Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 10. Juni 2010 - 2 K 1260/10

bei uns veröffentlicht am10.06.2010

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 30.03.2010 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Antragstellerin, eine 61 Jahre alte verwitwete amerikanische Staatsangehörige begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine ausländerrechtliche Verfügung. Sie reiste am 10. Januar 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 03. März 2010 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen Daueraufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Antragstellerin erhält eine monatliche Rente von 1.107 $ und wohnt bei einer befreundeten Familie, die sie bisher kostenlos aufgenommen hat und darüber hinaus eine Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde abgegeben hat.
Mit Verfügung vom 30.03.2010 wurde der Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und die Antragstellerin aufgefordert, die Bundesrepublik bis spätestens 09.04.2010 zu verlassen, sowie ihr die Abschiebung in die Vereinigten Staaten von Amerika angedroht.
Hiergegen richten sich Widerspruch und Klage.
Der am 08. April 2010 gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des eingelegten Rechtsmittels anzuordnen, ist statthaft (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, § 12 LVwVfG) und in der Sache begründet.
Das Verwaltungsgericht trifft seine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund einer eigenen Interessenabwägung. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wird es regelmäßig dann wieder herstellen oder anordnen, wenn dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit begründet sein wird. Umgekehrt scheidet die Anordnung der aufschiebende Wirkung regelmäßig dann aus, wenn der Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Weiter ist zu berücksichtigen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt. Ist der Verfahrensausgang offen, etwa weil der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt weiterer Aufklärung bedarf, so ist eine reine Interessenabwägung erforderlich. Letzteres ist hier der Fall.
Aufgrund der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist in diesem Fall die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Dem Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 03. März 2010 kamen die Wirkungen des gesetzlichen „fiktiven“ Aufenthaltsrechts aus § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zu. Die Antragstellerin hielt sich zu diesem Zeitpunkt nämlich rechtmäßig ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf. Denn als Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika durfte sie nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumsfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Die für ihren weiteren Aufenthalt erforderliche Aufenthaltserlaubnis hat sie innerhalb der 3-monatigen gesetzlichen Antragsfrist bei dem Antragsgegner beantragt (§ 81 Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 AufenthVO).
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht gegenwärtig viel dafür, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 3 AufenthG hat. Nach dieser Vorschrift kann in begründeten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem (AufenthG-)Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Nach dem in § 7 AufenthG verankerten Trennungsprinzip ist der Ausländer grundsätzlich gehalten, seine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche aus den Rechtsgrundlagen abzuleiten, die der Gesetzgeber für die spezifischen vom Ausländer verfolgten Aufenthaltszwecke geschaffen hat (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43/06 - zitiert nach Juris). Die Antragstellerin hat hier in ihrem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Aufenthaltszweck einen Daueraufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland als Rentnerin angegeben. Damit ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um einen Aufenthaltszweck handelt, der seiner Art nach in den §§ 16 bis 38 des AufenthG vorkommt. Ebenso wie der Antragsgegner, geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen insbesondere die des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen, so dass vorliegend voraussichtlich die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG tatbestandlich gegeben sind, so dass eine Ermessensentscheidung durch den Rechtsanwender erforderlich wird. Im angegriffenen Bescheid wird die negative Ausübung des Ermessens damit begründet, dass es der Antragstellerin an Vermögen fehle, so dass sie nicht aus dessen Erträgen leben könne. Dies begegnet rechtlichen Zweifeln, da als Vermögen wohl nicht nur ein bestehender eigener Kapitalstock in Betracht kommt, sondern auch als Vermögen Ansprüche auf wiederkehrende Zahlungen angesehen werden kann, die aus einem fremden Kapitalstock stammen.
Des Weiteren ist bei einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass es sich bei der Antragstellerin um eine US-amerikanische Staatsangehörige handelt. Sie kann sich damit auf die Vorschriften des Völkervertragsrechts, nämlich auf den Freundschaft-, Handels und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 (BGBl. 1956 II S. 487), im Folgenden: FHSV berufen, der ihr gegenüber anderen Ausländern eine Privilegierung vermittelt. Zum einen kann sich die Antragstellerin nach Artikel 1 Nr. 1 FHSV auf eine gerechte und billige Behandlung berufen. Darüber hinaus heißt es in Art. 3 Abs. 1 Satz 3 FHSV, dass keinesfalls die Behandlung der US Staatsangehörigen weniger günstig seien, als es Staatsangehörigen irgend eines dritten Staates zusteht oder vom Völkerrecht vorgeschrieben ist. Der Prozessvertreter der Antragstellerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Vorschrift zumindest schon nach ihrem Wortlaut eine ermessenssteuernde Rechtsanwendungsregel enthält, die zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen kann. In diesem Zusammenhang verweist der Antragsteller zutreffend auf die Ausführungen von Bundesverwaltungsgericht 56, 273, dass bei einer Abwägung, die nicht zu einem Überwiegen der gegen die Erlaubnis sprechenden Gründe führt, eine Behörde unter Berücksichtigung der Wohlwollensklausel dann dem Antrag entsprechen muss.
10 
Allerdings haben sich bei der Durchsicht der Verwaltungsakten noch Unvollständigkeiten bezüglich einer umfassenden Ermessensausübung ergeben. So fehlen dort etwa Aussagen über Umfang und Kosten der Krankenversicherung der Antragstellerin. Dies macht eine weitere Sachaufklärung im Rahmen der mündlichen Verhandlung erforderlich.
11 
Gleichwohl erscheint es bei dieser Sach- und Rechtslage für die Antragstellerin unzumutbar, ihr Verfahren vom Ausland aus zu betreiben, so dass der Antrag im Ergebnis Erfolg hat.
12 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
13 
Der Streitwert ist nach der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin bemessen (§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1GKG), wobei mit der Hälfte des Auffangwerts für das Hauptsacheverfahren berücksichtigt ist, dass der Antragstellerin im Bundesgebiet noch keine längerfristige Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.04.2009 - Az.: 13 S 656/09 -).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 84 Wirkungen von Widerspruch und Klage


(1) Widerspruch und Klage gegen 1. die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,1a. Maßnahmen nach § 49,2. die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,2a. Auflagen zur Sicherun

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 7 Aufenthaltserlaubnis


(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorg

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 16 Grundsatz des Aufenthalts zum Zweck der Ausbildung


Der Zugang von Ausländern zur Ausbildung dient der allgemeinen Bildung und der internationalen Verständigung ebenso wie der Sicherung des Bedarfs des deutschen Arbeitsmarktes an Fachkräften. Neben der Stärkung der wissenschaftlichen Beziehungen Deuts

Aufenthaltsverordnung - AufenthV | § 41 Vergünstigung für Angehörige bestimmter Staaten


(1) Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 6 des Freizügigkeitsgesetzes/EU und der Vereinigten Staaten von

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Apr. 2009 - 13 S 656/09

bei uns veröffentlicht am 16.04.2009

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2009 - 8 K 74/09 - wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 10. Juni 2010 - 2 K 1260/10.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Juli 2019 - M 25 S 19.2490

bei uns veröffentlicht am 30.07.2019

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin begehrt mit

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 6 des Freizügigkeitsgesetzes/EU und der Vereinigten Staaten von Amerika können auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ein erforderlicher Aufenthaltstitel kann im Bundesgebiet eingeholt werden.

(2) Dasselbe gilt für Staatsangehörige von Andorra, Brasilien, El Salvador, Honduras, Monaco und San Marino, die keine Erwerbstätigkeit mit Ausnahme der in § 17 Abs. 2 genannten Tätigkeiten ausüben wollen.

(3) Ein erforderlicher Aufenthaltstitel ist innerhalb von 90 Tagen nach der Einreise zu beantragen. Die Antragsfrist endet vorzeitig, wenn der Ausländer ausgewiesen wird oder sein Aufenthalt nach § 12 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes zeitlich beschränkt wird.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2009 - 8 K 74/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das erstinstanzliche und das Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500,-- EUR festgesetzt; insofern wird der angefochtene Beschluss abgeändert.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Beschwerdebegründung, die den Prüfungsumfang begrenzt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt nicht, dass die von der Antragstellerin angefochtene verwaltungsgerichtliche Entscheidung abzuändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs, also an der Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen, ein entgegenstehendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung nicht.
In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt es hinsichtlich der sofortigen Vollziehung von Verwaltungsakten bei Anträgen auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen darauf an, wie die Erfolgsaussicht des betreffenden Rechtsbehelfs einzuschätzen ist; je höher die Erfolgsausicht ist, desto eher überwiegt das private Interesse an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs, während umgekehrt die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Verfügung ein Indiz dafür sein kann, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an ihrer Vollziehung besteht. In der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ist geklärt, dass Art. 19 Abs. 4 GG es gebietet, nicht mehr korrigierbare Nachteile, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit wie möglich auszuschließen; der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts auf einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung beruht (siehe dazu BVerfG, Beschlüsse vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - NVwZ 2004, 93, und vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243). In den Fällen des - wie hier sowohl bezüglich der Ablehnung des Antrags auf eine Aufenthaltserlaubnis (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) als auch der Abschiebungsandrohung (vgl. § 12 LVwVfG) - gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs ist danach die Wertung des Gesetzgebers zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit zwar angemessen zu berücksichtigen; lässt sich nicht feststellen, dass der Rechtsbehelf wahrscheinlich erfolgreich sein wird, so überwiegt in der Regel entsprechend dieser Wertung das Vollzugsinteresse. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betroffene ein besonderes Suspensivinteresse geltend machen kann, weil ihm durch den Vollzug irreparable Schäden oder sonstige unzumutbare Folgen drohen, z.B. wenn durch die negative Entscheidung im Eilverfahren (und den Vollzug der angefochtenen Verfügung) die Erfolgsaussichten der Hauptsache und/oder persönliche, wirtschaftliche und soziale Beziehungen unzumutbar gefährdet würden (siehe BVerfG, a.a.O.).
Nach Auffassung des Senats überwiegt im Fall der Antragstellerin derzeit das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Verfügung ihr Suspensivinteresse, weil ihr Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg hat.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht vorliegt, da die Antragstellerin einen Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG verwirklicht hat, weil sie gegenüber der deutschen Auslandsvertretung ihre - auch nach ihrem Vortrag - von Anfang an bestehende Eheschließungsabsicht verschwiegen hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verwirklicht das Verschweigen der beabsichtigten Eheschließung einen Ausweisungsgrund. Es fehlt nicht etwa deshalb an der erforderlichen Kausalität, weil ein Schengen-Visum grundsätzlich auch zum Zweck der Eheschließung erteilt werden kann. Alle Angaben, die den Zweck und die geplante Dauer eines Aufenthalts betreffen, gehören vielmehr zu den maßgeblichen Angaben bei der Visumserteilung, die wahrheitsgemäß erfolgen müssen (vgl. Bäuerle in GK-AufenthG, § 5 Rn. 157). Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c SGK muss der Drittstaatsangehörige, der ein Schengen-Visum erteilt bekommen möchte, u.a. Zweck und Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen. Da bei Erteilung eines Schengen-Visums zudem ein weites Ermessen der Behörde besteht, haben die Fragen, ob ein Ausländer die Gewähr dafür bietet, zu dem angegebenen Zweck einreisen zu wollen, und bereit ist, mit Ablauf der Geltungsdauer freiwillig auszureisen, aber jedenfalls für die Ermessensausübung der Behörde eine hohe Bedeutung (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 6 Rn. 15). Dass eine bestehende Eheschließungsabsicht einen hohen Einfluss auf die Rückkehrbereitschaft hat und sich diese gegebenenfalls anders beurteilt als im Falle eines von vornherein nur kurzfristig angelegten Besuchs einer Freundin, den die Antragstellerin hier als Aufenthaltszweck gegenüber der Auslandsvertretung angegeben hat, und deshalb nicht ohne Einfluss auf die Ermessenbetätigung ist, liegt auf der Hand.
Ob die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichts zutreffen - wegen des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG liege kein Regel-, sondern ein Ausnahmefall i.S.v. § 5 Abs. 1, 1. Hs. AufenthG vor, der der Behörde eine Ermessensentscheidung einräume; insoweit genüge es, dass die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung erstmals erkannt habe, dass ein Ausweisungsgrund vorliege; die Antragstellerin könne die begehrte Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht im Bundesgebiet einholen, weil die Voraussetzungen des § 39 Nr. 3 AufenthV nicht (mehr) vorlägen, da zwar eine Fortbestandsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG eingetreten sei, das ursprüngliche Schengen-Visum aber bereits abgelaufen sei - kann offen bleiben, da unabhängig hiervon kein Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht.
Liegt wie hier ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG vor, ist die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt und damit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels i. S. des § 39 Nr. 3 AufenthV gegeben. Zwar kann nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von dieser Erteilungsvoraussetzung nach Ermessen abgesehen werden. Auch kann dieses Ermessen - wie das vom Verwaltungsgericht angenommene Ermessen in einem Ausnahmefall i.S.v. § 5 Abs. 1, 1. Hs. AufenthG - kraft höherrangigen Rechts, insbesondere aufgrund aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen nach Art. 6 Abs. 1 GG, zugunsten des nachziehenden Familienangehörigen „auf Null" reduziert sein, so dass im Ergebnis doch ein Anspruch auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels besteht. Ob dies für die Befreiung von der Visumpflicht nach § 39 Nr. 3 AufenthV genügt oder diese Vorschrift einen strikten gesetzlichen Rechtsanspruch fordert, ist in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt (vgl. zu § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG: BVerwG, Urteil vom 16.12.2008 - 1 C 37.07 - juris; s. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.3.2006 - 11 S 1797/05 - VBlBW 2006, 357). Dies bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn das hier aller Voraussicht nach gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG oder - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - nach § 5 Abs. 1, 1. Hs. AufenthG eröffnete Ermessen dürfte auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe der Antragstellerin nach Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls solange nicht zu ihren Gunsten „auf Null" reduziert sein, als sie das für die Familienzusammenführung erforderliche Visumverfahren nicht nachgeholt hat (grundlegend hierzu und zum folgenden: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.8.2008 - 11 S 1559/08 -). Das folgt aus dem spezifischen spezial- und generalpräventiven Zweck des Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG. Dieser zielt, soweit es um Angaben des Ausländers im Visumverfahren geht, gerade - auch - darauf, Beeinträchtigungen der Zuwanderungskontrolle durch falsche oder unvollständige Angaben des Ausländers bei deutschen Auslandsvertretungen abzuwehren, insbesondere soweit es um die Absicht eines längerfristigen Zuzugs nach Deutschland und die damit einhergehende nationale Visumpflicht (§ 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) sowie die insoweit gegebenenfalls erforderliche Beteiligung der zuständigen inländischen Ausländerbehörde (vgl. § 31 AufenthV) geht. Das Nichtabsehen von diesem Ausweisungsgrund vor der gebotenen Nachholung des erforderlichen Visumverfahrens dürfte demzufolge grundsätzlich mit dem Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG ebenso vereinbar sein wie die Visumpflicht selbst (vgl. dazu BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschluss vom 4.12.2007 - 2 BvR 2341/06 - juris). Anderes gälte für die Ermessensentscheidung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG allenfalls dann, wenn die Nachholung des Visumverfahrens i. S. des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG unzumutbar wäre. Dafür ist hier indes nichts ersichtlich. Allein der durch die vorübergehende Rückreise in ihre Heimat entstehende zeitliche und finanzielle Aufwand sowie die vorübergehende Trennung von ihrem Ehemann sind nicht von solchem Gewicht, dass Art. 6 Abs. 1 GG bereits jetzt zu einem Absehen vom Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG zwingt. Erst wenn die Antragstellerin das Visumverfahren nachgeholt haben wird, dürfte das Ermessen nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG wohl auf Grund höherrangigen Rechts nach Art. 6 Abs. 1 GG zu ihren Gunsten „auf Null“ reduziert sein, soweit nicht zusätzliche Gesichtspunkte hinzutreten sollten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen sowie die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der Streitwert in aufenthaltsrechtlichen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entspricht nur dann dem „vollen“ Auffangwert des § 52 Abs. 2 VwGO, wenn dem Ausländer - wie hier gerade nicht - bereits durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels ein längerfristiger legaler Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht worden war (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse 12.8.2008, a.a.O., vom 4.11.1992 - 11 S 2216/92 -juris sowie vom 14.2.2007 - 13 S 2969/06 - VBlBW 2008, 28 und vom 16.12.2004 - 13 S 2510/04 -).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).