Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 07. Dez. 2016 - 9 A 153/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:1207.9A153.16.0A
07.12.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 3.523,95 € für eine Ausbaumaßnahme an dem „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Buchgrundstückes Flurstück X, Flur X, Gemarkung A-Stadt (A-Straße) mit einer Gesamtgröße von 562 m², welches mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt sowohl an der Theodor-Körner-Straße als auch an dem „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße (im Folgenden Stichweg genannt) an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurden unter anderem die Theodor-Körner-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Stichweg als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 21.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die Theodor-Körner-Straße und den Stichweg. Hinsichtlich des Stichweges umfasste es Maßnahmen an dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Stichweg der Theodor-Körner-Straße, erstellt von der Firma X am 18.12.2014, ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber den Kläger jeweils gleichlautend die hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheide in Höhe von 3.523,95 € für die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in dem Stichweg. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen der Einmündung zur Theodor-Körner-Straße und ende auf der Grenze des zum Stichweg gehörenden Flurstückes X. Das Grundstück der Kläger (Flurstück X) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks seien sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 121.542,10 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 85.657,10 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 64.242,83 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 8.879,40 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 7,2350 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Kläger mit einer gewichteten Größe von 730,60 m² (zwei Vollgeschosse) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 3.523,95 €.

7

Zudem erließ die Beklagte gegenüber den Klägern am selben Tag jeweils zwei (gleichlautende) weitere Bescheide betreffend Ausbaumaßnahmen an der Theodor-Körner-Straße in Höhe von 13.835,10 €. Diese Bescheide waren Gegenstand des zunächst einheitlich geführten Verfahrens 9 A 127/15. Das Verfahren hinsichtlich des vorliegend streitigen Stichweges wurde mit Beschluss vom 19.07.2016 zum Aktenzeichen 9 A 153/16 abgetrennt.

8

Die Kläger legten gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 23.01.2015 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass die Abschnittsbildung im Rahmen der Bestimmung der öffentlichen Einrichtung nicht zutreffend vorgenommen worden sei. Der Stichweg stelle nach einer natürlichen Betrachtungsweise keine selbstständige Erschließungsanlage dar. Es fehle an einem augenfällig abgegrenzten Element im Falle des Stichweges, dieser stelle sich vor Ort im Sinne der Rechtsprechung zu Stichwegen als Teil des Hauptzuges als einfache Zuwegung zu den angrenzenden Häusern dar. Denn er habe bis zur Ecke eine Länge von 83 Metern, der Rest sei 54 Meter lang. Er bilde danach zusammen mit der Theodor-Körner-Straße eine Erschließungsanlage.

9

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte jeweils Änderungsbescheide, die sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezogen.

10

Am 04.05.2015 ergingen zurückweisende Widerspruchsbescheide durch die Beklagte. Zur Begründung führte sie aus, dass der Stichweg eine selbständige öffentliche Einrichtung nach einer natürlichen Betrachtungsweise zur Zeit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei. Er unterscheide sich von seiner Ausstattung und Verkehrsfunktion deutlich von der ausgebauten Theodor-Körner-Straße. Darüber hinaus weise er eine Ausdehnung und einen Verlauf auf, der ihn nicht als bloßen Annex zur Theodor-Körner-Straße erscheinen lasse.

11

Die Kläger haben am 04.06.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vertiefend ausführen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hinsichtlich des Stichweges die Ausnahmesituationen von Hinterliegergrundstücken in 2. Baureihe gegeben sei und dieser deshalb zusammen mit der Theodor-Körner-Straße eine öffentliche Einrichtung darstelle.

12

Es sei rechtsstaatswidrig, dass eine Kommune keine Unterhaltungsarbeiten an einer Erschließungsanlage ausführe und sich danach bei einem Verschleiß die Kosten für die Instandhaltungsmaßnahmen über Ausbaubeiträge beschaffen könne.

13

Unzutreffend seien die Flurstücke X und X, welche von der Eichendorffstraße erschlossen seien, im hinteren Bereich aber an den Stichweg angrenzten, nicht in die Beitragsberechnung eingeflossen. Die zwischen diesen Grundstücken und dem Stichweg verlaufende Mauer stelle ein ausräumbares Hindernis dar, so dass sie als von der Maßnahme bevorteilt anzusehen seien.

14

Die Kläger beantragen,

15

die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2015 (Az. 1.02.-1-T-K-Str-Stichweg) in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

18

Zur Begründung führte sie aus, dass bereits nach den Angaben der Kläger kein Fall der „100-Meter-Rechtsprechung“ des OVG Schleswig gegeben sei, da der Stichweg mit einer Länge von 83 Metern + 54 Metern länger als 100 Meter sei. Der Stichweg und die Theodor-Körner-Straße stellten zwei selbständige öffentliche Einrichtungen dar. Nach der Rechtsprechung des OVG komme es auf den Gesamteindruck nach den tatsächlichen Verhältnissen an. Vorliegend sei keine enge räumliche Beziehung zwischen Grundstücken am Stichweg und der Theodor-Körner-Straße gegeben. Auch sei kein Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken (2. Baureihe) gegeben. Die hintere Reihenhauszeile grenze nicht an die Vorderliegergrundstücke an und vermittle daher gerade nicht den Eindruck einer 2. Baureihe. Die Grundstücke am Stichweg hätten keine Vorteile durch die Maßnahme an der Theodor-Körner-Straße. Zudem handele es sich bei dem Stichweg ausschließlich um einen Gehweg, sodass er sich deutlich von seiner Verkehrsfunktion her von der ausgebauten Theodor-Körner-Straße unterscheide.

19

Die Flurstücke X und X fielen aus dem Abrechnungsgebiet heraus, da diese durch eine Mauer als ein nicht ausräumbares tatsächliches Hindernis von dem ausgebauten Weg getrennt seien.

20

Im Übrigen bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen kommunalabgabenrechtlichen Regelungen.

21

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

22

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

23

Im Anschluss daran erließ die Einzelrichterin einen Aufklärungsbeschluss im Hinblick auf die straßenbautechnische Notwendigkeit der Errichtung einer Mauer auf dem Flurstück X in Höhe der Flurstücke X und X und im Hinblick auf ein verbindliches Angebot einer Zuwegung zum „Stichweg Theodor-Körner-Straße“ der Beklagten gegenüber den jeweiligen Eigentümern der Flurstücke X und X. Zudem wurde die Einreichung einer Vergleichsberechnung angeordnet, die die Flurstücke X (Eichendorffstr. X) und X (Eichendorffstr. X) berücksichtigt.

24

Der Beklagte erwiderte darauf hin, dass die Errichtung der Mauer auf dem Flurstück X in der Höhe der Flurstücke X und X auf straßenbautechnischen Notwendigkeiten beruhe; sie sei erforderlich, um die Höhenunterschiede zu den betreffenden Privatgrundstücken abzufangen (Absturzsicherung). Hierzu werde auf die beigefügte Stellungnahme des Fachbereichs Tiefbau und Kommunalbetriebe verwiesen. Nach der Vergleichsberechnung unter Berücksichtigung der Flurstücke X und X ergebe sich eine Vorteilsfläche von 10.366,40 m², woraus ein Beitragssatz von 6,1972 € resultiere. Der Beitrag der Kläger belaufe sich danach auf 3.018,46 €.

25

Die Kläger vertreten hingegen die Auffassung, dass ein tatsächlich überwindbarer Höhenunterschied kein rechtlich relevantes Zugangshindernis darstelle. Bei einem Niveauunterschied zwischen Grundstück und Straße, der den Zugang erschwere, sei zu differenzieren, ob es sich um einen im Grundstück angelegten Höhenunterschied handele oder ob der Niveauunterschied der Straße zuzurechnen sei. Selbstgeschaffene Hindernisse auf dem Grundstück verhinderten die Beitragspflicht nicht. Niveauunterschiede seien nur beachtlich, wenn sie nicht mit einem zumutbaren Einsatz finanzieller Mittel überwunden werden könnten. Ein Höhenunterschied von1,50 Metern sei unbeachtlich.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 100/15, 9 A 127/15 und 9 A 144/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Einzelrichterin konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2016 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

28

Die zulässige Klage ist unbegründet.

29

Die angefochtenen Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

30

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

31

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

32

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

33

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der Einmündung zur Theodor-Körner-Straße und der Grenze des zum Stichweg gehörenden Flurstückes X begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von den Klägern insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Bei dem Stichweg handelt es sich um eine selbständige Einrichtung, die nicht lediglich unselbständiger Teil des Hauptzuges „Theodor-Körner-Straße“ ist. Die erkennende Einzelrichterin hat hierzu in dem Parallelverfahren 9 A 127/15 ausgeführt:

34

„Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

35

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

36

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von den Klägern angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

37

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken Theodor-Körner-Straße X einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (Theodor-Körner-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die Theodor-Körner-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der Theodor-Körner-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.“

38

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei dem Stichweg um eine öffentliche Einrichtung.

39

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

40

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 -, NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

41

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Der Stichweg ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Stichweg der Theodor-Körner-Straße, erstellt von der Firma X am 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand des bereits mehr als 50 Jahre alten Gehweges habe sich darin gezeigt, dass die aufgebrachte Asphaltbefestigung des Gehweges großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Ferner seien massive Absackungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Zudem sei ein Unterbau gänzlich nicht vorhanden gewesen, welcher nun erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschicht versehen werden solle. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit zwei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr drei Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Die bisherigen Leuchtkörper sollten durch leistungsstärkere ersetzt werden. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Zudem sei der Querschnitt unterdimensioniert gewesen.

42

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

43

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem X-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

44

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal angesprochen wurde.

45

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

46

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren.

47

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 121.542,10 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 85.657,10 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % - für den unzweifelhaft als Anliegerstraße einzustufenden Stichweg - abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 64.242,83 € liegt.

48

Die Umlegung dieses Aufwandes ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat zunächst zutreffend das Grundstück der Kläger in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie liegen mit ihrem Eckgrundstück auch an dem Stichweg an und werden damit durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat zudem rechtfehlerfrei die räumliche Ausdehnung des Gebietes bestimmt; die Grundstücke Eichendorffstraße X (Flurstück X) und Eichendorffstraße X (Flurstück X) waren darin nicht einzubeziehen.

49

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

50

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Kläger gegeben.

51

Anders verhält es sich mit den Grundstücken Eichendorffstraße X und X. Diese liegen zwar im rückwertigen Bereich mit ihrer Grundstücksgrenze ebenfalls an dem Stichweg an. Jedoch befindet sich dort ein nicht ausräumbares tatsächliches Hindernis, nämlich eine Stützmauer. Nach den örtlichen Gegebenheiten und den unbestrittenen Darlegungen der Beklagten steht für die erkennende Einzelrichterin fest, dass sich diese Mauer auf dem im gemeindlichen Eigentum befindlichen Flurstück X, mithin auf dem Stichweg, befindet. Es handelt sich damit um ein Hindernis im Straßenbereich und nicht um ein solches (selbstgeschaffenes) auf den Grundstücken selbst, das grundsätzlich eine Beitragspflicht nicht ausschließt (vgl. Habermann, in: Habermann/Arndt, KAG, Stand: 01/2016; § 8, Rn. 182). Befindet sich das Hindernis im Straßenbereich, ist zu unterscheiden: Steht im Zeitpunkt des Entstehens der (sachlichen) Beitragspflicht der Inanspruch-nahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage von einem Anliegergrundstück aus ein einzig auf dem Straßengelände befindliches, beachtliches, aber technisch ausräumbares, aber (noch) nicht ausgeräumtes Hindernis tatsächlicher Art (z. B. Straßengraben, Stützmauer, Böschung) entgegen, ist also eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit der Anlage weder von den Gegebenheiten des Grundstücks noch vom Willen des Eigentümers des Anliegergrundstücks, sondern allein von der Anlage selbst und damit letztlich von der Gemeinde abhängig, verfügt dieses Grundstück im maßgebenden Zeitpunkt zwar nicht über eine - ungehinderte - Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße und unterliegt mangels einer solchen - ungehinderten - Inanspruchnahmemöglichkeit nicht der Beitragspflicht. Gleichwohl dürfte es - im Ergebnis zu Lasten der Gemeinde - bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen sein, weil der entsprechende Ausfall jedenfalls nicht zu Lasten der übrigen Beitragspflichtigen gehen kann (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35 Rn. 25 m. w. N.; Habermann, a.a.O., Rn. 183). Beruht das tatsächliche Hindernis hingegen auf einer straßenbautechnischen Notwendigkeit, das damit nicht ausräumbar ist und eine ungehinderte Inanspruchnahme durch das Grundstück somit ausgeschlossen ist, ist dieses nicht in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen. So liegt der Fall hier.

52

Nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten beruht die Errichtung der Mauer auf dem Flurstück X in der Höhe der Flurstücke X und X auf straßenbautechnischen Notwendigkeiten. Die Stützmauer sei notwendig, um die Höhenunterschiede – die sich auch in dem Termin vor Ort dargestellt haben - zu den betreffenden Privatgrundstücken zur Absturzsicherung abzufangen. Hiergegen wenden sich die Kläger nicht in tatsächlicher Hinsicht, sondern führen Rechtsprechung an, die den bereits oben dargestellten unterschiedlichen Maßstab zu tatsächlichen Hindernissen auf dem Grundstück einerseits und im Straßenbereich andererseits bestätigt. Allein die Angabe: „Ein Höhenunterschied von 1,50 m ist unbeachtlich.“, zieht vorliegend die dargelegte straßenbautechnische Notwendigkeit nicht in Zweifel. Bei diesem Zitat einschließlich der Ausführung zur finanziellen Zumutbarkeit handelt sich um ein solches im Zusammenhang mit einem Hindernis (Niveauunterschied) auf dem Grundstück selbst – und nicht wie vorliegend im Straßenbereich, auf das der Privateigentümer keinen Einfluss hat.

53

Danach ist die Beklagte von einer zutreffend gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes von 8.879,40 m² ausgegangen. Bei einem umlagefähigen Aufwand von 64.242,83 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 7,2350 €/m². Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Kläger (730,60 m²) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) ergibt rechnerisch den mit den angefochtenen Bescheiden erhobenen Beitrag in Höhe von 3.523,95 €. Es kann hier offen bleiben, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden (Anlieger an der primär erschließenden Fahrstraße und an dem sekundär erschließenden Wohnweg) tatsächlich eine vergleichbare Eckgrundstückssituation im Sinne des § 6 Abs. 5 SBS gegeben ist, wofür einiges sprechen könnte. Denn die Beklagte hat zu Gunsten der Kläger eine entsprechende Ermäßigung tatsächlich vorgenommen, die sich allein auf ihren Beitrag und nicht auf den Beitragssatz insgesamt auswirkt.

54

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach sind die Kläger als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihnen der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Baugesetzbuch - BBauG | § 242 Überleitungsvorschriften für die Erschließung


(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden. (2) Soweit am 29. Juni 1961 zur

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Tenor Die Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.06.2015 werden aufgehoben, soweit sie einen Ausbaubeitrag von mehr als 18.476,97 € festsetzen. Im Übrigen wird die

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Tenor

Die Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 werden aufgehoben, soweit sie einen Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festsetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 13.835,10 € für eine Ausbaumaßnahme an der A-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Buchgrundstückes Flurstück xx, Flur xx, Gemarkung A-Stadt (A-Straße x) mit einer Gesamtgröße von 562 m², welches mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt sowohl an der A-Straße als auch an dem Fußweg A-Straße an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurde unter anderem die A-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Fußweg A-Straße als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 17.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die A-Straße. Dieses umfasste Maßnahmen an der Fahrbahn, dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße, der Firma XX ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber den Kläger jeweils gleichlautend die hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheide in Höhe von 13.835,10 € für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich deren Aufbau sowie die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in der A-Straße. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen den Einmündungsbereichen A-Straße/B-Straße sowie A-Straße/C-Straße. Das Grundstück der Kläger (Flurstück xx) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks seien sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 289.866,78 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 217.400,08 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 7.653,60 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 28,4049 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Kläger mit einer gewichteten Größe von 730,60 m² (zwei Vollgeschosse) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 13.835,10 €.

7

Zudem erließ die Beklagte gegenüber den Klägern am selben Tag jeweils zwei gleichlautende weitere Bescheide betreffend Ausbaumaßnahmen an dem Stichweg A-Straße. Diese Bescheide waren zunächst Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wurden aber mit Beschluss vom 19.07.2016 abgetrennt und sind nunmehr Gegenstand des Verfahrens 9 A 153/16.

8

Die Kläger legten gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 23.01.2015 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass der Stichweg nach einer natürlichen Betrachtungsweise keine selbstständige Erschließungsanlage sei. Es fehle an einem augenfällig abgegrenzten Element im Falle des Stichweges, dieser stelle sich vor Ort als einfache Zuwegung zu den angrenzenden Häusern da. Er bilde zusammen mit der A-Straße eine Erschließungsanlage.

9

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte jeweils Änderungsbescheide, die sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezogen.

10

Am 04.05.2015 ergingen zurückweisende Widerspruchsbescheide durch die Beklagte. Zur Begründung führte sie aus, dass der Stichweg eine selbständige öffentliche Einrichtung nach einer natürlichen Betrachtungsweise zur Zeit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei. Er unterscheide sich von seiner Ausstattung und Verkehrsfunktion deutlich von der ausgebauten A-Straße. Darüber hinaus weise er eine Ausdehnung und einen Verlauf auf, der ihn nicht als bloßen Annex zur A-Straße erscheinen lasse (83 m +54 m).

11

Die Kläger haben am 13.04.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vertiefend ausführen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hinsichtlich des Stichweges die Ausnahmesituationen von Hinterliegergrundstücken in 2. Baureihe gegeben sei und dieser deshalb zusammen mit der A-Straße eine öffentliche Einrichtung darstelle.

12

Es sei rechtsstaatswidrig, dass eine Kommune keine Unterhaltungsarbeiten an einer Erschließungsanlage ausführe und sich danach bei einem Verschleiß die Kosten für die Instandhaltungsmaßnahmen über Ausbaubeiträge beschaffen könne.

13

Die Kläger beantragen,

14

die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2015 (Az. 1.02.-3-T-K-Str) in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung führte sie aus, dass bereits nach den Angaben der Kläger kein Fall der „100-m-Rechtsprechung“ des OVG Schleswig gegeben sei, da der Stichweg mit einer Länge von 83 m + 54 m länger als 100 m sei. Der Stichweg A-Straße und die A-Straße stellten zwei selbständige öffentliche Einrichtungen dar. Nach der Rechtsprechung des OVG komme es auf den Gesamteindruck nach den tatsächlichen Verhältnissen an. Vorliegend sei keine enge räumliche Beziehung zwischen Grundstücken am Stichweg und der A-Straße gegeben. Auch sei kein Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken (2. Baureihe) gegeben. Die hintere Reihenhauszeile grenze nicht an die Vorderliegergrundstücke an und vermittle daher gerade nicht den Eindruck einer 2. Baureihe. Die Grundstücke am Stichweg hätten keine Vorteile durch die Maßnahme an der A-Straße. Zudem handele es sich bei dem Stichweg ausschließlich um einen Gehweg, sodass er sich deutlich von seiner Verkehrsfunktion her von der ausgebauten A-Straße unterscheide.

18

Hinsichtlich des gerichtlichen Hinweises zur Behandlung von Wohnwegen sei anzumerken, dass nach anderen Kommentatoren und einer Entscheidung des VGH München keine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen sei, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde. Dies könne auch eine Privatstraße, sogar ein nicht befahrbarer Geh- und Radweg sein. Es komme - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht darauf an, ob eine Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung vermittle; im Ausbaubeitragsrecht komme es gerade nicht darauf an, dass der Hauptstrang zur Bebaubarkeit der Grundstücke am Stichweg führe.

19

Im Übrigen bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen kommunalabgabenrechtlichen Regelungen.

20

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

21

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 100/15 und 9 A 144/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

24

Die angefochtenen Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 sind rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festgesetzt ist; insoweit sind sie aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

25

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

26

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

27

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

28

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der C-Straße im Norden und der B-Straße im Süden, in die die A-Straße jeweils nahezu im rechten Winkel einmündet, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von den Klägern insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Kläger gehört zu der Einrichtung jedoch nicht der sog. „Stichweg“.

29

Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

30

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

31

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ A-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von den Klägern angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

32

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken A-Straße xx-xx einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (A-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die A-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der A-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.

33

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei der A-Straße um eine öffentliche Einrichtung.

34

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

35

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 -, NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

36

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Die A-Straße ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße der Firma XX vom 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung sowohl der Fahrbahn als auch des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand der bereits mehr als 50 Jahre alten Fahrbahn der A-Straße habe sich darin gezeigt, dass die Fahrbahn großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Überdies seien im Bereich der Fahrbahn massive Absackungen mit der Folge zu verzeichnen gewesen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Die aufgebrachte Asphaltsbefestigung der Gehwege hätte gleichfalls großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen. Ferner seien erhebliche Absenkungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten eine Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit drei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr fünf Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Überdies seien Undichtigkeiten der Regenwasserkanalisation festzustellen gewesen.

37

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

38

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem XX-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

39

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal angesprochen wurde. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass es aufgrund der Fahrbahnverschmälerung um 0,25 m (von 5,00 m auf 4,75 m) nicht zu einer verkehrstechnischen Verschlechterung gekommen ist; insbesondere ist weiterhin Begegnungsverkehr möglich.

40

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

41

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren. Hierzu zählen auch die in einem Parallelverfahren gerügten Mehrkosten für die Entwässerung angetroffenen Grundwassereintrages. Hierbei handelt es sich um solche Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. zu den Sowieso-Kosten: BGH, U. v. 29.10.1970 - VII ZR 14/69 = BauR 1971, 60, 62; U. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -; U. v. 23.09.1976 - VII ZR 14/75 = BauR 1976, 430, 432). Vorliegend hat die Beklagte zudem im Vorfeld der Baumaßnahme Baugrunduntersuchungen durchführen lassen, die kein entsprechendes Ergebnis aufgewiesen hat. Wenn im Rahmen dieser Begutachtung der eingetretene Grundwassereintrag bekannt geworden wäre, dann hätten dieselben Maßnahmen (mit denselben Kosten) zur Beseitigung ergriffen werden müssen, als wenn sie nicht bekannt gewesen wären. Es sind also tatsächlich keine Mehrkosten entstanden.

42

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 289.866,78 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 217.400,08 € liegt.

43

Die Beklagte hat - entgegen der Ansicht in den Parallelverfahren - einen Anliegeranteil in Höhe von 75 % aufgrund der zutreffenden Einordnung der Straße als Anliegerstraße berücksichtigt. Wie sich unzweifelhaft aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung vor Ort ergeben hat, handelt es sich um eine klassische Anliegerstraße. Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten (vgl. OVG Schleswig, U. v. 11.02.1998, - 2 L 79/96, juris). Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (vgl. OVG Schleswig, U. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 -; B. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; B. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -; jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich ist auch hierfür der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, so dass es auf etwaige – ggf. anderslautende – frühere Aussagen hierzu nicht ankommt. Eine Anliegerstraße ist dann anzunehmen, wenn sie im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke dient. Sie nimmt naturgemäß auch Verkehre innerhalb eines Baugebietes auf, zum Beispiel aus einmündenden Sackgassen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 335). Hingegen sind Haupterschließungsstraßen solche mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr; sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme der verkehrsangebundenen reinen Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu; sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Sammlungsfunktion muss gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund stehen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 338). Vorliegend hat die A-Straße keine über die „normale“ Sammelfunktion - die auch eine Anliegerstraße hat - hinausgehende Sammelfunktion. Sie wird nicht bereits deshalb zur Haupterschließungsstraße, nur weil sie Verkehre umliegender Anliegerstraßen – um solche handelt es sich nach dem Eindruck vor Ort vorliegend in dem sog. Dichterviertel – aufnimmt. Diese Argumentation würde dazu führen, dass es quasi keine Anliegerstraßen mehr gäbe, da mit Ausnahme von Sackgassen alle Straßen Verkehre umliegender Straßen aufnehmen und damit Sammelfunktion hätten. Für die Annahme einer Haupterschließungsstraße bedarf es gerade eines beachtlichen innerörtlichen Verkehrs, der vorliegend nicht gegeben ist. Vielmehr dominiert die Erschließungsfunktion. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die A-Straße eine Verbindung zwischen B-Straße und C-Straße darstellt. Zum Einen handelt es sich auch bei diesen beiden um reine Anliegerstraßen (aus denselben Gründen wie bei dem hier streitigen Straßenzug) und nicht um Hauptverkehrsstraßen. Zum Anderen ist die A-Straße im Dichterviertel tatsächlich nicht der einzige Verbindungsweg zwischen Hölderlin- und B-Straße, sondern es gibt noch die Herderstraße im Osten und die Heidkampstraße im Westen. In der A-Straße sowie in allen umliegenden Straßen ist überwiegend gleichartige Wohnbebauung vorhanden, d. h. es findet kein überwiegender Ziel- und Quellverkehr zu umliegenden intensiven Gewerbenutzungen statt. Der Harksheider Weg, in dem Gewerbe angesiedelt ist, liegt mehrere Straßen weiter entfernt. Ein weiteres Indiz für die Qualität einer reinen Anliegerstraße ist auch die geringe Breite von 4,75 m.

44

Die Umlegung dieses Aufwandes erfolgte jedoch unzutreffend, was zu der austenorierten Reduzierung des Beitrages führt und die Klage insoweit Erfolg hat. Die Beklagte hat zwar zutreffend das Grundstück der Kläger in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie sind mit dem Anliegergrundstück durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat jedoch fehlerhaft in die räumliche Ausdehnung des Gebietes nicht die Grundstücke A-Straße x, x und x am Wohnweg einbezogen.

45

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

46

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Kläger gegeben.

47

Aber auch die Grundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen (entsprechend der obigen Definition) zählen zu dem Kreis der bevorteilten Grundstücke der zugehörigen - ausgebauten - Fahrstraße (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -; VG Schleswig, B. v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente überzeugen nicht.

48

Der von ihr zitierte allgemein anerkannte Grundsatz, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde (vgl. z. B. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 583a m. w. N.), trifft gleichermaßen auf Wohnweggrundstücke zu, da für sie die nächste erreichbare selbstständige Straße ebenfalls nur die Fahrstraße ist. Ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Habermann, a.a.O., Rn. 188 m.w.N.). Diesem Grundsatz liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer „selbstständigen Straße“ um eine befahrbare handelt, so dass sich in Anlehnung hieran auch die normale „Stichstraßenproblematik“, wie oben ausgeführt, anschließt.

49

Dass in dem Kommentar zum Kommunalabgebanrecht von Thiem/Böttcher die Wohnwege nicht besonders problematisiert werden, lässt nicht den von der Beklagten gezogenen alleinigen Schluss zu, dass eine differenzierte Betrachtungsweise hierzu nicht nötig ist. Es bedeutet vor allen Dingen nicht, dass Wohngrundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen bei Ausbaumaßnahmen an der die Primärerschließung sichernde Fahrstraße nicht bevorteilt sind. Zudem führt Thiem/Böttcher an anderer Stelle aus (§ 8, Rn. 550), dass notwendige Voraussetzung dafür, von einem neuen Ausbauzustand nutzen zu haben, die Möglichkeit sei, eine Verkehrseinrichtung von einem Grundstück aus zu nutzen. Welche Anforderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erfüllt sein müssten, hänge vornehmlich von der Eigenart der Verkehrseinrichtung ab und auch von der Art der zulässigen Grundstücksnutzung. So verschafften zum Beispiel selbstständige Gehwege (Fußgängerzonen, unbefahrbare Wohnwege) den angrenzenden Grundstücken schon dann die hier maßgebliche Vorteilslage, wenn deren Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätten, über sie zum Grundstück einen Zugang zu nehmen.

50

Soweit Driehaus eine Entscheidung des Bayerischen VGH zitiert (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35, Rn. 27, Fn 88: Bay. VGH, U. v. 14.04.2011 - 6 BV 08.3182 -, juris), dass auch ein nicht befahrbarer Gehweg die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit quasi als nächste erreichbare selbstständige Straße biete, kann dieser Ansicht so nicht gefolgt werden. Nach Auffassung der Einzelrichterin ist der der Entscheidung des Bay. VGH zugrunde liegende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es sich dort nicht um einen Wohnweg im beurechtlichen Sinne - wie oben zitiert - handelt, sondern lediglich um einen nicht befahrbaren Gehweg (Verbindungsweg) zwischen zwei Straßen; das dort betrachtete Grundstück lag unmittelbar an einer selbstständigen Straße (Königsberger Straße) an, durch die es baurechtlich erschlossen war und an der es ausbaubeitragsrechtlich bevorteilt direkt anlag. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung des Bay. VGH lediglich - und das entspricht der oben geäußerten Auffassung zur Selbstständigkeit des unbefahrbaren Wohnweges -, dass ein nicht befahrbarer Gehweg eine selbstständige Verkehrseinrichtung ist. Dementsprechend zitiert Driehaus diese Entscheidung auch unter dem Aspekt der selbstständigen/unselbstständigen Verkehrsanlage. Darüber hinaus greift die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin am Ende zu kurz, als der Bay. VGH nicht den weiteren Schritt geht, zu prüfen, ob dennoch eine Bevorteilung der Anlieger des Gehweges durch den Ausbau der Fahrstraße gegeben ist. Das Abrechnungsgebiet (also die bevorteilten Grundstücke) ist von der Ausdehnung der öffentlichen Einrichtung (selbständige Verkehrseinrichtung) zu unterscheiden und davon getrennt zu untersuchen. Hierin unterscheidet sich jenes Urteil von dem des OVG Schleswig (U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -).

51

Selbst wenn der Gedanken der Beklagten zutreffend ist, dass es sich um zwei unterschiedliche Vorteilsbegriffe im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und Ausbaubeitragsrecht andererseits handelt, führt dies nicht dazu, dass die Erschließungssituation im Ausbaubeitragsrecht völlig außer Acht bleiben könnte. Im Erschließungsbeitragsrecht liegt der Vorteil in der Sicherung der Erschließung für die zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks, d. h. es findet bei unbefahrbaren Wohnwegen eine Primärerschließung durch die Anbaustraße und eine Sekundärerschließung durch den unbefahrbaren Wohnweg statt. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen der Sondervorteil für die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrseinrichtung maßgeblich, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit oder Sinnhaftigkeit der Nutzung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Dieser relevante Sondervorteil wird aber gerade bei nur an unbefahrbaren Wohnwegen gelegenen Grundstücken dadurch vermittelt, dass ihnen überhaupt nur über die Fahrstraße das Heranfahren an die Grundstücksgrenze ermöglicht wird, es sich quasi um „gefangene Hinterliegergrundstücke“ handelt. Entsprechend benennt auch die oben zitierte Definition die „angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücke“.

52

Bei Anwendung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass eine vorteilsbedeutsame Inanspruchnahmemöglichkeit bei einer ausgebauten Straße dann anzunehmen sei, wenn auf der Straße bis zur Höhe des Grundstückes mit Personen- und Kraftfahrzeugen herangefahren und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg, Radweg oder Grünstreifen auf das Grundstück zu Fuß gegangen werden könne (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35, Rn. 26), ist genau dies vorliegend der Fall. Die Primärerschließung ist bei unbefahrbaren Wohnwegen (Sekundärerschließung) nicht hinwegzudenken für die verbesserte Nutzbarkeit, unabhängig davon, ob diese zulässig oder unzulässig ist.

53

Sind danach Anlieger an unbefahrbaren Wohnwegen von dem Ausbau der Fahrstraße grundsätzlich bevorteilt, stellt sich hiernach die Frage, welche Anliegergrundstücke vorliegend konkret als bevorteilt mit in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, d. h welche räumliche Ausdehnung das Abrechnungsgebiet hat. Unstreitig und aus dem Ortstermin ersichtich ist, dass der Wohnweg ab der Abzweigung von der Fahrstraße eine Länge von ca. 83 m und dann rechtwinklig in südlicher Richtung eine weitere Länge von ca. 54 m aufweist. Sodann mündet er über die Flurstücke xx und xx in die Eichendorffstraße ein. Alle anliegenden Grundstücke A-Straße xx-xx (und Nr. x, dies ist aber ein direktes Anliegergrundstück) verfügen über jeweils in ihrem Eigentum stehende Garagenstellplätze direkt an der A-Straße. Diese Garagenstellplätze wurden auch zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x existiert von der A-Straße aus, die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x von den Flurstücken xx und xx aus. Dort finden sich auch die jeweiligen Hydranten.

54

Bei durchlaufenden Wohnwegen wird der Grundsatz vertreten, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen Fahrstraße erhoben werden können bzw. von der Fahrstraße, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet sei (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). In dem zitierten Urteil des OVG Schleswig (vom 12.03.1992 - 2 L 194/91 -) wird ausgeführt, dass durch die verbesserte Erschließung eines Grundstücks, dass mit der Anbaustraße nur durch einen privaten oder öffentlichen unbefahrbaren Wohnweg verbunden ist (Hinterliegergrundstück im weiteren Sinne), durch die Ausbaumaßnahmen ein Vorteil gegeben sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass diesen Hinterliegergrundstücken durch die Anbaustraße in Verbindung mit dem Wohnweg eine Zugänglichkeit vermittelt werde, die bebauungsrechtlich unter dem Blickwinkel der verkehrsmäßigen Erschließung für ihre Bebaubarkeit ausreiche. Sodann stellt das Gericht als maßgeblichen Faktor darauf ab, dass hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen dürfen (§ 4 Abs. 2 S. 1 LBO).

55

Diese Maßgaben zugrunde gelegt, endet die Bevorteilung der Wohnweggrundstücken bei Nr. x, d.h. Nr. x-x fallen als bevorteilt in dem genannten Sinne in das Abrechnungsgebiet, die übrigen (Nr. x-x) nicht. Denn unter Berücksichtigung der Länge des Wohnweges, der jeweiligen Nähe der Grundstücke zu den öffentlichen Straßen A-Straße einerseits und Eichendorffstraße andererseits sowie der jeweils zugewiesenen Feuerwehrzufahrten, bestehen nach der bebauungsrechtlichen Situation im Hinblick auf den Brandschutz nur für die Grundstücke Nr. x-x keine Bedenken. Dahinter zurück tritt der Aspekt, dass die Grundstücke Nr. x-x tatsächlich die A-Straße wegen der dort befindlichen Garagen benutzen.

56

Danach ist die Beklagte von einer unzutreffenden gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes ausgegangen. Unter Berücksichtigung der genannten Wohnweggrundstücke A-Straße x-x ergibt sich nach der angeforderten Vergleichsberechnung ein gewichtetes Abrechnungsgebiet von 8.895,10 m² (statt 7.653,60 m²). Bei einem umlagefähigen Aufwand von 217.400,08 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 24,4404 €/m² (anstatt 28,4049 €/m²). Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Kläger (730,60 m²) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) ergibt rechnerisch den tenorierten Beitrag in Höhe von 11.904,12 €. Es kann hier offen bleiben, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden (Anlieger an der primär erschließenden Fahrstraße und an dem sekundär erschließenden Wohnweg) tatsächlich eine vergleichbare Eckgrundstückssituation im Sinne des § 6 Abs. 5 SBS) gegeben ist, wofür einiges sprechen könnte. Denn die Beklagte hat zu Gunsten der Kläger eine entsprechende Ermäßigung tatsächlich vorgenommen, die sich allein auf ihren Beitrag und nicht auf den Beitragssatz insgesamt auswirkt.

57

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach sind die Kläger als (Mit-) Eigentümer des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihnen der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

58

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens (Klägerin 86%, Beklagte 14%) verhältnismäßig gem. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO auferlegt.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


Tenor

Der Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 04.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2015 wird aufgehoben, soweit er einen Ausbaubeitrag von mehr als 18.737,66 € festsetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 21.777,12 € für eine Ausbaumaßnahme an der Theodor-Körner-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Buchgrundstückes Flurstück X, Flur X, Gemarkung A-Stadt (Hölderlinstr. X) mit einer Gesamtgröße von 1.150 m², welches mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt sowohl an der Theodor-Körner-Straße als auch an der Hölderlinstraße an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurde unter anderem die Theodor-Körner-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Fußweg Theodor-Körner-Straße als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 17.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die Theodor-Körner-Straße. Dieses umfasste Maßnahmen an der Fahrbahn, dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Theodor-Körner-Straße, der Firma X ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber der Klägerin den hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheid in Höhe von 21.777,12 € für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich deren Aufbau sowie die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in der Theodor-Körner-Straße. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen den Einmündungsbereichen Theodor-Körner-Straße/Kleiststraße sowie Theodor-Körner-Straße/Hölderlinstraße. Das Grundstück der Klägerin (Flurstück X) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als Eigentümerin des Grundstücks sei sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 289.866,78 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 217.400,08 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 7.653,60 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 28,4049 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Klägerin mit einer gewichteten Größe von 1.150 m² (ein Vollgeschoss) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 21.777,12 €.

7

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, der sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezog.

8

Die Klägerin legte gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 13.02.2015 ohne nähere Begründung Widerspruch ein.

9

Am 20.03.2015 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid durch die Beklagte, indem sie sich auf die Begründung zum angefochtenen Bescheid bezog.

10

Die Klägerin hat am 13.04.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie anführt, dass es sich bei der Theodor-Körner-Straße nicht um eine Anliegerstraße, sondern um eine Haupterschließungsstraße handele. Dies gehe zum Beispiel aus einer Sitzungsvorlage des Ausschusses für Planung und Bau der Beklagten vom 26.05.2003 hervor und sei auch vor Beginn der Baumaßnahme im Hinblick auf die zu erwartende Beitragshöhe von der Beklagten so kommuniziert worden.

11

Zudem sei das Abrechnungsgebiet fehlerhaft festgelegt worden. Der sogenannte „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße gehöre mit in das Abrechnungsgebiet. Der Stichweg sei ein Fußweg, auf dem kein PKW-Verkehr stattfinde. Er sei nach dem Gesamteindruck lediglich Anhängsel zum Hauptzug Theodor-Körner-Straße. Zu den Reihenhäusern, die ihren Zugang jeweils vom Stichweg Theodor-Körner-Straße hätten, gehöre eine Garagenanlage, die nur von der Theodor-Körner-Straße aus zugänglich sei. Die benannte Sitzungsvorlage vom 26.05.2003 stelle die Theodor-Körner-Straße und den Stichweg ebenfalls als ein Abrechnungsgebiet dar.

12

Die Klägerin beantragen sinngemäß,

13

den Bescheid der Beklagten vom 14.01.2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 04.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2015 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Zur Begründung führt sie aus, dass die Theodor-Körner-Straße eine Anliegerstraße sei. Sie nehme nicht überwiegend Ziel- und Quellverkehre von in der Nähe liegenden besuchsintensiven gewerblichen oder anderen Zwecken dienenden Grundstücken auf. Dies geschehe auch nicht dadurch, dass ab und an Anlieger der Hölderlinstraße und Kleiststraße die Theodor-Körner-Straße nutzen würden. Auch bei ihnen handele es sich um überwiegend mit Wohngebäuden bebaute (Anlieger-) Straßen. Die Qualifizierung als Sammelstraße durch eine Ingenieurgemeinschaft habe keine Bindungsfunktion, es sei auf die Verkehrsfunktion bei Entstehen der sachlichen Beitragspflicht abzustellen.

17

Der Stichweg Theodor-Körner-Straße sei eine eigenständige öffentliche Einrichtung, weshalb an beiden Einrichtungen Maßnahmen durchgeführt worden seien, für die Beiträge jeweils für beide Straßen separat bei den Anliegern zu erheben seien. Die Rechtsprechung im Ausbaubeitragsrecht zum Stichweg bedinge ebenfalls eine enge räumliche Beziehung von Grundstück und Straße, sodass sich hier nur die Grundstücke, die an der Theodor-Körner-Straße selbst anlägen, nicht aber die Grundstücke am Stichweg, in einer solchen Beziehung befänden. Letztere hätten keine Vorteile durch die Maßnahme an der Theodor-Körner-Straße. Die Ausnahmevoraussetzung, dass ein Stichweg bei dem Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken einzubeziehen sei, sei hier nicht gegeben. Hier lägen eine Vielzahl von Grundstücken an dem Stichweg. Zudem handele es sich bei dem Stichweg ausschließlich um einen Gehweg, sodass er sich deutlich von seiner Verkehrsfunktion her von der ausgebauten Theodor-Körner-Straße unterscheide.

18

Hinsichtlich des gerichtlichen Hinweises zur Behandlung von Wohnwegen sei anzumerken, dass nach anderen Kommentatoren und einer Entscheidung des VGH München keine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen sei, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde. Dies könne auch eine Privatstraße, sogar ein nicht befahrbarer Geh- und Radweg sein. Es komme - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht darauf an, ob eine Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung vermittle; im Ausbaubeitragsrecht komme es gerade nicht darauf an, dass der Hauptstrang zur Bebaubarkeit der Grundstücke am Stichweg führe.

19

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

20

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 127/15 und 9 A 144/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

23

Der angefochtene Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 04.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2015 ist rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 18.737,66 € festgesetzt ist; insoweit ist er aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig.

24

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

25

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

26

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

27

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der Hölderlinstraße im Norden und der Kleiststraße im Süden, in die die Theodor-Körner-Straße jeweils nahezu im rechten Winkel einmündet, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von der Klägerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Klägerin gehört zu der Einrichtung jedoch nicht der sog. „Stichweg“.

28

Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

29

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

30

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von der Klägerin angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

31

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken Theodor-Körner-Straße X einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (Theodor-Körner-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die Theodor-Körner-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der Theodor-Körner-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.

32

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei der Theodor-Körner-Straße um eine öffentliche Einrichtung.

33

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

34

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 - NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

35

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007
- 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Die Theodor-Körner-Straße ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Theodor-Körner-Straße der Firma X vom 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung sowohl der Fahrbahn als auch des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand der bereits mehr als 50 Jahre alten Fahrbahn der Theodor-Körner-Straße habe sich darin gezeigt, dass die Fahrbahn großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Überdies seien im Bereich der Fahrbahn massive Absackungen mit der Folge zu verzeichnen gewesen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Die aufgebrachte Asphaltsbefestigung der Gehwege hätte gleichfalls großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen. Ferner seien erhebliche Absenkungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten eine Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit drei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr fünf Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Überdies seien Undichtigkeiten der Regenwasserkanalisation festzustellen gewesen.

36

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

37

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem X-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

38

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal in einem Parallelverfahren angesprochen wurde. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass es aufgrund der Fahrbahnverschmälerung um 0,25 m (von 5,00 m auf 4,75 m) nicht zu einer verkehrstechnischen Verschlechterung gekommen ist; insbesondere ist weiterhin Begegnungsverkehr möglich.

39

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

40

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren. Hierzu zählen auch die in einem Parallelverfahren gerügten Mehrkosten für die Entwässerung angetroffenen Grundwassereintrages. Hierbei handelt es sich um solche Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. zu den Sowieso-Kosten: BGH, U. v. 29.10.1970 - VII ZR 14/69 = BauR 1971, 60, 62; U. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -; U. v. 23.09.1976 - VII ZR 14/75 = BauR 1976, 430, 432). Vorliegend hat die Beklagte zudem im Vorfeld der Baumaßnahme Baugrunduntersuchungen durchführen lassen, die kein entsprechendes Ergebnis aufgewiesen hat. Wenn im Rahmen dieser Begutachtung der eingetretene Grundwassereintrag bekannt geworden wäre, dann hätten dieselben Maßnahmen (mit denselben Kosten) zur Beseitigung ergriffen werden müssen, als wenn sie nicht bekannt gewesen wären. Es sind also tatsächlich keine Mehrkosten entstanden.

41

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 289.866,78 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 217.400,08 € liegt.

42

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte einen Anliegeranteil in Höhe von 75 % aufgrund der zutreffenden Einordnung der Straße als Anliegerstraße berücksichtigt. Wie sich unzweifelhaft aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung vor Ort ergeben hat, handelt es sich um eine klassische Anliegerstraße. Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten (vgl. OVG Schleswig, U. v. 11.02.1998, - 2 L 79/96, juris). Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (vgl. OVG Schleswig, U. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 -; B. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; B. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -; jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich ist auch hierfür der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, so dass es auf etwaige – ggf. anderslautende – frühere Aussagen hierzu nicht ankommt. Eine Anliegerstraße ist dann anzunehmen, wenn sie im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke dient. Sie nimmt naturgemäß auch Verkehre innerhalb eines Baugebietes auf, zum Beispiel aus einmündenden Sackgassen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 335). Hingegen sind Haupterschließungsstraßen solche mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr; sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme der verkehrsangebundenen reinen Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu; sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Sammlungsfunktion muss gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund stehen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 338). Vorliegend hat die Theodor-Körner-Straße keine über die „normale“ Sammelfunktion - die auch eine Anliegerstraße hat - hinausgehende Sammelfunktion. Sie wird nicht bereits deshalb zur Haupterschließungsstraße, nur weil sie Verkehre umliegender Anliegerstraßen – um solche handelt es sich nach dem Eindruck vor Ort vorliegend in dem sog. Dichterviertel – aufnimmt. Diese Argumentation würde dazu führen, dass es quasi keine Anliegerstraßen mehr gäbe, da mit Ausnahme von Sackgassen alle Straßen Verkehre umliegender Straßen aufnehmen und damit Sammelfunktion hätten. Für die Annahme einer Haupterschließungsstraße bedarf es gerade eines beachtlichen innerörtlichen Verkehrs, der vorliegend nicht gegeben ist. Vielmehr dominiert die Erschließungsfunktion. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Theodor-Körner-Straße eine Verbindung zwischen Kleiststraße und Hölderlinstraße darstellt. Zum Einen handelt es sich auch bei diesen beiden um reine Anliegerstraßen (aus denselben Gründen wie bei dem hier streitigen Straßenzug) und nicht um Hauptverkehrsstraßen. Zum Anderen ist die Theodor-Körner-Straße im Dichterviertel tatsächlich nicht der einzige Verbindungsweg zwischen Hölderlin- und Kleiststraße, sondern es gibt noch die Herderstraße im Osten und die Heidkampstraße im Westen. In der Theodor-Körner-Straße sowie in allen umliegenden Straßen ist überwiegend gleichartige Wohnbebauung vorhanden, d. h. es findet kein überwiegender Ziel- und Quellverkehr zu umliegenden intensiven Gewerbenutzungen statt. Der Harksheider Weg, in dem Gewerbe angesiedelt ist, liegt mehrere Straßen weiter entfernt. Ein weiteres Indiz für die Qualität einer reinen Anliegerstraße ist auch die geringe Breite von 4,75 m.

43

Die Umlegung dieses Aufwandes erfolgte jedoch unzutreffend, was zu der austenorierten Reduzierung des Beitrages führt und die Klage insoweit Erfolg hat. Die Beklagte hat zwar zutreffend das Grundstück der Klägerin in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie ist mit dem Anliegergrundstück durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat jedoch fehlerhaft in die räumliche Ausdehnung des Gebietes nicht die Grundstücke Theodor-Körner-Straße X, X und X am Wohnweg einbezogen.

44

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

45

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Klägerin gegeben

46

Aber auch die Grundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen (entsprechend der obigen Definition) zählen zu dem Kreis der bevorteilten Grundstücke der zugehörigen - ausgebauten - Fahrstraße (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -; VG Schleswig, B. v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente überzeugen nicht.

47

Der von ihr zitierte allgemein anerkannte Grundsatz, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde (vgl. z. B. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 583a m. w. N.), trifft gleichermaßen auf Wohnweggrundstücke zu, da für sie die nächste erreichbare selbstständige Straße ebenfalls nur die Fahrstraße ist. Ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Habermann, a.a.O., Rn. 188 m.w.N.). Diesem Grundsatz liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer „selbstständigen Straße“ um eine befahrbare handelt, so dass sich in Anlehnung hieran auch die normale „Stichstraßenproblematik“, wie oben ausgeführt, anschließt.

48

Dass in dem Kommentar zum Kommunalabgebanrecht von Thiem/Böttcher die Wohnwege nicht besonders problematisiert werden, lässt nicht den von der Beklagten gezogenen alleinigen Schluss zu, dass eine differenzierte Betrachtungsweise hierzu nicht nötig ist. Es bedeutet vor allen Dingen nicht, dass Wohngrundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen bei Ausbaumaßnahmen an der die Primärerschließung sichernde Fahrstraße nicht bevorteilt sind. Zudem führt Thiem/Böttcher an anderer Stelle aus (§ 8, Rn. 550), dass notwendige Voraussetzung dafür, von einem neuen Ausbauzustand nutzen zu haben, die Möglichkeit sei, eine Verkehrseinrichtung von einem Grundstück aus zu nutzen. Welche Anforderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erfüllt sein müssten, hänge vornehmlich von der Eigenart der Verkehrseinrichtung ab und auch von der Art der zulässigen Grundstücksnutzung. So verschafften zum Beispiel selbstständige Gehwege (Fußgängerzonen, unbefahrbare Wohnwege) den angrenzenden Grundstücken schon dann die hier maßgebliche Vorteilslage, wenn deren Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätten, über sie zum Grundstück einen Zugang zu nehmen.

49

Soweit Driehaus eine Entscheidung des Bayerischen VGH zitiert (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35, Rn. 27, Fn 88: Bay. VGH, U. v. 14.04.2011 - 6 BV 08.3182 -, juris), dass auch ein nicht befahrbarer Gehweg die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit quasi als nächste erreichbare selbstständige Straße biete, kann dieser Ansicht so nicht gefolgt werden. Nach Auffassung der Einzelrichterin ist der der Entscheidung des Bay. VGH zugrunde liegende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es sich dort nicht um einen Wohnweg im beurechtlichen Sinne - wie oben zitiert - handelt, sondern lediglich um einen nicht befahrbaren Gehweg (Verbindungsweg) zwischen zwei Straßen; das dort betrachtete Grundstück lag unmittelbar an einer selbstständigen Straße (Königsberger Straße) an, durch die es baurechtlich erschlossen war und an der es ausbaubeitragsrechtlich bevorteilt direkt anlag. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung des Bay. VGH lediglich - und das entspricht der oben geäußerten Auffassung zur Selbstständigkeit des unbefahrbaren Wohnweges -, dass ein nicht befahrbarer Gehweg eine selbstständige Verkehrseinrichtung ist. Dementsprechend zitiert Driehaus diese Entscheidung auch unter dem Aspekt der selbstständigen/unselbstständigen Verkehrsanlage. Darüber hinaus greift die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin am Ende zu kurz, als der Bay. VGH nicht den weiteren Schritt geht, zu prüfen, ob dennoch eine Bevorteilung der Anlieger des Gehweges durch den Ausbau der Fahrstraße gegeben ist. Das Abrechnungsgebiet (also die bevorteilten Grundstücke) ist von der Ausdehnung der öffentlichen Einrichtung (selbständige Verkehrseinrichtung) zu unterscheiden und davon getrennt zu untersuchen. Hierin unterscheidet sich jenes Urteil von dem des OVG Schleswig (U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -).

50

Selbst wenn der Gedanken der Beklagten zutreffend ist, dass es sich um zwei unterschiedliche Vorteilsbegriffe im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und Ausbaubeitragsrecht andererseits handelt, führt dies nicht dazu, dass die Erschließungssituation im Ausbaubeitragsrecht völlig außer Acht bleiben könnte. Im Erschließungsbeitragsrecht liegt der Vorteil in der Sicherung der Erschließung für die zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks, d. h. es findet bei unbefahrbaren Wohnwegen eine Primärerschließung durch die Anbaustraße und eine Sekundärerschließung durch den unbefahrbaren Wohnweg statt. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen der Sondervorteil für die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrseinrichtung maßgeblich, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit oder Sinnhaftigkeit der Nutzung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Dieser relevante Sondervorteil wird aber gerade bei nur an unbefahrbaren Wohnwegen gelegenen Grundstücken dadurch vermittelt, dass ihnen überhaupt nur über die Fahrstraße das Heranfahren an die Grundstücksgrenze ermöglicht wird, es sich quasi um „gefangene Hinterliegergrundstücke“ handelt. Entsprechend benennt auch die oben zitierte Definition die „angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücke“.

51

Bei Anwendung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass eine vorteilsbedeutsame Inanspruchnahmemöglichkeit bei einer ausgebauten Straße dann anzunehmen sei, wenn auf der Straße bis zur Höhe des Grundstückes mit Personen- und Kraftfahrzeugen herangefahren und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg, Radweg oder Grünstreifen auf das Grundstück zu Fuß gegangen werden könne (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35, Rn. 26), ist genau dies vorliegend der Fall. Die Primärerschließung ist bei unbefahrbaren Wohnwegen (Sekundärerschließung) nicht hinwegzudenken für die verbesserte Nutzbarkeit, unabhängig davon, ob diese zulässig oder unzulässig ist.

52

Sind danach Anlieger an unbefahrbaren Wohnwegen von dem Ausbau der Fahrstraße grundsätzlich bevorteilt, stellt sich hiernach die Frage, welche Anliegergrundstücke vorliegend konkret als bevorteilt mit in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, d. h welche räumliche Ausdehnung das Abrechnungsgebiet hat. Unstreitig und aus dem Ortstermin ersichtich ist, dass der Wohnweg ab der Abzweigung von der Fahrstraße eine Länge von ca. 83 m und dann rechtwinklig in südlicher Richtung eine weitere Länge von ca. 54 m aufweist. Sodann mündet er über die Flurstücke X und X in die Eichendorffstraße ein. Alle anliegenden Grundstücke Theodor-Körner-Straße X-X (und Nr. X, dies ist aber ein direktes Anliegergrundstück) verfügen über jeweils in ihrem Eigentum stehende Garagenstellplätze direkt an der Theodor-Körner-Straße. Diese Garagenstellplätze wurden auch zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. X-X existiert von der Theodor-Körner-Straße aus, die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. X-X von den Flurstücken X und X aus. Dort finden sich auch die jeweiligen Hydranten.

53

Bei durchlaufenden Wohnwegen wird der Grundsatz vertreten, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen Fahrstraße erhoben werden können bzw. von der Fahrstraße, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet sei (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). In dem zitierten Urteil des OVG Schleswig (vom 12.03.1992 - 2 L 194/91 -) wird ausgeführt, dass durch die verbesserte Erschließung eines Grundstücks, dass mit der Anbaustraße nur durch einen privaten oder öffentlichen unbefahrbaren Wohnweg verbunden ist (Hinterliegergrundstück im weiteren Sinne), durch die Ausbaumaßnahmen ein Vorteil gegeben sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass diesen Hinterliegergrundstücken durch die Anbaustraße in Verbindung mit dem Wohnweg eine Zugänglichkeit vermittelt werde, die bebauungsrechtlich unter dem Blickwinkel der verkehrsmäßigen Erschließung für ihre Bebaubarkeit ausreiche. Sodann stellt das Gericht als maßgeblichen Faktor darauf ab, dass hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen dürfen (§ 4 Abs. 2 S. 1 LBO).

54

Diese Maßgaben zugrunde gelegt, endet die Bevorteilung der Wohnweggrundstücken bei Hausnummer X, d.h. Nr. X-X fallen als bevorteilt in dem genannten Sinne in das Abrechnungsgebiet, die übrigen (Nr. X-X) nicht. Denn unter Berücksichtigung der Länge des Wohnweges, der jeweiligen Nähe der Grundstücke zu den öffentlichen Straßen Theodor-Körner-Straße einerseits und Eichendorffstraße andererseits sowie der jeweils zugewiesenen Feuerwehrzufahrten, bestehen nach der bebauungsrechtlichen Situation im Hinblick auf den Brandschutz nur für die Grundstücke Nr. X-X keine Bedenken. Dahinter zurück tritt der Aspekt, dass die Grundstücke Nr. X-X tatsächlich die Theodor-Körner-Straße wegen der dort befindlichen Garagen benutzen.

55

Danach ist die Beklagte von einer unzutreffenden gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes ausgegangen. Unter Berücksichtigung der genannten Wohnweggrundstücke Theodor-Körner-Straße X-X ergibt sich nach der angeforderten Vergleichsberechnung ein gewichtetes Abrechnungsgebiet von 8.895,10 m² (statt 7.653,60 m²). Bei einem umlagefähigen Aufwand von 217.400,08 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 24,4404 €/m² (anstatt 28,4049 €/m²). Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Klägerin (1.150 m²) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) ergibt rechnerisch den tenorierten Beitrag in Höhe von 18.737,66 €.

56

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach ist die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihr der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

57

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens (Klägerin 86%, Beklagte 14%) verhältnismäßig gem. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO auferlegt.

58

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


Tenor

Die Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 werden aufgehoben, soweit sie einen Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festsetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 13.835,10 € für eine Ausbaumaßnahme an der A-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Buchgrundstückes Flurstück xx, Flur xx, Gemarkung A-Stadt (A-Straße x) mit einer Gesamtgröße von 562 m², welches mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt sowohl an der A-Straße als auch an dem Fußweg A-Straße an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurde unter anderem die A-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Fußweg A-Straße als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 17.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die A-Straße. Dieses umfasste Maßnahmen an der Fahrbahn, dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße, der Firma XX ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber den Kläger jeweils gleichlautend die hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheide in Höhe von 13.835,10 € für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich deren Aufbau sowie die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in der A-Straße. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen den Einmündungsbereichen A-Straße/B-Straße sowie A-Straße/C-Straße. Das Grundstück der Kläger (Flurstück xx) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks seien sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 289.866,78 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 217.400,08 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 7.653,60 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 28,4049 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Kläger mit einer gewichteten Größe von 730,60 m² (zwei Vollgeschosse) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 13.835,10 €.

7

Zudem erließ die Beklagte gegenüber den Klägern am selben Tag jeweils zwei gleichlautende weitere Bescheide betreffend Ausbaumaßnahmen an dem Stichweg A-Straße. Diese Bescheide waren zunächst Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wurden aber mit Beschluss vom 19.07.2016 abgetrennt und sind nunmehr Gegenstand des Verfahrens 9 A 153/16.

8

Die Kläger legten gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 23.01.2015 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass der Stichweg nach einer natürlichen Betrachtungsweise keine selbstständige Erschließungsanlage sei. Es fehle an einem augenfällig abgegrenzten Element im Falle des Stichweges, dieser stelle sich vor Ort als einfache Zuwegung zu den angrenzenden Häusern da. Er bilde zusammen mit der A-Straße eine Erschließungsanlage.

9

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte jeweils Änderungsbescheide, die sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezogen.

10

Am 04.05.2015 ergingen zurückweisende Widerspruchsbescheide durch die Beklagte. Zur Begründung führte sie aus, dass der Stichweg eine selbständige öffentliche Einrichtung nach einer natürlichen Betrachtungsweise zur Zeit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei. Er unterscheide sich von seiner Ausstattung und Verkehrsfunktion deutlich von der ausgebauten A-Straße. Darüber hinaus weise er eine Ausdehnung und einen Verlauf auf, der ihn nicht als bloßen Annex zur A-Straße erscheinen lasse (83 m +54 m).

11

Die Kläger haben am 13.04.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vertiefend ausführen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hinsichtlich des Stichweges die Ausnahmesituationen von Hinterliegergrundstücken in 2. Baureihe gegeben sei und dieser deshalb zusammen mit der A-Straße eine öffentliche Einrichtung darstelle.

12

Es sei rechtsstaatswidrig, dass eine Kommune keine Unterhaltungsarbeiten an einer Erschließungsanlage ausführe und sich danach bei einem Verschleiß die Kosten für die Instandhaltungsmaßnahmen über Ausbaubeiträge beschaffen könne.

13

Die Kläger beantragen,

14

die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2015 (Az. 1.02.-3-T-K-Str) in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung führte sie aus, dass bereits nach den Angaben der Kläger kein Fall der „100-m-Rechtsprechung“ des OVG Schleswig gegeben sei, da der Stichweg mit einer Länge von 83 m + 54 m länger als 100 m sei. Der Stichweg A-Straße und die A-Straße stellten zwei selbständige öffentliche Einrichtungen dar. Nach der Rechtsprechung des OVG komme es auf den Gesamteindruck nach den tatsächlichen Verhältnissen an. Vorliegend sei keine enge räumliche Beziehung zwischen Grundstücken am Stichweg und der A-Straße gegeben. Auch sei kein Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken (2. Baureihe) gegeben. Die hintere Reihenhauszeile grenze nicht an die Vorderliegergrundstücke an und vermittle daher gerade nicht den Eindruck einer 2. Baureihe. Die Grundstücke am Stichweg hätten keine Vorteile durch die Maßnahme an der A-Straße. Zudem handele es sich bei dem Stichweg ausschließlich um einen Gehweg, sodass er sich deutlich von seiner Verkehrsfunktion her von der ausgebauten A-Straße unterscheide.

18

Hinsichtlich des gerichtlichen Hinweises zur Behandlung von Wohnwegen sei anzumerken, dass nach anderen Kommentatoren und einer Entscheidung des VGH München keine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen sei, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde. Dies könne auch eine Privatstraße, sogar ein nicht befahrbarer Geh- und Radweg sein. Es komme - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht darauf an, ob eine Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung vermittle; im Ausbaubeitragsrecht komme es gerade nicht darauf an, dass der Hauptstrang zur Bebaubarkeit der Grundstücke am Stichweg führe.

19

Im Übrigen bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen kommunalabgabenrechtlichen Regelungen.

20

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

21

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 100/15 und 9 A 144/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

24

Die angefochtenen Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 sind rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festgesetzt ist; insoweit sind sie aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

25

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

26

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

27

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

28

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der C-Straße im Norden und der B-Straße im Süden, in die die A-Straße jeweils nahezu im rechten Winkel einmündet, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von den Klägern insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Kläger gehört zu der Einrichtung jedoch nicht der sog. „Stichweg“.

29

Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

30

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

31

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ A-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von den Klägern angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

32

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken A-Straße xx-xx einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (A-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die A-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der A-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.

33

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei der A-Straße um eine öffentliche Einrichtung.

34

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

35

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 -, NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

36

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Die A-Straße ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße der Firma XX vom 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung sowohl der Fahrbahn als auch des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand der bereits mehr als 50 Jahre alten Fahrbahn der A-Straße habe sich darin gezeigt, dass die Fahrbahn großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Überdies seien im Bereich der Fahrbahn massive Absackungen mit der Folge zu verzeichnen gewesen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Die aufgebrachte Asphaltsbefestigung der Gehwege hätte gleichfalls großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen. Ferner seien erhebliche Absenkungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten eine Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit drei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr fünf Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Überdies seien Undichtigkeiten der Regenwasserkanalisation festzustellen gewesen.

37

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

38

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem XX-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

39

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal angesprochen wurde. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass es aufgrund der Fahrbahnverschmälerung um 0,25 m (von 5,00 m auf 4,75 m) nicht zu einer verkehrstechnischen Verschlechterung gekommen ist; insbesondere ist weiterhin Begegnungsverkehr möglich.

40

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

41

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren. Hierzu zählen auch die in einem Parallelverfahren gerügten Mehrkosten für die Entwässerung angetroffenen Grundwassereintrages. Hierbei handelt es sich um solche Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. zu den Sowieso-Kosten: BGH, U. v. 29.10.1970 - VII ZR 14/69 = BauR 1971, 60, 62; U. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -; U. v. 23.09.1976 - VII ZR 14/75 = BauR 1976, 430, 432). Vorliegend hat die Beklagte zudem im Vorfeld der Baumaßnahme Baugrunduntersuchungen durchführen lassen, die kein entsprechendes Ergebnis aufgewiesen hat. Wenn im Rahmen dieser Begutachtung der eingetretene Grundwassereintrag bekannt geworden wäre, dann hätten dieselben Maßnahmen (mit denselben Kosten) zur Beseitigung ergriffen werden müssen, als wenn sie nicht bekannt gewesen wären. Es sind also tatsächlich keine Mehrkosten entstanden.

42

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 289.866,78 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 217.400,08 € liegt.

43

Die Beklagte hat - entgegen der Ansicht in den Parallelverfahren - einen Anliegeranteil in Höhe von 75 % aufgrund der zutreffenden Einordnung der Straße als Anliegerstraße berücksichtigt. Wie sich unzweifelhaft aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung vor Ort ergeben hat, handelt es sich um eine klassische Anliegerstraße. Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten (vgl. OVG Schleswig, U. v. 11.02.1998, - 2 L 79/96, juris). Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (vgl. OVG Schleswig, U. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 -; B. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; B. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -; jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich ist auch hierfür der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, so dass es auf etwaige – ggf. anderslautende – frühere Aussagen hierzu nicht ankommt. Eine Anliegerstraße ist dann anzunehmen, wenn sie im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke dient. Sie nimmt naturgemäß auch Verkehre innerhalb eines Baugebietes auf, zum Beispiel aus einmündenden Sackgassen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 335). Hingegen sind Haupterschließungsstraßen solche mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr; sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme der verkehrsangebundenen reinen Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu; sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Sammlungsfunktion muss gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund stehen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 338). Vorliegend hat die A-Straße keine über die „normale“ Sammelfunktion - die auch eine Anliegerstraße hat - hinausgehende Sammelfunktion. Sie wird nicht bereits deshalb zur Haupterschließungsstraße, nur weil sie Verkehre umliegender Anliegerstraßen – um solche handelt es sich nach dem Eindruck vor Ort vorliegend in dem sog. Dichterviertel – aufnimmt. Diese Argumentation würde dazu führen, dass es quasi keine Anliegerstraßen mehr gäbe, da mit Ausnahme von Sackgassen alle Straßen Verkehre umliegender Straßen aufnehmen und damit Sammelfunktion hätten. Für die Annahme einer Haupterschließungsstraße bedarf es gerade eines beachtlichen innerörtlichen Verkehrs, der vorliegend nicht gegeben ist. Vielmehr dominiert die Erschließungsfunktion. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die A-Straße eine Verbindung zwischen B-Straße und C-Straße darstellt. Zum Einen handelt es sich auch bei diesen beiden um reine Anliegerstraßen (aus denselben Gründen wie bei dem hier streitigen Straßenzug) und nicht um Hauptverkehrsstraßen. Zum Anderen ist die A-Straße im Dichterviertel tatsächlich nicht der einzige Verbindungsweg zwischen Hölderlin- und B-Straße, sondern es gibt noch die Herderstraße im Osten und die Heidkampstraße im Westen. In der A-Straße sowie in allen umliegenden Straßen ist überwiegend gleichartige Wohnbebauung vorhanden, d. h. es findet kein überwiegender Ziel- und Quellverkehr zu umliegenden intensiven Gewerbenutzungen statt. Der Harksheider Weg, in dem Gewerbe angesiedelt ist, liegt mehrere Straßen weiter entfernt. Ein weiteres Indiz für die Qualität einer reinen Anliegerstraße ist auch die geringe Breite von 4,75 m.

44

Die Umlegung dieses Aufwandes erfolgte jedoch unzutreffend, was zu der austenorierten Reduzierung des Beitrages führt und die Klage insoweit Erfolg hat. Die Beklagte hat zwar zutreffend das Grundstück der Kläger in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie sind mit dem Anliegergrundstück durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat jedoch fehlerhaft in die räumliche Ausdehnung des Gebietes nicht die Grundstücke A-Straße x, x und x am Wohnweg einbezogen.

45

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

46

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Kläger gegeben.

47

Aber auch die Grundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen (entsprechend der obigen Definition) zählen zu dem Kreis der bevorteilten Grundstücke der zugehörigen - ausgebauten - Fahrstraße (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -; VG Schleswig, B. v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente überzeugen nicht.

48

Der von ihr zitierte allgemein anerkannte Grundsatz, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde (vgl. z. B. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 583a m. w. N.), trifft gleichermaßen auf Wohnweggrundstücke zu, da für sie die nächste erreichbare selbstständige Straße ebenfalls nur die Fahrstraße ist. Ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Habermann, a.a.O., Rn. 188 m.w.N.). Diesem Grundsatz liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer „selbstständigen Straße“ um eine befahrbare handelt, so dass sich in Anlehnung hieran auch die normale „Stichstraßenproblematik“, wie oben ausgeführt, anschließt.

49

Dass in dem Kommentar zum Kommunalabgebanrecht von Thiem/Böttcher die Wohnwege nicht besonders problematisiert werden, lässt nicht den von der Beklagten gezogenen alleinigen Schluss zu, dass eine differenzierte Betrachtungsweise hierzu nicht nötig ist. Es bedeutet vor allen Dingen nicht, dass Wohngrundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen bei Ausbaumaßnahmen an der die Primärerschließung sichernde Fahrstraße nicht bevorteilt sind. Zudem führt Thiem/Böttcher an anderer Stelle aus (§ 8, Rn. 550), dass notwendige Voraussetzung dafür, von einem neuen Ausbauzustand nutzen zu haben, die Möglichkeit sei, eine Verkehrseinrichtung von einem Grundstück aus zu nutzen. Welche Anforderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erfüllt sein müssten, hänge vornehmlich von der Eigenart der Verkehrseinrichtung ab und auch von der Art der zulässigen Grundstücksnutzung. So verschafften zum Beispiel selbstständige Gehwege (Fußgängerzonen, unbefahrbare Wohnwege) den angrenzenden Grundstücken schon dann die hier maßgebliche Vorteilslage, wenn deren Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätten, über sie zum Grundstück einen Zugang zu nehmen.

50

Soweit Driehaus eine Entscheidung des Bayerischen VGH zitiert (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35, Rn. 27, Fn 88: Bay. VGH, U. v. 14.04.2011 - 6 BV 08.3182 -, juris), dass auch ein nicht befahrbarer Gehweg die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit quasi als nächste erreichbare selbstständige Straße biete, kann dieser Ansicht so nicht gefolgt werden. Nach Auffassung der Einzelrichterin ist der der Entscheidung des Bay. VGH zugrunde liegende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es sich dort nicht um einen Wohnweg im beurechtlichen Sinne - wie oben zitiert - handelt, sondern lediglich um einen nicht befahrbaren Gehweg (Verbindungsweg) zwischen zwei Straßen; das dort betrachtete Grundstück lag unmittelbar an einer selbstständigen Straße (Königsberger Straße) an, durch die es baurechtlich erschlossen war und an der es ausbaubeitragsrechtlich bevorteilt direkt anlag. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung des Bay. VGH lediglich - und das entspricht der oben geäußerten Auffassung zur Selbstständigkeit des unbefahrbaren Wohnweges -, dass ein nicht befahrbarer Gehweg eine selbstständige Verkehrseinrichtung ist. Dementsprechend zitiert Driehaus diese Entscheidung auch unter dem Aspekt der selbstständigen/unselbstständigen Verkehrsanlage. Darüber hinaus greift die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin am Ende zu kurz, als der Bay. VGH nicht den weiteren Schritt geht, zu prüfen, ob dennoch eine Bevorteilung der Anlieger des Gehweges durch den Ausbau der Fahrstraße gegeben ist. Das Abrechnungsgebiet (also die bevorteilten Grundstücke) ist von der Ausdehnung der öffentlichen Einrichtung (selbständige Verkehrseinrichtung) zu unterscheiden und davon getrennt zu untersuchen. Hierin unterscheidet sich jenes Urteil von dem des OVG Schleswig (U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -).

51

Selbst wenn der Gedanken der Beklagten zutreffend ist, dass es sich um zwei unterschiedliche Vorteilsbegriffe im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und Ausbaubeitragsrecht andererseits handelt, führt dies nicht dazu, dass die Erschließungssituation im Ausbaubeitragsrecht völlig außer Acht bleiben könnte. Im Erschließungsbeitragsrecht liegt der Vorteil in der Sicherung der Erschließung für die zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks, d. h. es findet bei unbefahrbaren Wohnwegen eine Primärerschließung durch die Anbaustraße und eine Sekundärerschließung durch den unbefahrbaren Wohnweg statt. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen der Sondervorteil für die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrseinrichtung maßgeblich, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit oder Sinnhaftigkeit der Nutzung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Dieser relevante Sondervorteil wird aber gerade bei nur an unbefahrbaren Wohnwegen gelegenen Grundstücken dadurch vermittelt, dass ihnen überhaupt nur über die Fahrstraße das Heranfahren an die Grundstücksgrenze ermöglicht wird, es sich quasi um „gefangene Hinterliegergrundstücke“ handelt. Entsprechend benennt auch die oben zitierte Definition die „angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücke“.

52

Bei Anwendung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass eine vorteilsbedeutsame Inanspruchnahmemöglichkeit bei einer ausgebauten Straße dann anzunehmen sei, wenn auf der Straße bis zur Höhe des Grundstückes mit Personen- und Kraftfahrzeugen herangefahren und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg, Radweg oder Grünstreifen auf das Grundstück zu Fuß gegangen werden könne (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35, Rn. 26), ist genau dies vorliegend der Fall. Die Primärerschließung ist bei unbefahrbaren Wohnwegen (Sekundärerschließung) nicht hinwegzudenken für die verbesserte Nutzbarkeit, unabhängig davon, ob diese zulässig oder unzulässig ist.

53

Sind danach Anlieger an unbefahrbaren Wohnwegen von dem Ausbau der Fahrstraße grundsätzlich bevorteilt, stellt sich hiernach die Frage, welche Anliegergrundstücke vorliegend konkret als bevorteilt mit in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, d. h welche räumliche Ausdehnung das Abrechnungsgebiet hat. Unstreitig und aus dem Ortstermin ersichtich ist, dass der Wohnweg ab der Abzweigung von der Fahrstraße eine Länge von ca. 83 m und dann rechtwinklig in südlicher Richtung eine weitere Länge von ca. 54 m aufweist. Sodann mündet er über die Flurstücke xx und xx in die Eichendorffstraße ein. Alle anliegenden Grundstücke A-Straße xx-xx (und Nr. x, dies ist aber ein direktes Anliegergrundstück) verfügen über jeweils in ihrem Eigentum stehende Garagenstellplätze direkt an der A-Straße. Diese Garagenstellplätze wurden auch zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x existiert von der A-Straße aus, die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x von den Flurstücken xx und xx aus. Dort finden sich auch die jeweiligen Hydranten.

54

Bei durchlaufenden Wohnwegen wird der Grundsatz vertreten, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen Fahrstraße erhoben werden können bzw. von der Fahrstraße, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet sei (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). In dem zitierten Urteil des OVG Schleswig (vom 12.03.1992 - 2 L 194/91 -) wird ausgeführt, dass durch die verbesserte Erschließung eines Grundstücks, dass mit der Anbaustraße nur durch einen privaten oder öffentlichen unbefahrbaren Wohnweg verbunden ist (Hinterliegergrundstück im weiteren Sinne), durch die Ausbaumaßnahmen ein Vorteil gegeben sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass diesen Hinterliegergrundstücken durch die Anbaustraße in Verbindung mit dem Wohnweg eine Zugänglichkeit vermittelt werde, die bebauungsrechtlich unter dem Blickwinkel der verkehrsmäßigen Erschließung für ihre Bebaubarkeit ausreiche. Sodann stellt das Gericht als maßgeblichen Faktor darauf ab, dass hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen dürfen (§ 4 Abs. 2 S. 1 LBO).

55

Diese Maßgaben zugrunde gelegt, endet die Bevorteilung der Wohnweggrundstücken bei Nr. x, d.h. Nr. x-x fallen als bevorteilt in dem genannten Sinne in das Abrechnungsgebiet, die übrigen (Nr. x-x) nicht. Denn unter Berücksichtigung der Länge des Wohnweges, der jeweiligen Nähe der Grundstücke zu den öffentlichen Straßen A-Straße einerseits und Eichendorffstraße andererseits sowie der jeweils zugewiesenen Feuerwehrzufahrten, bestehen nach der bebauungsrechtlichen Situation im Hinblick auf den Brandschutz nur für die Grundstücke Nr. x-x keine Bedenken. Dahinter zurück tritt der Aspekt, dass die Grundstücke Nr. x-x tatsächlich die A-Straße wegen der dort befindlichen Garagen benutzen.

56

Danach ist die Beklagte von einer unzutreffenden gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes ausgegangen. Unter Berücksichtigung der genannten Wohnweggrundstücke A-Straße x-x ergibt sich nach der angeforderten Vergleichsberechnung ein gewichtetes Abrechnungsgebiet von 8.895,10 m² (statt 7.653,60 m²). Bei einem umlagefähigen Aufwand von 217.400,08 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 24,4404 €/m² (anstatt 28,4049 €/m²). Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Kläger (730,60 m²) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) ergibt rechnerisch den tenorierten Beitrag in Höhe von 11.904,12 €. Es kann hier offen bleiben, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden (Anlieger an der primär erschließenden Fahrstraße und an dem sekundär erschließenden Wohnweg) tatsächlich eine vergleichbare Eckgrundstückssituation im Sinne des § 6 Abs. 5 SBS) gegeben ist, wofür einiges sprechen könnte. Denn die Beklagte hat zu Gunsten der Kläger eine entsprechende Ermäßigung tatsächlich vorgenommen, die sich allein auf ihren Beitrag und nicht auf den Beitragssatz insgesamt auswirkt.

57

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach sind die Kläger als (Mit-) Eigentümer des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihnen der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

58

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens (Klägerin 86%, Beklagte 14%) verhältnismäßig gem. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO auferlegt.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


Tenor

Die Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.06.2015 werden aufgehoben, soweit sie einen Ausbaubeitrag von mehr als 18.476,97 € festsetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 21.474,14 € für eine Ausbaumaßnahme an der Theodor-Körner-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Buchgrundstückes Flurstück X, Flur X, Gemarkung A-Stadt (A-Straße) mit einer Gesamtgröße von 756 m², welches mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt an der Theodor-Körner-Straße an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurde unter anderem die Theodor-Körner-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Fußweg TheodorKörner-Straße als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 17.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die Theodor-Körner-Straße. Dieses umfasste Maßnahmen an der Fahrbahn, dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Theodor-Körner-Straße, der Firma X ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber den Kläger jeweils gleichlautend die hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheide in Höhe von 21.474,14 € für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich deren Aufbau sowie die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in der Theodor-Körner-Straße. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen den Einmündungsbereichen Theodor-Körner-Straße/Kleiststraße sowie Theodor-Körner-Straße/Hölderlinstraße. Das Grundstück der Kläger (Flurstück X) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks seien sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 289.866,78 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 217.400,08 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 7.653,60 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 28,4049 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Kläger mit einer gewichteten Größe von 756 m² (ein Vollgeschosse) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 21.474,14 €.

7

Die Kläger legten gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 27.01.2015 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass es sich nicht um eine beitragsfähige Erneuerungsmaßnahme handele. Insbesondere sei hinsichtlich der weniger beanspruchten Gehwege allein durch das Alter von mehr als 50 Jahren kein Sanierungsbedarf gegeben gewesen. Hinzu komme, dass die Fahrbahn um 0,25 m verschmälert worden sei und dies eine verkehrstechnische Verschlechterung bewirke. Auch die Errichtung von zwei zusätzlichen Straßenleuchten zu den bereits bestehenden drei Straßenleuchten sei nicht notwendig gewesen. Zur Verbesserung der Ausleuchtung hätte der Austausch der eingesetzten Leuchtkörper ausgereicht.

8

Der Stichweg werde fehlerhaft von der öffentlichen Einrichtung Theodor-Körner-Straße ausgenommen. Es handele sich nach einer natürlichen Betrachtungsweise nicht um eine selbstständige Anlage. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass es sich lediglich um einen Gehweg handle, da die Befahrbarkeit im beitragsrechtlichen Sinne nicht entscheidungserheblich sei. Die Anlieger des Stichweges seien vielmehr zum Erreichen ihres Grundstücks auf die Nutzung der Theodor-Körner-Straße angewiesen. Auf andere Weise sei ein Zugang zu den Grundstücken nicht möglich.

9

Der Gemeindeanteil sei zu niedrig bemessen worden. Die Theodor-Körner-Straße sei keine Anliegerstraße, auch wenn sie sich in einem Wohngebiet befinde. Es sei erhöhter Durchgangsverkehr festzustellen; sie stelle im mittleren Bereich eine einzige direkte Verbindung zwischen der ca. 500 m langen und stark befahrenen Hölderlinstraße und der ca. 700 m langen und ebenfalls stark befahrenen Kleiststraße dar. Deshalb sei sie als Hauptverkehrsstraße zu qualifizieren.

10

Im Jahr 2011 habe der zuständige Sachbearbeiter für die anstehenden Straßensanierungsmaßnahmen Kosten in Höhe von 10 € pro m² angegeben. Diese Information sei für ihre Kaufentscheidung des Grundstücks ausschlaggebend gewesen. Insofern sei eine Anpassung des Betrages vorzunehmen.

11

Die Kosten der Baumaßnahme seien um ca. 116.000 € überschritten worden durch die notwendige Entwässerung angetroffenen Grundwassers.

12

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte jeweils Änderungsbescheide, die sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezog.

13

Am 04.06.2015 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid durch die Beklagte. Zur Begründung führte sie aus, dass nicht nur Fahrbahnen, sondern auch Gehwege einer Abnutzung und Alterung unterlägen. Die konkreten Ausführungen zum Zustand des Gehweges seien in dem Bericht zum Bauprogramm enthalten. Der Ausbau der Straße richte sich im Rahmen der zur Verfügung stehenden Fläche nach den geltenden Richtlinien und Empfehlungen zum Ausbau von Straßen. Diese seien inzwischen anders als vor 50 Jahren. Insbesondere die Ansprüche an den Unterbau sowie die Breite der Gehwege hätten sich deutlich verändert. Diese seien zugunsten der Verkehrssicherheit der „schwachen“ Verkehrsteilnehmer breiter geworden. Durch die Verschmälerung der Fahrbahn und 25 cm sei die Leichtigkeit des Verkehrs keinesfalls beeinträchtigt; eine verkehrstechnische Verschlechterung sei nachweislich nicht eingetreten. Auch bei der Beleuchtung sei der Stand der Technik und geltende Vorschriften berücksichtigt worden; zum Ausbauzeitpunkt seien fünf neue Leuchten erforderlich gewesen und nicht drei, wie in den sechziger Jahren.

14

Der Stichweg sei nach einer natürlichen Betrachtungsweise (Ausstattung und Verkehrsfunktion, Verlauf) eine selbständige öffentliche Einrichtung.

15

Aussagen im Zuge der Informationen für anstehende Baumaßnahmen würden grundsätzlich immer unter dem Vorbehalt der endgültigen Beurteilung und Abrechnung gemacht. Die Beitragsberechnung ergebe sich aus dem ergangenen Beitragsbescheides.

16

Die Theodor-Körner-Straße sei eine Anliegerstraße.

17

Vor Ausführung der Baumaßnahme sei ein Bodengutachten beauftragt und erstellt worden. Dieses Bodengutachten sei auch in das Leistungsverzeichnis zur Ausschreibung der Maßnahme eingeflossen. Bei Ausführung der Arbeiten seien aber vom Bodengutachten abweichende Bodenschichten festgestellt worden. Es habe Grundwassereintrag gegeben. Wäre dieser Umstand von Anfang an bekannt gewesen, wäre der Aufwand bei der Kostenschätzung berücksichtigt worden.

18

Die Kläger haben am 02.07.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihre Ausführungen in dem Widerspruchsverfahren vertiefen. Insbesondere sei bei der Beurteilung der öffentlichen Einrichtung das Maß der Abhängigkeit einer Verkehrsanlage von der anderen von entscheidender Bedeutung. Die Anlieger des Stichwege seien zum Erreichen ihrer Grundstücke auf die Nutzung der Theodor-Körner-Straße angewiesen, deshalb wirke sich der Ausbau für diese auch vorteilhaft aus. Weiter falle der Stichweg als Gehweg mit einer Gesamtlänge von ca. 130 m und einer geringen Breite nicht ins Gewicht und es seien nur wenige Grundstücke durch den Stichweg erschlossen. Es bestehe ein einheitlicher Ausstattungsstandard zwischen der Stichstraße und der Theodor-Körner-Straße und Zäsuren seien weder eindeutig lokalisierbar noch bei einer Gesamtbetrachtung zu erkennen.

19

Im Hinblick auf den gerichtlichen Hinweis zu Wohnwegen wird angeführt, dass die Grundstückseigentümer des Stichweges Nr. 3-17 auf die Nutzung der östlich gelegenen Eichendorffstraße nicht angewiesen seien. Die Tatsache, dass die Stellplätze der vorgenannten Grundstücke ausschließlich über die Theodor-Körner-Straße erreicht würden, indiziere bei natürlicher Betrachtungsweise die Unselbstständigkeit des Stichweges und lasse diesen geradezu als Annex zum Hauptstraßenzug erscheinen. Die Eichendorffstraße biete keinen tatsächlichen Gebrauchsvorteil, da das Endstück dieser Straße zulässigerweise als Kfz-Stellplatz genutzt werde und die Hausgrundstücke in der Stichstraße über diese Anlage nicht bzw. nur eingeschränkt erreichbar seien. Die Teilflächen Flurstücke X und X seien als Feuerwehrzufahrt gekennzeichnet. Es sei die Rechtsprechung des OVG Schleswig anwendbar, dass bei der Beurteilung des „Heranfahrens bis zur Höhe des Grundstücks“ die örtlichen und baulichen Gegebenheiten zu berücksichtigen seien. Die Lage der beiden Gebäudeblöcke und der Umstand, dass der Stichweg nicht befahren werde, stehe einem Heranfahren bis zur Höhe der Grundstücke nicht entgegen.

20

Die Theodor-Körner-Straße sei eine Haupterschließungsstraße, da sie erhebliche Funktionen für den Durchgangsverkehr erfülle. Auch die beiden Stichstraßen Hebbelstraße (Ost/West) seien nur über die Theodor-Körner-Straße erreichbar.

21

Bei einer sorgfältigen Prüfung der Bodenbeschaffenheit im Vorfeld der Maßnahmen hätten abweichende Bodenschichten festgestellt werden können. Zeitliche und organisatorische Maßnahmen hätten zur Vermeidung, jedenfalls zu erheblichen Reduzierung der zusätzlichen Kostenlast geführt.

22

Die Kläger beantragen,

23

die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.06.2015 aufzuheben.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Zur Begründung vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie an, dass die Theodor-Körner-Straße eine Anliegerstraße sei. Sie nehme nicht überwiegend Ziel- und Quellverkehre von in der Nähe liegenden besuchsintensiven gewerblichen oder anderen Zwecken dienenden Grundstücken auf. Dies geschehe auch nicht dadurch, dass ab und an Anlieger der Hölderlinstraße und Kleiststraße die Theodor-Körner-Straße nutzen würden. Auch bei ihnen handele es sich um überwiegend mit Wohngebäuden bebaute (Anlieger-) Straßen. Theodor-Körner-Straße habe keine Verbindungsfunktion dergestalt, dass sie den Verkehr der übrigen Anliegerstraßen sammle und zu den Hauptverkehrsadern der Gemeinde führe; die Theodor-Körner-Straße grenze noch nicht einmal an eine der Hauptverkehrsadern der Stadt. Die Qualifizierung als Sammelstraße durch eine Ingenieurgemeinschaft habe keine Bindungsfunktion, es sei auf die Verkehrsfunktion bei Entstehen der sachlichen Beitragspflicht abzustellen.

27

Hinsichtlich der Erforderlichkeit der Maßnahme werde erneut darauf hingewiesen, dass die Teileinrichtungen vorliegend mehr als 50 Jahre alt gewesen seien und dies ein Indiz für die Erneuerungsbedürftigkeit sei. Zudem ergebe sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen der desolate Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

28

Während die höheren Grundwasserstände voll bekannt gewesen, so wären die nunmehr entstandenen Kosten ohnehin angefallen -Sowiesokosten-; der Beklagten könne kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.

29

Selbst wenn eine Information über einen Beitrag von 10 € pro m² getätigt worden sein sollte, käme eine Zusicherung mangels Schriftform nicht in Betracht.

30

Auf den gerichtlichen Hinweis zur Behandlung von Wohnwegen sei anzumerken, dass nach anderen Kommentatoren und einer Entscheidung des VGH München keine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen sei, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde. Dies könne auch eine Privatstraße, sogar ein nicht befahrbarer Geh- und Radweg sein. Es komme - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht darauf an, ob eine Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung vermittle; im Ausbaubeitragsrecht komme es gerade nicht darauf an, dass der Hauptstrang zur Bebaubarkeit der Grundstücke am Stichweg führe.

31

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

32

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 100/15 und 9 A 127/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

35

Die angefochtenen Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.06.2015 sind rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 18.476,97 € festgesetzt ist; insoweit sind sie aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

36

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

37

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

38

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

39

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der Hölderlinstraße im Norden und der Kleiststraße im Süden, in die die Theodor-Körner-Straße jeweils nahezu im rechten Winkel einmündet, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von der Klägerin insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Kläger gehört zu der Einrichtung jedoch nicht der sog. „Stichweg“.

40

Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

41

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

42

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ Theodor-Körner-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von den Klägern angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

43

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken Theodor-Körner-Straße X einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (Theodor-Körner-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die Theodor-Körner-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der Theodor-Körner-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.

44

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei der Theodor-Körner-Straße um eine öffentliche Einrichtung.

45

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

46

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 - NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

47

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007
- 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Die Theodor-Körner-Straße ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug Theodor-Körner-Straße der Firma X vom 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung sowohl der Fahrbahn als auch des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand der bereits mehr als 50 Jahre alten Fahrbahn der Theodor-Körner-Straße habe sich darin gezeigt, dass die Fahrbahn großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Überdies seien im Bereich der Fahrbahn massive Absackungen mit der Folge zu verzeichnen gewesen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet gewesen wären. Die aufgebrachte Asphaltsbefestigung der Gehwege hätte gleichfalls großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen. Ferner seien erhebliche Absenkungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten eine Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit drei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr fünf Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Überdies seien Undichtigkeiten der Regenwasserkanalisation festzustellen gewesen.

48

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

49

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem X-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

50

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal angesprochen wurde. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass es aufgrund der Fahrbahnverschmälerung um 0,25 m (von 5,00 m auf 4,75 m) nicht zu einer verkehrstechnischen Verschlechterung gekommen ist; insbesondere ist weiterhin Begegnungsverkehr möglich.

51

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

52

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren. Hierzu zählen auch die gerügten Mehrkosten für die Entwässerung angetroffenen Grundwassereintrages. Hierbei handelt es sich um solche Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. zu den Sowieso-Kosten: BGH, U. v. 29.10.1970 - VII ZR 14/69 = BauR 1971, 60, 62; U. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -; U. v. 23.09.1976 - VII ZR 14/75 = BauR 1976, 430, 432). Vorliegend hat die Beklagte zudem im Vorfeld der Baumaßnahme Baugrunduntersuchungen durchführen lassen, die kein entsprechendes Ergebnis aufgewiesen hat. Wenn im Rahmen dieser Begutachtung der eingetretene Grundwassereintrag bekannt geworden wäre, dann hätten dieselben Maßnahmen (mit denselben Kosten) zur Beseitigung ergriffen werden müssen, als wenn sie nicht bekannt gewesen wären. Es sind also tatsächlich keine Mehrkosten entstanden.

53

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 289.866,78 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 217.400,08 € liegt.

54

Entgegen der Ansicht der Kläger hat die Beklagte einen Anliegeranteil in Höhe von 75 % aufgrund der zutreffenden Einordnung der Straße als Anliegerstraße berücksichtigt. Wie sich unzweifelhaft aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung vor Ort ergeben hat, handelt es sich um eine klassische Anliegerstraße. Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten (vgl. OVG Schleswig, U. v. 11.02.1998, - 2 L 79/96, juris). Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (vgl. OVG Schleswig, U. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 -; B. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; B. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -; jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich ist auch hierfür der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, so dass es auf etwaige – ggf. anderslautende – frühere Aussagen hierzu nicht ankommt. Eine Anliegerstraße ist dann anzunehmen, wenn sie im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke dient. Sie nimmt naturgemäß auch Verkehre innerhalb eines Baugebietes auf, zum Beispiel aus einmündenden Sackgassen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 335). Hingegen sind Haupterschließungsstraßen solche mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr; sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme der verkehrsangebundenen reinen Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu; sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Sammlungsfunktion muss gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund stehen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 338). Vorliegend hat die Theodor-Körner-Straße keine über die „normale“ Sammelfunktion - die auch eine Anliegerstraße hat - hinausgehende Sammelfunktion. Sie wird nicht bereits deshalb zur Haupterschließungsstraße, nur weil sie Verkehre umliegender Anliegerstraßen – um solche handelt es sich nach dem Eindruck vor Ort vorliegend in dem sog. Dichterviertel – aufnimmt. Diese Argumentation würde dazu führen, dass es quasi keine Anliegerstraßen mehr gäbe, da mit Ausnahme von Sackgassen alle Straßen Verkehre umliegender Straßen aufnehmen und damit Sammelfunktion hätten. Für die Annahme einer Haupterschließungsstraße bedarf es gerade eines beachtlichen innerörtlichen Verkehrs, der vorliegend nicht gegeben ist. Vielmehr dominiert die Erschließungsfunktion. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Theodor-Körner-Straße eine Verbindung zwischen Kleiststraße und Hölderlinstraße darstellt. Zum Einen handelt es sich auch bei diesen beiden um reine Anliegerstraßen (aus denselben Gründen wie bei dem hier streitigen Straßenzug) und nicht um Hauptverkehrsstraßen. Zum Anderen ist die Theodor-Körner-Straße im Dichterviertel tatsächlich nicht der einzige Verbindungsweg zwischen Hölderlin- und Kleiststraße, sondern es gibt noch die Herderstraße im Osten und die Heidkampstraße im Westen. In der Theodor-Körner-Straße sowie in allen umliegenden Straßen ist überwiegend gleichartige Wohnbebauung vorhanden, d. h. es findet kein überwiegender Ziel- und Quellverkehr zu umliegenden intensiven Gewerbenutzungen statt. Der Harksheider Weg, in dem Gewerbe angesiedelt ist, liegt mehrere Straßen weiter entfernt. Ein weiteres Indiz für die Qualität einer reinen Anliegerstraße ist auch die geringe Breite von 4,75 m.

55

Die Umlegung dieses Aufwandes erfolgte jedoch unzutreffend, was zu der austenorierten Reduzierung des Beitrages führt und die Klage insoweit Erfolg hat. Die Beklagte hat zwar zutreffend das Grundstück der Kläger in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie sind mit dem Anliegergrundstück durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat jedoch fehlerhaft in die räumliche Ausdehnung des Gebietes nicht die Grundstücke Theodor-Körner-Straße X, X und X am Wohnweg einbezogen.

56

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

57

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Kläger gegeben.

58

Aber auch die Grundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen (entsprechend der obigen Definition) zählen zu dem Kreis der bevorteilten Grundstücke der zugehörigen - ausgebauten - Fahrstraße (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -; VG Schleswig, B. v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente überzeugen nicht.

59

Der von ihr zitierte allgemein anerkannte Grundsatz, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde (vgl. z. B. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 583a m. w. N.), trifft gleichermaßen auf Wohnweggrundstücke zu, da für sie die nächste erreichbare selbstständige Straße ebenfalls nur die Fahrstraße ist. Ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Habermann, a.a.O., Rn. 188 m.w.N.). Diesem Grundsatz liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer „selbstständigen Straße“ um eine befahrbare handelt, so dass sich in Anlehnung hieran auch die normale „Stichstraßenproblematik“, wie oben ausgeführt, anschließt.

60

Dass in dem Kommentar zum Kommunalabgebanrecht von Thiem/Böttcher die Wohnwege nicht besonders problematisiert werden, lässt nicht den von der Beklagten gezogenen alleinigen Schluss zu, dass eine differenzierte Betrachtungsweise hierzu nicht nötig ist. Es bedeutet vor allen Dingen nicht, dass Wohngrundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen bei Ausbaumaßnahmen an der die Primärerschließung sichernde Fahrstraße nicht bevorteilt sind. Zudem führt Thiem/Böttcher an anderer Stelle aus (§ 8, Rn. 550), dass notwendige Voraussetzung dafür, von einem neuen Ausbauzustand nutzen zu haben, die Möglichkeit sei, eine Verkehrseinrichtung von einem Grundstück aus zu nutzen. Welche Anforderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erfüllt sein müssten, hänge vornehmlich von der Eigenart der Verkehrseinrichtung ab und auch von der Art der zulässigen Grundstücksnutzung. So verschafften zum Beispiel selbstständige Gehwege (Fußgängerzonen, unbefahrbare Wohnwege) den angrenzenden Grundstücken schon dann die hier maßgebliche Vorteilslage, wenn deren Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätten, über sie zum Grundstück einen Zugang zu nehmen.

61

Soweit Driehaus eine Entscheidung des Bayerischen VGH zitiert (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35, Rn. 27, Fn 88: Bay. VGH, U. v. 14.04.2011 - 6 BV 08.3182 -, juris), dass auch ein nicht befahrbarer Gehweg die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit quasi als nächste erreichbare selbstständige Straße biete, kann dieser Ansicht so nicht gefolgt werden. Nach Auffassung der Einzelrichterin ist der der Entscheidung des Bay. VGH zugrunde liegende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es sich dort nicht um einen Wohnweg im baurechtlichen Sinne - wie oben zitiert - handelt, sondern lediglich um einen nicht befahrbaren Gehweg (Verbindungsweg) zwischen zwei Straßen; das dort betrachtete Grundstück lag unmittelbar an einer selbstständigen Straße (Königsberger Straße) an, durch die es baurechtlich erschlossen war und an der es ausbaubeitragsrechtlich bevorteilt direkt anlag. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung des Bay. VGH lediglich - und das entspricht der oben geäußerten Auffassung zur Selbstständigkeit des unbefahrbaren Wohnweges -, dass ein nicht befahrbarer Gehweg eine selbstständige Verkehrseinrichtung ist. Dementsprechend zitiert Driehaus diese Entscheidung auch unter dem Aspekt der selbstständigen/unselbstständigen Verkehrsanlage. Darüber hinaus greift die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin am Ende zu kurz, als der Bay. VGH nicht den weiteren Schritt geht, zu prüfen, ob dennoch eine Bevorteilung der Anlieger des Gehweges durch den Ausbau der Fahrstraße gegeben ist. Das Abrechnungsgebiet (also die bevorteilten Grundstücke) ist von der Ausdehnung der öffentlichen Einrichtung (selbständige Verkehrseinrichtung) zu unterscheiden und davon getrennt zu untersuchen. Hierin unterscheidet sich jenes Urteil von dem des OVG Schleswig (U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -).

62

Selbst wenn der Gedanken der Beklagten zutreffend ist, dass es sich um zwei unterschiedliche Vorteilsbegriffe im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und Ausbaubeitragsrecht andererseits handelt, führt dies nicht dazu, dass die Erschließungssituation im Ausbaubeitragsrecht völlig außer Acht bleiben könnte. Im Erschließungsbeitragsrecht liegt der Vorteil in der Sicherung der Erschließung für die zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks, d. h. es findet bei unbefahrbaren Wohnwegen eine Primärerschließung durch die Anbaustraße und eine Sekundärerschließung durch den unbefahrbaren Wohnweg statt. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen der Sondervorteil für die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrseinrichtung maßgeblich, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit oder Sinnhaftigkeit der Nutzung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Dieser relevante Sondervorteil wird aber gerade bei nur an unbefahrbaren Wohnwegen gelegenen Grundstücken dadurch vermittelt, dass ihnen überhaupt nur über die Fahrstraße das Heranfahren an die Grundstücksgrenze ermöglicht wird, es sich quasi um „gefangene Hinterliegergrundstücke“ handelt. Entsprechend benennt auch die oben zitierte Definition die „angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücke“.

63

Bei Anwendung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass eine vorteilsbedeutsame Inanspruchnahmemöglichkeit bei einer ausgebauten Straße dann anzunehmen sei, wenn auf der Straße bis zur Höhe des Grundstückes mit Personen- und Kraftfahrzeugen herangefahren und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg, Radweg oder Grünstreifen auf das Grundstück zu Fuß gegangen werden könne (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35, Rn. 26), ist genau dies vorliegend der Fall. Die Primärerschließung ist bei unbefahrbaren Wohnwegen (Sekundärerschließung) nicht hinwegzudenken für die verbesserte Nutzbarkeit, unabhängig davon, ob diese zulässig oder unzulässig ist.

64

Sind danach Anlieger an unbefahrbaren Wohnwegen von dem Ausbau der Fahrstraße grundsätzlich bevorteilt, stellt sich hiernach die Frage, welche Anliegergrundstücke vorliegend konkret als bevorteilt mit in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, d. h welche räumliche Ausdehnung das Abrechnungsgebiet hat. Unstreitig und aus dem Ortstermin ersichtlich ist, dass der Wohnweg ab der Abzweigung von der Fahrstraße eine Länge von ca. 83 m und dann rechtwinklig in südlicher Richtung eine weitere Länge von ca. 54 m aufweist. Sodann mündet er über die Flurstücke X und X in die Eichendorffstraße ein. Alle anliegenden Grundstücke Theodor-Körner-Straße X-X (und Nr. X, dies ist aber ein direktes Anliegergrundstück) verfügen über jeweils in ihrem Eigentum stehende Garagenstellplätze direkt an der Theodor-Körner-Straße. Diese Garagenstellplätze wurden auch zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. X-X existiert von der Theodor-Körner-Straße aus, die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. X-X von den Flurstücken X und X aus. Dort finden sich auch die jeweiligen Hydranten.

65

Bei durchlaufenden Wohnwegen wird der Grundsatz vertreten, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen Fahrstraße erhoben werden können bzw. von der Fahrstraße, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet sei (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). In dem zitierten Urteil des OVG Schleswig (vom 12.03.1992 - 2 L 194/91 -) wird ausgeführt, dass durch die verbesserte Erschließung eines Grundstücks, dass mit der Anbaustraße nur durch einen privaten oder öffentlichen unbefahrbaren Wohnweg verbunden ist (Hinterliegergrundstück im weiteren Sinne), durch die Ausbaumaßnahmen ein Vorteil gegeben sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass diesen Hinterliegergrundstücken durch die Anbaustraße in Verbindung mit dem Wohnweg eine Zugänglichkeit vermittelt werde, die bebauungsrechtlich unter dem Blickwinkel der verkehrsmäßigen Erschließung für ihre Bebaubarkeit ausreiche. Sodann stellt das Gericht als maßgeblichen Faktor darauf ab, dass hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen dürfen (§ 4 Abs. 2 S. 1 LBO).

66

Diese Maßgaben zugrunde gelegt, endet die Bevorteilung der Wohnweggrundstücken bei Nr. X, d.h. Nr. X-X fallen als bevorteilt in dem genannten Sinne in das Abrechnungsgebiet, die übrigen (Nr. X-X) nicht. Denn unter Berücksichtigung der Länge des Wohnweges, der jeweiligen Nähe der Grundstücke zu den öffentlichen Straßen Theodor-Körner-Straße einerseits und Eichendorffstraße andererseits sowie der jeweils zugewiesenen Feuerwehrzufahrten, bestehen nach der bebauungsrechtlichen Situation im Hinblick auf den Brandschutz nur für die Grundstücke Nr. X-X keine Bedenken. Dahinter zurück tritt der Aspekt, dass die Grundstücke Nr. X-X tatsächlich die Theodor-Körner-Straße wegen der dort befindlichen Garagen benutzen.

67

Danach ist die Beklagte von einer unzutreffenden gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes ausgegangen. Unter Berücksichtigung der genannten Wohnweggrundstücke Theodor-Körner-Straße X-X ergibt sich nach der angeforderten Vergleichsberechnung ein gewichtetes Abrechnungsgebiet von 8.895,10 m² (statt 7.653,60 m²). Bei einem umlagefähigen Aufwand von 217.400,08 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 24,4404 €/m² (anstatt 28,4049 €/m²). Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Kläger (756 m²) ergibt rechnerisch den tenorierten Beitrag in Höhe von 18.476,97 €.

68

Die Kläger können sich nicht auf einen Beitragssatz von 10 €/m² berufen. Die entsprechende telefonische Auskunft eines Sachbearbeiters im Vorfeld der Maßnahme, die sie für sich in Anspruch nehmen, stellt keine rechtlich bindende Zusicherung der Beklagten dar.

69

Es ist nachvollziehbar, dass die spätere, entgegen dieser Auskunft erfolgte Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag mit einem Beitragssatz von 28,4049 € (nunmehr korrigiert auf 24,4404 €/m²) für die Kläger ärgerlich ist, da sie nach dieser Auskunft mit niedrigeren Beiträgen gerechnet und davon nach ihrem Vortrag die Kaufentscheidung für das Grundstück abhängig gemacht haben. Gleichwohl ist die Beklagte berechtigt - und verpflichtet -, den Ausbaubeitrag in vollem Umfang zu erheben. Denn die im Vorwege getroffene Aussage stellt lediglich eine fehlerhafte telefonische Rechtsauskunft dar, nicht aber eine wirksame rechtsverbindliche Zusicherung im Sinne des § 108a LVwG. Eine Zusicherung nach dieser Vorschrift ist eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Zu unterscheiden hiervon sind Auskünfte, Hinweise zu Rechtsfragen oder hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts. Diese sind "Wissenserklärungen", die sich in der Mitteilung des Wissens erschöpfen und sich vom Verwaltungsakt „Zusicherung“ durch das Fehlen eines Regelungswillens unterscheiden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl., § 38 Rn. 9). Eine Zusicherung mit dem Inhalt des Verzichtes auf gesetzlich entstehende Beiträge setzt einen Rechtsbindungswillen der Gemeinde in Form eines Verzichtswillens voraus. Ein solcher liegt jedoch nicht vor, wenn die gemeindlichen Organe fälschlich davon ausgegangen sind, Beiträge für bestimmte Maßnahmen könnten gar nicht entstehen (vgl. BayVGH, B. v. 25.09.2014 - 6 ZB 14.888 -, juris; U. v. 30.11.2006 – 6 B 03.2332 –, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 48 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden gesetzlich verpflichtet sind, angefallene Ausbaubeiträge entsprechend der von ihnen erlassenen Ausbaubeitragssatzung in vollem Umfang zu erheben; dies gebietet der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein Beitragsverzicht bzw. -erlass ist nur unter bestimmten Umständen zulässig. Aufgrund dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Beitragserhebung kann eine rechtlich bindende Zusicherung des Inhaltes, bestimmte Beiträge nicht zu erheben oder einen feststehenden Beitragssatz zu berücksichtigen, nur dann angenommen werden, wenn der Verzichtswille daraus unzweifelhaft hervorgeht (vgl. VG Schleswig, B. v. 05.10.2015 - 9 B 17/15 -). § 108a LVwG fordert hierfür insofern auch ausdrücklich die Schriftform. Nach diesen Maßstäben liegt in der telefonischen Auskunft des Sachbearbeiters aber kein Fall der verbindlichen Zusicherung im Sinne von § 108a LVwG vor.

70

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach sind die Kläger als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihnen der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

71

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens (Klägerin 86%, Beklagte 14%) verhältnismäßig gem. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO auferlegt.

72

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

Tenor

Die Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 werden aufgehoben, soweit sie einen Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festsetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 13.835,10 € für eine Ausbaumaßnahme an der A-Straße im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Buchgrundstückes Flurstück xx, Flur xx, Gemarkung A-Stadt (A-Straße x) mit einer Gesamtgröße von 562 m², welches mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Es liegt sowohl an der A-Straße als auch an dem Fußweg A-Straße an. In dem Gebiet existieren die Bebauungspläne Nr. 2 bzw. 12; im Übrigen handelt es sich um unbeplanten Innenbereich.

3

Gemäß Widmungsverfügungen vom 18.05.1993 und 06.07.1993 wurde unter anderem die A-Straße als Gemeindestraße (Ortsstraße) und der Fußweg A-Straße als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gewidmet. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 17.12.1993.

4

Der Ausschuss für kommunale Dienstleistungen beschloss am 09.11.2010 das Bauprogramm für die A-Straße. Dieses umfasste Maßnahmen an der Fahrbahn, dem Gehweg, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung. Aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße, der Firma XX ergibt sich ausführlich der jeweilige Zustand der einzelnen Teileinrichtungen.

5

Baubeginn der Maßnahme war am 23.05.2011. Die Schlussabnahme erfolgte am 28.11.2012.

6

Die Beklagte erließ am 14.01.2015 gegenüber den Kläger jeweils gleichlautend die hier streitgegenständlichen Ausbaubeitragsbescheide in Höhe von 13.835,10 € für den Ausbau der Fahrbahn einschließlich deren Aufbau sowie die Erneuerung des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung in der A-Straße. Grundlage für die Erhebung von Beiträgen sei das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 23.11.2010. Die öffentliche Einrichtung verlaufe zwischen den Einmündungsbereichen A-Straße/B-Straße sowie A-Straße/C-Straße. Das Grundstück der Kläger (Flurstück xx) gehöre als Anliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks seien sie beitragspflichtig. Die sachliche Beitragspflicht sei am 28.11.2012 entstanden. Es seien Gesamtkosten in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich auf 289.866,78 €. Unter Zugrundelegung, dass es sich bei der Einrichtung um eine Anliegerstraße handele, resultiere daraus ein Anliegeranteil von 217.400,08 € (umlagefähiger Aufwand). Die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes ergäben zusammen eine gewichtete Grundstücksfläche von insgesamt 7.653,60 m², woraus ein Straßenbaubeitrag pro m² von 28,4049 €/m² resultiere. Auf das Grundstück der Kläger mit einer gewichteten Größe von 730,60 m² (zwei Vollgeschosse) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) entfalle ein Ausbaubeitrag in Höhe von 13.835,10 €.

7

Zudem erließ die Beklagte gegenüber den Klägern am selben Tag jeweils zwei gleichlautende weitere Bescheide betreffend Ausbaumaßnahmen an dem Stichweg A-Straße. Diese Bescheide waren zunächst Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, wurden aber mit Beschluss vom 19.07.2016 abgetrennt und sind nunmehr Gegenstand des Verfahrens 9 A 153/16.

8

Die Kläger legten gegen den Ausbaubeitragsbescheid am 23.01.2015 Widerspruch ein, den sie damit begründeten, dass der Stichweg nach einer natürlichen Betrachtungsweise keine selbstständige Erschließungsanlage sei. Es fehle an einem augenfällig abgegrenzten Element im Falle des Stichweges, dieser stelle sich vor Ort als einfache Zuwegung zu den angrenzenden Häusern da. Er bilde zusammen mit der A-Straße eine Erschließungsanlage.

9

Am 04.02.2015 erließ die Beklagte jeweils Änderungsbescheide, die sich lediglich auf die Fälligkeit des Betrages bezogen.

10

Am 04.05.2015 ergingen zurückweisende Widerspruchsbescheide durch die Beklagte. Zur Begründung führte sie aus, dass der Stichweg eine selbständige öffentliche Einrichtung nach einer natürlichen Betrachtungsweise zur Zeit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei. Er unterscheide sich von seiner Ausstattung und Verkehrsfunktion deutlich von der ausgebauten A-Straße. Darüber hinaus weise er eine Ausdehnung und einen Verlauf auf, der ihn nicht als bloßen Annex zur A-Straße erscheinen lasse (83 m +54 m).

11

Die Kläger haben am 13.04.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vertiefend ausführen, dass entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hinsichtlich des Stichweges die Ausnahmesituationen von Hinterliegergrundstücken in 2. Baureihe gegeben sei und dieser deshalb zusammen mit der A-Straße eine öffentliche Einrichtung darstelle.

12

Es sei rechtsstaatswidrig, dass eine Kommune keine Unterhaltungsarbeiten an einer Erschließungsanlage ausführe und sich danach bei einem Verschleiß die Kosten für die Instandhaltungsmaßnahmen über Ausbaubeiträge beschaffen könne.

13

Die Kläger beantragen,

14

die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2015 (Az. 1.02.-3-T-K-Str) in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Zur Begründung führte sie aus, dass bereits nach den Angaben der Kläger kein Fall der „100-m-Rechtsprechung“ des OVG Schleswig gegeben sei, da der Stichweg mit einer Länge von 83 m + 54 m länger als 100 m sei. Der Stichweg A-Straße und die A-Straße stellten zwei selbständige öffentliche Einrichtungen dar. Nach der Rechtsprechung des OVG komme es auf den Gesamteindruck nach den tatsächlichen Verhältnissen an. Vorliegend sei keine enge räumliche Beziehung zwischen Grundstücken am Stichweg und der A-Straße gegeben. Auch sei kein Charakter einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken (2. Baureihe) gegeben. Die hintere Reihenhauszeile grenze nicht an die Vorderliegergrundstücke an und vermittle daher gerade nicht den Eindruck einer 2. Baureihe. Die Grundstücke am Stichweg hätten keine Vorteile durch die Maßnahme an der A-Straße. Zudem handele es sich bei dem Stichweg ausschließlich um einen Gehweg, sodass er sich deutlich von seiner Verkehrsfunktion her von der ausgebauten A-Straße unterscheide.

18

Hinsichtlich des gerichtlichen Hinweises zur Behandlung von Wohnwegen sei anzumerken, dass nach anderen Kommentatoren und einer Entscheidung des VGH München keine Ausnahme von dem Grundsatz zu machen sei, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde. Dies könne auch eine Privatstraße, sogar ein nicht befahrbarer Geh- und Radweg sein. Es komme - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht darauf an, ob eine Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung für die zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung vermittle; im Ausbaubeitragsrecht komme es gerade nicht darauf an, dass der Hauptstrang zur Bebaubarkeit der Grundstücke am Stichweg führe.

19

Im Übrigen bestünden keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen kommunalabgabenrechtlichen Regelungen.

20

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Einzelrichterin mit Beschluss vom 09.02.2016 zur Entscheidung übertragen.

21

Die Einzelrichterin hat die Örtlichkeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen; Lichtbilder wurden gefertigt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen sowie der Gerichts- und Beiakten der gemeinsam verhandelten Parallelverfahren 9 A 100/15 und 9 A 144/15 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

24

Die angefochtenen Bescheide vom 14.01.2015 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.02.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.05.2015 sind rechtswidrig, soweit darin ein Ausbaubeitrag von mehr als 11.904,12 € festgesetzt ist; insoweit sind sie aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

25

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 23.11.2010 (SBS). Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB, b) von nach §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen und c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge u. a. von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.

26

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

27

Die genannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 1 SBS für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

28

Die von der Beklagten vorgenommene Bestimmung der Einrichtung zwischen der C-Straße im Norden und der B-Straße im Süden, in die die A-Straße jeweils nahezu im rechten Winkel einmündet, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird von den Klägern insoweit auch nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Kläger gehört zu der Einrichtung jedoch nicht der sog. „Stichweg“.

29

Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG ist regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (std. Rspr. des OVG Schleswig, z.B. U. v. 21.10.2009 - 2 LB 15/09 -, juris). Dabei verlangt die Annahme einer einheitlichen Einrichtung hinsichtlich des Kriteriums „äußeres Erscheinungsbild des Straßenzuges“ nicht, dass sämtliche in der Klammer genannten Eigenschaften oder auch sämtliche für die Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen jeweils durchgehend gegeben sind (vgl. OVG Schleswig, B. v. 03.01.2008 - 2 LA 87/07 - mit Verweis auf das U. v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -). Vielmehr kann auch eine einheitliche Einrichtung in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Merkmale aufweisen (vgl. OVG Schleswig, U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -). Als Abgrenzungen, die geeignet sind, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen, kommen nicht nur Kreuzungen oder Einmündungen in Frage, sondern z.B. auch platzartige Erweiterungen und Bahnunterführungen, möglicherweise auch Bahnübergänge (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.11.2005 - 2 LB 81/04 -).

30

Stichstraßen sind gewöhnlich von der Straße, in die sie einmünden, deutlich abgesetzt. Ihr Erscheinungsbild spricht daher für ihre Selbständigkeit. Etwas anderes gilt in der Regel auch nicht im Verhältnis zwischen einer Stichstraße und einer gegenüberliegend in den Hauptzug einmündenden Straße (OVG Schleswig, B. v. 20.8.2003, Die Gemeinde 2003, 270 = SchlHA 2003 S. 305). Als Teil des Hauptzuges einer Straße kann eine abzweigende Verkehrsfläche (Straßenstummel) daher nur angesehen werden, wenn sie dem Betrachter wegen ihrer geringen Ausdehnung von weit weniger als 100 Metern den Eindruck vermittelt, sie sei lediglich eine unselbständige Zufahrt zu vereinzelten Hinterliegergrundstücken (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003, - 2 LB 118/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1996, 223, wonach nunmehr auch im Erschließungsbeitragsrecht der Zufahrtscharakter im Vordergrund steht).

31

Unabhängig davon, dass es sich bei dem „Stichweg“ A-Straße um einen unbefahrbaren Weg handelt und bereits deshalb die von den Klägern angeführte Argumentation zu den (befahrbaren) Stichstraßen nicht anwendbar ist, läuft ihre Ansicht auch deshalb ins Leere, weil er unstreitig bei einer Länge von ca. 130 m keine geringe Ausdehnung im Sinne der zitierten Rechtsprechung hat.

32

Vielmehr handelt es sich bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Unbefahrbare Wohnwege sind aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen und die dazu dienen, den an ihnen angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücken eine sogenannte Sekundärerschließung zu verschaffen, also eine Erschließung, auf die diese Grundstücke für ihre Bebaubarkeit nach §§ 30 ff. BauGB angewiesen sind und den Zugang zu einer öffentlichen Straße vermitteln (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2. Ordner, § 8, Rn. 246, 288). Unbefahrbare Wohnwege sind nicht nur von befahrbaren Straßen und Wegen zu unterscheidende Erschließungsanlagen, sondern auch wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktion und ihres abweichenden Erscheinungsbildes selbständige Einrichtungen (vgl. Beschluss der Kammer v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -; Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabengesetz, Stand: 01/2016, § 8, Rn. 132). Auch im Erschließungsbeitragsrecht werden sie als selbstständige Einrichtungen behandelt (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB; OVG Schleswig, U. v. 08.12.1994 - 2 L 330/91 -, juris). Um einen solchen unbefahrbaren Wohnweg handelt es sich vorliegend bei dem „Stichweg“, der den nur hieran angrenzenden Wohngrundstücken A-Straße xx-xx einen Zugang zu einer öffentlichen Straße (A-Straße und Eichendorffstraße) vermittelt. Nach den genannten Maßstäben handelt es sich um zwei eigenständige Einrichtungen, nämlich zum Einen um die A-Straße und zum Anderen um den „Stichweg“. Der Eindruck der unterschiedlichen Verkehrsfunktion und des unterschiedlichen Erscheinungsbildes hat sich in dem Termin vor Ort bestätigt. Wie bereits angeführt, handelt es sich bei der A-Straße um eine befahrbare Straße, bei dem „Stichweg“ um einen unbefahrbaren Wohnweg. Die Straße weist eine Breite von 4,75 m auf, der „Stichweg“ von nur 2,80 m. Die Straße ist asphaltiert, der „Stichweg“ ist mit rotem Rechteckpflaster ausgestattet.

33

Durch die am 21.12.1993 öffentlich bekannt gemachte Widmungsverfügung handelt es sich bei der A-Straße um eine öffentliche Einrichtung.

34

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997 - 2 L 281/95; U. v. 18.01.1995 - 2 L 113/94; U. v. 17.08.2005 - 2 LB 38/04 -, jeweils zitiert nach juris). Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm wurde am 09.11.2010 beschlossen. Die darin beschriebenen Maßnahmen an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung wurden am 28.11.2012 abgenommen.

35

Hierbei handelt es sich um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 -, NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.).

36

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich; sie liegt für Fahrbahnen, Gehwegen und Straßenbeleuchtung im Allgemeinen bei 25 Jahren, bei der Straßenentwässerung bei 50 Jahren (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 147a). Die A-Straße ist unstreitig älter als 50 Jahre, mithin war die übliche Nutzungsdauer aller Teileinrichtungen abgelaufen. Dass darüber hinaus diese tatsächlich auch abgängig waren, ergibt sich aus dem Bericht zur Kalkulation von Beiträgen für die Erneuerung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung sowie der Straßenentwässerung in A-Stadt, Straßenzug A-Straße der Firma XX vom 18.12.2014. Daraus wird ersichtlich, dass die Oberflächenbefestigung sowohl der Fahrbahn als auch des Gehweges einen desolaten sowie einen nicht der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand aufgewiesen habe. Der erneuerungsbedürftige Zustand der bereits mehr als 50 Jahre alten Fahrbahn der A-Straße habe sich darin gezeigt, dass die Fahrbahn großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen habe. Überdies seien im Bereich der Fahrbahn massive Absackungen mit der Folge zu verzeichnen gewesen, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Die aufgebrachte Asphaltsbefestigung der Gehwege hätte gleichfalls großflächige Aufbrüche in Form von Löchern aufgewiesen. Ferner seien erhebliche Absenkungen der Oberflächenbefestigung zu verzeichnen gewesen, weshalb aufgrund der damit einhergehenden Unebenheiten eine Barrierefreiheit im Bereich des Gehweges und damit eine Verkehrssicherheit ebenfalls nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In dem vorgenannten Straßenzug hätten sich seinerzeit drei Straßenleuchten befunden, welche angesichts der Tatsache, dass diese gleichfalls bereits vor mehr als 50 Jahren errichtet worden seien, einen erheblichen Reparaturbedarf aufgewiesen hätten. Im Zuge der beitragsrelevanten Straßenausbaumaßnahme seien in diesem Straßenzug nunmehr fünf Straßenleuchten errichtet worden, wodurch eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht werden könne. Der desolate Zustand der Regenwasserkanalisation habe sich darin gezeigt, dass Wurzeleinwüchse sowie Risse, Scherbenbildung und fehlende Scherben zu verzeichnen gewesen seien. Überdies seien Undichtigkeiten der Regenwasserkanalisation festzustellen gewesen.

37

Zweifel an diesen Ausführungen wurden weder dargetan noch sind solche für das Gericht erkennbar. Insbesondere handelt es sich nicht um bloße Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne von Ausbesserungsarbeiten an einzelnen schadhaften Stellen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 148), sondern um eine Komplettsanierung.

38

Darüber hinaus stellt sich die Maßnahme an den Teileinrichtungen auch als Verbesserung im Sinne einer besseren Benutzbarkeit dar, wie sich aus dem Bauprogramm und dem XX-Bericht ergibt. Denn zuvor war kein Fahrbahnunterbau vorhanden, welcher erstmalig mit einer durchgängigen Trag- und Frostschutzschicht hergestellt wurde. Zudem wurde eine einheitliche Betonpflasterung auf dem Gehweg aufgebracht, wodurch im Verhältnis zu der vorherigen alten Asphaltierung eine Ebenflächigkeit und damit ein besseres und gefahrloseres Begehen erreicht werden konnte. Weiterhin wurden die bisherigen Leuchtkörper der Straßenbeleuchtung durch leistungsstärkere Straßenleuchten ersetzt, was zu einer besseren Ausleuchtung führt. Zudem wurde der Querschnitt des Regenwasserkanal vergrößert, um hierdurch ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Oberflächenwassers zu erreichen und hierdurch Pfützenbildungen zu vermeiden.

39

Vor diesem Hintergrund ist es irrelevant, ob die Beklagte in der Vergangenheit gegebenenfalls notwendige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, was im Übrigen auch nicht substantiiert dargetan wurde, sondern nur pauschal angesprochen wurde. Ebenso wenig bestehen Zweifel daran, dass es aufgrund der Fahrbahnverschmälerung um 0,25 m (von 5,00 m auf 4,75 m) nicht zu einer verkehrstechnischen Verschlechterung gekommen ist; insbesondere ist weiterhin Begegnungsverkehr möglich.

40

Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird, der Vorteil der Verbesserung darin, dass der Ausbau die Einrichtung in ihrem bisherigen Zustand der Benutzbarkeit verbessert und sich dadurch jeweils die Zugänglichkeit zu den anliegenden Grundstücken erleichtert oder sich deren Gebrauchswert erhöht (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150 f., 153).

41

Danach hat die Beklagte zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung/Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Straßenbeleuchtung und der Straßenentwässerung notwendig waren. Hierzu zählen auch die in einem Parallelverfahren gerügten Mehrkosten für die Entwässerung angetroffenen Grundwassereintrages. Hierbei handelt es sich um solche Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (vgl. zu den Sowieso-Kosten: BGH, U. v. 29.10.1970 - VII ZR 14/69 = BauR 1971, 60, 62; U. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -; U. v. 23.09.1976 - VII ZR 14/75 = BauR 1976, 430, 432). Vorliegend hat die Beklagte zudem im Vorfeld der Baumaßnahme Baugrunduntersuchungen durchführen lassen, die kein entsprechendes Ergebnis aufgewiesen hat. Wenn im Rahmen dieser Begutachtung der eingetretene Grundwassereintrag bekannt geworden wäre, dann hätten dieselben Maßnahmen (mit denselben Kosten) zur Beseitigung ergriffen werden müssen, als wenn sie nicht bekannt gewesen wären. Es sind also tatsächlich keine Mehrkosten entstanden.

42

Bei der Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes sind Fehler nicht erkennbar. Unstreitig ist für die Maßnahme ein Gesamtaufwand in Höhe von 370.923,88 € entstanden. Abzüglich nicht beitragsfähiger Kosten hat die Beklagte unbestritten einen beitragsfähigen Aufwand in Höhe von 289.866,78 € ermittelt. Sie hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) SBS einen Eigenanteil von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 217.400,08 € liegt.

43

Die Beklagte hat - entgegen der Ansicht in den Parallelverfahren - einen Anliegeranteil in Höhe von 75 % aufgrund der zutreffenden Einordnung der Straße als Anliegerstraße berücksichtigt. Wie sich unzweifelhaft aus der Inaugenscheinnahme in der mündlichen Verhandlung vor Ort ergeben hat, handelt es sich um eine klassische Anliegerstraße. Die Zuordnung zu einer in der Ortssatzung der Gemeinde vorgesehenen Straßenkategorie hat sich an ihren wesentlichen, für die Straße insgesamt bedeutsamen und sie überwiegend charakterisierenden Merkmalen auszurichten (vgl. OVG Schleswig, U. v. 11.02.1998, - 2 L 79/96, juris). Dabei ist von der Funktion der Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde auszugehen, wie sie durch ihre Lage, die Art der Ausgestaltung und die Verkehrsbelastung ihre Ausprägung gefunden hat (vgl. OVG Schleswig, U. v. 23.07.2008 - 2 LB 54/07 -; B. v. 14.11.2008 - 2 MB 21/08 -; B. v. 10.08.2012 - 4 LB 3/12 -; jeweils zitiert nach juris). Maßgeblich ist auch hierfür der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, so dass es auf etwaige – ggf. anderslautende – frühere Aussagen hierzu nicht ankommt. Eine Anliegerstraße ist dann anzunehmen, wenn sie im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke dient. Sie nimmt naturgemäß auch Verkehre innerhalb eines Baugebietes auf, zum Beispiel aus einmündenden Sackgassen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 335). Hingegen sind Haupterschließungsstraßen solche mit beachtlichem innerörtlichen Verkehr; sie dienen neben der Erschließung angrenzender Grundstücke überwiegend der Aufnahme der verkehrsangebundenen reinen Erschließungsstraßen und führen ihn Hauptverkehrsstraßen zu; sie haben Erschließungs- und Sammelfunktion innerhalb von Baugebieten und im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Sammlungsfunktion muss gegenüber der reinen Erschließungsfunktion im Vordergrund stehen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8 Rn. 338). Vorliegend hat die A-Straße keine über die „normale“ Sammelfunktion - die auch eine Anliegerstraße hat - hinausgehende Sammelfunktion. Sie wird nicht bereits deshalb zur Haupterschließungsstraße, nur weil sie Verkehre umliegender Anliegerstraßen – um solche handelt es sich nach dem Eindruck vor Ort vorliegend in dem sog. Dichterviertel – aufnimmt. Diese Argumentation würde dazu führen, dass es quasi keine Anliegerstraßen mehr gäbe, da mit Ausnahme von Sackgassen alle Straßen Verkehre umliegender Straßen aufnehmen und damit Sammelfunktion hätten. Für die Annahme einer Haupterschließungsstraße bedarf es gerade eines beachtlichen innerörtlichen Verkehrs, der vorliegend nicht gegeben ist. Vielmehr dominiert die Erschließungsfunktion. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die A-Straße eine Verbindung zwischen B-Straße und C-Straße darstellt. Zum Einen handelt es sich auch bei diesen beiden um reine Anliegerstraßen (aus denselben Gründen wie bei dem hier streitigen Straßenzug) und nicht um Hauptverkehrsstraßen. Zum Anderen ist die A-Straße im Dichterviertel tatsächlich nicht der einzige Verbindungsweg zwischen Hölderlin- und B-Straße, sondern es gibt noch die Herderstraße im Osten und die Heidkampstraße im Westen. In der A-Straße sowie in allen umliegenden Straßen ist überwiegend gleichartige Wohnbebauung vorhanden, d. h. es findet kein überwiegender Ziel- und Quellverkehr zu umliegenden intensiven Gewerbenutzungen statt. Der Harksheider Weg, in dem Gewerbe angesiedelt ist, liegt mehrere Straßen weiter entfernt. Ein weiteres Indiz für die Qualität einer reinen Anliegerstraße ist auch die geringe Breite von 4,75 m.

44

Die Umlegung dieses Aufwandes erfolgte jedoch unzutreffend, was zu der austenorierten Reduzierung des Beitrages führt und die Klage insoweit Erfolg hat. Die Beklagte hat zwar zutreffend das Grundstück der Kläger in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn sie sind mit dem Anliegergrundstück durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS. Die Beklagte hat jedoch fehlerhaft in die räumliche Ausdehnung des Gebietes nicht die Grundstücke A-Straße x, x und x am Wohnweg einbezogen.

45

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.).

46

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für die grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem bebauten Grundstück der Kläger gegeben.

47

Aber auch die Grundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen (entsprechend der obigen Definition) zählen zu dem Kreis der bevorteilten Grundstücke der zugehörigen - ausgebauten - Fahrstraße (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -; VG Schleswig, B. v. 01.02.2016 - 9 B 37/15 -, juris; Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). Die hiergegen von der Beklagten angeführten Argumente überzeugen nicht.

48

Der von ihr zitierte allgemein anerkannte Grundsatz, dass die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit durch die nächste erreichbare selbstständige Straße vermittelt werde (vgl. z. B. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rn. 583a m. w. N.), trifft gleichermaßen auf Wohnweggrundstücke zu, da für sie die nächste erreichbare selbstständige Straße ebenfalls nur die Fahrstraße ist. Ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. Habermann, a.a.O., Rn. 188 m.w.N.). Diesem Grundsatz liegt die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer „selbstständigen Straße“ um eine befahrbare handelt, so dass sich in Anlehnung hieran auch die normale „Stichstraßenproblematik“, wie oben ausgeführt, anschließt.

49

Dass in dem Kommentar zum Kommunalabgebanrecht von Thiem/Böttcher die Wohnwege nicht besonders problematisiert werden, lässt nicht den von der Beklagten gezogenen alleinigen Schluss zu, dass eine differenzierte Betrachtungsweise hierzu nicht nötig ist. Es bedeutet vor allen Dingen nicht, dass Wohngrundstücke an unbefahrbaren Wohnwegen bei Ausbaumaßnahmen an der die Primärerschließung sichernde Fahrstraße nicht bevorteilt sind. Zudem führt Thiem/Böttcher an anderer Stelle aus (§ 8, Rn. 550), dass notwendige Voraussetzung dafür, von einem neuen Ausbauzustand nutzen zu haben, die Möglichkeit sei, eine Verkehrseinrichtung von einem Grundstück aus zu nutzen. Welche Anforderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art erfüllt sein müssten, hänge vornehmlich von der Eigenart der Verkehrseinrichtung ab und auch von der Art der zulässigen Grundstücksnutzung. So verschafften zum Beispiel selbstständige Gehwege (Fußgängerzonen, unbefahrbare Wohnwege) den angrenzenden Grundstücken schon dann die hier maßgebliche Vorteilslage, wenn deren Eigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hätten, über sie zum Grundstück einen Zugang zu nehmen.

50

Soweit Driehaus eine Entscheidung des Bayerischen VGH zitiert (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 35, Rn. 27, Fn 88: Bay. VGH, U. v. 14.04.2011 - 6 BV 08.3182 -, juris), dass auch ein nicht befahrbarer Gehweg die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit quasi als nächste erreichbare selbstständige Straße biete, kann dieser Ansicht so nicht gefolgt werden. Nach Auffassung der Einzelrichterin ist der der Entscheidung des Bay. VGH zugrunde liegende Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar, da es sich dort nicht um einen Wohnweg im beurechtlichen Sinne - wie oben zitiert - handelt, sondern lediglich um einen nicht befahrbaren Gehweg (Verbindungsweg) zwischen zwei Straßen; das dort betrachtete Grundstück lag unmittelbar an einer selbstständigen Straße (Königsberger Straße) an, durch die es baurechtlich erschlossen war und an der es ausbaubeitragsrechtlich bevorteilt direkt anlag. Zudem ergibt sich aus der Entscheidung des Bay. VGH lediglich - und das entspricht der oben geäußerten Auffassung zur Selbstständigkeit des unbefahrbaren Wohnweges -, dass ein nicht befahrbarer Gehweg eine selbstständige Verkehrseinrichtung ist. Dementsprechend zitiert Driehaus diese Entscheidung auch unter dem Aspekt der selbstständigen/unselbstständigen Verkehrsanlage. Darüber hinaus greift die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Einzelrichterin am Ende zu kurz, als der Bay. VGH nicht den weiteren Schritt geht, zu prüfen, ob dennoch eine Bevorteilung der Anlieger des Gehweges durch den Ausbau der Fahrstraße gegeben ist. Das Abrechnungsgebiet (also die bevorteilten Grundstücke) ist von der Ausdehnung der öffentlichen Einrichtung (selbständige Verkehrseinrichtung) zu unterscheiden und davon getrennt zu untersuchen. Hierin unterscheidet sich jenes Urteil von dem des OVG Schleswig (U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -).

51

Selbst wenn der Gedanken der Beklagten zutreffend ist, dass es sich um zwei unterschiedliche Vorteilsbegriffe im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und Ausbaubeitragsrecht andererseits handelt, führt dies nicht dazu, dass die Erschließungssituation im Ausbaubeitragsrecht völlig außer Acht bleiben könnte. Im Erschließungsbeitragsrecht liegt der Vorteil in der Sicherung der Erschließung für die zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks, d. h. es findet bei unbefahrbaren Wohnwegen eine Primärerschließung durch die Anbaustraße und eine Sekundärerschließung durch den unbefahrbaren Wohnweg statt. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen der Sondervorteil für die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Verkehrseinrichtung maßgeblich, und zwar grundsätzlich unabhängig von der Zulässigkeit oder Sinnhaftigkeit der Nutzung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Dieser relevante Sondervorteil wird aber gerade bei nur an unbefahrbaren Wohnwegen gelegenen Grundstücken dadurch vermittelt, dass ihnen überhaupt nur über die Fahrstraße das Heranfahren an die Grundstücksgrenze ermöglicht wird, es sich quasi um „gefangene Hinterliegergrundstücke“ handelt. Entsprechend benennt auch die oben zitierte Definition die „angrenzenden zufahrtslosen (Hinterlieger-)Grundstücke“.

52

Bei Anwendung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass eine vorteilsbedeutsame Inanspruchnahmemöglichkeit bei einer ausgebauten Straße dann anzunehmen sei, wenn auf der Straße bis zur Höhe des Grundstückes mit Personen- und Kraftfahrzeugen herangefahren und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg, Radweg oder Grünstreifen auf das Grundstück zu Fuß gegangen werden könne (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35, Rn. 26), ist genau dies vorliegend der Fall. Die Primärerschließung ist bei unbefahrbaren Wohnwegen (Sekundärerschließung) nicht hinwegzudenken für die verbesserte Nutzbarkeit, unabhängig davon, ob diese zulässig oder unzulässig ist.

53

Sind danach Anlieger an unbefahrbaren Wohnwegen von dem Ausbau der Fahrstraße grundsätzlich bevorteilt, stellt sich hiernach die Frage, welche Anliegergrundstücke vorliegend konkret als bevorteilt mit in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen sind, d. h welche räumliche Ausdehnung das Abrechnungsgebiet hat. Unstreitig und aus dem Ortstermin ersichtich ist, dass der Wohnweg ab der Abzweigung von der Fahrstraße eine Länge von ca. 83 m und dann rechtwinklig in südlicher Richtung eine weitere Länge von ca. 54 m aufweist. Sodann mündet er über die Flurstücke xx und xx in die Eichendorffstraße ein. Alle anliegenden Grundstücke A-Straße xx-xx (und Nr. x, dies ist aber ein direktes Anliegergrundstück) verfügen über jeweils in ihrem Eigentum stehende Garagenstellplätze direkt an der A-Straße. Diese Garagenstellplätze wurden auch zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x existiert von der A-Straße aus, die Feuerwehrzufahrt zu den Grundstücken Nr. x-x von den Flurstücken xx und xx aus. Dort finden sich auch die jeweiligen Hydranten.

54

Bei durchlaufenden Wohnwegen wird der Grundsatz vertreten, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen Fahrstraße erhoben werden können bzw. von der Fahrstraße, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet sei (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188). In dem zitierten Urteil des OVG Schleswig (vom 12.03.1992 - 2 L 194/91 -) wird ausgeführt, dass durch die verbesserte Erschließung eines Grundstücks, dass mit der Anbaustraße nur durch einen privaten oder öffentlichen unbefahrbaren Wohnweg verbunden ist (Hinterliegergrundstück im weiteren Sinne), durch die Ausbaumaßnahmen ein Vorteil gegeben sein könne. Voraussetzung dafür sei, dass diesen Hinterliegergrundstücken durch die Anbaustraße in Verbindung mit dem Wohnweg eine Zugänglichkeit vermittelt werde, die bebauungsrechtlich unter dem Blickwinkel der verkehrsmäßigen Erschließung für ihre Bebaubarkeit ausreiche. Sodann stellt das Gericht als maßgeblichen Faktor darauf ab, dass hinsichtlich des Brandschutzes keine Bedenken bestehen dürfen (§ 4 Abs. 2 S. 1 LBO).

55

Diese Maßgaben zugrunde gelegt, endet die Bevorteilung der Wohnweggrundstücken bei Nr. x, d.h. Nr. x-x fallen als bevorteilt in dem genannten Sinne in das Abrechnungsgebiet, die übrigen (Nr. x-x) nicht. Denn unter Berücksichtigung der Länge des Wohnweges, der jeweiligen Nähe der Grundstücke zu den öffentlichen Straßen A-Straße einerseits und Eichendorffstraße andererseits sowie der jeweils zugewiesenen Feuerwehrzufahrten, bestehen nach der bebauungsrechtlichen Situation im Hinblick auf den Brandschutz nur für die Grundstücke Nr. x-x keine Bedenken. Dahinter zurück tritt der Aspekt, dass die Grundstücke Nr. x-x tatsächlich die A-Straße wegen der dort befindlichen Garagen benutzen.

56

Danach ist die Beklagte von einer unzutreffenden gewichteten Größe des Abrechnungsgebietes ausgegangen. Unter Berücksichtigung der genannten Wohnweggrundstücke A-Straße x-x ergibt sich nach der angeforderten Vergleichsberechnung ein gewichtetes Abrechnungsgebiet von 8.895,10 m² (statt 7.653,60 m²). Bei einem umlagefähigen Aufwand von 217.400,08 € resultiert daraus ein Beitragssatz in Höhe von 24,4404 €/m² (anstatt 28,4049 €/m²). Dieser m²-Beitrag multipliziert mit der gewichteten Grundstücksfläche der Kläger (730,60 m²) und unter Berücksichtigung der Eckgrundstücksermäßigung (1/3) ergibt rechnerisch den tenorierten Beitrag in Höhe von 11.904,12 €. Es kann hier offen bleiben, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden (Anlieger an der primär erschließenden Fahrstraße und an dem sekundär erschließenden Wohnweg) tatsächlich eine vergleichbare Eckgrundstückssituation im Sinne des § 6 Abs. 5 SBS) gegeben ist, wofür einiges sprechen könnte. Denn die Beklagte hat zu Gunsten der Kläger eine entsprechende Ermäßigung tatsächlich vorgenommen, die sich allein auf ihren Beitrag und nicht auf den Beitragssatz insgesamt auswirkt.

57

Wie bereits oben dargestellt, ist die sachliche Beitragspflicht mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 28.11.2012 entstanden. Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümerin oder Eigentümer des Grundstücks ist. Danach sind die Kläger als (Mit-) Eigentümer des Grundstücks persönlich beitragspflichtig, seit ihnen der angegriffene Beitragsbescheid bekanntgegeben wurde.

58

Die Kosten des Verfahrens werden den Beteiligten in Höhe ihres jeweiligen Unterliegens (Klägerin 86%, Beklagte 14%) verhältnismäßig gem. § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO auferlegt.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 9. Kammer - vom 24. Mai 2004 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Sie ist Eigentümerin des unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks der Gemarkung ..., Flur 3, Flurstück 151, das mit seiner Westseite an einen Wirtschaftsweg und mit seiner Südseite an das im Eigentum ihres Vaters stehende Grundstück mit der Flurbezeichnung 152 grenzt. Letzteres liegt unmittelbar am .... Der . ist ein die Stadt ... mit der Gemeinde ... verbindender Weg.

3

Im Jahr 2001 ließ die Beklagte im ... Straßenbaumaßnahmen durchführen. Die vorher zum Teil stark beschädigte Straße wurde mit neuer Linienführung verbreitert und erhielt erstmals einen abgesetzten zweispurigen Radweg. Außerdem wurde die Oberflächenentwässerung geregelt und die Beleuchtung ausgebaut.

4

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 zog die Beklagte die Klägerin für ihr Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 151 zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 14.891,11 Euro heran.

5

Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass ihr Grundstück nicht zum Kreis der beitragsfähigen Grundstücke gehöre. Es grenze nicht an die ausgebaute Straße an. Die einheitliche Nutzung mit dem Nachbargrundstück, Flurstück 152, das am ... anliege, sei irrelevant, weil dieses nicht in ihrem Eigentum stehe. Es gelte insoweit der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff. Ihr Grundstück sei auch kein sogenanntes Hinterliegergrundstück, weil von ihm aus nicht in rechtlich zulässiger Weise auf Dauer Zugang zum ausgebauten Weg genommen werden könne.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das streitbefangene Grundstück sei durch Teilung aus dem ursprünglichen Grundstück der Flur 3, Flurstück 15, in der Absicht entstanden, die Beitragsbelastung zu reduzieren. Beide nach der Teilung vorhandenen Grundstücke mit den Flurbezeichnungen 151 und 152 würden wie vor der Teilung weiterhin als einheitliche landwirtschaftliche Fläche genutzt. Der Ausbau des ...es sei deshalb auch für das Grundstück der Klägerin vorteilhaft.

7

Die Klägerin hat am 26. Mai 2003 Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie ergänzend ausgeführt: Die Grundstücksteilung stelle keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO dar. Bei der Übertragung des Eigentums handele es sich um ein objektiv nachvollziehbares und unabhängig von den Motiven rechtmäßiges Rechtsgeschäft. Die Teilung des Grundstücks sei im Hinblick auf etwaige künftige Entwicklungen der Bebaubarkeit vorgenommen worden. Der beim ursprünglichen Eigentümer verbliebene Streifen (Flurstück 152) sei entsprechend der Tiefe von Baugrundstücken geschnitten worden, so dass ihr Vater, bei einer sich später möglicherweise ergebenden Bebaubarkeit, weiterhin den Zugriff auf diese Flächen habe. Die Übertragung des Restgrundstücks an sie sei im Vorgriff auf ihr späteres Erbrecht erfolgt, da insoweit eine anderweitige Nutzung als die bestehende landwirtschaftliche nicht zu erwarten sei.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2003 aufzuheben.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie hat ergänzend vorgetragen: Die Grundstücksteilung sei missbräuchlich gewesen, weil dafür keine vernünftigen wirtschaftlichen Gründe vorgelegen hätten. Wenn ein Eigentümer sein Grundstück teile und es einem nahen Angehörigen unentgeltlich zum Eigentum übertrage und dies nach Ankündigung des Entstehens einer künftigen Beitragspflicht geschehe, könne der einzige Sinn nur das Sparen von Beiträgen sein; denn beide Grundstücke würden weiterhin einheitlich genutzt und die im Eigentum des Vaters verbliebene Restfläche werde im Erbfall ebenfalls an die Klägerin übertragen, weil es testamentarisch bereits so vorgesehen sei. Die übrigen Voraussetzungen der Beitragserhebung lägen vor.

13

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 24. Mai 2004 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Grundstück der Klägerin unterliege nicht der Beitragspflicht, weil dem Grundstück durch den Ausbau des ... kein Vorteil erwachsen sei. Die Zugänglichkeit des streitbefangenen Grundstücks werde durch die Straßenbaumaßnahme nicht erleichtert, weil es nicht unmittelbar am ... anliege und auch nicht als Hinterliegergrundstück zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehöre. Eigentümer von Hinterlieger- und Anliegergrundstück (ein solches stelle das am ... anliegende Grundstück des Vaters der Klägerin dar) seien nicht identisch und die Klägerin sei mangels dinglicher Sicherung eines Zugangsrechts nicht dauerhaft berechtigt, die ausgebaute Straße über das Vorderliegergrundstück zu betreten.

14

Zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei die Klägerin bereits Eigentümerin des Grundstücks gewesen. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liege nicht vor. Ein solcher sei gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt werde, die überhaupt keinem wirtschaftlichen Zweck diene, wenn ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund überhaupt fehle, wenn sie der Steuerminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei. Die Klägerin habe das Eigentum am streitbefangenen Grundstück auf der Grundlage eines notariellen Überlassungsvertrages vom 20. November 2000 von ihrem Vater erworben. Aus der notariellen Verhandlungsniederschrift ergebe sich, dass der Vater der Klägerin bereits zuvor testamentarisch verfügt habe, dass sie im Erbfalle das Gesamtgrundstück erhalten solle und durch den Überlassungsvertrag im Vorwege die Übertragung einer Teilfläche geregelt werden solle. Auch wenn es sich als ungewöhnlicher Weg darstellen möge, dass lediglich eine Teilfläche, die wesentlich größer sei als der verbleibende Rest, vertraglich übertragen werde, sei die Überlassung nicht missbräuchlich, weil dieser Rechtsgestaltung ein wirtschaftlicher Zweck beigemessen werden könne. Die Teilung des ursprünglichen Grundstücks sei im Hinblick auf etwaige zukünftige Entwicklungen der Bebaubarkeit erfolgt. Dem ursprünglichen Eigentümer sei ein Streifen verblieben, der entsprechend der Tiefe von Baugrundstücken geschnitten sei, so dass er bei einer sich später noch möglicherweise ergebenden Bebaubarkeit weiterhin den Zugriff auf diese Flächen habe. Im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin sei auch langfristig eine anderweitige Nutzung als die bestehende landwirtschaftliche nicht zu erwarten. Insoweit sei unerheblich, dass das im Eigentum des Vaters der Klägerin verbliebene Teilgrundstück derzeit nicht bebaubar sei; denn die unentgeltliche Übertragung von Eigentum habe für sich gesehen einen wirtschaftlichen - nicht zu missbilligenden - Zweck, der im Vermögenszuwachs zu Gunsten der Klägerin liege.

15

Das Urteil ist der Beklagten am 26. Mai 2004 zugestellt worden.

16

Die Beklagte hat am 24. Juni 2004 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und am 21. Juli 2004 begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 15. November 2004 zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 14. Dezember 2004 bei Gericht eingegangen.

17

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Sie macht geltend, die zukünftige Bebaubarkeit auch des beim Vater der Klägerin verbliebenen Grundstücksteils sei auszuschließen. Das Grundstück sei im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen. Gründe des Naturschutzes und der Landschaftspflege stünden zudem einer Bebaubarkeit entgegen. Einziger Grund der Grundstücksteilung sei es gewesen, eine höhere Abgabenbelastung zu vermeiden. Dies ergebe sich auch aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Grundstücksteilung und der anstehenden Beitragsveranlagung, die Gegenstand eines informatorischen Gesprächs mit den Eltern der Klägerin im März 2000 gewesen sei. Der Beitrag sei auch zu Recht gegenüber der Klägerin festgesetzt worden, weil zwar die abgabenrechtlichen Wirkungen des Umgehungsgeschäfts gemäß § 42 AO neutralisiert würden, die zivilrechtliche Wirksamkeit der Grundstücksüberlassung hiervon aber unberührt bleibe.

18

Auch das Abrechnungsgebiet sei rechtmäßig gebildet worden. Der Bahnübergang bilde eine deutliche Zäsur. Er begrenze die Einrichtung ... und stelle zugleich die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich dar. An dieser Stelle ändere sich auch die Verkehrsfunktion der Straße. Durch die Fahrbahnverbreiterung habe sich der Charakter der Straße nicht verändert. Sie sei auch schon vor Durchführung der Maßnahme eine Gemeindeverbindungsstraße gewesen. Der Ausbauzustand habe diesen Anforderungen allerdings nicht entsprochen. Zudem sei die Fahrbahn erneuerungsbedürftig gewesen. Auch mit dem Ausbau einer Gemeindeverbindungsstraße seien Anliegervorteile verbunden. Der Anliegervorteil von 25 % sei der geringste der Satzung und liege in dem von der Rechtsprechung entwickelten Rahmen.

19

Sie beantragt,

20

das angefochtene Urteil vom 24. Mai 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Satz 2 AO nicht vorliege. Die Grundstücksteilung habe nicht zur Folge, dass überhaupt keine Beitragspflicht für den ... mehr bestehe, lediglich die Größe der beitragspflichtigen Fläche werde vermindert. Die beim früheren Grundstückseigentümer verbliebene Fläche sei auch nicht derart schmal, dass sie jedweder Nutzung entzogen sei. Es habe sehr wohl die Erwartung bestanden, dass im Hinblick auf den jetzt vorgenommenen Ausbau der Straße die an die Straße angrenzenden Flächen in absehbarer Zeit Bauland werden würden. Diese Fläche habe sich der Grundstückseigentümer erhalten wollen, während er die dahinter liegenden Flächen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schon an die Klägerin, seine Tochter, übertragen habe.

24

Die Klägerin sei auch dann nicht beitragspflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AO vorlägen. Bei einer missbräuchlichen Umgehung des Abgabentatbestandes werde der Abgabenschuldner grundsätzlich so behandelt, als habe der Umgehungstatbestand nicht stattgefunden; es werde gewissermaßen gesetzlich die Sachlage fingiert, die vor der Vornahme der Umgehung bestanden habe. Werde die Übertragung des hinteren Grundstücks auf die Klägerin als nicht eingetreten fingiert, so könne dies nur zur Folge haben, dass der Vater der Klägerin für das gesamte Grundstück den Beitrag zu zahlen habe.

25

Das Abrechnungsgebiet sei falsch gebildet worden. Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg komme einem Bahnübergang keine Trennfunktion zu. Dies möge im Einzelfall unterschiedlich zu beurteilen sein, eine Ortsbesichtigung würde jedoch zeigen, dass überzeugend nur eine Abschnittsbildung beim Übergang der Straße vom Innenbereich in den Außenbereich zu finden sei, so dass die Flurstücke 113 und 158 in die Abrechnung mit einbezogen werden müssten.

26

Schließlich biete die Ausbaumaßnahme keine Anliegervorteile. Die Straße habe mit dem Ausbau ihren Charakter als Anliegerstraße für die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen völlig eingebüßt. Von einer bestimmten Breite der Straße an führe eine zusätzliche Verbreiterung nicht mehr zu positiven verkehrlichen Auswirkungen für die Anlieger. Nach dem Erläuterungsbericht der Beklagten hätten kein Gründe vorgelegen, die irgendeinen Bezug zu den an dem ... gelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen hätten. Diese Flächen hätte ohne Einschränkungen hinreichend durch die vorhandene Straße in ihrem ursprünglichen Zustand erreicht werden können.

27

Insgesamt werde für die ursprünglich ungeteilte Fläche in einer Größe von 17.410 m² ein Beitrag von 23.172,-- Euro geltend gemacht. Das sei mehr als die landwirtschaftliche Fläche überhaupt wert sei.

28

Auf jeden Fall sei der Gemeindeanteil zu niedrig angesetzt worden. Der Anliegeranteil müsse deutlich unter 5 % liegen.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Die zugelassene Berufung ist begründet.

31

Der Straßenausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2002 ist rechtmäßig.

32

Die Straßenbaumaßnahme, die die Beklagte im Jahr 2001 im ... hat durchführen lassen, ist eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG. Die Hinzufügung einer neuen Teileinrichtung (hier Radweg) ist ein Ausbau im Sinne einer Vervollständigung der Einrichtung. Die neue Linienführung der Straße, die Verbreiterung der Fahrbahn, die Regelung der Oberflächenentwässerung und die Erweiterung der Straßenbeleuchtung sind ein verbessernder Ausbau. Soweit die Klägerin meint, die Fahrbahnverbreiterung diene nicht den Anliegern, sondern allein der Allgemeinheit, ist dem nicht zu folgen. Eine Fahrbahnverbreiterung ist regelmäßig auch für den Anliegerverkehr vorteilhaft, weil dadurch die Zugänglichkeit zu den Anliegergrundstücken ebenfalls verbessert wird. Nur wenn der Ausbau allein zum Zwecke der Funktionsänderung der Einrichtung erfolgt, d.h. eine bisherige (reine) Anliegerstraße als Innerorts- oder gar als Durchgangsstraße ausgebaut wird und deshalb Gebrauchsvorteile für die Anlieger schlechthin nicht erkennbar sind, ist eine Maßnahme, obwohl die technischen Voraussetzungen eines Ausbaus i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG erfüllt sind, beitragsfrei, weil der Beitrag ein Vorteilsentgelt ist. In sonstigen Fällen, in denen eine Straße ihrer Funktionsbestimmung gemäß ausgebaut wird, ist ein erweiternder und ergänzender Straßenausbau regelmäßig sowohl für die Anlieger als auch für die Allgemeinheit vorteilhaft. So liegt der Fall hier. Der ... hatte schon vor dem Ausbau die Funktion einer Gemeindeverbindungsstraße. Er wurde dieser Funktion aufgrund seiner Ausbaubreite von lediglich 4,50 m und seiner Linienführung allerdings nur unzureichend gerecht. Die Straßenverbreiterung und die Anlage eines Radwegs erleichtern den Begegnungsverkehr und tragen auch dazu bei, die landwirtschaftlich genutzten Anliegergrundstücke besser erreichen zu können. Dem Umstand, dass der Ausbau im wesentlichen der Verbesserung des Verkehrs zwischen der Stadt ... und der Gemeinde ... dient, wird pauschal dadurch Rechnung getragen, dass der Anliegeranteil nicht wie bei einer Anliegerstraße mit 75 %, sondern nur mit 25 % bemessen wird (vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 1.3 der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten - ABS -).

33

Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass der Ausbauaufwand, gemessen an der Funktion der Straße nicht erforderlich war. Der Senat brauchte daher dem nicht weiter nachzugehen.

34

Ein Anliegeranteil von 25 % am beitragsfähigen Aufwand bei Straßen mit Gemeindeverbindungsfunktion ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Soweit wegen Besonderheiten des Einzelfalls (hoher erforderlicher Aufwandgeringe Verteilungsfläche) Beitragsbelastungen der Eigentümer der anliegenden Grundstücke außergewöhnlich hoch sind, begründet dies keine Verpflichtung der Gemeinde, abweichend von ihrer Satzung, für eine bestimmte Maßnahme einen geringeren Anliegeranteil der Bemessung des umlagefähigen Aufwandes zugrunde zu legen. Abgabenüberlastungen ist vielmehr durch Billigkeitserlass im Einzelfall (ggf. auch in zahlreichen Einzelfällen) zu begegnen.

35

Die Beklagte hat auch das Abrechnungsgebiet rechtsfehlerfrei gebildet. Die Einrichtung „...“ beginnt östlich des Bahnübergangs.

36

Wie im Erschließungsbeitragsrecht ist auch für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung einer Einrichtung im Straßenausbaubeitragsrecht, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z.B. Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge, Straßenausstattung, die Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke) seine Verkehrsfunktion sowie die vorhandenen Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die die Verkehrsfläche augenfällig als ein eigenständiges Element des Straßenzuges erscheinen lassen, abzustellen.

37

Ob eine Bahnunterführung geeignet ist, einen Straßenzug in zwei Einrichtungen zu teilen (so OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.06.1989 - 9 M 4690 -), einem Bahnübergang dagegen eine solche Trennfunktion nicht zukommt (so OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.1989, KStZ 1990, 173 zum Erschließungsbeitragsrecht), lässt sich nicht allgemein beantworten. Auch insoweit ist auf das Erscheinungsbild des Straßenzuges abzustellen. Jedenfalls ist auch ein Bahnübergang ein Abgrenzungsmerkmal, das im Vergleich zu Kreuzungen und Einmündungen eine deutlichere Zäsur darstellen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - die Funktion des Straßenzuges dies- und jenseits des Bahnübergangs sowie die Nutzung der angrenzenden Grundstücke deutlich unterscheiden. An den Straßenzug „... Straße“, der westlich des Bahnübergangs gelegen ist, grenzen zunächst beidseitig Dauerkleingärten an, wobei im nördlichen Bereich der ... Straße die Bebauung fast bis an den Bahnübergang heranreicht. Die Straßenfront des zwischen der Bebauung und der Bahnlinie gelegenen Kleingartengeländes (Flurstück 113) beträgt nach dem vorliegenden Kartenmaterial weniger als 40 m und entspricht in etwa der des daneben liegenden Baugrundstücks. Das südlich der ... Straße zwischen der Bebauung und der Bahnlinie gelegene Kleingartengelände (Flurstück 58) hat dagegen eine Straßenfront von nahezu 300 m. Unmittelbar vor dem Bahnübergang befindet sich auf der Südseite der ... Straße eine Buskehre. Ungeachtet der baurechtlich zu beurteilenden Frage, ob die Flächen der Kleingärten bereits dem Außenbereich zuzuordnen sind, dient die ... Straße im Wesentlichen der Erschließung der Anliegergrundstücke, während der Straßenzug ... östlich des Bahnübergangs eine davon deutlich zu unterscheidende andere, die Gemeinden ... und ... verbindende Funktion hat. Die an den ... angrenzenden Grundstücke werden landwirtschaftlich (im Wesentlichen ohne Bebauung) genutzt. Erst in einer Entfernung von über 400 m von dem Bahnübergang (außerhalb des Gemeindegebietes) befindet sich ein vereinzeltes Gebäude auf der Südseite des ...es. Bei dieser Sachlage ist die Bahntrasse eine deutliche Zäsur, die die Straßenzüge ... Straße und ... als eigenständige Elemente des Straßennetzes der Beklagten erscheinen lassen. Die bereits aus den Katasterkarten ersichtliche Trennungswirkung der Bahntrasse wird durch das vorliegende Luftbild verdeutlicht, so dass für den Senat keine Zweifel an der Trennfunktion der Bahntrasse bestehen und eine Ortsbesichtigung sich erübrigt. Im Übrigen verfügt das Gericht über Ortskenntnis.

38

Die Beklagte hat auch das Grundstück der Klägerin zu Recht in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einbezogen.

39

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lag das Grundstück der Klägerin zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht weder am ... an noch war es ein Hinterliegergrundstück. Die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in das Abrechnungsgebiet ist gleichwohl rechtmäßig, weil es ein Teilstück eines ehemaligen Gesamtgrundstücks ist, das am ... gelegen war und die Übereignung des rückwärtigen Grundstücksteils auf die Klägerin ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S.d. § 11 Satz 2 KAG a.F. (jetzt § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG) i.V.m. § 42 AO war, durch den das Abgabenrecht nicht umgangen werden kann.

40

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 19.09.1996 - 2 L 12695 -) ist die Teilung eines Grundstücks und die Übereignung einer Teilfläche gemäß § 11 Satz 2 KAG a.F. i.V.m. § 42 AO ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts, wenn sie der Abgabenminderung oder -vermeidung dienen sollen und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen sind. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Für den Senat steht außer Zweifel, dass die Teilung des ehemaligen Grundstücks des Vaters der Klägerin und die Übereignung einer Teilfläche auf die Klägerin in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entstehung von Beitragspflichten wegen des Ausbaus des ...es stand und allein dem Zweck diente, die Abgabenpflicht zu verkürzen. Dass die Abgabenverkürzung Motiv der Grundstücksteilung war, ist auch von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt worden. Wirtschaftliche oder sonstige beachtliche Gründe sind nicht ersichtlich. Das Grundstück war und ist auch nach der Teilung landwirtschaftliche Nutzfläche und wird auch einheitlich entsprechend genutzt. Soweit die Klägerin geltend macht, die Absicht ihres Vaters, den Bereich am ... in der Tiefe einer Einfamilienhausbebauung zu behalten und nur den Rest (17.732 m² von insgesamt 27.593 m²) auf die Klägerin zu übertragen, sei beachtlich, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Hinblick auf die gegenwärtige und absehbare Nutzbarkeit des Grundstücks die Teilung und Übereignung einer Teilfläche wirtschaftlich ohne Sinn ist. Der Sinn besteht allein darin, eine höhere Abgabenbelastung zu vermeiden. Auch die Vorwegnahme der Erbfolge, die nach der Präambel des Überlassungsvertrages vom 22. November 2000 Grund für die Grundstücksaufteilung war, gibt keinen anderen Sinn als den der Abgabenverkürzung. Die Eltern der Klägerin hatten bereits testamentarisch verfügt, dass ihre Tochter das Gesamtgrundstück zu gegebener Zeit erhalten soll. Eine tragfähige Begründung, die Erbfolge zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur und gerade hinsichtlich des rückwärtigen Grundstücksteils vorzunehmen, ist nicht ersichtlich. Eine Nutzungsänderung war - wie ausgeführt - damit nicht verbunden. Eine Verwertung des vorderen, beim Vater verbliebenen Grundstücksteils war, jedenfalls zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung nicht beabsichtigt. Eine Verwertung als Bauland ist - wenn nicht ausgeschlossen - auf absehbare Zeit nicht möglich. Auf die Bebaubarkeit ist die Grundstücksteilung ohne Einfluss. Ein Grund für die Vorwegnahme der Erbfolge unterstellt, hätte es nahe gelegen, für den - unwahrscheinlichen - Fall der zukünftigen Bebaubarkeit des vorderen Grundstücksteils vor Eintritt des Erbfalls sich einen möglichen Verwertungserlös auf andere Weise rechtlich zu sichern, wenn die Eltern der Klägerin nicht gewillt waren, ihrer Tochter diesen Erlös zu überlassen.

41

Der Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten steht nicht entgegen, dass infolge der Grundstücksteilung der Beitrag nicht für das ehemalige Gesamtgrundstück überhaupt in Frage gestellt wird. Ausreichend ist vielmehr die Absicht der Abgabenverkürzung.

42

Die Klägerin ist auch beitragspflichtig. Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Dies war die Klägerin.

43

Nach § 42 Satz 2 AO entsteht bei einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts der Abgabenanspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entsteht. Dies bedeutet - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Fall, dass die sachliche Beitragspflicht im Hinblick auf die abgetrennte und der Klägerin übereignete Teilfläche ungeachtet der trennenden Wirkung des (Rest-) Grundstücks des Vaters der Klägerin entstanden ist (siehe Urt. d. Senats v. 19.09.1996, a.a.O.).Von Bedeutung ist ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nur in der sogenannten Verteilungsphase. Wer persönlich beitragspflichtig ist (Heranziehungsphase), ist dagegen abschließend durch Gesetz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG geregelt. Danach ist die Klägerin zu Recht als Grundstückseigentümerin in Anspruch genommen worden. § 42 Satz 2 AO verhindert den Umgehungserfolg dadurch, dass er die Wirkungen der Umgehung neutralisiert. Er lässt jedoch die zivilrechtliche Wirksamkeit der unangemessenen Gestaltung unberührt. Deshalb kann, obwohl in der Übereignung das Umgehungsgeschäft zu sehen ist, die Übereignung als solche nicht „hinweg gedacht“ werde (so aber OVG Koblenz, Urt. v. 11.10.1990 - 12 A 1130390 -, NVwZ-RR 1991, 321 zum Rh.-Pf. KAG), sondern ist der Beitrag gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin festzusetzen (so auch Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 42 Textziffer 50 und 53 unter Berufung auf BFH, Urt. v. 12.12.1996 - II R 6193 -, BFHE 181, 520 = Bundessteuerblatt III 1997, 299). Soweit unter Hinweis auf den Beschluss des BFH vom 07. Juni 1989 (- II B 11188 -, BFHE 156, 527 = Bundessteuerblatt II 1988, 803) Abweichendes vertreten wird (siehe Koch/Scholtz, Kommentar zur AO, 5. Aufl., § 42 S. 326 und Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, § 42 Rdnr. 112), lässt sich dies wegen der Regelung des § 8 Abs. 5 Satz 1 KAG jedenfalls nicht auf das Straßenausbaubeitragsrecht Schleswig-Holsteins übertragen. Das KAG Schleswig-Holstein unterscheidet im Hinblick auf den Entstehungszeitpunkt zwischen sachlicher und persönlicher Beitragspflicht. Im Gegensatz zum Grunderwerbsteuerrecht wäre deshalb im Straßenausbaubeitragsrecht ein (weiterer) Eigentumswechsel auch noch nach Entstehung der Abgabenforderung bis zum Erlass des Abgabenbescheides für die Frage, wer Abgabenschuldner ist, beachtlich.

44

Der Heranziehungsbescheid vom 31. Oktober 2001 ist schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil - wie die Klägerin meint - auf das ehemalige Gesamtgrundstück von 17.410 m² (tatsächlich hatte das Gesamtgrundstück eine Fläche von 27.593 m²) ein Beitrag von 23.172,-- Euro entfällt, der höher als der Wert der landwirtschaftlichen Fläche sei. Letzteres als richtig unterstellt, ist der Bescheid gleichwohl nicht zu beanstanden.

45

Entspricht die Festsetzung des Beitrags - wie im vorliegenden Fall - den Regelungen des Kommunalabgabengesetzes und der Satzung und stehen diese Regelungen weiterhin mit höherrangigem Recht in Einklang, ist einer gleichwohl festzustellenden Abgabenüberlastung durch Gewährung eines Billigkeitserlasses zu begegnen (siehe BVerwG, Urt. v. 22.05.1992 - 8 C 50.90 -, BVerwG 90, 202).

46

Ein Billigkeitserlass kann nicht mit der hier allein erhobenen Anfechtungsklage verfolgt werden, die sich unmittelbar gegen die Abgabenfestsetzung richtet. Die Abgabenfestsetzung (vgl. § 155 Abs. 1 AO) enthält als solche nicht gleichzeitig die Ablehnung einer Zulassung abweichender (niedrigeren) Abgabenfestsetzung i.S.d. § 163 Abs. 1 AO. Die Entscheidung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO ist vielmehr ein gegenüber der Abgabenfestsetzung selbständiger Verwaltungsakt. Das folgt aus dem Regelungsgehalt dieser Entscheidung, die darin besteht, eine niedrigere Abgabenfestsetzung zuzulassen, und daraus, dass diese Entscheidung über die abweichende Festsetzung mit der Abgabenfestsetzung zwar (äußerlich) verbunden werden kann (§ 163 Abs. 1 Satz 3 AO), nicht aber verbunden werden muss (vgl. BVerwGE, Urt. v. 04.06.1982 - 8 C 199081 -, NJW 1982, 2682).

47

Selbst wenn man mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 12.09.1984 - 8 C 12482 -, BVerwGE 70, 96) die Auffassung vertritt, dass die Gemeinde offensichtlich erkennbare Umstände, die dazu führen, dass aus sachlichen Gründen ein (teilweiser) Billigkeitserlass geboten ist, von Amts wegen bereits im Heranziehungsverfahren zu berücksichtigen hat, und diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht, führt ein Verstoß gegen diese Berücksichtigungspflicht nicht zur Rechtswidrigkeit eines gleichwohl (ungekürzt) ergehenden Abgabenbescheides, weil es sich lediglich um eine verfahrensrechtliche Pflicht handelt (BVerwG, Urt. v. 12.09.1984, a.a.O.).

48

Nicht nur die Rechtmäßigkeit der Festsetzung, sondern auch die des Leistungsgebotes bleibt von einem Anspruch auf Billigkeitserlass unberührt. Das Leistungsgebot gemäß § 11 Satz 2 KAG a.F. i.V.m. § 218 AO dient der Erfüllung des festgesetzten Anspruchs (Tipke/Kruse, a.a.O., § 218 Rdnr. 2). Es ist Teil des Erhebungsverfahrens, das Maßnahmen zur Tilgung des festgesetzten Abgabeanspruchs zum Gegenstand hat (Koch/Scholtz, a.a.O., § 218 Rdnr. 2). Die Höhe des Leistungsgebotes richtet sich demnach nach der Höhe des festgesetzten Abgabenanspruchs, soweit dieser nicht bereits getilgt ist. Gemäß § 47 AO erlischt der Abgabenanspruch u.a. erst mit dem Erlass aus Gründen der Billigkeit. Voraussetzung für ein reduziertes Leistungsgebot aus Billigkeitsgründen ist mithin, dass ein begünstigender Erlassbescheid bereits ergangen ist.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

51

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Streitwert wird auf 1.059,53 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von insgesamt 4.238,10 € für die Erneuerung der Straße Beim R... in der Stadt P....

2

Der Antragsteller ist Alleineigentümer des Buchgrundstückes Flurstücke X und X, Flur X, Gemarkung A-Stadt (Grundbuchblatt X, lfd. Nr. X) mit einer Gesamtgröße von 421 m2 und des Buchgrundstückes Flurstück X, Flur X, Gemarkung A-Stadt (Grundbuchblatt X, lfd. Nr. X) mit einer Gesamtgröße von 695 m2. Die unbebauten Flurstücke X und X liegen unmittelbar an der Straße Beim R... an. Das dahinter liegende Flurstück X ist mit zwei Wohnhäusern bebaut mit den postalischen Anschriften A-Straße und O... X. Ersteres ist über eine Zufahrt über die Flurstücke X und X, letzteres über die Straße O... erreichbar. Diese Grundstücke - wie alle anderen nördlich an die Straße Beim R... angrenzenden Grundstücke - liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplangebiets Nr. 96 „O...-Nebenweg“. Das Gebiet ist als allgemeines Wohngebiet mit eingeschossiger Bebauung festgesetzt. Alle Grundstücke auf der Südseite der Straße Beim R... zählen zum unbeplanten Innenbereich.

3

Die Antragsgegnerin bestimmte durch Ausweisung einer Haushaltsstelle im 1. Nachtragshaushaltsplan 2010 die Auszahlung aus Tiefbaumaßnahmen - Beim R... - in Höhe von 145.000,00 € und führte zur Begründung an: „Durch Witterungseinflüsse sind starke Schäden bis zum Unterbau der Fahrbahn festzustellen. Deshalb wurde die Erneuerung des Fahrbahnbelages seit dem Jahr 2002 angemeldet. Eine Erneuerung des Fahrbahnbelages ist inzwischen nicht mehr ausreichend. Inzwischen sind die Schäden so groß, dass ein Vollausbau der Straße erfolgen muss. (Einzahlungen durch die Veranlagung der Grundstückseigentümer zu Straßenausbaubeiträgen). Für die Maßnahme wurde eine Zuweisung aus dem KIF-Sonderprogramm zur Beseitigung witterungsbedingter Straßenschäden beantragt. Die Zuweisung wird je nach Zusage über den 2. Nachtrag 2010 oder erst 2011 veranschlagt.“

4

Zudem fand eine Ausschreibung der Maßnahme statt. In der Baubeschreibung vom 22.09.2010 als Bestandteil des Leistungsverzeichnisses für die Ausschreibung heißt es, dass der Asphalt erhebliche Winterschäden aufweise. Die Straße sei ca. 300 m lang und werde von Grund auf erneuert. Im mittleren Bereich der Straße sei bereits im Jahr 2003/2004 die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 50 m erneuert worden. Zur Bauausführung wurde angeführt, dass für den Straßenbau ein frostsicherer Aufbau gemäß Bauklasse IV mit einer Gesamtstärke von 65 cm vorgesehen sei. Die einzelnen Schichtendicken wurden näher dargestellt. Die Fahrbahnbreite bleibe wie vorhanden in einer Breite von ca. 6 m erhalten. Beidseitig sei zur Entwässerung ein einreihiger Wasserlauf zu setzen. Die Hochbordanlage werde nur partiell ausgebessert. Die Gehwege würden nicht erneuert. Der Einmündungsbereich zur E...er Straße erhalte eine Aufpflasterung.

5

Es erfolgte am 17.11.2010 ein Nachtragsangebot der bauausführenden Firma mit abweichenden Schichtdicken, welches die Antragsgegnerin annahm. Ein förmlich beschlossenes Bauprogramm liegt nicht vor.

6

Die Arbeiten fanden in der Zeit vom 23.11.2010 bis 20.04.2011 statt. Die Schlussabnahme erfolgte am 20.05.2011.

7

Durch Widmungsverfügung vom 02.10.1968 wurde die Straße Beim R... mit öffentlichem Wohnweg nach Süden als Gemeindestraße eingestuft. Die Widmungsverfügung wurde am 30.11.1968 öffentlich bekannt gemacht.

8

Während der Durchführung der Maßnahme informierte die Antragsgegnerin die anliegenden Grundstückseigentümer mit Schreiben vom 18.02.2011 über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen, welche jedoch nicht vor 2012 erfolgen werde. Mit weiterem Schreiben vom 12.09.2014 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller über die voraussichtliche Höhe der auf seine Grundstücke entfallenen Beiträge sowie über den Zeitpunkt der Veranlagung.

9

Die Antragsgegnerin erließ gegenüber dem Antragsteller am 26.11.2014 zwei Ausbaubeitragsbescheide für seine beiden Buchgrundstücke in Höhe von 1.598,78 € und 2.639,32 € für die Erneuerung der Fahrbahn in der Straße Beim R... zwischen E...er Straße und O.... Gestützt wurde die Erhebung auf § 8 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) der Stadt P... vom 07.05.2009 in der Fassung der Nachtragssatzung I vom 04.04.2011 (SBS). Es handele sich nach dem Bauprogramm um eine beitragsfähige Erneuerungsmaßnahme, da die Straße entsprechend dem Bauprogramm von Grund auf erneuert worden sei. Die Fahrbahn sei insgesamt verschlissen gewesen, die ca. 3 cm starke Asphaltdeckschicht bereits seit Jahren abgängig. Die übliche Nutzungsdauer, welche gemeinhin 20-25 Jahre betrage, sei zum Zeitpunkt der Ausbaumaßnahme mit über 40 Jahren bereits deutlich überschritten gewesen. Es sei ein Aufwand in Höhe von 149.019,99 € entstanden. Nicht beitragsfähig seien die Kosten, die für den Ausbau des Einmündungsbereich zur Straße Beim R... (neu) im Jahre 2004 entstanden seien ebenso wenig wie die Kosten für die Vorhaltung der Verkehrssicherung im Winter 2010/2011. Der beitragsfähige Aufwand belaufe sich danach auf 136.836,42 €. Dieser sei nach Abzug des Gemeindeanteils von 25 % aufgrund der Einstufung der Straße als Anliegerstraße als umlagefähiger Aufwand in Höhe von 102.627,31 € auf die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes nach den Grundstücksflächen verteilt worden. Danach ergebe sich bei einer gewichteten Grundstücksfläche von insgesamt 27.034,38 m2 ein Straßenbaubeitrag pro m2 von 3,797582405 €/m2. Auf die Grundstücke des Antragstellers mit einer Größe von 421 m2 und 695 m2 würden unter Berücksichtigung eines Vollgeschosses (1,0) multipliziert mit dem Beitragssatz von 3,797582405 €/m2 Ausbaubeiträge in Höhe von 1.598,78 € und 2.639,32 € entfallen.

10

Hiergegen hat der Antragsteller am 05.12.2014 Widerspruch eingelegt, den er damit begründete, dass ihm durch die Maßnahme keine Vorteile entstanden seien. Zudem sei im Vorfeld der durchgeführten Baumaßnahmen der Schwerlastverkehr für die Baugebiete „Sch…“ sowie „O...-Nebenweg“ über mehrere Monate bzw. Jahre überwiegend über die Straße Beim R... abgewickelt worden. Da der Schwerlastverkehr ca. 96 % der Straßenschäden verursache, könnten lediglich die verbleibenden 4 % der Kosten auf die Anwohner umgelegt werden. Letztlich handele es sich bei den drei Flurstücken um ein Gesamtgrundstück als Eckgrundstück Beim R.../O..., die nach seiner Kenntnis alle dem O... zuzuordnen seien. Das Grundstück sei niemals geteilt worden.

11

Mit Schreiben vom 02.02.2015 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung. Diesem wurde mit Bescheid vom 24.11.2015 stattgegeben, soweit er sich auf die Vergangenheit bezieht. Mit Wirkung für die Zukunft wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht erfüllt seien, ausnahmsweise und nur für die Vergangenheit werde jedoch die Aussetzung wegen der langen Bearbeitungszeit seit Ende 2014 gewährt.

12

Mit weiterem Schreiben vom 24.11.2015 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller darüber, dass sie beabsichtige, den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen und gab dem Antragsteller Gelegenheit, sich zu den hierzu näher dargelegten Gründen und Tatsachen bis zum 15.01.2016 zu äußern. Inhaltlich führte sie aus, dass der Schwerlastverkehr lediglich durch Baustellenverkehr aufgetreten sei. Dieser sei nicht ursächlich für den Verschleiß an der Straße gewesen. Allerdings sei es auch unerheblich, ob der Baustellenverkehr die Straße beschädigt habe. Schwerlast- und Baustellenverkehr gehörten zum Lebensschicksal einer Straße. Die Kostenlast sei unabhängig von diesen Situationen umzulegen. Weiterhin bestehe ein Vorteil für den Antragssteller darin, dass sich die Zugänglichkeit zu den Grundstücken erleichtere sowie die Attraktivität der Wohnlage verbessere. Die Bewertung des Vorteils habe anhand objektiver Kriterien zu erfolgen. Schließlich seien die gegenständlichen Flächen auch sämtlich mit einzubeziehen. Das Grundstück A-Straße (Flurstück X und X) liege an der ausgebauten Einrichtung Beim R... an. Es diene als Hausgarten bzw. als Zufahrt und sei daher als Anliegergrundstück mit einzubeziehen. Das Flurstück X sei demgegenüber mit zwei Einzelhäusern bebaut. Eines dieser Häuser nutze die Zufahrt über die Straße Beim R... und sei dadurch bevorteilt. Folglich sei es als Hinterliegergrundstück zu qualifizieren. Eine Einbeziehung des gesamten Grundstückes sei aufgrund des Vorranges des Buchgrundstücksbegriffes, der hier zugrunde zu legen sei, zwingend.

13

Der Antragsteller äußerte sich daraufhin, dass es falsch und irreführend sei, die Flurstücke mit „A-Straße" zu beschreiben. Dies sei gemäß Grundbuch Blatt X nicht korrekt. Aufgrund der unverhältnismäßig langen Zeitspanne seit Einlegung des Widerspruchs (ein Jahr) seien zudem mögliche Ansprüche verwirkt. Neben dem Zeitmoment habe die Antragsgegnerin durch Untätigkeit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, ein mögliches Recht nicht mehr geltend zu machen.

14

Ein Widerspruchsbescheid ist bisher nicht ergangen.

15

Der Antragsteller hat am 08.12.2015 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung bezieht er sich auf seinen Vortrag aus dem Vorverfahren. Darüber hinaus stelle die hohe geforderte Summe eine erhebliche Härte für ihn dar.

16

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

17

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 05.12.2014 gegen die Beitragsbescheide vom 26.11.2014 anzuordnen.

18

Die Antragsgegnerin beantragt,

19

den Antrag abzulehnen

20

und bezieht sich hierzu auf ihre Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid. Zudem ergänzt sie, dass das Grundstück Flurstück X mit zwei Gebäuden bebaut sei, deren eines die postalische Bezeichnung A-Straße besitze und deren anderes unter O... X firmiere. Die Bezeichnung der Grundstücke sei für die Heranziehung von Beiträgen jedoch irrelevant, da hierfür einzig von Bedeutung sei, ob ein Grundstück von einer Ausbaumaßnahme einen Vorteil erhalte. Das Grundstück selbst sei hinsichtlich seiner grundbuchlichen Bezeichnung in den streitgegenständlichen Bescheiden klar definiert, allein dies dürfe von Bedeutung sein.

21

Verwirkung sei vorliegend nicht eingetreten. Beitragsschuldverhältnisse seien den gesetzlichen Regelungen der Verjährung zugeführt. Vor Eintritt der Festsetzungsverjährung sei daher das Rechtsinstitut der Verwirkung grundsätzlich nicht anwendbar. Zudem hätte die Nichtgeltendmachung eines Abgabenanspruchs bzw. die nicht Verbescheidung im Widerspruchsverfahren als solche keine vertrauensbildende Wirkung. Zudem bedürfe es eines positiven Verhaltens durch die abgabeberechtigte Person, was vorliegend nicht gegeben sei.

22

Es sei nicht ersichtlich, dass die Begleichung der Beträge für den Antragsteller eine erhebliche Härte darstelle, zumal er sich mit den vergleichsweise geringen Beitragsforderungen nunmehr bereits seit dem Informationsschreiben der Antragsgegnerin vom 18.02.2011 konfrontiert gesehen habe und sich finanziell nach nunmehr 5 Jahren längst darauf hätte einstellen können und müssen. Gleiches gelte für die Beitragsankündigung vom 12.09.2014 und die Festsetzungsbescheide vom 26.11.2014. Auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung seien keine belastbaren Anhaltspunkte vom Antragsteller hierzu gemacht worden.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

II.

24

Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 6 S. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet.

25

Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO - worunter die vorliegenden Ausbaubeiträge fallen - kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

26

Für Letzteres liegen bereits keine Anhaltspunkte vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge haben könnte. Eine unbillige Härte im Sinne des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO ist anzunehmen, wenn die Zahlung dem Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügt, weil er auch durch eine etwaige spätere Rückzahlung nicht ausgeglichen werden kann, etwa wenn die Zahlung die Insolvenz herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann. Die unbillige Härte muss dabei gerade Folge der Vollziehung sein. Maßgebend ist deshalb der Gesichtspunkt, ob gerade durch den Vollzug des Abgabenbescheides, also die Pflicht zur sofortigen Zahlung, eine Existenzgefährdung eintritt oder im Wesentlichen mit verursacht würde (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.01.2012 - 4 MB 2/12 -). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Der Antragsteller hat nicht näher dargelegt, weshalb es für ihn eine wirtschaftliche Existenzgefährdung darstellen würde, wenn er die geforderte Gesamtsumme von 4.238,10 € zahlen müsste. In Anbetracht der Höhe der Summe und des langen Zeitraums seit Ankündigung der Beitragserhebung im Februar 2011 und seiner ungefähren Höhe (Schreiben der Antragsgegnerin vom 12.09.2014) konnte sich der Antragsteller auf die Zahlung des Beitrages einstellen. Es wäre gegebenenfalls zu versuchen, mit der Antragsgegnerin eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Grundstücke unbestritten im Alleineigentum des Antragstellers stehen. Nach seiner ladungsfähigen Anschrift scheint er selbst das Wohnhaus „A-Straße“ zu bewohnen. Es liegt daher nahe - ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankommt -, dass er das Wohnhaus mit der postalischen Anschrift „O... X“ anderweitig vermietet hat und daraus Einnahmen erzielt.

27

Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide. Ernstliche Zweifel liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und der Kammer nur dann vor, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (vgl. z.B. OVG Schleswig, B.

28

v. 24.06.1998 - 2 M 7/98 -, Die Gemeinde 1998, 341). Dies ist hier nicht gegeben, da sich der Bescheid im Hauptsacheverfahren voraussichtlich überwiegend als rechtmäßig erweisen wird.

29

Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Antragstellers ist § 8 Abs. 1 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) der Stadt P... vom 07.05.2009 in der Fassung der Nachtragssatzung I vom 04.04.2011 (SBS).

30

Danach können zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau für u. a. nach den §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung Beiträge von u. a. den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, denen die Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt, erhoben werden.

31

Bedenken gegen die Vereinbarkeit der SBS mit höherrangigem Recht bestehen nicht.

32

Die genannten Voraussetzungen für die Erhebung eines Ausbaubeitrages sind vorliegend erfüllt.

33

An der Einordnung der Straße Beim R... zwischen E...er Straße und O... mit einer Länge von ca. 300 m als eine selbständige Einrichtung hat die Kammer nach dem vorliegenden Kartenmaterial keine Bedenken.

34

Durch die am 30.11.1968 bekannt gemachte Widmungsverfügung, durch die die Straße als Gemeindestraße eingestuft wurde, handelt es sich auch um eine öffentliche Einrichtung.

35

Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d. h. was im Einzelfall für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau sowie die Erneuerung der Straße erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Das Bauprogramm ist vom Gericht nicht wie ein Ermessensverwaltungsakt, sondern nur im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme überprüfbar (vgl. OVG Schleswig, B. v. 25.1.2012 - 4 MB 1/12 -). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d. h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht (vgl. OVG Schleswig, U. v. 28.10.1997, Die Gemeinde 1998, 98; U. v. 18.01.1995, Die Gemeinde 1995, 84; U. v. 17.08.2005, NordÖR 2006, 84). Das Bauprogramm bedarf keiner förmlichen Festlegung durch Satzung oder Beschluss der Gemeindevertretung (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, NVwZ-RR 2008, 348). Der Umfang des Bauprogramms kann sich auch aus Vergabebeschlüssen auf der Grundlage von Ausbauplänen ergeben. Erforderlich ist die detaillierte Beschreibung der im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen, damit ihre Fertigstellung eindeutig festgestellt werden kann (vgl. OVG Schleswig, U. v. 24.03.2010 - 2 LB 23/09 -, NordÖR 2011, 82). Das Bauprogramm kann bis zu seiner Verwirklichung geändert werden, ohne dass es insoweit einer Begründung bedarf (vgl. OVG Schleswig, B. v. 18.07.2014 - 4 LA 50/14 -). Die Änderung eines durch Satzung festgelegten Bauprogramms bedarf der Änderung in Satzungsform. Zur Änderung eines formlos festgelegten Bauprogramms ist die formlose Billigung der Gemeindevertretung ausreichend.

36

Das vorliegend die konkrete Maßnahme beschreibende Bauprogramm erfüllt die vorstehenden Anforderungen. Es ergibt sich hier aus dem 1. Nachtragshaushalt 2010 und der Baubeschreibung als Bestandteil des Leitungsverzeichnisses vom 22.09.2010 der Vergabeunterlagen. Eine Veränderung des Bauprogramms ergab sich hinsichtlich der einzelnen Schichten (nicht hinsichtlich der Gesamtdicke von 65 cm) gemäß Nachtragsangebot der Baufirma vom 17.11.2010, welches von der Antragsgegnerin angenommen wurde. Auf der Grundlage dieses Bauprogrammes wurde die Fahrbahn von Grund auf erneuert und hat eine Deckschicht von 4 cm, eine bituminöse Tragschicht von 10 cm, eine Schottertragschicht von 30 cm und eine Frostschicht von 21 cm (= Gesamtstärke 65 cm) erhalten. Die Fahrbahnbreite wurde mit ca. 6 m beibehalten. Beidseitig wurde zur Entwässerung ein einreihiger Wasserlauf gesetzt. Die Hochbordanlage wurde partiell ausgebessert. Der Einmündungsbereich zur E...er Straße erhielt eine Aufpflasterung. Die so beschriebene Maßnahme wurde am 20.05.2012 abgenommen.

37

Mit der Erneuerung wird die Straße oder der Weg in einen Zustand versetzt, der auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus wieder den voraussichtlichen Anforderungen des Verkehrs genügt und damit die Nutzungsdauer verlängert. Voraussetzung der Erneuerung ist nicht, dass die erneuerungsbedürftigen Teileinrichtungen im Wesentlichen in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden (Habermann in: Praxis Kommunalverwaltung, KAG, Stand:12.2012, § 8, Rn. 147a, 150 m.w.N.).

38

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass es sich vorliegend um eine notwendige Erneuerung und damit eine beitragsfähige Maßnahme handelt. § 8 Abs. 1 KAG spricht zwar nur von notwendigen Einrichtungen und nicht von notwendigen Maßnahmen, jedoch können Beiträge für Ausbaumaßnahmen an notwendigen Einrichtungen nur dann erhoben werden, wenn diese - einschließlich Art und Umfang - ihrerseits notwendig sind. Hinsichtlich der Frage, ob ein Erneuerungsbedarf gegeben ist, besteht ein gemeindliches Einschätzungsermessen; die Gemeinde muss nicht abwarten, bis die Einrichtung verkehrsunsicher geworden ist (vgl. OVG Schleswig, U. v. 30.04.2003 - 2 LB 105/02 - NordÖR 2003, 422; Habermann, a.a.O.,§ 8, Rn. 147a m.w.N.). Darf die Gemeinde die Notwendigkeit annehmen, kommt es auf die Frage, aus welchem Anlass sie sich für die Erneuerung entscheidet, nicht an.

39

Notwendig ist die Erneuerung immer dann, wenn die jeweilige Teileinrichtung nicht mehr voll funktionsfähig, also abgängig ist und deshalb Erneuerungsbedarf besteht. Indiz dafür ist der Ablauf ihrer üblichen Nutzungsdauer (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, Die Gemeinde 2008, 47). Die übliche Nutzungsdauer der einzelnen Teileinrichtungen ist dabei unterschiedlich. Sie wird für Fahrbahnen und Gehwege im Allgemeinen mit ca. 25 Jahren angenommen (vgl. OVG Schleswig, B. v. 05.07.2011 - 2 MB 15/11). Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin war die Fahrbahn (Asphaltdeckschicht) der Einrichtung sowohl nach ihrer Beschreibung als auch nach den vorliegenden Lichtbildern vor Durchführung der Maßnahme abgängig und der Unterbau aufgrund der Witterungseinflüsse stark beschädigt. Zudem hatte sie mit einem Alter von mehr als 40 Jahren ihre übliche Nutzungsdauer deutlich überschritten.

40

Der Einwand des Antragstellers, die Beschädigungen seien allein auf den Schwerlasttransport für die Herstellung anderer Straßen im Baugebiet herbeigeführt worden und daher seien 96% der Kosten in Abzug zu bringen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Zur bestimmungsgemäßen Nutzung einer Straße gehört nicht nur Personen- und „normaler“ Lastverkehr, sondern auch Schwerlastverkehr und Verkehr von Baufahrzeugen. Die Nutzung einer Straße durch motorisierte Fahrzeuge gehört zum Zweck einer Straße und damit auch zum „Lebensrisiko“ derselben. Mit Ablauf der Nutzungsdauer - wie vorliegend - ist es unerheblich, ob die Erneuerungsbedürftigkeit maßgeblich durch Baustellen- oder Schwerlastverkehr verursacht wurde (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt, 52. EL. März 2015, § 8, Rn. 292a m.w.N.).

41

Danach hat die Antragsgegnerin zutreffend in den beitragsfähigen Aufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erneuerung der e. g. öffentlichen Einrichtung Beim R... in seiner Gesamtheit notwendig waren. Bei der Ermittlung des nach Abzug von nicht beitragsfähigen Posten von der Antragsgegnerin berücksichtigten beitragsfähigen Aufwandes in Höhe von 136.836,42 € sind für die Kammer Fehler nicht erkennbar und er wird vom Antragsteller auch nicht substantiiert bestritten.

42

Die Antragsgegnerin hat hiervon gem. § 8 Abs. 1 S. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1a) SBS zutreffend einen Eigenanteil der Stadt P... von 25 % abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 102.627,31 € liegt. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Straße Beim R... als Tempo-30-Zone zwischen E...er Straße und O... im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dient; dies hat der Antragsteller auch nicht substantiiert in Zweifel gezogen.

43

Diesen Aufwand hat die Antragsgegnerin auf das Abrechnungsgebiet umgelegt, welches in seiner räumlichen Ausdehnung im Rahmen der summarischen Prüfung keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Dabei hat die Antragsgegnerin insbesondere zutreffend auch die Grundstücke des Antragstellers in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Denn entgegen seiner Auffassung ist er mit beiden Grundstücken durch die Maßnahme bevorteilt i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 KAG und § 1 SBS.

44

Beiträge können nach § 8 Abs. 1 S. 1 KAG nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen durch die Straßenbaumaßnahme Vorteile erwachsen. Ausgangspunkt ist der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff, der im Straßenausbaubeitragsrecht gilt. Grundstück ist danach der Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nr. im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 178 m.w.N.). Ein Abweichen von diesem formellen Grundstücksbegriff ist nur gerechtfertigt, wenn mehrere aneinander angrenzende Buchgrundstücke desselben Eigentümers, jeweils für sich betrachtet, keiner wirtschaftlichen Nutzung zugänglich sind, zusammen aber eine wirtschaftliche Einheit bilden (vgl. Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 394) oder ein unmittelbar an der Straße gelegenes, wegen seiner Größe nur als Zufahrt dienendes Grundstück einem hinterliegenden, selbstständig nutzbaren Grundstück desselben Eigentümers die Zugänglichkeit vermittelt (vgl. OVG Schleswig, U. v. 22.02.1995 - 2 L 266/93 -). Eine Zerlegung sog. übergroßer* Grundstücke in mehrere wirtschaftliche Einheiten kommt dagegen auch bei unterschiedlicher Nutzung nicht in Betracht (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 24.08.1989, KStZ 1989, 77). Unter Berücksichtigung des Grundbuchgrundstücksbegriffs handelt es sich mithin vorliegend um zwei eigenständige Grundstücke, die im Grundbuchblatt X unter jeweils zwei verschiedenen Nummern (X und X) laufen. Gegenteiliges hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Beide Grundstücke sind aufgrund ihrer Größe von 421 m2 und 695 m2 eigenständig nutzbar.

45

Bevorteilt ist ein Grundstückseigentümer nur dann, wenn sich der Gebrauchswert seines Grundstücks infolge der Straßenbaumaßnahme erhöht hat, was dann der Fall ist, wenn es in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar ist. Die Art der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit und der tatsächlichen Nutzung ist dagegen für grundsätzliche Beitragspflichtigkeit regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 179). Der Vorteil der Erneuerung besteht darin, dass die verschlissene und abgängige Einrichtung durch eine neue ersetzt wird (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 150). Der grundstücksbezogene Vorteil wird durch die bestehende räumliche Nähe zu der erneuerten Einrichtung begründet. Der Eigentümer eines unmittelbar an der Einrichtung liegenden Grundstücks hat - anders als andere Verkehrsteilnehmer - die Möglichkeit, die erneuerte Einrichtung von seinem Grundstück aus unmittelbar in Anspruch zu nehmen. Damit wird die Zugänglichkeit seines Grundstücks verbessert und die Maßnahme wirkt sich gebrauchswerterhöhend aus (vgl. Habermann a.a.O., § 8, Rn. 176, 180 m.w.N.). Zum Kreis der vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümer gehören daher diejenigen, deren Grundstücke unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung angrenzen und von der Einrichtung aus zugänglich sind. Dies ist vorliegend unzweifelhaft bei dem (unbebaute) Grundstück Flurstücke X und X, Flur X, Gemarkung A-Stadt, Grundbuchblatt X lfd. Nr. X, gegeben.

46

Daneben gehören zu den vorteilhabenden und damit beitragspflichtigen Grundstückseigentümern aber auch Eigentümer bestimmter Hinterliegergrundstücke, d.h. Grundstücke, die von der ausgebauten Einrichtung durch ein Anliegergrundstück getrennt werden, selbst dann, wenn sie an einer anderen öffentlichen Einrichtung unmittelbar anliegen und damit eine Mehrfacherschließung gegeben ist (wie vorliegend bei dem Grundstück Flurstück X). Dies ist der Fall, wenn vom Hinterliegergrundstück aus Zugang zur Straße über ein Anliegergrundstück in rechtlich zulässiger Weise und auf Dauer genommen werden kann. Sind der Eigentümer des Anlieger- und des Hinterliegergrundstückes identisch, stehen der Inanspruchnahme der Einrichtung vom Hinterliegergrundstück aus keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Einer dinglichen Sicherung des Zugangsrechts bedarf es zur Beitragspflichtigkeit des Hinterliegergrundstückes daher nicht. Es reicht aus, dass entweder tatsächlich ein Zugang über das Anliegergrundstück besteht oder aber die Grundstücke einheitlich genutzt werden, insbesondere weil die Grundstücksgrenze überbaut ist oder die Grundstücke einheitlich gewerblich oder als Wohngrundstück mit Gartenland genutzt werden (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 184, 186 f. m.w.N.). So liegt der Fall hier. Der Antragsteller ist unstreitig Alleineigentümer der beiden Buchgrundstücke Flurstücke X und X (Anliegergrundstück) einerseits und Flurstück X (Hinterliegergrundstück) andererseits. Zu seinem Wohnhaus mit der postalischen Anschrift A-Straße auf dem Flurstück X hat er ausweislich des vorliegenden Luftbildes ausschließlich und tatsächlich Zugang über die Flurstücke X und X und sie dienen zugleich dem Flurstück X als Hausgarten. Dies hat der Antragsteller nicht in Abrede gestellt.

47

Auch wenn sich auf dem Flurstück X ein weiteres Wohnhaus befindet (mit der postalischen Anschrift O... X), welches Zugang über die Straße O... nimmt, ist dennoch unter Berücksichtigung des o. g. formellen Grundstücksbegriffs das gesamte Buchgrundstück Flurstück X heranzuziehen und nicht nur der Teil, der durch das vom Antragsteller bewohnte Wohnhaus genutzt wird. Da sich der beitragsrechtliche Vorteil auf die objektiv gegebene Inanspruchnahmemöglichkeit beschränkt, kommt es insbesondere nicht auf die Nutzungsabsichten des Eigentümers und die Grundstücksgestaltung an, solange es allein von seinem Willen abhängt, eine solche Möglichkeit zu schaffen, indem er z.B. auch etwaige Hindernisse auf seinem Grundstück jederzeit beseitigen könnte (vgl. OVG Schleswig, U. v. 26.09.2007 - 2 LB 20/07 -, NVwZ-RR 2008, 348) und ihm dies auch wirtschaftlich zumutbar ist. Insbesondere Mauern, Zäune oder Bepflanzungen auf dem eigenen Grundstück stehen der Beitragsveranlagung deshalb nicht entgegen; anderenfalls hätte der Eigentümer es selbst in der Hand, sich die Zugänglichkeit zu nehmen (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 181, 182).

48

Im Übrigen würde selbst dann, wenn es sich - wie der Antragsteller meint, ohne es näher belegt zu haben - nach dem Grundbuch um ein ungeteiltes Grundstück bestehend aus allen drei Flurstücken X, X und X handeln sollte, um ein als unmittelbar an die erneuerte öffentlichen Einrichtung Beim R... angrenzendes Anliegergrundstück handeln und zu keinem anderen Ergebnis führen.

49

Bedenken hinsichtlich der Größe des Abrechnungsgebietes ergeben sich nach der summarischen Prüfung auch nicht im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin einbezogenen Grundstücke, die an unbefahrenen Wohnwegen belegen sind (bezeichnet als Wohnwege X - X, Blatt X-X des Verwaltungsvorgangs, Beiakte A).

50

An unbefahrbaren Wohnwegen gelegene Baugrundstücke sind sowohl bevorteilt durch (beitragsfähige) Maßnahmen an dem angrenzenden Wohnweg als auch der zugehörigen Fahrstraße. Zwar besteht grundsätzlich nur eine Beitragspflicht für die nächstgelegene Straße; ohne die zugehörige Fahrstraße wäre das Wohnweggrundstück aber nicht als Baugrundstück nutzbar und ist deshalb auch von Ausbaumaßnahmen an der Fahrstraße bevorteilt, die ihm zurechenbar eine verbesserte Zugänglichkeit vermittelt (vgl. OVG Schleswig, U. v. 12.03.1992 - 2 L 194/91 -). Problematisch ist die Beitragspflichtigkeit von an durchlaufenden Wohnwegen gelegenen Grundstücken, die über den Wohnweg an zwei Anfahrstraßen angebunden sind. Hier muss der Grundsatz durchgreifen, dass Beiträge nur für den Ausbau der nächstgelegenen (Fahr-)Straße bzw. für die Fahrstraße erhoben werden können, der das Wohnweggrundstück bauplanungsrechtlich (etwa durch Ausweisung von Stellplätzen) zugeordnet ist. Eine Vergleichbarkeit mit Eckgrundstücken ist nicht gegeben, weil es bei Eckgrundstücken eine nächstgelegene* Erschließungsanlage nicht gibt. (vgl. Habermann, a.a.O., § 8, Rn. 188 m.w.N.).

51

Bei den vorliegend zu betrachtenden Wohnwegen X - X handelt es sich um ca. 20 bis 55 Meter lange, südlich von der Einrichtung abgehende öffentliche Wege, welche nicht mit Kraftfahrzeugen befahrbar sind und keine andere Verbindung zum Straßennetz aufweisen. Dadurch erhalten die daran anliegenden Grundstücke allein durch die Fahrstraße Beim R... eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit und sind unzweifelhaft in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen.

52

Die öffentlichen Wohnwege X - X sind hingegen sog. durchlaufende Wege, die in südlicher Richtung von Beim R... abgehen und in nördlicher Richtung bis zur O...-S-Straße (Weg X) bzw. Obstgarten (Weg X) laufen. Wohnweg X ist ein Verbindungsweg zwischen den Wohnweg X und X. Nach der ausführlichen Begründung der Antragsgegnerin in ihrem Vermerk vom 18.11.2014 (Bl. I-1 bis I-29 Beiakte A), der als Grundlage für die Beitragserhebung der streitigen Erneuerungsmaßnahme diente, ist im summarischen Verfahren nichts dagegen zu erinnern, die einbezogenen Grundstücke bis zu den postalischen Anschriften Beim R... X - X (Weg X), Beim R... X (Weg X), O... X - X (Weg X) aufgrund einer Einzelfallbetrachtung anhand der Lage der Hauseingänge, der nächstgelegenen Anbaustraße, der Historie zum Weg X (früher endend bei Haus Nr. X) und mit Blick auf dazugehörige, im selben Eigentum stehende Stellplätze auf den an der Straße Beim R... anliegenden Garagen- bzw. Stellplatzflächen in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen und die übrigen Grundstücke an den Wohnwe- gen dagegen auszunehmen.

53

Danach ist die Antragsgegnerin zutreffend von einer Größe des Abrechnungsgebietes von 23.290 m2 ausgegangen. Diese hat sie entsprechend den Vorgaben des § 6 SBS mit 27.024,38 m2 gewichtet. Bedenken hiergegen sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

54

Unter Berücksichtigung des oben genannten umlagefähige Aufwand von 102.627,31 € und der gewichteten Abrechnungsfläche von 27.024,38 m2 ergibt sich ein Straßenbaubeitrag in Höhe von 3,797582405 €/m2. Dass die Antragsgegnerin in den angefochtenen Bescheiden hierbei eine gewichtete Fläche von 27.034,38 m2 ausgewiesen hat, ist ein bloßer Schreibfehler; der Rechenvorgang wurde mit der zutreffenden Größe von 27.024,38 m2 durchgeführt. Dieser m2-Beitrag multipliziert mit den unstreitigen Grundstücksgrößen der Grundstücke des Antragstellers (421 m2 und 695 m2) ergibt rechnerisch die angefochtenen Beiträge in Höhe von 1.598,78 € und 2.629,32 €.

55

Die sachliche Beitragspflicht ist mit der Fertigstellung und Abnahme der Bauarbeiten am 20.05.2011 entstanden. Nach § 8 Abs. 4 S. 3 KAG, § 7 SBS entsteht sie mit dem Abschluss der für den Ausbau erforderlichen Maßnahme. Abgeschlossen ist die Maßnahme, wenn das von dem zuständigen gemeindlichen Gremium beschlossene Bauprogramm verwirklicht und die Abnahme erfolgt ist (std. Rspr. des OVG Schleswig seit B.. v. 05.12.2007 - 2 MB 24/07 -). Dass die durchgeführten und abgenommenen Bauarbeiten dem Bauprogramm nicht entsprechen könnten, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

56

Nach § 8 Abs. 5 S. 1 KAG sowie § 3 S. 1 SBS ist beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Danach ist der Antragsteller als Alleineigentümer der Grundstücke persönlich beitragspflichtig, seit ihm die von ihm angegriffenen Beitragsbescheide bekanntgegeben worden sind.

57

Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf Verwirkung berufen. Ein Zeitablauf alleine genügt nicht, um eine Verwirkung des Anspruchs anzunehmen (anders bei der Verjährung). Es müssen vielmehr noch besondere Umstände hinzukommen, die die spätere Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Die Verwirkung eines Abgabenanspruchs kann nur in Betracht kommen, wenn zusätzlich zu einem unangemessenen Zeitablauf die Gemeinde durch ihr Verhalten dem Beitragspflichtigen gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Beitrag nicht (mehr) schulde oder mit einer Heranziehung nicht mehr zu rechnen brauche, der Pflichtige sich darauf verlassen hat, sich nach den Umständen des Einzelfalls darauf verlassen durfte und sich demzufolge auf die Nichterhebung des Beitrags eingerichtet hat, so dass die Geltendmachung des Beitrags unter diesen Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Das zur Auslösung einer Verwirkung erforderliche Verhalten der Gemeinde muss ein aktives Verhalten sein (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 19 Rn. 49 ff. m.w.N.).

58

Ein derartiges positives Verhalten der Antragsgegnerin ist hier nicht ersichtlich. Derartiges hat der Antragsteller konkret auch nicht vorgetragen; er verweist lediglich auf die „lange Zeit ohne Reaktion (ca. 1 Jahr!)". Vielmehr ist aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich, dass die Antragsgegnerin noch vor Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Februar 2011 die Erhebung der Kosten angekündigt hat und dies mit Schreiben aus September 2014 konkretisiert hat. Sodann ergingen am 26.11.2014 die streitgegenständlichen Beitragsbescheide, gegen die der Antragsteller am 05.12.2014 Widerspruch eingelegt hat. Den Eingang bestätigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.12.2014 und mit Schreiben vom 26.01.2015 wies sie den Antragsteller auf die bestehende Zahlungsverpflichtung wegen der fehlenden aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hin. Sodann stellte der Antragsteller im Februar 2015 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, welchem mit Bescheid vom 24.11.2015 für die Vergangenheit stattgegeben wurde. Es ist vor dem Hintergrund dieses zeitlichen Ablaufs und des Verhaltens der Antragsgegnerin kein aktives Verhalten erkennbar, dass sie auf den Beitrag verzichten wird. Vielmehr wird das Gegenteil deutlich, nämlich dass sie sehr wohl an der Beitragserhebung weiter festhält. Der Antragsteller konnte sich demgemäß nicht darauf verlassen, dass der Beitrag nicht mehr geltend gemacht wird.

59

Die allein wegen des vom Antragsteller gerügten Zeitablaufs in den Blick zu nehmende Festsetzungsverjährung war gem. § 11 Abs. 1 S. 2, § 15 KAG i.V.m. §§ 169 ff AO bei Erlass der streitigen Bescheide am 26.11.2014 ebenfalls nicht eingetreten. Diese wäre erst am 31.12.2015 eingetreten, nämlich vier Jahre ab Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht (hier am 20.05.2011) entstanden ist.

60

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

61

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in ständiger Rechtsprechung für den vorläufigen Rechtsschutz in Abgabensachen ein Viertel des Wertes der Hauptsache zugrundelegt.


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 9. Kammer - vom 19. März 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Eckgrundstücks ... im Gebiet der Beklagten. Die Beklagte führte in der ... im Bereich ... bis ... im Jahre 1996/97 Straßenbaumaßnahmen durch. Die Schlussrechnungen der beauftragten Firmen gingen Ende 1997/Anfang 1998 bei der Beklagten ein.

3

Mit Bescheid vom 09. Januar 2001 zog die Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 30.977,67 DM heran. Den Widerspruch des Klägers vom 11. Januar 2001, mit dem er die Geschossflächenermittlung beanstandete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2001 - eingegangen beim Kläger am 21. Februar 2001 - zurück.

4

Der Kläger hat am 19. März 2001 Klage erhoben, die er im Wesentlichen damit begründete, dass die Beklagte zu Unrecht den von ihr festgestellten beitragsfähigen Aufwand lediglich auf die Grundstücke verteilt habe, die entlang der ausgebauten Teilstrecke belegen seien. Der Beitragspflicht unterlägen alle Grundstücke im Wirkungsbereich der Maßnahme. Dies seien regelmäßig alle Grundstücke, von denen aus die öffentliche Einrichtung genutzt werden könne. Die Beklagte habe nicht wirksam einen Abrechnungsabschnitt gebildet. Der Beschluss des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 sei erst nach Entstehung der sachlichen Beitragspflichten ergangen. Des weiteren hat der Kläger gerügt, dass die Beklagte die Arbeiten an der Beleuchtungseinrichtung nicht ausgeschrieben habe. Die beauftragten Stadtwerke ... kalkulierten mit deutlich übersetzten Personalkosten. Unklar seien Rechnungspositionen in der Schlussrechnung der Firma ... im Hinblick auf die eingebauten Tragschichten.

5

Nachdem die Beklagte den streitbefangenen Straßenausbaubeitragsbescheid vom 09. Januar 2001 in Höhe eines Betrages von 1.146,37 DM aufgehoben hatte, hat der Kläger beantragt,

6

den Ausbaubeitragsbescheid vom 09. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2001 und des Schriftsatzes der Beklagten vom 26. April 2001 aufzuheben.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie hat ausgeführt: Wenn die Vorteilswirkungen einer Straßenbaumaßnahme ersichtlich auf einen durch äußere Merkmale gekennzeichneten Abschnitt (wie hier durch die querkreuzenden ... und ...) begrenzt seien, könnten auch nur die Grundstückseigentümer zu Beiträgen herangezogen werden, deren Grundstücke innerhalb des Abschnittes lägen. Dementsprechend sei auch das Abrechnungsgebiet gemäß der Beschlussfassung des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 gebildet worden. Ein Abschnittsbildungsbeschluss sei nicht gefasst worden. Im Übrigen ergebe sich aus der Vorgeschichte des Ausbaus, dass von Anfang an der Gesamtausbau der ... beabsichtigt gewesen sei. Weitere Bauabschnitte seien zunächst lediglich auf Grund fehlender Haushaltsmittel zurückgestellt worden. Der entsprechende Ausbau der übrigen Teilstrecken der ... sei aber weiterhin vorgesehen und nicht aufgegeben.

10

Einer Ausschreibung der Arbeiten an der Beleuchtungseinrichtung habe es nicht bedurft, weil sie, die Beklagte, bereits 1967 durch Vertrag den Bau und Betrieb der Straßenbeleuchtungsanlage, einschließlich Stromlieferung und Instandhaltung, den Stadtwerken ... übertragen habe. Abweichungen in der Schlussrechnung im Hinblick auf eingebaute Tragschichten seien darauf zurückzuführen, dass das unter Position 0.3.7 aufgeführte Betonrecyclingmaterial zur Herstellung der Fahrbahn und der Parkbuchten benötigt worden sei, während mit dem unter den Positionen 0.3.12 und 0.4.3 aufgeführten Asphaltbeton lediglich die Fahrbahn hergestellt worden sei.

11

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 28. April 2003 teilweise stattgegeben und den noch streitbefangenen Bescheid aufgehoben, soweit darin ein über den Betrag in Höhe von 12.348,10 DM (= 6.331,89 Euro) hinausgehender Betrag festgesetzt worden ist. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG sei die... in ihrer Ausdehnung zwischen der ... und dem .... Der gleichnamige Straßenzug zwischen ... Weg und ... stelle sich als ein eigenständiges Element des Straßennetzes der Beklagten dar. Der zeitlich erst weit nach der bereits 1997 abgeschlossenen und auf Grund der eingegangenen Schlussrechnungen abrechenbaren Ausbaumaßnahme und damit nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ergangene Abschnittsbildungsbeschluss vom 07. Dezember 2000 entfalte keine rechtlich verbindliche Wirkung. Im Falle eines unwirksamen Abschnittsbildungsbeschlusses seien regelmäßig alle Grundstücke bevorteilt, die zu der ausgebauten Einrichtung in ihrer gesamten Ausdehnung in einer räumlichen Beziehung stünden. In die Aufwandsverteilung seien daher auch die zwischen ... und dem ... belegenen Grundstücke einzubeziehen.

12

Die Beklagte könne nicht mit Erfolg geltend machen, der Beschluss vom 07. Dezember 2000 sei noch rechtzeitig vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht gefasst worden bzw. erst mit der Abschnittsbildung am 07. Dezember 2000 seien die sachlichen Beitragspflichten bezogen auf das Ausbaugebiet der ... zwischen der W.- und der ... entstanden, weil bereits vor Abschluss der dortigen Bauarbeiten ihr Bauprogramm den Ausbau der ... auf voller Länge und zwar zwischen dem ... und dem ... Weg umfasst gehabt habe, der tatsächlich bis Ende 1997 vorgenommene Ausbau daher lediglich ein erster Bauabschnitt sei. Ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten bzw. in den Verwaltungsakten befindlichen Unterlagen sei das Bauprogramm auf den Ausbau der ... im Bereich zwischen der W.- und ... begrenzt gewesen. Nur insoweit habe ein als verbindlich anzuerkennendes Bauprogramm der Beklagten vorgelegen. Weder der auf dem farbigen Ausbauplan befindliche Vermerk eines Mitarbeiters der Beklagten, mit dem auf einen entsprechenden Umbau der ... zwischen ... und ... Weg sowie ... und ... hingewiesen wurde, noch die Angaben im städtebaulichen Handlungskonzept Innenstadt ... vom August 1996 zur ..., der Verkehrsentwicklungsplanung .../Generalverkehrsplan `88, die Alternativdarstellungen zur Verkehrsberuhigung ..., noch die Angaben aus dem Protokoll der Sitzung des Ortsbeirats Mitte am 26. Mai 1998 zum Ausbau der ... könnten als Beleg für eine (rechtzeitige) räumliche Erweiterung oder Abänderung des hier maßgeblichen Bauprogramms herangezogen werden.

13

Der Ausbauaufwand sei ordnungsgemäß ermittelt worden. Eine Ausschreibungspflicht im Hinblick auf die Straßenbeleuchtungsanlage habe nicht bestanden. Die Stadtwerke ... sei zur Zeit des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht eine hundertprozentige Tochter der Beklagten gewesen. Die Auftragsvergabe an die Stadtwerke ... stelle sich daher als ein nicht ausschreibungspflichtiges „in-house-Geschäft“ dar. Unabhängig davon sei mit dem abgeschlossenen Betriebsführungsvertrag ein besonderer Umstand im Sinne des § 29 Gemeindehaushaltsverordnung gegeben, der ausnahmsweise eine öffentliche Ausschreibung entbehrlich mache. Die vom Kläger beanstandeten Rechnungspositionen in der Schlussrechnung der Firma ... habe die Beklagte erläutert. Danach bestehe zu einer Beanstandung kein Anlass.

14

Das Urteil wurde der Beklagten am 16. Juni 2003 zugestellt. Die Beklagte hat am 04. Juli 2003 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 13. August 2003 begründet. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 13. April 2004 zugelassen.

15

Mit der am 10. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend: Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nur die in der Sitzung des Ortsbeirates ...-Mitte am 28. Mai 1996 vorgelegte zeichnerische Darstellung des Ausbaus der ... zwischen der ... und der ... sei als verbindliches Bauprogramm anzuerkennen, sei unrichtig. Das Verwaltungsgericht verneine zu Unrecht eine verbindliche Ausbauplanung der Beklagten für die ... auf ganzer Länge. Das Fehlen eines schriftlich oder zeichnerisch fixierten „konkreten Ausbauprogramms“ bedeute nicht, dass gar kein verbindliches Bauprogramm vorhanden gewesen sei. Die Bauprogramme könnten formlos erstellt werden. Die Beklagte habe dargelegt und nachgewiesen, dass ihre Planungsentscheidung verbindlich den Ausbau der ... auf voller Länge erfasse. Der Ausbau der ... habe mangels finanzieller Mittel lediglich nicht in einem Zuge verwirklicht werden können. Es seien mehrere Bauabschnitte erforderlich gewesen. Obwohl der erste Bauabschnitt, der hier streitbefangene Ausbau der ... zwischen der ... und der ..., 1997 erfolgt sei und der Ausbau der ... zwischen ... und ... bzw. zwischen der ... und dem ... Weg erst 2002 nach Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel habe begonnen werden können, sei die Planung der Beklagten, die ... auf ganzer Länge auszubauen, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben worden. Mit der Verwirklichung des ersten Bauabschnittes zwischen der ... und der ... sei die Baumaßnahme mithin nicht abgeschlossen gewesen, so dass auch die (sachliche) Beitragspflicht weder 1997 noch 1998 habe entstehen können. Dann habe in der Sitzung des Bauausschusses vom 07. Dezember 2000 auch rechtswirksam ein Abschnittsbildungsbeschluss mit der Folge gefasst werden können, dass als Abrechnungsgebiet nur die in dem Abschnitt der ... zwischen ... und ... gelegenen Grundstücke festzusetzen gewesen seien.

16

Die Beklagte beantragt,

17

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Er macht geltend: Der Bauausschuss habe am 07. Dezember 2000 keinen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst, sondern das Abrechnungsgebiet festgelegt. Im Übrigen verteidigt er das erstinstanzliche Urteil.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zugelassene Berufung ist nicht begründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die streitgegenständlichen Bescheide teilweise rechtswidrig und daher aufzuheben sind, weil nur die im Straßenabschnitt der ... zwischen ... und ... gelegenen Grundstücke in die Aufwandsverteilung einbezogen wurden.

24

Rechtsgrundlage der Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag ist § 8 KAG in der Fassung des Gesetzes zur Regelung abgabenrechtlicher Vorschriften vom 01. April 1996 (GVOBl. S. 33 - a.F.) in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung (ABS) der Beklagten vom 23. März 1994 in der Fassung der rückwirkend in Kraft getretenen 2. Nachtragssatzung vom 09. Dezember 1999. Danach erhebt die Beklagte zur Deckung des Aufwandes u.a. für den Aus- und Umbau öffentlicher Straßen Straßenausbaubeiträge. Die im Jahre 1997 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen in der ... zwischen ... und ... sind beitragsfähiger Aufwand im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG und des § 1 ABS. Dies wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt, so dass es insoweit weiterer Erörterungen nicht bedarf.

25

Nach § 8 Abs. 1 KAG können u.a. für den Aus- und Umbau von öffentlichen Einrichtungen Beiträge erhoben werden. Der ebenfalls ortskundige Senat ist im Gegensatz zum Verwaltungsgerichts der Auffassung, dass Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG die... in ihrem gesamten Verlauf zwischen ... Weg und ... ist.

26

Das Verwaltungsgericht begründet seine Auffassung im Wesentlichen damit, dass bei natürlicher Betrachtung eine fortlaufende Straßenführung weder vom ... noch vom ... Weg aus auszumachen sei. Es überträgt damit Kriterien, die im Erschließungsbeitragsrecht der Abgrenzung selbständiger Stichstraßen von unselbständigen Zufahrten dienen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 12 Rdnr. 14), auf den Begriff der Einrichtung im Straßenausbaubeitragsrecht. Dem ist bereits vom Ansatz her nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 09.11.1984 - 8 C 77.83 -, BVerwGE 70, 247) vermittelt ein nicht verzweigter Stichweg (nach Driehaus, a.a.O., im Sinne von nicht abknickend) von geringer Ausdehnung (unter 100 m) den Eindruck einer Zufahrt und bildet daher mit der „Hauptstraße“, in die er einmündet, eine Erschließungsanlage. Der Umstand, dass eine Stichstraße (regelmäßig) von der Hauptstraße „abzweigt“ ist mithin kein Grund, diese als selbständige Anlage anzusehen. Abgestellt wird vielmehr auf die Verzweigung der Stichstraße oder ihren abknickenden Verlauf, was ihre Selbständigkeit im Hinblick auf die Hauptstraße indiziert. Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, ob die Stichstraße als solche wegen ihres nicht gradlinigen Verlaufs sich als eine Anlage darstellt. Auch im Erschließungsbeitragsrecht besteht kein Zweifel, dass allein die „Abknickung“ oder der bogenförmige Verlauf einer Straße noch nicht zur Folge hat, dass der einheitliche Straßenzug sich rechtlich in mehrere Anlagen gliedert. Insoweit gilt Entsprechendes für das Straßenausbaubeitragsrecht.

27

Die ... knickt im Kreuzungsbereich mit der ... lediglich leicht ab. Dem Verkehrsteilnehmer drängt sich bei Überqueren des Kreuzungsbereichs nicht der Eindruck auf, sich in einer anderen Straße zu befinden. Die angrenzende Bebauung der Straßenabschnitte weist keine derartigen Unterschiede auf, die diesen Eindruck in Verbindung mit dem bogenförmigen Verlauf der Straße vermitteln könnte.

28

Wird eine Straße ausgebaut, ist der Ausbauaufwand gemäß § 8 Abs. 1 KAG auf alle Grundstücke umzulegen, deren Eigentümer oder dinglich Berechtigten durch die Maßnahme besondere Vorteile erwachsen. Auch bei einem Teilstreckenausbau sind dies regelmäßig - von Ausnahmefällen abgesehen - alle Grundstücke, die zu der Einrichtung in einer räumlich engen Beziehung stehen, d.h. die an die Einrichtung angrenzenden Grundstücke und Hinterliegergrundstücke (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Urt. des Senats v. 13.05.2004 - 2 LB 78/03 -), es sei denn, die Gemeinde hat einen wirksamen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst.

29

Eine Abweichung von dem Grundsatz der Verteilung des Gesamtaufwandes einer Maßnahme auf sämtliche an die Einrichtung angrenzenden Grundstücke könnte ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ein Straßenzug von außergewöhnlicher Länge, der zwar noch als einheitliche Einrichtung anzusehen ist, aber durch Kreuzungsbereiche und einmündende Straßen in mehrere Abschnitte mit einer gewissen selbständigen Verkehrsfunktion deutlich unterteilt ist, nur auf einer unbedeutenden Teilstrecke ausgebaut wird und sich die Vorteilswirkung dieser Maßnahme ersichtlich nur auf einen durch äußere Merkmale gekennzeichneten Abschnitt beschränkt (vgl. Urt. des Senats v. 25.06.2003 - 2 LB 55/02 -).

30

Die Einrichtung ... hat nur eine Länge von wenigen hundert Metern. Der 1996/97 durchgeführte Ausbau erfasst ca. ein Drittel der Einrichtung. Es handelt sich mithin nicht um einen unbedeutenden Teilstreckenausbau, dessen Vorteilswirkung ersichtlich auf die ausgebaute Teilstrecke begrenzt ist.

31

Die Beklagte hat auch keinen wirksamen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst.

32

Eine Abschnittsbildung kommt jedenfalls nach der hier maßgeblichen Rechtslage (vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des KAG vom 30. November 2003) nur in Betracht, wenn das Bauprogramm der Gemeinde einen Ausbau über den Abschnitt hinaus vorsieht (Urt. des Senats v. 18.01.1995 - 2 L 113/94 -, Die Gemeinde 1995, 94). Die Abschnittsbildung ist ein Sondertatbestand. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. (entspricht Satz 3 n.F.) entsteht die sachliche Beitragspflicht mit dem Abschluss der Maßnahme, die für die Herstellung, den Ausbau oder Umbau der öffentlichen Einrichtung oder von selbständig nutzbaren Teilen erforderlich sind. Selbständig nutzbare Teile der Einrichtung sind Teileinrichtungen wie Fahrbahn und Gehweg, die nach Kostenspaltung (§ 8 Abs. 4 Satz 1 KAG a.F. entspricht Satz 2 n.F.) getrennt abgerechnet werden können, nicht aber Abschnitte der Einrichtung. Die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme, d.h. was im vorliegenden Fall für den Ausbau der ... erforderlich ist, bestimmt die Gemeinde nach ihrem Ermessen (Bauprogramm). Erst wenn das Bauprogramm verwirklicht, d.h. die Gesamtmaßnahme abgeschlossen ist, entsteht für den Regelfall die Beitragspflicht. Die Möglichkeit der Abschnittsbildung soll die Gemeinde in die Lage versetzen bei Maßnahmen, die sich über mehrere Straßenabschnitte erstrecken und insbesondere einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, Ausbauabschnitte gesondert endgültig abrechnen zu können (Urt. des Senats v. 18.01.1995, a.a.O.). Im Falle einer wirksamen Abschnittsbildung entstehen sachliche Beitragspflichten für die an diesen Abschnitt gelegenen Grundstücke mit der Verwirklichung des Bauprogramms in diesem Abschnitt vor Abschluss der Gesamtmaßnahme. Die Abschnittsbildung ist mithin ein Instrument, die Entstehung endgültiger Beitragspflichten vorzuziehen und kein Instrument auf die Höhe der Beiträge maßgeblich Einfluss zu nehmen. Vielmehr ist eine Abschnittsbildung willkürlich und deshalb rechtswidrig, wenn sie in erheblichem Maße zu veränderten Beitragslasten führt (OVG Lüneburg, Urt. v. 18.03.1986 - 9 A 237/82 -, Die Gemeinde 1986, 229 und BVerwG, Urt. v. 07.06.1986 - 8 C 30.94 -, Die Gemeinde 1996, 357 zum Erschließungsbeitragsrecht). Ist von vornherein nur ein Teilstreckenausbau geplant, ist der Ausbauaufwand nach der ständigen Rechtsprechung des Senats - wie ausgeführt - auf sämtliche Grundstücke umzulegen, die an der Einrichtung gelegen sind und von denen aus eine Zugangsmöglichkeit zur Einrichtung besteht. Die Bildung eines Abschnitts, der allein die auszubauende Teilstrecke erfasst, mit der Absicht, nur die an diesem Abschnitt gelegenen Grundstücke zu belasten und die weiteren ebenfalls an der Einrichtung gelegenen Grundstücke von der Beitragspflicht freizustellen, stellt sich als eine extreme Veränderung der Beitragslasten dar. Inhaltlich handelt es sich nicht um eine Abschnittsbildung im vorgenannten Sinne, sondern allein um eine Veränderung des Abrechnungsgebietes durch Entscheidung der Gemeinde. So hat die Beklagte den Beschluss ihres Bauausschusses vom 07.12.2000 auch verstanden. Schon nach seinem Wortlaut ist nicht von einer Abschnittsbildung, sondern allein von der Festlegung eines Abrechnungsgebietes die Rede. Jedenfalls erstinstanzlich hat die Beklagte auch vorgetragen, sie habe keinen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst, sondern nur das Abrechnungsgebiet festgelegt. Die Bildung des Abrechnungsgebietes liegt jedoch nicht im Ermessen der Gemeinde. Welche Grundstücke in die Aufwandsverteilung einzustellen sind, d.h. das Abrechnungsgebiet bilden, richtet sich allein nach der Vorteilslage und ist der Entscheidung durch die Gemeinde entzogen. Eine solche Entscheidung findet im Gesetz auch keine Grundlage. Zulässig ist danach lediglich die Kostenspaltung gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG a.F. (nunmehr § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG n.F.) und nach ständiger Rechtsprechung die Abschnittsbildung sowie die Zusammenfassung mehrerer auszubauender Einrichtungen zu einer Abrechnungseinheit, auch wenn Abschnittsbildung und Einheitsbildung im Gesetzes a.F. nicht erwähnt sind (die Abschnittsbildung ist nunmehr in § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG n.F. geregelt).

33

Ob nach der Neuregelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG und der nunmehr ausdrücklichen Regelung der Abschnittsbildung durch Gesetz Abweichendes gilt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Dem Wortlaut lässt sich dies nicht entnehmen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 1. HS KAG n.F. kann für bestimmte Abschnitte einer Einrichtung der Aufwand ermittelt und abgerechnet werden. Diese Regelung entspricht der ständigen Rechtsprechung. Soweit nach § 8 Abs. 4 Satz 1 2. HS KAG n.F. Entsprechendes auch für den Ausbau, Umbau und die Erneuerung von Teilstrecken gilt, kann dem nur entnommen werden, dass eine Abschnittsbildung auch bei einem Teilstreckenausbau grundsätzlich zulässig ist. Die Gesetzesänderung ist auf Initiative des Städteverbandes zurückzuführen (LT-Drs. 15/3027); dem lag (wohl) ein anderes Verständnis der Abschnittsbildung zugrunde. Stellt man hierauf ab und hält man nach neuer Rechtslage eine Abschnittsbildung auch dann für zulässig, wenn das konkrete Bauprogramm auf den Abschnitt beschränkt ist, wird zumindest zu fordern sein, dass der Abschnittsbildungsbeschluss vor Entstehung sachlicher Beitragspflichten gefasst wird und dass der Ausbau der übrigen Abschnitte in vergleichbarer Weise zu erwarten ist. Nur in diesen Fällen haben die übrigen Anlieger eine Heranziehung zu Beiträgen in Zukunft ebenfalls zu gewärtigen. Damit wären der Willkürlichkeit der Verschiebung von Beitragslasten durch die Abschnittsbildung Grenzen gesetzt.

34

Nach der im vorliegenden Fall geltenden alten Rechtslage kommt - wie ausgeführt - eine Abschnittsbildung nur in Betracht, wenn das Bauprogramm weitere Abschnitte erfasst. Dies ist hier nicht der Fall.

35

Ein Bauprogramm bedarf keiner förmlichen Festlegung durch Satzung oder Beschluss. Der Umfang des Bauprogramms kann sich auch aus Vergabebeschlüssen auf der Grundlage von Ausbauplänen ergeben. Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten der Gemeinde (Urt. des Senats v. 18.01.1995, a.a.O.). Dies bedeutet, dass mit dem Abschluss der vergebenen und durchgeführten Straßenbauarbeiten die sachliche Beitragspflicht entsteht, wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, dass es sich nur um eine Teilmaßnahme handelt. Dies rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der Bedeutung der Entstehung sachlicher Beitragspflichten. Mit der Entstehung sachlicher Beitragspflichten stehen auch die auf die vorteilhabenden Grundstücke entfallenden Beiträge fest. Nachträgliche Veränderungen der Grundstücksverhältnisse und der Ausbauplanung sowie nachträgliche Abschnittsbildungsbeschlüsse haben hierauf keinen Einfluss. Der Zeitpunkt der Entstehung sachlicher Beitragspflichten muss daher aus Gründen der Rechtssicherheit objektiv feststellbar sein. Die Gemeinde hat es in der Hand, die räumliche Ausdehnung und den Umfang der Maßnahme zu bestimmen. Maßgeblich ist die Ausbauplanung, soweit sie von dem dazu berufenen Gremium der Gemeinde - hier der Bauausschuss der Beklagten - beschlossen oder jedenfalls gebilligt wurde. Auf die Willensbildung innerhalb des maßgeblichen Selbstverwaltungsgremiums ist abzustellen, weil für das Bauprogramm insoweit nichts anderes gelten kann als für Abschnittsbildungs- und Kostenspaltungsbeschlüsse (vgl. hierzu OVG Schleswig, Beschl. v. 03.09.1991 - 2 M 8/91 -). Dem Bauprogramm kommt vergleichbare Bedeutung zu.

36

Der Gemeinde obliegt auch die Entscheidung, ob eine Maßnahme im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. in mehreren Bauabschnitten ausgeführt wird mit der Folge, dass die Beitragspflicht für den Regelfall erst nach Abschluss der Gesamtmaßnahme entsteht, oder ob der Ausbau in mehreren rechtlich zu trennenden Einzelmaßnahmen - aus welchen Gründen auch immer - erfolgt. Versäumt es die Gemeinde ihr Bauprogramm abweichend eindeutig festzulegen, können nur der Umfang der konkret in Auftrag gegebenen und durchgeführten Arbeiten als dem Bauprogramm zugehörig angesehen werden.

37

Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen reichen zur Annahme eines von den konkret vergebenen und 1996/97 durchgeführten Straßenbauarbeiten abweichenden Bauprogramms nicht aus. Eine Grundsatzentscheidung, die ... auf voller Länge auszubauen, kann danach bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der im Jahre 1996/97 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen nicht festgestellt werden.

38

Der Generalverkehrsplan `88 enthält keine Grundentscheidung über den Ausbau der .... Dies ist auch nicht Aufgabe einer Generalverkehrsplanung.

39

Wie den vorgelegten „geschäftlichen Mitteilungen“ zu entnehmen ist, hat sich der Bauausschuss der Beklagten seit Anfang der 90iger Jahre mit Verkehrsregelungsmaßnahmen in der ... und straßenrechtlichen Fragen (Entwidmung von Teilflächen) beschäftigt. In diesem Zusammenhang ist auch von der Erarbeitung von Vorschlägen für notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Gestaltung des Straßenraums und der Fahrbahndecke (im Quartier) die Rede (geschäftliche Mitteilung vom 31.10.1990). Ein im November 1990 gefertigter Plan des Tiefbauamtes sieht Varianten zur Verkehrsberuhigung im gesamten Verlauf der ... vor. Ein Bauprogramm, gebilligt vom Bauausschuss, betreffend die räumliche Ausdehnung von Straßenbaumaßnahmen ist darin aber nicht zu sehen. Nach dem Votum des Ortsbeirates Mitte sollte im Rahmen des weiteren Verfahrens (Entwidmungsverfahren) über etwaige begleitende bauliche und gestaltende Maßnahmen im Straßen- und Freiflächenbereich diskutiert und entschieden werden (geschäftliche Mitteilung vom 31.01.1991). In der geschäftlichen Mitteilung vom 15.08.1991 kündigte die Verwaltung der Beklagten an, unter Beteiligung des Ortsbeirates zu prüfen, ob mit kleineren Maßnahmen in der ... eine zusätzliche Aufwertung des Quartiers erreicht werden könne. Die im Jahre 1993 durchgeführte Vermessung der ... auf ganzer Länge ist lediglich eine Bestandsaufnahme, die Grundlage einer Ausbauentscheidung sein kann, sie jedoch nicht ersetzt. Im Jahre 1994 erfolgte dann der Umbau/Rückbau des entwidmeten Teils der ... zwischen ... und ....

40

Konkrete Vorstellungen hinsichtlich des Ausbaus der ... in ihrem übrigen Verlauf lassen sich erstmals der Mitteilung des Tiefbauamtes für die Sitzung des Ortsbeirates ...-Mitte vom 24.04.1994 entnehmen. Danach sollte die von den Anliegern und dem Ortsbeirat seit langem gewünschte Ausstattung der ... mit einer lärmmindernden Schwarzdecke in den nächsten Jahren vorangetrieben werden und noch 1996 der Abschnitt zwischen ... und ... realisiert und Provisorien beseitigt werden. Inwieweit dies mit den Ausbauvorstellungen des Bauausschusses übereinstimmte, ist nicht ersichtlich. Konkretisiert wurde nur der Straßenausbau in dem genannten Abschnitt. Bloße vage weitere Ausbauabsichten sind nicht Teil des Bauprogramms, solange die Gemeinde sich insoweit nicht eindeutig festlegt. Deshalb kann allein die Aussage des Tiefbauamtes, die Ausstattung der Straße mit einer lärmmindernden Schwarzdecke in den nächsten Jahren vorantreiben zu wollen, nicht als Grundentscheidung eines Ausbaus auf ganzer Länge in einer Maßnahme durch den Bauausschuss verstanden werden.

41

Das im November 1996 vom Bauausschuss und der Ratsversammlung beschlossene städtebauliche Handlungskonzept ist ebenfalls kein Bauprogramm im vorgenannten Sinne. Das Handlungskonzept ist - wie sich aus seiner Begründung ergibt - die Zusammenfassung der wichtigsten Veränderungen, die aus der Sicht der Stadtplanung, der Grünplanung und der Verkehrsplanung mittelfristig erforderlich sind. Die in den Übersichtsplänen dargestellten Bereiche erfassen sowohl Planungen, an denen bereits - je nach Aktualität intensiv oder vorausschauend - gearbeitet wird, als auch Planungen, die nach damaligem Erkenntnisstand kurz- bzw. mittelfristig in Angriff genommen werden müssten. Das Handlungskonzept erfasst mithin konkrete und in Angriff zu nehmende Planungen; stellt diese in einen Zusammenhang im Hinblick auf die Zielsetzung der Sicherung des dauerhaften Aufenthaltes der Menschen in attraktiven Wohn- und Arbeitsplätzen und Steigerung der allgemeinen Attraktivität der Stadt. Es ist - wie sich aus Nr. 2 des von der Ratsversammlung beschlossenen Antrags ergibt - Grundlage für die Vorbereitung detaillierter Planungen und der Erkundung mittelfristiger Realisierungsmöglichkeiten insbesondere hinsichtlich der Finanzierung und damit auch Grundlage von Ausbauplänen für einzelne Maßnahmen, nimmt diese jedoch weder vorweg noch legt sie ihre räumliche Ausdehnung oder ihren Umfang fest.

42

Im Übersichtsplan 1 ist der Abschnitt der ... zwischen ... und ... markiert und mit der Bemerkung „Blockbebauung, Aufwertung Straßenraum“ versehen. Dem lässt sich Handlungsbedarf entnehmen, nicht aber eine Erweiterung des Bauprogramms und Einbeziehung des Ausbaus dieses Abschnittes in die bereits im September 1996 begonnene Straßenbaumaßnahme. Der Bauausschuss hat sich mit dem Ausbau der unteren ... (Abschnitt ... bis ...) auch - soweit ersichtlich - erst nach Abschluss der Baumaßnahmen im Abschnitt ... bis ... im September 1998 konkret befasst. Da Mittel für den Ausbau nicht vorhanden waren, wurde nur beschlossen, den Umbau der ... in den nächsten Jahren bei Verfügbarkeit von Mitteln fortzusetzen. Der Bauentwurf datiert vom November 1998. Allerdings ist dem Beschluss des Bauausschusses ein Beschluss des Ortsbeirates Mitte vorausgegangen, in dem es heißt: „Die zum 1. Bauabschnitt gehörende Sanierung der unteren ... wird unter Berücksichtigung der Arbeitsplanung der Bauverwaltung fortgeführt“. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die ... zwischen ... und ... in einem Bauabschnitt durchgeführt werden sollte und die Maßnahme lediglich abgebrochen wurde. Entsprechende Beschlüsse des Bauausschusses liegen nicht vor. Der 1995 erstellte Bauentwurf hat nur den Ausbau des Abschnittes zwischen ... und ... zum Gegenstand und lässt die untere ... außen vor. Grundlage des Beschlusses des Ortsbeirates mag der vom Leiter des Tiefbauamtes in der Sitzung des Ortsbeirates am 28. Mai 1996 gegebene Hinweis, der auch auf dem Bauentwurf vermerkt ist, gewesen sein. In diesem Vermerk heißt es: „Hingewiesen wurde auf entsprechenden Umbau zwischen ... und ... Weg sowie ... und ...“. Dies belegt, dass bereits seinerzeit Vorstellungen über den Ausbau der unteren und oberen ... im Tiefbauamt bestanden, die dann auch in das Handlungskonzept eingeflossen sind; dass der Bauausschuss der Beklagten entsprechende Planungen beschlossen oder auch nur zustimmend zur Kenntnis genommen hatte, ist für den Senat jedoch nicht ersichtlich.

43

Im Übersichtsplan 2 ist der Straßenzug ... insgesamt rot gepunktet. Diese Kennzeichnung hat nach der Legende die Bedeutung: „verkehrliche und städtebauliche Aufwertung des Straßenraums“. Mehr als die Feststellung eines (möglicherweise) bestehenden Ausbaubedarfs lässt sich dem nicht entnehmen.

44

Nach alledem kann jedenfalls nicht mit der erforderlich Eindeutigkeit festgestellt werden, dass nach dem Bauprogramm der Beklagten der Ausbau der ... auf ganzer Länge im Rahmen einer Maßnahme im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG a.F. bis zum Abschluss der Baumaßnahme im Bereich ... bis ... vom maßgeblichen Gremium der Beklagten, dem Bauausschuss, beabsichtigt war. Die sachliche Beitragspflicht ist deshalb mit Abschluss des Ausbaus im Bereich ... bis ... entstanden. Der nachfolgende Beschluss des Bauausschusses vom 07.12.2000 über die Festlegung des Abrechnungsgebietes ist damit irrelevant. Damit erübrigt sich auf die Erörterung, ob in diesem Beschluss überhaupt eine Abschnittsbildung zu sehen ist.

45

Da der Kläger keine Berufung eingelegt hat, hat der Senat keine Veranlassung, die Richtigkeit der Aufwandsermittlung in Frage zu stellen. Entsprechendes gilt für die Aufwandsverteilung entsprechend der Vergleichsberechnung der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

47

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

48

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.