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Gegenstand des Verfahrens ist vorliegend nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung der Antragsgegnerin vom 17.03.2009, nicht dagegen die erst nach Eingang des vorliegenden Antrags - nämlich unter dem Datum des 31.03.2009 - erlassene Änderungsverfügung.
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Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 30.03.2009 gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 17.03.2009 wieder herzustellen bzw. anzuordnen, ist zulässig. Mit diesen Verfügungen hat die Antragsgegnerin anlässlich angekündigter Demonstrationen im Raum Strasbourg/Frankreich während des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs zum 60. Jahrestag der Gründung der NATO am 03./04.04.2009 in Kehl und Strasbourg, gestützt auf § 7 Abs. 1 und 2 PassG der Antragstellerin eine Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland nach Frankreich unmittelbar oder über ein Drittland zwischen dem 01. und dem 05.04.2009 untersagt und aufgrund des PAuswG und des PolG flankierende Maßnahmen verfügt und Zwangsmittel angedroht, um die Ausreiseuntersagung sicherzustellen.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1, 2. HS VwGO ist statthaft. Den materiell-rechtlichen Anordnungen kommt insbesondere keine sofortige Vollziehbarkeit von Gesetzes wegen zu, da die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 14 PassG auf Ausreiseanordnungen nur insoweit Anwendung findet, als diese nach § 10 PassG ergehen. Somit konnte die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung nur durch ihre besondere Anordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 VwGO erfolgen, so dass einstweiliger Rechtsschutz hiergegen nur nach Maßgabe von § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO in Betracht kommt. Hinsichtlich der Anordnung des unmittelbaren Zwangs folgt die sofortige Vollziehbarkeit aus § 80 Abs. 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 12 LVwVG. Insoweit richtet sich die Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1, 1. HS VwGO.
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Durch die Änderungsverfügung vom 30.03.2009 hat die Antragstellerin - im dafür maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Eilantrag verloren. Denn die Änderungsverfügung hat, unabhängig von ihrer Rechtsnatur und deren Beurteilung, inhaltlich nur die Zeiten der verfügten Meldepflichten verändert, jedoch die damit vorausgesetzten Meldepflichten selbst und die übrigen Verfügungen ohnehin nicht berührt, so dass die Antragstellerin insoweit weiterhin beschwert geblieben ist. Abgesehen davon dürfte die Änderungsverfügung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht bekannt gegeben gewesen sein.
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Der Antrag musste - nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - in der Sache Erfolg haben.
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Die formellen Voraussetzungen nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO wurden beachtet. Danach ist in Fällen des Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich anzuordnen. Die Antragsgegnerin hat in der angefochtenen Verfügung vom 17.03.2009 im letzten Absatz Ausführungen hierzu gemacht. Dabei hat sie zwar kein besonderes, über die Grundverfügung hinausgehendes Vollzugsinteresse bezeichnet, was grundsätzlich einen formalen Mangel darstellen müsste. Vorliegend liegt es aber ausnahmsweise auf der Hand, dass die in ihrer Wirksamkeit vom 01. bis 05.04.2009 befristete Verfügung ohne Anordnung des Sofortvollzugs ins Leere gelaufen wäre und dieser Umstand ein besonderes Vollzugsinteresse begründete.
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Maßstab der gerichtlichen Entscheidung ist eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der angeordneten sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin und dem privaten Interesse der Antragstellerin, von diesen Folgen einstweilen verschont zu bleiben. Hierbei sind zunächst die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (entsprechende Anwendung des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO).
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Diese Prüfung führte vorliegend zu dem Ergebnis, dass es der Antragstellerin nicht zuzumuten war, die angegriffene Verfügung vorläufig zu befolgen, da erhebliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestanden.
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Die Verfügung war schon formell rechtswidrig. Denn die Antragsgegnerin hatte es unterlassen, die Antragstellerin nach § 28 LVwVfG zur beabsichtigten Ausreisebeschränkung und Meldeauflage anzuhören. Ein Ausnahmegrund im Sinne von § 28 Abs. 2 LVwVfG war nicht gegeben, insbesondere war keine Eilbedürftigkeit im Sinne der Ziff. 1 gegeben. Denn der Antrag des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 16.02.2009 an die Antragsgegnerin auf Erlass der beschränkenden Verfügung war der Antragsgegnerin zwar erst am 17.03.2009, per eMail zugegangen. Dennoch wäre - wenn auch innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes - die Anhörung der Antragstellerin möglich gewesen, da der Wirkungszeitraum der Beschränkungen erst am 1. April zu laufen begann. Eine Heilung dürfte nicht mehr in Betracht zu ziehen sein, weil die Antragstellerin durch Erledigung der Befristung und damit auch des Widerspruchsverfahrens keine Möglichkeit der anhörungsabhängigen Einwirkung auf die Antragsgegnerin mehr hat und somit die Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 LVwVfG nicht mehr in Betracht kommen kann.
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Die Verfügung war auch materiell-rechtlich zu beanstanden.
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Grundsätzlich können die Beschränkung des Geltungsbereichs für den Reisepass des r Antragstellerin und die Auflage, den Pass zur Eintragung der Beschränkung vorzulegen, ihre Rechtsgrundlage in § 8 sowie in § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 des Passgesetzes - PassG - finden. Auch soweit die Behörde den Geltungsbereich auch für den Personalausweis der Antragstellerin eingeschränkt hat, bietet § 2 Abs. 2 des Personalausweisgesetzes (PAuswG) eine mögliche Ermächtigungsgrundlage. Für die Auflage, sich zu bestimmten Zeiten bei einer deutschen Polizeidienststelle zu melden, kann sich aus der polizeilichen Generalklausel in den §§ 1 und 3 PolG die rechtliche Grundlage ergeben und für die Androhung des unmittelbaren Zwangs könnte dies aus den §§ 18 ff. LVwVfG folgen (vgl. dazu schon VG Stuttgart, Beschluss vom 28.09.2005, - 11 K 3156/05 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.06.2000, - 1 S 1271/00 -; vgl. auch die Entscheidungen zum G8-Gipfel in Genau 2001: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2004, - 1 S 2218/03 - sowie BVerwG, Urteil vom 25.07.2007, - 6 C 39/06 -, sämtlich in ).
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Vorliegend hat die Antragsgegnerin ihre Verfügung im Kern auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt. Danach ist erforderlich, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Betroffene die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet.
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Eine Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit durch die Antragstellerin bzw. durch ihre - mit dem getroffenen Ausreiseverbot unterbundene - Ausreise nach Frankreich zu der beabsichtigten oder angenommenen Teilnahme an Demonstrationen im Raum Strasbourg/Frankreich ist nicht ersichtlich und wurde von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. In Betracht kommt danach lediglich die Annahme, die Ausreise der Antragstellerin würde Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die Frage, ob und mit welchem Gewicht durch die Anwesenheit eines deutschen Staatsangehörigen in einem anderen Land Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet werden, unterliegt uneingeschränkt der richterlichen Überprüfung (hierzu und zum Nachfolgenden, VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2004 - aaO. -; Beschluss vom 14. Juni 2000 - aaO.).
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Als eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG können unter besonderen Umständen auch Handlungen gewertet werden, die geeignet sind, dem internationalen Ansehen Deutschlands zu schaden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29.08.1968, DÖV 1969, 74). Sprechen
bestimmte Tatsachen
dafür, dass von einem Deutschen bei seinem Aufenthalt im Ausland derartige Handlungen zu befürchten sind, so kann dies ein Ausreiseverbot als Vorsorgemaßnahme rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2004 und Beschluss vom 14.6.2000, a.a.O.).
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Nach Lage der Dinge dürfte die Antragsgegnerin zwar zu Recht davon ausgegangen sein, dass im Zusammenhang mit der Durchführung des NATO-Gipfels u.a. in Strasbourg auch mit gewalttätigen Ausschreitungen zu rechnen ist. Vorfälle bei internationalen Gipfel-Konferenzen in jüngster Vergangenheit (G20-Gipfel London 2009; G8-Gipfel Heiligendamm, 2007), sowie zahlreiche auch im Internet kursierende entsprechende Aufrufe sprechen als Tatsachen ohne weiteres für eine solche Annahme.
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Mit der streitgegenständlichen Verfügung ist jedoch in schwerwiegender Weise in das durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Recht der Antragstellerin auf Ausreisefreiheit eingegriffen worden (VGH Bad.-Württ. Urteil vom 07.12.2004 a.a.O.; zur zusätzlichen Anwendbarkeit der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 8 GG vgl. VG Berlin, Urteil vom 17.12. 2003 - 1 A 309.01 -, , sowie VG Göttingen, Urteil vom 27.1.2004 - 1 A 1014/02 - ). Die gesetzlichen Regelungen und damit auch die Maßnahmen, die auf ihrer Grundlage erlassen werden, tangieren zwar das Grundrecht der freien Ausreise, doch wird dieses Grundrecht weder durch die gesetzliche Regelung in seinem Wesensgehalt angetastet noch durch das umstrittene befristete und räumlich eingegrenzte Ausreiseverbot bei der Antragstellerin so übermäßig eingeschränkt, dass sich allein hieraus die Rechtswidrigkeit der behördlichen Verfügung ergeben müsste (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.01.1957, BVerfGE 6, 32 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.06.1995 - 1 S 3530/94 -, VBlBW 1996, 71).
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Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen allerdings für die Feststellung einer angenommenen Gefährdung ''bestimmte Tatsachen'' sprechen. Im Rahmen der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten war für die Kammer aber nicht zu erkennen, dass gerade die Antragstellerin zu dem Personenkreis gehört, von dem bei einem Aufenthalt in Frankreich vor, während und nach dem NATO-Gipfel eine Schädigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland ernsthaft zu befürchten war. Geht man, unter Anwendung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, die sich anders als vorliegend allerdings auf die Gefahrenprognose durch einen Vollzugsbeamten (Grenzbeamten) bezog, von den Grundsätzen zur sogenannten „Anscheinsgefahr“ aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2004 a.a.O.), kommt es entscheidend darauf an, ob der handelnde Beamte aus der Ex-ante-Sicht mit Blick auf die ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Informationen aufgrund hinreichender Anhaltspunkte vom Vorliegen einer Gefährdung ausgehen konnte und diese Prognose dem Urteil eines fähigen, besonnenen und sachkundigen Amtswalters entspricht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2004 a.a.O. und Urteil vom 22.07.2004 - 1 S 410/03 -, Urteil vom 10.05.1990 - 5 S 1842/89 -, VBlBW 1990, 469, 470 f. und Beschluss vom 16.10.1990 - 8 S 2087/90 -, NVwZ 1991, 493; Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 5. Aufl., § 1 RdNr. 34; Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 5. Aufl., RdNr. 424).
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Aber selbst bei Anwendung dieser relativ niedrigen Anforderungen an die Gefahrenprognose im Rahmen der Grundsätze der Anscheinsgefahr erweist sich die streitgegenständliche Verfügung nicht als rechtmäßig. Dabei ist hier vom Erkenntnisstand des Polizeipräsidiums Stuttgart auszugehen, von dem die Einschätzung der Lage und der von der Antragstellerin ausgehenden Gefahr stammte - die Antragsgegnerin hat selbst keine eigenständige Einschätzung vorgenommen und war dazu wohl auch nicht in der Lage - und das den Erlass der angefochtenen Verfügung mangels eigener Zuständigkeit dort veranlasst hatte. Aber auch das Polizeipräsidium Stuttgart durfte, soweit diese offengelegt wurden, auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen bei pflichtgemäßem Handeln nicht davon ausgehen, dass im Falle der Antragstellerin bestimmte Tatsachen die Annahme eine Gefährdung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG begründen.
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Auf der Grundlage des Schreibens des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 16.02.2009 hat die angefochtene Verfügung der Antragstellerin folgende Umstände zur Last gelegt:
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"Sie sind in der Vergangenheit wie folgt polizeilich in Erscheinung getreten:
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Bei der NPD-Veranstaltung ("Fest der Völker") am 12. September 2008 in Altenburg griff eine Gruppe aus dem linken Spektrum, in der Sie sich aufhielten, gezielt rechte Veranstaltungsteilnehmer an. Aufgrund dieses Vorfalls ist derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch in Verbindung mit Körperverletzung und Widerstand gegen Sie anhängig.
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Am 31. Dezember 2008 wurde im Rahmen einer Kundgebung vor der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim aus der Gruppe der Versammlungsteilnehmer mit Feuerwerkskörpern gegen Polizisten geschossen. Sie wurden von der Polizei in der Gruppe festgestellt. Darüber hinaus kam es durch Sie zu Widerstandshandlungen gegen die eingesetzten Polizeibeamten. Aufgrund dieses Vorfalls ist derzeit ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Gefangenenbefreiung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gegen Sie anhängig.
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Am 07. Februar 2009 fuhren Sie zusammen mit ca. 40 weiteren Personen der linken Szene in einem Bus zu Protestaktionen gegen die alljährliche NATO-Sicherheitskonferenz nach München. Bei dieser Veranstaltung wurden durch Demonstrationsteilnehmer Straftaten begangen."
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Das Polizeipräsidium hat in seinem Schreiben unter "besondere Lage" eine erhöhte Mobilisierung der linksextremistischen Szene, insbesondere durch frühzeitige Bündnistreffen gegen den NATO-Gipfel unter Beteiligung von der Szene zuzurechnenden Personen aus dem Großraum Stuttgart beschrieben und ausgeführt, es sei ein Stuttgarter Aktionsbündnis gegen die NATO gegründet worden. Zwischen diesen Personen und einem einschlägigen Internetauftritt sowie dessen Trefföffentlichkeit (eine Lokalität "Subversiv") bestehe ein enger sachlicher und räumlicher Zusammenhang. Die Lokalität werde auch von Mitgliedern der als linksextremistisch eingestuften Revolutionären Aktion Stuttgart frequentiert. Dazu gehörten auch Gründungs- und Vorstandsmitglieder des Trägervereins des "Subversiv" der Kulturkooperative Stuttgart e.V., die im Verdacht stünden, politisch motivierte Straftaten gegen Personen oder Sachen zu begehen. Das Stuttgarter Aktionsbündnis habe auch demonstrative Aktivitäten im Zusammenhang mit der NATO-Sicherheitskonferenz in München und dem NATO-Gipfel organisiert.
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Diese Umstände haben der Kammer nicht ausgereicht, um darin "bestimmte Tatsachen" im dargestellten Sinne zu erkennen. Die "polizeilichen Erkenntnisse" sind als Grundlage für eine rechtsstaatliche Gefahrenprognose vielmehr viel zu unbestimmt (vgl. dazu auch Beschluss des VGH Bad.-Württ. vom 04.04.2009, - 1 S 808/09 -) und, wie das Gericht ausführlich in dem Beschluss vom 02.04.2009 - 11 K 1217/09 - (gegenüber der Bundespolizei) ausgeführt hat, auch dann nicht als Tatsachengrundlage für Verfügungen der vorliegenden Art geeignet, wenn sie der INPOL-Datei des Bundeskriminalsamts entstammen.
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Soweit die Antragstellerin in Zusammenhang mit mehreren Straftaten gebracht wurde, werden ebenfalls keinerlei
Tatsachen
benannt, insbesondere sind die Tatumstände, die Tatzeitpunkte, der jeweilige Stand und die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen völlig offen geblieben. Zugunsten der Antragstellerin ist deshalb zu unterstellen, dass strafrechtliche Verurteilungen nicht erfolgt sind. Der Umstand, dass es nicht zu strafrechtlichen Verurteilungen gekommen ist, mindert aber die Relevanz der von der Antragsgegnerin genannten „Erkenntnisse“ für die Gefahrenprognose. Einem Restverdacht kommt im Verhältnis zu einer strafrechtlichen Verurteilung im Rahmen der Gefahrenprognose ein geringeres Gewicht zu (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 07.12.2004 aaO.). Die nicht weiter konkretisierten Hinweise im Bescheid der Antragsgegnerin zu den der Antragstellerin vorgehaltenen Straftaten konnten somit nicht hinreichend verlässlich den Schluss zulassen, dass sich die Antragstellerin selbst bereits an von Gewalt geprägten Aktionen beteiligt hatte und ihr Verhalten deshalb die Annahme rechtfertigen konnte, dass sie sich auch an gewaltgeprägten Aktionen im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel beteiligen würde.
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Soweit das Schreiben des Polizeipräsidiums schließlich unter Darstellung der besonderen Lage in Stuttgart und des hier auffällig gewordenen Personenkreises intendiert, die Antragstellerin gehöre eben diesem, als linksextremistisch eingestuften, Personenkreis an, fehlte es überhaupt an der Darstellung entsprechender Tatsachen. Das Schreiben enthält schon keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass sich die Antragstellerin selbst im "Subversiv" auch nur aufgehalten habe. Auch ist dem Schreiben keine Feststellung dahin gehend zu entnehmen, dass die Antragstellerin zu den Gründungs- oder Vorstandsmitgliedern des Trägervereins der Kulturkooperative Stuttgart e.V. oder zu sonstigen Kreisen gehört, die in dem geschilderten Zusammenhang tätig waren oder sich dort auch nur aufgehalten haben. Lediglich die - von der Antragstellerin bestrittene - Teilnahme an der Busfahrt am 07.02.2009 nach München könnte eine überhaupt bestehende Verbindung der Antragstellerin mit dem genannten und als Gewalt bereit eingestuften Personenkreis nahelegen. Aus der bloßen Teilnahme an einer Fahrt zu einer Demonstration können aber keine Tatsachen im hier geforderten Sinne geschlossen werden, selbst dann nicht, wenn später "durch Demonstrationsteilnehmer Straftaten begangen" worden sind, ohne dass diese zu einer Strafverfolgung der Antragstellerin selbst geführt haben.
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Damit lagen schon die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nicht vor und entfiel die Rechtfertigung für die Anordnungen Ziff. 1, 2 und 3. Der auf §§ 1, 3, 5, 6 49 ff PolG gestützten Anordnung Ziff. 4 kam gegenüber der Ziff. 1 keine eigenständige Bedeutung zu - die in der Verfügung vom 17.03.2009 in diesem Zusammenhang erwähnte Möglichkeit einer Meldeauflage zur Verhinderung von Straftaten im Inland entbehrt jeglicher Konkretisierung in Bezug auf die Antragstellerin -, vielmehr wurden sie auf dieselben Erwägungen gestützt und sollten der Absicherung des Ausreiseverbotes dienen. Dies ist zwar nach Auffassung des BVerwG (vgl. Urteil vom 25.07.2007, - 6 C 39/06 -, ) zur Absicherung der auch passrechtlich gesicherten Schutzgüter und mangels abschließender spezialgesetzlicher Regelungen unter Zugrundelegung der Vorschriften des jeweiligen Polizeigesetzes grundsätzlich möglich, vorliegend jedoch nicht gerechtfertigt, weil nicht von einer hinreichenden Gefahrenlage ausgegangen werden konnte.
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Damit fehlte es auch - hinsichtlich der Ziff. 2 der Anordnung - an einer vollstreckbaren Handlungspflicht, so dass auch die Androhung des unmittelbaren Zwangs in Ziff. 5 rechtswidrig war.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG; eine Reduzierung des Wertes mit Blick darauf, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz handelt, war vorliegend nicht angezeigt, da mit diesem Verfahren die Hauptsache quasi vorweggenommen wird.
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