LSGVO vor, da im ausgewiesenen Schutzgebiet für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes die Verbote des § 4 und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung ausdrücklich nicht gelten (vgl. § 6 Ziff. 6 LSGVO).
58 
Von einer Beeinträchtigung „sonstiger“ Belange des Naturschutzes geht die Beklagte selbst nicht aus (vgl. Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz vom 04.07.2007, AS 21 der Behördenakten).
59 
Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang allein ins Feld geführte öffentliche Belang des Vogelschutzes, der zu den Belangen des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zählt, wird durch die geplanten Wohnhäuser am vorgesehenen Standort nach Einschätzung der Kammer ebenfalls nicht beeinträchtigt.
60 
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes mit den in § 35 Abs. 2 und 3 BauGB genannten öffentlichen Belangen vereinbar ist, nur noch stellt, soweit sich dessen planungsrechtliche Zulässigkeit nicht bereits direkt aus dem Bebauungsplan selbst ergibt. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BauGB, wonach sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes „im Übrigen“, also nur soweit der Bebauungsplan die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht durch Festsetzungen abschließend regelt, nach § 34 oder § 35 BauGB richtet.
61 
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich die Frage, ob die beabsichtigten Baukörper am vorgesehenen Standort die Belange des Vogelschutzes beeinträchtigen, nicht mehr stellt, weil die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung baulicher Anlagen auf den im Bebauungsplan ausgewiesenen überbaubaren Flächen bereits durch den Bebauungsplan abschließend geregelt und ausdrücklich zugelassen ist.
62 
Dementsprechend kann eine planungsrechtlich zulässige Bebauung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch grundsätzlich nicht als absichtliche Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Arten und damit nicht als Verstoß gegen die einschlägigen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Bundesartenschutzverordnung eingestuft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - m.w.N. in Juris).
63 
Dem Umstand, dass einer nach Bebauungsplan zulässigen Bebauung im Plangebiet keine natur- und artenschutzrechtlichen Belange (mehr) entgegengehalten werden können und deren Zulässigkeit auch durch den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht nachträglich in Frage gestellt werden kann, hat im Übrigen auch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Naturschutzbehörde bei der Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets G. mit der bereits mehrfach zitierten Regelung des § 6 Ziff. 6 der LSGVO ausdrücklich Rechnung getragen.
64 
Es ist daher im vorliegenden Verfahren vom Gericht nur noch zu prüfen, ob die - im Bebauungsplan nicht festgesetzte Art der baulichen Nutzung und die konkrete Gestaltung der Baukörper, die nicht durch entsprechende Maßfaktoren der baulichen Nutzung im Bebauungsplan vorgegeben ist (z. B. zur Gebäudehöhe, Stockwerkszahl, Dachgestaltung, etc.), den geltend gemachten Belang des Vogelschutzes beeinträchtigt.
65 
Eine solche Beeinträchtigung durch die konkret beabsichtigte Wohnnutzung und die bauliche Gestaltung der geplanten Gebäude hat die Beklagte jedoch selbst nicht substantiiert behauptet und ist auch für die Kammer nicht erkennbar.
66 
Doch selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass bei der Prüfung einer Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes das gesamte Bauvorhaben in den Blick zu nehmen ist, kann eine solche Beeinträchtigung im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
67 
Denn nach den von der Beklagten in das vorliegende Verfahren eingeführten Erhebungen aus den Jahren
68 
- 1986 (Avifaunistische Untersuchungen M. der Arbeitsgemeinschaft Landschaftsökologie K. und Partner, S.),
- 1990 (Ökologische Grundlagen zur Grünordnungsplanung R. Weg/S.- M. der Bürogemeinschaft Landschaftsökologie und Planung, S.),
- 2004 (Ornithologisches Gutachten zur Bedeutung des Streuobstwiesengeländes R. Weg in M. des Kuratoriums für avifaunistische Forschung in Baden- Württemberg) und
- 2007 (Brutvogelerfassung auf der Streuobstwiese am R. Weg in M. des Diplombiologen Q., S.)
69 
wurden auf dem Baugrundstück der Kläger - und nur dieses ist im vorliegenden Verfahren in den Blick zu nehmen - zu keinem der genannten Erfassungszeitpunkte Nist-, Brut-, Wohn-, oder Zufluchtsstätten von Vogelarten festgestellt, die nach Anhang 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (EWG R 11 409/79; im Weiteren: Vogelschutzrichtlinie) oder nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt oder nach der Roten Liste Baden-Württemberg 2004 stark gefährdet (RL 2) sind.
70 
Anlässlich der Erfassung 2004 wurde vielmehr lediglich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks der Kläger jeweils ein Brut- bzw. Nistplatz eines Wendehalses (RL 2) sowie eines Grün- und eines Mittelspechts (streng geschützt) festgestellt.
71 
Auf dem Baugrundstück der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt dagegen lediglich der Brutplatz eines Haussperlings.
72 
Auch bei der Brutvogelerfassung im April/Mai 2007 wurden auf dem Baugrundstück der Kläger keine besonders geschützten oder stark gefährdeten Vogelarten festgestellt. Lediglich in der weiteren Umgebung wurden wiederum Nist- und Brutstätten eines Wendehalses (RL 2), von zwei Halsbandschneppern (RL 2) und eines Grünspechts (streng geschützt) vorgefunden, deren Abstände zum Baugrundstück der Kläger jedoch zwischen ca. 70 und 130 m betrugen und damit zum Baugrundstück der Kläger nicht näher lagen als die bereits vorhandene Außenbereichs- und Ortsrandbebauung.
73 
Geht man weiter davon aus, dass diese stark gefährdeten bzw. streng geschützten Vogelarten ihre bestehenden Brutreviere trotz der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Außenbereichs- und Ortsrandbebauung bislang nicht aufgegeben haben, ist auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass diese Vogelarten ihre Brutreviere im Falle einer Bebauung der nicht bzw. nur unwesentlich näher liegenden Grundstücke der Kläger aufgeben würden, für die Kammer nicht nachvollziehbar geschweige denn verifizierbar.
74 
Denn die genannten Vogelarten leben nicht nur bereits bislang in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Wohngebiet östlich der U.-Straße. Sie haben nach den von der Beklagten vorgelegten Erhebungen offensichtlich auch ihre Brut- bzw. Nahrungsreviere an diese (bebaute) Umgebung angepasst. Dies belegen insbesondere die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen über die Erfassung 2004.
75 
Aus diesen Unterlagen ergibt sich im Übrigen auch, dass die Brut- bzw. Nahrungsreviere der in der Umgebung des Baugrundstücks der Kläger festgestellten streng geschützten bzw. stark gefährdeten Vogelarten das Baugrundstück der Kläger überhaupt nicht bzw. nur am Rande berühren. Lediglich das Brutrevier des im Jahr 2004 auf dem Nachbargrundstück des Baugrundstücks brütenden Mittelspechts erstreckt sich nahezu vollständig auch über das Baugrundstück der Kläger. Dieser Mittelspecht wurde anlässlich der Erhebung im April/Mai 2007 in diesem Bereich aber nicht mehr angetroffen.
76 
Die festgestellte, lediglich geringfügige Überschneidung der Brut- und Nahrungsreviere der im April/Mai 2007 noch angetroffenen Vogelarten (Halsbandschnepper, Wendehals, Grünspecht) mit dem Baugrundstück der Kläger reicht jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zu bejahen (in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - in Juris).
77 
Soweit auf dem Baugrundstück der Kläger im Jahr 2004 der Brutplatz eines Haussperlings und im April/Mai 2007 „Revierzentren“ eines Feldsperlings, einer Blaumeise, einer Kohlmeise und eines Stars festgestellt wurden, gilt insoweit bereits deshalb nichts anderes, weil es sich bei diesen Vogelarten um keine streng geschützten oder besonders gefährdeten Arten im Sinne der genannten Vorschriften handelt.
78 
Im Übrigen hält es die Kammer auch insoweit für nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Vögel ihren bisherigen Lebensraum allein wegen einer weiteren Bebauung des klägerischen Grundstücks aufgeben, nachdem diese ihre Brutreviere bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe des Ortsrandes haben.
79 
Soweit sich die genannten Nist- und Brutstätten dieser Vögel auf Bäumen befinden, die auf dem Baugrundstück außerhalb der Baufenster stehen, hat die Baugenehmigungsbehörde außerdem zusätzlich die Möglichkeit, durch entsprechende Baugenehmigungsauflagen sicherzustellen, dass die Lebensstätten dieser Vögel durch das Bauvorhaben nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt werden (vgl. auch hierzu im Einzelnen BVerwG a.a.O.).
80 
Da die in Ziff. 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 genannten Baukörper nach alledem keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen und deren Erschließung - wie bereits ausgeführt - über die bestehende U.-Straße gesichert ist, haben die Kläger insoweit Anspruch auf einen positiven Bauvorbescheid.
81 
Dagegen ist die in Ziff. 2 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebene Tiefgarage bereits nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 planungsrechtlich unzulässig, da sich deren Standort vollständig außerhalb der durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufenster und damit auf einer Bauverbotsfläche im Sinne des Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Württ. BauO) befindet. Die Tatsache, dass die Tiefgarage mit 1 m Erdreich überdeckt und intensiv mit Bäumen bepflanzt werden soll, rechtfertigt insoweit keine andere Beurteilung, da durch Bebauungsplan festgesetzte Bauverbotsflächen auch mit unterirdischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen einzuhalten sind.
82 
Ob von der Einhaltung der betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes für die Tiefgarage eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung, da die Frage einer solchen Befreiung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 war.
83 
Der Klage war daher nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
85 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Kammer weder bei der Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes noch bei der Frage, in welchem Umfang einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes die Belange des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegen gehalten werden können, von der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist.
86 
Beschluss vom 16. Oktober 2007
87 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf
88 
EUR 375.000,00
89 
festgesetzt (vgl. Ziffer 9.2 des Streitwertkatalogs 2004).
90 
Dabei hat das Gericht die zwischen den Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung unstreitige ortsübliche Wertdifferenz zwischen einem bebaubaren und einem nicht bebaubaren Grundstück im betreffenden Gebiet (ca. 250 EUR pro m²) und die Größe des Baugrundstücks (ca. 3.000 m²) berücksichtigt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
11 
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Absatz 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Die Begründung des Planentwurfs hat die nach § 2a erforderlichen Angaben zu enthalten. Für die grenzüberschreitende Beteiligung ist eine Übersetzung der Angaben vorzulegen, soweit dies nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6.

(2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auf Antrag des Vorhabenträgers oder sofern die Gemeinde es nach Einleitung des Bebauungsplanverfahrens für erforderlich hält, informiert die Gemeinde diesen über den voraussichtlich erforderlichen Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 unter Beteiligung der Behörden nach § 4 Absatz 1.

(3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 18, 22 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Absatz 1 Nummer 1 enteignet werden.

(3a) Wird in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans durch Festsetzung eines Baugebiets auf Grund der Baunutzungsverordnung oder auf sonstige Weise eine bauliche oder sonstige Nutzung allgemein festgesetzt, ist unter entsprechender Anwendung des § 9 Absatz 2 festzusetzen, dass im Rahmen der festgesetzten Nutzungen nur solche Vorhaben zulässig sind, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.

(4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden.

(5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist.

(6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden.

(7) Soll in bisherigen Erholungssondergebieten nach § 10 der Baunutzungsverordnung auch Wohnnutzung zugelassen werden, kann die Gemeinde nach Maßgabe der Absätze 1 bis 6 einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen, der insbesondere die Zulässigkeit von baulichen Anlagen zu Wohnzwecken in diesen Gebieten regelt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
11 
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Ziffer 1 des Bescheides der Beklagten vom 25. 08. 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den beantragten positiven Bauvorbescheid für die in Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16. 06. 2005 beschriebenen Wohnhäuser auf den Grundstücken Flst. Nrn ... und ..., Gemarkung M., U.-Straße, zu erteilen.

Im Übrigen (Ziffer 2 der Bauvoranfrage vom 16. 06.2005) wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner ¼ und die Beklagte ¾.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren einen positiven Bauvorbescheid.
Die Kläger sind Eigentümer der bislang landwirtschaftlich genutzten Grundstücke Flst.-Nrn. 2042, 2044, 2045/1 und 2045/2 an der U.-Straße in M.
Für den Bereich, in dem sich die Grundstücke befinden, liegen mehrere Ortsbau- bzw. Bebauungspläne vor, im Einzelnen die Ortsbaupläne 1908/44, 1925/65 III, 1936/114 und 1942/14 sowie der qualifizierte Bebauungsplan 1961/79.
Außerdem liegen die Grundstücke (inzwischen) im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart über das Landschaftsschutzgebiet „G.“ vom 16.10.1995 (Gesetzblatt 1995, S. 787; in der geänderten Fassung vom 15.08.2005; Gesetzblatt 2005, S. 617; im Weiteren: LSGVO).
Am 14.06.2005 stellten die Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung von 3 Mehrfamilien-Wohnhäusern (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) und einer Tiefgarage mit 19 Stellplätzen (Ziffer 2 der Bauvoranfrage).
Auf diese Bauvoranfrage entschied die Beklagte mit Bauvorbescheid vom 25.08.2005, dass die dargestellten Baukörper, die Geschosse und die Dachneigung der Wohngebäude (Ziffer 1 des Bauvorbescheides) und ebenso die Erstellung der Tiefgarage für die Unterbringung der notwendigen Stellplätze (Ziffer 2 des Bauvorbescheides) planungsrechtlich nicht zulässig seien.
Zur Begründung wurde ausgeführt, beide Vorhaben sei planungsrechtlich nach § 35 BauGB zu beurteilen, weil die einfachen Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III für den fraglichen Bereich durch den die Baulinien wegplanenden Bebauungsplan 1936/114 aufgehoben worden seien. Der ebenfalls nicht qualifizierte Bebauungsplan 1942/14 sei obsolet, da sich das gesamte Baugeschehen im betreffenden Plangebiet nach dem Bebauungsplan 1961/79 entwickelt habe, der in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats beschlossen worden und deshalb nichtig sei. Da es demnach keinen rechtsverbindlichen Bebauungsplan gebe und die Baugrundstücke im Außenbereich liegen würden, sei das Vorhaben planungsrechtlich nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es handle sich um ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, das jedoch öffentliche Belange i. S. des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn es widerspreche der derzeit laufenden Änderung Nr. 30 des Flächennutzungsplanes 2010, der für den gesamten Bereich eine Änderung von derzeit „geplanter Wohnfläche“ (W) in „landwirtschaftliche Fläche mit Ergänzungsfunktion“ (LE) vorsehe. Außerdem beeinträchtige das Vorhaben Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, weil die Baugrundstücke künftig im Landschaftsschutzgebiet G. liegen würden. Hinzu komme ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz, da in dem Gebiet u. a. mehrere streng geschützte Vogelarten (wie z. B. der Mittelspecht) vorkommen würden, deren Brutreviere durch die angestrebte Bebauung betroffen wären. Zudem lasse das Bauvorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten. Die ausreichende Erschließung des Vorhabens sei ebenfalls nicht gesichert, da hierfür eine aus wirtschaftlichen Gründen nicht beabsichtigte Verbreiterung der U.-Straße erforderlich sei.
Dagegen legten die Kläger am 23.09.2005 Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2006 als unbegründet zurückwies.
Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben sei planungsrechtlich unzulässig. Der im Jahre 1936 in Kraft getretene Ortsbauplan, in dem für den Bereich östlich der U.-Straße Baulinien, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festgesetzt worden seien, habe den Ortsbauplan aus dem Jahre 1925 aufgehoben. Im Jahre 1942 habe die Gemeinde M. durch den Ortsbauplan 1942/14 die Zulässigkeit der Bebauung in dem genannten Bereich größten Teils neu geregelt. Gleichzeitig seien Anbauvorschriften beschlossen worden, welche die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung hätten regeln sollen. Diese Anbauvorschriften seien jedoch nicht rechtswirksam geworden, weil sie nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden seien. Die Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 hätten ihre Rechtswirksamkeit im Nachhinein wegen Funktionslosigkeit verloren. Dies gelte auch für die Festsetzungen im Teilbereich westlich der U.-Straße. Denn dieser Teilbereich des Plangebiets verfüge lediglich über eine geringe Größe und weise nur Baustreifen entlang der U.-Straße aus. Der Umstand, dass dieser Teilbereich nach wie vor unbebaut sei, schließe die Funktionslosigkeit der Festsetzungen wegen der geringen Größe und der Randlage dieses Teilbereiches nicht aus. Das beabsichtigte Bauvorhaben sei deshalb nach § 35 BauGB zu beurteilen. Es handle sich um ein im Außenbereich nicht privilegiertes sonstiges Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 2 BauGB, dessen Verwirklichung öffentliche Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn das Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft i. S. des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, weil die geplante Bebauung der dortigen Landschaft wesensfremd sei. Die Sonderregelungen des § 35 Abs. 4 BauGB seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
10 
Bereits am 13.01.2006 haben die Kläger (Untätigkeits-)Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach den §§ 30 Abs. 3, 35 BauGB, weil die Baugrundstücke im Geltungsbereich des Ortsbauplanes 1942/14 lägen, bei dem es sich um einen übergeleiteten Ortsbauplan handle, der die Qualität eines einfachen Bebauungsplanes aufweise. Dieser einfache Bebauungsplan sei nicht funktionslos geworden. Denn in dem Bereich, in dem die Baugrundstücke liegen würden, sei eine Bebauung gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 noch jederzeit und ohne Weiteres möglich. Es fehle daher bereits an der ersten Voraussetzung für ein Funktionsloswerden. Auf die Frage, in wie weit sich die Bebauung östlich der U.-Straße inzwischen in einer Weise entwickelt habe, die eine Verwirklichung der Festsetzungen des Bebauungsplanes in diesem Bereich auf unabsehbare Zeit ausschließe, komme es nicht an, da nach der Rechtsprechung die Plankonzeption eines Bebauungsplanes nicht schon dann sinnlos und funktionslos werde, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden könne. Die U.-Straße weise im fraglichen Bereich auch eine für eine Erschließungsstraße ausreichende Ausbaubreite auf und stehe für den Anliegerverkehr offen. Sie sei daher geeignet, den Erschließungsverkehr zum beabsichtigten Bauvorhaben abzuwickeln. Dem Bauvorhaben würden auch keine öffentlichen Belange i. S. von § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen. Darstellungen des Flächennutzungsplanes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) könnten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Dies gelte erst recht für künftige Darstellungen nach dem laufenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes 2010. Entgegenstehende öffentliche Belange i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3, 5, 6 und 8 BauGB seien nicht ersichtlich. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege würden durch das Vorhaben ebenfalls nicht beeinträchtigt. Die Baugrundstücke seien aufgrund der Festsetzungen des einfachen Bebauungsplanes grundsätzlich bebaubar. Deren Freihaltung von jeglicher Bebauung könne daher nicht mittels des öffentlichen Belanges nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gefordert werden. Das Vorhaben führe auch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu einer Verunstaltung des Landschafts- und Ortsbildes. Ebenso wenig lasse das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung i. S. von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten. Dies folge bereits daraus, dass die beabsichtigte Bebauung den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 und damit den darin enthaltenen städtebaulichen Vorstellungen entspreche. Die Änderungsverordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.08.2005 zur Erweiterung des Landschaftsschutzgebietes G. stehe dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen, da diese Verordnung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig sei. Die Änderungsverordnung sei offensichtlich abwägungsfehlerhaft. Denn das Regierungspräsidium Stuttgart sei bei seiner Entscheidung von der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes 1942/14 ausgegangen und habe damit die privaten Belange der Kläger bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Änderungsverordnung leide daher an einem zur Nichtigkeit führenden Abwägungsmangel. Dem beabsichtigten Bauvorhaben stehe auch der Artenschutz nicht entgegen. Im Bereich der streitgegenständlichen Grundstücke seien keine besonders geschützten Vogelarten im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, im Sinne der Begriffsdefinition des § 10 Abs. 2 Nr. 10 BNatSchG und gemäß Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie und/oder gemäß Anhang 1 der Bundesartenschutzverordnung ermittelt worden. Aus den insgesamt im Bereich der Gesamtstreuobstwiese ermittelten Vogelarten kämen als besonders geschützte Arten lediglich der Wendehals, Grünspecht, Mittelspecht und Halsbandschnepper in Betracht. Nur diese vier Vogelarten seien im Anhang der Bundesartenschutzverordnung und der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt. Alle anderen Vogelarten dagegen nicht. Die umfängliche Untersuchung aus dem Jahr 2004 habe ergeben, dass der Mittelspecht auf den streitgegenständlichen Grundstücken nicht habe festgestellt werden können. Dieser habe seinen Hauptlebensraum ohnehin in Laubwaldregionen. Streuobstwiesen seien für den Mittelspecht daher nicht von entscheidender Relevanz. Hinzu komme, dass der räumliche Verbotsbereich des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eng zu verstehen sei. Es gehe nicht um den Schutz von Lebens- und/oder Bruträumen. Geschützt seien alleine die Brut- und Wohnstätten der genannten Vogelarten. Solche Brut- und Wohnstätten würden bei der Ausführung des streitgegenständlichen Bauvorhabens jedoch weder beseitigt noch sonst beeinträchtigt. Eine Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 BNatSchG sei im Übrigen für ein rechtmäßiges Vorhaben, bei dem Brutstätten der besonders geschützten Art nicht absichtlich beeinträchtigt würden, nicht erforderlich, weil hier die Verbote des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG nicht gelten würden. Die Prüfung, inwieweit das Vorhaben öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige, sei ohnehin auf die Art der baulichen Nutzung beschränkt, da sich die planungsrechtliche Zulässigkeit der Baukörper selbst unmittelbar aus den Festsetzungen des gültigen Ortsbauplanes ergebe. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die beabsichtigte Wohnnutzung könne jedoch niemals schlüssig dargelegt werden (vgl. im Einzelnen: Klagebegründungen vom 12.01.2006, vom 27.07.2006, 29.06.2007 und vom 28. 08.2007).
11 
Die Kläger beantragen zuletzt,
12 
den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten positiven Bauvorbescheid für den Neubau von 3 Mehrfamilien-Wohnhäusern mit Tiefgarage auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... auf Gemarkung M., U.-Straße zu erteilen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Da sich die Bebauung im Wesentlichen nach dem Bebauungsplan von 1961 entwickelt habe, komme dem weggeplanten Teil westlich der U.-Straße nach dem Willen des neuen Satzungsgebers keine städtebauliche Funktion mehr zu. Im Übrigen könne sich eine Funktionslosigkeit auch daraus ergeben, dass sich das Gebiet durch die Nichtbebauung anders entwickelt habe und wie hier ein unter Naturschutzgesichtspunkten schützenswertes Gebiet entstanden sei. Zur Frage der ausreichenden Erschließung sei anzumerken, dass eine Verbreiterung der U.-Straße bei einer vorhandenen Breite von 4,80 bis 5,50 m zwar nicht erforderlich sei, wohl aber ein Verkehrsstraßenausbau, da es sich bei der U.-Straße bisher lediglich um eine unbefestigte Straße handle. Die notwendigen Ver- und Entsorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser seien zwar vorhanden, allerdings nur im Bereich des R. Wegs und nicht in der U.-Straße selbst. Die Erschließung der Gebäude östlich der U.-Straße erfolge ausschließlich über den K.-Weg. Auch für Wohnbauvorhaben im Außenbereich sei eine wegemäßige Erschließung zu fordern, die jedenfalls hinsichtlich der Befahrbarkeit der im Innenbereich erforderlichen und üblichen Erschließung in etwa entsprechen müsse. Dabei sei die Gemeinde auch nicht verpflichtet, ein Erschließungsangebot eines Bauwilligen anzunehmen. Dies gelte selbst dann, wenn das Bauvorhaben keine öffentlichen Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Die Beklagte lehne ein eventuelles Erschließungsangebot der Kläger ab, weil das beabsichtigte Vorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige. Denn es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, erfordere unwirtschaftliche Aufwendungen für den Straßenbau, störe ganz erheblich die Belange des Naturschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft. Es gebe verschiedene avifaunistische Gutachten, die im besagten Gebiet Brut- und Nistreviere streng geschützter Vogelarten nachweisen würden. Einer Bebauung stehe damit § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegen. Auf Grund der über Jahre hin dokumentierten Brutsituation einiger streng schützenswerter Arten verweigere auch die Naturschutzbehörde einer Bebauung die Zustimmung. Allein auf den Grundstücken des Bauvorhabens seien aktuell sieben Lebensstätten besonders geschützter Arten festgestellt worden. In der unmittelbaren Umgebung würden die Lebensstätten von weiteren besonders geschützten Arten sowie von vier streng geschützten Arten (Gartenrotschwanz, Grünspecht, Halsbandschnepper, Wendehals) liegen. Zwar habe eine weitere streng geschützte Art, der Mittelspecht, in der diesjährigen Erfassung jahreszeitlich bedingt nicht mehr festgestellt werden können. Da die Lebensräume dieser Art jedoch weiterhin vorhanden und für die Art hinsichtlich Größe, Ausprägung und Qualität weiterhin als Lebensstätte geeignet seien, sei davon auszugehen, dass der Mittelspecht auch aktuell das Gebiet als Brutgebiet nutze. Das Streuobstgebiet am R. Weg sei demnach eines der artenreichsten Streuobstgebiete auf Stuttgarter Gemarkung. Von einer Bebauung auf den genannten Grundstücken würden nicht nur die Lebensstätten der dort brütenden besonders geschützten Arten direkt beseitigt (Blaumeise, Amsel, Buchfink, Kohlmeise, Star und Feldsperling), sondern auch die Lebensstätten der in der Umgebung liegenden besonders und streng geschützten Arten erheblich nachteilig beeinträchtigt. Denn es könne davon ausgegangen werden, dass die in der Umgebung liegenden Lebensstätten der streng geschützten Arten nach einer Bebauung von diesen Arten nicht mehr besiedelt würden. Dem Bauvorhaben stehe daher § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.V.m. den Art. 5 bis 7 der Vogelschutzrichtlinie entgegen. Eine Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 BNatSchG könne nicht erteilt werden, weil die Durchführung der Vorschriften im vorliegenden Fall zu keiner unbeabsichtigten Härte führe.
16 
Ebenso wenig seien überwiegende Gründe des Gemeinwohls ersichtlich (vgl. im Einzelnen Klagerwiderungen vom 08.08.2006, 30.04.2007, 16.05.2007 und vom 25.07.2007).
17 
Der Berichterstatter hat am 08.11.2006 die Baugrundstücke und deren nähere Umgebung in Augenschein genommen und mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Wegen des Ergebnisses dieses Ortstermins wird auf das Protokoll vom 08.11.2006 verwiesen.
18 
Für die Baugrundstücke nördlich der Baugrundstücke ist eine weitere Klage auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für ein weiteres vergleichbares Bauprojekt (U.-Straße II) bei der Kammer anhängig (Az.: 13 K 528/06), das die Beteiligten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren zum Ruhen gebracht haben.
19 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und auch teilweise begründet.
21 
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hinsichtlich des in Ziffer 1 ihrer Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebenen Vorhabens. Denn die dort dargestellten 3 Wohnhäuser sind an den vorgesehenen Standorten planungsrechtlich zulässig. Die Ziffer 1 des Bauvorbescheides der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 ist daher insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
22 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Da hierfür u. a. auch § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entsprechend gilt, ist der (positive) Bauvorbescheid dann zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben die nach dem Inhalt der Bauvoranfrage zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen.
23 
Im vorliegenden Fall war die Bauvoranfrage der Kläger auf die Frage der Bebaubarkeit ihrer Grundstücke mit 3 Wohngebäuden und einer Tiefgarage beschränkt.
24 
Die planungsrechtliche Zulässigkeit der Wohngebäude (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) richtet sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB zunächst nach den Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 und im Übrigen nach § 35 BauGB.
25 
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung, dass die für das fragliche Gebiet vorliegenden früheren Ortsbau- bzw. Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III, welche eine Bebauung der Grundstücke westlich der U.-Straße entlang festgesetzter Baulinien vorsahen, durch den Bebauungsplan 1936/114 ersetzt worden sind und ihnen daher im vorliegenden Verfahren keine streitentscheidende Bedeutung mehr zukommt. Ebenso unstreitig ist, dass der Bebauungsplan 1936/114 durch den Ortsbauplan 1942/14 aufgehoben worden ist, welcher neben der Neugliederung des Teilgebiets östlich der U.-Straße - unter Einbeziehung der dort bereits vorhandenen Bebauung - auch eine Erweiterung des Baugebiets durch Ausweisung eines Baustreifens westlich der U.-Straße bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes (südlich des damaligen H.-L.-Weges) vorsieht.
26 
Bei diesem mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzbuchs vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341; im Weiteren BBauG 1960) nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Ortsbauplan handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 3 BauGB (im Weiteren: Bebauungsplan 1942/14), da dieser lediglich Baulinien-, Baufenster, Vorgartenflächen- und Bauverbotsflächenfestsetzungen enthält und die für den Planbereich zusätzlich erlassenen Anbauvorschriften über die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung aus den im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidium Stuttgart vom 24.07.2006 im Einzelnen dargelegten und ebenfalls nicht im Streit befindlichen Gründen nicht rechtsgültig geworden sind.
27 
Der Bebauungsplan 1942/14 ist aber nach wie vor rechtsgültig.
28 
Insoweit ist zwischen den Beteiligten zunächst weiter außer Streit, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht durch den qualifizierten Bebauungsplan 1961/79, welcher den östlichen Teilbereich des Plangebiets erneut umgestaltete und das frühere Planziel eines Baustreifens westlich der U.-Straße wieder aufgab, nicht aufgehoben wurde, da dieser qualifizierte Bebauungsplan in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen wurde und deshalb nichtig ist.
29 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist der Bebauungsplan 1942/14 - jedenfalls in dem Bereich, in dem das Baugrundstück der Kläger liegt - auch nicht funktionslos geworden.
30 
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, treten bauplanerische Festsetzungen (ausnahmsweise) wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen keinen Schutz mehr verdient. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die betreffenden Festsetzungen noch geeignet sind, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Plankonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird deshalb nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl. zur Teilnichtigkeit: VGH Baden-Württ., Urteil vom 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris). Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse von der ursprünglichen Plankonzeption so massiv abweichen, dass die mit den Festsetzungen verfolgten Planungsziele nicht mehr erreicht werden können, kann eine Funktionslosigkeit der betroffenen Festsetzungen angenommen werden (vgl. hierzu BVerwG in BVerwGE 54, S. 5; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 17 46/02 -; Urt. v. 27.10.2006 - 8 S 361/06 - in Juris, jew. m.w.N.).
31 
Unter Zugrundelegung dieser obergerichtlichen Vorgaben kann von einer Funktionslosigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 in dem Bereich, in dem die Grundstücke der Kläger liegen (Teilbereich westlich der U.-Straße) nicht ausgegangen werden.
32 
Im Gebiet westlich der U.-Straße sind bereits keine Veränderungen im Sinne der o. g. Rechtsprechung eingetreten, die eine Verwirklichung der für diesen Teilbereich geltenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 ausschließen. Denn eine Bebauung der Grundstücke der Kläger ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden.
33 
Im Gegensatz zum Gebiet östlich der U.-Straße, das von den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 unstreitig in weiten Teilen abweichend überbaut wurde, ist der gesamte Planbereich westlich der U.-Straße nach wie vor vollständig unbebaut, so dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 (unter anderem) verfolgte Planziel einer Erweiterung des Baugebiets durch eine Bebauung westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt erreichbar ist.
34 
Dies gilt selbst für den Bereich südlich des früheren H.-L.- und heutigen M.-Weges, in dem die bestehende U.-Straße - von den betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 abweichend - in südöstlicher Richtung abknickt und demzufolge die westlich der geplanten Erschließungsstraße liegenden überbaubaren Flächen des geplanten Baustreifens derzeit wegemäßig nicht erschließt.
35 
Denn das Plangebiet ist auch in diesem Bereich bislang völlig unbebaut. Die im Bebauungsplan 1942/14 dort vorgesehene Erschließungsstraße kann folglich ebenfalls noch realisiert werden. Die in diesem Bereich derzeit fehlende wegemäßige Erschließung führt daher ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der dortigen Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14. Es handelt sich hierbei vielmehr lediglich um eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs (vgl. für einem vergleichbaren Fall: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
36 
Die Bebaubarkeit des Teilbereichs westlich der U.-Straße ist auch nicht aus rechtlichen Gründen, etwa durch die inzwischen erfolgte Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung G. (im Weiteren: LSGVO) entfallen. Denn nach § 6 Ziffer 6 dieser LSGVO gelten die Verbote des § 4 LSGVO und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 LSGVO für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes ausdrücklich nicht. Da die LSGVO den Oberbegriff „Bebauungsplan“ verwendet, fallen hierunter nicht lediglich qualifizierte Bebauungspläne im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB, sondern auch einfache Bebauungspläne wie der hier vorliegende Bebauungsplan 1942/14 (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - in Juris). Die von den Klägern aufgeworfene Frage der Nichtigkeit dieser LSGVO kann daher offen bleiben.
37 
Eben so wenig ist eine Bebauung der Grundstücke der Kläger aufgrund des inzwischen in Kraft getretenen, geänderten Flächennutzungsplanes 2010 ausgeschlossen. Denn auch dieser kann einer nach dem Bebauungsplan 1942/14 zulässigen Bebauung grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden, solange die Beklagte dessen Inhalt nicht durch eine entsprechende Neuplanung umgesetzt hat. Die genannten Festsetzungen sind daher auch durch das Inkrafttreten des geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht funktionslos geworden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
38 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann auch der Umstand, dass der im Bebauungsplan 1942/14 westlich der U.-Straße vorgesehene Baustreifen bis zum heutigen Zeitpunkt nicht realisiert worden ist und sich der Ortsrand stattdessen entsprechend der Vorgaben des späteren qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 entlang der östlichen Seite der U.-Straße ausgebildet hat, die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen nicht begründen, so lange deren Verwirklichung und damit der Vollzug des Bebauungsplanes in dem fraglichen Bereich - wie hier - tatsächlich noch möglich ist (so VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -; Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - jeweils in Juris).
39 
Die im qualifizierten Bebauungsplan 1961/79 zum Ausdruck gekommene Änderung der Planungsabsichten der Beklagten führt ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen. Denn nachdem der Beklagten bereits seit längerer Zeit bekannt ist, dass der Bebauungsplan 1961/79 wegen eines Verfahrensfehlers rechtsungültig ist, hatte diese als Trägerin der kommunalen Planungshoheit bis zum heutigen Zeitpunkt ausreichend Gelegenheit, ihre geänderten Planungsabsichten in einem rechtsgültigen Bebauungsplan zu manifestieren und den Bebauungsplan 1942/14 damit außer Kraft zu setzen (vgl. VGH a.a.O.).
40 
Für die Kammer steht daher fest, dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 vorgegebene Plankonzept einer Erweiterung des Baugebiets um einen Baustreifen westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt realisierbar ist und die diesbezüglichen Festsetzungen des Bebauungsplans folglich nicht funktionslos geworden sind.
41 
Soweit das Regierungspräsidium Stuttgart trotz der tatsächlich noch bestehenden Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen aus der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen im Teilbereich des Plangebiets östlich der U.-Straße sowie aus den Größenverhältnissen der Teilbereiche östlich und westlich der U.-Straße herleiten will, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen.
42 
Denn wie bereits dargelegt, verfolgte der Plangeber mit dem Bebauungsplan 1942/14 mehrere Planziele nebeneinander, nämlich zum einen eine Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße unter Einbeziehung des dort vorhandenen Baubestandes und zum anderen die Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung um einen weiteren Baustreifen bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes. Diese vom damaligen Plangeber beabsichtigte Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ist jedoch unabhängig von der konkreten Gestaltung des Teilbereichs östlich der U.-Straße möglich und steht deshalb mit der zugleich beabsichtigten Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße in keinem untrennbaren Sachzusammenhang.
43 
Davon, dass es sich hierbei um unterschiedliche und unabhängig voneinander realisierbare Planziele handelt, ist die Beklagte bis Oktober 2004 offensichtlich auch selbst ausgegangen.
44 
Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihre Absicht, das Baugebiet im fraglichen Bereich in westlicher Richtung zu erweitern, erst im Oktober 2004 endgültig aufgegeben, obwohl sich die tatsächliche Bebauung des Teilbereichs östlich der U.-Straße bereits seit spätestens Anfang der 60er Jahre nach den Vorgaben des nicht rechtsgültigen qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 und damit abweichend vom Bebauungsplan 1942/14 entwickelt hat.
45 
Ist die Beklagte aber selbst trotz der von ihr nun ins Feld geführten abweichenden baulichen Entwicklung östlich der U.-Straße bis Oktober 2004 von der Möglichkeit einer Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ausgegangen, kann auch den Eigentümern der westlich der U.-Straße liegenden potentiellen Baugrundstücke ein entsprechendes Vertrauen in die Bebaubarkeit dieser Grundstücke nicht abgesprochen werden.
46 
Damit ist auch die weitere Voraussetzung für die Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes (Wegfall des Vertrauens in die Fortgeltung der Festsetzungen zur Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße) offensichtlich nicht gegeben.
47 
Geht man nach alledem im Ergebnis davon aus, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht funktionslos geworden ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziff. 1 der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhabens zunächst nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes, der für das Baugrundstück Baulinien, Baufenster, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festsetzt. Diese Festsetzungen halten die von den Klägern geplanten Wohnhäuser (vgl. Planunterlagen zu Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005) jedoch ein, da die geplanten Baukörper ausnahmslos innerhalb der auf dem Baugrundstück vorgesehenen überbaubaren Flächen (Baufenster) liegen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung.
48 
Auch im Übrigen bestehen gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Wohnhäuser keine durchgreifenden Bedenken.
49 
Da das Baugrundstück nach dem Ergebnis des Ortstermins unstreitig außerhalb des östlich entlang der U.-Straße verlaufenden Ortsrandes und damit im Außenbereich liegt, ist gemäß § 30 Abs. 3 BauGB weiter zu prüfen, ob die - im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Wohnhäuser im Übrigen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen.
50 
Eine solche Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Da die Wohnhäuser im Geltungsbereich eines rechtsgültigen einfachen Bebauungsplanes liegen, können diesen die entgegenstehenden Darstellungen des inzwischen geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht entgegengehalten werden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB; so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - m.w.N. in Juris).
51 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB und insbesondere einen Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauBG verankerte Rücksichtnahmegebot behauptet die Beklagte selbst nicht und ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.
52 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Insoweit bestehen wiederum bereits Zweifel daran, ob einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes der Einwand unwirtschaftlicher Aufwendungen im Sinne der genannten Regelung überhaupt entgegengehalten werden kann, da eine fehlende (wegemäßige) Erschließung im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes - wie bereits dargelegt - lediglich eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990
53 
- 8 S 1215/90 - in Juris).
54 
Hinzu kommt, dass die U.-Straße nach dem Ergebnis des Ortstermins im Bereich des Baugrundstücks der Kläger nach Lage, Breite und Ausbauzustand (asphaltiert) im Wesentlichen der entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan 1942/14 entspricht und das Baugrundstück daher in ausreichenden Maße wegemäßig erschlossen sind.
55 
Die notwendigen Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) sind in dem am Baugrundstück entlang führenden R. Weg ebenfalls vorhanden.
56 
Da sich die beabsichtigte Bebauung innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen (Baufenster) hält, beeinträchtigt diese - obwohl die Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan nicht geregelt ist - auch weder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) noch kann diese zu einer Zersiedelung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB führen, da die Bebauung auf die im Plangebiet ausgewiesenen überbaubaren Flächen beschränkt und folglich keine Ausuferung der Bebauung über das Plangebiet hinaus zu befürchten ist (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.).
57 
Die geplanten Wohnhäuser beeinträchtigen an dem vorgesehenen Standort auch keine Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Insbesondere liegt - wie bereits dargelegt - kein Verstoß gegen die Schutznormen der LSGVO vor, da im ausgewiesenen Schutzgebiet für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes die Verbote des § 4 und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung ausdrücklich nicht gelten (vgl. § 6 Ziff. 6 LSGVO).
58 
Von einer Beeinträchtigung „sonstiger“ Belange des Naturschutzes geht die Beklagte selbst nicht aus (vgl. Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz vom 04.07.2007, AS 21 der Behördenakten).
59 
Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang allein ins Feld geführte öffentliche Belang des Vogelschutzes, der zu den Belangen des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zählt, wird durch die geplanten Wohnhäuser am vorgesehenen Standort nach Einschätzung der Kammer ebenfalls nicht beeinträchtigt.
60 
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes mit den in § 35 Abs. 2 und 3 BauGB genannten öffentlichen Belangen vereinbar ist, nur noch stellt, soweit sich dessen planungsrechtliche Zulässigkeit nicht bereits direkt aus dem Bebauungsplan selbst ergibt. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BauGB, wonach sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes „im Übrigen“, also nur soweit der Bebauungsplan die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht durch Festsetzungen abschließend regelt, nach § 34 oder § 35 BauGB richtet.
61 
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich die Frage, ob die beabsichtigten Baukörper am vorgesehenen Standort die Belange des Vogelschutzes beeinträchtigen, nicht mehr stellt, weil die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung baulicher Anlagen auf den im Bebauungsplan ausgewiesenen überbaubaren Flächen bereits durch den Bebauungsplan abschließend geregelt und ausdrücklich zugelassen ist.
62 
Dementsprechend kann eine planungsrechtlich zulässige Bebauung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch grundsätzlich nicht als absichtliche Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Arten und damit nicht als Verstoß gegen die einschlägigen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Bundesartenschutzverordnung eingestuft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - m.w.N. in Juris).
63 
Dem Umstand, dass einer nach Bebauungsplan zulässigen Bebauung im Plangebiet keine natur- und artenschutzrechtlichen Belange (mehr) entgegengehalten werden können und deren Zulässigkeit auch durch den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht nachträglich in Frage gestellt werden kann, hat im Übrigen auch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Naturschutzbehörde bei der Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets G. mit der bereits mehrfach zitierten Regelung des § 6 Ziff. 6 der LSGVO ausdrücklich Rechnung getragen.
64 
Es ist daher im vorliegenden Verfahren vom Gericht nur noch zu prüfen, ob die - im Bebauungsplan nicht festgesetzte Art der baulichen Nutzung und die konkrete Gestaltung der Baukörper, die nicht durch entsprechende Maßfaktoren der baulichen Nutzung im Bebauungsplan vorgegeben ist (z. B. zur Gebäudehöhe, Stockwerkszahl, Dachgestaltung, etc.), den geltend gemachten Belang des Vogelschutzes beeinträchtigt.
65 
Eine solche Beeinträchtigung durch die konkret beabsichtigte Wohnnutzung und die bauliche Gestaltung der geplanten Gebäude hat die Beklagte jedoch selbst nicht substantiiert behauptet und ist auch für die Kammer nicht erkennbar.
66 
Doch selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass bei der Prüfung einer Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes das gesamte Bauvorhaben in den Blick zu nehmen ist, kann eine solche Beeinträchtigung im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
67 
Denn nach den von der Beklagten in das vorliegende Verfahren eingeführten Erhebungen aus den Jahren
68 
- 1986 (Avifaunistische Untersuchungen M. der Arbeitsgemeinschaft Landschaftsökologie K. und Partner, S.),
- 1990 (Ökologische Grundlagen zur Grünordnungsplanung R. Weg/S.- M. der Bürogemeinschaft Landschaftsökologie und Planung, S.),
- 2004 (Ornithologisches Gutachten zur Bedeutung des Streuobstwiesengeländes R. Weg in M. des Kuratoriums für avifaunistische Forschung in Baden- Württemberg) und
- 2007 (Brutvogelerfassung auf der Streuobstwiese am R. Weg in M. des Diplombiologen Q., S.)
69 
wurden auf dem Baugrundstück der Kläger - und nur dieses ist im vorliegenden Verfahren in den Blick zu nehmen - zu keinem der genannten Erfassungszeitpunkte Nist-, Brut-, Wohn-, oder Zufluchtsstätten von Vogelarten festgestellt, die nach Anhang 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (EWG R 11 409/79; im Weiteren: Vogelschutzrichtlinie) oder nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt oder nach der Roten Liste Baden-Württemberg 2004 stark gefährdet (RL 2) sind.
70 
Anlässlich der Erfassung 2004 wurde vielmehr lediglich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks der Kläger jeweils ein Brut- bzw. Nistplatz eines Wendehalses (RL 2) sowie eines Grün- und eines Mittelspechts (streng geschützt) festgestellt.
71 
Auf dem Baugrundstück der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt dagegen lediglich der Brutplatz eines Haussperlings.
72 
Auch bei der Brutvogelerfassung im April/Mai 2007 wurden auf dem Baugrundstück der Kläger keine besonders geschützten oder stark gefährdeten Vogelarten festgestellt. Lediglich in der weiteren Umgebung wurden wiederum Nist- und Brutstätten eines Wendehalses (RL 2), von zwei Halsbandschneppern (RL 2) und eines Grünspechts (streng geschützt) vorgefunden, deren Abstände zum Baugrundstück der Kläger jedoch zwischen ca. 70 und 130 m betrugen und damit zum Baugrundstück der Kläger nicht näher lagen als die bereits vorhandene Außenbereichs- und Ortsrandbebauung.
73 
Geht man weiter davon aus, dass diese stark gefährdeten bzw. streng geschützten Vogelarten ihre bestehenden Brutreviere trotz der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Außenbereichs- und Ortsrandbebauung bislang nicht aufgegeben haben, ist auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass diese Vogelarten ihre Brutreviere im Falle einer Bebauung der nicht bzw. nur unwesentlich näher liegenden Grundstücke der Kläger aufgeben würden, für die Kammer nicht nachvollziehbar geschweige denn verifizierbar.
74 
Denn die genannten Vogelarten leben nicht nur bereits bislang in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Wohngebiet östlich der U.-Straße. Sie haben nach den von der Beklagten vorgelegten Erhebungen offensichtlich auch ihre Brut- bzw. Nahrungsreviere an diese (bebaute) Umgebung angepasst. Dies belegen insbesondere die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen über die Erfassung 2004.
75 
Aus diesen Unterlagen ergibt sich im Übrigen auch, dass die Brut- bzw. Nahrungsreviere der in der Umgebung des Baugrundstücks der Kläger festgestellten streng geschützten bzw. stark gefährdeten Vogelarten das Baugrundstück der Kläger überhaupt nicht bzw. nur am Rande berühren. Lediglich das Brutrevier des im Jahr 2004 auf dem Nachbargrundstück des Baugrundstücks brütenden Mittelspechts erstreckt sich nahezu vollständig auch über das Baugrundstück der Kläger. Dieser Mittelspecht wurde anlässlich der Erhebung im April/Mai 2007 in diesem Bereich aber nicht mehr angetroffen.
76 
Die festgestellte, lediglich geringfügige Überschneidung der Brut- und Nahrungsreviere der im April/Mai 2007 noch angetroffenen Vogelarten (Halsbandschnepper, Wendehals, Grünspecht) mit dem Baugrundstück der Kläger reicht jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zu bejahen (in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - in Juris).
77 
Soweit auf dem Baugrundstück der Kläger im Jahr 2004 der Brutplatz eines Haussperlings und im April/Mai 2007 „Revierzentren“ eines Feldsperlings, einer Blaumeise, einer Kohlmeise und eines Stars festgestellt wurden, gilt insoweit bereits deshalb nichts anderes, weil es sich bei diesen Vogelarten um keine streng geschützten oder besonders gefährdeten Arten im Sinne der genannten Vorschriften handelt.
78 
Im Übrigen hält es die Kammer auch insoweit für nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Vögel ihren bisherigen Lebensraum allein wegen einer weiteren Bebauung des klägerischen Grundstücks aufgeben, nachdem diese ihre Brutreviere bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe des Ortsrandes haben.
79 
Soweit sich die genannten Nist- und Brutstätten dieser Vögel auf Bäumen befinden, die auf dem Baugrundstück außerhalb der Baufenster stehen, hat die Baugenehmigungsbehörde außerdem zusätzlich die Möglichkeit, durch entsprechende Baugenehmigungsauflagen sicherzustellen, dass die Lebensstätten dieser Vögel durch das Bauvorhaben nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt werden (vgl. auch hierzu im Einzelnen BVerwG a.a.O.).
80 
Da die in Ziff. 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 genannten Baukörper nach alledem keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen und deren Erschließung - wie bereits ausgeführt - über die bestehende U.-Straße gesichert ist, haben die Kläger insoweit Anspruch auf einen positiven Bauvorbescheid.
81 
Dagegen ist die in Ziff. 2 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebene Tiefgarage bereits nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 planungsrechtlich unzulässig, da sich deren Standort vollständig außerhalb der durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufenster und damit auf einer Bauverbotsfläche im Sinne des Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Württ. BauO) befindet. Die Tatsache, dass die Tiefgarage mit 1 m Erdreich überdeckt und intensiv mit Bäumen bepflanzt werden soll, rechtfertigt insoweit keine andere Beurteilung, da durch Bebauungsplan festgesetzte Bauverbotsflächen auch mit unterirdischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen einzuhalten sind.
82 
Ob von der Einhaltung der betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes für die Tiefgarage eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung, da die Frage einer solchen Befreiung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 war.
83 
Der Klage war daher nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
85 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Kammer weder bei der Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes noch bei der Frage, in welchem Umfang einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes die Belange des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegen gehalten werden können, von der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist.
86 
Beschluss vom 16. Oktober 2007
87 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf
88 
EUR 375.000,00
89 
festgesetzt (vgl. Ziffer 9.2 des Streitwertkatalogs 2004).
90 
Dabei hat das Gericht die zwischen den Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung unstreitige ortsübliche Wertdifferenz zwischen einem bebaubaren und einem nicht bebaubaren Grundstück im betreffenden Gebiet (ca. 250 EUR pro m²) und die Größe des Baugrundstücks (ca. 3.000 m²) berücksichtigt.

Gründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und auch teilweise begründet.
21 
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hinsichtlich des in Ziffer 1 ihrer Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebenen Vorhabens. Denn die dort dargestellten 3 Wohnhäuser sind an den vorgesehenen Standorten planungsrechtlich zulässig. Die Ziffer 1 des Bauvorbescheides der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.07.2006 ist daher insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
22 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann vor Einreichen des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Da hierfür u. a. auch § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO entsprechend gilt, ist der (positive) Bauvorbescheid dann zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben die nach dem Inhalt der Bauvoranfrage zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entgegenstehen.
23 
Im vorliegenden Fall war die Bauvoranfrage der Kläger auf die Frage der Bebaubarkeit ihrer Grundstücke mit 3 Wohngebäuden und einer Tiefgarage beschränkt.
24 
Die planungsrechtliche Zulässigkeit der Wohngebäude (Ziffer 1 der Bauvoranfrage) richtet sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB zunächst nach den Festsetzungen des Ortsbauplanes 1942/14 und im Übrigen nach § 35 BauGB.
25 
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung, dass die für das fragliche Gebiet vorliegenden früheren Ortsbau- bzw. Bebauungspläne 1908/44 und 1925/65 III, welche eine Bebauung der Grundstücke westlich der U.-Straße entlang festgesetzter Baulinien vorsahen, durch den Bebauungsplan 1936/114 ersetzt worden sind und ihnen daher im vorliegenden Verfahren keine streitentscheidende Bedeutung mehr zukommt. Ebenso unstreitig ist, dass der Bebauungsplan 1936/114 durch den Ortsbauplan 1942/14 aufgehoben worden ist, welcher neben der Neugliederung des Teilgebiets östlich der U.-Straße - unter Einbeziehung der dort bereits vorhandenen Bebauung - auch eine Erweiterung des Baugebiets durch Ausweisung eines Baustreifens westlich der U.-Straße bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes (südlich des damaligen H.-L.-Weges) vorsieht.
26 
Bei diesem mit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzbuchs vom 23.06.1960 (BGBl. I S. 341; im Weiteren BBauG 1960) nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Ortsbauplan handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 3 BauGB (im Weiteren: Bebauungsplan 1942/14), da dieser lediglich Baulinien-, Baufenster, Vorgartenflächen- und Bauverbotsflächenfestsetzungen enthält und die für den Planbereich zusätzlich erlassenen Anbauvorschriften über die Art der baulichen Nutzung, die Zahl der Stockwerke der Gebäude, die Gebäudeabstände, die Dachform und die Dachneigung aus den im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidium Stuttgart vom 24.07.2006 im Einzelnen dargelegten und ebenfalls nicht im Streit befindlichen Gründen nicht rechtsgültig geworden sind.
27 
Der Bebauungsplan 1942/14 ist aber nach wie vor rechtsgültig.
28 
Insoweit ist zwischen den Beteiligten zunächst weiter außer Streit, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht durch den qualifizierten Bebauungsplan 1961/79, welcher den östlichen Teilbereich des Plangebiets erneut umgestaltete und das frühere Planziel eines Baustreifens westlich der U.-Straße wieder aufgab, nicht aufgehoben wurde, da dieser qualifizierte Bebauungsplan in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen wurde und deshalb nichtig ist.
29 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist der Bebauungsplan 1942/14 - jedenfalls in dem Bereich, in dem das Baugrundstück der Kläger liegt - auch nicht funktionslos geworden.
30 
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, treten bauplanerische Festsetzungen (ausnahmsweise) wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen keinen Schutz mehr verdient. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob die betreffenden Festsetzungen noch geeignet sind, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Plankonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird deshalb nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl. zur Teilnichtigkeit: VGH Baden-Württ., Urteil vom 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris). Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse von der ursprünglichen Plankonzeption so massiv abweichen, dass die mit den Festsetzungen verfolgten Planungsziele nicht mehr erreicht werden können, kann eine Funktionslosigkeit der betroffenen Festsetzungen angenommen werden (vgl. hierzu BVerwG in BVerwGE 54, S. 5; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 17 46/02 -; Urt. v. 27.10.2006 - 8 S 361/06 - in Juris, jew. m.w.N.).
31 
Unter Zugrundelegung dieser obergerichtlichen Vorgaben kann von einer Funktionslosigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 in dem Bereich, in dem die Grundstücke der Kläger liegen (Teilbereich westlich der U.-Straße) nicht ausgegangen werden.
32 
Im Gebiet westlich der U.-Straße sind bereits keine Veränderungen im Sinne der o. g. Rechtsprechung eingetreten, die eine Verwirklichung der für diesen Teilbereich geltenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 ausschließen. Denn eine Bebauung der Grundstücke der Kläger ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich geworden.
33 
Im Gegensatz zum Gebiet östlich der U.-Straße, das von den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 unstreitig in weiten Teilen abweichend überbaut wurde, ist der gesamte Planbereich westlich der U.-Straße nach wie vor vollständig unbebaut, so dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 (unter anderem) verfolgte Planziel einer Erweiterung des Baugebiets durch eine Bebauung westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt erreichbar ist.
34 
Dies gilt selbst für den Bereich südlich des früheren H.-L.- und heutigen M.-Weges, in dem die bestehende U.-Straße - von den betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 abweichend - in südöstlicher Richtung abknickt und demzufolge die westlich der geplanten Erschließungsstraße liegenden überbaubaren Flächen des geplanten Baustreifens derzeit wegemäßig nicht erschließt.
35 
Denn das Plangebiet ist auch in diesem Bereich bislang völlig unbebaut. Die im Bebauungsplan 1942/14 dort vorgesehene Erschließungsstraße kann folglich ebenfalls noch realisiert werden. Die in diesem Bereich derzeit fehlende wegemäßige Erschließung führt daher ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der dortigen Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14. Es handelt sich hierbei vielmehr lediglich um eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs (vgl. für einem vergleichbaren Fall: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
36 
Die Bebaubarkeit des Teilbereichs westlich der U.-Straße ist auch nicht aus rechtlichen Gründen, etwa durch die inzwischen erfolgte Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung G. (im Weiteren: LSGVO) entfallen. Denn nach § 6 Ziffer 6 dieser LSGVO gelten die Verbote des § 4 LSGVO und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 LSGVO für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes ausdrücklich nicht. Da die LSGVO den Oberbegriff „Bebauungsplan“ verwendet, fallen hierunter nicht lediglich qualifizierte Bebauungspläne im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB, sondern auch einfache Bebauungspläne wie der hier vorliegende Bebauungsplan 1942/14 (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - in Juris). Die von den Klägern aufgeworfene Frage der Nichtigkeit dieser LSGVO kann daher offen bleiben.
37 
Eben so wenig ist eine Bebauung der Grundstücke der Kläger aufgrund des inzwischen in Kraft getretenen, geänderten Flächennutzungsplanes 2010 ausgeschlossen. Denn auch dieser kann einer nach dem Bebauungsplan 1942/14 zulässigen Bebauung grundsätzlich nicht entgegen gehalten werden, solange die Beklagte dessen Inhalt nicht durch eine entsprechende Neuplanung umgesetzt hat. Die genannten Festsetzungen sind daher auch durch das Inkrafttreten des geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht funktionslos geworden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1215/90 - in Juris).
38 
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann auch der Umstand, dass der im Bebauungsplan 1942/14 westlich der U.-Straße vorgesehene Baustreifen bis zum heutigen Zeitpunkt nicht realisiert worden ist und sich der Ortsrand stattdessen entsprechend der Vorgaben des späteren qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 entlang der östlichen Seite der U.-Straße ausgebildet hat, die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen nicht begründen, so lange deren Verwirklichung und damit der Vollzug des Bebauungsplanes in dem fraglichen Bereich - wie hier - tatsächlich noch möglich ist (so VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 -; Urt. v. 04.12.2003 - 5 S 1746/02 - jeweils in Juris).
39 
Die im qualifizierten Bebauungsplan 1961/79 zum Ausdruck gekommene Änderung der Planungsabsichten der Beklagten führt ebenfalls nicht zur Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen. Denn nachdem der Beklagten bereits seit längerer Zeit bekannt ist, dass der Bebauungsplan 1961/79 wegen eines Verfahrensfehlers rechtsungültig ist, hatte diese als Trägerin der kommunalen Planungshoheit bis zum heutigen Zeitpunkt ausreichend Gelegenheit, ihre geänderten Planungsabsichten in einem rechtsgültigen Bebauungsplan zu manifestieren und den Bebauungsplan 1942/14 damit außer Kraft zu setzen (vgl. VGH a.a.O.).
40 
Für die Kammer steht daher fest, dass das mit dem Bebauungsplan 1942/14 vorgegebene Plankonzept einer Erweiterung des Baugebiets um einen Baustreifen westlich der U.-Straße nach wie vor uneingeschränkt realisierbar ist und die diesbezüglichen Festsetzungen des Bebauungsplans folglich nicht funktionslos geworden sind.
41 
Soweit das Regierungspräsidium Stuttgart trotz der tatsächlich noch bestehenden Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße die Funktionslosigkeit der betreffenden Festsetzungen aus der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen im Teilbereich des Plangebiets östlich der U.-Straße sowie aus den Größenverhältnissen der Teilbereiche östlich und westlich der U.-Straße herleiten will, vermag die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen.
42 
Denn wie bereits dargelegt, verfolgte der Plangeber mit dem Bebauungsplan 1942/14 mehrere Planziele nebeneinander, nämlich zum einen eine Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße unter Einbeziehung des dort vorhandenen Baubestandes und zum anderen die Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung um einen weiteren Baustreifen bei gleichzeitiger Begradigung des Ortsrandes. Diese vom damaligen Plangeber beabsichtigte Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ist jedoch unabhängig von der konkreten Gestaltung des Teilbereichs östlich der U.-Straße möglich und steht deshalb mit der zugleich beabsichtigten Neustrukturierung des Teilgebiets östlich der U.-Straße in keinem untrennbaren Sachzusammenhang.
43 
Davon, dass es sich hierbei um unterschiedliche und unabhängig voneinander realisierbare Planziele handelt, ist die Beklagte bis Oktober 2004 offensichtlich auch selbst ausgegangen.
44 
Denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihre Absicht, das Baugebiet im fraglichen Bereich in westlicher Richtung zu erweitern, erst im Oktober 2004 endgültig aufgegeben, obwohl sich die tatsächliche Bebauung des Teilbereichs östlich der U.-Straße bereits seit spätestens Anfang der 60er Jahre nach den Vorgaben des nicht rechtsgültigen qualifizierten Bebauungsplanes 1961/79 und damit abweichend vom Bebauungsplan 1942/14 entwickelt hat.
45 
Ist die Beklagte aber selbst trotz der von ihr nun ins Feld geführten abweichenden baulichen Entwicklung östlich der U.-Straße bis Oktober 2004 von der Möglichkeit einer Erweiterung des Baugebiets in westlicher Richtung ausgegangen, kann auch den Eigentümern der westlich der U.-Straße liegenden potentiellen Baugrundstücke ein entsprechendes Vertrauen in die Bebaubarkeit dieser Grundstücke nicht abgesprochen werden.
46 
Damit ist auch die weitere Voraussetzung für die Annahme einer Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes (Wegfall des Vertrauens in die Fortgeltung der Festsetzungen zur Bebaubarkeit der Grundstücke westlich der U.-Straße) offensichtlich nicht gegeben.
47 
Geht man nach alledem im Ergebnis davon aus, dass der Bebauungsplan 1942/14 nicht funktionslos geworden ist, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziff. 1 der Bauvoranfrage beschriebenen Vorhabens zunächst nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes, der für das Baugrundstück Baulinien, Baufenster, Vorgartenflächen und Bauverbotsflächen festsetzt. Diese Festsetzungen halten die von den Klägern geplanten Wohnhäuser (vgl. Planunterlagen zu Ziffer 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005) jedoch ein, da die geplanten Baukörper ausnahmslos innerhalb der auf dem Baugrundstück vorgesehenen überbaubaren Flächen (Baufenster) liegen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung.
48 
Auch im Übrigen bestehen gegen die planungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Wohnhäuser keine durchgreifenden Bedenken.
49 
Da das Baugrundstück nach dem Ergebnis des Ortstermins unstreitig außerhalb des östlich entlang der U.-Straße verlaufenden Ortsrandes und damit im Außenbereich liegt, ist gemäß § 30 Abs. 3 BauGB weiter zu prüfen, ob die - im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten - Wohnhäuser im Übrigen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen.
50 
Eine solche Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Da die Wohnhäuser im Geltungsbereich eines rechtsgültigen einfachen Bebauungsplanes liegen, können diesen die entgegenstehenden Darstellungen des inzwischen geänderten Flächennutzungsplanes 2010 nicht entgegengehalten werden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB; so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.02.1995 - 8 S 2183/94 - m.w.N. in Juris).
51 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 BauGB und insbesondere einen Verstoß gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauBG verankerte Rücksichtnahmegebot behauptet die Beklagte selbst nicht und ist auch für die Kammer nicht ersichtlich.
52 
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermag die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Insoweit bestehen wiederum bereits Zweifel daran, ob einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes der Einwand unwirtschaftlicher Aufwendungen im Sinne der genannten Regelung überhaupt entgegengehalten werden kann, da eine fehlende (wegemäßige) Erschließung im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes - wie bereits dargelegt - lediglich eine Frage der Planverwirklichung und eines gegebenenfalls anzunehmenden Plangewährleistungsanspruchs ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990
53 
- 8 S 1215/90 - in Juris).
54 
Hinzu kommt, dass die U.-Straße nach dem Ergebnis des Ortstermins im Bereich des Baugrundstücks der Kläger nach Lage, Breite und Ausbauzustand (asphaltiert) im Wesentlichen der entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan 1942/14 entspricht und das Baugrundstück daher in ausreichenden Maße wegemäßig erschlossen sind.
55 
Die notwendigen Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser) sind in dem am Baugrundstück entlang führenden R. Weg ebenfalls vorhanden.
56 
Da sich die beabsichtigte Bebauung innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen (Baufenster) hält, beeinträchtigt diese - obwohl die Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan nicht geregelt ist - auch weder die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) noch kann diese zu einer Zersiedelung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB führen, da die Bebauung auf die im Plangebiet ausgewiesenen überbaubaren Flächen beschränkt und folglich keine Ausuferung der Bebauung über das Plangebiet hinaus zu befürchten ist (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.).
57 
Die geplanten Wohnhäuser beeinträchtigen an dem vorgesehenen Standort auch keine Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Insbesondere liegt - wie bereits dargelegt - kein Verstoß gegen die Schutznormen der LSGVO vor, da im ausgewiesenen Schutzgebiet für die Nutzung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Rahmen der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes die Verbote des § 4 und der Erlaubnisvorbehalt des § 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung ausdrücklich nicht gelten (vgl. § 6 Ziff. 6 LSGVO).
58 
Von einer Beeinträchtigung „sonstiger“ Belange des Naturschutzes geht die Beklagte selbst nicht aus (vgl. Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz vom 04.07.2007, AS 21 der Behördenakten).
59 
Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang allein ins Feld geführte öffentliche Belang des Vogelschutzes, der zu den Belangen des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zählt, wird durch die geplanten Wohnhäuser am vorgesehenen Standort nach Einschätzung der Kammer ebenfalls nicht beeinträchtigt.
60 
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich die Frage, ob ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes mit den in § 35 Abs. 2 und 3 BauGB genannten öffentlichen Belangen vereinbar ist, nur noch stellt, soweit sich dessen planungsrechtliche Zulässigkeit nicht bereits direkt aus dem Bebauungsplan selbst ergibt. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 BauGB, wonach sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes „im Übrigen“, also nur soweit der Bebauungsplan die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht durch Festsetzungen abschließend regelt, nach § 34 oder § 35 BauGB richtet.
61 
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich die Frage, ob die beabsichtigten Baukörper am vorgesehenen Standort die Belange des Vogelschutzes beeinträchtigen, nicht mehr stellt, weil die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung baulicher Anlagen auf den im Bebauungsplan ausgewiesenen überbaubaren Flächen bereits durch den Bebauungsplan abschließend geregelt und ausdrücklich zugelassen ist.
62 
Dementsprechend kann eine planungsrechtlich zulässige Bebauung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch grundsätzlich nicht als absichtliche Beeinträchtigung der Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Arten und damit nicht als Verstoß gegen die einschlägigen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und der Bundesartenschutzverordnung eingestuft werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - m.w.N. in Juris).
63 
Dem Umstand, dass einer nach Bebauungsplan zulässigen Bebauung im Plangebiet keine natur- und artenschutzrechtlichen Belange (mehr) entgegengehalten werden können und deren Zulässigkeit auch durch den Erlass einer Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht nachträglich in Frage gestellt werden kann, hat im Übrigen auch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Naturschutzbehörde bei der Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets G. mit der bereits mehrfach zitierten Regelung des § 6 Ziff. 6 der LSGVO ausdrücklich Rechnung getragen.
64 
Es ist daher im vorliegenden Verfahren vom Gericht nur noch zu prüfen, ob die - im Bebauungsplan nicht festgesetzte Art der baulichen Nutzung und die konkrete Gestaltung der Baukörper, die nicht durch entsprechende Maßfaktoren der baulichen Nutzung im Bebauungsplan vorgegeben ist (z. B. zur Gebäudehöhe, Stockwerkszahl, Dachgestaltung, etc.), den geltend gemachten Belang des Vogelschutzes beeinträchtigt.
65 
Eine solche Beeinträchtigung durch die konkret beabsichtigte Wohnnutzung und die bauliche Gestaltung der geplanten Gebäude hat die Beklagte jedoch selbst nicht substantiiert behauptet und ist auch für die Kammer nicht erkennbar.
66 
Doch selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass bei der Prüfung einer Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB auch im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes das gesamte Bauvorhaben in den Blick zu nehmen ist, kann eine solche Beeinträchtigung im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden.
67 
Denn nach den von der Beklagten in das vorliegende Verfahren eingeführten Erhebungen aus den Jahren
68 
- 1986 (Avifaunistische Untersuchungen M. der Arbeitsgemeinschaft Landschaftsökologie K. und Partner, S.),
- 1990 (Ökologische Grundlagen zur Grünordnungsplanung R. Weg/S.- M. der Bürogemeinschaft Landschaftsökologie und Planung, S.),
- 2004 (Ornithologisches Gutachten zur Bedeutung des Streuobstwiesengeländes R. Weg in M. des Kuratoriums für avifaunistische Forschung in Baden- Württemberg) und
- 2007 (Brutvogelerfassung auf der Streuobstwiese am R. Weg in M. des Diplombiologen Q., S.)
69 
wurden auf dem Baugrundstück der Kläger - und nur dieses ist im vorliegenden Verfahren in den Blick zu nehmen - zu keinem der genannten Erfassungszeitpunkte Nist-, Brut-, Wohn-, oder Zufluchtsstätten von Vogelarten festgestellt, die nach Anhang 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (EWG R 11 409/79; im Weiteren: Vogelschutzrichtlinie) oder nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt oder nach der Roten Liste Baden-Württemberg 2004 stark gefährdet (RL 2) sind.
70 
Anlässlich der Erfassung 2004 wurde vielmehr lediglich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks der Kläger jeweils ein Brut- bzw. Nistplatz eines Wendehalses (RL 2) sowie eines Grün- und eines Mittelspechts (streng geschützt) festgestellt.
71 
Auf dem Baugrundstück der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt dagegen lediglich der Brutplatz eines Haussperlings.
72 
Auch bei der Brutvogelerfassung im April/Mai 2007 wurden auf dem Baugrundstück der Kläger keine besonders geschützten oder stark gefährdeten Vogelarten festgestellt. Lediglich in der weiteren Umgebung wurden wiederum Nist- und Brutstätten eines Wendehalses (RL 2), von zwei Halsbandschneppern (RL 2) und eines Grünspechts (streng geschützt) vorgefunden, deren Abstände zum Baugrundstück der Kläger jedoch zwischen ca. 70 und 130 m betrugen und damit zum Baugrundstück der Kläger nicht näher lagen als die bereits vorhandene Außenbereichs- und Ortsrandbebauung.
73 
Geht man weiter davon aus, dass diese stark gefährdeten bzw. streng geschützten Vogelarten ihre bestehenden Brutreviere trotz der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Außenbereichs- und Ortsrandbebauung bislang nicht aufgegeben haben, ist auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Befürchtung, dass diese Vogelarten ihre Brutreviere im Falle einer Bebauung der nicht bzw. nur unwesentlich näher liegenden Grundstücke der Kläger aufgeben würden, für die Kammer nicht nachvollziehbar geschweige denn verifizierbar.
74 
Denn die genannten Vogelarten leben nicht nur bereits bislang in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Wohngebiet östlich der U.-Straße. Sie haben nach den von der Beklagten vorgelegten Erhebungen offensichtlich auch ihre Brut- bzw. Nahrungsreviere an diese (bebaute) Umgebung angepasst. Dies belegen insbesondere die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen über die Erfassung 2004.
75 
Aus diesen Unterlagen ergibt sich im Übrigen auch, dass die Brut- bzw. Nahrungsreviere der in der Umgebung des Baugrundstücks der Kläger festgestellten streng geschützten bzw. stark gefährdeten Vogelarten das Baugrundstück der Kläger überhaupt nicht bzw. nur am Rande berühren. Lediglich das Brutrevier des im Jahr 2004 auf dem Nachbargrundstück des Baugrundstücks brütenden Mittelspechts erstreckt sich nahezu vollständig auch über das Baugrundstück der Kläger. Dieser Mittelspecht wurde anlässlich der Erhebung im April/Mai 2007 in diesem Bereich aber nicht mehr angetroffen.
76 
Die festgestellte, lediglich geringfügige Überschneidung der Brut- und Nahrungsreviere der im April/Mai 2007 noch angetroffenen Vogelarten (Halsbandschnepper, Wendehals, Grünspecht) mit dem Baugrundstück der Kläger reicht jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung artenschutzrechtlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB zu bejahen (in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6/00 - in Juris).
77 
Soweit auf dem Baugrundstück der Kläger im Jahr 2004 der Brutplatz eines Haussperlings und im April/Mai 2007 „Revierzentren“ eines Feldsperlings, einer Blaumeise, einer Kohlmeise und eines Stars festgestellt wurden, gilt insoweit bereits deshalb nichts anderes, weil es sich bei diesen Vogelarten um keine streng geschützten oder besonders gefährdeten Arten im Sinne der genannten Vorschriften handelt.
78 
Im Übrigen hält es die Kammer auch insoweit für nicht sehr wahrscheinlich, dass diese Vögel ihren bisherigen Lebensraum allein wegen einer weiteren Bebauung des klägerischen Grundstücks aufgeben, nachdem diese ihre Brutreviere bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in unmittelbarer Nähe des Ortsrandes haben.
79 
Soweit sich die genannten Nist- und Brutstätten dieser Vögel auf Bäumen befinden, die auf dem Baugrundstück außerhalb der Baufenster stehen, hat die Baugenehmigungsbehörde außerdem zusätzlich die Möglichkeit, durch entsprechende Baugenehmigungsauflagen sicherzustellen, dass die Lebensstätten dieser Vögel durch das Bauvorhaben nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigt werden (vgl. auch hierzu im Einzelnen BVerwG a.a.O.).
80 
Da die in Ziff. 1 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 genannten Baukörper nach alledem keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigen und deren Erschließung - wie bereits ausgeführt - über die bestehende U.-Straße gesichert ist, haben die Kläger insoweit Anspruch auf einen positiven Bauvorbescheid.
81 
Dagegen ist die in Ziff. 2 der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 beschriebene Tiefgarage bereits nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes 1942/14 planungsrechtlich unzulässig, da sich deren Standort vollständig außerhalb der durch den Bebauungsplan festgesetzten Baufenster und damit auf einer Bauverbotsfläche im Sinne des Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung vom 28.07.1910 (Württ. BauO) befindet. Die Tatsache, dass die Tiefgarage mit 1 m Erdreich überdeckt und intensiv mit Bäumen bepflanzt werden soll, rechtfertigt insoweit keine andere Beurteilung, da durch Bebauungsplan festgesetzte Bauverbotsflächen auch mit unterirdischen Gebäuden bzw. Gebäudeteilen einzuhalten sind.
82 
Ob von der Einhaltung der betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplanes für die Tiefgarage eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung, da die Frage einer solchen Befreiung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage vom 16.06.2005 war.
83 
Der Klage war daher nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.
84 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
85 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Kammer weder bei der Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes noch bei der Frage, in welchem Umfang einem Bauvorhaben im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes die Belange des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB entgegen gehalten werden können, von der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist.
86 
Beschluss vom 16. Oktober 2007
87 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf
88 
EUR 375.000,00
89 
festgesetzt (vgl. Ziffer 9.2 des Streitwertkatalogs 2004).
90 
Dabei hat das Gericht die zwischen den Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung unstreitige ortsübliche Wertdifferenz zwischen einem bebaubaren und einem nicht bebaubaren Grundstück im betreffenden Gebiet (ca. 250 EUR pro m²) und die Größe des Baugrundstücks (ca. 3.000 m²) berücksichtigt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 - 13 K 1776/04 - geändert. Der Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. November 2002 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Antrag des Klägers vom 1. Oktober 2002 auf Erteilung einer Baugenehmigung zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung, den Ausbau und eine Nutzungsänderung des Hintergebäudes Marienstraße ... auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Gemarkung Stuttgart (Marienstraße 41 und 43).
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Stadtbauplans „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“, der am 24.04.1937 in Kraft getreten ist. Es ist belegt mit einem 23 m tiefen Baustreifen entlang der Marienstraße und einem 60 m tiefen rückwärtigen Bauverbot. Das Gebäude Marienstraße ... liegt vollständig innerhalb der Bauverbotszone. Es wurde im Jahre 1950 als Garagengebäude baurechtlich zugelassen. Im Jahre 1997 erhielt der Kläger die baurechtliche Genehmigung für den Umbau des vormaligen Garagengebäudes in einen Kindergarten unter Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot; die Genehmigung wurde mit dem Vorbehalt versehen, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls die Kindergartennutzung aufgegeben werde. Die für die Nutzungsänderung notwendigen baulichen Maßnahmen wurden ausgeführt, das Gebäude wurde in der Folgezeit jedoch nicht als Kindergarten genutzt. Am 05.12.2000 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für das Grundstück des Klägers mit dem Ziel, der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma ... ... eine Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude zu ermöglich. Die Firma gab den Standort jedoch gleichwohl auf, so dass die Planung nicht mehr weiter verfolgt wurde.
Mit dem hier in Rede stehenden Baugesuch vom 01.10.2001 beantragte der Kläger die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes Marienstraße ... in ein Bürogebäude mit Umbau und Anbau. Vorgesehen ist eine Erweiterung des Untergeschosses, die Schaffung von Pausen- und Nebenräumen dort, die Einrichtung von Büroräumen im Erdgeschoss und die Errichtung eines Anbaus auf der Südwestseite des vorhandenen Gebäudes. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.01.2002 ab. Zwar sei eine Nutzungsänderung des bestandsgeschützten Garagengebäudes in einen Kindergarten genehmigt worden. Hierfür sei jedoch das öffentliche Interesse an einer solchen Nutzung maßgeblich gewesen, woran es bei der geplanten Büronutzung fehle. Die Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Die Genehmigung der Büronutzung stellte einen Präzedenzfall dar, der den Zielen der Bauverbots widerspräche, im Innern des Quartiers eine Zone für Ruhe und Erholung zu sichern. Es liege auch kein Härtefall vor. Dem Kläger könne zugemutet werden, das Hintergebäude für andere im öffentlichen Interesse liegende Nutzungen insbesondere sozialer Art zu verwenden, falls eine Kindergartennutzung ausscheide. Demgegenüber seien die außerdem vorliegenden Verstöße gegen Abstandsvorschriften nicht erheblich für die Entscheidung, zumal sie sich nur gegenüber einem ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Nachbargrundstück auswirkten.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 05.11.2002 zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine in bodenrechtlicher Hinsicht atypische Besonderheit liege nicht vor. Auf Gründe des Allgemeinwohls könne eine Befreiung vom Bauverbot für eine Nutzung des Hintergebäudes als Bürogebäude - im Unterschied zur genehmigten Kindergartennutzung - nicht gestützt werden. Eine Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar. Sie widerspräche dem Ziel des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern. Für eine unzumutbare, vom Normgeber nicht gewollte Härte gebe es keine Anhaltspunkte. Da Befreiungen nur vorhabenbezogen erteilt würden, erstrecke sich die für eine Kindergartennutzung erteilte Befreiung auch nicht auf eine Nutzung des Gebäudes als Bürogebäude. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 BauGB für die Erteilung einer Genehmigung während der Planaufstellung nicht vor. Ungeachtet des Beschlusses zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit dem Ziel der Umnutzung des Hintergebäudes in ein Bürogebäude fehle es bislang an der materiellen Planreife; die künftige bauplanungsrechtliche Situation sei noch ungewiss.
Mit der am 08.11.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 30. Januar 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01.10.2001 zu erteilen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide Klagabweisung beantragt.
Mit Urteil vom 19.07.2005 - 13 K 1776/04 - hat das Verwaltungsgericht die Klage unter anderem aus folgenden Gründen abgewiesen: Das Bauverbot sei wirksam. Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ aus dem Jahre 1937 sowie die Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart vom 25.06.1935 stellten nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitete Bebauungspläne dar. Der Wirksamkeit des Plans stehe nicht entgegen, dass das Original nicht mehr vorliege, weil es im Krieg zerstört worden sei. Denn der Nachweis einer planerischen Festsetzung könne auch mit Hilfe anderer Dokumente geführt werden. Hier könne die Bauverbotsfläche im Inneren des Quartiers sowie deren Umfang den bei der Beklagten geführten Planunterlagen und Lageplänen zu Baugesuchen entnommen werden. Das Bauverbot sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar befinde sich das Hintergebäude Marienstraße ... vollständig in der Bauverbotszone. Auch das Vordergebäude Marienstraße 41 rage erheblich in diese hinein. Ferner seien in der Vergangenheit weitere Gebäude innerhalb der Verbotszone zugelassen worden, zum Beispiel Garagengebäude zu Marienstraße 43 und 37 sowie ein im rückwärtigen Bereich zur Marienstraße 33 und 35 früher vorhandenes Bürogebäude. Diese Bauten nähmen jedoch nur einen kleinen Teil der festgesetzten Bauverbotsfläche in Anspruch, so dass das städtebauliche Ziel weiterhin erreicht werden könne. Das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans sei für das vorliegende Baugesuch irrelevant. Es werde nicht weitergeführt. Außerdem tangierten geänderte Planungsabsichten für sich genommen nicht die Wirksamkeit eines bestehenden Bebauungsplans. Die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot komme nicht in Betracht. Sie berührte die Grundzüge der Planung. Der Bauverbotsfläche liege die Konzeption zugrunde, im Innenbereich der Bebauung entlang der Paulinen-, der Furtbach-, der Silberburg- und Marienstraße von Bebauung freizuhaltende begrünte oder zu bepflanzende Flächen zu schaffen. Diesem Konzept liefe die geplante Nutzungsänderung des Kindergartengebäudes Marienstraße ... zuwider. Denn bislang sei lediglich ein Garagengebäude und damit ein der Nutzung des Wohn- und Bürogebäudes Marienstraße 41 dienendes Nebengebäude genehmigt worden. Die baurechtliche Genehmigung für den Umbau dieses früheren Garagengebäudes in einen - nunmehr zweigeschossigen - Kindergarten sei lediglich in stets widerruflicher Weise erfolgt, um die Nutzung auf einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu beschränken. Demgegenüber sei die nunmehr beabsichtigte Nutzung als Bürogebäude eine Hauptnutzung, die lediglich im privaten Interesse des Klägers liege. Im Übrigen hätte eine Zulassung des Bürogebäudes Präzedenzwirkung mit der Folge, dass das Bauverbot letztlich wirkungslos würde.
Mit Beschluss vom 08.02.2006 - 8 S 1772/05 - hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Der Beschluss wurde dem Kläger am 15.02.2006 zugestellt. Auf Antrag des Klägers vom 14.03.2006 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.03.2006 verlängert. Mit am 15.03.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Kläger,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2005 -13 K 1776/04 - zu ändern, den Bescheid der Stadt Stuttgart vom 13. Januar 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die baurechtliche Genehmigung entsprechend seinem Baugenehmigungsantrag vom 01. Oktober 2001 zu erteilen,
11 
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden.
12 
Er trägt im Wesentlichen vor: Der Stadtbauplan „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 sei unwirksam, weil das Original des Plans verloren gegangen sei. Ohne die Möglichkeit der Einsichtnahme in den Originalbebauungsplan oder eine beglaubigte Abschrift hiervon entfalle die Verkündungsfunktion. Auch sonst lägen keine Dokumente vor, mit denen der Nachweis geführt werden könnte, dass die hier in Rede stehenden Festsetzungen getroffen worden seien. Bei den im Stadtarchiv vorhandenen Unterlagen handle es sich nur um unbeglaubigte Kopien. Der von der Beklagten vorgelegte Lageplan A 2 sei eine Farbkopie und als Nachweis ungeeignet, weil es zum Zeitpunkt der Zerstörung der Originalunterlagen bei Kriegsende noch keine Farbkopierer gegeben habe. Der hierauf angebrachte Vermerk der Beklagten, mit dem die Übereinstimmung dieser Fertigung mit dem Original beurkundet werde, sei unrichtig, weil zum Zeitpunkt der Beurkundung am 30.05.2005 kein Original mehr vorhanden gewesen sei. Hinzu komme, dass er von der Beklagten voneinander abweichende Farbkopien des Lageplans A 2 mit Beurkundungsvermerken erhalten habe, in denen teilweise längst nach dem Krieg errichtete Gebäude eingezeichnet gewesen seien. Bei diesen Ausfertigungen könne es sich daher nicht um Kopien des Ursprungsplans handeln. Im Übrigen sei die der Bauverbotsfläche zugrunde liegende planerische Konzeption inzwischen überholt, weil sie nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig überbaut worden sei. Wiederaufgebaut worden sei das erheblich in die Bauverbotsfläche hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41. Jeweils mit baurechtlicher Genehmigung seien in der Bauverbotszone außerdem das - streitgegenständliche - Garagengebäude ... für acht Stellplätze, eine Werkstatt und Aufenthaltsräume im Hanggeschoss sowie ein weiteres Garagengebäude für sechs Fahrzeuge, das Gebäude Marienstraße 37 bis Ende Paulinenstraße und das Gebäude Furtbachstraße 10 bis 14 bzw. 10A und 12A mit einer Garage auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und .../2 errichtet worden. Damit sei das Bauverbot funktionslos geworden. Da sich die nähere Umgebung als Mischgebiet darstelle, sei die beantragte Nutzung zu Bürozwecken zulässig. Unabhängig davon habe er Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Auf den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung zur Nutzung als Kindergartengebäude als Beleg für die Sicherung des öffentlichen Interesses könne die Beklagte sich nicht berufen, weil dieser Vorbehalt nur die ursprünglich beantragten Anbauten an das vorhandene Gebäude betroffen habe, die jedoch nicht zur Ausführung gelangt seien. Ungeachtet dessen habe er Anspruch auf Befreiung von der Festsetzung der Bauverbotsfläche. Mit Blick auf deren städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude als Bürogebäude genutzt werde oder ungenutzt bleibe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die bloße Umnutzung in ein Bürogebäude die Grundzüge der Planung berührt sein könnten. Eine Befreiung hätte auch keine Präzedenzwirkung. Sein Grundstück sei in der Vergangenheit ausnahmslos im Bereich der Bauverbotszone in zulässiger Weise baulich genutzt worden, was anderen Eigentümern entgegen gehalten werden könne. Hinzu komme, dass ein Härtefall vorliege. Denn er habe das Grundstück vom Land Baden-Württemberg im Vertrauen auf die mit der Beklagten geführten Verhandlungen zu dessen Nutzung für einen Kindergarten erworben und kurz nach Erteilung der Genehmigung für ein Kindergartengebäude 1997 auch Investitionen in Höhe von 350.000,-- DM getätigt. Dass sich die Nutzung als Kindertagesstätte nicht habe realisieren lassen, habe er nicht zu vertreten.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie führt aus: In der Genehmigung des Kindergartengebäudes vom 12.02.1997 sei als „Auflage zum Baubeginn Nr. 5“ bestimmt worden, dass die Gestaltung der Freiflächen mit dem Stadtplanungsamt abzustimmen sei. Daran habe der Kläger sich jedoch nicht gehalten, so dass die Arbeiten im Freibereich eingestellt worden seien; hiergegen sei Widerspruch eingelegt worden. Zwischen dem Kläger und ihr habe es insoweit verschiedene Gerichtsverfahren gegeben; die Klageverfahren seien durch gerichtlichen Vergleich vom 08.05.2001 beendet worden. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bauantrag nicht nur die Änderung der Nutzung eines schon vorhandenen Gebäudes, sondern auch deren Erweiterung im Untergeschoss und im Erdgeschoss umfasse.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Rechtsanwalt ... ist anstelle von Herrn ... als Kläger (und Berufungskläger) in das Verfahren eingetreten, weil er mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 1. Juni 2006 - 6 IN 107/06 - zum Insolvenzverwalter über dessen Vermögen ernannt wurde und erklärt hat, das Verfahren aufzunehmen (vgl. § 80 Abs. 1 InsO; §§ 167 VwGO, 240 ZPO; vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 61).
17 
Die Berufung ist zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung gemäß seinem Antrag vom 1. Oktober 2001 begehrt; denn das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das im Stadtbauplan „Reinsburg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ festgesetzte Bauverbot einem solchen Anspruch entgegen steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung ist jedoch im Hilfsantrag begründet. Der Kläger hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung vom Bauverbot nach § 31 Abs. 2 BauGB; hierüber hat die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
18 
1. Der Kläger hat nicht bereits deshalb - unabhängig von der Geltung des Bauverbots - Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für eine Änderung der Nutzung des als Kindergarten genehmigten Hintergebäudes Marienstraße ... zu einem Bürogebäude, weil der Gemeinderat der Beklagten im Jahre 2000 beschlossen hat, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit dem Ziel aufzustellen, eine Nutzung dieses Gebäudes gerade zu Bürozwecken zuzulassen. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB setzt die Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung die begründete Annahme voraus, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegen steht (sog. materielle Planreife des Entwurfs). Nach Aktenlage hat die Beklagte hier die auf eine ganz bestimmte Situation bezogene Vorhabenplanung aufgegeben, nachdem sich die Verhältnisse durch den Wegzug der im Vordergebäude Marienstraße 41 residierenden Firma maßgeblich geändert haben. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dafür spricht im Übrigen auch, dass seit dem Aufstellungsbeschluss bereits sechs Jahre vergangen sind, ohne dass das Planverfahren weiter vorangegangen wäre.
19 
2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht dem bauplanerisch festgesetzten Bauverbot des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG als Bebauungsplan übergeleiteten Stadtbauplans „Reinsberg-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße“ von 1937 (vgl. zur Überleitung Urteil des Senats vom 23.01.1998 - 8 S 2447/97 -, NUR 1999, 332 m.w.N.).
20 
a) Es ist davon auszugehen, dass dieser Bebauungsplan wirksam ist, obwohl der Originalstadtbauplan während des Zweiten Weltkriegs verloren ging.
21 
Der Verlust des Bebauungsplandokuments lässt den Rechtssetzungsakt als solchen unberührt und führt daher für sich allein nicht zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans. Entscheidend ist, ob derjenige, der sich auf eine ihm „günstige“ Festsetzung beruft, deren Vorhandensein nachweisen kann. Der Nachweis kann etwa mit Hilfe einer beglaubigten Abschrift des Originalplans oder anderer Dokumente geführt werden, welche die betreffende Festsetzung enthalten oder beschreiben (vgl. BVerwG, Beschl. vom 01.04.1997 - 4 B 206.96 -, NVwZ 1997, 890; VGH Bad.-Wttbg., Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02 -, BauR 2004, 1498 ). Die Beklagte hat hier die Existenz des oben genannten Stadtbauplans sowie dessen Festsetzung eines Bauverbots im Bereich des geplanten Vorhabens hinreichend nachgewiesen. Sie hat erklärt, dass noch vor dem Krieg eine beglaubigte und kolorierte Abschrift des - im Krieg dann verbrannten - Originalplans (Lageplans) angefertigt wurde. Auf der von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, ausweislich eines entsprechenden Vermerks vom 20.06.1938 an diesem Tag vom Stadtplanungsamt angefertigten und kolorierten Originalabschrift ist unter dem Datum 24.06.1938 deren Richtigkeit beurkundet. Dieser Abschrift - Plan mit Textteil - , die der in den Senatsakten (Bl. 99) befindlichen Kopie derselben entspricht, lässt sich ein räumlich klar umrissenes „Bauverbot O.B.S.“ im Inneren des Quartiers Marien-, Paulinen-, Furtbach- und Silberburgstraße entnehmen; ferner kann zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich das Bauvorhaben des Klägers - Nutzungsänderung sowie Aus- und Umbau des Hintergebäudes Marienstraße ... - innerhalb dieser Bauverbotszone befindet.
22 
Die vom Kläger gegen die Echtheit der Originalabschrift erhobenen Einwände greifen nicht durch. Soweit die von der Beklagten vorgelegten Kopien des Stadtbauplans Beglaubigungsvermerke neueren Datums aufweisen (vgl. Bl. 99 der Senatsakten vom 30.05.2005), bestätigen sie nicht etwa die Übereinstimmung der Kopie mit dem - im Krieg vernichteten - Originalbebauungsplan, wie der Kläger wohl meint, sondern mit der noch vorhandenen Originalabschrift desselben. Wie ausgeführt, wurde auch die farbige Darstellung des Originalstadtbauplans in die vor dem Krieg angefertigte Abschrift übertragen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb die Tatsache, dass die Beklagte Farbkopien dieser Originalabschrift vorgelegt hat, gegen die Echtheit derselben sprechen sollte. Schließlich meint der Kläger, es könne keine vor dem Krieg angefertigte Abschrift des Originalplans geben, weil die von der Beklagten vorgelegten Kopien, welche die Originalabschrift darstellen sollten, eine unterschiedliche und zum Teil erst nach dem Krieg errichtete Bebauung zeigten. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe den jeweils aktuellen Katasterauszug über die eingescannte Originalabschrift „gelegt“, um deutlich zu machen, wie sich die tatsächliche bauliche Situation zu den planerischen Festsetzungen verhalte; so werde auch sonst verfahren. Diesen ohne weiteres plausiblen Ausführungen hat der Kläger nicht widersprochen. Die in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Originalabschrift des Stadtbauplans weist auch sonst keine Merkmale auf, die Anlass geben könnten daran zu zweifeln, dass es sich um eine vor dem Krieg angefertigte kolorierte Abschrift des Originalplans handelt; solche hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht. Nach allem sind die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschrift ohne tatsächliche Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“; nach Lage der Dinge spricht nicht einmal eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie fundiert sein könnten. Daher handelt es sich bei dem in der mündlichen Verhandlung fürsorglich gestellten Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die vorgelegte Abschrift nicht 1938 angefertigt wurde, um einen „ins Blaue hinein“ gestellten Ausforschungsbeweis, dem der Senat nicht nachzugehen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. vom 27.03.2000 - 9 B 518.99 - und Beschl. vom 05.11.1998 - 7 B 199/98 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.04.1995 -VI ZR 178/94 -, NJW 1995, 2111).
23 
b) Das Bauverbot ist im Bereich des Bauvorhabens nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten.
24 
Eine bauplanerische Festsetzung tritt außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Realisierung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine  städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein (vgl. BVerwG, Beschl. vom 21.12.1999 - 4 BN 48.99 -, NVwZ-RR 2000, 411 und Beschl. vom 09.10.2003 - 4 B 85.03 -, BauR 2004, 1128; st. Rspr.).
25 
Gemessen daran ist das Bauverbot zwar im nordöstlichen Teil des Plangebiets an der Paulinenstraße etwa bis zur Höhe des Gebäudes Marienstraße 33 funktionslos geworden. Wie das der Sitzungsniederschrift als Anlage beigefügte Luftbild zeigt und der Augenschein bestätigt hat, wurde der Innenbereich des Quartiers hier flächendeckend mit mehrgeschossigen Gebäuden überbaut; die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies auf der Grundlage einer - mittlerweile als unwirksam angesehenen - Bauplanung erfolgt sei. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die mit dem hier in Rede stehenden Bauverbot verfolgten städtebaulichen Ziele nicht nur durch die Errichtung baulicher Anlagen, sondern auch durch deren Nutzung zu bestimmten Zwecken beeinträchtigt werden können. Denn angesichts der massiven und dichten Bebauung an der Paulinenstraße hat das Bauverbot dort unabhängig von der jeweiligen baulichen Nutzung auf unabsehbare Zeit jede städtebauliche Steuerungsfunktion verloren. Dies gilt jedoch nicht für das restliche Areal des Blockinneren. Es ist im Anschluss an die Bebauung an der Paulinenstraße in südwestlicher Richtung bis zu den Gebäuden Marienstraße 41 und ... des Klägers - außer einer mit Rasengittersteinen belegten Stellplatzanlage im hinteren Bereich des Grundstücks Marienstraße 39 - nach wie vor unbebaut (vgl. auch hierzu das oben genannte Lichtbild, das den tatsächlichen Verhältnissen entspricht). Die in einem Lageplan aus dem Jahre 1949 (Bl. 47 der Senatsakten) noch dargestellten großen baulichen Anlagen in der Bauverbotszone (Bürogebäude 33/1 auf den Grundstücken Marienstraße 33 und 35 sowie eine „Kraftwagenhalle“ auf dem Grundstück Marienstraße 43) wurden nach Angaben des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits vor zehn beziehungsweise acht Jahren abgerissen. Innerhalb der Bauverbotszone stehen ansonsten lediglich das hier relevante Hintergebäude Marienstraße ... und - zu einem Teil - das Vordergebäude Marienstraße 41. Diese Gebäude fallen gemessen an der Größe des noch unbebauten Teils der Bauverbotszone weder nach ihrer flächenmäßigen Ausdehnung noch nach ihrer Baumasse erheblich ins Gewicht. Sie stellen auch auf dem Baugrundstück des Klägers selbst keine flächendeckende und besonders verdichtete Bebauung dar, vielmehr sind noch größere Freiräume vorhanden, wenngleich sie teilweise versiegelt und mit Mauern, Treppen und Wegen versehen wurden. Diese Bebauung ist nicht geeignet, dem Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers und in der näheren Umgebung auf Dauer jede städtebauliche Gestaltungsfunktion zu nehmen. Der Augenschein hat dies bestätigt.
26 
c) Das im Stadtbauplan festgesetzte Bauverbot ist auch auf das Vorhaben des Klägers anwendbar.
27 
Der Kläger meint insoweit, das Bauverbot sei nicht berührt, denn bezogen auf dessen städtebauliche Ziele mache es keinen Unterschied, ob das Hintergebäude - wie von ihm beantragt - als Bürogebäude genutzt werde oder „leer stehe“. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er nicht nur eine Umnutzung des vorhandenen Gebäudes plant, sondern im Anschluss an die südwestliche Außenwand einen Anbau errichten will. Dieser Teil des Vorhabens lässt sich auch nicht von dessen übrigen Teilen (Nutzungsänderung und -erweiterung) trennen und hinsichtlich der Anwendbarkeit des Bauverbots gesondert beurteilen. Denn der Anbau soll das Treppenhaus aufnehmen, das Zugang zu den Räumen des Gebäudes verschafft. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereit sein könnte, das Vorhaben ohne den Anbau zu verwirklichen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 31.03.2006 - 8 S 1737/05 -). Es unterfällt mithin als Ganzes dem Bauverbot.
28 
Zudem hat der Kläger nicht nur beantragt, das als Kindergarten genehmigte Gebäude Marienstraße ... in den hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten zu Bürozwecken nutzen zu dürfen, sondern auch die Genehmigung für die erstmalige Nutzung des - bislang baulich nicht genutzten - Untergeschosses als „Pausenraum“ beantragt. Diese - flächenmäßig erhebliche - Nutzungserweiterung berührt das Bauverbot unabhängig davon, ob sie - was zwischen den Beteiligten streitig ist - mit baulichen Maßnahmen verbunden ist. Die städtebauliche Zielsetzung des Bauverbots erschöpft sich hier nicht darin, die Errichtung baulicher Anlagen - etwa aus gestalterischen Gründen oder zur Sicherung von Grünflächen - zu verhindern. Das auf der Grundlage des § 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung von 1910 festgesetzte Bauverbot dient vielmehr auch dazu, im Innern der Baublöcke Zonen der Ruhe und Erholung zu sichern und zu vermeiden, dass dort ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstehen (vgl. Häffner, Württ. Bauordnung, 1911, Bd. 1, Art. 11 Rn. 2 ff.; vgl. auch § 63 Abs. 3 der Ortsbausatzung der Beklagten zur Beschränkung von Hintergebäuden innerhalb der - hier geltenden -Baustaffel 2 und dazu Urteil des Senats vom 27.10.2000 - 8 S 714/00 -, VBlBW 2001, 185: Vermeidung einer Hinterhofsituation). Solche städtebaulichen Ziele eines Bauverbots können je nach Art und Intensität der Nutzung von in der Bauverbotszone bereits errichteten Gebäuden unterschiedlich stark beeinträchtigt werden. Hier bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, ob es hinsichtlich des mit dem Bauverbot verfolgten Zwecks der Sicherung einer Zone für Ruhe und Erholung eine Verschlechterung der städtebaulichen Situation darstellt, wenn das Hintergebäude nicht mehr als Kindergarten-, sondern als Bürogebäude genutzt werden soll, und welche Bedeutung hierbei dem Umstand zukommt, dass für die Kindergartennutzung Befreiung aus Gründen des Allgemeinwohls erteilt wurde, während die Büronutzung allein im privaten Interesse des Klägers steht. Insoweit würde sich die Rechtsfrage stellen, ob bei einem Bauverbot, das - wie hier - auch nutzungsbezogene Zwecke verfolgt, jede Nutzungsänderung die Befreiungsfrage erneut aufwirft (so VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1983 - 5 S 933/83 -, BRS 40 Nr. 182) oder nur dann, wenn sich dadurch die städtebauliche Situation hinsichtlich der Schutzzwecke des Bauverbots verschlechtert (vgl. Urteil des Senats vom 10.03.1993 - 8 S 3004/92 -, VGHBW-Ls 1993, Beil. 5; vgl. auch Urteil des Senats vom 29.07.1983 - 8 S 2713/82 -, BRS 40 Nr. 181 zur fehlenden Anwendbarkeit einer nur auf das Maß der baulichen Nutzung bezogenen planerischen Beschränkung bei „reinen“ Nutzungsänderungen). Dieser Frage braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil zum einen - wie dargelegt - mit dem Anbau ohne weiteres gegen das Verbot der Neuerrichtung baulicher Anlagen verstoßen wird, und weil zum anderen die erhebliche Erweiterung der Nutzung des vorhandenen Gebäudes Marienstraße ... schon für sich genommen eine Verschlechterung hinsichtlich der nutzungsbezogenen Zielsetzung des Bauverbots bedeutet.
29 
2. Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung von diesem Bauverbot nach Ermessen vor.
30 
a) Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nur dann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Befreiung als Instrument genutzt wird, um eine der Gemeinde vorbehaltene Änderung bauplanerischer Festsetzungen mit dem dafür vorgesehenen Verfahren zu ersetzen. Die Befreiung wirkt etwa dann in diesem Sinne als unzulässiger Planersatz, wenn sie aus Gründen erteilt wird, die in gleicher Weise eine Vielzahl anderer von der Festsetzung betroffener Eigentümer anführen könnten (vgl. BVerwG, Beschl. vom 05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2324/02 -, VBlBW 2003, 438; Brügelmann, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 2, § 31 Rn. 37). Eine solche Vorbildwirkung vermag eine Befreiung vom Bauverbot für das Vorhaben des Klägers hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu entfalten.
31 
Der Augenschein hat ergeben, dass es im Bereich der noch intakten Bauverbotszone keine weiteren Gebäude gibt, die - gegebenenfalls nach Aus- oder Umbaumaßnahmen - in vergleichbarer Weise als Büro- oder Wohngebäude genutzt werden könnten. Vielmehr könnte eine solche Nutzung auf den anderen Grundstücken innerhalb der Bauverbotszone nur dann realisiert werden, wenn ein dafür geeignetes Gebäude neu errichtet würde. Hierfür könnte eine Befreiung vom Bauverbot nicht unter Berufung auf eine dem Kläger erteilte Befreiung zur Umnutzung des vorhandenen Gebäudes begehrt werden, da die Sachverhalte auch in städtebaulicher Hinsicht nicht vergleichbar sind. Die geplante Nutzung des Hintergebäudes Marienstraße ... zu Bürozwecken stellt auch für sich genommen keine faktische Planänderung dar. Denn sie ist nach Art und Umfang nicht geeignet, die noch intakte Zone für Ruhe und Erholung im Innern des Baublocks derart massiv zu beeinträchtigen, dass das Bauverbot dadurch wirkungslos würde.
32 
b) Die Abweichung ist zwar - im Unterschied zur vorangegangenen Genehmigung zur Nutzung des Gebäudes als Kindergarten - nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Auch liegt kein Härtefall im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Das Baugrundstück weist in bodenrechtlicher Hinsicht keine Besonderheiten auf, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.07.1977 - 4 B 53.77 -, Buchholz 406.11 § 31 BBauG Nr. 15; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 50 f.). Der Umstand, dass bereits ein Gebäude auf der Grundlage einer Befreiung vom Bauverbot errichtet wurde, begründet keine grundstücksbezogene Atypik. Dessen fehlende Nutzbarkeit stellt im Übrigen auch deshalb keine Härte für den Kläger dar, weil ihm die Genehmigung für den Umbau des vormals als Garage genutzten Gebäudes in einen Kindergarten nur unter dem Vorbehalt erteilt wurde, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, falls diese Nutzung aufgegeben werde. Dies ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers eindeutig aus Ziffer 5 der Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 02.09.1997 (Bl. 44 der Bauakten). Auch soweit der Kläger geltend macht, sein durch den Kauf des Grundstücks betätigtes Vertrauen auf dessen spätere Nutzung als Kindergarten sei durch das Verhalten der Beklagten enttäuscht worden, fehlt der notwendige Bezug zu einer grundstücksbezogenen Besonderheit.
33 
Die Abweichung vom Bauverbot zu dem Zweck, das Gebäude als Bürogebäude nutzen zu können, ist jedoch nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB städtebaulich vertretbar. Dieser Befreiungsgrund ist gegeben, wenn die Abweichung - im Rahmen der Grundzüge der vorhandenen Planung - auch Gegenstand einer mit § 1 BauGB in Einklang stehenden Festsetzung des Bebauungsplans sein könnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 20.11.1989 - 4 B 163.89 -, NVwZ 1990, 556; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 47; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rn. 35). So liegt es hier. Das Hintergebäude Marienstraße ... ist bereits vorhanden. Es liegt nicht im Zentrum der Bauverbotszone, sondern im südwestlichen Randbereich und nimmt im Vergleich zur Größe der unbebauten Fläche im Blockinnern einen eher untergeordneten Raum ein. Schließlich ist die Bebauung auch auf dem Grundstück des Klägers selbst nicht verdichtet, sondern weist noch erhebliche Freiräume auf. Auch auf der Grundlage des Eindrucks von den konkreten örtlichen Verhältnissen, den der Senat während des Augenscheins gewonnen hat, kann daher nicht angenommen werden, dass das bauplanerisch verfolgte Ziel, im Innern des Gevierts eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern und ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, durch eine Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude wesentlich beeinträchtigt wird. Indiz für die städtebauliche Vertretbarkeit des Vorhabens ist im Übrigen auch der Umstand, dass der Gemeinderat der Beklagten die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans beschlossen hat, um eine Nutzung dieses Gebäudes gerade als Bürogebäude zu ermöglichen. Zwar wurde das Planaufstellungsverfahren danach nicht mehr weiter geführt. Dies geschah aber nicht deshalb, weil grundsätzliche städtebauliche Bedenken gegen eine Nutzung des Gebäudes zu Bürozwecken aufgetreten sind. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorhaben des Klägers städtebaulich noch gerechtfertigt werden kann, ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte im gegenüberliegenden nordöstlichen Randbereich der Bauverbotszone an der Paulinenstraße eine intensive Bebauung zugelassen hat. Dies und die auf dem Grundstück des Klägers bereits zugelassene Bebauung in der Verbotszone (neben dem Gebäude Marienstraße ... auch das in die Verbotszone hinein ragende Vordergebäude Marienstraße 41) zeigen, dass die Beklagte das städtebauliche Gewicht des Bauverbots in diesen beiden Randbereichen selbst nicht allzu hoch einschätzt. Ist das Vorhaben sonach städtebaulich vertretbar, so ist es zugleich mit den öffentlichen Belangen vereinbar; nach der konkreten örtlichen Situation ist die geplante Büronutzung schließlich weder nach der Nutzungsart noch nach ihrem Umfang geeignet, nachbarliche Belange wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB).
34 
c) Auch wenn das Vorhaben danach die Grundzüge der Planung nicht berührt, städtebaulich vertretbar und unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Befreiung vom Bauverbot. Die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung steht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 2 BauGB („kann“) im Ermessen der Baurechtsbehörde. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des Ermessens „auf Null“ liegen hier nicht vor. Zwar ist das Interesse des Klägers an einer sinnvollen privaten Nutzung des vorhandenen Gebäudes durchaus von Gewicht. Es überwiegt aber, zumindest in Gestalt des konkret beantragten Vorhabens, nicht von vornherein entgegenstehende städtebauliche Belange. Immerhin bringt die vorgesehene Büronutzung ein Moment der Unruhe in das Innere des Bauquartiers, auch wenn sich dies im Wesentlichen auf das Baugrundstück selbst beschränkt und es auch keine Anhaltspunkte für die Entstehung ungesunder Arbeitsverhältnisse gibt. Die damit verbundene -räumlich begrenzte - Beeinträchtigung der Zielsetzung des Bauverbots, eine Zone der Ruhe und Erholung zu sichern, wird auch nicht dadurch relativiert, dass die Beklagte die Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Kindergarten zugelassen hat. Denn die hierfür erteilte Befreiung vom Bauverbot wurde darauf gestützt, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Nutzung als Kindergarten erfordern (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Demgegenüber liegt es allein im privaten Interesse des Klägers, das Gebäude zu Bürozwecken nutzen zu können. Vor allem beschränkt sich die beantragte Nutzungsänderung auch nicht auf die bisher genutzten Räumlichkeiten; vielmehr soll nunmehr erstmals auch das Untergeschoss baulich genutzt werden. Diese - beträchtliche - Nutzungserweiterung berührt die Zielsetzung des Bauverbots, ohne dass der Kläger sich insoweit auf eine bloße Umnutzung bereits vorhandener Kapazitäten berufen kann.
35 
Nach allem liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Baurechtsbehörde, unter Berücksichtigung aller relevanten städtebaulichen Aspekte und der Belange des Klägers zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Befreiung vom Bauverbot zum Zwecke einer Nutzung des Gebäudes Marienstraße ... als Bürogebäude erteilt werden soll. Sie ist hierbei auch nicht gehindert, der Befreiung Nebenbestimmungen beizufügen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 31 Rn. 20, 48; zur Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Befreiungen vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 31 Rn. 62). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen - etwa hinsichtlich der Stellplatzfrage - erfüllt.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
37 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,- EUR festgesetzt.
40 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.