Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Juli 2007 - 8 K 1339/06

bei uns veröffentlicht am26.07.2007

Tenor

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 08.08.2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung, dass er sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren habe.
Der Kläger wurde am ... in T./E. als estnischer Staatsangehöriger geboren. Sein leiblicher Vater starb, als er ein halbes Jahr alt war; seit November 1993 ist seine Mutter wieder verheiratet. Der Kläger wuchs gemeinsam mit einer älteren Schwester bei seiner Mutter und - seit 1993 - bei seinem Stiefvater auf. Er wurde 1991 in Estland altersentsprechend eingeschult und besuchte dort bis 1997 sechs Jahre lang die Schule. Am 07.01.1998 reiste er gemeinsam mit seiner Familie als Kontingentflüchtling nach Deutschland ein und besuchte zunächst bis Sommer 1999 in U. eine Vorbereitungsschule zur Verbesserung seiner Deutschkenntnisse. Im September 1999 wurde er in die Hauptschule eingeschult, welche er ohne Abschluss verließ. Zum Schuljahr 2001/2002 begann er ein Berufsvorbereitungsjahr, welches er im Januar 2002 abbrach, um Geld zu verdienen. Er arbeitete anschließend bei mehreren Unternehmen auf 320,00 EUR - Basis bzw. als Aushilfskraft; parallel bemühte er sich vergeblich um eine Gelegenheit, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Von September 2002 bis Februar 2003 absolvierte der Kläger bei der „A. B. U.“ einen T. -Lehrgang in der Metallwerkstatt und war im Anschluss arbeitslos. Im April 2004 erhielt er bei der S. in U., bei der er seit mehreren Jahren immer wieder auf Teilzeitbasis gearbeitet hatte, einen mündlichen Vollzeit-Arbeitsvertrag, wonach er monatlich ca. 1.200,00 EUR netto verdienen sollte; der Arbeitsvertrag wurde ihm gekündigt. Ab 08.11.2004 stand der Kläger in einer berufsvorbereitenden Maßnahme beim Kolping-Werk, welche neun Monate andauern sollte. Im Rahmen dieser Maßnahme war er ab 22.11.2004 bei der Fa. H.-M. in U. bis zum Beginn der Weihnachtsferien 2004 als Praktikant eingesetzt. Dort wurde ihm in Aussicht gestellt, im Sommer 2005 eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beginnen zu können, wozu es auf Grund der Vollstreckung der mit Urteil des AG Ulm vom 01.12.2004 verhängten Jugendstrafe nicht kam.
Der Kläger ist ledig und hat keine Kinder. Für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland war er seit dem 20.02.1998 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, welche gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgilt.
Der Kläger konsumierte seit seinem 13. Lebensjahr Drogen, wobei er zunächst Haschisch geraucht hatte. Seit Anfang 2003 hat er Heroin gespritzt; vor seiner letzten Verurteilung durch das AG Ulm am 09.03.2005 benötigte er täglich Heroin. Den Versuch einer Entgiftung ab 02.03.2005 im Zentrum für Psychiatrie B. S. brach der Kläger noch am selben Tag ab. In der Folge hatte er sich erneut um eine Entgiftung mit anschließender Therapie in B. S. bemüht, die er jedoch auf Grund der Vollstreckung der mit Urteil des AG Ulm vom 01.12.2004 verhängten Jugendstrafe nicht antreten konnte.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Kläger bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
1. Verurteilung durch das AG Ulm am 13.10.2000 (rechtskräftig seit 21.10.2000) wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit unbefugtem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tatmehrheit mit Diebstahl und Sachbeschädigung zu einem Jugendarrest von einer Woche.
2. Verurteilung durch das AG Ulm am 17.04.2002 (rechtskräftig seit 25.04.2002) wegen gemeinschaftlicher versuchter Erpressung, gemeinschaftlichen Betrugs geringwertiger Sachen, versuchten gemeinschaftlichen Betrugs geringwertiger Sachen und Hausfriedensbruchs in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
3. Verurteilung durch das AG Ulm am 09.10.2002 (rechtskräftig seit 17.10.2002) wegen Hehlerei zu einer Jugendstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; die unter Nr. 2 genannte Verurteilung wurde einbezogen.
4. Verurteilung durch das AG Ulm am 28.04.2004 (rechtskräftig seit 06.05.2004) wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Jungendstrafe von einem Jahr; die Entscheidungen unter Nr. 2 und 3 wurden einbezogen. Die Entscheidung, ob die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, wurde für die Dauer von sechs Monaten zurückgestellt.
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5. Verurteilung durch das AG Ulm am 01.12.2004 (rechtskräftig seit 09.12.2004) wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und einem Monat unter Einbeziehung der unter Nr. 2 bis 4 genannten Entscheidungen. Die Entscheidung, ob die Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, wurde erneut für die Dauer von sechs Monaten zurückgestellt. Mit Beschluss des AG Ulm vom 05.01.2005 (rechtskräftig seit 15.01.2005) wurde die Strafversetzung zur Bewährung abgelehnt. Ab 08.03.2005 wurde die Jugendstrafe vollstreckt.
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6. Verurteilung durch das AG Ulm am 09.03.2005 (rechtskräftig seit 09.03.2005) wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 105 Fällen und Diebstahls in 3 Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten; die unter 2 - 5 genannten Entscheidungen wurden einbezogen. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger kaufte im Zeitraum von September 2004 bis Anfang Januar 2005 in U. nahezu täglich in mindestens 90 Fällen jeweils ca. ½ Gramm Heroin zum Preis von jeweils 50,-- EUR. Des Weiteren erwarb er über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg bis zuletzt zum 24.11.2004 in Abständen von 2 Tagen jeweils 0,2 bis 0,3 Gramm Heroin zum Preis von jeweils 20,-- EUR und kaufte Mitte Dezember 2004 ½ Gramm braunes Heroin für 50,- EUR. In der Zeit von Ende Januar 2005 bis Mitte Februar 2005 kaufte er in Abständen von jeweils drei Tagen in U.-B. jeweils ein Briefchen braunes Heroin zum Preis von jeweils 50,- EUR. Zudem erhielt er Anfang Oktober 2004 ca. 0,3 Gramm Heroin und am 02.02.2005 ca. 0,5 Gramm Heroin und 0,5 Gramm Haschisch. Am 27.12.2004 entwendete der Kläger in einem Einkaufsmarkt in E. fünf Flaschen Whiskey der Marke Jack Daniels im Gesamtwert von 99,45 EUR, um die Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten und später als Gegenleistung für Heroin einzusetzen. Am 04.02.2005 bzw. 07.03.2005 stahl zu dem gleichen Zweck in einem Drogeriemarkt in U. Parfüme im Gesamtwert von 145,45 EUR bzw. in einem Einkaufsmarkt in U. vier Flaschen Alkoholika im Gesamtwert von 45,96 EUR.
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7. Verurteilung durch das AG Ulm am 02.03.2006 (rechtskräftig seit 02.03.2006) wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen.
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Vom 08.03.2005 bis 04.10.2005 befand sich der Kläger in Strafhaft. Mit Beschluss des AG Pforzheim vom 21.09.2005 wurde die weitere Vollstreckung der Jugendstrafe aus dem rechtskräftigen Urteil des AG Ulm vom 09.03.2005 am 04.10.2005 gem. §§ 35, 38 BtMG bis längstens 04.10.2006 zurückgestellt, da der Kläger bereit und damit einverstanden war, sich einer Behandlung in der Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige H. W., A. zu unterziehen; dort befand sich der Kläger bis 09.01.2006. Vom 15.02.2006 bis 06.08.2006 unterzog er sich einer weiteren stationären Drogentherapie beim Verein für Jugendhilfe F. S., S.. Diese Therapie musste der Kläger, nachdem er sie am 10.07.2006 regulär beendet hatte, in der Adaptionsphase wegen eines Rückfalls mit Heroin am 06.08.2006 disziplinarisch verlassen.
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Mit Beschluss des AG Ulm vom 28.09.2006 wurde die Vollstreckung eines Strafrestes von 43 Tagen aus der Verurteilung durch das AG Ulm vom 09.03.2005 gem. § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger erhielt die Auflage, eine ambulante Drogentherapie bei der Therapieeinrichtung R. S. e.V. aufzunehmen, sobald er von dort eine entsprechende Aufnahmezusage erhalte; er dürfe keinen schuldhaften Anlass setzen, dass die ambulante Therapie vorzeitig abgebrochen werde.
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Mit Schreiben vom 06.12.2005 hörte der Beklagte den Kläger zu einer möglichen Feststellung des Verlustes seines Freizügigkeitsrechts und einer möglichen Abschiebung in seinen Heimatstaat an. Daraufhin nahm der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2005 Stellung: Er lebe seit dem 08.03.2005 drogenfrei. Vom 28.08.2005 bis 01.10.2005 habe er in der JVA einen Hauptschullehrgang besucht, den er wegen Verlegung in ein Drogentherapiezentrum habe abbrechen müssen. In der JVA habe er einen „Kulturkurs“ besucht und Gitarrenunterricht genommen; zudem habe er viel gelesen und seien seine Deutschkenntnisse gut. Insgesamt habe er erhebliche Fortschritte gemacht und wolle nun einen Beruf erlernen. All diese Umstände deuteten daraufhin, dass nun eine Wendung in seinem Leben eingetreten sei.
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Mit Verfügung vom 08.08.2006 - zugestellt am 19.08.2006 - stellte der Beklagte fest, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt hinsichtlich der Bundesrepublik Deutschland verloren habe (Nr. 1), und drohte ihm die Abschiebung nach Estland an (Nr. 2). Die Wirkung der Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wurde unter der Bedingung der weiteren Straffreiheit sowie eines Nachweises, dass eine Drogenabhängigkeit nicht mehr bestehe, ab dem Zeitpunkt der Ausreise auf drei Jahre und sieben Monate befristet (Nr. 3).
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Der Beklagte ging davon aus, dass der Kläger als Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 FreizügG/EU sei und ihm deshalb der besondere europarechtliche Schutz vor Ausweisung (§§ 6 ff. FreizügG/EU) zur Seite stehe. Mit seiner rechtskräftigen Verurteilung durch das AG Ulm vom 09.03.2005 habe der Kläger schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne von § 6 Abs. 1 FreizügG/EU verwirklicht. § 6 Abs. 3 FreizügG/EU greife im Falle des Klägers nicht ein. Zwar halte er sich seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet auf, jedoch sei er durch den Beitritt Estlands zur Europäischen Union erst seit Mai 2004 freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger. § 6 Abs. 3 FreizügG/EU setzte einen mehr als 5-jährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Freizügigkeit, d. h. als freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger, voraus.
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Die der Verurteilung des Klägers zugrundeliegenden Straftaten wögen schwer. Seit Jahren begehe der Kläger in regelmäßigen zeitlichen Abständen immer wieder Straftaten, die jedenfalls zum Teil dem Bereich der mittleren bis schweren Kriminalität zuzuordnen seien. Die gegen ihn verhängten strafrechtlichen Sanktionen hätten ihn nicht zu einem rechtstreuen Leben anhalten können. Es werde nicht verkannt, dass er erstmals inhaftiert sei. Allerdings sei der Kläger selbst während der Zurückstellung der Entscheidung über seine Bewährung sowie während des gegen ihn laufenden Ausweisungsverfahrens und seiner Inhaftierung erneut straffällig geworden. Darüber hinaus sei ein zentrales Motiv für seine in den letzten beiden Jahren begangenen Straftaten seine seit 2003 bestehende Heroinsucht, die er gegenwärtig nicht erfolgreich bewältigt habe. Die mittlerweile angetretene stationäre Langzeitdrogentherapie sei, obgleich ein erfreulicher erster Ansatz, kein Beleg dafür. Angesichts der schweren Drogenabhängigkeit und der damit verbundenen hohen Rückfallwahrscheinlichkeit könne erst einige Zeit nach erfolgreichem Abschluss einer Therapie und entsprechender Bewährung davon ausgegangen werden, dass keine weiteren Straftaten drohten. Nach alledem sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger auch künftig schwerwiegende Straftaten begehe. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Anzahl, Art und Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten und die dargelegte qualifizierte konkrete Gefahr erneuter Straftaten auch „besonders schwerwiegende Gründe“ im Sinne von § 6 Abs. 3 FreizügG/EU vorlägen.
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Im Rahmen der danach zu treffenden Ermessensentscheidung überwiege das öffentliche Interesse an einer Ausweisung die privaten Belange des Klägers an einem weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei werde berücksichtigt, dass er sich mehrere Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe und hier auch verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen sei. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration habe jedoch nicht stattgefunden. Auch werde gesehen, dass im Fall des Klägers soziale Bindungen bestünden. Allerdings komme einer Begegnungsgemeinschaft zwischen Eltern und erwachsenen Kindern kein überragendes Gewicht zu. Schließlich habe auch das soziale Umfeld den Kläger nicht davon abhalten können, schwere Straftaten zu begehen. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehe der Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts nicht entgegen. Obwohl der Kläger seit etwa sieben Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebe, habe er doch den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Heimatland Estland verbracht, sei dort aufgewachsen und habe sechs Jahre lang die Schule besucht. Es sei demnach anzunehmen, dass er mit den dortigen soziokulturellen Begebenheiten vertraut sei und die estnische Sprache zumindest rudimentär beherrsche bzw. eine Integration auch mit seinen vorhandenen russischen Sprachkenntnissen möglich sein werde. Auch bestünden durch seine in Estland lebenden Großeltern noch Kontakte in das Heimatland, welche der Kläger zumindest als erste Anlaufstelle nutzen könne. Nicht zuletzt auch wegen seines relativ jungen Lebensalters sei daher davon auszugehen, dass eine Rückkehr nach Estland nicht mit unzumutbaren Belastungen verbunden sei und er sich in absehbarer Zeit in die Verhältnisse seines Heimatlandes einfinden könne. Auch Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung seien nicht zu erkennen. Insbesondere werde davon ausgegangen, dass die Drogensucht des Klägers auch in Estland adäquat behandelt werden könne.
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Die Ausweisung verstoße nicht gegen Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK. Zwar stelle sie einen Eingriff in das Privatleben des Klägers im Sinne von Art. 8 EMRK dar; jedoch sei dieser im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
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Bei der Festsetzung der Sperrfrist habe das Regierungspräsidium die persönlichen Interessen des Klägers einerseits und die Wiederholungsgefahr andererseits gegeneinander abgewogen und ins Verhältnis gesetzt. Danach werde eine Sperrfrist von drei Jahren und sieben Monaten für angemessen, aber auch für zumutbar gehalten.
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Hiergegen hat der Kläger am 31.08.2006 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Zur Begründung wird geltend gemacht, dass weder die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 noch des § 6 Abs. 3 FreizügG/EU vorlägen. Die in der Vergangenheit vom Kläger begangenen Straftaten resultierten ausschließlich aus seiner Drogensucht. Es handele sich nahezu ausschließlich um Beschaffungsdelikte, die dadurch gekennzeichnet seien, dass der Schaden im Einzelfall gering gewesen sei, und dass der Beutewert ausschließlich der Ermöglichung des Eigenverbrauchs von Betäubungsmitteln gedient habe. Erstmals aufgrund des Urteils des AG Ulm vom 09.03.2005 sei der Kläger in Strafhaft genommen worden. Bisher seien noch keine Erfahrungen dahingehend gemacht worden, wie der Kläger auf eine längere Inhaftierung, verbunden mit einer Therapierung seiner Drogensucht reagiere. Auf keinen Fall könne davon gesprochen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Wiederaufnahme seiner mit der Drogensucht verbundenen kriminellen Aktivitäten hoch oder auch nur beachtlich sei. Dies gelte auch für die gegen ihn nach der Inhaftierung verhängte Geldstrafe. Zu berücksichtigen sei, dass die Falschaussage am 19.07.2005, also erst wenige Monate nach seiner Inhaftierung und einige Monate vor seiner Einweisung in die Therapieanstalt, erfolgt sei. Ganz offensichtlich hänge die Verurteilung mit seiner früheren Einbindung in die Drogenszene zusammen. Werde diese Verbindung unterbrochen, sei auch nicht zu befürchten, dass der Kläger derartige Straftaten weiter begehen werde. Im ungünstigsten Falle könne es als völlig offen brachtet werden, ob der Kläger wieder straffällig werde. Es bestehe bei ihm sogar die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass die jetzt gegen ihn gerichteten harten und ihm persönliche Entbehrung abverlangenden Maßnahmen (Strafhaft, Therapieeinrichtung) behilflich sein werden, von seinem bisherigen Lebensweg wieder wegzukommen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung müsse zudem angemessen berücksichtigt werden, dass der Kläger als 12-jähriger nach Deutschland übergesiedelt sei und über keine relevanten familiären Verbindungen in sein Heimatland Estland verfüge. Er beherrsche die (neue) Sprache seines Herkunftslandes nicht. Relevante Verwandte, die ihm in der Anfangsphase helfen könnten, seien dort nicht vorhanden. Auch unterhalte der Kläger eine feste Beziehung zu einer Freundin in Deutschland und wohne mit dieser zusammen. Er beabsichtige sie zu heiraten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger weit mehr als fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, so dass der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU eröffnet sei. Besonders schwerwiegende Gründe im Sinne dieser Vorschrift seien nicht erkennbar.
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Mit Schriftsatz vom 29.06.2004 trägt der Kläger ergänzend vor, dass er vom 12.03.2007 bis 18.05.2007 bei der Fa. P. in S. in Vollzeit beschäftigt gewesen sei. Seit zwei Monaten arbeite er bei der T. Z. G., I.. Einmal monatlich mache er eine freiwillige ambulante Drogentherapie beim R. S. e.V.. Der Kontakt zu Mutter und Schwester sei sehr gut, der Kläger habe sich in seiner Lebenssituation spürbar gefangen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 26.07.2006 hat der Kläger auf Befragen angegeben: Er habe in S. gemeinsam mit seiner Freundin eine Wohnung gemietet. Seit 25.07.2007 arbeite er nicht mehr bei der T. Z. G., sondern einem anderen Zeitarbeitsunternehmen, weil er dort mehr Geld bekomme; Sozialleistungen beziehe er nicht. Die Falschaussage am 19.07.2005 habe er gemacht, weil er davon ausgegangen sei, dass der Begünstigte, Herr I., Beziehungen zu Personen in der JVA gehabt habe; er habe Angst gehabt, dort misshandelt zu werden. Zum Rückfall mit Heroin im August 2006 sei es gekommen, weil es in seiner Gruppe beim Verein für Jugendhilfe F. S., S. Leute gegeben habe, die Drogen genommen hätten. Er habe nicht nachgedacht und dies auch getan. Danach habe er sich jedoch gesagt, dass nicht alles umsonst gewesen sein soll. Er sei deshalb bewusst nicht nach U. zurückgegangen. Die Substitutionsbehandlung habe er auf Anraten seines Beraters beim R. S. e.V. begonnen, damit er nicht wieder „auf Heroin komme“. Die Behandlung helfe ihm, gebe ihm Kraft und unterdrücke sein Verlangen nach Heroin. Er müsse für ein halbes Jahr jeden Tag nach der Arbeit zum Arzt gehen und erhalte dort jeweils 1 Tablette; später solle es so sein, dass ihm ein Vorrat für sieben Tage mitgegeben werde. Er hoffe, dass er irgendwann einmal ohne das Medikament auskommen werde; zurzeit erfolge in Abstimmung mit dem Arzt eine „Runterdosierung“. Ihm sei bewusst, dass der Suchtdruck ohne die Behandlung wiederkommen könne. Jedoch lebe er jetzt in einem neuen Umfeld in Stuttgart ohne Drogen und arbeite regelmäßig. Früher sei es so gewesen, dass ihn die harten Drogen bei seinen Bemühungen, eine Ausbildung zu absolvieren, ausgebremst hätten.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 08.08.2006 aufzuheben.
27 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
29 
Zur Begründung nimmt sie auf den angefochtenen Bescheid Bezug. Ergänzend wird vorgebracht, dass weder die Aussetzung des Strafrechts zur Bewährung noch die vom Kläger beabsichtigte Heirat oder das von ihm aufgenommene Praktikum bei einem Baubetrieb geeignet seien, die von ihm ausgehende Gefahr erneuter schwerer Straftaten derart zu mindern oder gar in Wegfall zu bringen, da sich die Verlustfeststellung als unverhältnismäßig erweisen würde. Auch unter Einbeziehung dieser Umstände in die zu treffende Ermessensentscheidung falle diese angesichts der überwiegenden öffentlichen Interesses zu Lasten des Klägers aus.
30 
Der Kammer liegen die Behördenakten des Beklagten sowie die Ausländerakte der Stadtverwaltung Ulm vor; hierauf wird hinsichtlich des weiteren Sachverhalts Bezug genommen. Bezüglich des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 08.08.2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
32 
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, welcher das auf Gemeinschaftsrecht bzw. deutschem Recht beruhende Recht des Klägers auf Einreise nach und Aufenthalt in Deutschland betrifft, ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen, da der Kläger freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger ist (vgl. EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-482/01 u. C-493/01, Orfanopoulos u. Olivieri -, NVwZ 2004, 1099; BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 -, BVerwGE 121, 297).
33 
Der Kläger kann die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte geltend machen, nachdem die Republik Estland durch Vertrag vom 16.04.2003 (BGBl. II S. 1408) mit Wirkung vom 01.05.2004 der Europäischen Union beigetreten ist. Er ist auch gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU - vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Dies ergibt sich zum einen aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, da der Kläger ordnungsgemäß als Arbeitnehmer im Sinne von Art. 39 EG (vgl. zu den Voraussetzungen EuGH, Urt. v. 06.11.2003 - C-413/01, Ninni Orasche -, Rn. 23 ff., EuZW 2004, 117) bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt ist. Dem steht nicht entgegen, dass nach Art. 24 des Vertrages vom 16.04.2003 i. V. m. Anhang VI hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit „abweichende Regelungen“ im Sinne von § 13 FreizügG/EU vorgesehen sind; der Kläger ist von diesen Einschränkungen nicht erfasst, da er zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Estland zur Europäischen Union im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war und bereits deshalb uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hatte (vgl. § 284 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a. F.). Zum anderen kann sich der Kläger, der über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügt, (jedenfalls) auf eine Freizügigkeitsberechtigung als nicht erwerbstätiger Unionsbürger gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 4 Satz 1 FreizügG/EU berufen (vgl. hierzu VG Sigmaringen, Urt. v. 19.09.2006 - 7 K 1190/05 -, Juris; ferner EuGH, Urt. v. 07.09.2004 - C-456/02, Trojani -, Rn. 30 ff. zum zugrunde liegenden Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EG). Die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung des Klägers steht zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit.
34 
Das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - hat die Feststellung des Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU auf § 6 Abs. 1 FreizügG/EU gestützt. Danach kann der Verlust des Rechts freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger auf Einreise nach und Aufenthalt in Deutschland aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit festgestellt werden. Dabei genügt die Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung für sich allein nicht, um einen Verlust der genannten Rechte festzustellen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU); erforderlich ist vielmehr, dass auf Grund des persönlichen Verhaltens des Betroffenen eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegt, wobei es sich um eine tatsächliche und hinreichend schwere, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefährdung handeln muss (§ 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FreizügG/EU; vgl. hierzu im einzelnen BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.). Nach ständigem rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als fünf Jahren Dauer kann die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nur noch aus besonders schwerwiegenden Gründen getroffen werden (§ 6 Abs. 3 FreizügG/EU).
35 
Diese Voraussetzungen sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht erfüllt. Die Feststellung des Verlusts seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt verstößt gegen § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Der Kläger kann sich auf diese Vorschrift berufen (1.), welche durch die angefochtene Verfügung verletzt wird (2.).
36 
1. Der Kläger kann sich auf die Privilegierung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU berufen, da er sich mehr als fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dem steht nicht entgegen, dass er eine gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung vor dem Beitritt der Republik Estland zur Europäischen Union am 01.05.2004 (noch) nicht geltend machen konnte.
37 
Entgegen der Auffassung des Beklagten setzt § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht voraus, dass der mehr als fünfjährige ständige Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts rechtmäßig gewesen ist. Ein solches (einschränkendes) Erfordernis einer qualifizierten Rechtmäßigkeit lässt sich bereits dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnehmen; denn § 6 Abs. 3 FreizügG/EU verlangt - ebenso wie § 2 Abs. 5 FreizügG/EU für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts - lediglich, dass der ständige Aufenthalt im Bundesgebiet „rechtmäßig“ gewesen ist. Für die Auslösung der Rechtsfolgen des § 6 Abs. 3 FreizügG/EU bereits bei (schlichter) Rechtmäßigkeit des ständigen Aufenthalts streiten überdies systematische Erwägungen. Zunächst vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass der Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts im FreizügG/EU anders zu verstehen sein sollte als im zeitgleich in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz (siehe etwa §§ 4 Abs. 1, 51, 56 Abs. 1 Nrn. 1 - 3, 81 Abs. 3 AufenthG); ein dahingehender Wille des Gesetzgebers lässt sich insbesondere den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/420, S. 103, 105) nicht entnehmen. Weiterhin ist auffällig, dass der Gesetzgeber dort, wo es auf die „gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung“ ankommen soll, diesen Begriff auch ausdrücklich verwendet hat (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU). Hätte er für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. des gesteigerten Schutzes vor Aufenthaltsbeendigung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nur solche Zeiten ständigen Aufenthalts zählen lassen wollen, in denen der Unionsbürger auch gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt war, hätte es daher nahe gelegen, eine entsprechende Formulierung auch in diese Vorschriften aufzunehmen; dies ist nicht geschehen. Im Gegenteil werden in § 2 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU die Begriffe „rechtmäßiger Aufenthalt“ und „Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen“ sogar explizit nebeneinander gestellt. Auch dies spricht gegen die Annahme des Beklagten, „rechtmäßig“ im Sinne der Vorschrift sei nur der ständige Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts. Eine derartige Auslegung lässt sich schließlich mit dem Sinn und Zweck der §§ 2 Abs. 5 und 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht vereinbaren. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/420, S. 103) berücksichtigen beide Bestimmungen die mit der Dauer des Aufenthalts regelmäßig stärker werdenden Bindungen des Unionsbürgers im Aufnahmemitgliedsstaat. Hierfür ist neben der sozialen und wirtschaftlichen Integration die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts das entscheidende Kriterium, ohne dass hieran weitere qualifizierende Voraussetzungen geknüpft würden, diese insbesondere mit einer ständigen gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung einhergehen müsste. Nach der Gesetzesbegründung sind dem entsprechend für die Einräumung des Daueraufenthaltsrechts unabhängig vom (weiteren) Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU sowie des gesteigerten Schutzes vor Aufenthaltsbeendigung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU maßgeblich die „zunehmende Integration in Deutschland und die mit dem Zeitablauf regelmäßig schwächer werdenden Bindungen und Reintegrationsmöglichkeiten im Herkunftsland … nach längerem,rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet“; das FreizügG/EU gehe insoweit „deutlich über die gegenwärtigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus“. Rechtsmäßig im Sinne von § 6 Abs. 3 FreizügG/EU ist danach nicht nur der Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts, sondern jeder Aufenthalt, der entweder nach dem FreizügG/EU (früher: Aufenthaltsgesetz/EWG) oder nach dem AufenthG (früher: AuslG) erlaubt war bzw. ist (ebenso Groß, ZAR 2005, 81, 83; Ergänzende Hinweise des baden-württembergischen Innenministeriums zu Nr. 2.5.5 VAH-FreizügG/EU).
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Der Kläger hat sich seit mehr als fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Er war seit dem 20.02.1998 durchweg im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, welche gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fort gilt. Aktuell ist der Aufenthalt des Klägers nach dem FreizügG/EU rechtmäßig, da die Ausreisepflicht eines Unionsbürgers gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erst mit der Unanfechtbarkeit der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt entsteht (vgl. Hoppe, HTK-AuslR / § 2 FreizügG/EU / zu Abs. 5 11/2006 Nr. 3.4).
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2. Die angefochtene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt verletzt § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Danach darf der Aufenthalt des Klägers nur noch aus besonders schwerwiegenden Gründen beendet werden; solche Gründe liegen nicht vor.
40 
Der Begriff des „besonders schwerwiegenden Grundes“ wurde durch das Zuwanderungsgesetz in das deutsche Ausländerrecht neu aufgenommen, ohne eine Definition oder nähere Erläuterung zu erhalten. Wie bereits die gegenüber § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG abweichende Formulierung zeigt, ist er nicht identisch mit dem „schwerwiegenden Grund“, der eine Ausweisung eines Nichtunionsbürgers trotz bestehenden besonderen Ausweisungsschutzes zulässt (ebenso Hoppe, HTK-AuslR / § 6 FreizügG/EU / Einzelerläuterungen 05/2005 Nr. 6.1); auf die hierzu ergangene Rechtsprechung kann deshalb zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nicht zurückgegriffen werden. Anknüpfungspunkt für eine Begriffsbestimmung bilden deshalb allein die allgemeinen Anforderungen an die Aufenthaltsbeendigung eines Unionsbürgers nach § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU; diese werden durch § 6 Abs. 3 FreizügG/EU qualifiziert. Dies bedeutet zunächst, dass noch höhere Anforderungen an die Gegenwärtigkeit der Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu stellen sind, als dies die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt ohnehin schon erfordert. Im Gegensatz zu § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU reicht es danach nicht mehr aus, dass (abstrakt) eine hinreichende, unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts differenzierende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Unionsbürger künftig die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EG beeinträchtigen wird (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.); notwendig ist vielmehr, dass von Seiten des Unionsbürgers die konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgeht. Diese Gefahr muss weiterhin ein Grundinteresse der Gesellschaft in qualifizierter Art und Weise beeinträchtigen. Es genügt daher nicht mehr, dass die Begehung einer mindestens der mittelschweren Kriminalität zuzurechnenden Straftat konkret droht. Bei der konkret zu befürchtenden Straftat muss es sich entweder um ein Verbrechen oder eine Straftat handeln, die der Gesetzgeber zwar als Vergehen sanktioniert hat, die jedoch - wie z. B. das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - geeignet ist, über den einzelnen Fall hinaus negative Folgen für die Gesellschaft herbeizuführen; im letztgenannten Fall eines wie beschrieben „qualifizierten“ Vergehens ist eine erhebliche Schwere der drohenden Tat zu fordern (vgl. zu Ganzen Hoppe, HTK-AuslR / § 6 FreizügG/EU / Einzelerläuterungen 05/2005 Nr. 6.1). Nach der Gesetzesbegründung sollen dem entsprechend „besonders schwerwiegende Gründe“ anzunehmen sein, wenn der Betroffene wegen eines einzelnen Delikts rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die Wiederholung von Verbrechen oder besonders schweren Vergehen droht (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 105).
41 
Nach diesen Maßstäben liegen im Falle des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine besonders schwerwiegenden Gründe vor, welche eine Feststellung des Verlusts seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt rechtfertigen. Die von ihm begangenen, am 09.03.2005 abgeurteilten Straftaten stellen bei Würdigung aller konkreter Umstände, insbesondere von Art, Schwere und Häufigkeit, zwar Taten von nicht nur unerheblichem Gewicht dar, wenngleich zu berücksichtigen ist, dass sowohl der unerlaubte Erwerb von Betäubungsmitteln in 105 Fällen als auch die drei Diebstahlstaten ausschließlich auf die damalige Heroinsucht des Klägers zurückgehen. Ebenso ist sich die Kammer bewusst, dass der Kläger nach seiner Inhaftierung am 08.03.2005 erneut straffällig geworden ist, indem er am 19.07.2005 vor Gericht als Zeuge zugunsten seines früheren Drogenhändlers uneidlich falsch ausgesagt hat. Trotz der absolvierten Rehabilitationsbehandlung in A. (04.10.2005 bis 09.01.2006), der stationären Drogentherapie in S. (15.02.2006 bis 06.08.2006) und der aktuellen Betreuung durch den R. S. e.V. kann auch eine gewisse Rückfallwahrscheinlichkeit und damit die (abstrakte) Gefahr weiterer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht ausgeschlossen werden; dies zeigt insbesondere der Vorfall vom 06.08.2006 in der Adaptionsphase, infolge dessen der Kläger die Therapiemaßnahme in S. beenden musste. All diese Umstände lassen jedoch den Schluss auf das Vorliegen besonders schwerwiegender Gründe im Sinne des § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht zu. Der Kläger ist nicht wegen einer einzelnen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden, sondern wegen einer Vielzahl von Delikten lediglich zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Kammer vermag auch nicht festzustellen, dass die Begehung eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens durch ihn konkret droht. Nach der maßgeblichen gegenwärtigen Sachlage liegt bereits eine konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten nicht vor. Der Kläger ist seit der Zurückstellung der weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe am 04.10.2005 nicht erneut straffällig geworden. Er hat zunächst eine Rehabilitationsbehandlung und im Anschluss eine stationäre Drogentherapie durchgeführt. Letztere musste er zwar wegen eines Rückfalls mit Heroin am 06.08.2006 disziplinarisch verlassen; jedoch hat er sich im unmittelbaren Anschluss an eine ambulante Drogenberatung bei der Einrichtung C. xx des C. S. e.V. gewandt und Kontakt zur Beratung und Hilfe bei Drogenproblemen R. S. e.V. aufgenommen. Seit 22.01.2007 befindet er sich beim R. S. e.V. in regelmäßiger Betreuung. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Betreuers, Herrn S.-Q., vom 18.07.2007 wird die dem Kläger gewährte Unterstützung bei der Lebensgestaltung von diesem gut angenommen. Ausdruck dessen ist zum einen, dass er seit geraumer Zeit - zusammen mit seiner Freundin - eine eigene Wohnung hat und seit Mitte März 2007 einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht. Zum zweiten hat er sich auf Anraten seines Betreuers am 19.06.2007 in eine Substitutionsbehandlung begeben, die den Suchtdruck von ihm nehmen soll und - nach den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung - auch tatsächlich nimmt. Dass es ihm damit ernst ist, nicht wieder „auf Heroin zu kommen“, nimmt die Kammer dem Kläger auf Grund des in der ausführlichen informatorischen Befragung gewonnenen tatrichterlichen Eindrucks ab. Insbesondere hat er sich glaubhaft aus seinem früheren kriminogenen Umfeld in U. gelöst und seine Bereitschaft erklärt, zusätzlich zur ohnehin bis September 2009 bestehenden Bewährungszeit wegen der Aussetzung des Strafrestes nach § 36 BtMG einen „ausländerrechtlichen Bewährungsvergleich“ zu schließen, der (mindestens bis 31.12.2008) im Falle einer erneuten Straffälligkeit nach dem BtMG den sofortigen Verlust seiner gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechte vorsah. Bei Würdigung dieser Umstände lässt sich derzeit nicht feststellen, dass durch den Kläger die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten, insbesondere des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und von Beschaffungsdelikten, konkret drohen würde. Darüber hinaus hat sich der Kläger in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens schuldig gemacht. Insbesondere hat er nicht den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zuwider ohne Erlaubnis Betäubungsmittel angebaut, hergestellt, eingeführt, durchgeführt oder ausgeführt, veräußert, an einen anderen abgegeben oder in sonstiger Weise in Verkehr gebracht oder mit ihnen gehandelt bzw. zu einer solchen Handlung angestiftet oder Beihilfe geleistet (vgl. § 54 Nr. 3 AufenthG, wo der Gesetzgeber dieses für die Allgemeinheit gefährliche Verhalten als Regelausweisungsgrund qualifiziert). Die Kammer vermag daher auch nicht festzustellen, dass der Kläger in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen oder ein wie vorstehend beschriebenes „qualifiziertes“ Vergehen begehen, insbesondere dass er mit Betäubungsmitteln handeln werde.
42 
Da die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt bereits gegen § 6 Abs. 3 FreizügG/EU verstößt, bedarf keiner Entscheidung, ob das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Klägers dessen privates Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt, insbesondere ob die Verlustfeststellung mit seinen Grundrechten und seinem Recht auf Privatleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vereinbar ist (vgl. zu den Anforderungen BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.).
43 
Hat der Kläger mithin sein Recht auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nicht verloren, erweisen sich die gegen ihn verfügte Abschiebungsandrohung und die Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 3 bzw. § 7 Abs. 2 FreizügG/EU ebenfalls als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid unterliegt daher auch insoweit der Aufhebung.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
45 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gem. § 124a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

Gründe

 
31 
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 08.08.2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
32 
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, welcher das auf Gemeinschaftsrecht bzw. deutschem Recht beruhende Recht des Klägers auf Einreise nach und Aufenthalt in Deutschland betrifft, ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen, da der Kläger freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger ist (vgl. EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-482/01 u. C-493/01, Orfanopoulos u. Olivieri -, NVwZ 2004, 1099; BVerwG, Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 -, BVerwGE 121, 297).
33 
Der Kläger kann die mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte geltend machen, nachdem die Republik Estland durch Vertrag vom 16.04.2003 (BGBl. II S. 1408) mit Wirkung vom 01.05.2004 der Europäischen Union beigetreten ist. Er ist auch gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt im Sinne von § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU - vom 30.07.2004 (BGBl. I S. 1950). Dies ergibt sich zum einen aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, da der Kläger ordnungsgemäß als Arbeitnehmer im Sinne von Art. 39 EG (vgl. zu den Voraussetzungen EuGH, Urt. v. 06.11.2003 - C-413/01, Ninni Orasche -, Rn. 23 ff., EuZW 2004, 117) bei einem Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt ist. Dem steht nicht entgegen, dass nach Art. 24 des Vertrages vom 16.04.2003 i. V. m. Anhang VI hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit „abweichende Regelungen“ im Sinne von § 13 FreizügG/EU vorgesehen sind; der Kläger ist von diesen Einschränkungen nicht erfasst, da er zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Estland zur Europäischen Union im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war und bereits deshalb uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hatte (vgl. § 284 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a. F.). Zum anderen kann sich der Kläger, der über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügt, (jedenfalls) auf eine Freizügigkeitsberechtigung als nicht erwerbstätiger Unionsbürger gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 4 Satz 1 FreizügG/EU berufen (vgl. hierzu VG Sigmaringen, Urt. v. 19.09.2006 - 7 K 1190/05 -, Juris; ferner EuGH, Urt. v. 07.09.2004 - C-456/02, Trojani -, Rn. 30 ff. zum zugrunde liegenden Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EG). Die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung des Klägers steht zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit.
34 
Das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - hat die Feststellung des Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU auf § 6 Abs. 1 FreizügG/EU gestützt. Danach kann der Verlust des Rechts freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger auf Einreise nach und Aufenthalt in Deutschland aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit festgestellt werden. Dabei genügt die Tatsache einer strafgerichtlichen Verurteilung für sich allein nicht, um einen Verlust der genannten Rechte festzustellen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU); erforderlich ist vielmehr, dass auf Grund des persönlichen Verhaltens des Betroffenen eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegt, wobei es sich um eine tatsächliche und hinreichend schwere, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefährdung handeln muss (§ 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FreizügG/EU; vgl. hierzu im einzelnen BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.). Nach ständigem rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als fünf Jahren Dauer kann die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nur noch aus besonders schwerwiegenden Gründen getroffen werden (§ 6 Abs. 3 FreizügG/EU).
35 
Diese Voraussetzungen sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht erfüllt. Die Feststellung des Verlusts seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt verstößt gegen § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Der Kläger kann sich auf diese Vorschrift berufen (1.), welche durch die angefochtene Verfügung verletzt wird (2.).
36 
1. Der Kläger kann sich auf die Privilegierung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU berufen, da er sich mehr als fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dem steht nicht entgegen, dass er eine gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung vor dem Beitritt der Republik Estland zur Europäischen Union am 01.05.2004 (noch) nicht geltend machen konnte.
37 
Entgegen der Auffassung des Beklagten setzt § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht voraus, dass der mehr als fünfjährige ständige Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts rechtmäßig gewesen ist. Ein solches (einschränkendes) Erfordernis einer qualifizierten Rechtmäßigkeit lässt sich bereits dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnehmen; denn § 6 Abs. 3 FreizügG/EU verlangt - ebenso wie § 2 Abs. 5 FreizügG/EU für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts - lediglich, dass der ständige Aufenthalt im Bundesgebiet „rechtmäßig“ gewesen ist. Für die Auslösung der Rechtsfolgen des § 6 Abs. 3 FreizügG/EU bereits bei (schlichter) Rechtmäßigkeit des ständigen Aufenthalts streiten überdies systematische Erwägungen. Zunächst vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass der Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts im FreizügG/EU anders zu verstehen sein sollte als im zeitgleich in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz (siehe etwa §§ 4 Abs. 1, 51, 56 Abs. 1 Nrn. 1 - 3, 81 Abs. 3 AufenthG); ein dahingehender Wille des Gesetzgebers lässt sich insbesondere den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/420, S. 103, 105) nicht entnehmen. Weiterhin ist auffällig, dass der Gesetzgeber dort, wo es auf die „gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung“ ankommen soll, diesen Begriff auch ausdrücklich verwendet hat (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU). Hätte er für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. des gesteigerten Schutzes vor Aufenthaltsbeendigung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nur solche Zeiten ständigen Aufenthalts zählen lassen wollen, in denen der Unionsbürger auch gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt war, hätte es daher nahe gelegen, eine entsprechende Formulierung auch in diese Vorschriften aufzunehmen; dies ist nicht geschehen. Im Gegenteil werden in § 2 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU die Begriffe „rechtmäßiger Aufenthalt“ und „Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen“ sogar explizit nebeneinander gestellt. Auch dies spricht gegen die Annahme des Beklagten, „rechtmäßig“ im Sinne der Vorschrift sei nur der ständige Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts. Eine derartige Auslegung lässt sich schließlich mit dem Sinn und Zweck der §§ 2 Abs. 5 und 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht vereinbaren. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/420, S. 103) berücksichtigen beide Bestimmungen die mit der Dauer des Aufenthalts regelmäßig stärker werdenden Bindungen des Unionsbürgers im Aufnahmemitgliedsstaat. Hierfür ist neben der sozialen und wirtschaftlichen Integration die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts das entscheidende Kriterium, ohne dass hieran weitere qualifizierende Voraussetzungen geknüpft würden, diese insbesondere mit einer ständigen gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung einhergehen müsste. Nach der Gesetzesbegründung sind dem entsprechend für die Einräumung des Daueraufenthaltsrechts unabhängig vom (weiteren) Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU sowie des gesteigerten Schutzes vor Aufenthaltsbeendigung nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU maßgeblich die „zunehmende Integration in Deutschland und die mit dem Zeitablauf regelmäßig schwächer werdenden Bindungen und Reintegrationsmöglichkeiten im Herkunftsland … nach längerem,rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet“; das FreizügG/EU gehe insoweit „deutlich über die gegenwärtigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus“. Rechtsmäßig im Sinne von § 6 Abs. 3 FreizügG/EU ist danach nicht nur der Aufenthalt auf Grundlage des Freizügigkeitsrechts, sondern jeder Aufenthalt, der entweder nach dem FreizügG/EU (früher: Aufenthaltsgesetz/EWG) oder nach dem AufenthG (früher: AuslG) erlaubt war bzw. ist (ebenso Groß, ZAR 2005, 81, 83; Ergänzende Hinweise des baden-württembergischen Innenministeriums zu Nr. 2.5.5 VAH-FreizügG/EU).
38 
Der Kläger hat sich seit mehr als fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Er war seit dem 20.02.1998 durchweg im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, welche gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fort gilt. Aktuell ist der Aufenthalt des Klägers nach dem FreizügG/EU rechtmäßig, da die Ausreisepflicht eines Unionsbürgers gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erst mit der Unanfechtbarkeit der Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt entsteht (vgl. Hoppe, HTK-AuslR / § 2 FreizügG/EU / zu Abs. 5 11/2006 Nr. 3.4).
39 
2. Die angefochtene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt verletzt § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Danach darf der Aufenthalt des Klägers nur noch aus besonders schwerwiegenden Gründen beendet werden; solche Gründe liegen nicht vor.
40 
Der Begriff des „besonders schwerwiegenden Grundes“ wurde durch das Zuwanderungsgesetz in das deutsche Ausländerrecht neu aufgenommen, ohne eine Definition oder nähere Erläuterung zu erhalten. Wie bereits die gegenüber § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG abweichende Formulierung zeigt, ist er nicht identisch mit dem „schwerwiegenden Grund“, der eine Ausweisung eines Nichtunionsbürgers trotz bestehenden besonderen Ausweisungsschutzes zulässt (ebenso Hoppe, HTK-AuslR / § 6 FreizügG/EU / Einzelerläuterungen 05/2005 Nr. 6.1); auf die hierzu ergangene Rechtsprechung kann deshalb zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nicht zurückgegriffen werden. Anknüpfungspunkt für eine Begriffsbestimmung bilden deshalb allein die allgemeinen Anforderungen an die Aufenthaltsbeendigung eines Unionsbürgers nach § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU; diese werden durch § 6 Abs. 3 FreizügG/EU qualifiziert. Dies bedeutet zunächst, dass noch höhere Anforderungen an die Gegenwärtigkeit der Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu stellen sind, als dies die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt ohnehin schon erfordert. Im Gegensatz zu § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU reicht es danach nicht mehr aus, dass (abstrakt) eine hinreichende, unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts differenzierende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Unionsbürger künftig die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EG beeinträchtigen wird (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.); notwendig ist vielmehr, dass von Seiten des Unionsbürgers die konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgeht. Diese Gefahr muss weiterhin ein Grundinteresse der Gesellschaft in qualifizierter Art und Weise beeinträchtigen. Es genügt daher nicht mehr, dass die Begehung einer mindestens der mittelschweren Kriminalität zuzurechnenden Straftat konkret droht. Bei der konkret zu befürchtenden Straftat muss es sich entweder um ein Verbrechen oder eine Straftat handeln, die der Gesetzgeber zwar als Vergehen sanktioniert hat, die jedoch - wie z. B. das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - geeignet ist, über den einzelnen Fall hinaus negative Folgen für die Gesellschaft herbeizuführen; im letztgenannten Fall eines wie beschrieben „qualifizierten“ Vergehens ist eine erhebliche Schwere der drohenden Tat zu fordern (vgl. zu Ganzen Hoppe, HTK-AuslR / § 6 FreizügG/EU / Einzelerläuterungen 05/2005 Nr. 6.1). Nach der Gesetzesbegründung sollen dem entsprechend „besonders schwerwiegende Gründe“ anzunehmen sein, wenn der Betroffene wegen eines einzelnen Delikts rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die Wiederholung von Verbrechen oder besonders schweren Vergehen droht (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 105).
41 
Nach diesen Maßstäben liegen im Falle des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine besonders schwerwiegenden Gründe vor, welche eine Feststellung des Verlusts seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt rechtfertigen. Die von ihm begangenen, am 09.03.2005 abgeurteilten Straftaten stellen bei Würdigung aller konkreter Umstände, insbesondere von Art, Schwere und Häufigkeit, zwar Taten von nicht nur unerheblichem Gewicht dar, wenngleich zu berücksichtigen ist, dass sowohl der unerlaubte Erwerb von Betäubungsmitteln in 105 Fällen als auch die drei Diebstahlstaten ausschließlich auf die damalige Heroinsucht des Klägers zurückgehen. Ebenso ist sich die Kammer bewusst, dass der Kläger nach seiner Inhaftierung am 08.03.2005 erneut straffällig geworden ist, indem er am 19.07.2005 vor Gericht als Zeuge zugunsten seines früheren Drogenhändlers uneidlich falsch ausgesagt hat. Trotz der absolvierten Rehabilitationsbehandlung in A. (04.10.2005 bis 09.01.2006), der stationären Drogentherapie in S. (15.02.2006 bis 06.08.2006) und der aktuellen Betreuung durch den R. S. e.V. kann auch eine gewisse Rückfallwahrscheinlichkeit und damit die (abstrakte) Gefahr weiterer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht ausgeschlossen werden; dies zeigt insbesondere der Vorfall vom 06.08.2006 in der Adaptionsphase, infolge dessen der Kläger die Therapiemaßnahme in S. beenden musste. All diese Umstände lassen jedoch den Schluss auf das Vorliegen besonders schwerwiegender Gründe im Sinne des § 6 Abs. 3 FreizügG/EU nicht zu. Der Kläger ist nicht wegen einer einzelnen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden, sondern wegen einer Vielzahl von Delikten lediglich zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Die Kammer vermag auch nicht festzustellen, dass die Begehung eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens durch ihn konkret droht. Nach der maßgeblichen gegenwärtigen Sachlage liegt bereits eine konkrete Gefahr der Begehung weiterer Straftaten nicht vor. Der Kläger ist seit der Zurückstellung der weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe am 04.10.2005 nicht erneut straffällig geworden. Er hat zunächst eine Rehabilitationsbehandlung und im Anschluss eine stationäre Drogentherapie durchgeführt. Letztere musste er zwar wegen eines Rückfalls mit Heroin am 06.08.2006 disziplinarisch verlassen; jedoch hat er sich im unmittelbaren Anschluss an eine ambulante Drogenberatung bei der Einrichtung C. xx des C. S. e.V. gewandt und Kontakt zur Beratung und Hilfe bei Drogenproblemen R. S. e.V. aufgenommen. Seit 22.01.2007 befindet er sich beim R. S. e.V. in regelmäßiger Betreuung. Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Betreuers, Herrn S.-Q., vom 18.07.2007 wird die dem Kläger gewährte Unterstützung bei der Lebensgestaltung von diesem gut angenommen. Ausdruck dessen ist zum einen, dass er seit geraumer Zeit - zusammen mit seiner Freundin - eine eigene Wohnung hat und seit Mitte März 2007 einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht. Zum zweiten hat er sich auf Anraten seines Betreuers am 19.06.2007 in eine Substitutionsbehandlung begeben, die den Suchtdruck von ihm nehmen soll und - nach den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung - auch tatsächlich nimmt. Dass es ihm damit ernst ist, nicht wieder „auf Heroin zu kommen“, nimmt die Kammer dem Kläger auf Grund des in der ausführlichen informatorischen Befragung gewonnenen tatrichterlichen Eindrucks ab. Insbesondere hat er sich glaubhaft aus seinem früheren kriminogenen Umfeld in U. gelöst und seine Bereitschaft erklärt, zusätzlich zur ohnehin bis September 2009 bestehenden Bewährungszeit wegen der Aussetzung des Strafrestes nach § 36 BtMG einen „ausländerrechtlichen Bewährungsvergleich“ zu schließen, der (mindestens bis 31.12.2008) im Falle einer erneuten Straffälligkeit nach dem BtMG den sofortigen Verlust seiner gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechte vorsah. Bei Würdigung dieser Umstände lässt sich derzeit nicht feststellen, dass durch den Kläger die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten, insbesondere des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und von Beschaffungsdelikten, konkret drohen würde. Darüber hinaus hat sich der Kläger in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens schuldig gemacht. Insbesondere hat er nicht den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zuwider ohne Erlaubnis Betäubungsmittel angebaut, hergestellt, eingeführt, durchgeführt oder ausgeführt, veräußert, an einen anderen abgegeben oder in sonstiger Weise in Verkehr gebracht oder mit ihnen gehandelt bzw. zu einer solchen Handlung angestiftet oder Beihilfe geleistet (vgl. § 54 Nr. 3 AufenthG, wo der Gesetzgeber dieses für die Allgemeinheit gefährliche Verhalten als Regelausweisungsgrund qualifiziert). Die Kammer vermag daher auch nicht festzustellen, dass der Kläger in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen oder ein wie vorstehend beschriebenes „qualifiziertes“ Vergehen begehen, insbesondere dass er mit Betäubungsmitteln handeln werde.
42 
Da die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt bereits gegen § 6 Abs. 3 FreizügG/EU verstößt, bedarf keiner Entscheidung, ob das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Klägers dessen privates Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt, insbesondere ob die Verlustfeststellung mit seinen Grundrechten und seinem Recht auf Privatleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vereinbar ist (vgl. zu den Anforderungen BVerwG, Urt. v. 03.08.2004, a. a. O.).
43 
Hat der Kläger mithin sein Recht auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nicht verloren, erweisen sich die gegen ihn verfügte Abschiebungsandrohung und die Befristung der Wirkungen der Verlustfeststellung im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 3 bzw. § 7 Abs. 2 FreizügG/EU ebenfalls als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid unterliegt daher auch insoweit der Aufhebung.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
45 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gem. § 124a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 26. Juli 2007 - 8 K 1339/06 zitiert 19 §§.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung


(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so k

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 101 Fortgeltung bisheriger Aufenthaltsrechte


(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Auf

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 284 Arbeitsgenehmigung-EU für Staatsangehörige der neuen EU-Mitgliedstaaten


(1) Soweit nach Maßgabe des Beitrittsvertrages eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union abweichende Regelungen als Übergangsregelungen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit anzuwenden sind, dürfen Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates und ihre frei

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 36 Anrechnung und Strafaussetzung zur Bewährung


(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerec

Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU 2004 | § 2 Recht auf Einreise und Aufenthalt


(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:1.Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 38 Jugendliche und Heranwachsende


(1) Bei Verurteilung zu Jugendstrafe gelten die §§ 35 und 36 sinngemäß. Neben der Zusage des Jugendlichen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 bedarf es auch der Einwilligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters. Im Falle des § 35 Abs. 7 Sat

Referenzen

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Bei Verurteilung zu Jugendstrafe gelten die §§ 35 und 36 sinngemäß. Neben der Zusage des Jugendlichen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 bedarf es auch der Einwilligung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters. Im Falle des § 35 Abs. 7 Satz 2 findet § 83 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes sinngemäß Anwendung. Abweichend von § 36 Abs. 4 gelten die §§ 22 bis 26a des Jugendgerichtsgesetzes entsprechend. Für die Entscheidungen nach § 36 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 sind neben § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung die §§ 58, 59 Abs. 2 bis 4 und § 60 des Jugendgerichtsgesetzes ergänzend anzuwenden.

(2) § 37 gilt sinngemäß auch für Jugendliche und Heranwachsende.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:

1.
Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
1a.
Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden,
2.
Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3.
Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4.
Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5.
nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6.
Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7.
Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.

(3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei

1.
vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall,
2.
unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,
3.
Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt.

(4) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.

(1) Soweit nach Maßgabe des Beitrittsvertrages eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union abweichende Regelungen als Übergangsregelungen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit anzuwenden sind, dürfen Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur ausüben sowie von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen.

(2) Die Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis-EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung-EU besteht. Die Genehmigung ist vor Aufnahme der Beschäftigung einzuholen.

(3) Die Arbeitserlaubnis-EU kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden.

(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach Absatz 1 und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen wollen, darf eine Arbeitserlaubnis-EU nur erteilt werden, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt oder aufgrund einer Rechtsverordnung zulässig ist. Für die Beschäftigungen, die durch Rechtsverordnung zugelassen werden, ist Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Absatz 1 gegenüber Staatsangehörigen aus Drittstaaten vorrangig eine Arbeitserlaubnis-EU zu erteilen, soweit dies der EU-Beitrittsvertrag vorsieht.

(5) Die Erteilung der Arbeitsberechtigung-EU bestimmt sich nach der aufgrund des § 288 erlassenen Rechtsverordnung.

(6) Das Aufenthaltsgesetz und die aufgrund des § 42 des Aufenthaltsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten entsprechend, soweit nicht eine aufgrund des § 288 erlassene Rechtsverordnung günstigere Regelungen enthält. Bei Anwendung der Vorschriften steht die Arbeitsgenehmigung-EU der Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes gleich.

(7) Ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung, der vor dem Tag, an dem der Beitrittsvertrag eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union, der Übergangsregelungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorsieht, für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, erteilt wurde, gilt als Arbeitserlaubnis-EU fort. Beschränkungen des Aufenthaltstitels hinsichtlich der Ausübung der Beschäftigung bleiben als Beschränkungen der Arbeitserlaubnis-EU bestehen. Ein vor diesem Zeitpunkt erteilter Aufenthaltstitel, der zur unbeschränkten Ausübung einer Beschäftigung berechtigt, gilt als Arbeitsberechtigung-EU fort.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind:

1.
Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
1a.
Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden,
2.
Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3.
Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4.
Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5.
nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6.
Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7.
Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.

(3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei

1.
vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall,
2.
unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,
3.
Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt.

(4) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.

(1) Soweit nach Maßgabe des Beitrittsvertrages eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union abweichende Regelungen als Übergangsregelungen von der Arbeitnehmerfreizügigkeit anzuwenden sind, dürfen Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur ausüben sowie von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen.

(2) Die Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis-EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung-EU besteht. Die Genehmigung ist vor Aufnahme der Beschäftigung einzuholen.

(3) Die Arbeitserlaubnis-EU kann nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden.

(4) Unionsbürgerinnen und Unionsbürger nach Absatz 1 und ihre freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen wollen, darf eine Arbeitserlaubnis-EU nur erteilt werden, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt oder aufgrund einer Rechtsverordnung zulässig ist. Für die Beschäftigungen, die durch Rechtsverordnung zugelassen werden, ist Staatsangehörigen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Absatz 1 gegenüber Staatsangehörigen aus Drittstaaten vorrangig eine Arbeitserlaubnis-EU zu erteilen, soweit dies der EU-Beitrittsvertrag vorsieht.

(5) Die Erteilung der Arbeitsberechtigung-EU bestimmt sich nach der aufgrund des § 288 erlassenen Rechtsverordnung.

(6) Das Aufenthaltsgesetz und die aufgrund des § 42 des Aufenthaltsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gelten entsprechend, soweit nicht eine aufgrund des § 288 erlassene Rechtsverordnung günstigere Regelungen enthält. Bei Anwendung der Vorschriften steht die Arbeitsgenehmigung-EU der Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes gleich.

(7) Ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung, der vor dem Tag, an dem der Beitrittsvertrag eines Mitgliedstaates zur Europäischen Union, der Übergangsregelungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit vorsieht, für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, erteilt wurde, gilt als Arbeitserlaubnis-EU fort. Beschränkungen des Aufenthaltstitels hinsichtlich der Ausübung der Beschäftigung bleiben als Beschränkungen der Arbeitserlaubnis-EU bestehen. Ein vor diesem Zeitpunkt erteilter Aufenthaltstitel, der zur unbeschränkten Ausübung einer Beschäftigung berechtigt, gilt als Arbeitsberechtigung-EU fort.

(1) Eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte Aufenthaltsberechtigung oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis gilt fort als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt. Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl. I S. 1057) oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung gelten fort als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2.

(2) Die übrigen Aufenthaltsgenehmigungen gelten fort als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt.

(3) Ein Aufenthaltstitel, der vor dem 28. August 2007 mit dem Vermerk „Daueraufenthalt-EG“ versehen wurde, gilt als Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU fort.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4, der vor dem 1. März 2020 erteilt wurde, gilt mit den verfügten Nebenbestimmungen entsprechend dem der Erteilung zu Grunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt im Rahmen seiner Gültigkeitsdauer fort.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte in einer staatlich anerkannten Einrichtung behandeln lassen, so wird die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit seines Aufenthaltes in dieser Einrichtung auf die Strafe angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt sind. Die Entscheidung über die Anrechnungsfähigkeit trifft das Gericht zugleich mit der Zustimmung nach § 35 Abs. 1. Sind durch die Anrechnung zwei Drittel der Strafe erledigt oder ist eine Behandlung in der Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, so setzt das Gericht die Vollstreckung des Restes der Strafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(2) Ist die Vollstreckung zurückgestellt worden und hat sich der Verurteilte einer anderen als der in Absatz 1 bezeichneten Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder des Strafrestes zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann.

(3) Hat sich der Verurteilte nach der Tat einer Behandlung seiner Abhängigkeit unterzogen, so kann das Gericht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen, anordnen, daß die Zeit der Behandlung ganz oder zum Teil auf die Strafe angerechnet wird, wenn dies unter Berücksichtigung der Anforderungen, welche die Behandlung an den Verurteilten gestellt hat, angezeigt ist.

(4) Die §§ 56a bis 56g und 57 Abs. 5 Satz 2 des Strafgesetzbuches gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 3 trifft das Gericht des ersten Rechtszuges ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Vollstreckungsbehörde, der Verurteilte und die behandelnden Personen oder Einrichtungen sind zu hören. Gegen die Entscheidungen ist sofortige Beschwerde möglich. Für die Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 3 und nach Absatz 2 gilt § 454 Abs. 4 der Strafprozeßordnung entsprechend; die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes erteilt das Gericht.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.