Tenor

Der Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 26.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 09.01.2009 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 12.11.2008 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte neu zu berechnen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Die am ... geborene Klägerin arbeitete zuletzt als Oberlehrerin (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst des beklagten Landes. Mit Ablauf des 31.07.2000 wurde sie wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Die Klägerin war während ihrer aktiven Dienstzeit in der Zeit vom 11.09.1972 bis zur Versetzung in den Ruhestand teilzeitbeschäftigt.
Mit Bescheid vom 04.09.2000 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg die Versorgungsbezüge der Klägerin ab 01.08.2000 unter Zugrundelegung eines maßgeblichen Ruhegehaltssatzes von 51,69 v. H. auf 3374,47 DM fest. Dabei wurde von dem nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ermittelten Ruhegehaltssatz von 54,64 v. H. unter Anwendung des § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG ein Versorgungsabschlag vorgenommen.
Mit Schreiben vom 12.11.2008 beantragte die Klägerin unter Berufung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008, Az.: 2 BvL 6/07, den Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 04.09.2000 aufzuheben und rückwirkend die Versorgung ohne Abschläge wegen Teilzeitbeschäftigung festzusetzen sowie die Differenz auszubezahlen. Hilfsweise beantragte sie die Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge ab Antragstellung. Zur Begründung führte die Klägerin weiter aus, der Ruhegehaltssatz wäre ohne Teilzeitabschlag nach dem Beamtenversorgungsgesetz bis 1992 60 % und nach dem Übergangsrecht ab 1992 54,64 % gewesen.
Mit Bescheid vom 26.11.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag der Klägerin, den es als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens auslegte, ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es bestehe kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und eine neue Sachentscheidung nach § 51 LVwVfG. Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 LVwVfG sei nicht gegeben. Eine entscheidungserhebliche Änderung der Sachlage sei weder ersichtlich noch geltend gemacht. Auch eine Änderung der Rechtslage liege nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass sich das maßgebliche materielle Recht nach Ergehen des Bescheids über die Festsetzung der Versorgungsbezüge zugunsten der Klägerin geändert habe. Eine Änderung der Rechtslage trete jedoch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung ein. Weiterhin stelle eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung kein eine günstigere Entscheidung herbeiführendes Beweismittel dar. Schließlich seien auch keine Wiederaufnahmegründe im Sinne von § 580 ZPO ersichtlich. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rücknahme/Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 04.09.2000 nach § 48 LVwVfG. Nach ständiger Rechtsprechung bestehe ein Anspruch auf Rücknahme/Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts nur dann, wenn dessen Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich sei. Das Festhalten an einem Verwaltungsakt sei schlechthin unerträglich, wenn gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dadurch verstoßen werde, dass die Verwaltung in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen in der Regel von ihrer Befugnis zur Rücknahme Gebrauch mache, hiervon jedoch in anderen Fällen ohne rechtfertigenden Grund absehe. Genauso sei es, wenn Umstände gegeben seien, die eine Berufung auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen ließen. Es sei nicht erkennbar, dass die Aufrechterhaltung der verfassungswidrigen Regelungen nach den vorgenannten Maßstäben „schlechthin unerträglich“ wäre. Dass die Klägerin den Bescheid über die Festsetzung von Ruhegehalt bestandskräftig habe werden lassen, rechtfertige mit Blick auf die von der Rechtsprechung hervorgehobene verfassungsrechtliche Bedeutung der Rechtssicherheit auch im Hinblick auf Art. 3 GG eine unterschiedliche Behandlung zu den Fällen, in denen der Versorgungsfall noch nicht unanfechtbar geregelt gewesen sei. Die Behörde habe in anderen bestandskräftigen Versorgungsfällen vergleichbarer Art nicht anders als im Falle der Klägerin entschieden. Auch Umstände, welche ein Festhalten an dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge sowohl für vergangene Zeiträume als auch für die Zukunft als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Schließlich existierten auch keine versorgungsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Vorschriften bzw. sich aus dem Beamtenrecht oder anderen Rechtsgebieten ergebende Grundsätze, welche das nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz eingeräumte Ermessen in Richtung einer Rücknahmeentscheidung einschränken könnten. Auch im Rahmen des Ermessens sei man nicht bereit, das Verfahren nach § 51 LVwVfG wiederzueröffnen und eine neue Sachentscheidung zu treffen. Das Landesamt räume trotz höchstrichterlicher Rechtsprechung weiterhin dem Grundsatz der Rechtssicherheit den Vorrang vor dem Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit ein. Bei der Ausübung des Ermessens sei in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukomme als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen sei. Die mit dem Verstreichen der Frist zur Anfechtung eines Verwaltungsakts regelmäßig einhergehende Bestandskraft sei ein Instrument der Gewährleistung von Rechtssicherheit. Trete der Grundsatz der Rechtssicherheit mit dem Gebot der Gerechtigkeit im Einzelfall in Widerstreit, so sei es Sache des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, das Gewicht, das ihnen in dem zu regelnden Fall zukomme, abzuwägen und zu entscheiden, welchen der beiden Prinzipien der Vorrang gegeben werden solle. Deswegen habe die Behörde das Wiederaufgreifen des Verfahrens bzw. eine Rücknahme/Änderung des Bescheides über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 04.09.2000 sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft ermessensfehlerfrei ablehnen können. Hieran ändere sich auch nichts, falls der Bund und andere Länder davon abweichend verführen. Die Regelungen des Grundgesetzes und hier insbesondere jetzt die Föderalismusreform brächten es mit sich, dass der Bund und jedes Land für seinen Zuständigkeitsbereich gesondert über versorgungsrechtliche Fragen selbst entscheiden könne, eine einheitliche Entscheidung somit nicht zwingend sei.
Am 02.02.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sie habe einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 LVwVfG. Jedenfalls habe sie aber einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei es schlichtweg unerträglich, dass der Beklagte gegenüber seinen eigenen Beamten den Standpunkt einnehme, es bestehe kein Anspruch auf Neufeststellung der Versorgungsbezüge wegen des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 04.09.2000. Das Argument des Beklagten, wenn andere Bundesländer dies anders handhabten, sei dies eine Folge der Föderalismusreform, liege neben der Sache. Jedenfalls sei es ermessensgerecht, die Versorgungsbezüge der Klägerin mindestens für die Zukunft gemäß § 51 LVwVfG neu zu berechnen. Dies sei auch ein Gebot der dem Beklagten gegenüber seinen Beamten und Beamtinnen obliegenden Fürsorgepflicht. Es sei gerade „schlechthin unerträglich“, einen Beamten daran festzuhalten, dass er/sie „Opfer“ verfassungswidriger Gesetze geworden sei. Denn der Gesetzgeber habe, wie das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 18.06.2008 herausgearbeitet habe, mit § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG vom 16.03.1999 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 HS 2 und 3 BeamtVG vom 30.06.1989 gegen das Gebot der Geschlechterdiskriminierung verstoßen. Deshalb komme es nicht darauf an, ob die Klägerin anders behandelt werde als andere Beamtinnen, deren Versorgungsbezüge in gleicher Weise rechtswidrig festgesetzt worden seien und die darauf vertraut hätten, dass dem jedenfalls keine verfassungswidrigen Gesetze zugrunde lägen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 26.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 09.01.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 04.09.2000 zu verpflichten, die Versorgungsbezüge der Klägerin ohne Teilzeitabschlag neu zu berechnen und der Klägerin höhere Versorgungsbezüge ab dem 01.08.2000 nachzuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
11 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer zugestimmt und auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
12 
Dem Gericht haben die einschlägigen Akten des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen. Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilstenors begründet, im Übrigen unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zeit vor dem 12.11.2008 (Datum der Antragstellung).
14 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 LVwVfG. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind vorliegend nicht erfüllt. Insbesondere stellt auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 ( Az.: 2 BvL 6/07, BVerfGE 121, 241), auf den die Klägerin sich beruft, keine Änderung der Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG dar. Eine Änderung der Rechtsprechung - selbst der höchstrichterlichen Rechtsprechung einschließlich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - ist nach herrschender Meinung keine Änderung der Rechtslage (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschl. v. 04.10.1993 - 6 B 35/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 319; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 11.07.2003, Az.: 1 Q 41/03, Juris; anderer Ansicht VG Hannover, Urt. v. 25.02.2009, Az.: 2 A 1395/06, Juris). Dies gilt auch, wenn der bestandskräftige Verwaltungsakt, dessen Aufhebung begehrt wird, auf einer Rechtsnorm beruht, welche vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde. Dass insofern keine i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG maßgebliche Änderung der Rechtslage vorliegt, ergibt sich aus der Vorschrift des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, wonach nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben (vgl. hierzu OVG Saarland, a.a.O., m.w.N.).
15 
Eine Verpflichtung des Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens ergibt sich für den Zeitpunkt vor dem 12.11.2008 auch nicht aus der neben § 51 LVwVfG anwendbaren Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG). Zwar liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG für eine Rücknahme vor; jedoch konnte das danach eingeräumte Ermessen durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung fehlerfrei dahingehend ausgeübt werden, eine Rücknahme der rechtswidrigen Versorgungsfestsetzung für die Vergangenheit abzulehnen.
16 
Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann in Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn die Behörde gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dadurch verstößt, dass sie in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen in der Regel von ihrer Befugnis zur Rücknahme Gebrauch macht, hiervon jedoch in anderen Fällen ohne rechtfertigenden Grund absieht. Genauso liegt es, wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 6 C 32/06 -, NVwZ 2007,709).
17 
Es ist nicht erkennbar, dass die Aufrechterhaltung der von der Klägerin angegriffenen Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge, soweit sie vor der Antragstellung vom 12.11.2008 liegende Zeiträume betrifft, schlechthin unerträglich wäre. Es ist nicht erkennbar und die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass das beklagte Land in anderen bestandskräftig geregelten Versorgungsfällen vergleichbarer Art anders als in ihrem Fall entschieden hätte. Auch Umstände, welche ein Festhalten an dem Versorgungsabschlag für vergangene Zeiträume im Falle der Klägerin als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen ließen, sind nicht erkennbar. Auch ist die angegriffene Regelung nicht offensichtlich rechtswidrig, wie sich bereits aus der Begründung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 ergibt. Auch das einschlägige Fachrecht, hier das Beamtenversorgungsgesetz, gibt für die Vergangenheit keine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung i.S.d. sogenannten intendierten Ermessens vor.
18 
Auch das Gemeinschaftsrecht verlangt grundsätzlich nicht, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verlangt das Gemeinschaftsrecht mit Blick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtsweges bestandskräftig geworden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2004 - Rs C - 453/00, Kühne & Heitz -, DVBl 2004, 373). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Verwaltungsbehörde zur antragsgemäßen Überprüfung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung mit dem Ziel, der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, nur verpflichtet, wenn die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen, die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist, das Urteil auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht worden ist, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Abs. 3 EG erfüllt war, und der Betroffene sich unmittelbar, nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofs erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin den nationalen Rechtsweg nicht nur nicht ausgeschöpft, sondern schon nicht beschritten hat und die nunmehr beanstandete Regelung widerspruchslos hingenommen hat (vgl. in einem entsprechenden Fall VG Düsseldorf, Urt. v. 15.09.2008, Az.: 23 K 813/07, Juris).
19 
Als rechtwidrig aufzuheben waren die angefochtenen Bescheide allerdings, soweit sie den Zeitraum ab Antragstellung der Klägerin, d. h. ab 12.11.2008, betreffen. Für diesen Zeitraum ist das gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen in dem Sinne auf Null reduziert, dass ihrem Antrag auf Neufestsetzung der Besorgungsbezüge für die Zukunft hätte entsprochen werden müssen. Dieses Ergebnis folgt vorrangig aus dem Charakter des Pensionsfestsetzungsbescheids als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der die Versorgungsbezüge der Klägerin mit Wirkung für die gesamte Ruhestandszeit regelt. Für die Verwaltungsakte mit Dauerwirkung ist anerkannt, dass die Bestandskraft und damit der Vorrang der Rechtssicherheit vor dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für die Vergangenheit Geltung hat, dass jedoch für die Zukunft der Betroffene einen Anspruch auf Anpassung an die verfassungsmäßige Rechtslage hat (vgl. Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 79 Rn. 31; Bethge in: Maunz/Schmitz - Bleibtreu, BVerfGG, § 79 Rn. 53; Pietzner in: Schoch/Schmidt - Aßmann, VwGO, § 183 Rn. 56). Weiter ergibt sich aus dem Beamtenverhältnis, das ein von gegenseitiger Treue und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn geprägtes Verhältnis ist, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung, auf die er zur Aufrechterhaltung einer amtsgemäßen Lebensführung in der Regel angewiesen ist, auf jeden Fall erhalten soll, so dass der Verwirklichung der versorgungsrechtlichen Gesetzeslage für die Zukunft im Bereich der Beamtenversorgung ein höheres Gewicht beizumessen ist als der Bestandskraft des die Versorgungsbezüge festsetzenden Bescheids (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O.; ebenso VG Karlsruhe, Urt. v. 27.04.2009, Az.: 3 K 77/09, Juris). Es liegen somit hinreichende Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung vor, die es rechtfertigen, das Ermessen des Dienstherrn in der Weise zu binden, dass ein Anspruch auf der Gesetzeslage entsprechende Neufestsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin für die Zukunft (ab dem Zeitpunkt der Antragstellung) besteht.
20 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist im Umfang des Urteilstenors begründet, im Übrigen unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zeit vor dem 12.11.2008 (Datum der Antragstellung).
14 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 LVwVfG. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind vorliegend nicht erfüllt. Insbesondere stellt auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 ( Az.: 2 BvL 6/07, BVerfGE 121, 241), auf den die Klägerin sich beruft, keine Änderung der Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG dar. Eine Änderung der Rechtsprechung - selbst der höchstrichterlichen Rechtsprechung einschließlich der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - ist nach herrschender Meinung keine Änderung der Rechtslage (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschl. v. 04.10.1993 - 6 B 35/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 319; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 11.07.2003, Az.: 1 Q 41/03, Juris; anderer Ansicht VG Hannover, Urt. v. 25.02.2009, Az.: 2 A 1395/06, Juris). Dies gilt auch, wenn der bestandskräftige Verwaltungsakt, dessen Aufhebung begehrt wird, auf einer Rechtsnorm beruht, welche vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt wurde. Dass insofern keine i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG maßgebliche Änderung der Rechtslage vorliegt, ergibt sich aus der Vorschrift des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, wonach nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben (vgl. hierzu OVG Saarland, a.a.O., m.w.N.).
15 
Eine Verpflichtung des Beklagten zum Wiederaufgreifen des Verfahrens ergibt sich für den Zeitpunkt vor dem 12.11.2008 auch nicht aus der neben § 51 LVwVfG anwendbaren Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG (vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG). Zwar liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG für eine Rücknahme vor; jedoch konnte das danach eingeräumte Ermessen durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung fehlerfrei dahingehend ausgeübt werden, eine Rücknahme der rechtswidrigen Versorgungsfestsetzung für die Vergangenheit abzulehnen.
16 
Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann in Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn die Behörde gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dadurch verstößt, dass sie in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen in der Regel von ihrer Befugnis zur Rücknahme Gebrauch macht, hiervon jedoch in anderen Fällen ohne rechtfertigenden Grund absieht. Genauso liegt es, wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 6 C 32/06 -, NVwZ 2007,709).
17 
Es ist nicht erkennbar, dass die Aufrechterhaltung der von der Klägerin angegriffenen Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge, soweit sie vor der Antragstellung vom 12.11.2008 liegende Zeiträume betrifft, schlechthin unerträglich wäre. Es ist nicht erkennbar und die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass das beklagte Land in anderen bestandskräftig geregelten Versorgungsfällen vergleichbarer Art anders als in ihrem Fall entschieden hätte. Auch Umstände, welche ein Festhalten an dem Versorgungsabschlag für vergangene Zeiträume im Falle der Klägerin als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen ließen, sind nicht erkennbar. Auch ist die angegriffene Regelung nicht offensichtlich rechtswidrig, wie sich bereits aus der Begründung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 ergibt. Auch das einschlägige Fachrecht, hier das Beamtenversorgungsgesetz, gibt für die Vergangenheit keine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung i.S.d. sogenannten intendierten Ermessens vor.
18 
Auch das Gemeinschaftsrecht verlangt grundsätzlich nicht, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verlangt das Gemeinschaftsrecht mit Blick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtsweges bestandskräftig geworden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.01.2004 - Rs C - 453/00, Kühne & Heitz -, DVBl 2004, 373). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Verwaltungsbehörde zur antragsgemäßen Überprüfung einer bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung mit dem Ziel, der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung einer einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, nur verpflichtet, wenn die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen, die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist, das Urteil auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht worden ist, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Abs. 3 EG erfüllt war, und der Betroffene sich unmittelbar, nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofs erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin den nationalen Rechtsweg nicht nur nicht ausgeschöpft, sondern schon nicht beschritten hat und die nunmehr beanstandete Regelung widerspruchslos hingenommen hat (vgl. in einem entsprechenden Fall VG Düsseldorf, Urt. v. 15.09.2008, Az.: 23 K 813/07, Juris).
19 
Als rechtwidrig aufzuheben waren die angefochtenen Bescheide allerdings, soweit sie den Zeitraum ab Antragstellung der Klägerin, d. h. ab 12.11.2008, betreffen. Für diesen Zeitraum ist das gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen in dem Sinne auf Null reduziert, dass ihrem Antrag auf Neufestsetzung der Besorgungsbezüge für die Zukunft hätte entsprochen werden müssen. Dieses Ergebnis folgt vorrangig aus dem Charakter des Pensionsfestsetzungsbescheids als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der die Versorgungsbezüge der Klägerin mit Wirkung für die gesamte Ruhestandszeit regelt. Für die Verwaltungsakte mit Dauerwirkung ist anerkannt, dass die Bestandskraft und damit der Vorrang der Rechtssicherheit vor dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur für die Vergangenheit Geltung hat, dass jedoch für die Zukunft der Betroffene einen Anspruch auf Anpassung an die verfassungsmäßige Rechtslage hat (vgl. Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 79 Rn. 31; Bethge in: Maunz/Schmitz - Bleibtreu, BVerfGG, § 79 Rn. 53; Pietzner in: Schoch/Schmidt - Aßmann, VwGO, § 183 Rn. 56). Weiter ergibt sich aus dem Beamtenverhältnis, das ein von gegenseitiger Treue und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn geprägtes Verhältnis ist, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung, auf die er zur Aufrechterhaltung einer amtsgemäßen Lebensführung in der Regel angewiesen ist, auf jeden Fall erhalten soll, so dass der Verwirklichung der versorgungsrechtlichen Gesetzeslage für die Zukunft im Bereich der Beamtenversorgung ein höheres Gewicht beizumessen ist als der Bestandskraft des die Versorgungsbezüge festsetzenden Bescheids (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O.; ebenso VG Karlsruhe, Urt. v. 27.04.2009, Az.: 3 K 77/09, Juris). Es liegen somit hinreichende Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung vor, die es rechtfertigen, das Ermessen des Dienstherrn in der Weise zu binden, dass ein Anspruch auf der Gesetzeslage entsprechende Neufestsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin für die Zukunft (ab dem Zeitpunkt der Antragstellung) besteht.
20 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
21 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Juli 2009 - 12 K 352/09

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bei uns veröffentlicht am 27.04.2009

Tenor 1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 verpflichtet, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 07.10.2008 ohne B

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(1) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um eins Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von fünfundsiebzig Prozent; insoweit gilt § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 13 Abs. 1 findet in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung. § 14 Abs. 3 findet Anwendung.

(2) Für die Beamten auf Zeit, deren Beamtenverhältnis über den 31. Dezember 1991 hinaus fortbesteht, ist § 66 Abs. 2, 4 und 6 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und erreicht der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebende gesetzliche Altersgrenze, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Beamter vor dem Zeitpunkt des Erreichens der jeweils maßgebenden gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit oder auf Antrag in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.

(4) Der sich nach Absatz 1, 2 oder 3 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.

(5) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, ist § 14 Abs. 3 mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

Bei Erreichen der Altersgrenze nach § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrechtbeträgt der Prozentsatz der Minderung für jedes Jahr
vor dem 1. Januar 19980,0,
nach dem 31. Dezember 19970,6,
nach dem 31. Dezember 19981,2,
nach dem 31. Dezember 19991,8,
nach dem 31. Dezember 20002,4,
nach dem 31. Dezember 20013,0,
nach dem 31. Dezember 20023,6.

(6) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 2, Abs. 2 oder 3, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 54 Abs. 2 und § 55 Abs. 2 zu berechnen. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(7) (weggefallen)

(8) Auf die am 31. Dezember 1991 vorhandenen Beamten, denen auf Grund eines bis zu diesem Zeitpunkt erlittenen Dienstunfalles ein Unfallausgleich gewährt wird, findet § 35 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.

(9) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 3 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.

(10) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.

(11) Für den nach den Absätzen 1 bis 4 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 69e Abs. 4 entsprechend.

(12) Die §§ 12a und 12b sind anzuwenden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um eins Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von fünfundsiebzig Prozent; insoweit gilt § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 13 Abs. 1 findet in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung. § 14 Abs. 3 findet Anwendung.

(2) Für die Beamten auf Zeit, deren Beamtenverhältnis über den 31. Dezember 1991 hinaus fortbesteht, ist § 66 Abs. 2, 4 und 6 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und erreicht der Beamte vor dem 1. Januar 2002 die für ihn jeweils maßgebende gesetzliche Altersgrenze, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Beamter vor dem Zeitpunkt des Erreichens der jeweils maßgebenden gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit oder auf Antrag in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.

(4) Der sich nach Absatz 1, 2 oder 3 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehalts zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.

(5) Hat das Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, ist § 14 Abs. 3 mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

Bei Erreichen der Altersgrenze nach § 42 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrechtbeträgt der Prozentsatz der Minderung für jedes Jahr
vor dem 1. Januar 19980,0,
nach dem 31. Dezember 19970,6,
nach dem 31. Dezember 19981,2,
nach dem 31. Dezember 19991,8,
nach dem 31. Dezember 20002,4,
nach dem 31. Dezember 20013,0,
nach dem 31. Dezember 20023,6.

(6) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 2, Abs. 2 oder 3, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 54 Abs. 2 und § 55 Abs. 2 zu berechnen. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(7) (weggefallen)

(8) Auf die am 31. Dezember 1991 vorhandenen Beamten, denen auf Grund eines bis zu diesem Zeitpunkt erlittenen Dienstunfalles ein Unfallausgleich gewährt wird, findet § 35 in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.

(9) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 3 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Beamtenverhältnis, aus dem der Beamte in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.

(10) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 und des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.

(11) Für den nach den Absätzen 1 bis 4 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 69e Abs. 4 entsprechend.

(12) Die §§ 12a und 12b sind anzuwenden.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so erklärt es das Gesetz für nichtig. Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig erklären.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 verpflichtet, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 07.10.2008 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte neu zu berechnen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die am … 1942 geborene Klägerin, eine pensionierte Lehrerin, begehrt die Neuberechnung ihrer Altersbezüge ohne Vorsorgungsabschlag für Beschäftigungszeiten in Teilzeit.
Mit Bescheid vom 05.05.2003 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Versorgungsbezüge der Klägerin unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für Beschäftigungszeiten in Teilzeit nach dem Beamtenversorgungsgesetz auf 2053,86 Euro fest. Ohne Versorgungsabschlag hätten die Versorgungsbezüge 2296,44 Euro brutto betragen.
Mit Schreiben vom 07.10.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten eine Neuberechnung ihrer Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 (2 BvL 6/07), wonach die Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte als mittelbar geschlechtsdiskriminierende Regelungen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verstoßen und damit nichtig sind. Zudem beantragte sie die Nachzahlung eventuell zu wenig gezahlter Versorgungsbezüge.
Mit Bescheid vom 10.11.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag ab. Da der Bescheid vom 05.05.2003 bestandskräftig sei, sei das Begehren der Klägerin als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Neufestsetzung der Versorgungsbezüge zu werten. Der Antrag sei abzulehnen. Gem. § 79 BVerfGG entfalte die Nichtigerklärung der Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte nur Auswirkungen auf noch nicht bestandskräftige Festsetzungen der Versorgungsbezüge. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 LVwVfG seien nicht erfüllt, da keine Wiederaufgreifensgründe im Sinne dieser Vorschrift vorlägen, insbesondere sei die Änderung der Rechtsprechung keine Änderung der Rechtslage. Auch im Rahmen des Ermessens könne dem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens nicht entsprochen werden. Denn es sei der Klägerin nach dem Zugang des Festsetzungsbescheides vom 05.05.2003 ohne weiteres möglich gewesen, ihren Rechtsstandpunkt durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu wahren. Ein Wiederaufgreifen im Fall der Klägerin würde zudem ein Wiederaufgreifen in gleichgelagerten Fällen notwendig machen. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand wäre unüberschaubar und kaum zu bewältigen. Deswegen überwiege der Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit den Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit.
Am 19.11.2008 erhob die Klägerin Widerspruch. Das Finanzministerium Baden-Württembergs oder das Landesamt hätten ihre Sorgfaltspflicht ihr gegenüber verletzt. Es könne nicht angehen, dass sie gegen jeden Bescheid des Landesamtes einen Fachjuristen beschäftigen müsse, um Fehler des Dienstherrn zu erkennen. Sie müsse davon ausgehen können, dass sich ihr Dienstherr in allen Situationen verfassungsgemäß verhalte. Im Übrigen änderten der Bund und die Länder Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen bestandskräftige Bescheide.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte der Beklagte die Begründung des angefochtenen Bescheides und führte ergänzend aus, es bestehe auch kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 05.05.2003 nach § 48 LVwVfG, denn nach ständiger Rechtsprechung bestehe nur dann ein Anspruch auf Rücknahme / Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich sei. Insbesondere sei die Aufrechterhaltung der verfassungswidrigen Regelung kein Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben. Allein die Verfassungswidrigkeit der Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte könne keinen Anspruch auf Rücknahme vermitteln, da dies lediglich Voraussetzung einer Ermessensentscheidung sei. Zudem existierten auch keine versorgungsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätze, welche das nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz eingeräumte Ermessen einschränken könnten. Auch im Rahmen des Ermessens nach § 51 LVwVfG oder § 48 LVwVfG komme keine andere Entscheidung in Betracht. Bei der Ausübung des Ermessens sei in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukomme als dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Auch der Umstand, dass der Bund und andere Länder bestandskräftige Versorgungsbescheide aufheben würden, ändere nichts an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Die Klägerin hat am 09.01.2009 Klage erhoben. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bundesbürger im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 (2 BvL 6/07) sowie der Fürsorgepflicht des Landes Baden-Württemberg gegenüber seinen Beamten müssten ihre Versorgungsbezüge neu berechnet werden. Die Nichtigerklärung der gesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht habe eine andere Qualität als eine bloße Änderung der Rechtsprechung durch die Fachgerichte. Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 GG gebiete es, Bescheide, die auf der verfassungswidrigen Bestimmung beruhten, für die Zukunft zu korrigieren. Es gehe hier auch nicht um einen normalen Verwaltungsakt, sondern um einen Dauerverwaltungsakt. Der Beklagte habe sein Ermessen hinsichtlich der begehrten Änderung des Versorgungsbescheides für die Zukunft nicht ausreichend ausgeübt. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 LVwVfG liege zudem insoweit vor, als mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2002/73/EG am 05.10.2002 diese mangels Umsetzung in Deutschland unmittelbar wirksam geworden sei. Art. 3 Abs. 2 a der Richtlinie beinhalte die Verpflichtung, die diskriminierende Regelung des § 84 Abs. 4 S. 2 BeamtVG aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 zu verpflichten, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 07.10.2008 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte neu zu berechnen.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide.
13 
Dem Gericht liegen die Akten des Beklagten vor. Auf diese Unterlagen sowie die Gerichtsakten wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
14 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zukunft; die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Der Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft ergibt sich aus § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurücknehmen. Die Entscheidung, einen bestandskräftigen Verwaltungsakt nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Behörde, welches nur in Ausnahmefällen auf Null reduziert ist. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Facetten des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Eine Reduktion des Ermessens auf Null kommt aber dann in Betracht, wenn dem anzuwendenden Fachrecht ausnahmsweise eine andere Wertung als die Gleichberechtigung der genannten Prinzipien zu entnehmen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2008 - 1 C 33/07 -, Juris-Rdnr. 12 f., VR 2008, 323 m.w.N.) oder wenn ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre, was insbesondere der Fall ist, wenn Umstände vorliegen, die ein Festhalten am Verwaltungsakt als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 79 m.w.N.).
16 
Gemessen an diesem Maßstab ist das in § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen im Fall der Klägerin, die nur die Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft begehrt, auf Null reduziert.
17 
Im vorliegenden Fall folgt eine Reduktion des Rücknahmeermessens für die Zukunft sowohl aus den Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung als auch aus dem im Beamtenrecht besonders ausgestalteten Prinzip von Treu und Glauben (so auch die wohl herrschende Meinung der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung: vgl. VG Saarland, Urt. v. 04.09.2007 - 3 K 350/06 -, Juris-Rdnr. 74 ff., LKRZ 2007, 438; VG Magdeburg, Urt. v. 06.03.2007 - 5 A 191/06 -, Juris-Rdnr. 18; VG Düsseldorf, Urt. v. 23 K 813/07 - 15.09.2008 -, Juris-Rdnr. 38 ff.; VG Berlin, Urt. v. 10.10.2007 - 7 A 123.06 -, Juris-Rdnr. 12; a.A. VG Köln, Urt. v. 25.07.2007 - 3 K 3568/06 -, Juris-Rdnr. 41). Die Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung bestehen zum einen in § 3 Abs. 3 BeamtVG, aus dem sich der Gedanke ableiten lässt, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung auf jeden Fall erhalten soll, da er nicht einmal aus eigener Willensentscheidung ganz oder teilweise auf sie verzichten kann. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Gewährung der gesetzlich dem Beamten zustehenden Pension ein besonderes Gewicht zukommt und somit auch den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit ein höheres Gewicht zukommt, als dies in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts der Fall ist. Eine weitere Besonderheit der Beamtenversorgung besteht in dem Charakter des Versorgungsbezügebescheids als Dauerverwaltungsakt. In diesem Bescheid wird zum Zeitpunkt des Eintritts des Beamten in den Ruhestand die Höhe der Versorgungsbezüge, zumindest was den vorliegend relevanten Ruhegehaltssatz betrifft, für die gesamte Ruhestandszeit des Beamten verbindlich festgelegt. Auch insoweit kommt den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ein besonderes Gewicht gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit zu, denn die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Verwaltungsaktes betrifft nicht einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Sachverhalt, sondern aktualisiert sich monatlich mit Auszahlung der rechtswidrig zu niedrigen Versorgungsbezüge über einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Jahrzehnten hinweg. Schließlich besteht im Beamtenrecht die Besonderheit, dass das Beamtenverhältnis ein gegenseitiges Treueverhältnis ist, d.h. der Treuepflicht des Beamten entspricht eine Treuepflicht des Dienstherrn (statt aller: Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, § 79 Rdnr. 3). Aus diesem Treuverhältnis lässt sich im Anschluss an die oben zitierte Rechtsprechung wiederum ein besonderes Gewicht der Aspekte des Rechtsrichtigkeit und Gesetzmäßigkeit des Handelns des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten.
18 
In der Abwägung der Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit dem Prinzip der Rechtssicherheit spricht für ein Überwiegen der beiden erstgenannten Prinzipien zudem, dass ein auch zukünftiges Festhalten am rechtswidrigen Versorgungsbescheid als Verstoß gegen Treu und Glauben zu qualifizieren wäre. Hierfür lässt sich zum einen das besondere Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn ins Feld führen. Ein Aufrechterhalten der rechtswidrigen Versorgungsbezugsfeststellung auf Lebenszeit des Beamten würde im Widerspruch zu diesem besonderen Treueverhältnis stehe und wäre mithin als treuwidrig zu qualifizieren. Die Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gewinnen zudem insofern an Gewicht, als der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 05.05.2003 zwar nicht offensichtlich rechtswidrig war (die höchstrichterlichen Judikate wurden erst später verkündet), die Rechtswidrigkeit aber besonders schwer wiegt, weil sowohl gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, DVBl 2008, 1051) als auch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde (vgl.: EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-4/02, C-5/02 -, DVBl 2004, 188; BVerwG, Urt. v. 25.5.2005 - 2 C 14/04 -, NVwZ 2005, 1080) und es sich jeweils um einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften mit hohem materiellem Gerechtigkeitsgehalt handelt.
II.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gem. § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.
20 
Beschluss
21 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 5.821,92 EUR festgesetzt (vgl. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
22 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
14 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zukunft; die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Der Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft ergibt sich aus § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurücknehmen. Die Entscheidung, einen bestandskräftigen Verwaltungsakt nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Behörde, welches nur in Ausnahmefällen auf Null reduziert ist. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Facetten des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Eine Reduktion des Ermessens auf Null kommt aber dann in Betracht, wenn dem anzuwendenden Fachrecht ausnahmsweise eine andere Wertung als die Gleichberechtigung der genannten Prinzipien zu entnehmen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2008 - 1 C 33/07 -, Juris-Rdnr. 12 f., VR 2008, 323 m.w.N.) oder wenn ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre, was insbesondere der Fall ist, wenn Umstände vorliegen, die ein Festhalten am Verwaltungsakt als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 79 m.w.N.).
16 
Gemessen an diesem Maßstab ist das in § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen im Fall der Klägerin, die nur die Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft begehrt, auf Null reduziert.
17 
Im vorliegenden Fall folgt eine Reduktion des Rücknahmeermessens für die Zukunft sowohl aus den Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung als auch aus dem im Beamtenrecht besonders ausgestalteten Prinzip von Treu und Glauben (so auch die wohl herrschende Meinung der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung: vgl. VG Saarland, Urt. v. 04.09.2007 - 3 K 350/06 -, Juris-Rdnr. 74 ff., LKRZ 2007, 438; VG Magdeburg, Urt. v. 06.03.2007 - 5 A 191/06 -, Juris-Rdnr. 18; VG Düsseldorf, Urt. v. 23 K 813/07 - 15.09.2008 -, Juris-Rdnr. 38 ff.; VG Berlin, Urt. v. 10.10.2007 - 7 A 123.06 -, Juris-Rdnr. 12; a.A. VG Köln, Urt. v. 25.07.2007 - 3 K 3568/06 -, Juris-Rdnr. 41). Die Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung bestehen zum einen in § 3 Abs. 3 BeamtVG, aus dem sich der Gedanke ableiten lässt, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung auf jeden Fall erhalten soll, da er nicht einmal aus eigener Willensentscheidung ganz oder teilweise auf sie verzichten kann. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Gewährung der gesetzlich dem Beamten zustehenden Pension ein besonderes Gewicht zukommt und somit auch den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit ein höheres Gewicht zukommt, als dies in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts der Fall ist. Eine weitere Besonderheit der Beamtenversorgung besteht in dem Charakter des Versorgungsbezügebescheids als Dauerverwaltungsakt. In diesem Bescheid wird zum Zeitpunkt des Eintritts des Beamten in den Ruhestand die Höhe der Versorgungsbezüge, zumindest was den vorliegend relevanten Ruhegehaltssatz betrifft, für die gesamte Ruhestandszeit des Beamten verbindlich festgelegt. Auch insoweit kommt den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ein besonderes Gewicht gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit zu, denn die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Verwaltungsaktes betrifft nicht einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Sachverhalt, sondern aktualisiert sich monatlich mit Auszahlung der rechtswidrig zu niedrigen Versorgungsbezüge über einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Jahrzehnten hinweg. Schließlich besteht im Beamtenrecht die Besonderheit, dass das Beamtenverhältnis ein gegenseitiges Treueverhältnis ist, d.h. der Treuepflicht des Beamten entspricht eine Treuepflicht des Dienstherrn (statt aller: Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, § 79 Rdnr. 3). Aus diesem Treuverhältnis lässt sich im Anschluss an die oben zitierte Rechtsprechung wiederum ein besonderes Gewicht der Aspekte des Rechtsrichtigkeit und Gesetzmäßigkeit des Handelns des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten.
18 
In der Abwägung der Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit dem Prinzip der Rechtssicherheit spricht für ein Überwiegen der beiden erstgenannten Prinzipien zudem, dass ein auch zukünftiges Festhalten am rechtswidrigen Versorgungsbescheid als Verstoß gegen Treu und Glauben zu qualifizieren wäre. Hierfür lässt sich zum einen das besondere Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn ins Feld führen. Ein Aufrechterhalten der rechtswidrigen Versorgungsbezugsfeststellung auf Lebenszeit des Beamten würde im Widerspruch zu diesem besonderen Treueverhältnis stehe und wäre mithin als treuwidrig zu qualifizieren. Die Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gewinnen zudem insofern an Gewicht, als der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 05.05.2003 zwar nicht offensichtlich rechtswidrig war (die höchstrichterlichen Judikate wurden erst später verkündet), die Rechtswidrigkeit aber besonders schwer wiegt, weil sowohl gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, DVBl 2008, 1051) als auch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde (vgl.: EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-4/02, C-5/02 -, DVBl 2004, 188; BVerwG, Urt. v. 25.5.2005 - 2 C 14/04 -, NVwZ 2005, 1080) und es sich jeweils um einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften mit hohem materiellem Gerechtigkeitsgehalt handelt.
II.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gem. § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.
20 
Beschluss
21 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 5.821,92 EUR festgesetzt (vgl. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
22 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so erklärt es das Gesetz für nichtig. Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig erklären.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 verpflichtet, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 07.10.2008 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte neu zu berechnen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die am … 1942 geborene Klägerin, eine pensionierte Lehrerin, begehrt die Neuberechnung ihrer Altersbezüge ohne Vorsorgungsabschlag für Beschäftigungszeiten in Teilzeit.
Mit Bescheid vom 05.05.2003 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Versorgungsbezüge der Klägerin unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für Beschäftigungszeiten in Teilzeit nach dem Beamtenversorgungsgesetz auf 2053,86 Euro fest. Ohne Versorgungsabschlag hätten die Versorgungsbezüge 2296,44 Euro brutto betragen.
Mit Schreiben vom 07.10.2008 beantragte die Klägerin beim Beklagten eine Neuberechnung ihrer Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 (2 BvL 6/07), wonach die Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte als mittelbar geschlechtsdiskriminierende Regelungen gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG verstoßen und damit nichtig sind. Zudem beantragte sie die Nachzahlung eventuell zu wenig gezahlter Versorgungsbezüge.
Mit Bescheid vom 10.11.2008 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag ab. Da der Bescheid vom 05.05.2003 bestandskräftig sei, sei das Begehren der Klägerin als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Neufestsetzung der Versorgungsbezüge zu werten. Der Antrag sei abzulehnen. Gem. § 79 BVerfGG entfalte die Nichtigerklärung der Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte nur Auswirkungen auf noch nicht bestandskräftige Festsetzungen der Versorgungsbezüge. Auch die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 LVwVfG seien nicht erfüllt, da keine Wiederaufgreifensgründe im Sinne dieser Vorschrift vorlägen, insbesondere sei die Änderung der Rechtsprechung keine Änderung der Rechtslage. Auch im Rahmen des Ermessens könne dem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens nicht entsprochen werden. Denn es sei der Klägerin nach dem Zugang des Festsetzungsbescheides vom 05.05.2003 ohne weiteres möglich gewesen, ihren Rechtsstandpunkt durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu wahren. Ein Wiederaufgreifen im Fall der Klägerin würde zudem ein Wiederaufgreifen in gleichgelagerten Fällen notwendig machen. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand wäre unüberschaubar und kaum zu bewältigen. Deswegen überwiege der Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit den Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit.
Am 19.11.2008 erhob die Klägerin Widerspruch. Das Finanzministerium Baden-Württembergs oder das Landesamt hätten ihre Sorgfaltspflicht ihr gegenüber verletzt. Es könne nicht angehen, dass sie gegen jeden Bescheid des Landesamtes einen Fachjuristen beschäftigen müsse, um Fehler des Dienstherrn zu erkennen. Sie müsse davon ausgehen können, dass sich ihr Dienstherr in allen Situationen verfassungsgemäß verhalte. Im Übrigen änderten der Bund und die Länder Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen bestandskräftige Bescheide.
Das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte der Beklagte die Begründung des angefochtenen Bescheides und führte ergänzend aus, es bestehe auch kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 05.05.2003 nach § 48 LVwVfG, denn nach ständiger Rechtsprechung bestehe nur dann ein Anspruch auf Rücknahme / Änderung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich sei. Insbesondere sei die Aufrechterhaltung der verfassungswidrigen Regelung kein Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben. Allein die Verfassungswidrigkeit der Regelungen über den Versorgungsabschlag für ehemals teilzeitbeschäftigte Beamte könne keinen Anspruch auf Rücknahme vermitteln, da dies lediglich Voraussetzung einer Ermessensentscheidung sei. Zudem existierten auch keine versorgungsrechtlichen oder beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätze, welche das nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz eingeräumte Ermessen einschränken könnten. Auch im Rahmen des Ermessens nach § 51 LVwVfG oder § 48 LVwVfG komme keine andere Entscheidung in Betracht. Bei der Ausübung des Ermessens sei in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukomme als dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Auch der Umstand, dass der Bund und andere Länder bestandskräftige Versorgungsbescheide aufheben würden, ändere nichts an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Die Klägerin hat am 09.01.2009 Klage erhoben. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bundesbürger im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.06.2008 (2 BvL 6/07) sowie der Fürsorgepflicht des Landes Baden-Württemberg gegenüber seinen Beamten müssten ihre Versorgungsbezüge neu berechnet werden. Die Nichtigerklärung der gesetzlichen Regelung durch das Bundesverfassungsgericht habe eine andere Qualität als eine bloße Änderung der Rechtsprechung durch die Fachgerichte. Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 GG gebiete es, Bescheide, die auf der verfassungswidrigen Bestimmung beruhten, für die Zukunft zu korrigieren. Es gehe hier auch nicht um einen normalen Verwaltungsakt, sondern um einen Dauerverwaltungsakt. Der Beklagte habe sein Ermessen hinsichtlich der begehrten Änderung des Versorgungsbescheides für die Zukunft nicht ausreichend ausgeübt. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 LVwVfG liege zudem insoweit vor, als mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2002/73/EG am 05.10.2002 diese mangels Umsetzung in Deutschland unmittelbar wirksam geworden sei. Art. 3 Abs. 2 a der Richtlinie beinhalte die Verpflichtung, die diskriminierende Regelung des § 84 Abs. 4 S. 2 BeamtVG aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.11.2008 und dessen Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 zu verpflichten, die Versorgungsbezüge der Klägerin ab dem 07.10.2008 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsabschlags für teilzeitbeschäftigte Beamte neu zu berechnen.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide.
13 
Dem Gericht liegen die Akten des Beklagten vor. Auf diese Unterlagen sowie die Gerichtsakten wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
14 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zukunft; die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Der Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft ergibt sich aus § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurücknehmen. Die Entscheidung, einen bestandskräftigen Verwaltungsakt nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Behörde, welches nur in Ausnahmefällen auf Null reduziert ist. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Facetten des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Eine Reduktion des Ermessens auf Null kommt aber dann in Betracht, wenn dem anzuwendenden Fachrecht ausnahmsweise eine andere Wertung als die Gleichberechtigung der genannten Prinzipien zu entnehmen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2008 - 1 C 33/07 -, Juris-Rdnr. 12 f., VR 2008, 323 m.w.N.) oder wenn ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre, was insbesondere der Fall ist, wenn Umstände vorliegen, die ein Festhalten am Verwaltungsakt als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 79 m.w.N.).
16 
Gemessen an diesem Maßstab ist das in § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen im Fall der Klägerin, die nur die Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft begehrt, auf Null reduziert.
17 
Im vorliegenden Fall folgt eine Reduktion des Rücknahmeermessens für die Zukunft sowohl aus den Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung als auch aus dem im Beamtenrecht besonders ausgestalteten Prinzip von Treu und Glauben (so auch die wohl herrschende Meinung der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung: vgl. VG Saarland, Urt. v. 04.09.2007 - 3 K 350/06 -, Juris-Rdnr. 74 ff., LKRZ 2007, 438; VG Magdeburg, Urt. v. 06.03.2007 - 5 A 191/06 -, Juris-Rdnr. 18; VG Düsseldorf, Urt. v. 23 K 813/07 - 15.09.2008 -, Juris-Rdnr. 38 ff.; VG Berlin, Urt. v. 10.10.2007 - 7 A 123.06 -, Juris-Rdnr. 12; a.A. VG Köln, Urt. v. 25.07.2007 - 3 K 3568/06 -, Juris-Rdnr. 41). Die Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung bestehen zum einen in § 3 Abs. 3 BeamtVG, aus dem sich der Gedanke ableiten lässt, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung auf jeden Fall erhalten soll, da er nicht einmal aus eigener Willensentscheidung ganz oder teilweise auf sie verzichten kann. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Gewährung der gesetzlich dem Beamten zustehenden Pension ein besonderes Gewicht zukommt und somit auch den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit ein höheres Gewicht zukommt, als dies in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts der Fall ist. Eine weitere Besonderheit der Beamtenversorgung besteht in dem Charakter des Versorgungsbezügebescheids als Dauerverwaltungsakt. In diesem Bescheid wird zum Zeitpunkt des Eintritts des Beamten in den Ruhestand die Höhe der Versorgungsbezüge, zumindest was den vorliegend relevanten Ruhegehaltssatz betrifft, für die gesamte Ruhestandszeit des Beamten verbindlich festgelegt. Auch insoweit kommt den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ein besonderes Gewicht gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit zu, denn die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Verwaltungsaktes betrifft nicht einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Sachverhalt, sondern aktualisiert sich monatlich mit Auszahlung der rechtswidrig zu niedrigen Versorgungsbezüge über einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Jahrzehnten hinweg. Schließlich besteht im Beamtenrecht die Besonderheit, dass das Beamtenverhältnis ein gegenseitiges Treueverhältnis ist, d.h. der Treuepflicht des Beamten entspricht eine Treuepflicht des Dienstherrn (statt aller: Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, § 79 Rdnr. 3). Aus diesem Treuverhältnis lässt sich im Anschluss an die oben zitierte Rechtsprechung wiederum ein besonderes Gewicht der Aspekte des Rechtsrichtigkeit und Gesetzmäßigkeit des Handelns des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten.
18 
In der Abwägung der Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit dem Prinzip der Rechtssicherheit spricht für ein Überwiegen der beiden erstgenannten Prinzipien zudem, dass ein auch zukünftiges Festhalten am rechtswidrigen Versorgungsbescheid als Verstoß gegen Treu und Glauben zu qualifizieren wäre. Hierfür lässt sich zum einen das besondere Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn ins Feld führen. Ein Aufrechterhalten der rechtswidrigen Versorgungsbezugsfeststellung auf Lebenszeit des Beamten würde im Widerspruch zu diesem besonderen Treueverhältnis stehe und wäre mithin als treuwidrig zu qualifizieren. Die Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gewinnen zudem insofern an Gewicht, als der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 05.05.2003 zwar nicht offensichtlich rechtswidrig war (die höchstrichterlichen Judikate wurden erst später verkündet), die Rechtswidrigkeit aber besonders schwer wiegt, weil sowohl gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, DVBl 2008, 1051) als auch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde (vgl.: EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-4/02, C-5/02 -, DVBl 2004, 188; BVerwG, Urt. v. 25.5.2005 - 2 C 14/04 -, NVwZ 2005, 1080) und es sich jeweils um einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften mit hohem materiellem Gerechtigkeitsgehalt handelt.
II.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gem. § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.
20 
Beschluss
21 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 5.821,92 EUR festgesetzt (vgl. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
22 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
14 
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zukunft; die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Der Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft ergibt sich aus § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurücknehmen. Die Entscheidung, einen bestandskräftigen Verwaltungsakt nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen, steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Behörde, welches nur in Ausnahmefällen auf Null reduziert ist. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Facetten des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Eine Reduktion des Ermessens auf Null kommt aber dann in Betracht, wenn dem anzuwendenden Fachrecht ausnahmsweise eine andere Wertung als die Gleichberechtigung der genannten Prinzipien zu entnehmen ist (BVerwG, Urt. v. 20.03.2008 - 1 C 33/07 -, Juris-Rdnr. 12 f., VR 2008, 323 m.w.N.) oder wenn ein Aufrechterhalten des Verwaltungsaktes schlechthin unerträglich wäre, was insbesondere der Fall ist, wenn Umstände vorliegen, die ein Festhalten am Verwaltungsakt als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 79 m.w.N.).
16 
Gemessen an diesem Maßstab ist das in § 48 Abs. 1 LVwVfG der Behörde grundsätzlich zustehende Rücknahmeermessen im Fall der Klägerin, die nur die Neufestsetzung ihrer Bezüge für die Zukunft begehrt, auf Null reduziert.
17 
Im vorliegenden Fall folgt eine Reduktion des Rücknahmeermessens für die Zukunft sowohl aus den Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung als auch aus dem im Beamtenrecht besonders ausgestalteten Prinzip von Treu und Glauben (so auch die wohl herrschende Meinung der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung: vgl. VG Saarland, Urt. v. 04.09.2007 - 3 K 350/06 -, Juris-Rdnr. 74 ff., LKRZ 2007, 438; VG Magdeburg, Urt. v. 06.03.2007 - 5 A 191/06 -, Juris-Rdnr. 18; VG Düsseldorf, Urt. v. 23 K 813/07 - 15.09.2008 -, Juris-Rdnr. 38 ff.; VG Berlin, Urt. v. 10.10.2007 - 7 A 123.06 -, Juris-Rdnr. 12; a.A. VG Köln, Urt. v. 25.07.2007 - 3 K 3568/06 -, Juris-Rdnr. 41). Die Besonderheiten des Rechts der Beamtenversorgung bestehen zum einen in § 3 Abs. 3 BeamtVG, aus dem sich der Gedanke ableiten lässt, dass der Beamte die ihm gesetzlich zustehende Versorgung auf jeden Fall erhalten soll, da er nicht einmal aus eigener Willensentscheidung ganz oder teilweise auf sie verzichten kann. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Gewährung der gesetzlich dem Beamten zustehenden Pension ein besonderes Gewicht zukommt und somit auch den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit ein höheres Gewicht zukommt, als dies in anderen Bereichen des Verwaltungsrechts der Fall ist. Eine weitere Besonderheit der Beamtenversorgung besteht in dem Charakter des Versorgungsbezügebescheids als Dauerverwaltungsakt. In diesem Bescheid wird zum Zeitpunkt des Eintritts des Beamten in den Ruhestand die Höhe der Versorgungsbezüge, zumindest was den vorliegend relevanten Ruhegehaltssatz betrifft, für die gesamte Ruhestandszeit des Beamten verbindlich festgelegt. Auch insoweit kommt den Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ein besonderes Gewicht gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit zu, denn die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Verwaltungsaktes betrifft nicht einen in der Vergangenheit bereits abgeschlossenen Sachverhalt, sondern aktualisiert sich monatlich mit Auszahlung der rechtswidrig zu niedrigen Versorgungsbezüge über einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Jahrzehnten hinweg. Schließlich besteht im Beamtenrecht die Besonderheit, dass das Beamtenverhältnis ein gegenseitiges Treueverhältnis ist, d.h. der Treuepflicht des Beamten entspricht eine Treuepflicht des Dienstherrn (statt aller: Battis, BBG, 3. Aufl. 2004, § 79 Rdnr. 3). Aus diesem Treuverhältnis lässt sich im Anschluss an die oben zitierte Rechtsprechung wiederum ein besonderes Gewicht der Aspekte des Rechtsrichtigkeit und Gesetzmäßigkeit des Handelns des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ableiten.
18 
In der Abwägung der Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung mit dem Prinzip der Rechtssicherheit spricht für ein Überwiegen der beiden erstgenannten Prinzipien zudem, dass ein auch zukünftiges Festhalten am rechtswidrigen Versorgungsbescheid als Verstoß gegen Treu und Glauben zu qualifizieren wäre. Hierfür lässt sich zum einen das besondere Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn ins Feld führen. Ein Aufrechterhalten der rechtswidrigen Versorgungsbezugsfeststellung auf Lebenszeit des Beamten würde im Widerspruch zu diesem besonderen Treueverhältnis stehe und wäre mithin als treuwidrig zu qualifizieren. Die Prinzipien der Rechtsrichtigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gewinnen zudem insofern an Gewicht, als der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 05.05.2003 zwar nicht offensichtlich rechtswidrig war (die höchstrichterlichen Judikate wurden erst später verkündet), die Rechtswidrigkeit aber besonders schwer wiegt, weil sowohl gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, DVBl 2008, 1051) als auch gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen wurde (vgl.: EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-4/02, C-5/02 -, DVBl 2004, 188; BVerwG, Urt. v. 25.5.2005 - 2 C 14/04 -, NVwZ 2005, 1080) und es sich jeweils um einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften mit hohem materiellem Gerechtigkeitsgehalt handelt.
II.
19 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gem. § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein Grund für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegt nicht vor.
20 
Beschluss
21 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 5.821,92 EUR festgesetzt (vgl. Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
22 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.