Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 22. Juni 2018 - 4 A 786/17 SN

bei uns veröffentlicht am22.06.2018

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen werden der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Tatbestand

1

Der Kläger ficht einen Bescheid über die Kostenerstattung für einen Teil des Trinkwasserhausanschlusses seines Hausgrundstücks an.

2

Er ist Eigentümer des Grundstücks gemäß Rubrumsadresse, das mit einem mindestens schon zu DDR-Zeiten errichteten Haus bebaut ist.

3

Im Jahre 1996 oder 1998 wurden Arbeiten am Trinkwasserhausanschluss des Grundstücks durchgeführt. In den Verwaltungsvorgängen wird einmal davon gesprochen „TW/HA wurde erneuert“, ein anderes Mal von einer Umbindung.

4

Im September 2015 stellte ein Mitarbeiter des Zweckverbands im Rahmen eines turnusmäßig anstehenden Wechsels der Wasseruhr fest, dass der Anschluss „marode“ sei. Er unterließ deshalb zunächst den Wechsel.

5

Der Beklagte erstellte daraufhin ein Angebot zur Erneuerung des Trinkwasserhausanschlusses vom 3. November 2015 in Höhe von 2.036,36 €. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2015 und forderte die sinngemäße Abänderung des Angebots auf „... Austausch eines Stahl-Rohrwinkels durch einen neuen Rohrwinkel aus dem gleichen Material ...“ Darauf erwiderte der Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2015, das Angebot basiere auf den vor Ort festgestellten Mängeln und beinhalte einen Austausch der Trinkwasserleitung. Bereits 1998 sei ein Hausanschluss vorgelegt und angeschlossen worden. Ein Austausch des vorhandenen Anschlusses sei aus seiner Sicht jetzt sinnvoll, um späteren Schäden entgegenzuwirken. Dies entspreche auch der DIN 50930-6. Wegen der Replik des Klägers wird auf den Inhalt seines Schreibens vom 28. Dezember 2015 verwiesen.

6

Unter dem 22. Januar 2016 erstellte der Beklagte ein „Angebot I“ zur Instandhaltungsmaßnahme in Höhe von 102,29 € sowie ein „Angebot II“ zur Teilerneuerung des Trinkwasserhausanschlusses des Grundstücks über 1.166,96 €. Im Begleitschreiben gleichen Datums wird u. a. ein Austausch des Stahlwinkels, mit Einbau eines Stahladapters, in Messing unter Hinweis darauf empfohlen, dass die Armaturen und Formstücke hinter dem vorhandenen Winkel bereits aus Messing seien. Dazu äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 16. März 2016 u. a. dahingehend, dass dem korrodierten Stahlwinkel nachgelagerte Armaturen tatsächlich aus Messing bestünden, die unfachmännische Vorgehensweise bei der letzten Installation belege und ggf. ein Stück weit auch die Korrosionsschäden am direkt benachbarten Stahlwinkel erkläre. Es sei aber als fundiertes Argument für einen unproblematischen erneuten Einsatz von Messing im Zulauf seiner stählernen Hausleitung unbrauchbar. Es verstehe sich für den Korrosionsfachmann – der Kläger trägt im Schreiben vom 28. Dezember 2015 vor, er sei Diplom-Ingenieur und promovierter Korrosionsexperte – von selbst, dass sich die Aktivität dieser alten Messingoberflächen hinsichtlich der Abgabe edlerer Metallionen – mithin das heute noch verbleibende Schädigungspotential dieser Altarmaturen auf die nachgelagerte Stahlleitung – infolge üblicher Ablagerungen an den Rohrwänden im Laufe der Jahre deutlich reduziert haben solle. Dies gelte nicht beim Einbau neuer Messingware, die in diesem Fall durch ihre aktivere Oberfläche ein erhebliches Schädigungspotential neu eröffnen würde. Der Kläger schlug dann zum „Angebot I“ sechs Zusatzvereinbarungen vor, auf die wegen der Einzelheiten auf das Schreiben verwiesen wird. Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 nahm der Beklagte ausführlich Stellung. Es folgte noch weitere Korrespondenz, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

7

Mit dem hier streitgegenständlichen Kostenerstattungsbescheid vom 7. November 2016 forderte der Beklagte vom Kläger 53,98 € für die „Erneuerung an alten Teilstrecken des Trinkwasserhausanschlusses ... Leistungsdatum: [korrekt, Anm. des Gerichts] 25.10.2016“. Die einzelnen Positionen sind dort näher ausgeführt, insoweit wird darauf Bezug genommen.

8

Den im gleichen Monat eingelegten Widerspruch des Klägers, den er mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 begründete, wies der Beklagte nach Einholung einer internen fachlichen Stellungnahme vom 23. Dezember 2016 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde ihm am 24. Januar 2017 zugestellt.

9

Am 20. Februar 2017 hat der Kläger daraufhin Klage erhoben, mit der er vorträgt:

10

Gemäß § 10 KAG M-V bestehe eine Erstattungspflicht für Aufwendungen an einem Hausanschluss nur im Zusammenhang mit der erstmaligen Herstellung des Anschlusses. Die Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen für die Erneuerung sei danach ausgeschlossen. Dies gelte schon nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 KAG M-V auch für die Auswechselung eines stark korrodierten Stahlrohrwinkels. Nach dieser Norm sei Gegenstand eines Kostenerstattungsanspruchs nur der Aufwand, der erforderlich sei, um ein Grundstück an Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen anzuschließen. Das hier betroffene Grundstück sei bereits angeschlossen gewesen. Im Rahmen der Baumaßnahme sei lediglich ein bereits bestehender Stahlrohrwinkel ausgewechselt worden. Dies stelle sowohl nach rechtlichem als auch nach tatsächlichem Verständnis keine Maßnahme der Herstellung dar.

11

Gemäß § 10 Abs. 4 KAG M-V entstehe zudem ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch erst mit der Beendigung der Maßnahme. Unterstelle man, dass der bereits vor der Baumaßnahme bestehende Grundstücksanschluss endgültig hergestellt gewesen sei, wäre ein Erstattungsanspruch verjährt. Der Grundstücksanschluss sei nämlich bereits vor dem 1. Januar 2000 endgültig hergestellt gewesen.

12

Unterstelle man, der vor der Baumaßnahme bestehende Grundstücksanschluss stelle ein „rechtliches Provisorium“ dar, wäre ein Kostenerstattungsanspruch gleichfalls ausgeschlossen. Dann wäre die Maßnahme zur endgültigen Herstellung der Anschlussleitung noch nicht beendet. Die Auswechselung des korrodierten Stahlrohrwinkels stelle nicht die endgültige Herstellung eines Provisoriums, sondern lediglich einen Bestandteil der umfassenden „technischen“ Erneuerung dar.

13

Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass ohnehin aufgrund der aktuellen Rechtsprechung spätestens seit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 2016 die Festsetzung eines Kostenerstattungsanspruchs für Baumaßnahmen an einem bereits bestehenden Anschluss nicht mehr erstattungsfähig seien (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 7. Juni 2017 – 1 L 300/16 –).

14

Der Kläger beantragt,

15

den Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und seinen Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2018 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen,

18

und trägt dazu vor:

19

Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch sei §§ 10 Abs. 2, Abs. 1, 9 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 21 der Wassersatzung und § 4 der Wassergebührensatzung des Zweckverbands.

20

Der Begriff der „Herstellung“ sei in einem rechtlichen Sinne zu verstehen. Mit Blick auf das im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen geltende Gesamtanlagenprinzip komme es darauf an, ob sich die Einrichtung (noch) in der Herstellungsphase befinde, weil sie ihre Endausbaustufe (noch) nicht erreicht habe. Ein Fall der „Herstellung“ liege daher insbesondere auch dann vor, wenn ein Grundstück zwar bereits erstmalig angeschlossen sei, die Anlage jedoch nicht (mehr) den technischen Anforderungen genüge (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 13. Febr. 2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20; VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 18 ff.; VG B-Stadt, Urt. v. 7. Jan. 2016 – 4 A 2054/13 –, juris, Rn. 39 ff.).

21

So liege es hier, denn bei dem Hausanschluss des Klägers wie auch seiner Kundenanlage handele es sich um einen sog. Altanschluss aus DDR-Zeiten, der nicht (mehr) den Anforderungen an die Wassersatzung und den technischen Regeln entspreche. Er bestehe aus Stahlrohrleitungen. Da solche Leitungen eine verringerte Lebenserwartung hätten, entsprächen sie heute eigentlich nicht mehr dem Stand der Technik. Der Beklagte habe dem Kläger daher zu einer umfangreicheren (Teil-)Erneuerung geraten, die er jedoch abgelehnt habe. Der Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels sei unabdingbar, um regelkonforme Verhältnisse sicherzustellen.

22

In dem Parallelverfahren 7 A 785/17 SN greife der Kläger im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage eine Anordnung des Beklagten vom 10. Oktober 2016 zum Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels und zum Wechsel des Wasserzählers an. Er, der Beklagte, habe dabei zunächst nur den absolut unabdingbaren Austausch des korrodierten Stahlrohrwinkels in ein Messingventil angeordnet, welches anschließend auch umgesetzt worden sei.

23

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 27. April 2018 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

24

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

25

Die zulässige Anfechtungsklage im verbleibenden Umfang ist begründet.

26

Der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 7. November 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 in der Fassung seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2018 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

27

Der Bescheid kann sich insoweit nicht auf eine rechtswirksame Ermächtigungsgrundlage stützen.

28

Da die durch Verwaltungsakt zur Erstattung begehrte Maßnahme im Haus kurz vor dem Wasserzähler vorgenommen wurde, betrifft sie den Hausanschluss.

29

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und über die Abgabe von Wasser durch den Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Grevesmühlen (ZVG) (Wassersatzung - WS) vom 8. Dezember 2016, die nach ihrem § 26 Abs. 1 rückwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, gehören die Hausanschlüsse zwar zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands, nach § 11 Abs. 1 Satz 2 dieser Satzung sind sie aber nicht Teil der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung. Hausanschluss ist nach der Definition in § 2 Abs. 3 Wassersatzung die Verbindung von der Versorgungsleitung des Zweckverbands mit der Kundenanlage. Er beginnt mit der Absperrvorrichtung an der Versorgungsleitung und endet mit der Hauptabsperrarmatur vor dem Wasserzähler.

30

Der hiermit durch Bescheid geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für eine Reparatur der Trinkwasserhausanschlussleitung besteht nicht.

31

Zwar sehen die §§ 11 Abs. 4, 21 der Wassersatzung i. V. m. den §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1, 5 und 6 der Gebührensatzung zur Wassersatzung vom 8. Dezember 2016, Letztere ebenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2015, letztlich vor, dass vom Anschlussberechtigten die Kosten für Hausanschlüsse durch Bescheid erhoben werden, die erforderlich sind, um das Grundstück an die öffentliche Versorgungsleitung mit einem Hausanschluss anzuschließen, der den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

32

Die satzungsrechtlichen Bestimmungen können sich für den vorliegenden Fall der Unterhaltung bzw. Reparatur des Hausanschlusses aber nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen und sind insoweit unwirksam.

33

Zwar bleibt es dabei, dass der Zweckverband nach § 11 Abs. 3 Satz 1 der Wassersatzung ausschließlicher Aufgabenträger zur Herstellung, Unterhaltung, Erneuerung, Änderung und Beseitigung des Hausanschlusses ist, eine entsprechende Maßnahme also nur durch ihn oder einen von ihm beauftragten Dritten (§ 11 Abs. 3 Satz 2 der Wassersatzung) durchgeführt werden kann.

34

Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob er die Kosten für insoweit durchführte Maßnahmen auch stets zur Erstattung beanspruchen kann. Dies muss nach der komplexen gesetzlichen Grundlage in § 10 KAG M-V differenziert betrachtet werden und ist für die vorliegende Fallkonstellation ausgeschlossen.

35

I. § 10 Abs. 2 und 4 KAG M-V trägt die genannten Satzungsbestimmungen bzw. den angefochtenen Kostenerstattungsbescheid in der vorliegenden Sachlage einer Wasserleitungsreparatur am Hausanschluss nicht.

36

Insofern ist bei der Frage einer Kostenerstattung stets der Gleichklang mit der Beitragserhebungsmöglichkeit zu wahren. § 10 KAG M-V eröffnet in seinem zweiten Absatz nur insoweit eine Kostenerstattung für Haus- und Grundstücksanschlüsse, als auch eine Beitragserhebung möglich wäre, wenn diese Anschlüsse Teil der öffentlichen Einrichtung i. S. des § 10 Abs. 1 KAG M-V wären. § 10 Abs. 2 KAG M-V will insoweit nur andere Refinanzierungsmodelle „anstelle eines Beitrags nach § 10 Abs. 1 KAG M-V“ ermöglichen.

37

Der Hinweis des Klägers auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Juni 2017 in der Sache 1 L 300/16 mag allerdings nicht zu verfangen, da dort noch keine Entscheidung zur Sache ergangen ist, sondern lediglich die Berufung der dortigen Kläger gegen ein Urteil des Schwestergerichts vom 20. Mai 2016 (Az. 3 A 128/14) zugelassen wurde. Es wird nach diesem Beschluss im Berufungsverfahren (nunmehr geführt unter dem Az. 1 LB 300/16) um die Auslegung des Begriffs der Herstellung eines Grundstücksanschlusses i. S. des § 10 KAG M-V gehen, insbesondere, ob auch eine „erneute Herstellung“ eine Kostenerstattungspflicht nach dieser Norm auslösen kann. Hier bleibt eine – wohl noch nicht getroffene – Entscheidung des Obergerichts im Berufungsverfahren abzuwarten, ohne dass Anlass besteht, das vorliegende Klageverfahren deshalb auszusetzen.

38

Nachdem zum Zeitpunkt des Erlasses des Kostenerstattungsbescheids wie auch der abgerechneten Arbeiten am Hausanschluss (25. Oktober 2016) die Möglichkeit eines Erneuerungsbeitrags durch das Änderungsgesetz zum Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 2016, in Kraft getreten am 30. Juli 2016, entfallen ist, kann vorliegend jedenfalls nicht untersucht werden, ob die vorliegende Maßnahme als Erneuerung zu werten ist, die, wenn sie einen Erneuerungsbeitrag (für die gesamte öffentliche Einrichtung oder für den Hausanschluss) gerechtfertigt hätte, auch eine entsprechende Kostenerstattung nach § 10 Abs. 2 KAG M-V hätte ermöglichen können.

39

Abzustellen wäre mithin hier eigentlich auf die Frage, ob für diese Maßnahme auch ein Herstellungsbeitrag möglich gewesen wäre, wenn der Hausanschluss einen Teil dieser öffentlichen Einrichtung dargestellt hätte. Wann die endgültige Herstellung der öffentlichen Einrichtung der Trinkwasserversorgung im Zweckverbandsgebiet vorliegt, wann also der „endgültige“ – eine Anlage wird tatsächlich wohl nie fertig, da sich stets ein neuer Grundstückseigentümer oder ein ganzes Baugebiet, auch „unerwartet“, also auch, wenn man damit nicht gerechnet (!) hat, gleichsam unkalkulierbar (!), anschließen lassen kann – Ausbauzustand erreicht ist, soll sich aus dem „Planungskonzept“ des Aufgabenträgers ergeben (Urt. der damaligen 8. Kammer des Gerichts v. 17. Juli 2008 – 8 A 2460/04 –, zitiert aus Aussprung, in: ders. Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Dez. 2017, § 9 Erl. 2.5.1 S. 48, dort auch auf S. 49 ein entsprechendes Urt. des OVG Berlin-Brandenburg v. 14. Nov. 2013 – 9 B 334.12 –). Da in Mecklenburg-Vorpommern kein förmliches Wasserversorgungskonzept zwingend erforderlich ist (vgl. Aussprung, a. a. O. S. 49 unter Hinweis auf Urteile der früheren 8. Kammer des Gerichts zu einem Abwasserbeseitigungskonzept), kann über die Planungen des Aufgabenträgers, soweit es keine anderen verbindlichen Planungsunterlagen gibt, wofür hier nichts vorgetragen oder ersichtlich ist, insbesondere eine Globalkalkulation zum Beitrag für die öffentliche Einrichtung (ohne Grundstücks- oder Hausanschluss) Auskunft geben.

40

Die Krux dieses Falls besteht insoweit aber darin, dass es eine solche – ebenso wie mindestens eine Rechnungsperiodenkalkulation – nicht gibt, da der Zweckverband keinen Trinkwasserbeitrag erhebt, sondern die Kosten der Herstellung der öffentlichen Einrichtung vollständig über Trinkwassergebühren refinanziert. Dies begegnet gebühren- und auch beitragsrechtlich mit Blick auf die Soll-Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V zwar für sich genommen keinen rechtlichen Bedenken. Allerdings führt dies nach Auffassung des Gerichts dazu, dass hier die rechtlich zu betrachtende Phase der Herstellung der öffentlichen Einrichtung und vor allem ihres Endes nicht beurteilt werden kann, was bei der Betrachtung nach § 10 KAG M-V zu Lasten der Erstattung verlangenden Behörde des Aufgabenträgers geht.

41

In einem solchen Fall ist dann nach Wegfall der Möglichkeit, Erneuerungsbeiträge zu erheben, dem Aufgabenträger auch die Möglichkeit verwehrt, stattdessen eine entsprechende Kostenerstattung für kostenpflichtige Unterhaltungs- und Reparaturleistungen verlangen zu können, weil nicht zweifelsfrei beurteilt werden kann, wann die Herstellungsphase nach seinen Planungen zu Ende ist. Insofern ist nach Auffassung des Gerichts aber die Globalkalkulation keine „unendliche Geschichte“ bzw. eine „Jahrhundertrechnung“, sondern ein präziser Zeitraum, der allerdings auch mehrere Jahrzehnte umfassen kann, wenn dies der Aufgabenträger so geplant hat. Nach Auffassung des Gerichts ist jedenfalls die Globalkalkulation allerdings keine Berechnung, die – der Autohersteller mit der inspirierenden alten Werbung möge verzeihen – läuft und läuft und läuft ... (a. A. Aussprung, a. a. O., § 9 Erl. 2.5.1 am Ende, der meint, die öffentliche Gesamtanlage werde – was de facto unbestreitbar ist – nie fertig, die sog. Jahrhundertrechnung gehe weiter; anzumerken wäre hier, dass mit diesem Gedankengut die öffentliche Einrichtung auch nach einem, ja sogar vielen Jahrhunderten nicht fertig wäre, sodass wohl eher der Begriff „Ewigkeitsrechnung“ oder – bescheidener – „Kalkulation, solange es zivilisierte Menschen mit Wasser- und Abwasserkanalisationsbedarf gibt“ angebracht erschiene). Insofern muss nach Auffassung des Gerichts nach Wegfall der Möglichkeit zur Erhebung von Erneuerungsbeiträgen aber unterschieden werden zwischen dem faktischen Zustand der öffentlichen Einrichtung, die sich tatsächlich stets verändert (und insoweit größer, aber auch kleiner werden kann), und dem rechtlichen Begriff der Herstellung dieser Einrichtung, dem ein rechtliches Ende der Herstellungsphase entnommen werden muss.

42

Dabei lässt das Gericht offen, ob der zum gleichen Ergebnis kommenden Meinung in der Kommentarliteratur zu folgen ist, die bei Einbeziehung des Haus- oder Grundstücksanschlusses in die öffentliche Einrichtung zwar keinen Beitrag für deren Unterhaltung (und damit auch für den „Unterfall“ der Reparatur), wohl aber eine von allen Gebührenpflichtigen anteilig zu zahlende Abrechnung der Kosten über die (hier: Trinkwasser-)Gebühren nach § 6 KAG M-V ermöglicht, für den Fall, dass diese Anschlüsse aber – wie vorliegend – nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, eine Erstattungsfähigkeit für Unterhaltungs- bzw. Reparaturarbeiten an den Anschlüssen verneint. Begründet wird dies damit, dass die Kosten für die Unterhaltung von Haus- und Grundstücksanschlüssen – anders als in Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer – nicht in § 10 KAG M-V aufgeführt seien sowie keinen Zusammenhang mit der Herstellung der Anlage aufwiesen und deshalb keinen beitragsfähigen Aufwand i. S. des § 9 Abs. 1 KAG M-V bilden könnten (Seppelt, in: Aussprung et al., a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.4; so auch bereits der frühere Kommentator dieser Norm Aussprung z. B. in einer Vorauflage vom Juli 2014, a. a. O., § 10 Erl. 7.8.2.6 „Unterhaltung“ und 7.8.2.7 „Reparatur“). Demgegenüber hat das Gericht bereits mehrfach entschieden, dass der große Unterschied im insoweit seit etwa anderthalb Jahrzehnten wortkarg ausfallenden § 10 KAG M-V zu seinen Pendants in manch anderen Bundesländern, welche die erstattungsfähigen Maßnahmen detailliert aufführen, eher ein gesetzgeberischer „Unfall“ als eine „vorsätzliche“ Tat zur Eingrenzung der erstattungsfähigen Maßnahmen darstellen könnte und dürfte. So enthielt auch noch die erste Fassung dieser Vorschrift in § 10 Abs. 1 KAG vom 11. April 1991 eine entsprechende Aufzählung einschließlich der „Kosten für die Unterhaltung eines Haus- oder Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen“, während die Norm dann ohne Begründung in den Gesetzesmaterialien für dieses legislative Handeln mit Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 „gestutzt“ worden war (vgl. etwa zuletzt Urt. des Gerichts v. 24. Mai 2018 – 4 A 301/13 – unter Hinweis auf sein Urt. v. 11. Mai 2017 – 4 A 2558/16 SN –, Urt. v. 27. April 2018 – 4 A 624/16 SN –, S. 14 des amtlichen Umdrucks).

43

2. Andere Anspruchsgrundlagen wie etwa der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag im öffentlichen Recht werden durch die Vorschrift des § 10 KAG M-V verdrängt (Urt. des Gerichts v. 11. Mai 2017, a. a. O., S. 14 des amtlichen Umdrucks m. w. N.; Seppelt, a. a. O. m. w. N.). Es erschiene ohnedies auch zweifelhaft, ob selbst bei Bejahung eines solchen Anspruchs dann die Befugnis zur Geltendmachung mittels Verwaltungsakts statt Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage bestünde.

44

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Der Beklagte trägt nach billigem Ermessen auch für den erledigten Teil die Kosten des Verfahrens, da er sich – im Übrigen zu Recht – durch die entsprechende Aufhebung des angefochtenen Bescheids in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.

45

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens sieht das Gericht ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO), da auf Beklagtenseite ein insolvenzunfähiger Zweckverband und damit ein kraft Gesetzes stets zahlungsfähiger Schuldner steht.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für Maßnahmen an den Abwasserbeseitigungsanlagen der Stadt Güstrow (Anschlussbeitragssatzung – ABS) vom 08. November 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 04. November 2002 und der zweiten Änderung vom 15. Februar 2010.

2

Der Antragsteller ist Eigentümer des im Gebiet der Stadt Güstrow gelegenen Grundstücks Flurstück ##, Flur #, Gemarkung A-Stadt. Mit Duldungsbescheid vom 27. Dezember 2004 forderte der Bürgermeister der Antragsgegnerin den Antragsteller auf, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück wegen eines Anschlussbeitrages zu dulden. Die hiergegen gerichtete Klage wies das VG Schwerin mit Urteil vom 18.11.2010 (4 A 975/06) ab. Über den Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Berufung (1 L 235/10) ist noch nicht entschieden.

3

Bereits am 18. Mai 2010 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Er ist der Auffassung, der Antrag sei zulässig. Er werde durch die Erhebung von Anschlussbeiträgen auf Grundlage der genannten Satzung in seinen Rechten verletzt, weil die Satzung einen Eingriff in das durch Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentum gestatte.

4

Der Antrag sei auch begründet. Die Anschlussbeitragssatzung sei bereits formell rechtswidrig, weil die Hauptsatzung der Stadt Güstrow nichtig sei. Als Folge davon verfüge der Antragsgegner nicht über wirksame Vorschriften zur Bekanntmachung von Satzungsrecht. § 1 Abs. 2 ABS definiere das Stadtgebiet anhand einer als Anlage beigefügten Karte. In dieser Karte werde das Stadtgebiet aber nicht mit hinreichender Deutlichkeit vom nicht zur Stadt Güstrow gehörenden Umland abgegrenzt.

5

In materiell-rechtlicher Hinsicht sei die Anschlussbeitragssatzung wegen einer fehlerhaften Regelung des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht unwirksam. Das Kommunalabgabengesetz vom 01. Juni 1993 (KAG 1993) sei ohne die erforderliche Gesetzesbegründung erlassen worden und scheide daher als Rechtsgrundlage der Anschlussbeitragssatzung von vornherein aus. Entsprechendes gelte für die KAG-Novelle 2005. Diese leide zudem daran, dass ein damals am OEufach0000000005 tätiger Richter an der Ausarbeitung der Novelle mitgewirkt habe. Darin liege eine unzulässige Verquickung von Legislative, Exekutive und Judikative. Die Anschlussbeitragssatzung könne lediglich auf das Kommunalabgabengesetz vom 11. April 1991 (KAG 1991) gestützt werden. Während aber § 8 Abs. 7 KAG 1991 vorsehe, dass die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der Satzung entstehe, stelle § 7 Abs. 3 ABS auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung ab. Damit werde der Entstehenszeitpunkt der Beitragspflicht und auch der Ablauf der Festsetzungsfrist unzulässig hinausgezögert. Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man von der Wirksamkeit des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Novelle 2005 (KAG M-V) ausgehe. Zwar stelle nunmehr auch § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V für das Entstehen der Beitragspflicht auf das Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung ab. Allerdings könne dies keine Auswirkung auf Festsetzungsfristen haben, die nach Maßgabe des KAG 1991 angelaufen und zwischenzeitlich abgelaufen seien. Auch die Beitragskalkulation sei fehlerhaft. Der Antragsgegner habe bereits im Rahmen der Kalkulation der Benutzungsgebühr Herstellungskosten berücksichtigt. Fehlerhaft sei schließlich die Fälligkeitsregelung in § 9 ABS.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für Maßnahmen an den Abwasserbeseitigungsanlagen der Stadt Güstrow (Anschlussbeitragssatzung – ABS) vom 08. November 2000 i.d.F. ersten Änderung vom 04. November 2002 und der zweiten Änderung vom 15. Februar 2010 für unwirksam zu erklären.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Sie ist der Auffassung, der Antrag sei bereits unzulässig, da der Antragsteller die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht beachtet habe.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Senat haben bei der Entscheidung die bei der Antragsgegnerin entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

II.

12

1. Über den Normenkontrollantrag wird gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch Beschluss entschieden, weil der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die in § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO genannten Entscheidungsformen sind gleichwertig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.09.1988 – 4 NB 15/88 – juris Rn. 2; Beschl. v. 03.04.1992 – 7 NB 1/92 – juris Rn. 3). Gründe, die eine mündliche Verhandlung erfordern könnten, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller tritt einer Entscheidung im Beschlusswege zwar entgegen, nennt hierfür aber keine Gründe. Insbesondere hat er sich weder weiteren Sachvortrag vorbehalten, noch einen – in der mündlichen Verhandlung zu stellenden – Beweisantrag angekündigt.

13

Auch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht der Entscheidung im Beschlusswege nicht entgegen, da abgabenrechtliche Normenkontrollverfahren keine „zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen“ i.S.d. genannten Vorschrift zum Gegenstand haben (eingehend: VGH Mannheim, Beschl. v. 07.10.2002 – 2 S 2634/01 – juris Rn. 15).

14

2. Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 Ausführungsgesetz zum Gerichtsstrukturgesetz (AGGerStrG) statthafte Normenkontrollantrag ist unzulässig, soweit er sich auf die Anschlussbeitragssatzung vom 08. November 2000, die erste Änderungssatzung vom 04. November 2002 und Art. 1 Nr. 1 zweite Variante (Herstellung) sowie Nrn 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung vom 15. Februar 2010 bezieht (a.). Im Übrigen, d.h. in Bezug auf Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung (Anschaffung) ist der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet (b.).

15

a) Der Antrag ist entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht innerhalb der – damals noch geltenden - zwei Jahre (§ 195 Abs. 7 VwGO) nach Bekanntmachung der Anschlussbeitragssatzung vom 08. November 2000 gestellt worden und daher verfristet. Der Normenkontrollantrag ist am 18. Mai 2010 beim OEufach0000000005 eingegangen. Die Anschlussbeitragssatzung ist jedoch bereits entsprechend der Maßgabe in § 12 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Güstrow vom 02. Juni 1999 (Hauptsatzung 1999 – HS 1999) im Güstrower Stadtanzeiger, dem amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Güstrow vom 01. Dezember 2000 bekannt gemacht worden. Damit liegt zwischen dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Anschlussbeitragssatzung und der Stellung des Normenkontrollantrages ein Zeitraum von fast 10 Jahren.

16

Dabei kann dahin stehen, ob die Hauptsatzung vom 02. Juni 1999 wirksam ist und eine taugliche Rechtsgrundlage für die Bekanntmachung des Ortsrechts der Antragsgegnerin bildet. Denn der Lauf der Frist hängt nicht davon ab, dass die Bekanntmachung nach dem Maßstab der einschlägigen Bestimmungen fehlerfrei erfolgt ist (Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Auflage 2010, § 47 Rn. 289). Die Frage der ordnungsgemäßen Bekanntmachung betrifft die formelle Rechtmäßigkeit der Rechtsvorschrift und damit die Begründetheit des Normenkontrollantrages. Für den Lauf der im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages zu prüfenden Antragsfrist ist daher der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Vorschrift als Rechtsnorm mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden ist (BVerwG, Beschl. v. 10.04.1996 – 4 NB 8/96 – juris Rn. 6; OVG Münster, Urt. v. 02.03.2007 – 7 D 53/06.NE – juris Rn. 18). Dies ist vorliegend der 01. Dezember 2000.

17

Die vorstehenden Ausführungen gelten für die erste Änderungssatzung vom 04. November 2002 entsprechend. Die Satzung ist im Güstrower Stadtanzeiger vom 01. Dezember 2002 bekannt gemacht worden. Zwischen der Bekanntmachung und der Stellung des Normenkontrollantrages liegt ein Zeitraum von mehr als sieben Jahren.

18

Auch in Ansehung des Art. 1 Nr. 1 zweite Variante (Herstellung) sowie Nrn. 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung vom 15. Februar 2010 ist der Normenkontrollantrag nicht fristgerecht gestellt worden, denn in Bezug auf die genannte Vorschrift hat die Bekanntmachung keinen erneuten Fristenlauf in Gang gesetzt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats setzen Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (nur) in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 – juris Rn. 14; vgl. auch OVG Bautzen, Urt. v. 20.08.2008 – 5 D 24/06 – juris Rn. 18). Dies trifft vorliegend nicht zu, denn bei den in Art. 1 Nr. 1 zweite Variante sowie Nrn. 2. bis 4. der zweiten Änderungssatzung enthaltenen Neuregelungen handelt es sich lediglich um redaktionelle Änderungen, die keine neue oder zusätzliche Beschwer des Antragstellers zur Folge haben.

19

Durch die Regelungen des Art. 1 Nr. 1 der zweiten Änderungssatzung werden die Beitragstatbestände der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V in der Fassung der KAG-Novelle 2005 angepasst. Während § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 noch die Tatbestände „Herstellung“, „Aus- und Umbau“, „Verbesserung“, „Erweiterung“ und „Erneuerung“ normierte, beschränkt sich § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V auf die Tatbestände „Anschaffung“ und „Herstellung“.

20

Das in Art. 1 Nr. 1 zweite Variante der zweiten Änderungssatzung normierte Merkmal „Herstellung“ entspricht dem bereits in der Ursprungsfassung der Satzung enthaltenen gleichlautenden Merkmal. Sowohl unter Geltung des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 als auch unter Geltung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V war bzw. ist die Erhebung von Anschlussbeiträgen in der Regel nur unter dem Gesichtspunkt der Herstellung möglich. Der Anwendungsbereich der übrigen Beitragstatbestände des § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 beschränkte sich auf den Bereich des Straßenbaubeitragsrechts. Dem entspricht die Neuregelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Für die Erhebung von Anschlussbeiträgen gilt: Maßgeblich ist nicht die Qualität einer bestimmten Einzelmaßnahme. Mit Blick auf das im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen geltende Gesamtanlagenprinzip kommt es für die Erhebung eines Herstellungsbeitrages nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V lediglich darauf an, ob sich die Einrichtung (noch) in der Herstellungsphase befindet, weil sie ihre Endausbaustufe nicht erreicht hat. Hat sie ihre Endausbaustufe dagegen erreicht, kommt eine Erneuerung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in Betracht. Innerhalb dieser beiden Phasen ist die Einordnung einer bestimmten Einzelmaßnahme entbehrlich. So ist es in Fällen, in denen die Anlage ihre Endausbaustufe noch nicht erreicht hat, ohne Belang, ob die Umgestaltung eines vorhandenen Mischwasserkanals in einen Schmutz- und einen Niederschlagswasserkanal einen „Umbau“ darstellt, ob die Anbindung eines neu entstandenen Wohngebiets eine „Erweiterung“ oder ob der Austausch einzelner Komponenten eines Klärwerks eine „Verbesserung“ darstellt. Denn bei den genannten Maßnahmen handelt sich jeweils um unselbstständige Kostenfaktoren des Merkmals „Herstellung“. Diese Betrachtungsweise entspricht der ständigen Rechtsprechung des OVG Greifwald zu § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993. So hat es zur Beitragsfähigkeit der Sanierung vorhandener Kanäle ausgeführt, sie bewirke keine belegbare Verbesserung im beitragsrechtlichen Sinne und sei damit lediglich ein unselbstständiger Kostenfaktor, der in die Beitragskalkulation einfließe und über den Herstellungsbeitrag bzw. über Kanalbenutzungsgebühren abgegolten werde (Beschl. v. 21.04.1999 – 1 M 12/99 – juris Rn. 22). In dem Beschluss vom 04. April 2001 (– 1 M 21/00 – juris Rn. 19) hat es ausgeführt, dass die Umstellung eines vorhandenen Mischwassersystems in ein Trennsystem beitragsrechtlich als erstmalige Herstellung anzusehen sei.

21

Art. 1 Nr. 2 der zweiten Änderungssatzung enthält hinsichtlich der Definition des Vollgeschosses statt der bisher normierten Verweisung auf die Landesbauordnung eine mit § 87 Abs. 2 LBauO M-V inhaltsgleiche Vollregelung. Eine materielle Veränderung der Rechtslage ist damit nicht eingetreten.

22

Die in Art. 1 Nr. 3 der zweiten Änderungssatzung enthaltene Regelung, wonach die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entsteht (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V), enthält ebenfalls keine neue oder zusätzliche Beschwer. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des OEufach0000000005 konnte die sachliche Beitragspflicht auch unter Geltung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993 frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entstehen (Beschl. v. 03.03.2005 – 1 L 56/04 – S. 4 ff. des Entscheidungsumdrucks, weitere Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 09/2012, § 9 Anm. 7.2). Entsprechendes gilt für die Entstehensregelung in § 8 Abs. 7 KAG 1991. Damit konnte eine unwirksame Satzung entgegen der Auffassung des Antragstellers den Lauf der Festsetzungsfrist nicht auslösen. Seine Ausführungen zur Umgehung abgelaufener Festsetzungsfristen können folglich auf sich beruhen.

23

Die Regelung in Art. 1 Nr. 4 der zweiten Änderungssatzung über die Entstehung eines Anspruchs auf Rückzahlung der Vorausleistung und seiner Verzinsung hat eine lediglich begünstigende Wirkung, so dass die Annahme eines Nachteils oder einer Beschwer von vornherein ausscheidet. Zudem entspricht sie der unmittelbar geltenden Regelung des § 7 Abs. 4 Sätze 4 und 5 KAG M-V. Ihr kommt daher eine lediglich deklaratorische Bedeutung zu.

24

b) In Ansehung des Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung (Anschaffung) ist der Antrag zwar zulässig. Insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden. Mit der Bekanntmachung der genannten Vorschrift im Güstrower Stadtanzeiger, Ausgabe März 2010 wurde die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf gesetzt, da mit ihr eine zusätzliche Beschwer verbunden ist. Das in § 2 Abs. 1 ABS neu eingefügte Merkmal „Anschaffung“ war in der Anschlussbeitragssatzung in der Fassung der ersten Änderungssatzung nicht enthalten. Mit dem Merkmal wird der Kreis der beitragsfähigen Maßnahmen erweitert (dazu sogleich). Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Beitragsbelastung für den Antragsteller erhöht.

25

Dem Merkmal „Anschaffung“ kommt gegenüber dem Merkmal „Herstellung“ eine eigenständige Bedeutung zu. Zwar bildet auch der Aufwand für die Anschaffung von Ausrüstungsgegenständen eines Klärwerks oder von für den Bau einer Anlage erforderlichen Grundstücksflächen nach dem oben Gesagten lediglich einen unselbstständigen Kostenfaktor im Zuge der erstmaligen Herstellung der Gesamtanlage und wird bereits von dem Merkmal „Herstellung“ erfasst. Mit der Einfügung des Merkmals „Anschaffung“ in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V (und § 2 Abs. 1 ABS) wird darüber hinaus aber der Aufwand für die Übernahme bereits vorhandener privater Anlagen der Wasserversorgung oder Abwasserbehandlung in die öffentliche Einrichtung beitragsfähig gemacht (Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O. Anm. 2.5.3). Bestätigt wird diese Auslegung durch die Gesetzgebungsmaterialien (RegE, LT-Drs. 4/1307, S. 45). Die dort zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gemachten Ausführungen in Bezug auf die Anschaffung einer vorhandenen Einrichtung (Privatstraße) sind auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen übertragbar.

26

Allerdings ist der Antrag insoweit unbegründet. Die Bestimmung ist ersichtlich mit höherrangigem Recht vereinbar und damit rechtmäßig. Die Einfügung des Merkmals „Anschaffung“ in § 2 Abs. 1 ABS entspricht den Maßgaben des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V. Zweifel an der Wirksamkeit des Kommunalabgabengesetzes und damit auch der Bestimmung des § 9 Abs. 1 KAG M-V bestehen nicht. Sie folgen weder aus dem Umstand, dass das Gesetz „nicht begründet“ ist – ein solches Begründungserfordernis besteht weder nach nationalen Recht noch nach Gemeinschaftsrecht (eingehend: VG Schwerin, Urt. v. 29.08.2011 – 8 A 384/10 – S. 14 f. des Entscheidungsumdrucks), noch aus dem Umstand, dass ein früher am OEufach0000000005 tätiger Richter an der Ausarbeitung der KAG-Novelle 2005 „mitgewirkt“ hat (Senatsurteil v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 – juris Rn. 21).

27

Art. 1 Nr. 1 erste Variante der zweiten Änderungssatzung leidet schließlich auch nicht an einem formell-rechtlichen Fehler. Insbesondere ist die zweite Änderungssatzung entsprechend den Maßgaben in § 11 der Hauptsatzung der Barlachstadt A-Stadt vom 02. August 2006 (Hauptsatzung 2006 – HS 2006) ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Die Bekanntmachung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Hauptsatzung ihrerseits fehlerhaft und damit nichtig wäre. Insbesondere ist das Stadtgebiet in § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HS 2006 i.Vm. der als Anlage beigefügten Karte ordnungsgemäß bezeichnet. Die Hauptsatzung 2006 weist damit den vom Antragsteller in Bezug auf die Hauptsatzung 1999 gerügten Fehler nicht auf. Da Gegenteiliges vom Antragsteller nicht geltend gemacht wird, sieht der Senat von weiteren Darlegungen ab.

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) bestehen nicht. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

29

Hinweis:

30

Die Festsetzung des Streitwerts ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 Gerichtskostengesetz (GKG) unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Grundstücksanschlusskosten (Abwasser).

2

Die Kläger sind Eigentümer des Wohngrundstücks G1.

3

Im Jahre 2009 ersetzte der Beklagte im Zuge einer gemeindlichen Straßenbaumaßnahme den vorhandenen Grundstücksanschluss ohne Kontrollschacht gegen einen solchen mit Kontrollschacht. Der Beklagte kündigte die Arbeiten mit Schreiben vom 18. Juni 2009 an. Darin heißt es weiter, dass dem Grundstückseigentümer für diese Baumaßnahme keine Kosten entstehen würden.

4

Mit Bescheid vom 13. November 2013 zog der Beklagte die Kläger zu Grundstücksanschlusskosten Abwasserbeseitigung i.H.v. 1.518,20 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2014 zurück.

5

Am 10. September 2014 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. In der abgerechneten Maßnahme liege keine erstmalige Herstellung eines Grundstücksanschlusses, da das Grundstück bereits angeschlossen gewesen sei. Zudem habe der Beklagte durch die Erklärungen in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 auf die Erhebung von Grundstücksanschlusskosten verzichtet. Jedenfalls habe er einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der einer Heranziehung der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung entgegen stehe. Das Aufmaß sei fehlerhaft. Die Kosten- und Mengenansätze seien um mindestens 30 v.H. überhöht. Zwar könnten die Kläger den Nachweis hierfür nicht erbringen. Dies jedoch nur deshalb, weil die Kläger mit Blick auf das Schreiben des Beklagten vom 18. Juni 2009 darauf verzichtet hätten, eigene Messungen anzustellen. Die Kosten für den Holzverbau seien nicht angefallen.

6

Die Kläger beantragen,

7

den Bescheid des Beklagten vom 13. November 2013 – Kundennummer 403193 – und seinen Widerspruchsbescheid vom 27. August 2014 aufzuheben.

8

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Antragsgegner entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

13

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erstattung von Grundstücksanschlusskosten für die leitungsgebundene Abwasserbeseitigung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Insel Usedom (Kostensatzung Abwasser – KoS) i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 3. September 2009. Nach § 2 Abs. 1 KoS ist der Aufwand, der erforderlich ist, das Grundstück an die öffentliche Anschlussleitung anzuschließen, dem Zweckverband in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten.

14

1. Diese Bestimmung ist nach gegenwärtiger Erkenntnis wirksam. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG M-V kann für den Aufwand, der erforderlich ist, um ein Grundstück an Versorgungs- oder Entwässerungsleitungen anzuschließen, ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch erhoben werden. Der zu deckende Aufwand kann dabei nach den tatsächlich im Einzelfall entstandenen Kosten ermittelt werden. Der Erstattungsanspruch setzt eine hinreichend klare und eindeutige Bestimmung im Ortsrecht über den Umfang der öffentlichen Einrichtung voraus. Eine Kostenerstattung im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Grundstücksanschlussleitungen nicht Teil der öffentlichen Einrichtung sind (OVG Greifswald, Urt. v. 16.07.2008 – 3 L 336/05 –, NordÖR 2009, 371). So liegt es hier. Nach § 2 Nr. 6 Satz 4 der Abwasseranschluss- und –beseitigungssatzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Insel Usedom vom 5. Dezember 2007 (Abwasseranschlusssatzung – AAS) i.d.F. der 4. Änderungssatzung vom 13. Dezember 2012 ist der Grundstücksanschluss nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung.

15

Unschädlich ist, dass der Grundstücksanschluss zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands gehört (§ 2 Nr. 6 Satz 5 AAS). Darin liegt insbesondere kein Widerspruch zu der Bestimmung in § 2 Nr. 6 Satz 4 AAS. Denn der Begriff der Betriebsanlage ist nicht identisch oder deckungsgleich mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung. Während mit der Definition der öffentlichen Einrichtung entschieden wird, in welchem Bereich die Rechts- und Pflichtenbindung nach §§ 14 Abs. 2, 15 Kommunalverfassung (KV M-V) gilt, wird mit der Definition der Betriebsanlage bestimmt, in welchem Bereich eine Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde oder des Zweckverbandes besteht. Dabei ist es so, dass die Teile der Abwasserbeseitigungsanlage, die Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, immer auch zur Betriebsanlage des Einrichtungsträgers gehören. Umgekehrt müssen aber nicht alle Bestandteile der Betriebsanlage zugleich Teile der öffentlichen Einrichtung sein. Hiervon geht auch die Regelung über den Kostenerstattungsanspruch in § 10 Abs. 2 KAG M-V aus. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Grundstücksanschluss nur zu den Betriebsanlagen des Aufgabenträgers gehört. Einerseits ließe die Einbeziehung des Grundstücksanschlusses in die öffentliche Einrichtung den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 KAG M-V entfallen (s.o.). Andererseits wäre die Normierung eines Ersatzanspruchs für Maßnahmen in einem Bereich, der nicht in die Aufgabenzuständigkeit des Aufgabenträgers fällt, wenig einleuchtend.

16

2. Die vom Beklagten durchgeführte Maßnahme ist erstattungsfähig.

17

a) Anhaltspunkte dafür, dass die Anlegung eines Grundstücksanschlusses mit Kontrollschacht nicht erforderlich war, sind nicht ersichtlich. Vielmehr geht § 2 Nr. 6 Satz 1 i.V.m. Nr. 7 AAS davon aus, dass in Fällen, in denen die Grundstücksentwässerung im freien Gefälle erfolgt, der Grundstücksanschluss regelmäßig über einen Kontrollschacht verfügen muss. Dies ist auch sachgerecht, denn der Kontrollschacht ermöglicht die Überprüfung, Unterhaltung und Reinigung der Rohrleitung. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem in § 2 Nr. 6 Satz 1 AAS enthaltenen einschränkenden Zusatz „soweit vorhanden“. Damit wird nicht die Erforderlichkeit eines Kontrollschachtes infrage gestellt, sondern lediglich berücksichtigt, dass es Altfälle gibt, bei denen der Grundstücksanschluss ohne Kontrollschacht angelegt wurde.

18

b) Der Erstattungsfähigkeit steht nicht entgegen, dass das klägerische Grundstück bereits vor der Durchführung der hier abgerechneten Maßnahme über einen Grundstücksanschluss für die Abwasserbeseitigung verfügt hat. Zwar stellt § 2 Abs. 1 KoS auf den Aufwand ab, der erforderlich ist, das Grundstück an die öffentliche Anschlussleitung anzuschließen. Damit ist nicht nur der Aufwand für den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung gemeint. Auch vorhandene Grundstücksanschlüsse, die – wie hier – den Maßgaben der Abwasseranschlusssatzung nicht entsprechen, werden von der Vorschrift erfasst. Dies ergibt sich aus einer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V nach Systematik und Wortlaut. Da die Bestimmung des § 2 Abs. 1 KoS den Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V wiedergibt, sind die nachfolgenden Ausführungen zur Auslegung des § 10 KAG M-V auf die genannten Bestimmungen übertragbar.

19

Dem Aufgabenträger stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um den Kostenersatz für Grundstücksanschlüsse zu regeln. Sind diese Bestandteil der öffentlichen Einrichtung, erlaubt es § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V, den entsprechenden Aufwand in den beitragsfähigen Aufwand der Maßnahme nach § 9 KAG M-V einzubeziehen („großer Beitrag“). Dieser Aufwand ist in diesen Fällen als unselbstständiger Bestandteil in die Kalkulation des Anschlussbeitrages gemäß § 9 KAG M-V aufzunehmen. Verfährt der Aufgabenträger auf diese Weise, teilt der abgerechnete Aufwand den rechtlichen Charakter des Gesamtaufwandes. Solange sich die öffentliche Anlage einschließlich der darin einbezogenen Grundstücksanschlüsse in der Herstellungsphase befindet und noch nicht endgültig hergestellt ist, stellen sich alle notwendigen Maßnahmen an einzelnen Bestandteilen der Anlage als Herstellungsmaßnahmen dar, auch wenn sie einen Austausch vorhandener, aber den Anforderungen nicht genügender Anlagenbestandteile beinhalten (eingehend: OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20; vgl. auch Beschl. v. 21.04.1999 – 1 M 12/99 –, juris Rn. 22). Das Merkmal „Herstellung“ i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist folglich nicht in einem tatsächlichen, sondern in einem rechtlichen Sinne zu verstehen. Entsprechendes gilt, wenn sich der Aufgabenträger entschließt, für die Grundstücksanschlüsse einen gesonderten („kleinen“) Beitrag i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V zu erheben. Auch dieser Beitrag kann, solange sich die Gesamtanlage in der Herstellungsphase befindet, nur ein Herstellungsbeitrag sein. Bei einer beitragsrechtlichen Lösung wäre der vorliegend abgerechnete Aufwand ohne weiteres beitragsfähig.

20

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Grundstücksanschluss im vorliegenden Fall nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung ist, denn die maßgebliche Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V zielt auf den Ersatz desselben Aufwandes. Dies folgt schon daraus, dass der Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V „anstelle“ des Beitrages nach § 10 Abs. 1 KAG M-V erhoben werden kann. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfasst der Sache nach denselben Sachverhalt, der durch einen Beitrag abgegolten werden kann (OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2008 – 1 L 198/07 –, juris Rn. 18 und NordÖR 2009, 41). Er bildet das Funktionsäquivalent zum Beitrag nach § 10 Abs. 1 KAG M-V (VG Greifswald, Urt. v. 14.07.2009 – 3 A 839/06 – juris). Der Gegenstand des Erstattungsanspruches geht über den Gegenstand des Beitrags nicht hinaus, bleibt aber auch dahinter nicht zurück. Maßnahmen, die im Falle einer organisationsrechtlichen Entscheidung des Aufgabenträgers zugunsten von § 10 Abs. 1 KAG M-V beitragsfähig wären, unterliegen auch der Kostenerstattungspflicht nach § 10 Abs. 2 KAG M-V auch wenn der Grundstückanschluss nicht Bestandteil der Gesamtanlage ist. Aus dem Umstand, dass § 10 Abs. 2 Sätze 2 und 3 KAG M-V teilweise eigene Maßstabsregeln enthalten, folgt nichts Anderes. Diese Vorschriften betreffen nur die Verteilung des Aufwandes, nicht dessen Ermittlung.

21

Gegen diese Auslegung spricht auch nicht die Regelung des § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V. Diese Vorschrift bestimmt lediglich einen Zeitpunkt für das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs, da die Regelung in § 9 Abs. 3 KAG M-V auf den Kostenerstattungsanspruch nicht anwendbar ist, weil die tatsächlich im Einzelfall entstandenen Kosten nicht schon mit der Anschlussmöglichkeit, sondern erst nach dem Anschluss feststehen. Für den Gegenstand des Anspruchs gibt diese Norm nichts her (zum Ganzen: VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 – juris Rn. 17 f.).

22

Die Rechtsprechung des OVG Greifswald, wonach für einen infolge der Verlegung der Hauptversorgungsleitung erforderlich werdenden „Umbau“ eines Grundstücksanschlusses kein Kostenersatz nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V verlangt werden kann (Beschl. v. 08.07.2008 – 1 L 198/07 – juris Rn. 18; vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 18.12.2009 – 2 LB 25/09 –, juris Rn. 30: kein Sonderinteresse des Erstattungspflichtigen bei bloßer Veränderung des Verlaufs der Sammelleitung), ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die abgerechnete Baumaßnahme wurde nicht durch eine Verlegung der Hauptsammelleitung ausgelöst, sondern erfolgte, weil der vorhandene Grundstücksanschluss nicht den Maßgaben der Abwasseranschlusssatzung genügte. Im Übrigen sei mit Blick auf den zitierten Beschluss vom 8. Juli 2008 darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald der Wegfall der noch in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 enthaltenen Merkmale „Aus- und Umbau“, „Verbesserung“ und „Erweiterung“ in § 9 Abs. 1 KAG M-V für die Auslegung des Merkmals „Herstellung“ i.S.d. § 9 Abs. 1 KAG M-V nichts hergibt (OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20).

23

c) Auch der Höhe nach ist der Erstattungsanspruch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger bestreiten, dass der abgerechnete Baugrubenverbau (Holzverbau) tatsächlich vorgenommen wurde, ist der Vortrag unsubstanziiert und daher unbeachtlich. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die Anlegung eines Holzverbaus bereits deshalb notwendig war, weil die Grundstücksanschlussleitung in einer Tiefe von 2,6 m verläuft. Ohne den Holzverbau hätte die Gefahr bestanden, dass die Baugrube einstürzt.

24

Der Behauptung der Kläger, die Kosten- und Mengenansätze seien um mindestens 30 v.H. überhöht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Zum einen hat der Beklagte die Kosten- und Mengenansätze durch das Aufmaß der bauausführenden Firma und deren Rechnung belegt. Zum anderen tragen die Kläger selbst vor, Nachweise für ihre Behauptung nicht erbringen zu können. Zu Unrecht meinen sie, dass ihnen eine Beweiserleichterung zugute kommen müsse, weil sie mit Blick auf das Schreiben des Beklagten vom 18. Juni 2009 darauf verzichtet hätten, eigene Messungen während der Bauausführung anzustellen. Denn es liegt kein Fall einer Beweisnot vor. Entgegen der Auffassung der Kläger sind nachträgliche Feststellungen zu den konkreten Aufwendungen des Beklagten sind sehr wohl möglich. Die Kläger haben lediglich davon abgesehen, entsprechende Beweisanträge zu stellen.

25

d) Der Erstattungsanspruch ist nicht infolge Festsetzungsverjährung (§§ 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. 47 Abgabenordnung [AO]) erloschen. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V für alle kommunalen Abgaben und Steuern vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V). Nach § 2 Abs. 3 (vgl. auch § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V) entsteht der Kostenersatzanspruch mit der endgültigen Herstellung der Grundstücksanschlussleitung. Zweifel an der Wirksamkeit dieser bereits bei Durchführung der Maßnahmen geltenden Regelungen bestehen nicht. Der vorliegend abgerechnete Grundstücksanschluss ist im Jahre 2009 hergestellt worden. Folglich lief die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2009 an und mit Ablauf des Jahres 2013 ab. Die Heranziehung der Kläger im November 2013 erfolgte daher fristgemäß.

26

e) Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte mit seinen Erklärungen in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 nicht auf die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs verzichtet. Ungeachtet der Frage, ob ein öffentlicher Aufgabenträger überhaupt wirksam auf ihm zustehende Abgabenansprüche verzichten kann, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Verzichtswillen. Denn der Beklagte ging bei Abgabe der Erklärung in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 aufgrund der veröffentlichten Entscheidung des OVG Greifswald vom 8. Juli 2008 (– 1 L 198/07 –) davon aus, dass ihm für den Umbau von Grundstücksanschlüssen kein Erstattungsanspruch zusteht. Damit konnte er nicht den Willen haben, über die Geltendmachung eines bestehenden Anspruchs zu verfügen. Demgemäß hat er in den Widerspruchsbescheiden ausgeführt, dass er erst mit Blick auf das gegenteilige Urteil des VG Greifswald vom 5. Oktober 2011 (– 3 A 1427/10 –, juris) vom Bestehen des Anspruchs ausgeht.

27

f) Schließlich hat der Beklagte sein Recht, den Kostenersatzanspruch gegenüber den Klägern geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Greifswald, Urt. v. 02.11.2005 – 1 L 105/05 –, juris Rn 81).

28

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Vertrauensgrundlage entstanden ist. Zwar hat der Beklagte in dem Schreiben vom 18. Juni 2009 erklärt, dass für die Maßnahmen keine Kosten entstehen würden. Allerdings beruhte diese Erklärung nicht auf einer Dispositionsbefugnis des Beklagten, sondern wurde in der Annahme abgegeben, dass ihm für die Maßnahme kein Anspruch zusteht (s.o.). Ob in einem solchen Fall eine Vertrauensgrundlage überhaupt entstehen kann, bedarf keiner Vertiefung, denn jedenfalls ist der zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung der Erstattungsansprüche und ihrer Geltendmachung verstrichene Zeitraum nicht so lang, dass die Vertrauensgrundlage hätte entstehen können. Wie lang der Zeitraum der Untätigkeit sein muss, um eine Verwirkung anzunehmen, wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird ein Zeitablauf von 18 bis 20 Jahren für erforderlich gehalten (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.1983 – 2 S 248/83 – KStZ 1984, 56; VG Düsseldorf, Urt. v. 03.05.1988 – 17 K 2555/85 –, KStZ 1989, 115). Nach der Rechtsprechung des VGH München soll bereits ein Zeitraum von 8 Jahren genügen (Urt. v. 16.04.1984 – 6 B 82 A.1895 –, BayVBl. 1984, 407 [nur LS]). Diese Fristen sind vorliegend allesamt nicht überschritten worden.

29

Ungeachtet dessen sei darauf hingewiesen, dass die Vertrauensgrundlage jedenfalls dann nicht entstehen kann, wenn die abgerechnete Maßnahme – wie hier – unter Geltung einer wirksamen Erstattungssatzung durchgeführt wurde und die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs innerhalb der Festsetzungsfrist erfolgt. Die Anspruchsentstehung richtet sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V, wonach der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung entsteht, und daneben nach § 9 Abs. 3 KAG M-V (VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 15 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Beschl. v. 04.01.1999 – 1 L 162/07 –, NordÖR 1999, 164). Folglich entsteht der Kostenerstattungsanspruch ungeachtet des Zeitpunkts der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen (Kostenersatz-)Satzung. Der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung und damit der Zeitpunkt des Anlaufens der Festsetzungsfrist kann sich daher durch Fehler, die zur Unwirksamkeit der Kostenersatzsatzung führen, unter Umständen erheblich verzögern, weil es für die Anspruchsentstehung einer Fehlerheilung durch Änderung oder Neuerlass der Kostenersatzsatzung bedarf. In solchen Fällen ist die Annahme einer Verwirkung vor Ablauf der Festsetzungsfrist zumindest denkbar.

30

Anders ist es aber, wenn die Durchführung der abgerechneten Maßnahme unter Geltung einer wirksamen Kostenersatzsatzung erfolgt und der Anspruch damit zu dem nach dem Gesetz frühestmöglichen Zeitpunkt – dem der endgültigen Herstellung des Grundstücksanschlusses – entsteht. In diesem Fall läuft auch die Festsetzungsfrist zum frühestmöglichen Zeitpunkt an und damit auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt ab. Innerhalb der Festsetzungsfrist muss jeder Abgabenschuldner damit rechnen, zu Kommunalabgaben herangezogen zu werden. Die Annahme einer Vertrauensgrundlage in Fällen, in denen die Festsetzungsfrist zum frühestmöglichen Zeitpunkt an- und abläuft, liefe der in der Normierung der Festsetzungsfrist enthaltenen gesetzgeberischen Wertung zuwider.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich. Anders als noch in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2015 erwogen, liegt insbesondere keine Abweichung von dem Beschluss des OVG Greifswald vom 8. Juli 2008 (– 1 L 198/07 –, juris) vor.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Kostenerstattungsbescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Fassung der Teilrücknahme in der mündlichen Verhandlung werden aufgehoben, soweit sie den Betrag von 1.322,48 € (einschließlich 7 % Umsatzsteuer) übersteigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu 91 % und die Beklagte zu 9 %.

Tatbestand

1

Die Kläger fechten einen Kostenerstattungsbescheid zur Neuverlegung des Trinkwasserhausanschlusses ihres Hausgrundstücks an.

2

Die Kläger sind Miteigentümer des Hausgrundstücks gemäß Rubrumsadresse. Die Trinkwasserhausanschlussleitung verlief bisher unter einem Gartenteich auf dem Grundstück.

3

Mit – nicht in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen befindlichem – handschriftlichem Antrag vom 28. Oktober 2009 begehrten die Kläger („Familie P... H...“) „nach mehreren Rohrbrüchen vor der Wasseruhr ... (die) Neuverlegung der Rohrleitungen“.

4

In der Zeit vom 10. und 11. November 2009 ließ die Beklagte durch die Fa. W. H. Tief- und Rohrleitungsbau den Trinkwasseranschluss für dieses Grundstück sowohl im „öffentlichen Bereich“ als auch auf „priv(atem) Grundstück“ neu verlegen. In der Rechnung dieser Firma vom 18. Dezember 2009 werden für die Arbeiten auf dem privaten Grundstück 1.132,35 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer verlangt, auf – wohl am 18. Dezember 2009 überarbeiteten bzw. nur zum Teil anerkannten - Anlagen zur Aufmaßabrechnung zu diesen Arbeiten schließlich ein Betrag in Höhe von 1.028,35 € (ohne Umsatzsteuer).

5

Zunächst übersandte die Beklagte den Klägern eine sog. Rechnung vom 29. April 2010 in Höhe von 1.342,02 €, die auf das anwaltliche Schreiben vom 4. Mai 2010 hin mit Schreiben vom 13. August 2010 aufgehoben wurde. Stattdessen wurde darin nach Inkrafttreten der Trinkwasserbeitragssatzung ein Kostenerstattungsbescheid angekündigt. Unter dem 16. August 2010 erfolgt die „STORNO – Rechnung“.

6

Mit dem streitgegenständlichen Kostenerstattungsbescheid vom 11. September 2013 erhob die Beklagte von den Klägern zur Refinanzierung des Aufwands für die Änderung des Hausanschlusses für ihr Grundstück nach der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom 31. August 2011 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013 einen Erstattungsbetrag in Höhe von 1.452,91 € inklusive 7 % Umsatzsteuer. Darin war neben anderen Positionen etwa eine „Fahrkostenpauschale“ in Höhe von 17,90 € enthalten, aber auch noch der ursprüngliche Rechnungsbetrag der Firma H. in Höhe von 1.132,35 €.

7

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 13. September 2013 Widerspruch ein, den die Beklagte – ohne die „zeitnah“ angekündigte Begründung des Widerspruchs abzuwarten oder eine Frist zu setzen - mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 zurückwies. Der Widerspruchsbescheid wurde am 20. November 2013 zugestellt.

8

Die Kläger haben am 20. Dezember 2013 Klage erhoben.

9

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Kostenerstattungsbescheid vom 11. September 2013 in Höhe von 111,28 € einschließlich 7 % Umsatzsteuer zurückgenommen. Die Beteiligten haben daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt erklärt.

10

Die Kläger tragen vor:

11

Es habe sich um einen Wasserschaden gehandelt, der von ihnen nicht zu ersetzen sei. Sie hätten einen Wassereinbruch im Bereich der Wasseruhr im Keller festgestellt. Es sei zu einem Defekt des Wasserrohrs auf ihrem Grundstück gekommen, die Hausanschlussleitung sei defekt gewesen. Zuständig sei für diese Leitung der beklagte Zweckverband. Der Schaden sei der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau Sch., mitgeteilt worden, die den Text des Antrags vom 28. Oktober 2009 vorformuliert habe. Zuvor hätten sie, die Kläger, ausdrücklich nachgefragt, ob irgendwelche Kosten entstehen würden. Ihnen sei zugesichert worden, dass dies nicht der Fall sei.

12

Erst nach Durchführung der Arbeiten sei dem Kläger (zu 2) das als Anlage B 3 von der Beklagten vorgelegte Schreiben vorgelegt worden. Ihm sei gesagt worden, dass man einen Nachweis über die durchgeführten Arbeiten haben müsse und die Kompetenzen festgehalten werden müssten hinsichtlich der Schließung mit Pflastersteinen. Es werde lediglich bestätigt, was das Unternehmen getan habe.

13

Sie, die Kläger, hätten zu keinem Zeitpunkt einen kostenauslösenden Auftrag erteilt. Die Hausanschlüsse gehörten grundsätzlich zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens. Dieses hafte sogar für etwaige Schäden, die durch den Betrieb des Wasseranschlusses entstünden (BGH, Urt. v. 7. Februar 2007 – III ZR 307/05 -).

14

Die in der Rechnung der Firma H. angegebene Neuverlegung des Trinkwasseranschlusses sei nicht erforderlich gewesen. Man hätte den Schaden reparieren können.

15

Die Kläger beantragen sinngemäß,

16

den Bescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihren Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Gestalt der teilumfänglichen Rücknahme des Bescheids gemäß Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen,

19

und trägt dazu vor:

20

Die mit dem Kostenerstattungsbescheid abgerechneten Leistungen seien erforderlich, ortsüblich und angemessen.

21

Die vorgelegte Anlage B3 sei – anders als zunächst vorgetragen - tatsächlich erst nach Durchführung der streitgegenständlichen Arbeiten erstellt und von den Klägern unterzeichnet worden. Dieses Schreiben sei von der Firma H. zur Dokumentation der ausgeführten Arbeiten erstellt worden.

22

Frau Sch. als Mitarbeiterin bei ihr, der Beklagten, habe die Kläger im Vorfeld der Antragstellung beraten und die Beantragung einer Neuverlegung empfohlen. Die Arbeiten seien in diesem Fall kostengünstiger, weil vom Grundstückseigentümer dann lediglich die auf seinem Grundstück und nicht auch noch die im öffentlichen Bereich anfallenden Kosten zu tragen seien. Frau Sch. habe die Kläger auch darüber informiert, dass bei einer Beantragung einer Neuverlegung die auf ihrem Grundstück anfallenden Kosten zu erstatten seien.

23

Ein Verweis auf Rechtsprechung bei privatrechtlich organisierter Wasserversorgung sei hier nicht weiterführend. Der Zweckverband betreibe die öffentliche Wasserversorgung in öffentlich-rechtlicher Form. Die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten unterlägen daher öffentlich-rechtlicher Prägung. Maßgeblich sei insofern die Satzung über die öffentliche Wasserversorgung vom 25. April 2012 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013. Die tatsächliche und ordnungsgemäße Durchführung von Unterhaltungs-, Erneuerungs- oder Änderungsarbeiten an den Hausanschlussleitungen („auf“ den angeschlossenen Grundstücken) obliege nach § 12 Abs. 3 dieser Satzung zwar dem Zweckverband. Allerdings seien die durch solche Arbeiten anfallenden Kosten nach § 1 Abs. 1 der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom Anschlussinhaber, hier also den Klägern, zu tragen. Diese Gestaltung der Kostentragungspflicht sei folgerichtig, da die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Zweckverbands gehörten.

24

Etwaige Schäden bzw. Rohrbrüche im Bereich des Trinkwasserhausanschlusses hätten auch nicht repariert bzw. mit weniger umfangreichen Arbeiten unter Einhaltung der anerkannten Regeln und des Stands der Technik behoben werden können. Die gesamte Anschlussleitung sei aus Stahl und damit nicht mehr normgerecht gewesen. Der vorherige Trinkwasserhausanschluss sei zudem mit einem ca. 4 x 5 m großen Teich überbaut gewesen, was nicht zulässig sei.

25

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 6. März 2014 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

26

Soweit das Verfahren nach übereinstimmenden Erklärungen, dass der Rechtsstreit im Umfang der teilweisen Rücknahme des Bescheids in der Hauptsache erledigt sei, eingestellt worden ist, beruht dies auf einer analogen Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

27

Im Übrigen ist die Klage nur zu einem geringen Teil begründet.

28

Der Bescheid der Beklagten vom 11. September 2013 und ihr Widerspruchsbescheid vom 14. November 2013 in der Gestalt der teilweisen Rücknahme des Bescheids gemäß ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, soweit er einen Betrag von 1.322,48 € (einschließlich 7 % Umsatzsteuer) übersteigt; im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

29

A) Der Kostenerstattungsbescheid hat seine Rechtsgrundlage nunmehr in § 1 Abs. 1 der Satzung über die Erstattung der Kosten für die Trinkwasserhausanschlussleitungen des Zweckverbands Wismar – Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung (TWKS) – vom 23. April 2014. Diese Satzung ist nach ihrem § 7 Absatz 1 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten und hat gleichzeitig die Satzung über die Erstattung der Kosten für die Trinkwasserhausanschlussleitungen des Zweckverbands Wismar vom 31. August 2011 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013 außer Kraft gesetzt.

30

I. Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Satzung (oder der Vorgängersatzung) sind von den Klägern nicht vorgebracht worden.

31

II. Auch das Gericht hält die Kostenerstattungssatzung jedenfalls im Hinblick auf die vorliegende Fallgestaltung für wirksam.

32

Rechtsgrundlage für die in der Satzung geregelte Erstattung von Kosten für Maßnahmen an den Trinkwasserhausanschlussleitungen ist nach Auffassung des Gerichts § 10 Abs. 2 bis 4 i. V. m. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 KAG M-V und die §§ 154 und 5 Abs. 1, 3 bis 6 KV M-V.

33

1. Die nachfolgend dargestellten Fehler in der sog. Einleitungsformel bzw. Präambel der Satzung haben keine Auswirkungen auf ihre Wirksamkeit.

34

a) Soweit in der sog. Einleitungsformel bzw. Präambel als Rechtsgrundlage der Satzung das Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LWaG) genannt wird, vermag das Gericht zwar nicht nachzuvollziehen, aufgrund welcher dortigen Vorschriften genau eine Kostenerstattung im Trinkwasserhausanschlussbereich ermöglicht werden soll. Für die sich stellenden Vorfragen zum satzungsrechtlich zu regelnden Umfang der öffentlichen Einrichtung und der Frage, ob dazu auch die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse gehören, mag dies zwar anders sein, indessen sind dafür andere (sog. technische) Satzungen des Zweckverbands maßgeblich (dazu weiter unten). Offenbar hat der Ortsgesetzgeber auch ähnliche Schwierigkeiten wie das Gericht, wenn er hier pauschal das Wassergesetz erwähnt, ohne sich auf konkrete Vorschriften festzulegen, während er dies bei den anderen aufgeführten gesetzlichen Eingriffsermächtigungen macht.

35

b) Bei der Benennung der Vorschriften der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) zum Satzungsrecht von Zweckverbänden (§§ 15, 150, 154 und 5 KV M-V) erscheint für die vorliegende Satzung der § 15 KV M-V, der die Satzungsbefugnis zur Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für öffentliche Einrichtungen der Gemeinden (und Zweckverbände) betrifft, nicht einschlägig.

36

c) Ebenso unzutreffend ist, soweit der Satzungsgeber meint, Rechtsgrundlage für die vorliegende Satzung sei „§ 6 i. V. m. §§ 1 II und 2 I“ des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V). § 6 KAG M-V befasst sich mit Benutzungsgebühren, nicht mit einer Kostenerstattung für die hier geregelten Maßnahmen an einem Trinkwasserhausanschluss, die weder unmittelbar zu den Benutzungsgebühren zählt noch kraft irgendeiner gesetzlichen Fiktion diesen Charakter aufweist; § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V macht den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 und 3 KAG M-V lediglich zur Abgabe im Sinne des § 1 KAG M-V. Da hilft es auch nichts, dass der Inhalt dieser Präambel schon in der 1. Änderungssatzung der Vorgängersatzung vom 8. Mai 2013 so (unzutreffend) aufgeführt wird.

37

d) Ohne Erwähnung des § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, für den die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend gelten, ist auch der Hinweis auf die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 KAG M-V nicht verständlich.

38

e) Es ist indessen unschädlich, dass die Präambel zur Ableitung des Rechts zum Erlass der vorliegenden Satzung in weiten Teilen unzutreffend bzw. unvollständig ist. Eine solche Einleitungsformel und damit auch eine solche mit (korrekter) Benennung der gesetzlichen Rechtsgrundlagen ist kein notwendiger Bestandteil für eine wirksame kommunale Abgabensatzung (OVG Greifswald, Urt. v. 17. Juli 1997 – 6 L 235/96 -, S. 13 des amtlichen Umdrucks; Aussprung, in: ders./Siemers/Holz/Seppelt, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: November 2015, § 2 Erl. 2.5). Die (korrekte) Erwähnung der Ermächtigung zum Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen wird von § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht gefordert, der aufführt, was eine wirksame Abgabensatzung zu beinhalten hat. Anders als im Falle etwa des Erlasses von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes bzw. Art. 57 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine Vorschrift, welche die Angabe der (korrekten) Rechtsgrundlage in der Abgabensatzung selbst verlangt (OVG Greifswald, Urt. v. 17. Juli 1997, a. a. O.).

39

2. Gewichtiger ist dagegen die Frage, ob § 10 Abs. 2 ff. KAG M-V die Rechtsgrundlage für alle erdenklichen Maßnahmen an der Trinkwasserhausanschlussleitung die satzungsrechtliche Regelungsmöglichkeit einer Kostenerstattung bietet, soweit dieser Anschluss – dazu sogleich - nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung mit der Folge einer grundsätzlichen Forderung im Rahmen eines Anschlussbeitrags nach den §§ 9, 10 Abs. 1 Satz 1 oder 2 KAG M-V ist. Jedenfalls für den vorliegenden Aufwand zur („Wieder-“)Herstellung bzw. Neuverlegung einer defekten (Trinkwasser-)Hausanschlussleitung ist die Befugnis zur Satzungsregelung einer Kostenerstattung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V nicht zu beanstanden.

40

a) Die Kostenerstattung wäre allerdings ausgeschlossen, wenn die Trinkwasserhausanschlussleitungen auf den angeschlossenen (Privat-)Grundstücken im Gebiet des Zweckverbands Wismar Bestandteil seiner öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung wären (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 21. April 2015 – 1 K 46/11 -, juris Rn. 65 m. w. N., ebenso Urt. vom gleichen Tag – 1 K 47/11 -, S. 25 des amtlichen Umdrucks; Urteil des Gerichts vom 24. Juni 2011 – 4 A 1537/08 -, S. 10 des amtlichen Umdrucks; Seppelt, in: Aussprung u. a., a. a. O., § 10 Erl. 5.2.1). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die genannte öffentliche Einrichtung umfasst lediglich die Grundstücksanschlussleitungen nach § 2 Abs. 1 dritter Spiegelstrich der Satzung über die öffentliche Wasserversorgung des Zweckverbands Wismar - Wasserversorgungssatzung (WVS) – vom 25. April 2012 in der insoweit unveränderten Fassung der 1. Änderungssatzung vom 8. Mai 2013. Grundstücksanschlussleitungen sind nach § 2 Abs. 3 fünfter Spiegelstrich Satz 1 WVS die Verbindungsleitungen vom Abzweig der Versorgungsleitung bis zur Grenze des jeweils angeschlossenen Grundstücks. Hausanschlussleitung ist nach § 2 Abs. 3 sechster Spiegelstrich Satz 1 WVS demgegenüber die Verbindungsleitung von der Grundstücksgrenze bis zur Übergabestelle, die wiederum nach § 2 Abs. 3 achter Spiegelstrich WVS grundsätzlich hinter der Absperrvorrichtung hinter der Wassermesseinrichtung liegt; dahinter beginnt nach § 2 Abs. 3 neunter Spiegelstrich Satz 1 WVS dann die Kundenanlage. Dass die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung gehören, aber dennoch Teil der Betriebsanlagen des Zweckverbands sind, regelt auch § 2 Abs. 1 Satz 3 WVS ausdrücklich. Die Eigentumsverhältnisse an den Leitungen sind dabei unerheblich (OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008 – 3 L 336/05 –, juris Rn. 37; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.4).

41

Alle Bauarbeiten an Hausanschlussleitungen werden nach § 12 Abs. 1 Satz 2 WVS vom Zweckverband veranlasst. Diese Leitungen werden vom Zweckverband betrieben und stehen vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Eigentum des Anschlussberechtigten, § 12 Abs. 3 Satz 1 WVS. Sie werden vom Zweckverband hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt und müssen zugänglich und vor Beschädigung geschützt sein, § 12 Abs. 3 Satz 2 WVS.

42

Nichts anderes gilt, soweit wegen der bereits im Jahre 2009 erfolgten Maßnahme an der Trinkwasserhausanschlussleitung der Kläger noch die Vorgängersatzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser des Zweckverbandes Wismar vom 24. Mai 2000 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 20. Dezember 2005 (WVS 2000/2005) zu beachten sein sollte (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 dritter Spiegelstrich, Abs. 3 sechster und zehnter Spiegelstrich, 12 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 WVS 2000/2005).

43

Daran ändert sich auch bei Betrachtung des Umstands nichts, dass die Hausanschlussleitung zu den Betriebsanlagen des Zweckverbands gehört, § 2 Abs. 1 Satz 3 WVS/§ 2 Abs. 3 sechster Spiegelstrich Satz 1 WVS 2000/2005 (vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.3). Darin liegt insbesondere kein Widerspruch zu der übrigen Regelung dieser Norm, wonach die Hausanschlussleitungen nicht zur öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung gehören. Denn der Begriff der Betriebsanlage ist nicht identisch oder deckungsgleich mit dem Begriff der öffentlichen Einrichtung. Während mit der Definition der öffentlichen Einrichtung entschieden wird, in welchem Bereich die Rechts- und Pflichtenbindung nach §§ 14 Abs. 2, 15 KV M-V gilt, wird mit der Definition der Betriebsanlage bestimmt, in welchem Bereich eine Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde oder des Zweckverbands besteht (vgl. auch die §§ 10 Abs. 3 Satz 1, 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980 [AVBWasserV], nunmehr i. d. Fassung der Änderungsverordnung vom 11. Dezember 2014). Dabei gehören die Teile der Trinkwasserversorgungsanlage, die Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sind, immer auch zur Betriebsanlage des Einrichtungsträgers. Umgekehrt müssen aber nicht alle Bestandteile der Betriebsanlage zugleich Teile der öffentlichen Einrichtung sein, auch nicht im Bereich der Trinkwasserversorgung (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. Oktober 1989 – 8 C 52/87 –, BVerwGE 82, 350 ff. = juris, Rn. 9 ff.: § 10 Abs. 3 Satz 1 AVBWasserV ordnet nicht an, dass Hausanschlüsse für Trinkwasser bei öffentlich-rechtlicher Regelung des Versorgungsverhältnisses auch stets Teil der öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung sein müssen). Hiervon geht auch die Regelung über den Kostenerstattungsanspruch in § 10 Abs. 2 KAG M-V aus. Die Vorschrift setzt voraus, dass der Hausanschluss nur zu den Betriebsanlagen des Aufgabenträgers gehört. Einerseits ließe die Einbeziehung des Hausanschlusses in die öffentliche Einrichtung den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 KAG M-V entfallen. Andererseits wäre die Normierung eines Ersatzanspruchs für Maßnahmen in einem Bereich, der nicht in die Aufgabenzuständigkeit des Aufgabenträgers fällt, wenig einleuchtend (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 15).

44

b) Die Frage nach den erstattungs- (oder beitrags-)fähigen Tatbeständen im Bereich der Grundstücks- und Hausanschlüsse könnte zwar offen bleiben, wenn als Rechtsgrundlage für die genannten Maßnahmen jedenfalls auch der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch oder das auch im öffentlichen Recht grundsätzlich anwendbare Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs analog) herangezogen werden könnten, die dann allerdings nicht mit Verwaltungsakt, sondern durch Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage durchzusetzen wären. Dies ist indessen nicht möglich, da die Vorschriften des § 10 KAG M-V für Kosten aufgrund von Arbeiten an den Haus- und Grundstücksanschlüssen Spezialregelungen enthalten, die allgemeinen Regelungen vorgehen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008, a. a. O., Rn. 33 m. w. N.; vgl. auch VG Greifswald, Urt. v. 29. Oktober 2015 – 3 A 1174/13 –, juris Rn. 20; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 1.3; Grünewald, in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2015, § 10 Rn. 6).

45

c) Für die – hier jeweils nicht einschlägige – Herstellung des erstmaligen Grundstücks- oder Hausanschlusses (also die erstmalige Verlegung der Anschlussleitungen, vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.1) und die Beseitigung von Anschlüssen darf nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KAG M-V jeweils eine Kostenerstattung (oder im Falle einer Einbeziehung in die öffentliche Einrichtung eine „einheitliche“ oder gesonderte Beitragserhebung) auf satzungsrechtlicher Grundlage erfolgen, während der Aufwand weiterer vom Anschlussberechtigten zusätzlich geforderter Anschlussleitungen nach § 10 Abs. 3 KAG M-V nur so (ohne alternative Einbeziehung in eine Beitragserhebung) abzurechnen ist (vgl. dazu etwa Urt. des Gerichts vom 17. Februar 2015 – 4 A 1199/10 -).

46

Nach Auffassung des Gerichts liegt der Tatbestand der Herstellung i. S. des § 10 KAG M-V aber auch dann vor, wenn es sich bei dem Aufwand um eine „Wieder“-Herstellung des Trinkwasserhausanschlusses handelt, weil ein bereits vorhandener (erstmals „hergestellter“) Anschluss nicht mehr den Anforderungen der Wasserversorgungssatzung und den Technischen Regeln (DIN 1988 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“ Teil 2 bzw. DIN EN 806) entspricht und deshalb in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht und damit restauriert wird (vgl. bei einem bislang fehlenden, aber nach der Abwassersatzung erforderlichen Kontrollschacht auch VG Greifswald, Urt. v. 19. März 2015, a. a. O., Rn. 18, weitere Beispiele aus der dortigen Rechtsprechung bei Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2). Der Begriff der Herstellung ist nicht nur im Rahmen des § 9 KAG M-V, sondern auch hier nicht in einem tatsächlichen, sondern in einem rechtlichen Sinne zu verstehen (ebenso Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2).

47

Ersteres ist hier mit Blick auf den über dem alten Verlauf der Trinkwasserhausanschlussleitung errichteten Gartenteich der Fall gewesen. Anschlussleitungen dürfen nach dem genannten technischen Regelwerk nicht überbaut werden und müssen – so auch gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 WVS / WVS 2000/2005 - zugänglich sein, vgl. auch § 12 Abs. 4 Sätze 1 und 2 WVS / § 12 Abs. 3 Sätze 4 und 5 WVS 2000/2005. Die wiederhergestellte „neue“ Hausanschlussleitung trägt dem Rechnung, in dem sie in anderer Lage am Teich vorbei das Haus der Kläger mit dem Wasserversorgungsnetz verbindet.

48

An der im Urteil vom 24. Juni 2011 (Az. 4 A 1537/08) vertretenen Auffassung, dass eine Kostenerstattung für eine wegen des früheren Verlaufs über das Nachbargrundstück durchgeführte (Ver-)Änderung des Laufs der Grundstücks- oder Hausanschlussleitung ausgeschlossen sei, wird nicht festgehalten.

49

Insofern ist es dann unerheblich, dass damit nach Wasserrohrbrüchen zugleich auch eine „Erneuerung“ der offensichtlich schon mehrfach schadhaft gewesenen bisherigen Trinkwasserhausanschlussleitungen vorgenommen worden ist.

50

d) Für einen wegen Verlegung der Hauptversorgungsleitung notwendigen Umbau des Hausanschlusses kann nach der obergerichtlichen Rechtsprechung seit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 dagegen kein Erstattungsanspruch nach § 10 Abs. 2 KAG M-V mehr geltend gemacht werden (OVG, Beschl. v. 8. Juli 2008 – 1 L 198/07 -, NordÖR 2009, 41 = juris, Rn. 19), sodass auch eine entsprechende satzungsrechtliche Ermächtigung teilunwirksam wäre, wenn sie nicht entsprechend einschränkend ausgelegt werden kann. Aber auch darum geht es im vorliegenden Fall nicht.

51

e) In den übrigen Fällen von kostenauslösenden Maßnahmen am Haus- oder Grundstücksanschluss an Versorgungs- bzw. Entwässerungsleitungen hilft der Gesetzeswortlaut nicht weiter.

52

Soweit der obigen Beurteilung, dass eine öffentlich-rechtliche Kostenerstattung im Falle einer wegen „nachträglichen“ Verstoßes gegen die Wasserversorgungssatzung und/oder einschlägige DIN-Vorschriften notwendigen „Wiederherstellung“ eines Hausanschlusses möglich ist, nicht gefolgt wird, ist aber nach Auffassung des Gerichts jedenfalls eine Erneuerung einer defekten, nicht mehr reparaturfähigen Hausanschlussleitung (etwa nach mehreren, dies indizierenden Rohrbrüchen) auch kostenerstattungsfähig i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V (im Gegensatz zur vom damaligen Kommentator Aussprung noch in der 32. Ergänzungslieferung in den Erläuterungen 7.8.2 und 7.8.2.4 vertretenen Auffassung nunmehr ebenso Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 5.2.2.1.2 S. 18 und 5.2.2.3; bei einem neuen Hausanschluss nach mehrjähriger Stilllegung und Frostschaden der alten Hausanschlussleitung ebenso das allerdings nicht rechtskräftige Urteil des Gerichts vom 26. Juni 2015 – 4 A 240/10 -; vgl. auch z. B. VG Greifswald, Beschl. v. 31. Juli 2014 – 3 B 530/14 –, juris Rn. 18, und Urt. v. 5. Oktober 2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 16 ff.) und kann somit Gegenstand einer entsprechenden Erstattungssatzung sein. An der beiläufigen anderen Auffassung im Urteil vom 24. Juni 2011 (Az. 4 A 1537/08, S. 8 des amtlichen Umdrucks) hält das Gericht nicht fest.

53

f) Im vorliegenden Bereich eines Haus(- oder Grundstücks)anschlusses an die Trinkwasserversorgung ist zwar grundsätzlich auch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser zu beachten, indessen steht sie abgabenrechtlichen Satzungsvorschriften zur Kostenerstattung in diesem Bereich (über den in § 10 Abs. 4 AVBWasserV geregelten Umfang hinaus) nicht entgegen (§ 35 Abs. 1 AVBWasserV, BVerwG, Urt. v. 6. Oktober 1989, a. a. O., juris Rn. 14 ff.; BGH, Urt. v. 1. Februar 2007 – III ZR 289/06 –, juris Rn. 18; Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 8), so auch einer wohl gegenüber § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 dieser Verordnung engeren Definition des Hausanschlusses bzw. der Hausanschlussleitungen (und einem sich daran anschließenden Grundstücksanschluss bis zur Hauptleitung, siehe Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 3.3).

54

g) Im Weiteren hilft ein Blick auf die Kommunalabgabengesetze manch anderer Bundesländer nicht weiter, die ausdrücklich regeln, dass die Gemeinden durch Satzung bestimmen können, dass ihnen die Kosten bzw. der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen zu ersetzen sind (vgl. etwa § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG Brandenburg, § 10 Abs. 1 Satz KAG Nordrhein-Westfalen oder § 42 Abs. 1 KAG Baden-Württemberg, vgl. Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 1). Da jedes Bundesland sein eigenes Landesrecht schaffen kann, ist aus der fehlenden Erwähnung dieser Maßnahmen in § 10 KAG M-V nicht der zwingende Schluss zu ziehen, dass der hiesige Landesgesetzgeber die Kosten für andere als die ausdrücklich genannten Arbeiten an Haus- oder Grundstücksanschlüssen nicht als erstattungsfähig betrachtet.

55

h) Betrachtet das Gericht die historische Entwicklung dieser Norm, so fällt zwar auf, dass die ursprüngliche Fassung des § 10 Abs. 1 im Kommunalabgabengesetz vom 11. April 1991 weitgehend wortgleich bzw. identisch war mit den (immer noch) aktuellen Regelungen mindestens der Bundesländer, die vorstehend zitiert wurden. Der auffällige Bruch erfolgte dann mit Inkrafttreten der Neufassung des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993. Seither wird nicht mehr ausdrücklich geregelt, auf welche Maßnahmen sich der Anspruch auf Kostenerstattung (bzw. die Beitragsmöglichkeiten) bei Haus- und Grundstücksanschlüssen bezieht (vgl. Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 18).

56

Die in die Entstehungsgeschichte eines Parlamentsgesetzes bzw. einer solchen Rechtsnorm blickende historische Auslegung spricht aber entscheidend dafür, dass auch immer noch weitere Tatbestände wie jedenfalls der vorliegende der Erneuerung eines Trinkwasserhausanschlusses einer Satzungsregelung zur Kostenerstattung unterworfen werden können. Die Gesetzesmaterialien geben keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bewusst und gewollt die Tatbestände zur Kostenerstattung bzw. Beitragserhebung für Arbeiten am Haus- oder Grundstücksanschluss hat reduzieren wollen (a. A. die damalige 8. Kammer des Gerichts, Urteile v. 8. Juni 2007 - 8 A 381/07 - und 21. Nov. 2008 – 8 A 3375/04 –, juris Rn. 114 f., Letzteres in juris zu Unrecht als “Beschluss” bezeichnet).

57

Im Regierungsentwurf (LT-Drucks. 1/2258, S. 28) zum KAG 1993 war man sich zwar bewusst, dass § 10 Abs. 1 KAG neu formuliert wird. Als „regelungsbedürftig“ werden dort aber (nur) die Kosten für die Verlegung der Anschlussleitung vom Straßenkanal zur Grundstücksgrenze im Rahmen der Beitragsbestimmungen betrachtet. Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses zu diesem Gesetzesentwurf (LT-Drucks. 1/3122, S. 30) zu dieser Vorschrift enthalten dazu keine Aussage. Einig sind sich beide Dokumente der Gesetzesgenese, dass durch die Neufassung des (gesamten) Gesetzes erreicht werden sollte, die besondere finanzielle Belastung der Kommunen durch Ausschöpfung bestehender Einnahmequellen zu lindern und dadurch die gemeindlichen Einnahmemöglichkeiten zu vervollständigen und zu verbessern. Bei der Verminderung von Beitrags- und Erstattungsfällen im Bereich der Haus- und Grundstücksanschlüsse käme es aber gerade nicht zu einer solchen Verbesserung der Einnahmesituation der Gemeinden oder Zweckverbände, sondern zu einer Verschlechterung, da dann die Kosten bzw. der Aufwand für einen nicht geringen Teil von notwendigen Arbeiten an den Haus- und Grundstücksanschlüssen von ihnen zu tragen wären. Es wäre zu erwarten gewesen, dass insoweit ausdrücklich auf die mit Blick auf die Neufassung des § 10 KAG andernfalls verbundene „ausnahmsweise“ höhere finanzielle Belastung der Gemeinden hingewiesen worden wäre. Auch ein Eingehen auf die Frage, aus welchen Erwägungen der Landesgesetzgeber hier schon ca. zwei Jahre nach erstmaliger Einführung einer gesetzlichen Regelung mit ihrer Änderung gerade die Grundstückseigentümer in weiten Bereich des Aufwands für Arbeiten an Grundstücks- und Hausanschlüssen von solchen finanziellen Lasten befreien will, wäre mindestens wünschenswert gewesen.

58

Nach Auffassung des Gerichts hat daran auch insbesondere das 1. Änderungsgesetz vom 14. März 2005 nichts geändert. Im Entwurf der Landesregierung (LT-Drucks. 4/1307) heißt es in den Vorbemerkungen zu § 10 KAG (M-V) u. a. (S. 50):

59

„... Mit der Neufassung erfolgen entsprechende Klarstellungen, ohne die Grundzüge der bisherigen Regelung aufzugeben ...“

60

Zum Absatz 1 der Regelung wird u. a. ausgeführt (S. 50):

61

„... Abs. 1 entspricht inhaltlich den Regelungen der Sätze 1 bis 3 des § 10 Abs. 1 in der bislang geltenden Fassung...“ (S. 50)

62

Zu Absatz 2 erläutert der Entwurf (S. 51):

63

„Die bisher in Abs. 1 Sätze 4 und 5 enthaltenen Regelungen über die Deckung der Haus- und Grundstücksanschlusskosten durch einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch werden - insbesondere auch um die Unterschiede beider Regelungsmöglichkeiten zu verdeutlichen - künftig aus dem Abs. 1 herausgelöst. Der neue Abs. 2 enthält dazu die grundsätzlichen Regelungen und wird durch die Absätze 3 und 4 ergänzt ...“

64

Neben hier nicht interessierenden „kleineren“ Änderungen wollte aber auch der Gesetzgeber des 1. Änderungsgesetzes zum Kommunalabgabengesetz im Jahre 2005 keine Einschränkung der Kostenerstattungstatbestände regeln. Dies wird von ihm an keiner Stelle angesprochen, sondern er ging vielmehr davon aus, insoweit lediglich redaktionelle Änderungen vorzunehmen wie die Trennung der grundsätzlichen Finanzierungsinstrumente (Beitragserhebung einerseits und Kostenerstattung andererseits).

65

i) Soweit maßgeblich (auch) auf den grundsätzlich herzustellenden Gleichklang beider Finanzierungssysteme für Arbeiten am Haus- oder Grundstücksanschluss hingewiesen wird (vgl. OVG, Beschl. v. 8. Juli 2008, a. a. O.), ist dieser jedenfalls auch bei der Fallgruppe der Erneuerung des jeweiligen Anschlusses gewahrt. Auch § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V lässt die Anschlussbeitragserhebung zur Deckung des Aufwands für die Erneuerung zu, Satz 3 der Norm bestimmt, dass § 10 KAG M-V unberührt bleibt.

66

j) Die Möglichkeit, den Aufwand für die Erneuerung einer Trinkwasserhausanschlussleitung im Wege der Kostenerstattung satzungsrechtlich zu regeln, ergibt sich nach Auffassung des Gerichts auch aus einer Beurteilung der Interessenlage in diesem Bereich.

67

Der auf seinem bebauten Grundstück verlaufende Hausanschluss und dessen permanentes „Funktionieren“ im Bereich der Wasserversorgung liegen im Sonderinteresse des Eigentümers des an die entsprechende öffentliche Einrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks, dem diese Versorgungssituation für sein Hausgrundstück konkret nützlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007, a. a. O., Rn. 20 m. w. N.; OVG Greifswald, Urt. v. 16. Juli 2008, a. a. O., Rn. 71 m. w. N.; Grünewald, a. a. O., § 10 Rn. 29; Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 7.2.2 spricht von einem erforderlichen Sondervorteil des Erstattungspflichtigen). Die Gemeinde bzw. der Zweckverband hat deswegen ein berechtigtes Interesse daran, mit diesen Kosten nicht über das allgemeine Beitrags- und Gebührenaufkommen die Gesamtheit aller Abnehmer, sondern allein die Eigentümer der begünstigten Grundstücke zu belasten (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007, a. a. O., Rn. 20). Dies gilt nicht nur für wenigen ausdrücklich genannten Tatbestände in § 10 KAG M-V, sondern zumindest auch für den Fall der Erneuerung des jeweiligen Anschlusses.

68

Durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zur fehlenden Erstattungsfähigkeit eines Umbaus eines Hausanschlusses, nachdem die Lage der Hauptversorgungsleitung räumlich verändert wurde, sind auch schon die Grenzen einer solchen Erstattungspflicht des Grundstückseigentümers erkennbar, sodass nicht jede „Änderung“ einer Grundstücks- oder Hausanschlussleitung einen Kostenerstattungsanspruch nach sich zieht. Wenn nämlich der Grund für die Aufwand verursachenden Arbeiten am Grundstücks- oder Hausanschluss nicht aus der Sphäre des Eigentümers stammt, sondern aus derjenigen der Gemeinde bzw. des Zweckverbands, so wäre es grob unbillig, dennoch den Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen. Die entspricht auch der bisherigen Handhabung dieser Vorschrift durch das Gericht, das bei der häufig blassen und alleinigen Bezeichnung der Maßnahme als „Änderung“ des jeweiligen Anschlusses gerade in Kostenerstattungsbescheiden der Beklagten den genauen Hintergrund dafür wissen will.

69

B) Die Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten für den (wieder-)hergestellten bzw. erneuerten Hausanschluss nach § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 3 TWKS liegen ganz überwiegend vor.

70

1. Danach ist der Aufwand für die Herstellung oder Änderung einer Hausanschlussleitung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung dem Zweckverband in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten, wobei als eine Änderung der Hausanschlussleitung deren anderweitige Erneuerung sowie ihr Aus- oder Umbau, ihre Verbesserung und Erweiterung gelten. Anlass für eine einschränkende Auslegung der Satzung besteht hier nicht, da der jeweilige Grund für die erforderlich gewordene Maßnahme in der Sphäre der Kläger liegt, sei es die fehlende Zugänglichkeit bzw. der gegen technische Regeln zur Installation eines Hausanschlusses in Gestalt des Gartenteichs über dem alten Hausanschluss, seien es die für einen Verschleiß sprechenden mehreren Wasserrohrbrüche der alten Trinkwasserhausanschlussleitung.

71

2. Die im Bescheid geltend gemachte „Fahrkostenpauschale“ für die Fahrt zum Hausanschluss der Kläger am 11. November 2009 in Höhe von 17,90 € ist allerdings nicht erstattungsfähig. Wenn der Ortsgesetzgeber sich – wie hier - für eine Erstattung des Aufwands in der tatsächlich entstandenen Höhe entschieden hat, darf die Beklagte keine Pauschalierungen bestimmter Kostenpositionen vornehmen. Es sind dann die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten zur Erstattung geltend zu machen, wobei offen bleiben kann, ob sich die Beklagte insoweit wenigstens an den (pauschalen) Wegestreckenentschädigungen im öffentlichen Dienst von z. Z. 0,30 € pro Kilometer orientieren darf und dies auch vom Satzungsgeber in die Kostenerstattungssatzung aufgenommen werden muss.

72

3. Eine Reparatur der alten Trinkwasserhausanschlussleitung war bereits wegen der unzulässig überbauten Lage der alten Leitung, jedenfalls aber vor dem Hintergrund der von Klägerseite selbst erwähnten Wasserrohrbrüche kaum möglich bzw. wirtschaftlich vertretbar. Der Vortrag der Kläger zur Möglichkeit der (ggf. weniger Aufwand verursachenden und damit „preiswerteren“) Reparatur des Anschlusses ist im Übrigen ins Blaue hinein formuliert und gibt keinen Anlass, dem im Wege einer Beweisaufnahme näher nachzugehen, zumal der Beklagten insoweit ein Entscheidungsspielraum zusteht, ob nach mehreren Rohrbrüchen dennoch weiterhin nur die Hausanschlussleitung repariert oder erneuert wird. Schließlich war insoweit auch zu berücksichtigen, dass die alte Hausanschlussleitung der Kläger nach der unbestrittenen Behauptung der Beklagten aus Stahl gewesen ist, was den modernen technischen Regeln zur Installation von in die Erde verlegten Trinkwasserleitungen widerspricht. Zum Einsatz kommen heute bei den erdverlegten Trinkwasserhausanschlüssen wohl vor allem Kunststoffrohre aus Polyethylen (vgl. etwa http://www.bwb.de/content/language1/html/1309.php).

73

C) Der Kostenerstattungsanspruch ist auch nicht festsetzungsverjährt. Der Zeitpunkt der Baumaßnahme selbst ist dabei unerheblich und setzt für sich genommen den Fristbeginn nicht in Lauf. Der Anspruch entsteht zwar nach § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V mit der endgültigen Herstellung des Anschlusses. Dieser Begriff ist, wie oben ausgeführt, indessen juristisch zu verstehen und setzt das Inkrafttreten einer wirksamen Erstattungssatzung voraus (vgl. Seppelt, a. a. O., § 10 Erl. 7.3). Selbst wenn es schon vor dem rückwirkenden Inkrafttreten der Trinkwasserhausanschlusskostenerstattungssatzung vom 23. April 2014 eine wirksame entsprechende Satzungsregelung gab, lief die vierjährige Frist zur Festsetzung der Abgabe erst mit Ablauf des Jahres 2013 ab (§ 12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 der Abgabenordnung).

74

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Soweit es um die Kosten des Verfahrens für den erledigten Teil der Klage geht, so sind diese von der Beklagten zu tragen, da der Kostenerstattungsbescheid insoweit rechtswidrig gewesen ist. Der tatsächliche Aufwand war nach den von dem Mitarbeiter der Beklagten am 18. Dezember 2009 vorgenommenen Kürzungen der Aufmaßabrechnung der Tiefbaufirma geringer als – offenbar versehentlich – im entsprechenden Bescheid geltend gemacht.

75

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens sieht das Gericht ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO), da auf Beklagtenseite ein insolvenzunfähiger Zweckverband und damit ein kraft Gesetzes stets zahlungsfähiger Schuldner steht.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Kostenersatz für einen Grundstücksanschluss.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur 7, Flurstück 201. Das Grundstück ist an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage und an die zentrale Niederschlagswasserbeseitigungsanlage des Beklagten angeschlossen, die dieser jeweils als öffentliche Einrichtung betreibt. Im März 2012 führte der Beklagte die technische Erneuerung der Grundstücksanschlüsse durch. Dabei ersetzte er den Revisionsschacht für Niederschlagswasser und stellte erstmals seinen Revisionsschacht für Schmutzwasser her. Beide Schächte befinden sich auf dem Grundstück der Kläger.

3

Für die Herstellung des Grundstücksanschlusses für Schmutzwasser erhob der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2013 (Nummer ...489) einen Kostenerstattungsbeitrag in Höhe von 4.804,48 Euro. Auf den Widerspruch der Kläger setzte der Beklagte den Beitrag mit Änderungsbescheid vom 8. November 2013 (Nummer ...489) auf 3.359,37 Euro herab. Den Widerspruch der Kläger gegen den Änderungsbescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014, zugestellt am 16. Januar 2014, zurück.

4

Für die Herstellung des Grundstücksanschlusses für Niederschlagswasser erhob der Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2013 (Nummer ...507) einen Kostenerstattungsbeitrag in Höhe von 2.838,01 Euro. Auf den Widerspruch der Kläger setzte der Beklagte den Beitrag mit Änderungsbescheid vom 8. November 2013 (Nummer ...507) auf 2.688,87 Euro herab. Den Widerspruch der Kläger gegen den Änderungsbescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014, zugestellt am 16. Januar 2014, zurück.

5

Am 17. Februar 2014 (Montag) haben die Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, es fehle an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Kostenerstattung. Die satzungsrechtlichen Bestimmungen des Beklagten über den Kreis der Erstattungspflichtigen stünden zueinander im Widerspruch und seien unwirksam. Die Entstehungsregelung sei unwirksam, weil es für den Kostenerstattungsanspruch an einer § 9 Abs. 3 KAG M-V vergleichbaren Regelung fehle.

6

Im Bereich der Wohnsiedlung der Kläger bestehe seit den 1970-er Jahren eine zentrale Abwasserbeseitigungsanlage. Diese sei vom Beklagten übernommen und zum Bestandteil seiner Einrichtung gemacht worden. Der Beklagte habe sich für einen Ersatzneubau entschieden. Dieser stelle eine Erneuerung der Anlage dar, nicht deren Herstellung. Der Begriff der „betriebsfertigen Herstellung“ des Grundstücksanschlusses sei in den Abgabensatzungen des Beklagten genauso wie in seiner Abwassersatzung auszulegen. Bei den durchgeführten Arbeiten handele es sich deshalb nicht um die Herstellung der Grundstückanschlüsse.

7

Zudem setze der Beklagte Kostenerstattung auch für Arbeiten fest, die das Bauunternehmen tatsächlich nur einmal durchgeführt, aber doppelt abgerechnet habe. Das betreffe insbesondere die Herstellung der Gräben, das Queren von Leitungen und Pflasterarbeiten. Überdies könnten Arbeiten auf dem Grundstück der Kläger ohnehin nicht abgerechnet werden, weil die Grundstücksanschlüsse nach dem Satzungsrecht des Beklagten an der Grundstücksgrenze endeten.

8

Die Kläger beantragen,

9

die Bescheide des Beklagten vom 12. September 2013 (Nummern ...489 und ...507) in Gestalt der Änderungsbescheide vom 8. November 2013 (Nummern ...489 und ...507) und der Widerspruchsbescheide vom 14. Januar 2014 aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Die Grundstücksanschlüsse seien nicht Teil der öffentlichen Einrichtung und könnten daher gemäß § 10 Abs. 2 KAG M-V abgerechnet werden. Solange sich die öffentliche Einrichtung noch in der Herstellungsphase befinde, sei auch der technische Austausch der Grundstücksanschlüsse rechtlich als Herstellung zu behandeln. Die Lage der Revisionsschächte sei regelmäßig mit den Grundstückseigentümern abgestimmt worden. Das Bauunternehmen habe entsprechend der Leistungsverzeichnisse abgerechnet, die Bestandteil der Ausschreibung gewesen seien.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

1. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

a) Entgegen der Auffassung der Kläger fehlt es den streitgegenständlichen Abgabenbescheiden nicht an der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen Rechtsgrundlage. Nach dieser Vorschrift dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Rechtsgrundlage für den vorliegend vom Beklagten geltend gemachten Kostenersatz sind §§ 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 3 und 4 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung – Festland Wolgast vom 19. Juni 2006 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 16. März 2011 (nachfolgend: Schmutzwasserbeitragssatzung 2011) und §§ 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 3 und 4 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung – Festland Wolgast vom 19. Juni 2006 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 16. März 2011 (nachfolgend: Niederschlagswasserbeitragssatzung 2011). Danach ist dem Zweckverband der Aufwand für die Anschaffung, Herstellung, Erneuerung oder Beseitigung eines Grundstücksanschlusses an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung bzw. zentralen Niederschlagswasserbeseitigung in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten. Der Kostenerstattungsanspruch entsteht mit der betriebsfertigen Herstellung oder Anschaffung des Grundstücksanschlusses oder dessen Beseitigung, bei Erneuerung mit Beendigung der Erneuerungsmaßnahme, in allen Fällen frühestens mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Kostenschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist, bei einem erbbaubelasteten Grundstück an dessen Stelle der Erbbauberechtigte, bei einem mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 EGBGB belasteten Grundstück der Inhaber dieses Rechtes an Stelle des Eigentümers oder Erbbauberechtigten. Mehrere Beitragsschuldner haften als Gesamtschuldner. Kostenerstattungsansprüche werden durch Bescheid festgesetzt und einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides fällig. Diese Satzungsvorschriften umfassen den Mindestinhalt einer kommunalen Abgabensatzung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V und sind nach jetziger Erkenntnis wirksam.

16

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG M-V kann für den Aufwand, der erforderlich ist, um ein Grundstück an Versorgungs- oder Entwässerungsleitungen anzuschließen, ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch erhoben werden. Der zu deckende Aufwand kann dabei nach den tatsächlich im Einzelfall entstandenen Kosten ermittelt werden. Der Erstattungsanspruch setzt eine hinreichend klare und eindeutige Bestimmung im Ortsrecht über den Umfang der öffentlichen Einrichtung voraus. Eine Kostenerstattung im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs kommt dabei nur in Betracht, wenn der Grundstücksanschluss nicht Teil der öffentlichen Einrichtung ist (OVG Greifswald, Urt. v. 16.07.2008 – 3 L 336/05 –, juris Rn. 35; VG Greifswald, Beschl. v. 31.07.2014 – 3 B 530/14 –, juris Rn. 15). So ist der Satzungsgeber vorliegend verfahren. Die Grundstücksanschlüsse gehören nach § 1 Abs. 5 der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung – Festland Wolgast vom 19. Juni 2006 (nachfolgend: Abwassersatzung) nicht zur öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasseranlage bzw. Niederschlagswasseranlage.

17

Die satzungsrechtlichen Bestimmungen über die Kostenerstattungspflichtigen sind nicht zu beanstanden. Sie entsprechen der Regelung in § 7 Abs. 2 KAG M-V, der gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V entsprechende Anwendung findet. Ob im Zeitraum vor Inkrafttreten der Änderungssatzungen vom 16. März 2011 wegen einer abweichenden Bestimmung der Erstattungspflichtigen in der Abwassersatzung etwas anderes galt und die Rückwirkungsanordnungen in den genannten Änderungssatzungen deswegen teilnichtig sind, kann für diese Entscheidung dahinstehen. Bei Entstehung der persönlichen Erstattungspflicht bestand jedenfalls wirksames Satzungsrecht des Beklagten.

18

Auch die Regelungen im Satzungsrecht des Beklagten über die Entstehung der sachlichen Erstattungspflicht stehen mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung. Neben § 10 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V, wonach der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung entsteht, findet auch die Vorschrift des § 9 Abs. 3 KAG M-V entsprechende Anwendung (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 04.01.1999 – 1 L 162/07 –, juris Rn. 19; VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 15).

19

b) Gegen die Rechtsanwendung des Beklagten ist gleichfalls nichts zu erinnern. Soweit die Kläger der Auffassung sind, der abgerechnete Aufwand betreffe nicht die Herstellung der Grundstücksanschlüsse, vermögen sie damit nicht durchzudringen. Der vom Beklagten geltend gemachte Aufwand stellt sich als Herstellungsaufwand im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V dar, da bei seiner Entstehung die Herstellung der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage und der zentralen Niederschlagswasserbeseitigungsanlage des Beklagten noch nicht abgeschlossen waren. Dem steht nicht entgegen, dass das Grundstück bereits vor den hier abgerechneten Maßnahmen über Grundstücksanschlüsse zu den beiden Anlagen verfügte. Das Merkmal „Herstellung“ ist genauso wie in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V nicht in einem tatsächlichen, sondern in einem rechtlichen Sinne zu verstehen, wenn sich der Aufgabenträger entschließt, für die Grundstücksanschlüsse einen gesonderten Beitrag (§ 10 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) zu erheben oder – wie hier – einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gemäß § 10 Abs. 2 KAG M-V geltend zu machen. Dieser erfasst der Sache nach denselben Sachverhalt, der durch einen Beitrag abgegolten werden könnte. Der Gegenstand des Erstattungsanspruches geht über den Gegenstand dieses Beitrags nicht hinaus, bleibt aber auch dahinter nicht zurück. Maßnahmen, die im Falle einer organisationsrechtlichen Entscheidung des Aufgabenträgers zugunsten von § 10 Abs. 1 KAG M-V beitragsfähig wären, unterliegen deshalb auch der Kostenerstattungspflicht nach § 10 Abs. 2 KAG M-V (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. VG Greifswald, Urt. v. 05.10.2011 – 3 A 1427/10 –, juris Rn. 16 ff. und Urt. v. 19.03.2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 19 ff., so auch VG B-Stadt, Urt. v. 07.01.2016 – 4 A 2054/13 –, juris Rn. 46). Wenn die Kläger darauf hinweisen, dass der Beklagte in § 3 Abwassersatzung das Benutzungsrecht für die öffentliche Einrichtung mit der „betriebsfertigen Herstellung des Grundstücksanschlusses“ entstehen lässt und dabei denselben Wortlaut wie in der § 9 Abs. 3 der jeweiligen Beitragssatzung verwendet, trifft das zwar zu. Der Herstellungsbegriff wird allerdings in der Abwassersatzung, anders als in § 9 Abs. 1 der jeweiligen Beitragssatzung, nicht in einem rechtlichen, sondern in einem tatsächlichen Sinn verwendet.

20

Schließlich ist auch die Aufwandsermittlung nicht zu beanstanden. Die ausgeführten Arbeiten sind mit Mengenbezeichnung in den Änderungsbescheiden vom 8. November 2013 dargestellt worden (Blatt 12, 24 der Gerichtsakte). Sie entsprechen den in den Verwaltungsvorgängen befindlichen korrigierten Aufmaßblättern. Das Gericht sieht auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Soweit die Kläger ohne nähere Substantiierung vortragen, das bauausführende Unternehmen habe Leistungen doppelt abgerechnet, verkennen sie, dass die Abrechnung nach Mengen erfolgte. Diese sind für jeden Grundstücksanschluss gesondert und in unterschiedlicher Höhe aufgeführt worden. Das erscheint schlüssig, weil auch die Rohrleitungen verschieden lang sind. Soweit sie in einem Zug nebeneinander bzw. untereinander verlegt worden sind, ändert das nichts daran, dass der Beklagte dem Werkunternehmer den vereinbarten Werklohn nach den erbrachten Mengen schuldete.

21

Der abgerechnete Aufwand betrifft auch in räumlicher Hinsicht ausschließlich die hergestellten Grundstücksanschlüsse. Daran ändert der Umstand nichts, dass sich die Revisionsschächte auf dem Grundstück der Kläger befinden. Grundstücksanschluss ist nach § 2 Abs. 6 Abwassersatzung der Leitungsteil zwischen der Hauptsammelleitung und der Grundstücksgrenze, einschließlich des Revisionsschachtes und des Anschlussstutzens in der Hauptleitung. Der Zweckverband bestimmt die Art, Nennweite und Führung des Grundstücksanschlusses sowie die Lage des Kontrollschachtes an der Grundstücksgrenze. Begründete Wünsche der Anschlussberechtigten werden, soweit technisch und wirtschaftlich vertretbar, berücksichtigt (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 Abwassersatzung). Aus der Zusammenschau dieser Vorschriften ergibt sich, dass der Revisionsschacht immer Teil des Grundstücksanschlusses ist und auch dann die Grenze zum Hausanschluss bildet, wenn er nicht im Straßenraum, sondern auf dem angeschlossenen Grundstück in der Nähe der Grundstücksgrenze liegt. Die Abgrenzung zwischen Grundstücksanschluss und Hausanschluss ist mithin nicht anhand der Grundstücksgrenze, sondern funktional vorzunehmen (vgl. dazu auch OVG Hamburg, Urt. v. 20.01.2012 – 1 Bf 86/11 –, juris Rn. 24). Da dem Zweckverband das Recht zukommt, die Lage der Kontrollschächte zu bestimmen, muss für diese Entscheidung nicht geklärt werden, ob deren Lage auf eine Anregung der Kläger zurückgeht. Diese waren am 30. März 2011 auch zu dieser Frage angeschrieben worden und hatten in ihrer Antwort angegeben, dass die Ableitungen am alten Ort verbleiben sollten.

22

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 159 Satz 2 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht. Das Urteil weicht insbesondere nicht vom Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 8. Juli 2008 (– 1 L 198/07 –) ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Dieser Nichtzulassungsbeschluss stellt für den Fall der Herstellung eines Grundstücksanschlusses keinen Rechtssatz auf, sondern betrifft den Fall des Umbaus eines Grundstücksanschlusses wegen der Verlegung der Hauptversorgungsleitung. Auf diese entscheidungstragende Annahme des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteils war das Zulassungsbegehren beschränkt. Nur zu dieser Frage verhält sich auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 08.07.2008 – 1 L 198/07 –, juris Rn. 11, 15). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern der Wegfall der noch in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993 enthaltenen Merkmale „Aus- und Umbau“, „Verbesserung“ und „Erweiterung“ in § 9 Abs. 1 KAG M-V für die Auslegung des Merkmals „Herstellung“ im Sinne des § 9 Abs. 1 KAG M-V nichts hergibt (OVG Greifswald, Beschl. v. 13.02.2013 – 4 K 16/10 –, juris Rn. 20; VG Greifswald, Urt. v. 19.03.2015 – 3 A 791/14 –, juris Rn. 22).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1

Zum Sachverhalt:

2

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag für die Wasserversorgungsanlage des Zweckverbandes Radegast. Sie sind Eigentümer eines aus einem Flurstück bestehenden Grundstücks mit einer Größe von 2.223 m². Dieses Grundstück haben sie im Jahre 1998 erworben. Es ist im gleichen Jahr an die Trinkwasseranlage des Zweckverbandes angeschlossen worden. 1998 erging ein Bescheid über die Festsetzung des Hausanschlussbeitrages in Höhe von 1.819,00 DM, der von den Klägern auch beglichen wurde.

3

Mit - hier streitgegenständlichem - Bescheid vom [...] zog die Beklagte die Kläger - unter anderem gestützt auf die Wasserversorgungssatzung (WVS 2002) vom 29. April 2002 und die Wasserbeitragssatzung (WBS 2002) vom 29. April 2002 des Zweckverbandes Radegast - zu einem Anschlussbeitrag für die Trinkwasserversorgungsanlage in Höhe von 929,16 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) heran. Dabei legte sie eine Beitragsfläche von 900 m², ein Vollgeschoss und einen Beitragssatz von 0,89 Euro zugrunde.

4

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens haben die Kläger am 28. September 2004 Klage erhoben.

5

Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Radegast am 2. Juli 2008 beschlossen, "den in der Sitzung vom 21.03.2002 gefassten Beschluss über die Beitragssatzung Trinkwasser für von Anfang an ungültig, für null und nichtig, zu erklären". Wegen der Einzelheiten wird auf den beglaubigten Auszugs des Beschlusses aus der 16. Sitzung der Verbandsversammlung und den diesbezüglichen Antrag des Bürgermeisters der Gemeinde Badow vom 24. Mai 2008 verwiesen. Mit Schreiben vom 9. Juli 2008 hat die Beklagte gegen den Beschluss Widerspruch gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern erhoben.

6

Die Beklagte hat im Verfahren 8 A 1619/03 mit Schriftsatz vom 20. Mai 2008 eine Wertberichtigung des Kostenaufwands ihrer Trinkwasserkalkulation dahingehend vorgenommen, dass die Anlagenkosten von aus Erschließungsverträgen übernommenen Anlagenteilen teilweise neu bewertet worden sind. Die Kosten seien mit 0,-- in die Kalkulation eingestellt worden, sofern der Zweckverband diese Anlagen unentgeltlich vom Erschließungsträger übernommen hat. Der höchstzulässige Beitragssatz betrage danach nunmehr 1,12 /m².

7

Aus den Entscheidungsgründen:

8

[...]

9

Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung der Beiträge ist die Satzung des Zweckverbandes Radegast über die Erhebung von Beiträgen und Kostenersatz für die Wasserversorgung (Wasserbeitragssatzung) vom 29. April 2002 (WBS 2002). Der Beitrag ist für das klägerische Grundstück entsprechend den Vorgaben der genannten Satzung zutreffend festgesetzt worden (dazu nachfolgend 1.). Die Satzung ist nach wie vor geltendes Recht, steht im Ergebnis mit höherrangigem Recht im Einklang und ist daher rechtswirksam (nachfolgend 2.). Der Beitragsanspruch des Zweckverbandes Radegast ist auch nicht verjährt (nachfolgend 3.).

10

1. Die Beklagte hat entsprechend den Vorgaben ihrer Wasserbeitragssatzung 2002 den Beitrag zutreffend festgesetzt.

11

a) Nach § 3 Abs. 1 b) WBS 2002 unterliegen der Beitragspflicht Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Wasserversorgung angeschlossen werden können. Als beitragspflichtige Grundstücksfläche gilt gem. § 5 Abs. 2 c) WBS 2002 bei Grundstücken, welche vollständig im Bereich eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 des Baugesetzbuches (BauGB) liegen, die gesamte Fläche des Grundstücks. Diese Voraussetzungen liegen ausweislich der sich aus den Verwaltungsvorgängen ergebenen Planunterlagen vor und werden von den Klägern auch nicht in Abrede gestellt.

12

b) Die Erhebung des Anschlussbeitrages durfte auch vorgenommen werden, obgleich die Kläger bereits im Jahre 1998 zu einem Hausanschlussbeitrag veranlagt worden sind und diesen auch beglichen haben. Bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 2 WBS 2002 folgt, dass der Anschlussbeitrag nicht die Kosten für den Hausanschluss umfasst. Der Hausanschluss ist nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 1 der Wasserversorgungssatzung (WVS 2002) die Verbindung des Verteilernetzes oder der Versorgungsleitung mit der Anlage des Grundstückseigentümers. Er beginnt an der Abzweigstelle des Verteilernetzes, dem Ende der öffentlichen Anlage und endet mit der Hauptabsperreinrichtung. Bei dem hier streitigen Anschlussbeitrag handelt es sich hingegen um eine Geldleistung zur Herstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage des Zweckverbandes Radegast im Sinne des § 1 Abs. 2 WVS 2002.

13

2. Die dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegende Wasserbeitragsatzung des Zweckverbandes Radegast vom 29. April 2002 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere nach wie vor gültig und enthält die in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. S. 146) erforderlichen Mindestbestandteile.

14

a) Die Beitragssatzung ist nicht durch den im Tatbestand wiedergegebenen Beschluss der Verbandsversammlung vom 2. Juli 2008 aufgehoben oder sonst außer Kraft gesetzt worden.

15

aa) Bei dem Erlass von Satzungen handelt es sich um Rechtsetzungen der vollziehenden Gewalt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14. Juli 1959 - 2 BvF 1/58 - zit. nach juris Rn. 39 f.; Urt. v. 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 - u. a., zit. nach juris Rn. 103 mwN; Urt. v. 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 -, zit. nach juris Rn. 30; Meyer, Kommunalrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 142 mwN). Eine Satzungen ist mithin materielles Gesetz. Sie kann nur mit einer weiteren formgerechten Satzung als sog. actus contrarius aufgehoben oder geändert werden. Die Aufhebung der Wasserbeitragssatzung 2002 muss daher nach Maßgabe der §§ 154, 5 Abs. 4 Satz 6 KV M-V i. V. m. §§ 2 ff. KV-DVO - wie der Erlass der Satzung selbst - insbesondere veröffentlicht werden (so auch OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 18. Mai 1999 - 2 L 185/98 - zit. nach juris LS und Rn. 24 ff. mwN; Glaser, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, Schweriner Kommentierung der Kommunalverfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern [KV M-V], 3. Aufl. 2005, § 5 Rn. 3; ferner Nr. 8.1 und Nr. 8.2.1 der Hinweise und Empfehlungen für den Erlass kommunaler Abgabensatzungen des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 31. August 1998 [Amtsbl. M-V S. 1135]). Eine abweichende Sichtweise widerspräche den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (dazu auch BVerfG, Urt. v. 22. November 1983, aaO, Rn. 36). Mit den genannten Vorschriften wäre es unvereinbar, die Aufhebung einer Ortssatzung durch einfachen Beschluß der Vertretung (Verbandsversammlung) für ausreichend zu erachten.

16

Das von der Vertretung (Zweckverbandsversammlung) erlassene Satzungsrecht bindet als formgemäß gesetztes autonomes Recht auch das zur Satzungsgebung befugte Organ selbst. Diese Bindung kann nur durch eine Aufhebungssatzung überwunden werden, die den Anforderungen der § 5 KV M-V i. V. m. § 2 ff. KV-DVO entspricht. Der kommunale Aufgabenträger und seine Organe sind im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung - wie jede Verwaltung - an Gesetz und Recht gebunden ist (vgl. Art. 70 Abs. 1 Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern [Verf. M-V]; Art. 28 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG). Dies schließt die Pflicht zur Beachtung auch der Verfahrensvorschriften beim Erlass oder der Aufhebung (untergesetzlichen) Satzungsrechts ein. Die Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften steht nicht zur Disposition des Aufgabenträgers oder seiner Organe. Dementsprechend kann ein (politischer) Wille der zuständigen Organe des Zweckverbandes Radegastes, (bisher) bestehendes Satzungsrecht außer Kraft zu setzen, nur und erst dann rechtliche Geltung beanspruchen, wenn alle dafür vorgesehenen verfahrensrechtlichen Erfordernisse erfüllt sind. Daran fehlt es hier (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, aaO, Rn. 26 f. mwN).

17

bb) Zudem handelt es sich bei dem Beschluss vom 2. Juli 2008 um keinen Satzungsbeschluss. Vielmehr wird in dessen Tenor nicht die Wasserbeitragssatzung aufgehoben, sondern der Beschluss über die Wasserbeitragssatzung aus dem Jahr 2002 für unwirksam erklärt. Im Übrigen ist der Beschluss mit Blick auf die Begründung des Bürgermeisters der Gemeinde Badow auch unklar, weil es danach um die Aufhebung der Satzung gehen soll, weil (künftig) auf ein privatrechtliches System bei der Erhebung der Entgelte umgestellt werden soll und es daher keiner Beitragssatzung mehr bedürfe. Der - allein maßgebende - Tenor verhält sich dazu aber nicht.

18

cc) Darüber hinaus hat die beklagte Verbandsvorsteherin dem Beschluss nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Satz 1 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) mit der Folge der aufschiebenden Wirkung (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 4 KV M-V) widersprochen. Wegen dieser Vollzugshemmung darf der Beschluss deshalb derzeit nicht ausgeführt werden (vgl. näher Gentner, in: Darsow/Gentner/Glaser/Meyer, KV M-V, § 33 Rn. 8).

19

b) In materieller Hinsicht ist allerdings darauf hinzuweisen, dass - wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 21. Mai 2008 - 8 A 2429/05 - (S. 7 ff.) dargelegt hat - die Eckgrundstücksregelung innerhalb der Tiefenbegrenzungsvorschrift des § 5 Abs. 2 d) der nach dem Vorstehenden formgültigen Wasserbeitragssatzung 2002 mit dem Vorteilsprinzip des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist. Danach ist bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich (§§ 34, 35 des Baugesetzbuches [BauGB]) die bevorteilte Grundstücksfläche im Sinne des § 5 Abs. 1 WBS 2002

20

"die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallelen; liegt das Grundstück an mehreren Straßen, so ist die Tiefenbegrenzung von jeder Grundstücksseite, die einer Straße zugewandt ist, zu ermitteln; gemeinsame Schnittflächen werden nur einmal berücksichtigt".

21

aa) Eine grundsätzliche Regelung, wonach bei Grundstücken, die teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich liegen, nur die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und der in einem Abstand von 40 m dazu verlaufenden Parallele berücksichtigt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dem vom Beklagten vorgelegten Kartenmaterial zur Flächenerfassung, scheint diese pauschalierte Betrachtungsweise den örtlichen Verhältnissen im gesamten Verbandsgebiet durchaus zu entsprechen. Insbesondere ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern die Berücksichtigung einer sogenannten übergreifenden Bebauung bei der Festlegung der zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Grundfläche eines Grundstücks rechtlich sogar geboten (vgl. OVG M-V, Urt. v. 2. Juni 2004 - 4 K 38/02 -, zitiert nach juris, Rn. 110 ff. m. w. N).

22

bb) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet in diesem Zusammenhang die Regelung über die Tiefenbegrenzung bei Grundstücken, die an mehreren Straßen liegen (sog. Eckgrundstücksregelung). Danach ist bei Grundstücken, die an mehreren Straßen belegen sind, die Tiefenbegrenzung von jeder der Straße zugewandten Grundstücksseite über die gesamte Grundstücksbreite anzusetzen. Da die Beitragsbemessung nach Vorteilsgesichtspunkten zu erfolgen hat, wäre eine derartige Regelung rechtmäßig, wenn dem Beitragspflichtigen eines solchen Grundstücks aufgrund der Belegenheit an mehreren Straßen in jedem Fall ein beitragsrelevanter Vorteil entstehen würde. Dieser Vorteil kann allein in einer gegebenenfalls erhöhten baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks liegen. Beitragsrechtlich ist es für den Beitragspflichtigen eines derartigen "Eckgrundstücks" nämlich unerheblich, ob er möglicherweise von verschiedenen Straßenseiten aus mit einem Trinkwasseranschluss (oder Abwasserkanal) versehen werden kann. Die damit maßgebliche baurechtliche Betrachtungsweise für den beitragsrelevanten Vorteil ergibt jedoch, dass allein die Tatsache der Belegenheit des Grundstücks an mehreren Straßen keine erhöhte baurechtliche Ausnutzbarkeit ergibt. Erst wenn alle anliegenden Straßen dem gegebenenfalls dem betreffenden überlangen oder -tiefen Grundstück einen entsprechenden Bebauungszusammenhang vermitteln, entsteht ein weitergehender Vorteil. Führt hingegen eine Straße am Grundstück entlang mit der Folge in den Außenbereich, dass der Bebauungszusammenhang im vorderen Bereich des Grundstücks endet, so vermittelt die Lage des Grundstücks an der Straße dem Beitragspflichtigen keinen weitergehenden Vorteil bezüglich der Ausnutzbarkeit des Grundstücks.

23

Dass derartige Konstellationen durchaus häufiger vorkommen, lässt sich dem von der Kammer in Einsicht genommenen Kartenmaterial des Beklagten zur Flächenerfassung unzweifelhaft entnehmen. Zudem muss auf die Kategorie des öffentlichen Weges im Sinne des Straßen- und Wegerechts Mecklenburg-Vorpommern abgestellt werden. Legt man diese Definition zugrunde, so ist ersichtlich, dass immer wieder in Bereichen mit Tiefenbegrenzungsregelung Straßen oder auch unbefestigte öffentliche Wege zwischen Grundstücken in den Außenbereich führen, also diesen anliegenden Grundstücken keinen weitergehenden Bebauungszusammenhang und damit keine vergrößerte bauliche Nutzbarkeit vermitteln. Aufgrund der Satzungsregelung, die allein auf die Lage des Grundstücks an mehreren Straßen abstellt, sind diese Grundstücke dennoch nach der Tiefenbegrenzungsregelung des § 5 Abs. 2 d) WBS 2002 mit einer größeren Beitragsfläche zu veranschlagen, als benachbarte Grundstücke, die allein an der vorderen Straße liegen. Hierfür ist ein unter Vorteilsgesichtspunkten sachliches Differenzierungskriterium nicht ersichtlich. Zwar hat ausweislich des Kartenmaterials die Beklagte in derartigen Grundstückssituationen augenscheinlich die Eckgrundstücksregelung nicht angewendet. Dies belegt aber indiziell lediglich, dass ein derartiges Ergebnis bei Erlass der Regelung auch nicht gewollt gewesen ist. Maßgebend ist dennoch der durch Auslegung nicht weiter einzuschränkende Wortlaut der Regelung, wonach in derartigen Fällen, d. h. einer Belegenheit des Grundstücks an mehreren Straßen, ohne dass diese Situation eine zusätzliche Bebaubarkeit des Grundstücks eröffnet, eine gegenüber dem Normalfall weitergehende Beitragsveranlagung gebietet.

24

Da eine Tiefenbegrenzungsregelung als Abweichung vom Buchgrundstücksbegriff ihre Rechtfertigung allein in dem Gesichtspunkt der notwendigen Verwaltungsvereinfachung findet, mag es zweifelhaft erscheinen, ob eine "Eckgrundstücksregelung" der vorgenannten Art überhaupt notwendig ist. Wenn der Satzungsgeber sich jedoch für eine derartige differenzierende Betrachtungsweise entscheidet, die zur Folge hat, dass gerade nicht in pauschalierter Weise die beitragsfähige Fläche nach metrischen Angaben bestimmt werden kann, so darf eine derartige Ausnahmeregelung unter Vorteilsgesichtspunkten wiederum nur besondere Ausnahmefälle außer Acht lassen, die auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung bei der Betrachtung gerade dieser Grundstückskategorie vernachlässigungswert ist. Dass dies vorliegend der Fall wäre, kann jedoch bei Betrachtung des Kartenmaterials zur Flächenerfassung nicht festgestellt werden. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass in der Regel bei Grundstücken, die an mehreren Straßen liegen, jede dieser Straßen dem Grundstück aufgrund eines Bebauungszusammenhangs eine weitergehende bauliche Nutzbarkeit vermittelt. Wenn aber Anhaltspunkte für eine derartige Pauschalierung nicht gegeben sind und die Ausnahmeregelung ohnehin dazu führt, dass derartige Eckgrundstücke einer genaueren Betrachtung der Beitragsfläche unterzogen werden müssen, so muss unter Vorteils- und Gleichheitsgesichtspunkten gegebenenfalls eine derartige Regelung so gestaltet werden, dass sie den tatsächlichen zusätzlichen beitragsrelevanten Vorteil derartiger Grundstücke in etwa abbildet (so bereits die Kammer im Urt. v. 30. Januar 2008 - 8 A 803/07 -, S. 8 ff. [n. v.]).

25

cc) Die sich daraus ergebende Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung in § 5 Abs. 2 d) WBS 2002 führt indessen nicht zur Nichtigkeit der gesamten Wasserbeitragssatzung. Nach den in § 139 BGB und § 44 Abs. 4 VwVfG M-V niedergelegten Rechtsgrundsätzen ist ein Rechtsakt nicht insgesamt unwirksam, wenn die Unwirksamkeitsgründe einen abgrenzbaren Teil erfassen und feststeht, dass der übrige Rechtsakt gegebenenfalls auch ohne diesen Teil erlassen worden wäre. Dies ist bei der hier behandelten Vorschrift anzunehmen. Sie betrifft nur die Eckgrundstücke im Verbandsgebiet. Es ist anzunehmen, dass die an sich sinnvolle und unter Umständen gebotene Tiefenbegrenzungsregelung auch ohne die Eckgrundstücksbestimmung erlassen worden wäre.

26

b) Soweit die Kläger die Kalkulation des Beitragssatzes beanstanden, ist dem nicht zu folgen:

27

aa) Zunächst hat, wie im Tatbestand dargestellt, die Beklagte die Kalkulation nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 KAG M-V insoweit berichtigt, soweit Erschließungsverträge in der Kalkulation kostenmäßig berücksichtigt worden sind, der Zweckverband diese Anlagen jedoch unentgeltlich vom Erschließungsträger übernommen hat. Der nunmehr ermittelte höchstzulässige Beitragssatz liegt mit 1,21 Euro (netto) immer noch über den in § 6 WBS 2002 festgesetzten Beitragssatz von 0,89 Euro. Diese nachträgliche Änderung der Kalkulation führt gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KAG M-V weder zur Unwirksamkeit der Abgabensatzung noch ist die Vertretungskörperschaft mit ihr zu befassen.

28

bb) Auch ansonsten sind keine durchgreifenden Zweifel dargelegt worden noch sind solche sonst ersichtlich, dass der (höchstzulässige) Beitragssatz fehlerhaft kalkuliert worden ist. Dieser ist deshalb eine tragfähige Grundlage für die Ermessensentscheidung der Verbandsversammlung hinsichtlich des Deckungsgrades bei der Anlagenfinanzierung durch Beitragserhebung.

29

Dies gilt insbesondere für die Aufwandsseite der Kalkulation. Erhaltene und erwartete Zuschüsse sind ausweislich der vorliegenden Kalkulation ebenso aufwandsmindernd als "Abzugskapital" berücksichtigt worden wie Kostenanteile für die Herstellung der Zentralanlagen des Zweckverbandes Radegast, die auf die Nutzung durch andere Verbände (Trinkwasserversorgungsverband Sude-Schaale und Zweckverband Schweriner Umland) entfallen.

30

cc) Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Kalkulation auch nicht deshalb fehlerhaft, weil im Gegensatz zu den Vorgängersatzungen gemäß § 2 Abs. 1 WBS 2000 (lediglich) Herstellungsbeiträge erhoben werden. Dies zielt auf Beitragserhebung zur Herstellung, also der einmaligen (erstmaligen) Fertigstellung der Gesamtanlage, ab und umfasst alle Baumaßnahmen bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Einrichtung nach dem Planungswillen und Planungskonzept des Aufgabenträgers den endgültigen Ausbauzustand erreicht hat (näher Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 7 Erl. 5.3; Quaas, Kommunales Abgabenrecht, 1997, Rn. 98 mwN; Sensburg/Maslaton, Abgabenrecht in der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, 2007 S. 142). Solange die Anlage nicht endgültig fertiggestellt ist, kommt dem Begriff der Erweiterung keine eigenständige Bedeutung zu (ebenso OVG M-V, Beschl. v. 21. April 1999 - 1 M 12/99 -, zit. nach juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 17. Mai 1990 - 2 S 710/88 - zit. nach juris Rn. 26 mwN; Quaas, Abgabenrecht, Rn. 99). Auch ansonsten geht der Begriff der Herstellung weiter als eine Erneuerung und Verbesserung. Erneuerung setzt die vollständige Stilllegung einer Anlage (oder eines rechtlich selbständigen Teils hiervon) wegen Verschleißes voraus und deren Ersatz. Verbesserung verlangt eine Verbesserung der Funktionen unter technischen Gesichtspunkten der Gesamtanlage (oder eines rechtlich selbständigen Teils hiervon; vgl. Quaas, Abgabenrecht, Rn 101 f.). Im vorliegenden Fall geht aber zunächst um die grundsätzliche Fertigstellung der Gesamtanlage, was (auch) die Erneuerung und/oder Verbesserung einzelner (rechtlich unselbständiger) Anlagenteile einschließen kann. Dies gilt vor allem mit Blick auf die besondere Situation bei den leitungsgebundenen Anlagen nach Herstellung der deutschen Einheit. Anlagen, die bereits zu DDR-Zeiten vorhanden waren, müssen nach Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes und der ersten wirksamen Satzung zunächst einmal hergestellt werden (vgl. näher OVG M-V, Beschl. v. 21. April 1999 - 1 M 12/99 -, zit. nach juris Rn. 20; Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 7.Erl. 5.3; § 9 Erl. 2.5.2).

31

3. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Beitragsanspruch des Zweckverbandes Radegastes auch nicht gemäß § 12 KAG 1993 bzw. § 12 Abs. 2 KAG M-V in Verbindung mit §§ 169 ff. AO verjährt. Danach galt bzw. gilt eine Festsetzungsfrist von vier Jahren. Diese Frist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres, indem die Abgabe (abstrakt) entstanden ist. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG 1993 war dies der Zeitpunkt der Anschlussmöglichkeit des Grundstücks an die Anlage, frühestens mit Inkrafttreten der ersten Beitragssatzung. Die Frist beginnt nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, welcher das Gericht folgt (vgl. Urt. v. 21. Mai 2008 - 8 A 2429/05 - S. 11), erst mit Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung (vgl. nur OVG M-V, Beschl. v. 27. Januar 2006 - 1 M 60/06 - zit. nach juris Rn. 8, weitere Nachweise bei Aussprung, NordÖR 2005, 240 [246 Fn. 43]), nicht hingegen mit der Veröffentlichung einer (Vorgänger-) Satzung mit formellem Geltungsanspruch.

32

a) Das Grundstück der Kläger ist im Laufe des Jahres 1998 an die Trinkwasseranlage angeschlossen worden. Damit hätte die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 Alt. 1 AO frühestens Ende des Jahres 1998, also zum 1. Januar 1999 zu laufen beginnen und am 31. Dezember 2003 enden können. Indessen ist die Wasserbeitragssatzung 2002 die erste wirksame Satzung des Zweckverbandes Radegast. Das Gericht hat in seinem den Beteiligten bekannten Urt. vom 21. Mai 2008 - 8 A 2429/05 - (S. 12 ff.) unter Berufung den Beschluss vom 4. Mai 2006 - 8 B 773/05 - ausgeführt, dass die gemäß § 21 am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Beitragssatzung vom 14. Dezember 1998 schon deshalb nichtig ist, weil die in § 6 [Beitragsmaßstab] Abs. 3 Buchstabe g) der Satzung enthaltene Privilegierung für die dort genannten - unbebauten oder mit einem Gebäude mit einem Vollgeschoss mit bis zu zwei Wohneinheiten bebauten, über 800 m² großen - Grundstücke weder mit dem in § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG statuierten Vorteilsprinzip noch mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Sie hält sich auch nicht mehr im Rahmen des Ermessens des Satzungsgebers bei der Wahl des Abgabenmaßstabs. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass bei großen Flächen der beitragsrelevante Vorteil nicht proportional mit der Fläche wächst. Vielmehr muss unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten davon ausgegangen werden, dass jedes Grundstück für jeden Quadratmeter Grundfläche in gleicher Weise einen Vorteil von der Einrichtung hat (vgl. Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern [Stand: Mai 2007], § 7 Erl. 9.1.2).

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b) Die Beitragssatzungen aus den Jahren 1996 und 1997 waren wegen der dortigen Regelungen in § 3 unwirksam. Danach soll die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Maßnahme(n) entstehen, die für die Herstellung, (Erneuerung) sowie den Aus- oder Umbau der Wasserversorgungsanlage oder von Teileinrichtungen erforderlich sind und die den Anschluss des Grundstückes an die Wasserversorgungsanlage ermöglichen. Der mit diesen Regelungen offensichtlich gewählte Zeitpunkt der (nach dem Planungskonzept des kommunalen Aufgabenträgers) endgültigen Herstellung der Wasserversorgungsanlage (Gesamtanlage) dürfte irgendwann in der Zukunft liegen, wenn überhaupt eine solche Anlage je endgültig fertiggestellt ist. Zudem ist diese Regelung mit § 8 Abs. 7 Satz 2 und 3 KAG 1993, der sowohl für Schmutzwasser- als auch für Trinkwasseranschlussbeiträge gilt, unvereinbar. Nach dieser Vorschrift entstand die sachliche Beitragspflicht - neben dem zusätzlichen Erfordernis einer wirksamen Satzung - bereits, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung angeschlossen werden kann und nicht erst - abweichend von der Bestimmung in § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG 1993 - mit der Fertigstellung der Gesamtanlage. Mit der Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 3 KAG 1993, wonach die Satzung - datumsmäßig - einen späteren Zeitpunkt bestimmen konnte, ist nach Auffassung der Kammer keine Ermächtigungsgrundlage für den Satzungsgeber geschaffen worden, das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten abweichend von der grundstücksbezogenen Anschlussmöglichkeit für alle Beitragsfälle von der Fertigstellung der (Gesamt-)Anlage abhängig zu machen und insoweit auf einen ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft zu verlagern. Dies hätte für die Beitragsverpflichteten die erheblich belastenden und ihnen daher nicht zumutbaren Folge, dass das Beitragsverhältnis auf lange Zeit in der Schwebe gehalten würde (vgl. auch OVG NW, Urteil vom 31. Oktober 1984 - 2 A 1156/84 -, OVGE 37, 188 [189 ff.]). Im Übrigen verweist das Gericht bezüglich der Frage der Festsetzungsverjährung ergänzend auf seinen Beschluss vom 7. April 2005 - 8 B 205/05 - (S. 12 ff. unter II. 3.).

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[...]

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.