Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 17. Mai 2010 - 12 K 699/10

bei uns veröffentlicht am17.05.2010

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für Aufwendungen für Cyclo-Progynova aufgrund der Rezepte vom 13.03.2009, 09.07.2009 und 06.10.2009 Beihilfe in Höhe von 46,75 EUR zu gewähren.

Der Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 19.11.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 46,75 EUR seit 10.03.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die am … 1971 geborene Klägerin ist beim Beklagten beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz für Beihilfe von 50%.
Am 04.11.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Beihilfe für Aufwendungen u.a. für Cyclo-Progynova in Höhe von insgesamt 93,51 EUR aufgrund von Rezepten vom 13.02.2009, 09.07.2009 und 06.10.2009.
Mit Bescheid vom 19.11.2009 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV) insoweit die Gewährung von Beihilfe ab. Zur Begründung führte es aus, Mittel, die zur Empfängnisregelung verordnet würden, seien nicht beihilfefähig.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch. Sie berief sich darauf, die Verordnung sei aufgrund der Diagnose "prämature Menopause" erfolgt. Es handele sich nicht um Prophylaxe, sondern um die Behandlung selbst. Weiter legte sie ein ärztliches Attest von ... vom 26.05.2009 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 wies das LBV den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, die Verordnungen seien nicht aus Anlass einer Erkrankung erfolgt. Die prämature Menopause allein sei keine Krankheit. Aus der ärztlichen Bescheinigung ergebe sich, dass die Verordnungen lediglich zur Prävention erfolgt seien. Im Anschluss daran legte die Klägerin ein weiteres ärztliches Attest von ... vom 15.02.2010 vor.
Am 28.02.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beruft sich darauf, die prämature Menopause sei eine Krankheit.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr für Aufwendungen für Cyclo-Progynova aufgrund der Rezepte vom 13.02.2009, 09.07.2009 und 06.10.2009 Beihilfe in Höhe von 46,75 EUR zu gewähren, und den Bescheid des LBV vom 19.11.2009 und dessen Widerspruchsbescheid vom 26.01.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
den Beklagten zu verurteilen, ihr Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 93,51 EUR seit Klagezustellung zu zahlen,
10 
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Gründe der angefochtenen Bescheide.
14 
Mit Beschluss vom 12.05.2010 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch zum Teil begründet.
18 
Die angefochtenen Bescheide sind im Umfang der Klage rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Sie hat Anspruch auf die geltend gemachte Beihilfe.
19 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Insbesondere ist vorliegend Cyclo-Progynova nicht zur Empfängnisregelung verordnet worden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO), sondern aus Anlass einer Krankheit (§ 6 Abs. 1 BVO).
20 
Unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d. h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.2005 - 4 S 2222/03 - und v. 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -).
21 
Die "prämature Menopause" ist eine Erkrankung. Denn es handelt sich um einen regelwidrigen Zustand des Körpers. Die Menopause ist der Zeitpunkt der letzten unter natürlichen Bedingungen zustande gekommenen, d.h. ovariell gesteuerten, Monatsblutung (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. [2002], S. 1051). Als Folge der erloschenen Eierstockfunktion entsteht ein Hormonmangel (vgl. Deutsche Menopause Gesellschaft e. V. - www.menopause-gesellschaft.de -). Als prämature Menopause gilt eine Menopause, die in einem Alter unter der doppelten Standardabweichung des geschätzten Mittelwerts in der Referenzbevölkerung eintritt, wobei häufig das 40. Lebensjahr herangezogen wird. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Menopause verfrüht, d.h. vor dem 40. Lebensjahr, eintritt. Es kommt dadurch zu einem verfrühten Hormonmangel. Ca. 1 Prozent der Frauen sind davon betroffen (vgl. zu allem Luzuy, Auberjonois, Journal für Gynäkologische Endokrinologie 2009, S. 19 ff.).
22 
Dieser - schon als krankhaft anzusehende - Zustand führt unbehandelt seiner Eigenart nach auch ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen. Denn eine prämature Menopause ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden. Des Weiteren erhöht sich durch sie das Osteoporose-Risiko deutlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.01.2010, a.a.O.). Eine Hormonersatztherapie ist angezeigt, die bis zum Alter von 50 bis 52 Jahren fortgesetzt werden kann (vgl. zu allem Luzuy, Auberjonois, a.a.O.).
23 
Bei der Klägerin, die noch keine 40 Jahre alt ist, wurde eine solche prämature Menopause diagnostiziert, und sie wird wegen des dadurch verursachten Hormonmangels mit Cyclo-Progynova hormonell behandelt. Insoweit liegt eine Behandlung, nicht eine bloße Prophylaxe vor.
24 
Die Klägerin hat danach Anspruch auf die von ihr in Höhe von 46,75 EUR geltend gemachte Beihilfe (50% der Aufwendungen von 93,51 EUR).
25 
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Prozesszinsen. Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus § 291 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Er besteht für den Betrag von 46,75 EUR. Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt grundsätzlich mit der Rechtshängigkeit der Klage, vorliegend am 28.02.2010. Die Klägerin hat die Prozesszinsen aber erst seit Klagezustellung begehrt, die am 10.03.2010 erfolgte (vgl. zu allem: Urteil der erkennenden Kammer vom 20.07.2005 - 17 K 787/05 -). Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Prozesszinsen hat die Klägerin nicht.
26 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nicht notwendig gewesen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die im Umfang der Klage begehrte Beihilfe ist im Bescheid des LBV vom 19.11.2009 mit der Begründung abgelehnt worden, Aufwendungen für Mittel, die zur Empfängnisregelung verordnet würden, seien nicht beihilfefähig; werde das Präparat zur Behandlung einer Krankheit verordnet, so müsse diese vom Arzt unter Angabe der Diagnose entsprechend bescheinigt werden. Die Klägerin wusste, dass ihr Cyclo-Progynova nicht zur Empfängnisregelung verordnet worden war. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, das Ärztliche Attest von ... vom 26.05.2009 ohne anwaltliche Hilfe dem LBV vorzulegen. Der Vortrag im Vorverfahren ging auch nicht über den Inhalt des Ärztlichen Attestes vom 26.05.2009 hinaus.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
16 
Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch zum Teil begründet.
18 
Die angefochtenen Bescheide sind im Umfang der Klage rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Sie hat Anspruch auf die geltend gemachte Beihilfe.
19 
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Insbesondere ist vorliegend Cyclo-Progynova nicht zur Empfängnisregelung verordnet worden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO), sondern aus Anlass einer Krankheit (§ 6 Abs. 1 BVO).
20 
Unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d. h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.03.2005 - 4 S 2222/03 - und v. 19.01.2010 - 4 S 1816/07 -).
21 
Die "prämature Menopause" ist eine Erkrankung. Denn es handelt sich um einen regelwidrigen Zustand des Körpers. Die Menopause ist der Zeitpunkt der letzten unter natürlichen Bedingungen zustande gekommenen, d.h. ovariell gesteuerten, Monatsblutung (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. [2002], S. 1051). Als Folge der erloschenen Eierstockfunktion entsteht ein Hormonmangel (vgl. Deutsche Menopause Gesellschaft e. V. - www.menopause-gesellschaft.de -). Als prämature Menopause gilt eine Menopause, die in einem Alter unter der doppelten Standardabweichung des geschätzten Mittelwerts in der Referenzbevölkerung eintritt, wobei häufig das 40. Lebensjahr herangezogen wird. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Menopause verfrüht, d.h. vor dem 40. Lebensjahr, eintritt. Es kommt dadurch zu einem verfrühten Hormonmangel. Ca. 1 Prozent der Frauen sind davon betroffen (vgl. zu allem Luzuy, Auberjonois, Journal für Gynäkologische Endokrinologie 2009, S. 19 ff.).
22 
Dieser - schon als krankhaft anzusehende - Zustand führt unbehandelt seiner Eigenart nach auch ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen. Denn eine prämature Menopause ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden. Des Weiteren erhöht sich durch sie das Osteoporose-Risiko deutlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.01.2010, a.a.O.). Eine Hormonersatztherapie ist angezeigt, die bis zum Alter von 50 bis 52 Jahren fortgesetzt werden kann (vgl. zu allem Luzuy, Auberjonois, a.a.O.).
23 
Bei der Klägerin, die noch keine 40 Jahre alt ist, wurde eine solche prämature Menopause diagnostiziert, und sie wird wegen des dadurch verursachten Hormonmangels mit Cyclo-Progynova hormonell behandelt. Insoweit liegt eine Behandlung, nicht eine bloße Prophylaxe vor.
24 
Die Klägerin hat danach Anspruch auf die von ihr in Höhe von 46,75 EUR geltend gemachte Beihilfe (50% der Aufwendungen von 93,51 EUR).
25 
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Prozesszinsen. Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus § 291 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Er besteht für den Betrag von 46,75 EUR. Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt grundsätzlich mit der Rechtshängigkeit der Klage, vorliegend am 28.02.2010. Die Klägerin hat die Prozesszinsen aber erst seit Klagezustellung begehrt, die am 10.03.2010 erfolgte (vgl. zu allem: Urteil der erkennenden Kammer vom 20.07.2005 - 17 K 787/05 -). Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Prozesszinsen hat die Klägerin nicht.
26 
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist nicht notwendig gewesen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die im Umfang der Klage begehrte Beihilfe ist im Bescheid des LBV vom 19.11.2009 mit der Begründung abgelehnt worden, Aufwendungen für Mittel, die zur Empfängnisregelung verordnet würden, seien nicht beihilfefähig; werde das Präparat zur Behandlung einer Krankheit verordnet, so müsse diese vom Arzt unter Angabe der Diagnose entsprechend bescheinigt werden. Die Klägerin wusste, dass ihr Cyclo-Progynova nicht zur Empfängnisregelung verordnet worden war. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, das Ärztliche Attest von ... vom 26.05.2009 ohne anwaltliche Hilfe dem LBV vorzulegen. Der Vortrag im Vorverfahren ging auch nicht über den Inhalt des Ärztlichen Attestes vom 26.05.2009 hinaus.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
28 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. März 2005 - 4 S 2222/03

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Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision w

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Richter im Dienst des Beklagten. Er leidet an progredienter androgenetischer Alopezie (erblich bedingtem Haarausfall). Er begehrt Beihilfe für das ihm ärztlich verordnete Mittel „Propecia“, das dem Haarausfall entgegenwirken soll. Mit Bescheid vom 26.09.2002 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, „Propecia“ sei kein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und gehöre zu den kosmetischen Mitteln. Der Kläger hat daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens macht der Senat sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen und nimmt auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug (§ 130b Satz 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.08.2003 stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger Beihilfe in Höhe von 299,25 EUR entsprechend den ärztlichen Verordnungen zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf die begehrte Beihilfe, da die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme beihilfefähiger Aufwendungen erfüllt seien. Nach dem vorliegenden ärztlichen Attest leide der Kläger an einer progredienten androgenetischen Alopezie. Dabei handele es sich um eine Krankheit im Sinne von § 6 Abs. 1 BVO, weil dem beihilferechtlichen Krankheitsbegriff entsprechend ein Körperzustand gegeben sei, der von der Norm, nämlich einem ungehinderten Haarwachstum, abweiche. Ein damit sich anbahnender weitgehender Verlust der Kopfhaare könne als ein das Wohlbefinden einschränkender Zustand angesehen werden, wie sich auch aus der teilweisen Erstattungsfähigkeit von Perücken oder Toupets nach Nr. 2.1. der Anlage zur Beihilfeverordnung ergebe. Das ärztlich verordnete Mittel „Propecia“ sei auch kein kosmetisches Mittel, sondern ein Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, da es nach der Fachinformation und den vom Kläger vorgelegten Beipackzetteln dazu bestimmt sei, seine Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung im menschlichen Körper zu erzielen; die wegen der Hemmung des Haarausfalls ebenfalls bewirkte Verbesserung des Aussehens stehe der Eigenschaft als Arzneimittel nicht entgegen. Das Mittel „Propecia“ sei schließlich nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarf zu ersetzen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO der Beihilfefähigkeit der dadurch hervorgerufenen Aufwendungen nicht entgegenstehe.
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Androgenetische Alopezie sei keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts, da sie keinen Körperzustand darstelle, der außerhalb der Bandbreite des „Normalen“ als regelwidrig bezeichnet werden könne. Dies folge sowohl daraus, dass etwa die Hälfte aller Männer davon betroffen sei, als auch daraus, dass durch Alopezie weder die körperliche Leistungsfähigkeit noch die psychische Gesundheit beeinträchtigt würden. Die Behandlung der Alopezie habe daher rein ästhetische Bedeutung und erfülle, wovon auch die Fachleute ausgingen, nicht die Kriterien einer medizinisch indizierten Heilbehandlung. Bei den entstandenen Aufwendungen handele es sich vielmehr um Kosten der Lebenshaltung. Das Mittel „Propecia“ sei deshalb geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Unabhängig von der Frage, ob eine Krankheit vorliege, handele es sich auch nicht um notwendige Aufwendungen im Sinne des Beihilferechts, da der Kläger allein sein äußeres Erscheinungsbild subjektiv als nachteilig empfinde.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
20 
Rechtsmittelbelehrung
21 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
22 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
23 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
24 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
25 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
26 
Beschluss vom 10. März 2005
27 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a.F. auf 299,25 EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Präparate „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ und „Medyn“.
Seine u.a. auch darauf gerichteten Anträge wurden mit Bescheiden des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und vom 14.12.2005 sowie Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006, mit Bescheiden vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 sowie Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 abgelehnt.
Auf seine bereits am 05.05.2006 erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 09.05.2007 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 28,91 EUR nebst Prozesszinsen zu gewähren. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 wurden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die bezüglich der Bescheide vom 06.07.2005, vom 14.12.2005, vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006, vom 28.08.2006 sowie der Widerspruchsbescheide vom 12.04.2006 und vom 28.09.2006, soweit darin beantragte Beihilfeleistungen abgelehnt würden, zulässige Klage sei insoweit begründet, als dem Kläger in den Bescheiden vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 Beihilfeleistungen zu dem Präparat „Medyn“ abgelehnt worden seien; sie sei unbegründet im Hinblick auf die Ablehnung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein und Zeaxanthin Formula“. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ seien beihilfefähig. Zwar könne ein Vitaminpräparat wie „Medyn“, das im Wesentlichen die Vitamine B6, Folsäure und B12 enthalte, ein Mittel sein, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, indem es die Nahrung um für den Köper notwendige Vitamine ergänze. Jedoch sei „Medyn“ dem Kläger nicht maßgeblich zur Nahrungsergänzung (oder gar zum Ersatz für Nahrungsmittel) verschrieben worden. Ausweislich des vorgelegten Rezepts habe die den Kläger behandelnde Ärztin das Präparat „zur Vermeidung erhöhter Homocysteinwerte“ verschrieben. Es sei danach davon auszugehen, dass beim Kläger überhöhte Homocysteinwerte im Blut festgestellt worden seien. Bei der danach vorliegenden Indikation komme „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zur Anwendung, ohne zugleich Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der in die mündliche Verhandlung eingeführten Produktbeschreibung diene „Medyn“ zur Senkung erhöhter Homocysteinwerte bedingt durch Vitaminmangel. Die in „Medyn“ enthaltenen Vitamine sollten sonach nicht typische Nahrungsbestandteile - wie es Vitamine seien - ergänzen bzw. sogar ersetzen, sondern einen normabweichenden Zustand bekämpfen. Die DACH-Liga Homocystein, ein Zusammenschluss deutscher, österreichischer und schweizerischer Wissenschaftler, empfehle die Substitution von B-Vitaminen zur Senkung erhöhter Homocysteinspiegel, weil der Zusammenhang von erhöhten Homocysteinspiegeln mit einem gesteigerten Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen als gesichert gelte. Diene „Medyn“ nach der Zweckbestimmung des Herstellers und auch im vorliegenden Fall der Senkung erhöhter Homocysteinwerte, komme es danach - als ärztlich verordnetes Arzneimittel - „aus Anlass einer Krankheit“ zum Einsatz. Denn ein erhöhter Homocysteinspiegel stelle mit der dadurch gegebenen Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen einen regelwidrigen Zustand des Körpers dar, der der ärztlichen Behandlung bedürfe. An der Charakterisierung von „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ändere es nichts, dass möglicherweise bei ansonsten gesunden Menschen eine spezifische Zufuhr der in „Medyn“ enthaltenen Vitamine durch eine besonders eingestellte Ernährung zu erreichen sei.
Zu einem anderen Ergebnis sei die Kammer hinsichtlich der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gekommen. Hier handle es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung. Zwar solle auch dieses Präparat nach dem Vorbringen des Klägers und der hierzu vorliegenden Verordnung zur Bekämpfung einer Krankheit, der Makuladegeneration, eingesetzt werden, einer Erkrankung, für die es gegenwärtig keine effektiven schulmedizinischen Behandlungsansätze gebe. Jedoch stehe der Einordnung als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung hier schon die vom Hersteller des Präparats angegebene Zweckbestimmung des Mittels entgegen. Nach der dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2006 beigefügten englischsprachigen Produktbeschreibung handle es sich um ein Präparat, das neben den Bestandteilen Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten seien, auch verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) sowie weitere Bestandteile (z.B. Zink und Selen) enthalte. Nach der Produktbeschreibung diene das Mittel der Vorbeugung von Mangelzuständen und zur Erhaltung der Augengesundheit. Zwar sei auch das Risiko einer Makuladegeneration (AMD) erwähnt, jedoch bringe der Hersteller das genannte Mittel nicht als Arzneimittel, d.h. zu Heilzwecken, in den Handel. Nach seiner ausdrücklichen Kennzeichnung handele es sich vielmehr um ein „dietary supplement“, was am ehesten mit „Nahrungsergänzungsmittel“ zu übersetzen sei. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten seien, sei die Erhaltung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung werde aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Die spezifische Zwecksetzung ändere nichts daran, dass es sich um in der natürlichen Nahrung enthaltene Stoffe handle, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Es handle sich eher um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und sei sonach nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts einzustufen.
Hinsichtlich der Gewährung von Beihilfe für die genannten Präparate hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die der Kläger am 13.07.2007 und der Beklagte am 16.07.2007 eingelegt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Arzneimittel „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ nebst 5% Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu gewähren und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und 14.12.2005 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sowie die Bescheide vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, das Arzneimittel „Medyn“ sei ihm erstmals vor zwei Jahren verschrieben worden. Hierfür habe es zwei Gründe gegeben, von denen einer sogar auf dem Rezept vermerkt worden sei. Zum einen habe ein überhöhter Homocysteinspiegel vermieden und auf diese Weise das bei ihm bestehende Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko reduziert werden sollen, daneben seien bei ihm sämtliche Gelenke schwer angeschlagen. Dieser Umstand führe zu einem weit höheren Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe als dies bei normalen gesunden Personen der Fall sei. Der gesamte Vortrag des Beklagten gehe schon deshalb ins Leere, weil mit Hilfe dieses Arzneimittels genau das geschehen solle, was der Beklagte zu vermissen scheine, nämlich die Bekämpfung eines besonders schwerwiegenden Krankheitszustands. Am 08.09.2003 sei bei ihm der Homocysteinspiegel zum ersten Mal ermittelt worden. Das Ergebnis sei 10,8 gewesen. Einige Zeit danach sei bei ihm mit der Medyn-Behandlung begonnen worden. Trotz der langjährigen Einnahme sei der am 15.04.2008 erstmals wieder getestete Wert nur auf 10,1 zurückgegangen. Etwa im August habe er sich dazu entschlossen, um möglicherweise dem Streit mit dem Beklagten ein Ende zu machen, eine Zeitlang auf die Einnahme von Medyn zu verzichten. Dies habe jedoch dazu geführt, dass am 31.10.2008 ein Wert von 14,2 festgestellt worden sei. Nach Wiederaufnahme der Medyneinnahme habe sich am 12.03.2009 immer noch ein viel zu hoher Wert von 13,8 ergeben. Bei Medyn handle es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Die Frage der medizinischen Indikation müsse allein und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt werden und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn der behandelnde Arzt die Behandlung mit Medyn als indiziert angesehen habe, müsse dies schon deswegen respektiert werden, weil er dies aus therapeutischen Gründen für geboten gehalten habe, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, ihn nicht ordnungsgemäß behandelt zu haben. Das in einem Parallelverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht verwertbar. Er beziehe sich auch auf ein Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009, auf ein Gutachten von Prof. Dr. B. über die Bedeutung des erhöhten Homocysteins im Blut, eine aktuelle Publikation von Prof. Dr. H. über die neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen mit dem Fazit, dass die Einnahme von B-Vitaminen in Präventionsstudien zu einer signifikanten Reduktion von Schlaganfällen geführt habe, einen englischsprachigen Artikel zur Supplementierung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 und einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Zeitschrift Perfusion 09/2007. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der drei Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere, und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar.
10 
Es sei abwegig, „I Caps“ als Lebensmittel zu behandeln; es sei auch kein Nahrungsergänzungsmittel. „I Caps“ werde von ihm zu Heilungszwecken eingenommen und nicht zur Ernährung oder zum Genuss. Dieser Zweckbestimmung stehe nicht entgegen, dass „I Caps“ von der Produktbeschreibung her als apothekenpflichtiges Nahrungsergänzungsmittel angeboten werde. Maßgeblich für den Charakter eines Präparats als Arzneimittel sei nicht der Verwendungswille des Patienten oder des Produzenten, sondern die eindeutige medizinische Indikation des verordneten Gegenstandes. Schon deshalb scheide eine Anwendung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEM) auf die hier streitgegenständlichen Arzneimittel aus. § 1 NEM bestimme unter Nr. 1, dass ein Nahrungsergänzungsmittel dazu bestimmt sein müsse, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Dieser Zweck sei in den hier streitgegenständlichen Fällen nicht gegeben. Weiter fordere § 4 Abs. 1 NEM eine Kennzeichnung der Nahrungsergänzungsmittel mit „NEM“, was weder bei „I Caps“ noch bei „Medyn“ der Fall sei. Laut § 4 Abs. 2 Nr. 4 NEM müsse jedes Nahrungsergänzungsmittel den Hinweis enthalten, dass dieses kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung sei. Auch dies sei hier nicht der Fall. Des Weiteren enthalte die Nahrungsergänzungsmittelverordnung in zwei Anlagen die Aufzählung sämtlicher Stoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt nur enthalten sein dürften. In beiden Anlagen würden die Hauptbestandteile der „I Caps“, nämlich die Substanzen Lutein und Zeaxanthin, nicht genannt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. LFGB sei es verboten, einem Lebensmittel den Anschein eines Arzneimittels zu geben. Nach § 12 LFGB sei bei Lebensmitteln jegliche krankheitsbezogene Werbung verboten, insbesondere schriftliche Angaben, die dazu anreizten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln. Beide Hersteller würden sich durch das In-Verkehr-Bringen von „Medyn“ und „I Caps“ strafbar machen, wenn sie ein Lebensmittel zwecks Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht hätten. Diese Präparate seien auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Im Übrigen sei es Aufgabe des Beklagten, darzulegen, welche Güter des täglichen Bedarfs von 100% der Bevölkerung täglich angewendet würden, die durch die hier streitgegenständlichen Arzneimittel zu ersetzen wären. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen sei durch Ernährungsmaßnahmen eine wirksame Einflussnahme auf die bestehenden Krankheiten nicht mehr möglich. Als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter habe er ohnehin keine Möglichkeit, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13 
Er macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe für „Medyn“. Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise vom Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte beim Kläger aus. Die Aussage der Ärztin, dass durch die Verordnung von „Medyn“ überhöhte Homocysteinwerte vermieden werden sollten, lasse gerade nicht den Schluss zu, dass bereits überhöhte Homocysteinwerte festgestellt worden seien. Zur Gesundheitsvorsorge seien jedoch nach dem allenfalls in Betracht kommenden § 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO lediglich ambulante ärztliche Leistungen und nicht schriftlich verordnete Arzneimittel beihilfefähig. Auch bei Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte bestehe keine Beihilfefähigkeit. Ein erhöhter Homocysteinwert sei keine Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften. „Medyn“ enthalte im Übrigen ausschließlich Inhaltsstoffe, die auch in der Nahrung enthalten seien, und falle als Nahrungsergänzungsmittel nicht unter den beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff, sondern diene der Vermeidung von Nährstofflücken und sei damit ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies gelte auch für „I Caps“. Das Präparat sei nicht verschreibungspflichtig und werde auch nicht in der „Roten Liste“ geführt. Auch die Tatsache, dass das Erfordernis einer solchen „besonderen Ernährung“ krankheitsbedingt sein und dem Lebensmittel von daher „heilende“ Wirkung zukommen könne, ändere grundsätzlich nichts an seinem Lebensmittelcharakter. Den Nachweis, dass der Kläger an einem Vitaminmangel leide, der durch entsprechende Ernährung nicht behoben werden könne, habe er nicht erbracht. Selbst wenn es sich bei dem Mittel „I Caps“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handeln würde, wäre das Mittel nicht beihilfefähig, da es ausweislich der Produktbeschreibung des Herstellers nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Erhaltung der Augengesundheit diene. Somit diene das Mittel der Gesundheitsvorsorge und sei nach § 10 BVO nicht beihilfefähig. Für beide Präparate fehle es auch an der wissenschaftlichen Anerkennung und damit an der Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K. vom 20.07.2009 verwiesen.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60,93 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 3/5, die Beklagte zu 2/5.

Tatbestand

 
Der Kläger ist B 1-Mitglied der Beklagten mit einem Bemessungssatz für Kassenleistungen von 50 %.
Am 23.09.2002 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung des S. über 1.107,66 EUR. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19.12.2002 ab.
Am 30.09.2002 stellte der Kläger bei der Beklagten einen weiteren Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von Dr. H. vom 24.09.2002 über 4.582,70 EUR und aufgrund der Rechnung des S. vom 24.09.2002 über 714,98 EUR. Mit Bescheid vom 24.01.2003 gewährte die Beklagte insoweit Kassenleistungen von 1.461,01 EUR. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 24.01.2003 gewährte die Beklagte auf den Antrag vom 30.09.2002 eine Nacherstattung von 270,65 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2003 wies sie die Widersprüche im Übrigen zurück.
Am 04.09.2003 erhob der Kläger dagegen Klage (17 K 3623/03), die zunächst auf einen Betrag von 2.942,01 EUR gerichtet war. Während des Klageverfahrens stellte der Kläger dann klar, dass es nur um die Gewährung von Kassenleistungen gehe. Den offenen Betrag an Kassenleistungen bezifferte die Beklagte mit 1.471,00 EUR.
Mit Schriftsatz vom 27.04.2004 teilte die Beklagte mit, sie werde an den Kläger Kassenleistungen in Höhe von 1.471,02 EUR nacherstatten, und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Am 06.05.2004 schloss sich der Kläger der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 07.05.2004 wurde das Verfahren eingestellt und die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt; der Streitwert bis zur Erledigung wurde auf 1.471,01 EUR festgesetzt.
In der Folgezeit versuchte der Kläger vergeblich, Zinszahlungen von der Beklagten zu erhalten.
Am 25.02.2005 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er trägt vor, die von der Beklagten im Verfahren 17 K 3623/03 angekündigte Nachzahlung sei am 02.07.2004 erfolgt. Er habe deshalb einen Anspruch auf Verzugszinsen aus 1.187,83 EUR vom 19.12.2002 bis zum 02.07.2004 und aus 283,10 EUR vom 24.10.2003 bis zum 02.07.2004. Verzugszinsen seien im vorliegenden Fall zu gewähren, da das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten erheblich an ein privatrechtliches Rechtsverhältnis angeglichen sei. Es entspreche einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag. Im Übrigen stünden ihm ab Erhebung der Klage Prozesszinsen zu.
Der Kläger beantragt,
10 
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 144,12 EUR zu zahlen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie beruft sich darauf, dem Kläger seien Zinsen entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 08.07.2004 gezahlt worden. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Zinszahlung habe der Kläger nicht. Insbesondere sehe die Satzung die Zahlung von Verzugszinsen nicht vor.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 3623/03 und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilsausspruchs begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
17 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 60,93 EUR.
18 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ist in § 291 Satz 1 BGB geregelt. Danach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht in Verzug ist. § 291 Satz 1 BGB findet im öffentlichen Recht analoge Anwendung, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, NJW 1995, 3135 m.w.N.). Im vorliegenden Falle enthält die Satzung der Beklagten insoweit keine Regelung.
19 
Allerdings setzt die Heranziehung dieser Vorschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren voraus, dass der Prozess mit dem Zuspruch einer eindeutig bestimmten Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch Verpflichtung zum Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheids (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, a.a.O., und v. 28.05.1998, NJW 1998, 3368). Diese Voraussetzungen lagen im Verfahren 17 K 3623/03 nicht vor. Dieses Verfahren endete vielmehr durch übereinstimmende Erledigungserklärungen des Klägers und der Beklagten, nachdem die Beklagte angekündigt hatte, sie werden den Kläger mit der Nacherstattung von 1.471,02 EUR klaglos stellen. Eine solche Konstellation genügt aber auch für die Anwendbarkeit des § 291 S. 1 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1962, BVerwGE 14, 1). Danach waren im Verfahren 17 K 3623/03 die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesszinsen erfüllt.
20 
Der Anspruch auf Prozesszinsen muss nicht in dem Verfahren geltend gemacht werden, für das die Prozesszinsen begehrt werden. Der Anspruch kann auch selbstständig mit einer nachfolgenden Klage geltend gemacht werden (BVerwG, Urt. v. 21.04.1971, BVerwGE 38, 49; a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 31.01.1995 - 1 A 3395/91 - ).
21 
Der Gewährung von Prozesszinsen steht nicht entgegen, dass der Kläger weder im Klageantrag noch sonst in Verfahren den Klagegrund insoweit näher spezifiziert hat. Er hat insoweit weder den Betrag angegeben, den er - in Abgrenzung zu den darüber hinaus begehrten Verzugszinsen - als Prozesszinsen geltend macht, noch hat er die Höhe des begehrten Zinssatzes genannt. Dies ist aber unschädlich. Denn der Betrag der Prozesszinsen lässt sich aus den gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit den vom Kläger angegebenen Zeiträumen eindeutig berechnen.
22 
Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage im Verfahren 17 K 3623/03 war. Diese Klage wurde am 04.09.2003 durch Klageerhebung rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Der 05.09.2003 ist damit der erste Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 187 Abs. 1 BGB).
23 
Die Rechtshängigkeit endete mit dem Eingang der zweiten Erledigungserklärung am 06.05.2004. Dies ist damit der letzte Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 188 Abs. 1 BGB). Damit können für 245 Tage Prozesszinsen begehrt werden. Davon entfallen auf den Zeitraum vom 05.09.2003 bis zum 31.12.2003 118 Tage, auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 06.05.2004 127 Tage. Der Zeitraum, für den der Kläger die Prozesszinsen begehrt, liegt innerhalb dieses Zeitraums. So hat er im Schriftsatz vom 24.05.2005 klargestellt, dass er ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. ab Rechtshängigkeit, Prozesszinsen begehrt. Als Ende des Zeitraums hat er in der Klageschrift den 02.07.2004 genannt.
24 
Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 291 Satz 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach lag der Zinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz lag ab 01.07.2003 bei 1,22 %, ab 01.01.2004 bei 1,14 % (Palandt, BGB, 64. Auflage [2005], Anhang zu § 288). Damit betrug der für die Tage im Jahr 2003 zu berücksichtigende Zinssatz 6,22 %, der für die Tage im Jahr 2004 zu berücksichtigende Zinssatz 6,14 %.
25 
Der maßgebliche Betrag, für den die Prozesszinsen anfielen, ergibt sich aus der Festsetzung des Streitwerts im Verfahren 17 K 3623/03 mit Beschluss vom 07.05.2004. Dieser Streitwert betrug 1.471,01 EUR.
26 
Nach diesen Vorgaben (Betrag: 1.471,01 EUR; Zinssatz: 6,22 %; Anzahl der Tage: 118) ergeben sich für das Jahr 2003 Prozesszinsen in Höhe von 29,50 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich nach den für den Zinssatz (6,14 %) und die Anzahl der Tage (127) abweichenden Vorgaben Prozesszinsen in Höhe von 31,43 EUR. Daraus errechnen sich Prozesszinsen von insgesamt 60,93 EUR.
27 
Einen Anspruch auf weitergehende Zinszahlungen hat der Kläger nicht. Prozesszinsen sind über den Betrag von 60.93 EUR hinaus nicht angefallen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht nicht.
28 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Werden öffentlich-rechtliche Geldforderungen nicht erfüllt, können Verzugszinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen verlangt werden. Verzug setzt entsprechend § 286 BGB Verschulden voraus; Schäden, die durch eine verspätete Leistung verursacht sind, können grundsätzlich nur nach den Regelungen über die Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG, § 839 BGB) beurteilt werden (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2003, Buchholz 428 § 7 a VermG Nr. 5 m.w.N.). Im vorliegenden Falle gibt es keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verzugszinsen. Denn auch insoweit enthält die Satzung der Beklagten keine Regelungen.
29 
Allerdings kann ein im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbarer Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB dann bestehen, wenn der Schuldner mit einer Geldleistung in Verzug ist, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht (BVerwG, Urt. v. 15.03.1989, BVerwGE 81, 312). Dasselbe gilt, wenn sich der Anspruch auf die Geldleistung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis herleitet, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind (BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, BVerwGE 98, 18). Daran hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 04.07.2003 (a.a.O.) festgehalten. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt.
30 
Das Rechtsverhältnis des Klägers als Mitglied der Beklagten ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind. Denn es liegt kein Gegenseitigkeitsverhältnis vor; es ist vielmehr ein Über-Unterordnungsverhältnis gegeben. Die Beklagte schließt mit ihren Mitgliedern nämlich keine öffentlich-rechtlichen Verträge, sondern hat ihre Angelegenheiten in Form einer Satzung geregelt. Auch stehen die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Beiträge und die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Kassenleistungen nicht als vertragliche Hauptleistungspflichten ii einem Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, a.a.O.). Denn es handelt sich dabei nicht um vertragliche Pflichten. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers besteht als Beitragsforderung (§ 25 Abs. 1 der Satzung) für die Mitgliedschaft bei der Beklagten (§ 12 der Satzung) als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Die Leistungsverpflichtung der Beklagten folgt aus § 30 Abs. 1 der Satzung.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilsausspruchs begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
17 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 60,93 EUR.
18 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ist in § 291 Satz 1 BGB geregelt. Danach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht in Verzug ist. § 291 Satz 1 BGB findet im öffentlichen Recht analoge Anwendung, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, NJW 1995, 3135 m.w.N.). Im vorliegenden Falle enthält die Satzung der Beklagten insoweit keine Regelung.
19 
Allerdings setzt die Heranziehung dieser Vorschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren voraus, dass der Prozess mit dem Zuspruch einer eindeutig bestimmten Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch Verpflichtung zum Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheids (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, a.a.O., und v. 28.05.1998, NJW 1998, 3368). Diese Voraussetzungen lagen im Verfahren 17 K 3623/03 nicht vor. Dieses Verfahren endete vielmehr durch übereinstimmende Erledigungserklärungen des Klägers und der Beklagten, nachdem die Beklagte angekündigt hatte, sie werden den Kläger mit der Nacherstattung von 1.471,02 EUR klaglos stellen. Eine solche Konstellation genügt aber auch für die Anwendbarkeit des § 291 S. 1 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1962, BVerwGE 14, 1). Danach waren im Verfahren 17 K 3623/03 die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesszinsen erfüllt.
20 
Der Anspruch auf Prozesszinsen muss nicht in dem Verfahren geltend gemacht werden, für das die Prozesszinsen begehrt werden. Der Anspruch kann auch selbstständig mit einer nachfolgenden Klage geltend gemacht werden (BVerwG, Urt. v. 21.04.1971, BVerwGE 38, 49; a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 31.01.1995 - 1 A 3395/91 - ).
21 
Der Gewährung von Prozesszinsen steht nicht entgegen, dass der Kläger weder im Klageantrag noch sonst in Verfahren den Klagegrund insoweit näher spezifiziert hat. Er hat insoweit weder den Betrag angegeben, den er - in Abgrenzung zu den darüber hinaus begehrten Verzugszinsen - als Prozesszinsen geltend macht, noch hat er die Höhe des begehrten Zinssatzes genannt. Dies ist aber unschädlich. Denn der Betrag der Prozesszinsen lässt sich aus den gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit den vom Kläger angegebenen Zeiträumen eindeutig berechnen.
22 
Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage im Verfahren 17 K 3623/03 war. Diese Klage wurde am 04.09.2003 durch Klageerhebung rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Der 05.09.2003 ist damit der erste Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 187 Abs. 1 BGB).
23 
Die Rechtshängigkeit endete mit dem Eingang der zweiten Erledigungserklärung am 06.05.2004. Dies ist damit der letzte Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 188 Abs. 1 BGB). Damit können für 245 Tage Prozesszinsen begehrt werden. Davon entfallen auf den Zeitraum vom 05.09.2003 bis zum 31.12.2003 118 Tage, auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 06.05.2004 127 Tage. Der Zeitraum, für den der Kläger die Prozesszinsen begehrt, liegt innerhalb dieses Zeitraums. So hat er im Schriftsatz vom 24.05.2005 klargestellt, dass er ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. ab Rechtshängigkeit, Prozesszinsen begehrt. Als Ende des Zeitraums hat er in der Klageschrift den 02.07.2004 genannt.
24 
Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 291 Satz 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach lag der Zinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz lag ab 01.07.2003 bei 1,22 %, ab 01.01.2004 bei 1,14 % (Palandt, BGB, 64. Auflage [2005], Anhang zu § 288). Damit betrug der für die Tage im Jahr 2003 zu berücksichtigende Zinssatz 6,22 %, der für die Tage im Jahr 2004 zu berücksichtigende Zinssatz 6,14 %.
25 
Der maßgebliche Betrag, für den die Prozesszinsen anfielen, ergibt sich aus der Festsetzung des Streitwerts im Verfahren 17 K 3623/03 mit Beschluss vom 07.05.2004. Dieser Streitwert betrug 1.471,01 EUR.
26 
Nach diesen Vorgaben (Betrag: 1.471,01 EUR; Zinssatz: 6,22 %; Anzahl der Tage: 118) ergeben sich für das Jahr 2003 Prozesszinsen in Höhe von 29,50 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich nach den für den Zinssatz (6,14 %) und die Anzahl der Tage (127) abweichenden Vorgaben Prozesszinsen in Höhe von 31,43 EUR. Daraus errechnen sich Prozesszinsen von insgesamt 60,93 EUR.
27 
Einen Anspruch auf weitergehende Zinszahlungen hat der Kläger nicht. Prozesszinsen sind über den Betrag von 60.93 EUR hinaus nicht angefallen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht nicht.
28 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Werden öffentlich-rechtliche Geldforderungen nicht erfüllt, können Verzugszinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen verlangt werden. Verzug setzt entsprechend § 286 BGB Verschulden voraus; Schäden, die durch eine verspätete Leistung verursacht sind, können grundsätzlich nur nach den Regelungen über die Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG, § 839 BGB) beurteilt werden (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2003, Buchholz 428 § 7 a VermG Nr. 5 m.w.N.). Im vorliegenden Falle gibt es keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verzugszinsen. Denn auch insoweit enthält die Satzung der Beklagten keine Regelungen.
29 
Allerdings kann ein im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbarer Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB dann bestehen, wenn der Schuldner mit einer Geldleistung in Verzug ist, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht (BVerwG, Urt. v. 15.03.1989, BVerwGE 81, 312). Dasselbe gilt, wenn sich der Anspruch auf die Geldleistung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis herleitet, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind (BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, BVerwGE 98, 18). Daran hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 04.07.2003 (a.a.O.) festgehalten. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt.
30 
Das Rechtsverhältnis des Klägers als Mitglied der Beklagten ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind. Denn es liegt kein Gegenseitigkeitsverhältnis vor; es ist vielmehr ein Über-Unterordnungsverhältnis gegeben. Die Beklagte schließt mit ihren Mitgliedern nämlich keine öffentlich-rechtlichen Verträge, sondern hat ihre Angelegenheiten in Form einer Satzung geregelt. Auch stehen die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Beiträge und die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Kassenleistungen nicht als vertragliche Hauptleistungspflichten ii einem Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, a.a.O.). Denn es handelt sich dabei nicht um vertragliche Pflichten. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers besteht als Beitragsforderung (§ 25 Abs. 1 der Satzung) für die Mitgliedschaft bei der Beklagten (§ 12 der Satzung) als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Die Leistungsverpflichtung der Beklagten folgt aus § 30 Abs. 1 der Satzung.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Richter im Dienst des Beklagten. Er leidet an progredienter androgenetischer Alopezie (erblich bedingtem Haarausfall). Er begehrt Beihilfe für das ihm ärztlich verordnete Mittel „Propecia“, das dem Haarausfall entgegenwirken soll. Mit Bescheid vom 26.09.2002 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, „Propecia“ sei kein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und gehöre zu den kosmetischen Mitteln. Der Kläger hat daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens macht der Senat sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen und nimmt auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug (§ 130b Satz 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.08.2003 stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger Beihilfe in Höhe von 299,25 EUR entsprechend den ärztlichen Verordnungen zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf die begehrte Beihilfe, da die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme beihilfefähiger Aufwendungen erfüllt seien. Nach dem vorliegenden ärztlichen Attest leide der Kläger an einer progredienten androgenetischen Alopezie. Dabei handele es sich um eine Krankheit im Sinne von § 6 Abs. 1 BVO, weil dem beihilferechtlichen Krankheitsbegriff entsprechend ein Körperzustand gegeben sei, der von der Norm, nämlich einem ungehinderten Haarwachstum, abweiche. Ein damit sich anbahnender weitgehender Verlust der Kopfhaare könne als ein das Wohlbefinden einschränkender Zustand angesehen werden, wie sich auch aus der teilweisen Erstattungsfähigkeit von Perücken oder Toupets nach Nr. 2.1. der Anlage zur Beihilfeverordnung ergebe. Das ärztlich verordnete Mittel „Propecia“ sei auch kein kosmetisches Mittel, sondern ein Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, da es nach der Fachinformation und den vom Kläger vorgelegten Beipackzetteln dazu bestimmt sei, seine Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung im menschlichen Körper zu erzielen; die wegen der Hemmung des Haarausfalls ebenfalls bewirkte Verbesserung des Aussehens stehe der Eigenschaft als Arzneimittel nicht entgegen. Das Mittel „Propecia“ sei schließlich nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarf zu ersetzen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO der Beihilfefähigkeit der dadurch hervorgerufenen Aufwendungen nicht entgegenstehe.
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Androgenetische Alopezie sei keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts, da sie keinen Körperzustand darstelle, der außerhalb der Bandbreite des „Normalen“ als regelwidrig bezeichnet werden könne. Dies folge sowohl daraus, dass etwa die Hälfte aller Männer davon betroffen sei, als auch daraus, dass durch Alopezie weder die körperliche Leistungsfähigkeit noch die psychische Gesundheit beeinträchtigt würden. Die Behandlung der Alopezie habe daher rein ästhetische Bedeutung und erfülle, wovon auch die Fachleute ausgingen, nicht die Kriterien einer medizinisch indizierten Heilbehandlung. Bei den entstandenen Aufwendungen handele es sich vielmehr um Kosten der Lebenshaltung. Das Mittel „Propecia“ sei deshalb geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Unabhängig von der Frage, ob eine Krankheit vorliege, handele es sich auch nicht um notwendige Aufwendungen im Sinne des Beihilferechts, da der Kläger allein sein äußeres Erscheinungsbild subjektiv als nachteilig empfinde.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
20 
Rechtsmittelbelehrung
21 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
22 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
23 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
24 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
25 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
26 
Beschluss vom 10. März 2005
27 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a.F. auf 299,25 EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Präparate „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ und „Medyn“.
Seine u.a. auch darauf gerichteten Anträge wurden mit Bescheiden des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und vom 14.12.2005 sowie Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006, mit Bescheiden vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 sowie Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 abgelehnt.
Auf seine bereits am 05.05.2006 erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den Beklagten mit Urteil vom 09.05.2007 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 28,91 EUR nebst Prozesszinsen zu gewähren. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 wurden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die bezüglich der Bescheide vom 06.07.2005, vom 14.12.2005, vom 22.02.2006, vom 28.04.2006, vom 21.06.2006, vom 28.08.2006 sowie der Widerspruchsbescheide vom 12.04.2006 und vom 28.09.2006, soweit darin beantragte Beihilfeleistungen abgelehnt würden, zulässige Klage sei insoweit begründet, als dem Kläger in den Bescheiden vom 22.02.2006 und vom 28.08.2006 Beihilfeleistungen zu dem Präparat „Medyn“ abgelehnt worden seien; sie sei unbegründet im Hinblick auf die Ablehnung von Beihilfeleistungen zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein und Zeaxanthin Formula“. Die geltend gemachten Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ seien beihilfefähig. Zwar könne ein Vitaminpräparat wie „Medyn“, das im Wesentlichen die Vitamine B6, Folsäure und B12 enthalte, ein Mittel sein, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, indem es die Nahrung um für den Köper notwendige Vitamine ergänze. Jedoch sei „Medyn“ dem Kläger nicht maßgeblich zur Nahrungsergänzung (oder gar zum Ersatz für Nahrungsmittel) verschrieben worden. Ausweislich des vorgelegten Rezepts habe die den Kläger behandelnde Ärztin das Präparat „zur Vermeidung erhöhter Homocysteinwerte“ verschrieben. Es sei danach davon auszugehen, dass beim Kläger überhöhte Homocysteinwerte im Blut festgestellt worden seien. Bei der danach vorliegenden Indikation komme „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts zur Anwendung, ohne zugleich Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Nach der in die mündliche Verhandlung eingeführten Produktbeschreibung diene „Medyn“ zur Senkung erhöhter Homocysteinwerte bedingt durch Vitaminmangel. Die in „Medyn“ enthaltenen Vitamine sollten sonach nicht typische Nahrungsbestandteile - wie es Vitamine seien - ergänzen bzw. sogar ersetzen, sondern einen normabweichenden Zustand bekämpfen. Die DACH-Liga Homocystein, ein Zusammenschluss deutscher, österreichischer und schweizerischer Wissenschaftler, empfehle die Substitution von B-Vitaminen zur Senkung erhöhter Homocysteinspiegel, weil der Zusammenhang von erhöhten Homocysteinspiegeln mit einem gesteigerten Risiko an kardiovaskulären Erkrankungen als gesichert gelte. Diene „Medyn“ nach der Zweckbestimmung des Herstellers und auch im vorliegenden Fall der Senkung erhöhter Homocysteinwerte, komme es danach - als ärztlich verordnetes Arzneimittel - „aus Anlass einer Krankheit“ zum Einsatz. Denn ein erhöhter Homocysteinspiegel stelle mit der dadurch gegebenen Risikosteigerung für kardiovaskuläre Erkrankungen einen regelwidrigen Zustand des Körpers dar, der der ärztlichen Behandlung bedürfe. An der Charakterisierung von „Medyn“ als Arzneimittel im Sinne der Beihilfevorschriften ändere es nichts, dass möglicherweise bei ansonsten gesunden Menschen eine spezifische Zufuhr der in „Medyn“ enthaltenen Vitamine durch eine besonders eingestellte Ernährung zu erreichen sei.
Zu einem anderen Ergebnis sei die Kammer hinsichtlich der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gekommen. Hier handle es sich nicht um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung. Zwar solle auch dieses Präparat nach dem Vorbringen des Klägers und der hierzu vorliegenden Verordnung zur Bekämpfung einer Krankheit, der Makuladegeneration, eingesetzt werden, einer Erkrankung, für die es gegenwärtig keine effektiven schulmedizinischen Behandlungsansätze gebe. Jedoch stehe der Einordnung als Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung hier schon die vom Hersteller des Präparats angegebene Zweckbestimmung des Mittels entgegen. Nach der dem Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2006 beigefügten englischsprachigen Produktbeschreibung handle es sich um ein Präparat, das neben den Bestandteilen Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten seien, auch verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) sowie weitere Bestandteile (z.B. Zink und Selen) enthalte. Nach der Produktbeschreibung diene das Mittel der Vorbeugung von Mangelzuständen und zur Erhaltung der Augengesundheit. Zwar sei auch das Risiko einer Makuladegeneration (AMD) erwähnt, jedoch bringe der Hersteller das genannte Mittel nicht als Arzneimittel, d.h. zu Heilzwecken, in den Handel. Nach seiner ausdrücklichen Kennzeichnung handele es sich vielmehr um ein „dietary supplement“, was am ehesten mit „Nahrungsergänzungsmittel“ zu übersetzen sei. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten seien, sei die Erhaltung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung werde aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Die spezifische Zwecksetzung ändere nichts daran, dass es sich um in der natürlichen Nahrung enthaltene Stoffe handle, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Es handle sich eher um ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und sei sonach nicht als Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts einzustufen.
Hinsichtlich der Gewährung von Beihilfe für die genannten Präparate hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen, die der Kläger am 13.07.2007 und der Beklagte am 16.07.2007 eingelegt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe zu den Aufwendungen für das Arzneimittel „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ nebst 5% Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu gewähren und die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005 und 14.12.2005 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sowie die Bescheide vom 28.04.2006, vom 21.06.2006 und vom 28.08.2006 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, das Arzneimittel „Medyn“ sei ihm erstmals vor zwei Jahren verschrieben worden. Hierfür habe es zwei Gründe gegeben, von denen einer sogar auf dem Rezept vermerkt worden sei. Zum einen habe ein überhöhter Homocysteinspiegel vermieden und auf diese Weise das bei ihm bestehende Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko reduziert werden sollen, daneben seien bei ihm sämtliche Gelenke schwer angeschlagen. Dieser Umstand führe zu einem weit höheren Bedarf an Vitaminen der B-Gruppe als dies bei normalen gesunden Personen der Fall sei. Der gesamte Vortrag des Beklagten gehe schon deshalb ins Leere, weil mit Hilfe dieses Arzneimittels genau das geschehen solle, was der Beklagte zu vermissen scheine, nämlich die Bekämpfung eines besonders schwerwiegenden Krankheitszustands. Am 08.09.2003 sei bei ihm der Homocysteinspiegel zum ersten Mal ermittelt worden. Das Ergebnis sei 10,8 gewesen. Einige Zeit danach sei bei ihm mit der Medyn-Behandlung begonnen worden. Trotz der langjährigen Einnahme sei der am 15.04.2008 erstmals wieder getestete Wert nur auf 10,1 zurückgegangen. Etwa im August habe er sich dazu entschlossen, um möglicherweise dem Streit mit dem Beklagten ein Ende zu machen, eine Zeitlang auf die Einnahme von Medyn zu verzichten. Dies habe jedoch dazu geführt, dass am 31.10.2008 ein Wert von 14,2 festgestellt worden sei. Nach Wiederaufnahme der Medyneinnahme habe sich am 12.03.2009 immer noch ein viel zu hoher Wert von 13,8 ergeben. Bei Medyn handle es sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Die Frage der medizinischen Indikation müsse allein und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt werden und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn der behandelnde Arzt die Behandlung mit Medyn als indiziert angesehen habe, müsse dies schon deswegen respektiert werden, weil er dies aus therapeutischen Gründen für geboten gehalten habe, um sich nicht den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, ihn nicht ordnungsgemäß behandelt zu haben. Das in einem Parallelverfahren vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht verwertbar. Er beziehe sich auch auf ein Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009, auf ein Gutachten von Prof. Dr. B. über die Bedeutung des erhöhten Homocysteins im Blut, eine aktuelle Publikation von Prof. Dr. H. über die neue Bewertung des Nutzens einer Homocysteinsenkung mit B-Vitaminen mit dem Fazit, dass die Einnahme von B-Vitaminen in Präventionsstudien zu einer signifikanten Reduktion von Schlaganfällen geführt habe, einen englischsprachigen Artikel zur Supplementierung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 und einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Zeitschrift Perfusion 09/2007. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der drei Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere, und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei unbrauchbar.
10 
Es sei abwegig, „I Caps“ als Lebensmittel zu behandeln; es sei auch kein Nahrungsergänzungsmittel. „I Caps“ werde von ihm zu Heilungszwecken eingenommen und nicht zur Ernährung oder zum Genuss. Dieser Zweckbestimmung stehe nicht entgegen, dass „I Caps“ von der Produktbeschreibung her als apothekenpflichtiges Nahrungsergänzungsmittel angeboten werde. Maßgeblich für den Charakter eines Präparats als Arzneimittel sei nicht der Verwendungswille des Patienten oder des Produzenten, sondern die eindeutige medizinische Indikation des verordneten Gegenstandes. Schon deshalb scheide eine Anwendung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEM) auf die hier streitgegenständlichen Arzneimittel aus. § 1 NEM bestimme unter Nr. 1, dass ein Nahrungsergänzungsmittel dazu bestimmt sein müsse, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Dieser Zweck sei in den hier streitgegenständlichen Fällen nicht gegeben. Weiter fordere § 4 Abs. 1 NEM eine Kennzeichnung der Nahrungsergänzungsmittel mit „NEM“, was weder bei „I Caps“ noch bei „Medyn“ der Fall sei. Laut § 4 Abs. 2 Nr. 4 NEM müsse jedes Nahrungsergänzungsmittel den Hinweis enthalten, dass dieses kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung sei. Auch dies sei hier nicht der Fall. Des Weiteren enthalte die Nahrungsergänzungsmittelverordnung in zwei Anlagen die Aufzählung sämtlicher Stoffe, die in Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt nur enthalten sein dürften. In beiden Anlagen würden die Hauptbestandteile der „I Caps“, nämlich die Substanzen Lutein und Zeaxanthin, nicht genannt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. LFGB sei es verboten, einem Lebensmittel den Anschein eines Arzneimittels zu geben. Nach § 12 LFGB sei bei Lebensmitteln jegliche krankheitsbezogene Werbung verboten, insbesondere schriftliche Angaben, die dazu anreizten, Krankheiten mit Lebensmitteln zu behandeln. Beide Hersteller würden sich durch das In-Verkehr-Bringen von „Medyn“ und „I Caps“ strafbar machen, wenn sie ein Lebensmittel zwecks Behandlung von Krankheiten in den Verkehr gebracht hätten. Diese Präparate seien auch nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Im Übrigen sei es Aufgabe des Beklagten, darzulegen, welche Güter des täglichen Bedarfs von 100% der Bevölkerung täglich angewendet würden, die durch die hier streitgegenständlichen Arzneimittel zu ersetzen wären. Dies sei nicht geschehen. Im Übrigen sei durch Ernährungsmaßnahmen eine wirksame Einflussnahme auf die bestehenden Krankheiten nicht mehr möglich. Als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter habe er ohnehin keine Möglichkeit, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Mai 2007 - 17 K 1795/06 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13 
Er macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Beihilfe für „Medyn“. Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise vom Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte beim Kläger aus. Die Aussage der Ärztin, dass durch die Verordnung von „Medyn“ überhöhte Homocysteinwerte vermieden werden sollten, lasse gerade nicht den Schluss zu, dass bereits überhöhte Homocysteinwerte festgestellt worden seien. Zur Gesundheitsvorsorge seien jedoch nach dem allenfalls in Betracht kommenden § 10 Abs. 3 Nr. 3 BVO lediglich ambulante ärztliche Leistungen und nicht schriftlich verordnete Arzneimittel beihilfefähig. Auch bei Vorliegen überhöhter Homocysteinwerte bestehe keine Beihilfefähigkeit. Ein erhöhter Homocysteinwert sei keine Krankheit im Sinne der Beihilfevorschriften. „Medyn“ enthalte im Übrigen ausschließlich Inhaltsstoffe, die auch in der Nahrung enthalten seien, und falle als Nahrungsergänzungsmittel nicht unter den beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff, sondern diene der Vermeidung von Nährstofflücken und sei damit ein Mittel, das geeignet sei, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Dies gelte auch für „I Caps“. Das Präparat sei nicht verschreibungspflichtig und werde auch nicht in der „Roten Liste“ geführt. Auch die Tatsache, dass das Erfordernis einer solchen „besonderen Ernährung“ krankheitsbedingt sein und dem Lebensmittel von daher „heilende“ Wirkung zukommen könne, ändere grundsätzlich nichts an seinem Lebensmittelcharakter. Den Nachweis, dass der Kläger an einem Vitaminmangel leide, der durch entsprechende Ernährung nicht behoben werden könne, habe er nicht erbracht. Selbst wenn es sich bei dem Mittel „I Caps“ um ein Arzneimittel im Sinne der Beihilfeverordnung handeln würde, wäre das Mittel nicht beihilfefähig, da es ausweislich der Produktbeschreibung des Herstellers nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Erhaltung der Augengesundheit diene. Somit diene das Mittel der Gesundheitsvorsorge und sei nach § 10 BVO nicht beihilfefähig. Für beide Präparate fehle es auch an der wissenschaftlichen Anerkennung und damit an der Notwendigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
14 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. K. vom 20.07.2009 verwiesen.
15 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten des Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
17 
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
19 
(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
29 
1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufungen der Beteiligten sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie auf die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula“ gerichtet ist. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 06.07.2005, 14.12.2005, 28.04.2006, 21.06.2006 und 28.08.2006 sowie sein Widerspruchsbescheid vom 12.04.2006 sind, soweit sie Beihilfe für dieses Präparat versagen, rechtmäßig.
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Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, dem Kläger Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat „Medyn“ zu gewähren. Ein dahingehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 22.02.2006 und 28.08.2006 und sein Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 sind, soweit sie sich auf dieses Präparat beziehen, ebenfalls rechtmäßig.
18 
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 der auf der gesetzlichen Grundlage des § 101 LBG erlassenen Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung) vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden und deshalb hier noch anzuwendenden Fassung vom 17.02.2004 (GBl. S. 66; BVO a.F.). Danach sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten, Zahnärzten oder Heilpraktikern nach Art und Umfang schriftlich verordnete Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen (Satz 1). Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen u.a. für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Satz 2).
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(1). Unter Krankheit ist ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 2 B 19.08 -, Juris; Senatsurteil vom 10.03.2005 - 4 S 2222/03 -, NVwZ-RR 2005, 490).
20 
(2). Die Beihilfevorschriften selbst (einschließlich der dazu ergangenen Hinweise) enthalten keine Definition des Begriffs „Arzneimittel", sondern setzen diesen voraus. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) kann angesichts des ganz andersartigen Zwecks dieses Gesetzes, der dahin geht, für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), nicht ohne Weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, das die Beteiligung des Dienstherrn an Kosten der Krankenbehandlung der Beamten und ihrer Angehörigen regelt. Die arzneimittelrechtliche Definition kann allerdings als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (BVerwG, Urteil vom 30.05.1996 - 2 C 5.95 -, ZBR 1996, 314).
21 
Unter „Arzneimitteln“ im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BVO a.F. sind deshalb grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zu verstehen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG a.F.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG i.d.F. vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990). Keine Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs, zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel zählen können (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungen [Funktionsarzneimittel, Präsentationsarzneimittel]: BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5.09 -, NVwZ 2009, 1038). Dabei ergeben sich aus Abgrenzungskriterien wie Produktbezeichnung, Firmenname, Aufmachung, Darreichungsform und Vertriebsweg keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Einordnung als Arzneimittel. So ist bei Nahrungsergänzungsmitteln eine Annäherung des Erscheinungsbilds an Arzneimittel festzustellen; es ist üblich geworden, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Dementsprechend kann etwa ein Dosierungshinweis als solcher für die Einordnung als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten. Ebenso ist der Vertrieb über Apotheken kein sicherer Anhaltspunkt für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören nach § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung zu den apothekenüblichen Waren (OVG Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840). Einen Anhaltspunkt dafür, ob ein bestimmtes Präparat ein Arzneimittel im medizinischen Sinne ist, kann hingegen seine Zulassung oder Registrierung als Arzneimittel (§ 2 Abs. 4 AMG) und etwa auch die Erwähnung des Mittels in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen „Roten Liste“ oder in sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel bieten (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, Juris).
22 
Der Umstand, dass Präparate weder als Arzneimittel registriert noch in einer solchen Liste aufgeführt sind, rechtfertigt allerdings noch nicht die Annahme, dass ihnen der Arzneimittelcharakter fehlt. Denn nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28.04.1993 - 3 B 92.3836 -, ZBR 1993, 347; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.05.2004, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.1999 - 12 A 315/97 -, DÖD 2000, 136; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 27.02.1998 - 2 A 13192/96.OVG - und vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, ZBR 2006, 203).
23 
Hinsichtlich des materiellen Zweckcharakters ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen.
24 
Eine therapeutische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne kann auch dann in Betracht kommen, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet. So können etwa Vitaminpräparate als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn einzustufen sein, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-387/99 -, Juris; siehe auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
25 
(3). Ob ein Mittel geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, richtet sich nach seiner objektiven Eigenart und Beschaffenheit. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO kommt es nicht darauf an, dass ein Mittel bei seiner konkreten Anwendung Güter des täglichen Bedarfs tatsächlich ersetzt, diese also überflüssig macht. Abgestellt wird vielmehr darauf, ob das Mittel zur Ersetzung geeignet ist. Dies erfordert eine wertende Betrachtung, die die objektive Zweckbestimmung des Mittels und dessen typischen Anwendungsbereich im Vergleich zu einem als ersetzbar in Betracht kommenden Gut des täglichen Lebens im Blick hat. Wie es im Einzelfall eingesetzt und ob dabei ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, ist grundsätzlich ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21.08.2000 - 4 S 856/00 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2008 - 6 A 4509/05 -, Juris). Allerdings soll diese Ausschlussklausel nach Sinn und Zweck nur solche Aufwendungen von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, zu deren Bestreitung der Dienstherr dem Beamten, so wie dies bei den Aufwendungen für die tägliche Ernährung oder für die Körperpflege der Fall ist, eine amtsangemessene Besoldung oder Versorgung zur Verfügung stellt. Der krankheitsbedingte Sonderbedarf wird davon grundsätzlich nicht erfasst. Deshalb ist auch in den Blick zu nehmen, ob die diesbezüglichen Aufwendungen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann anfallen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.).
26 
(4). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. sind Aufwendungen nur dann beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Nicht notwendig in diesem Sinne sind Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungen und Arzneimittel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sind eine Behandlungsmethode sowie verordnete Arzneimittel wissenschaftlich anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werden. Um „anerkannt“ zu sein, muss einer Behandlungsmethode bzw. einem Arzneimittel von dritter Seite - also von anderen als dem/den Urheber(n) - attestiert werden, zur Heilung einer Krankheit oder zur Linderung von Leidensfolgen geeignet zu sein und wirksam eingesetzt werden zu können. Um „wissenschaftlich“ anerkannt zu sein, müssen Beurteilungen von solchen Personen vorliegen, die an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen als Wissenschaftler in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätig sind. Um „allgemein“ anerkannt zu sein, müssen die Therapieform und die Medikamente zwar nicht ausnahmslos, aber doch überwiegend in den fachlichen Beurteilungen als geeignet und wirksam eingeschätzt werden. Somit sind eine Behandlungsmethode und Arzneimittel dann „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der mit der Methode befassten Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 15.94 -, NJW 1996, 801, und vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW 1998, 3436; Beschlüsse des Senats vom 16.06.2003 - 4 S 804/01 -, IÖD 2003, 199, und vom 03.05.2002 - 4 S 512/02-, IÖD 2002, 179).
27 
Allerdings kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann, wobei die bloße Möglichkeit der wissenschaftlichen Anerkennung nicht ausreicht (BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 und vom 18.06.1998, jeweils a.a.O.).
28 
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt hier Folgendes:
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1. Medyn
30 
Ein Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen für dieses Präparat steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des § 6 Abs. 1 BVO a.F. handelt. Abgesehen davon ist eine Behandlung mit Medyn auch nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F.
31 
Dabei erscheint dem Senat schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt dargelegt hat, dass bei ihm ein erhöhter Homocysteinwert vorliegt. Der Kläger beruft sich auf eine Mitteilung der MVZ-Laborärzte Leinfelden vom 13.03.2009, in der es heißt: „Moderat erhöhter Homocysteinwert (13,8µmol). Ein signifikant erhöhter Homocysteinspiegel gilt als eigenständiger atherosklerotischer Risikofaktor. Nach Ergebnissen umfangreicher Studien ist das Mortalitätsrisiko bei Werten von 10-15µm um das 1,9-fache, 15 - 20 um das 2,8-fache, bei >20 um das 4,5-fache erhöht. Ggf. kombinierte Folsäure-, Vit.-B6-, Vit.-B12-Supplementierung und anschließende Spiegelkontrolle empfohlen.“ Der Messwert liegt über der von der DACH-Liga Homocystein genannten Normgrenze von 10,0µmol/l. Indes hat der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 30.12.2008 im Verfahren 10 S 2314/08 - das in das vorliegende Verfahren eingeführt wurde - ausgeführt, dass bei dieser Normgrenze rund 50% der erwachsenen Bevölkerung an einer Hyperhomocysteinanämie leiden würden. Die AOK gebe in ihrem Newsletter eine Normgrenze von 15µmol/l an (von diesem Wert spricht im Übrigen auch der Hersteller in seinem Schreiben vom 02.03.2009). Der Wert des Klägers wäre damit im Normbereich. Doch bedarf dies keiner Vertiefung. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen stellt ein erhöhter Homocysteinwert keinen krankhaften Befund dar, der der Behandlung bedarf. In sehr überzeugenden Studien, die von international anerkannten Experten durchgeführt worden seien, habe an insgesamt 10.000 Patienten kein günstiger Effekt einer präventiven medikamentösen Homocysteinbehandlung nachgewiesen werden können. Nach diesen Ergebnissen erscheine es zumindest unwahrscheinlich, dass es sich beim Homocystein um einen eigenständigen wesentlichen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen handle. Durch eine Medikation mit Medyn könne das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte auch nicht signifikant gesenkt werden. Der Sachverständige führt abschließend aus: „In Anbetracht der negativen Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass eine unterlassene Behandlung zu keinen negativen Folgen und Risiken führt. Im Einzelfall kann sogar eine schädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden.“
32 
Die Ergebnisse dieses Gutachtens decken sich mit der von dem Beklagten vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Gesundheitsamts des Landkreises Karlsruhe vom 15.07.2008, in der es heißt: „Bis zur Veröffentlichung einer großen experimentellen Studie im Jahre 2006 (HOPE2 Studie, Heart Outcomes Prevention Evaluation s.u.) sah man ebenfalls in einem erhöhten Homocysteinspiegel einen Risikofaktor für eine Entwicklung einer Arteriosklerose. Homocystein ist ein schwefelhaltiges Intermediärprodukt im Stoffwechsel der essentiellen Aminosäure Methionin. Defizite der Vitamine Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 führen zu Konzentrationserhöhung von Homocystein….Bei der im Jahre 2000 begonnenen großangelegten HOPE2-Studie zeigte sich jedoch, dass bei kardiovaskulären Erkrankungen eine medikamentöse Therapie zur effektiven Senkung des Homocysteins (z.B. mit dem Präparat „Medyn“) kein therapeutischer Vorteil zu sehen war. Verglichen mit Placebo konnte das Vitaminpräparat das Risiko kardiovaskulärer Todesfälle oder Herzinfarkte nicht signifikant senken. Auch weitere randomisierte Studien konnten keinen positiven Effekt einer medikamentösen Therapie zur Senkung des Homocysteinspiegels dokumentieren. Der erhöhte Homocysteinspiegel bei Patienten kann ein Anzeichen für stärker wirksame Risikofaktoren wie Rauchen, Hypertonie oder gestörte Nierenfunktion sein, die bereits zu einer Veränderung geführt haben. So ist weiter in Diskussion, dass ein erhöhter Homocysteinspiegel ein Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ist. Es gilt aber nicht mehr als ein kausaler Faktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist nicht als Krankheit anzusehen.“
33 
Zu den Einwänden des Klägers gegen sein Gutachten und den von diesem vorgelegten Unterlagen hat der Sachverständige aufgrund des Beweisbeschlusses des Senats vom 01.07.2009 mit Gutachten vom 20.07.2009 Stellung genommen und ausgeführt, das Schreiben der Herstellerfirma (vom 02.03.2009) enthalte keine neuen Fakten. Subgruppenanalysen würden bei negativem Studienergebnis häufig durchgeführt. Daraus könne sich aber keine Indikation zu einer Therapie ableiten. Derartige Subgruppenanalysen sollten lediglich zur Formulierung neuer und präziserer Fragestellungen für neue Studien dienen. Im Rahmen der ISIS-2 Studie habe z.B. mittels Problemanalyse gezeigt werden können, dass Aspirin bei Patienten, die unter einem bestimmten Sternbild geboren worden seien, im Gegensatz zu allen anderen Erkrankten unwirksam sei. Kein Arzt werde aber die Medikation mit Aspirin zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt nach dem Sternbild vornehmen. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen seien nicht unkritisch zu unternehmen, insbesondere wenn große kontrollierte randomisierte Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten.
34 
Bei der Arbeit von Prof. B. handle es sich um eine sehr umfassende Übersicht, vornehmlich auch zur Frage der Zufuhr von Folsäure mit der Nahrung. Bezüglich der Supplementtherapie bei erhöhtem Homocysteinspiegel werde auf zahlreiche Arbeiten und Metaanalysen verwiesen, die ganz überwiegend vor der Veröffentlichung der aussagekräftigsten HOPE-2 Studie publiziert worden seien. Derartige Metaanalysen von zahlreichen kleineren Studien ergäben zwar in der Summe hohe Patientenzahlen, könnten aber doch leicht ein falsch positives Ergebnis vortäuschen, wie z.B. im Fall der Gabe von Glukose-Insulin zur Myokardinfarktbehandlung habe gezeigt werden können. Die Metaanalyse der kleinen Studien habe eine beeindruckende Reduktion der Infarkt-Mortalität ergeben, ein Ergebnis, das bei der Überprüfung durch eine sehr aussagekräftige große randomisierte und kontrollierte Studie nicht habe belegt werden können.
35 
In der Übersichtsarbeit von H. et. al. über die „Abnahme des Schlaganfallrisikos durch Folsäure“ werde wiederum festgestellt, dass Homocystein als ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen gelte. Auch die Ergebnisse von Metaanalysen müssten kritisch bewertet werden, da mehrere Fehlermöglichkeiten bestünden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass die größeren (NORVIT, VISP) oder großen (HOPE-2) randomisierten Studien ein negatives Ergebnis erbracht hätten. Idealerweise müssten für Metaanalyse die Studien eine identische Basis, eine gleiche Heterogenität und eine in etwa vergleichbare Power aufweisen. Ein besonders gravierendes Problem stelle der sog. „Publikationsbias“ dar, d.h. die bevorzugte Veröffentlichung von positiven Ergebnissen im Vergleich zu negativen. Aus diesem Grunde sollten die Ergebnisse von Metaanalysen nur dann für allgemeinverbindliche Empfehlungen herangezogen werden, wenn sie durch die Resultate großer randomisierter, kontrollierter Studien gestützt seien. Diese Voraussetzung sei bei der Therapie erhöhter Homocysteinwerte nicht gegeben.
36 
Bei der (in englischer Sprache verfassten) Arbeit von T. u.a. handle es sich um einen Surrogat-Endpunkt, d.h. einen Endpunkt, der indirekt ein günstiges klinisches Ergebnis als möglich erscheinen lasse. Der harte, klinisch aussagefähige Endpunkt würde in Mortalität, Herzinfarkt- und Schlaganfallhäufigkeit bestehen. In die Studie seien insgesamt nur 50 Patienten - 25 in jede Grup- pe - eingeschlossen worden. Sie sei aufgrund der geringen Power und des Surrogat-Endpunkts zur Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung ungeeignet und vermöge vor allem nicht die negativen Ergebnisse der großen randomisierten, kontrollierten Studien zu widerlegen.
37 
Der Sachverständige bekräftigt das Ergebnis seines Gutachtens vom 30.12.2008 und führt aus: „Prof. B. stellt in seinem sehr ausführlichen Gutachten nochmals die Studien zusammen, die eine Beziehung zwischen erhöhtem Homocysteinwert und kardiovaskulären Erkrankungen belegen. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich gut belegt und war bereits im Vorgutachten ausführlich diskutiert worden. Einem erhöhten Homocysteinwert kommt zwar eine Bedeutung als „Risikofaktor“ für kardiovaskuläre Ereignisse, wie kardialer Tod, Myokardinfarkt und/oder Schlaganfall zu, der Begriff „Risikofaktor“ belegt aber keine kausale Beziehung zwischen dem Laborparameter und dem Risiko, da es sich auch um eine nicht kausale Assoziation handeln kann. Er erhöhter Homocysteinwert stellt also lediglich einen „Indikator“ für ein erhöhtes Risiko dar.“
38 
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen an. Bedenken an der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen nicht. Dass der Sachverständige, der Ärztlicher Direktor der Abteilung Innere Medizin II (Schwerpunkt Kardiologie) der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg war, emeritiert ist, weckt schon nicht im Ansatz Zweifel an seiner Sachkunde.
39 
Soweit der Kläger meint, dass sich die Frage der Kausalität nicht verallgemeinern lasse und auch die Zeitfrage (fast fünfjährige Dauermedikation) zu beachten sei, führt dies ebensowenig auf Bedenken gegen das Gutachten wie seine Behauptung, der Gutachter müsse einräumen, dass die durchgeführten Studien, auf die er sich berufe, sich auf absolut schwankendem Eise bewegten, weil wichtigste Ergebnisse nicht festgesellt worden, sondern völlig „außen vor“ geblieben seien. Denn dies ist nicht der Fall. Auch die Rüge des Klägers, wenn ein erhöhter Homocysteinspiegel entgegen der Auffassung zahlreicher Ärzte und Professoren keinen Krankheitswert haben solle, dann hätte vom Gutachter schon begründet werden müssen, weshalb dieser Wert bei so vielen Menschen so extrem zu schwanken vermöge und weshalb dies normal sein solle, vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Nichts anderes gilt für seine Behauptung, das (erste) Gutachten könne von vornherein schon deshalb nicht als seriös bezeichnet werden, weil der Verfasser unterlassen habe, mitzuteilen, um was es sich bei Homocystein handle, welche Funktion es im menschlichen Körper habe, wie es entstehe und wie es wieder abgebaut werde.
40 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass der Sachverständige, wie der Kläger meint, gegen neue Erkenntnisse absolut resistent wäre. Der Kläger macht geltend, er habe mit Schriftsatz vom 18.04.2009 auf einen Bericht über eine neue Metaanalyse zu den drei Studien VISP, NORVIT und HOPE aus der Fachzeitschrift Perfusion 9/07 hingewiesen, auf die sich der Sachverständige hauptsächlich beziehe. Dieser Bericht setze sich auch mit den Schwachpunkten der Studien auseinander und komme zu dem Ergebnis, dass die B-Vitaminbehandlung das Schlaganfallrisiko insgesamt um 18% verringere und dass das relative Risiko mit der Dauer der Behandlung abnehme. Hierauf gehe der Sachverständige mit keinem Wort ein. Dies ist falsch. Der Gutachter hat dazu in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Metaanalyse in der Zeitschrift „Perfusion“ beruhe auf den Ergebnissen der Arbeit von H. et al. Eigene Berechnungen seien nicht durchgeführt worden, sondern die bereits bekannten Resultate (seien) erneut dargestellt worden. Insofern ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte.
41 
Der Sachverständige hat die Arbeit von H. et al - wie auch die übrigen vom Kläger vorgelegten Unterlagen - im Einzelnen gewürdigt und mit Blick auf die gegen die VISP-, NORVIT- und HOPE-2-Studien erhobenen Einwände dargelegt, man könne grundsätzlich bei allen Studien zusätzliche Kontrollen - wie z.B. Messung der Vitamin- und/oder Folsäurespiegel - fordern. Ein beliebtes Argument sei auch im Falle eines negativen Resultats eine zu geringe Power - d.h. zu wenige Patienten eingeschlossen - und eine zu kurze Beobachtungszeit. In die drei genannten Studien seien immerhin über 10.000 Patienten eingeschlossen worden, in der HOPE-2 Studie seien die Patienten über fünf Jahre erfasst worden. Dies sei einerseits eine genügend hohe Patientenzahl für eine stabile Aussage. Auch eine Beobachtungsdauer von fünf Jahren erscheine für valide Ergebnisse ausreichend. Wenn nach diesem Zeitraum bei über 5000 Patienten kein positives Resultat erzielt worden sei, so spreche dies gegen einen überzeugenden therapeutischen Effekt. Im Übrigen sei es zumindest problematisch, die günstige Wirkung einer Homocysteinsenkung nur auf den Parameter Schlaganfallreduktion zu reduzieren. In der sicher aussagekräftigsten HOPE-2 Studie habe sich nach fünf Jahren nicht einmal ein Trend für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität ergeben. Überraschend habe sich jedoch in dieser Studie eine Abnahme des Schlaganfallhäufigkeit um 25% gefunden. Aus diesem Grund hätten sich die nachfolgenden Metaanalysen isoliert auf den Parameter „Schlaganfallreduktion durch Folsäure- und Vitamintherapie“ konzentriert. In der Verumgruppe der HOPE-2 Studie, die mit Folsäure und Vitaminen behandelt worden sei, habe der Homocysteinwert signifikant gesenkt werden können, während er in der Placebogruppe leicht angestiegen sei. Trotz dieses scheinbar guten therapeutischen Erfolgs hätten in der behandelten Gruppe signifikant mehr Patienten wegen einer instabilen Angina pectoris - also einem akuten Koronarsyndrom - stationär aufgenommen und behandelt werden müssen als in der Placebogruppe. Eine derartige Metaanalyse ergebe keinen überzeugenden Beleg für eine Wirksamkeit des strittigen Therapieprinzips. Es sei zumindest auch sehr fragwürdig, ob ein einzelner günstiger Parameter (Schlaganfallreduktion) isoliert herausgegriffen werden dürfe, ungünstige Effekte (Zunahme akuter Koronarsyndrome) und unbeeinflusste kardiovaskuläre Mortalität aber unberücksichtigt blieben. In den Leitlinien der führenden internationalen kardiologischen Gesellschaften, so auch in denen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz-Kreislaufforschung, sei eine Erfassung des Homocysteinwertes nicht vorgesehen und eine Therapie werde nicht empfohlen.
42 
Danach ist eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts auch ersichtlich nicht notwendig im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO.
43 
Die Angaben des Klägers zu der Entwicklung seines Homocysteinspiegels werden auf Seite 1 des Gutachtens vom 20.07.2009 wiedergegeben. Dass der Sachverständige weitere Patientendaten nicht erwähnt hat, ist unerheblich. Denn auch die vom Kläger nachvollziehbar geschilderten schwierigen Lebensumstände ändern nichts daran, dass es sich bei einem erhöhten Homocysteinwert nicht um eine Krankheit im Sinne des Beihilferechts handelt und eine Behandlung mit Medyn nicht indiziert ist.
44 
Darüber hinaus fehlt es auch an der erforderlichen wissenschaftlichen Anerkennung. Der Sachverständige stellt in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dar, dass Medikamente wie „Medyn“ den Homocysteinwert senken können. Es habe allerdings bislang nicht belegt werden können, dass dies für die Patienten einen wissenschaftlich erwiesenen Nutzen bringe. Es handle sich um ein international nicht anerkanntes und als wirksam angesehenes präventives Verfahren. Entspricht dieses Therapiekonzept danach nicht dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, so besteht auch nicht die begründete Erwartung, dass „Medyn“ nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt wird. Der Sachverständige hat dargelegt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass sich in den kommenden Jahren am derzeitigen Erkenntnisstand etwas entscheidend ändere. Da eine Behandlung eines erhöhten Homocysteinwerts weder geboten noch wissenschaftlich anerkannt ist, ist auch nicht entscheidend, dass es andere - medikamentöse - Möglichkeiten gibt, um präventiv kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen.
45 
Dem Umstand, dass die den Kläger behandelnde Ärztin in ihrer Bescheinigung vom 22.08.2007 darauf verweist, dass eine Dauermedikation mit Medyn auch zur Behandlung der schweren arthrotischen Veränderung an den Schulter-, Hüft- und Kniegelenken erforderlich sei, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil dem Kläger dieses Medikament ausweislich der streitgegenständlichen Rezepte vom 31.01.2006 und 24.07.2006 (vgl. auch das Rezept vom 04.07.2005) „zur Vermeidung überhöhter Homocysteinwerte“ verordnet worden ist. Abgesehen davon ist Medyn für die Behandlung der Arthrose nicht zugelassen, wie sich aus dem vorgelegten Beipackzettel ergibt („Zur Senkung erhöhter Homocystein-Werte bedingt durch Vitaminmangel“); schließlich enthält selbst das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Herstellers von Medyn vom 02.03.2009 keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Medyn eine Arthrose wirksam behandelt werden kann.
46 
Soweit der Kläger meint, die Frage der medizinischen Indikation werde immer noch alleine und ausschließlich vom behandelnden Arzt beurteilt und nicht in einer Ex-Post-Betrachtung von einem Gutachter in einem gerichtlichen Verfahren, nimmt er nicht in den Blick, dass die Verordnung durch einen Arzt nur eine notwendige, aber keine allein hinreichende Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit ist (vgl. § 5 Abs. 1, § 6 Abs.1 BVO a.F.).
47 
Dem vom Kläger vorsorglich gestellten Beweisantrag, „ein unabhängiges weiteres Gutachten, d.h. ein Obergutachten einzuholen“, muss der Senat nicht nachkommen. Dem Senat liegen zwei Gutachten von Prof. Dr. K. vor, die in jeder Hinsicht tragfähig und überzeugend sind. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens sieht der Senat daher keine Veranlassung (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
48 
Auch darüber hinaus hat der Senat - auch mit Blick auf die weiteren Beweisanregungen des Klägers im Berufungsverfahren - keinen Anlass zu weiterer Beweiserhebung gesehen.
49 
2. „I Caps Lutein and Zeaxanthin Formula (im Folgenden: I Caps)“
50 
Das Präparat „I Caps“ ist dem Kläger zur Behandlung einer Krankheit, der altersbedingten Makuladegeneration, verordnet worden. Dieses Präparat enthält neben den Carotinoiden Lutein und Zeaxanthin, die besonders in bestimmten Gemüsen enthalten sind, verschiedene Vitamine (darunter Vitamin A, E und C) und Mineralstoffe wie Zink und Selen. „I Caps“ ist indes kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen.
51 
Nach den Angaben des Herstellers auf der vom Kläger vorgelegten Umverpackung handelt es sich bei „I Caps“ um ein „ocular dietary supplement“, also um ein diätetisches Nahrungsergänzungsmittel für die Augen. In diesem Sinne heißt es auf der Umverpackung auch „promotes healthy eyes“, also „fördert gesunde Augen“. Die spezifische Zwecksetzung der Nahrungsergänzung um Stoffe, die auch in der natürlichen Nahrung enthalten sind, ist danach die Förderung der Augengesundheit. Allein durch diese Zwecksetzung wird aber „I Caps“ noch nicht zu einem Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. „I Caps“ ist ausschließlich aus in der natürlichen Nahrung enthaltenen Stoffen zusammengesetzt, die (lediglich) dazu bestimmt sind, die normale Ernährung in spezifischer Weise zu ergänzen. Dementsprechend findet sich auf der Website des Herstellers (www.ICapsVitamins.com) zu dem dem Kläger verordneten Präparat auch der ausdrückliche Hinweis: „ICAPS ® Vitamins are not meant to diagnose, treat, cure or prevent any disease“ (ICaps Vitamine sind nicht dazu bestimmt, irgendeine Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln, zu heilen oder ihr vorzubeugen). Darauf hat auch bereits der Beklagte erstinstanzlich hingewiesen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemacht hat, die Unterlagen mögen in deutscher Sprache übermittelt werden, kann er damit nicht durchdringen, nachdem er selbst (lediglich) eine englischsprachige Umverpackung - und einen weiteren Artikel in englischer Sprache - vorgelegt hat. Schließt aber bereits der Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels derart eindeutig jedwede Bestimmung zur Behandlung von Krankheiten aus und enthält das Präparat ausschließlich Carotinoide, Vitamine und Mineralstoffe, kommt dem entscheidende Bedeutung zu, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine gleichwohl gegebene objektive Zweckbestimmung bestehen, dass das Präparat durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit dient. Dies gilt vor allem mit Blick darauf, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Präparat in einer so hohen Dosierung verordnet worden wäre, dass ihm medizinische Wirkung beizumessen wäre (vgl. dazu OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dafür erbringen auch die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nichts. Danach kommt eine Einstufung als Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn nicht in Betracht.
52 
Abgesehen davon handelt es sich bei „I Caps“ auch um ein Mittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Die objektive Zweckbestimmung von „I Caps“ und dessen typischer Anwendungsbereich ist die Nahrungsergänzung. Die diesbezüglichen Aufwendungen fallen dem Grunde nach unabhängig von einer Erkrankung typischerweise bei jedermann an (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.1998, a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger als Altenheimbewohner und Schwerbehinderter keine Möglichkeit hat, spezielle Ernährungsmaßnahmen durchzuführen.
53 
Deshalb bedarf keiner Vertiefung, dass nicht erkennbar ist, dass das Präparat zur Behandlung der Makuladegeneration wissenschaftlich allgemein anerkannt wäre. Ungeachtet von Hinweisen (vgl. etwa die Dissertation von Büttner, Der Einfluss von Lutein und Zeaxanthin auf die Altersabhängige Makuladegeneration, München 2008) auf eine positive Wirkung einer Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ergibt sich aus der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten „Information zur Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme von Pro Retina Deutschland e.V.“ (Stand 29.06.2009), dass die Datenlage hinsichtlich der präventiven und interventiven Eigenschaften der Carotinoide noch keine zwingenden Schlüsse zulässt und grundsätzlich die bisherigen Untersuchungen noch nicht ausreichen, ohne Einschränkung eine medikamentöse Lutein- und Zeaxanthineinnahme zu empfehlen.
54 
Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) beruft, die im Übrigen zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ergangen ist, bemerkt der Senat, dass bereits lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankungen im Sinne dieser Entscheidung hier nicht vorliegen.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe der §§ 127 BRRG, 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
57 
Beschluss vom 19. Januar 2010
58 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gem. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG auf 146,69 EUR festgesetzt.
59 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60,93 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 3/5, die Beklagte zu 2/5.

Tatbestand

 
Der Kläger ist B 1-Mitglied der Beklagten mit einem Bemessungssatz für Kassenleistungen von 50 %.
Am 23.09.2002 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung des S. über 1.107,66 EUR. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 19.12.2002 ab.
Am 30.09.2002 stellte der Kläger bei der Beklagten einen weiteren Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von Dr. H. vom 24.09.2002 über 4.582,70 EUR und aufgrund der Rechnung des S. vom 24.09.2002 über 714,98 EUR. Mit Bescheid vom 24.01.2003 gewährte die Beklagte insoweit Kassenleistungen von 1.461,01 EUR. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 24.01.2003 gewährte die Beklagte auf den Antrag vom 30.09.2002 eine Nacherstattung von 270,65 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2003 wies sie die Widersprüche im Übrigen zurück.
Am 04.09.2003 erhob der Kläger dagegen Klage (17 K 3623/03), die zunächst auf einen Betrag von 2.942,01 EUR gerichtet war. Während des Klageverfahrens stellte der Kläger dann klar, dass es nur um die Gewährung von Kassenleistungen gehe. Den offenen Betrag an Kassenleistungen bezifferte die Beklagte mit 1.471,00 EUR.
Mit Schriftsatz vom 27.04.2004 teilte die Beklagte mit, sie werde an den Kläger Kassenleistungen in Höhe von 1.471,02 EUR nacherstatten, und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Am 06.05.2004 schloss sich der Kläger der Erledigungserklärung an. Mit Beschluss vom 07.05.2004 wurde das Verfahren eingestellt und die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt; der Streitwert bis zur Erledigung wurde auf 1.471,01 EUR festgesetzt.
In der Folgezeit versuchte der Kläger vergeblich, Zinszahlungen von der Beklagten zu erhalten.
Am 25.02.2005 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er trägt vor, die von der Beklagten im Verfahren 17 K 3623/03 angekündigte Nachzahlung sei am 02.07.2004 erfolgt. Er habe deshalb einen Anspruch auf Verzugszinsen aus 1.187,83 EUR vom 19.12.2002 bis zum 02.07.2004 und aus 283,10 EUR vom 24.10.2003 bis zum 02.07.2004. Verzugszinsen seien im vorliegenden Fall zu gewähren, da das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten erheblich an ein privatrechtliches Rechtsverhältnis angeglichen sei. Es entspreche einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag. Im Übrigen stünden ihm ab Erhebung der Klage Prozesszinsen zu.
Der Kläger beantragt,
10 
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 144,12 EUR zu zahlen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie beruft sich darauf, dem Kläger seien Zinsen entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 08.07.2004 gezahlt worden. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Zinszahlung habe der Kläger nicht. Insbesondere sehe die Satzung die Zahlung von Verzugszinsen nicht vor.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten einschließlich der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 3623/03 und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilsausspruchs begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
17 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 60,93 EUR.
18 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ist in § 291 Satz 1 BGB geregelt. Danach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht in Verzug ist. § 291 Satz 1 BGB findet im öffentlichen Recht analoge Anwendung, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, NJW 1995, 3135 m.w.N.). Im vorliegenden Falle enthält die Satzung der Beklagten insoweit keine Regelung.
19 
Allerdings setzt die Heranziehung dieser Vorschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren voraus, dass der Prozess mit dem Zuspruch einer eindeutig bestimmten Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch Verpflichtung zum Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheids (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, a.a.O., und v. 28.05.1998, NJW 1998, 3368). Diese Voraussetzungen lagen im Verfahren 17 K 3623/03 nicht vor. Dieses Verfahren endete vielmehr durch übereinstimmende Erledigungserklärungen des Klägers und der Beklagten, nachdem die Beklagte angekündigt hatte, sie werden den Kläger mit der Nacherstattung von 1.471,02 EUR klaglos stellen. Eine solche Konstellation genügt aber auch für die Anwendbarkeit des § 291 S. 1 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1962, BVerwGE 14, 1). Danach waren im Verfahren 17 K 3623/03 die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesszinsen erfüllt.
20 
Der Anspruch auf Prozesszinsen muss nicht in dem Verfahren geltend gemacht werden, für das die Prozesszinsen begehrt werden. Der Anspruch kann auch selbstständig mit einer nachfolgenden Klage geltend gemacht werden (BVerwG, Urt. v. 21.04.1971, BVerwGE 38, 49; a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 31.01.1995 - 1 A 3395/91 - ).
21 
Der Gewährung von Prozesszinsen steht nicht entgegen, dass der Kläger weder im Klageantrag noch sonst in Verfahren den Klagegrund insoweit näher spezifiziert hat. Er hat insoweit weder den Betrag angegeben, den er - in Abgrenzung zu den darüber hinaus begehrten Verzugszinsen - als Prozesszinsen geltend macht, noch hat er die Höhe des begehrten Zinssatzes genannt. Dies ist aber unschädlich. Denn der Betrag der Prozesszinsen lässt sich aus den gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit den vom Kläger angegebenen Zeiträumen eindeutig berechnen.
22 
Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage im Verfahren 17 K 3623/03 war. Diese Klage wurde am 04.09.2003 durch Klageerhebung rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Der 05.09.2003 ist damit der erste Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 187 Abs. 1 BGB).
23 
Die Rechtshängigkeit endete mit dem Eingang der zweiten Erledigungserklärung am 06.05.2004. Dies ist damit der letzte Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 188 Abs. 1 BGB). Damit können für 245 Tage Prozesszinsen begehrt werden. Davon entfallen auf den Zeitraum vom 05.09.2003 bis zum 31.12.2003 118 Tage, auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 06.05.2004 127 Tage. Der Zeitraum, für den der Kläger die Prozesszinsen begehrt, liegt innerhalb dieses Zeitraums. So hat er im Schriftsatz vom 24.05.2005 klargestellt, dass er ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. ab Rechtshängigkeit, Prozesszinsen begehrt. Als Ende des Zeitraums hat er in der Klageschrift den 02.07.2004 genannt.
24 
Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 291 Satz 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach lag der Zinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz lag ab 01.07.2003 bei 1,22 %, ab 01.01.2004 bei 1,14 % (Palandt, BGB, 64. Auflage [2005], Anhang zu § 288). Damit betrug der für die Tage im Jahr 2003 zu berücksichtigende Zinssatz 6,22 %, der für die Tage im Jahr 2004 zu berücksichtigende Zinssatz 6,14 %.
25 
Der maßgebliche Betrag, für den die Prozesszinsen anfielen, ergibt sich aus der Festsetzung des Streitwerts im Verfahren 17 K 3623/03 mit Beschluss vom 07.05.2004. Dieser Streitwert betrug 1.471,01 EUR.
26 
Nach diesen Vorgaben (Betrag: 1.471,01 EUR; Zinssatz: 6,22 %; Anzahl der Tage: 118) ergeben sich für das Jahr 2003 Prozesszinsen in Höhe von 29,50 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich nach den für den Zinssatz (6,14 %) und die Anzahl der Tage (127) abweichenden Vorgaben Prozesszinsen in Höhe von 31,43 EUR. Daraus errechnen sich Prozesszinsen von insgesamt 60,93 EUR.
27 
Einen Anspruch auf weitergehende Zinszahlungen hat der Kläger nicht. Prozesszinsen sind über den Betrag von 60.93 EUR hinaus nicht angefallen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht nicht.
28 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Werden öffentlich-rechtliche Geldforderungen nicht erfüllt, können Verzugszinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen verlangt werden. Verzug setzt entsprechend § 286 BGB Verschulden voraus; Schäden, die durch eine verspätete Leistung verursacht sind, können grundsätzlich nur nach den Regelungen über die Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG, § 839 BGB) beurteilt werden (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2003, Buchholz 428 § 7 a VermG Nr. 5 m.w.N.). Im vorliegenden Falle gibt es keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verzugszinsen. Denn auch insoweit enthält die Satzung der Beklagten keine Regelungen.
29 
Allerdings kann ein im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbarer Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB dann bestehen, wenn der Schuldner mit einer Geldleistung in Verzug ist, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht (BVerwG, Urt. v. 15.03.1989, BVerwGE 81, 312). Dasselbe gilt, wenn sich der Anspruch auf die Geldleistung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis herleitet, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind (BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, BVerwGE 98, 18). Daran hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 04.07.2003 (a.a.O.) festgehalten. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt.
30 
Das Rechtsverhältnis des Klägers als Mitglied der Beklagten ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind. Denn es liegt kein Gegenseitigkeitsverhältnis vor; es ist vielmehr ein Über-Unterordnungsverhältnis gegeben. Die Beklagte schließt mit ihren Mitgliedern nämlich keine öffentlich-rechtlichen Verträge, sondern hat ihre Angelegenheiten in Form einer Satzung geregelt. Auch stehen die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Beiträge und die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Kassenleistungen nicht als vertragliche Hauptleistungspflichten ii einem Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, a.a.O.). Denn es handelt sich dabei nicht um vertragliche Pflichten. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers besteht als Beitragsforderung (§ 25 Abs. 1 der Satzung) für die Mitgliedschaft bei der Beklagten (§ 12 der Satzung) als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Die Leistungsverpflichtung der Beklagten folgt aus § 30 Abs. 1 der Satzung.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilsausspruchs begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
17 
Der Kläger hat einen Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von 60,93 EUR.
18 
Der Anspruch auf Prozesszinsen ist in § 291 Satz 1 BGB geregelt. Danach hat der Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht in Verzug ist. § 291 Satz 1 BGB findet im öffentlichen Recht analoge Anwendung, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, NJW 1995, 3135 m.w.N.). Im vorliegenden Falle enthält die Satzung der Beklagten insoweit keine Regelung.
19 
Allerdings setzt die Heranziehung dieser Vorschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren voraus, dass der Prozess mit dem Zuspruch einer eindeutig bestimmten Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch Verpflichtung zum Erlass eines entsprechenden Leistungsbescheids (BVerwG, Urt. v. 28.06.1995, a.a.O., und v. 28.05.1998, NJW 1998, 3368). Diese Voraussetzungen lagen im Verfahren 17 K 3623/03 nicht vor. Dieses Verfahren endete vielmehr durch übereinstimmende Erledigungserklärungen des Klägers und der Beklagten, nachdem die Beklagte angekündigt hatte, sie werden den Kläger mit der Nacherstattung von 1.471,02 EUR klaglos stellen. Eine solche Konstellation genügt aber auch für die Anwendbarkeit des § 291 S. 1 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1962, BVerwGE 14, 1). Danach waren im Verfahren 17 K 3623/03 die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesszinsen erfüllt.
20 
Der Anspruch auf Prozesszinsen muss nicht in dem Verfahren geltend gemacht werden, für das die Prozesszinsen begehrt werden. Der Anspruch kann auch selbstständig mit einer nachfolgenden Klage geltend gemacht werden (BVerwG, Urt. v. 21.04.1971, BVerwGE 38, 49; a. A. wohl OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 31.01.1995 - 1 A 3395/91 - ).
21 
Der Gewährung von Prozesszinsen steht nicht entgegen, dass der Kläger weder im Klageantrag noch sonst in Verfahren den Klagegrund insoweit näher spezifiziert hat. Er hat insoweit weder den Betrag angegeben, den er - in Abgrenzung zu den darüber hinaus begehrten Verzugszinsen - als Prozesszinsen geltend macht, noch hat er die Höhe des begehrten Zinssatzes genannt. Dies ist aber unschädlich. Denn der Betrag der Prozesszinsen lässt sich aus den gesetzlichen Regelungen in Verbindung mit den vom Kläger angegebenen Zeiträumen eindeutig berechnen.
22 
Der Zeitraum, für den Prozesszinsen zustehen, beginnt mit der Rechtshängigkeit der Klage im Verfahren 17 K 3623/03 war. Diese Klage wurde am 04.09.2003 durch Klageerhebung rechtshängig (§ 90 Abs. 1 VwGO). Der 05.09.2003 ist damit der erste Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 187 Abs. 1 BGB).
23 
Die Rechtshängigkeit endete mit dem Eingang der zweiten Erledigungserklärung am 06.05.2004. Dies ist damit der letzte Tag, für den Prozesszinsen begehrt werden können (§ 188 Abs. 1 BGB). Damit können für 245 Tage Prozesszinsen begehrt werden. Davon entfallen auf den Zeitraum vom 05.09.2003 bis zum 31.12.2003 118 Tage, auf den Zeitraum vom 01.01.2004 bis einschließlich 06.05.2004 127 Tage. Der Zeitraum, für den der Kläger die Prozesszinsen begehrt, liegt innerhalb dieses Zeitraums. So hat er im Schriftsatz vom 24.05.2005 klargestellt, dass er ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. ab Rechtshängigkeit, Prozesszinsen begehrt. Als Ende des Zeitraums hat er in der Klageschrift den 02.07.2004 genannt.
24 
Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 291 Satz 2 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach lag der Zinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Basiszinssatz lag ab 01.07.2003 bei 1,22 %, ab 01.01.2004 bei 1,14 % (Palandt, BGB, 64. Auflage [2005], Anhang zu § 288). Damit betrug der für die Tage im Jahr 2003 zu berücksichtigende Zinssatz 6,22 %, der für die Tage im Jahr 2004 zu berücksichtigende Zinssatz 6,14 %.
25 
Der maßgebliche Betrag, für den die Prozesszinsen anfielen, ergibt sich aus der Festsetzung des Streitwerts im Verfahren 17 K 3623/03 mit Beschluss vom 07.05.2004. Dieser Streitwert betrug 1.471,01 EUR.
26 
Nach diesen Vorgaben (Betrag: 1.471,01 EUR; Zinssatz: 6,22 %; Anzahl der Tage: 118) ergeben sich für das Jahr 2003 Prozesszinsen in Höhe von 29,50 EUR. Für das Jahr 2004 ergeben sich nach den für den Zinssatz (6,14 %) und die Anzahl der Tage (127) abweichenden Vorgaben Prozesszinsen in Höhe von 31,43 EUR. Daraus errechnen sich Prozesszinsen von insgesamt 60,93 EUR.
27 
Einen Anspruch auf weitergehende Zinszahlungen hat der Kläger nicht. Prozesszinsen sind über den Betrag von 60.93 EUR hinaus nicht angefallen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen besteht nicht.
28 
Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Werden öffentlich-rechtliche Geldforderungen nicht erfüllt, können Verzugszinsen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlagen verlangt werden. Verzug setzt entsprechend § 286 BGB Verschulden voraus; Schäden, die durch eine verspätete Leistung verursacht sind, können grundsätzlich nur nach den Regelungen über die Amtspflichtverletzung (Art. 34 GG, § 839 BGB) beurteilt werden (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2003, Buchholz 428 § 7 a VermG Nr. 5 m.w.N.). Im vorliegenden Falle gibt es keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Verzugszinsen. Denn auch insoweit enthält die Satzung der Beklagten keine Regelungen.
29 
Allerdings kann ein im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbarer Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB dann bestehen, wenn der Schuldner mit einer Geldleistung in Verzug ist, die in einem Austauschverhältnis zur Gegenleistung des anderen Partners eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht (BVerwG, Urt. v. 15.03.1989, BVerwGE 81, 312). Dasselbe gilt, wenn sich der Anspruch auf die Geldleistung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis herleitet, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind (BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, BVerwGE 98, 18). Daran hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 04.07.2003 (a.a.O.) festgehalten. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt.
30 
Das Rechtsverhältnis des Klägers als Mitglied der Beklagten ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die Vorschriften über gegenseitige Verträge entsprechend anwendbar sind. Denn es liegt kein Gegenseitigkeitsverhältnis vor; es ist vielmehr ein Über-Unterordnungsverhältnis gegeben. Die Beklagte schließt mit ihren Mitgliedern nämlich keine öffentlich-rechtlichen Verträge, sondern hat ihre Angelegenheiten in Form einer Satzung geregelt. Auch stehen die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Beiträge und die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Kassenleistungen nicht als vertragliche Hauptleistungspflichten ii einem Gegenseitigkeitsverhältnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.02.1995, a.a.O.). Denn es handelt sich dabei nicht um vertragliche Pflichten. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers besteht als Beitragsforderung (§ 25 Abs. 1 der Satzung) für die Mitgliedschaft bei der Beklagten (§ 12 der Satzung) als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 der Satzung). Die Leistungsverpflichtung der Beklagten folgt aus § 30 Abs. 1 der Satzung.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
32 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.