Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 01. Nov. 2016 - 8 A 28/14

ECLI: ECLI:DE:VGSH:2016:1101.8A28.14.0A
published on 01/11/2016 00:00
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 01. Nov. 2016 - 8 A 28/14
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung.

2

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Elbstraße XXX und XXX in Lauenburg (Flurstücke XXX sowie XXX). Die Grundstücke sind jeweils mit Fachwerkhäusern bebaut, die in geschlossener Bauweise, d. h. ohne Einhaltung eines seitlichen Grenzabstandes aneinander errichtet worden sind. Die Gebäude auf den Grundstücken Elbstraße XXX sowie A-Straße befinden sich teilweise in Eigennutzung und teilweise in Vermietung. An den Gebäuden Elbstraße XXX und XXX existiert eine Treppen- und Balkonanlage (aus Stahl) im rückwärtigen Grundstücksbereich. Es handelt sich um eine Anlage für das 1. und 2. Obergeschoss mit einem Brückenübergang im 1. Obergeschoss zum Gartenbereich der Grundstücke, welcher sich nicht auf Höhe des Erdgeschosses, sondern auf Höhe des 1. Obergeschosses der Gebäude Elbstraße XXX sowie XXX befindet. Der Gartenbereich wird dabei in den Bauvorlagen als sog. Wäschetrockenplatz bezeichnet. Wie sich den Ansichtszeichnungen (Bl. 10 und 11 der Beiakte B zu 8 A 28/14) entnehmen lässt, besteht die gesamte Anlage aus einer aus dem Erdgeschoss in das Obergeschoss führende Treppe, einem vor dem 1. Obergeschoss liegenden Balkonbereich, dem weiteren im 1. Obergeschoss befindlichen Brückenübergang zum Garten sowie einem weiteren Balkonbereich vor dem 2. Obergeschoss. Der rückwärtige Grundstücksbereich, in dem sich auch die Treppen- und Balkonanlage sowie der Garten des Klägers befindet, ist in Richtung des sog. Kirchplatzes in Lauenburg ausgerichtet. Zwischen dem Kirchplatz mit der Maria-Magdalenen-Kirche und dem Schloss existiert ein öffentlicher Fußweg, der Wallweg. Von diesem ist die Balkon- und Treppenanlage des Klägers von einem bestimmten Punkt aus sichtbar.

3

Es gab auch vor der derzeit vorhandenen Treppen- und Balkonkonstruktion aus Stahl schon eine zum Kirchplatz liegende überdachte Treppenkonstruktion (Bauakten oder eine Baugenehmigung existieren hierzu nicht), welche aufgrund von zunehmendem Verfall und der daraus resultierenden eingeschränkten Nutzung abgerissen wurde und (ohne Baugenehmigung) durch die jetzige Konstruktion um das Jahr 1995 ersetzt wurde. Dies gilt jedoch nicht für den Balkon vor dem 2. Obergeschoss, welcher erst 2007 oder 2008 errichtet wurde. Mit dem Anbau der Balkonkonstruktion im 2. Obergeschoss wurde auch das dort ehemals vorhandene Fenster (vgl. Bl. 1 der Beiakte B zu 8 A 28/14) entfernt und durch eine Kunststofftür ersetzt, mittels derer der Zugang zum Balkon gewährleistet wird.

4

Bei dem Gebäude A-Straße handelt es sich aktuell um ein kraft Gesetzes geschütztes unbewegliches Kulturdenkmal (nach § 8 DSchG vom 30.12.2014). Das Gebäude Elbstraße XXX stellt kein Kulturdenkmal (mehr) dar. Unter dem DSchG vom 12.01.2012 handelte es sich sowohl bei dem Gebäude A-Straße als auch XXX um einfache Kulturdenkmale im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 DSchG (vgl. den Schriftsatz des Beklagten vom 01.07.2015 in der Sache 8 A 27/14 sowie die Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde vom 21.11.2013, Bl. 25 der Beiakte A zu 8 A 28/14).

5

Die Elbstraße in Lauenburg befindet sich im Geltungsbereich der Satzung über die Gestaltung baulicher Anlagen in der Stadt Lauenburg/Elbe vom 12.04.1984. Ferner befinden sich die Grundstücke des Klägers im Geltungsbereich der Landesverordnung über den Denkmalbereich „Unterstadt Lauenburg“ vom 03. Januar 2002. Hiernach wird die historische Unterstadt der Stadt Lauenburg als Denkmalbereich festgelegt (§ 1 Abs. 1 der Landesverordnung). Schutzzweck der Verordnung ist es, den Siedlungsgrundriss und das Erscheinungsbild der Siedlung zu erhalten.

6

Eine Vereinigungsbaulast (§ 4 Abs. 3 LBO) für die Grundstücke Elbstraße yy sowie yy gibt es nicht.

7

Unter dem 05.11.2012 stellte der Kläger eine Bauvoranfrage und bat um Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der bereits vorhandenen Treppen- und Balkonanlage.

8

Nach einer internen Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde vom 11.12.2012 sei das Vorhaben geeignet, den Eindruck des Denkmalbereichs wesentlich zu verändern. Es handele sich dabei um eine genehmigungspflichtige Maßnahme nach dem Denkmalschutzgesetz. Die denkmalrechtliche Genehmigung könne für die Treppen- und Balkonanlage nicht in Aussicht gestellt werden. Das Vorhaben beeinträchtige eine städtebauliche Besonderheit des Denkmalbereichs, die u.a. auf die flächigen Fassaden ohne große Vor- und Rücksprünge und die ruhige Dachlandschaft abziele. Typischerweise würden im historischen Städtebau keine Treppen- und Balkonanlagen in Stahlkonstruktion vor die Fassaden gesetzt. Der städtebaulichen Bedeutung der vom Kirchplatz/Wallweg einsehbaren Rückseiten der Gebäude Elbstraße XXX und XXX müsse durch einen behutsamen Umgang mit der Fachwerkfassade Rechnung getragen werden, damit auch die Geschlossenheit der gesamten rückwärtigen in diesem Bereich überwiegend giebelständigen Elbstraßenbebauung gewahrt bleibe.

9

Denkmalrechtlich sei das beantragte Vorhaben als Neuanlage zu bewerten. Nach der Akte der Bauaufsicht sei keine Treppen- und Balkonanlage vorhanden gewesen und es sei auch kein Vorgängerbau in der beantragten Größenordnung bekannt. Die Balkonanlage entspreche auch nicht der Gestaltungssatzung der Stadt Lauenburg.

10

Am 24. Januar 2013 fand ein gemeinsamer Ortstermin statt, woraufhin der Kläger die Bauvoranfrage zurücknahm. Während der gemeinsamen Ortsbesichtigung wurden auch brandschutzrechtliche Fragen erörtert. Insoweit wird auf die Stellungnahme des Brandschutzes vom 23.01.2013 (Bl. 13 der Beiakte B zu 8 A 28/14) verwiesen.

11

Am 19. Februar 2013 stellte der Kläger einen Bauantrag im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren.

12

Der Bauantrag bezieht sich - wie auch schon die Bauvoranfrage - auf eine nachträgliche Legalisierung der bereits bestehenden Treppen- und Balkonanlage. Im Einzelnen wird insoweit auf die Bauvorlagen (Bl. 11 ff. der Beiakte A zu 8 A 27/14) verwiesen. Der Bauantrag geht aber insoweit über die Bauvoranfrage und über das bereits tatsächlich Vorhandene hinaus, als dass im Bauantrag auch eine Rettungsleiter vom Balkon im 2. OG auf den Balkon im 1. OG dargestellt wird (vgl. Bl. 14 der Beiakte A zu 8 A 27/14), die bisher nicht existiert. Zugleich soll die eingebaute Kunststofftür im 2. OG legalisiert werden.

13

Zur Begründung des Bauantrages wurde u.a. ausgeführt, dass die absolute Notwendigkeit bestehe, den Balkon im 2. OG zu erhalten, um die Rettung von Personen im 2. Obergeschoss im Brandfalle zu gewährleisten.

14

Nach einer Stellungnahme des vorbeugenden Brandschutzes vom 07.02.2013 (Bl. 28 der Beiakte A zu 8 A 27/14) wird es für erforderlich gehalten, die hochseitige Wohnung im Dachgeschoss (gemeint ist das 2. OG) analog zu den beiden Wohnungen im 1. OG mit einem zweiten baulichen Rettungsweg auszustatten. Hier wäre mindestens ein Notleitersystem, welches auf der Balkonanlage im 1. OG münde, denkbar.

15

Mit Schreiben vom 28.02.2013 sowie 22.03.2013 wies der Beklagte den Kläger daraufhin, dass mit der Balkonanlage zwei Flurstücke überplant würden. Dies sei nur möglich, wenn die beiden Flurstücke als ein Baugrundstück i.S.d. Landesbauordnung gelten würden. Die Flurstücke müssten in einem Grundbuchblatt unter einer laufenden Nummer geführt werden. Für die Vereinigung der beiden Flurstücke bedürfe es einer Vereinigungsbaulast.

16

Mit Bescheid des Beklagten – untere Denkmalschutzbehörde - vom 22.04.2013 wurde die denkmalschutzrechtliche Genehmigung versagt. Gemäß § 19 Abs. 4 DSchG i.V.m. § 7 Abs. 1 DSchG a.F. könne die Genehmigung versagt werden, soweit dies zum Schutz der Kulturdenkmale erforderlich sei. Dies räume der unteren Denkmalschutzbehörde ein Ermessen ein. Die beantragte Treppen- und Balkonanlage stelle eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalbereiches dar, weil sie besonders im 2. OG weithin sichtbar sei. Typischerweise würden im historischen Städtebau keine Balkone in Stahlkonstruktion vor die Fassaden gesetzt.

17

Da der Balkon im 1. OG zwar baurechtlich nicht genehmigt, aber vor Erlass der Denkmalbereichsverordnung zeitweise in anderer Gestaltung vorhanden gewesen sei und durch den Geländevorsprung etwas verdeckt werde, könne hier ausnahmsweise dem Erhalt des Balkons und der Treppe zugestimmt werden, wenn das Geländer eine schlichtere Form erhalte. Beim Ortstermin am 24.01.2013 sei erörtert worden, dass der Neubau der Balkonanlage in der beantragten Form denkmalrechtlich nicht genehmigungsfähig sei und es sei vereinbart worden, eine gemeinsame Besprechung durchzuführen, um eine für beide öffentlichen Belange (Brandschutz und Denkmalschutz) akzeptable Lösung zu finden. Leider sei das Gesprächsangebot nicht angenommen worden und nun eine einseitige, nur dem Brandschutz entsprechende, Planung eingereicht worden. Die denkmalrechtliche Genehmigung könne für das Anbringen einer ausklappbaren Rettungsleiter von der zum Fenster rückgebauten Türöffnung im Dachgeschoss bis auf den darunter liegenden Balkon im 1. OG in Aussicht gestellt werden. Dies sei nach Aussage des Brandschutzingenieurs Herrn Denker vom 18.03.2013 für die Sicherstellung des 2. Rettungsweges ausreichend. Die im Zusammenhang mit dem Balkon eingebaute Fenstertür im Dachgeschoss werde mit ihrer unproportionierten Gestaltung und ihrem falschen Material dem Denkmalbereich nicht gerecht und sei deshalb nicht genehmigungsfähig.

18

Gegen den Versagungsbescheid vom 22.04.2013 wurde am 23.05.2013 Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch wurde dahingehend begründet, dass weder eine denkmalschutzrechtliche Genehmigungspflicht bestehe noch das Bauvorhaben nicht genehmigungsfähig sei. Beim Bauvorhaben handele es sich um keine genehmigungspflichtige Veränderung i.S.v. § 4 der Landesverordnung über den Denkmalbereich Unterstadt Lauenburg. Von einer wesentlichen Veränderung spreche man nur dann, wenn das geplante Bauvorhaben beispielsweise mit einem Verlust historischer Bausubstanz einhergehe, was hier nicht der Fall sei. Hier sei zu berücksichtigen, dass die bauliche Anlage auf der Gebäuderückseite errichtet sei und im Hinblick auf die konkrete Denkmalwirkung sowohl des Denkmals selbst als auch des geschützten Komplettensembles „Unterstadt Lauenburg“ im Vergleich zur straßenseitigen Fassade des Gebäudes nur eingeschränkte Bedeutung zukommen könne. Die Gebäuderückseite sei von der Elbstraße her nicht einsehbar. Angesichts des dementsprechend herabgesetzten Bewertungsmaßstabes bringe das Bauvorhaben nur eine, wenn überhaupt, unerhebliche Veränderung des Denkmalwertes mit sich.

19

Eine Genehmigungspflicht folge auch nicht aus § 7 Abs. 1 DSchG a.F. Es liege keine Veränderung des Kulturdenkmals vor.

20

Selbst für den Fall, dass es sich um ein genehmigungspflichtiges Vorhaben handele, liege zumindest die Genehmigungsfähigkeit vor. Dies ergebe sich aus § 7 Abs. 2 DSchG a.F. Nach dieser Vorschrift sei die Genehmigung zu erteilen, wenn nicht der Denkmalwert erheblich beeinträchtigt werde. Eine erhebliche Beeinträchtigung liege nicht vor.

21

Weiter wurde vorgebracht, dass von einer wesentlichen Veränderung des Denkmalschutzbereiches nur gesprochen werden könne, wenn sich in der unter Schutz gestellten Umgebung kein vergleichbares Erscheinungsbild ergebe. Es sei mittlerweile festgestellt worden, dass sich mehrere Balkon- und Treppenanlagen in dem unter Schutz gestellten Gebiet Unterstadt Lauenburg befänden.

22

Nach einer internen Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde vom 21.11.2013 sei das Wohnhaus selbst als einfaches Kulturdenkmal nach § 1 DSchG bewertet. Dieses Kulturdenkmal stelle durch seinen städtebaulichen Denkmalwert eine typische bauliche Anlage im Denkmalbereich dar und präge das Erscheinungsbild der Siedlung. Der Anbau der Treppen- und Balkonanlage sei denkmalrechtlich genehmigungspflichtig, weil durch diese Baumaßnahme das Erscheinungsbild der Siedlung und auch das Erscheinungsbild vorhandener baulicher Anlagen wesentlich verändert würden. Die Versagung beziehe sich ausschließlich auf die Veränderung im Denkmalbereich selbst und nicht auf den Umgebungsschutzbereich eines besonderen Kulturdenkmals.

23

Die Tatsache, dass der rückwärtige Bereich des Hauses aufgrund der privaten Nutzung des Gebäudes für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sei, entbinde diesen Bereich nicht von den Anforderungen, welche sich aus der Denkmalbereichsverordnung ergäben. Der Denkmalbereich sei in seiner Abgrenzung nicht auf die Straßenräume begrenzt, sondern umfasse auch sämtliche Hausgrundstücke. Obendrein sei die Situation vom Wallweg einsehbar. Gerade in dieser Situation komme den sich aneinander reihenden rückwärtigen Giebeldreiecken der hangseitigen Elbstraßenbebauung eine besondere Bedeutung zu. Der Schutzzweck der Denkmalbereichsverordnung sei u.a. die Erhaltung des Erscheinungsbildes der Siedlung, das durch die vorhandenen baulichen Anlagen geprägt werde. Dieses könne sowohl durch Hinzufügen (Anbau) als auch durch Entfernen (Verlust von Bausubstanz) erheblich verändert werden. Die Veränderung der Gebäudekubatur des Gebäudes sei das wesentliche Kriterium, das zur Ablehnung führe.

24

Die klägerseits angeführten Referenzfälle (Elbstraße XXX und XXX) seien in die 1990er Jahren und somit vor Erlass der Denkmalbereichsverordnung im Jahre 2002 entstanden und hätten daher anderen Kriterien unterlegen.

25

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 zurückgewiesen, wobei zur Begründung im Wesentlichen die interne Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde vom 21.11.2013 wiedergegeben wurde. Die Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 10.02.2014 zugestellt.

26

Der Kläger hat am 10. März 2014 Klage erhoben.

27

Er wiederholt die Ausführungen aus dem Vorverfahren und trägt ergänzend vor, dass die bestehende Balkonanlage bis ins 1. OG vor Verleihung der Denkmaleigenschaft errichtet worden sei. Sie sei also zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und noch für einen erheblichen Zeitpunkt danach materiell rechtmäßig gewesen. Folge könne aber nur der uneingeschränkte Bestandsschutz sein. Die bestehende, bestandsgeschützte Balkonanlage bis ins 1. OG vermindere daher bereits und zwar in rechtmäßiger Weise die Ansicht auf das historische Fachwerk. Des Weiteren ordne § 6 DSchG a.F. die Berücksichtigung insbesondere der wirtschaftlichen Belange des Eigentümers an, so dass auch der Einfluss der Balkonanlage auf die Vermietbarkeit der Wohnung von Belang sei. Die Fenstertür im 2. OG sei notwendig, um den Balkon begeh- und benutzbar zu machen.

28

Zum Beweis der Behauptung, dass in der näheren Umgebung zahlreiche weitere Balkone vorhanden sind, hat der Kläger mehrere Lichtbilder (Bl. 122 ff. der Gerichtsakte) vorgelegt.

29

Der Kläger beantragt,

30

den Versagungsbescheid der Beklagten vom 22.04.2013, Aktenzeichen …, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014, Altenzeichen …, aufzuheben.

31

Der Beklagte beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Er trägt vor, dass der Bestandsschutz für einen Teil der Anlage (EG und 1. OG) nur in einem Zeitraum bestanden habe, in dem die Anlage auch materiell rechtlich zulässig gewesen sei, d.h. von dem Zeitpunkt ihrer Entstehung bis zum Erlass der Denkmalbereichsverordnung. Seit Festlegung des Denkmalbereichs Unterstadt Lauenburg sei die Anlage nicht mehr materiell-rechtlich zulässig. Dennoch solle dem Kläger zugestanden werden, den vor Denkmalbereichsausweisung vorhandenen Teil mit kleineren Änderungen zu erhalten, obwohl die Anlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalbereichs darstelle. Der nachweislich nach Denkmalbereichsausweisung entstandene Balkon im 2. OG sei zu beseitigen und die Tür zum Fenster zurückzubauen. Da es unverhältnismäßig sei, die denkmalrechtliche Genehmigung für den 2. Rettungsweg abzulehnen, sei die Störung hinzunehmen, die in der Tat auch von einer ausziehbaren Rettungsleiter ausgehe, die im eingefahrenen Zustand etwas größer als ein Regenfallrohr sei. Der Bau eines ca. 5 qm großen Balkons im 2. OG sei kein unwesentlicher Ausbau, sondern verändere die Gebäudekubatur und störe die prägende Flächigkeit der Fassade. Änderungen aufgrund der vorhandenen Wohnnutzung werde insofern in Rechnung getragen, als dass eine ausziehbare Rettungsleiter genehmigt werden könne.

34

Bei einem Vergleichsfall im Denkmalbereich Unterstadt Lauenburg (Graben 8, 8 A 33/11) habe die erkennende Kammer bei der Verhandlung an Ort und Stelle der Antragstellerin dringend geraten, die Klage zurückzuziehen, weil diese keine Aussicht auf Erfolg habe und habe gleichzeitig die untere Denkmalschutzbehörde aufgefordert, andere illegal errichtete Balkonanlagen entsprechend zu verfolgen, was mit mit der Ablehnung der denkmalrechtlichen Genehmigung geschehen sei.

35

Der Balkon im Dachgeschoss sei auch aufgrund der 2015 in Kraft getretenen Neufassung des Denkmalschutzgesetzes zu versagen. Die untere Denkmalschutzbehörde sei gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 12 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs DSchG die zuständige Genehmigungsbehörde, weil das Vorhaben nicht nur den Denkmalbereich Unterstadt Lauenburg erheblich beeinträchtige, sondern auch eine abzulehnende Veränderung der Umgebung des Einzeldenkmals Fachwerk Hinterhaus A-Straße darstelle.

36

Die Beigeladene stellt keinen Sachantrag.

37

Die Kammer hat mit Beschluss vom 19.02.2015 den Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen. Der Einzelrichter hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 18.07.2016 auf die Kammer zurückübertragen. Die Kammer hat die örtlichen Gegebenheiten während der mündlichen Verhandlung, die vor Ort stattgefunden hat, in Augenschein genommen.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

39

Die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.

40

Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) stellt die statthafte Klageart dar. Der Kläger begehrt nicht die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung, für welche die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) die statthafte Klageart wäre, sondern nur die Aufhebung des Versagungsbescheides vom 22.04.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2014, da nach seiner Auffassung das Vorhaben schon nicht genehmigungsbedürftig ist.

41

Der Versagungsbescheid vom 22.04.2013 und der Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

42

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im Falle einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides.

43

Rechtsgrundlage für die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung sind §§ 7 Abs. 1, 2 und 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 4 S. 2 DSchG a.F. (DSchG vom 12.01.2012).

44

Der Versagungsbescheid vom 22.04.2013 und der Widerspruchsbescheid erweisen sich in formeller Hinsicht als rechtmäßig, insbesondere war die untere Denkmalschutzbehörde für den Erlass des Versagungsbescheides zuständig (vgl. § 1 Abs. 3, § 7 Abs. 1 und § 19 Abs. 4 S. 2 DSchG a.F.).

45

Die Versagung der denkmalrechtlichen Genehmigung stellt sich auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig dar. Für das Vorhaben des Klägers in Gestalt einer Treppen- und Balkonanlage an den Gebäuden A-Straße und XXX bedurfte es einer denkmalrechtlichen Genehmigung.

46

Dies folgt zum einen aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 DSchG a.F. Hiernach bedürfen die Instandsetzung, die Veränderung und die Vernichtung eines eingetragenen Kulturdenkmals der Genehmigung. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides handelte es sich bei den Gebäuden Elbstraße yy und yy um einfache Kulturdenkmale im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 DSchG a.F. Diese werden durch den Anbau einer Treppen- und Balkonkonstruktion aus Stahl, die vom Erdgeschoss im Innenhof bis zum Balkon im 2. OG reicht, verändert.

47

Weiterhin folgt eine Genehmigungspflicht aus § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 DSchG a.F. i.V.m. § 4 Nr. 1 der Landesverordnung über den Denkmalbereich „Unterstadt Lauenburg“.

48

Denkmalbereiche werden von der obersten Denkmalschutzbehörde im Benehmen mit der Gemeinde, in deren Gebiet der Denkmalbereich liegt, durch Verordnung festgelegt (§ 19 Abs. 1 S. 1 DSChG a.F.). In der Verordnung sind die zur Erreichung des Schutzzweckes erforderlichen Genehmigungsvorbehalte zu regeln (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 DSchG a.F.). Nach § 4 Nr. 1 der Landesverordnung über den Denkmalbereich „Unterstadt Lauenburg“ sind insbesondere Baumaßnahmen genehmigungspflichtig, die den Siedlungsgrundriss oder das Erscheinungsbild der Siedlung oder der vorhandenen baulichen Anlagen wesentlich verändern.

49

Zum Beurteilungsmaßstab gilt es anzumerken, dass bei der Beurteilung, ob eine Veränderung eines Denkmals oder eines Denkmalbereichs mit den Belangen des Denkmalschutzes vereinbar ist, auf die Sicht eines fachkundigen Betrachters und nicht auf einen sog. aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter abzustellen ist. Nur dadurch wird ein wirksamer Denkmalschutz unabhängig von einem sich wandelnden Bewusstsein der Bevölkerung sichergestellt. Hiernach kommt den fachlichen Stellungnahmen und Äußerungen der Denkmalbehörden ein besonderer Stellenwert zu (vgl. OVG Münster, Urteil vom 22.01.1998 - 11 A 688/97 -, Rn. 7-9, juris; Gallinat, Denkmalschutzgesetz des Landes Schleswig-Holstein, § 1 Ziff. 4.3).

50

Der Denkmalbereich umfasst die mittelalterlichen und frühzeitlichen Siedlungsbereiche der Stadt am Elbufer und in den Erosionstälern des nördlichen Elbhanges (§ 2 Abs. 1 S. 1 der Landesverordnung). Schutzzweck der Verordnung ist es, den Siedlungsgrundriss und das Erscheinungsbild der Siedlung zu erhalten. Diese werden bestimmt durch die vorhandenen baulichen Anlagen, die Gestaltung der Straßen, Wege und Freiflächen sowie die topographische Lage der Unterstadt am bewaldeten Elbhang (§ 3 der Landesverordnung).

51

Das Erscheinungsbild der Siedlung Unterstadt Lauenburg wird geprägt von Fachwerkbauten, welche zwischen dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und dem frühen 19. Jahrhundert entstanden sind. Ein, die Geschlossenheit und Unverwechselbarkeit stiftendes, Merkmal sind die einheitlichen Gebäudekubaturen, die durch längsrechteckige Grundrisse, flächige Fassaden sowie nicht wesentlich gegliederte Dachflächen geprägt werden.

52

Der Anbau einer Treppen- und Balkonkonstruktion aus Stahl an zwei Fachwerkhäuser ist geeignet, das Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Unterstadt Lauenburg in wesentlicher Hinsicht zu verändern. Eine derartige Konstruktion steht im Widerspruch zu den einheitlichen durch flächige Fassaden geprägten Gebäudekubaturen der vorhandenen Fachwerkgebäude. Ungeachtet der Frage, die hier keiner Klärung bedarf, ob es für die Frage der Genehmigungspflicht auf die Sichtbarkeit des Vorhabens von öffentlichen Wegen und Straßen überhaupt ankommt, ist die Treppen- und Balkonanlage (auch der Bereich bis zum 1. OG) – wie die Inaugenscheinnahme vor Ort gezeigt hat - vom Wallweg (einem öffentlichen Weg) aus sichtbar.

53

Die untere Denkmalschutzbehörde durfte die Genehmigung auch versagen, da sich das Vorhaben nicht als genehmigungsfähig erweist.

54

Die Genehmigung kann in Bezug auf die Belegenheit im Denkmalbereich versagt werden, soweit dies zum Schutz der Kulturdenkmale erforderlich ist (§ 19 Abs. 4 S. 2 DSchG a.F.).

55

Die insoweit allein auf Ermessensfehler zu überprüfende Entscheidung der Behörde (vgl. § 114 S. 1 VwGO) erweist sich als rechtmäßig.

56

Im Versagungsbescheid vom 22.04.2013 sind umfangreiche Ermessenserwägungen enthalten. Hierbei hat insbesondere der Brandschutz Berücksichtigung gefunden. Ferner ist im Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 darauf eingegangen worden, dass das Bauvorhaben im privaten Interesse des Klägers errichtet werden soll.

57

Die Versagung ist auch zum Schutz der Kulturdenkmale erforderlich. Seit Inkrafttreten der Landesverordnung im Jahre 2002 sind von Seiten der unteren Denkmalschutzbehörde keine Treppen- und Balkonanlagen an Fachwerkgebäuden im Denkmalbereich genehmigt worden. Die Erteilung einer Genehmigung würde daher zu einem Präzedenzfall für weitere Anbauten und somit zu einer Veränderung der vorzufindenden flächigen Fassaden im Denkmalbereich führen. Die Fassadenstruktur wird aber an Fachwerkgebäuden, die im Denkmalbereich überwiegen, alleine schon dadurch erheblich verändert, dass der Fachwerkabbund durch vorgestellte Anlagen, auch wenn sie teiltransparent sind, nicht mehr deutlich zu erkennen ist.

58

Soweit der Kläger vorgebracht hat, dass auch an anderen Gebäuden im Denkmalbereich Treppen- und Balkonanlagen angebaut sind, ist dies ohne Belang, da diese allesamt nicht nach Inkrafttreten der Landesverordnung im Jahre 2002 genehmigt worden sind.

59

Weiterhin war das Vorhaben auch in Bezug auf die Einzeldenkmale Elbstraße yy und yy nicht genehmigungsfähig, da der Denkmalwert der Fachwerkhäuser Elbstraße yy und yy durch den Anbau einer Treppen- und Balkonkonstruktion aus Stahl erheblich beeinträchtigt wird (§ 7 Abs. 2 DSchG a.F.). Die Erkennbarkeit der Fassadenstruktur der beiden Fachwerkgebäude wird durch die Treppen- und Balkonanlage deutlich eingeschränkt.

60

Ohne Belang ist schließlich die Frage, ob die Treppen- und Balkonanlage in denkmalrechtlicher Hinsicht Bestandsschutz genießt. Denkmalrechtlichen Bestandsschutz genießen Baulichkeiten, die in der Vergangenheit für einen nicht unwesentlichen Zeitpunkt mit dem Denkmalschutzrecht vereinbar gewesen sind. Der Einwand des Bestandsschutzes kann einer bauaufsichtlichen oder denkmalrechtlichen Anordnung entgegengehalten werden. Aus dem Umstand, dass eine Baulichkeit bestandsgeschützt ist, folgt jedoch nicht die Genehmigungsfreiheit eines Vorhabens.

61

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Sachantrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

62

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung d
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Annotations

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.