Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 04. Nov. 2016 - 6 B 28/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:1104.6B28.16.0A
bei uns veröffentlicht am04.11.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Ausspruch des an die Antragsgegnerin gerichteten Verbots, zu behaupten oder zu verbreiten, dass er in der Sitzung des Hauptausschusses der Gemeinde XXX falsche Angaben zur Frage des Stellenzuwachses gemacht habe.

2

Der Antragsteller ist Bürgermeister der Stadt A-Stadt. Die Antragsgegnerin ist Mitglied des Hauptausschusses des Rates der Stadt A-Stadt.

3

Im Februar 2016 beschloss der Rat der Stadt A-Stadt den Stellenplan für das Jahr 2016 in Form der Beschlussvorlagen X/362 und X/362-1. In der Sitzung des Hauptausschusses des Rates am 22.9.2016 stand der Stellenplan für das Jahr 2016 auf Grundlage der Beschlussvorlage X/362 zur Diskussion.

4

In der Ausgabe der Zeitung „XXX Tageblatt“ vom 24.9.2016 hieß es: „Ratsfrau D. (FDP) hat Bürgermeister XXX (CDU) gestern vorgeworfen, während der Sitzung im Hauptausschuss am Donnerstag falsche Aussagen gemacht zu haben. In einer Email an unsere Zeitung schrieb sie: „Der Bürgermeister hat gestern den signifikanten Aufbau von Stellen in Stellenplan 2016 geleugnet.““

5

Dieser Bericht ist auf der Internetseite der Zeitung unter der Überschrift „D. wirft XXX Falschaussage vor“ noch heute verfügbar. Die Antragsgegnerin postete auf ihrer persönlichen Facebook-Seite den Link zu diesem online verfügbaren Bericht.

6

Der Antragssteller forderte die Antragsgegnerin schriftlich auf, die Behauptung zu unterlassen, er habe in der Sitzung des Hauptausschusses im September 2016 falsche Angaben zum Stellenplan 2016 gemacht. Außerdem verlangte er die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Beides lehnte die Antragsgegnerin ab.

7

Der Antragssteller hat am 24.10.2016 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

8

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe in einer Sitzung des Hauptausschusses des Rates am 22.9.2016 Auskünfte zum Stellenplan der Stadt für das Haushaltsjahr 2016 gegeben. Die insoweit gemachten Angaben seien zutreffend gewesen. Daher handle es sich bei der Behauptung der Antragsgegnerin, er habe falsche Angaben gemacht, um eine falsche Tatsachenbehauptung.

9

Die Antragsgegnerin habe die entsprechende Äußerung in dienstlicher Eigenschaft abgegeben und rüge damit die Verletzung der ihr zustehenden Kontrollrechte nach § 30 GO SH. Sie habe ihn in ihrer Funktion als Gemeinderätin der Falschaussage bezichtigt.

10

Der Antragsteller beantragt,

11

es der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, der besonderen Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 €; Ordnungshaft insgesamt höchstes zwei Jahre), zu verbieten, zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, der Antragssteller habe in der Sitzung des Hauptausschusses des Rates der Stadt A-Stadt am 22.9.2016 zur Frage des Stellenzuwachses im Stellenplan der Stadt XXX für das Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2015 falsche Angaben gemacht.

12

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

13

den Antrag abzulehnen.

14

Die Antragsgegnerin trägt im Wesentlichen vor, dass sie in der Sitzung des Hauptausschusses am 22.9.2016 bemängelt habe, dass ein erneuter Stellenaufbau zu beklagen wäre. Dabei habe sie sich darauf berufen, dass Stellen, die im Rahmen der Flüchtlingshilfe geschaffen worden seien, wegen des nichteingetretenen Bedarfs wieder in Wegfall geraten zu hätten. Dies habe aus ihrer Erinnerung ca. 10-14 Stellen betroffen. Der Antragsteller habe dazu erklärt, dies betreffe lediglich zwei Hausmeisterstellen.

15

Nach Überprüfung der entsprechenden Zahlen sei festzustellen gewesen, dass es sich bei den aufgebauten Stellen um 14 Stellen gehandelt habe. Demgemäß habe sie zulässigerweise gegenüber der Presse mitgeteilt, dass der Antragsteller in der Hauptausschusssitzung den signifikanten Aufbau von Stellen im Stellenplan für 2016 geleugnet habe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

17

Der Antrag ist zulässig aber unbegründet.

18

Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Es liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vor. Dies ergibt sich hier aus der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch stammt.

19

Das streitbefangene Rechtsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur. Es wird im vorliegenden Fall dadurch gekennzeichnet, dass sich der Antragsteller in seiner Funktion als Bürgermeister gegen die von der Antragstellerin als Ratsfrau abgegebene Äußerungen zur Wehr setzt. Der Antragsteller hat den Antrag auf Eilrechtsschutz ausdrücklich als Bürgermeister gestellt und wendet sich ebenfalls ausdrücklich gegen Handlungen der Antragsgegnerin in amtlicher Eigenschaft. Damit macht der Antragsteller nach Auffassung der Kammer hier dem Organ Bürgermeister zustehende Rechte zum Verfahrensgegenstand.

20

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

21

Zwar richtet der Antragsteller seinen Antrag richtiger Weise gegen die Antragsgegnerin in ihrer Funktion als Ratsfrau und nicht gegen die Stadt A-Stadt. Der Grundsatz, dass wenn bestimmte Äußerungen in amtlicher Eigenschaft abgegeben werden, der Antrag auf Unterlassen gegen die zuständige Körperschaft zu richten ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.12.2009, Az.: 2 ME 313/09, juris Rn 7; OLG Bremen, Beschluss vom 24.08.2010, Az.: 1 B 12/10, juris Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 78 Rn. 3 (mwN)), gilt im vorliegenden Fall nicht.

22

Zum einen wendet sich der Antragsteller selbst in seiner Funktion als Gemeindeorgan gegen die Antragsgegnerin als Teil eines anderen Gemeindeorgans. Es streiten somit zwei Gemeindeorgane miteinander.

23

Zum andern sind die von Ratsmitgliedern abgegebene Äußerungen der Gemeinde nicht ohne weiteres zuzurechnen, da sie im Regelfall Aufgaben wahrnehmen, die mit ihrem freien Mandat in Verbindung stehen. Sie können im Gegensatz zu Beamten im weiteren Sinne nicht durch Weisungen der Gemeinde gebunden werden (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 17.9.1991, Az.: 7 A 10359/91, juris Rn. 40). Infolgedessen ist im vorliegenden Fall der Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu richten.

24

Die nach § 123 Abs. 1 für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendigen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.

25

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag den Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sicherungsanordnungen können gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erlassen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO) und keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vorliegt.

26

Der Antragsteller hat vorliegend keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dies wäre nur dann der Fall, eine summarische Überprüfung der Hauptsache ergibt, dass die Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 123 Rn. 25). Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht der Fall.

27

Zum einen gelten die allgemeinen Grundsätze, die von der Rechtsprechung in Hinblick auf den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch entwickelt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989, Az.: 7 C 2/87, juris Rn. 48; Urteil vom 20.11.2014, Az.: 3 C 27/13, juris Rn. 11), im vorliegenden Fall nicht unmittelbar. Es fehlt hier an dem klassischen Staat-Bürger-Verhältnis bzw. einem Über- und Unterordnungsverhältnis, welches das dem Anspruch zugrunde liegende Rechtsverhältnis prägt. Die Beteiligten begegnen sich im vorliegenden Fall in ihren amtlichen Funktionen vielmehr auf Augenhöhe.

28

Inwieweit dem Antragsteller als Organ der Gemeinde grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch gegen Handlungen von Mitgliedern anderer Organe zustehen kann, kann hier dahinstehen. Denn ein solcher Anspruch setzt jedenfalls voraus, dass eine Verletzung schützenswerter Rechte des Anspruchsstellers durch den Anspruchsgegner erfolgt ist und diese noch andauert oder die konkrete Gefahr der Wiederholung besteht.

29

Der Antragsteller hat jedoch im vorliegenden Fall eine Verletzung schützenswerter Rechte, die ihm als Organ Bürgermeister zustehen, nicht glaubhaft gemacht.

30

Selbst wenn die Aussage der Antragsgegnerin gegenüber dem „XXX Tageblatt“ eine falsche Tatsachenbehauptung darstellen sollte, werden dadurch erkennbar keine Organrechte des Antragstellers als Bürgermeister verletzt. Die Überschreitung bestimmter Kompetenzen der Antragsgegnerin, welche die Befugnisse des Antragsstellers beschneiden, ist nicht ersichtlich. Nach Auffassung der Kammer ist der hier vorliegende Streit, soweit er sich zwischen den Beteiligten in ihrer amtlichen Funktion abspielt, als rein politische Auseinandersetzung zu werten, die keinerlei Auswirkungen auf kommunalverfassungsrechtlich verankerte Rechte des Antragstellers hat. Insofern ist der Antragsteller gehalten, sich politisch zur Wehr zu steten, ggf. unter Zuhilfenahme der Presse. Derartige politische Auseinandersetzungen sind in der Regel nicht justiziabel.

31

Auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG kann sich der Antragsteller als Gemeindeorgan nicht berufen, da dem Organ Bürgermeister kein Persönlichkeitsschutz zu Teil werden kann.

32

Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, gegebenenfalls die Verletzung seiner Rechte als Person hinter dem Organ in einem zivilrechtlichen Verfahren geltend zu machen. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt dann nicht vor, da ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Aussage der Antragsgegnerin gegenüber der Presse und ihrem Amt als Gemeinderatsmitglied nicht erkennbar ist. Dies gilt außerdem in Hinblick auf den von der Antragsgegnerin bei Facebook geposteten Link, für den sie ihr eigenes, persönliches Profil nutzte. Allein der politische Kontext, in dem sie den Link postete, begründet keinen funktionalen Zusammenhang zur ihrer Arbeit als Gemeinderatsmitglied.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

34

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 63 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Nov. 2014 - 3 C 27/13

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin stellt elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten best

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten bestehen aus Propylenglykol, Glycerin, künstlichen Lebensmittelaromen und Wasser. Wie zahlreiche andere Hersteller bietet die Klägerin die Liquids in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin an. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren.

2

Am 16. Dezember 2011 veröffentlichte das für Gesundheit zuständige Ministerium des Beklagten eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Ministerin Steffens warnt vor Verkauf von illegalen E-Zigaretten: Geschäftsgründungen sind riskant - Gesundheitsschäden zu befürchten“. In der Mitteilung hieß es:

„Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat heute ... vor dem Verkauf von elektronischen Zigaretten, die im Handel als E-Zigaretten angeboten werden, gewarnt. 'Der Handel und der Verkauf von E-Zigaretten sowie von liquidhaltigen Kartuschen, Kapseln oder Patronen für E-Zigaretten sind, sofern die arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, gesetzlich verboten. Insbesondere nikotinhaltige Liquids dürfen nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Bei nikotinfreien Liquids ist im Einzelfall anhand der Inhaltsstoffe zu prüfen, ob sie den arzneimittelrechtlichen Vorschriften unterliegen. Wer gegen die genannten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, setzt sich der Gefahr strafrechtlicher Ahndung aus. Eine Information über diese geltende Rechtslage habe ich heute an die Bezirksregierungen und die Kreise sowie kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht', erläuterte die Ministerin. ... 'Angesichts der vielen Fragezeichen und der rechtlichen Situation kann ich allen Menschen nur abraten, ihre wirtschaftliche Existenz darauf zu gründen. Viel Zeit und Geld könnten fehlinvestiert werden', sagte die Ministerin“.

3

In einem an die Bezirksregierungen, Kreise und kreisfreien Städte gerichteten Erlass vom selben Tag wies das Ministerium auf seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids hin. Nikotin sei eine pharmakologisch wirksame Substanz. Nikotinhaltige Liquids unterfielen daher als Funktionsarzneimittel den arzneimittelrechtlichen Regelungen. Die E-Zigarette (Applikator) unterliege den Kennzeichnungsvorschriften des Medizinproduktegesetzes. Der Erlass wurde nachrichtlich an die Landesapothekerkammern übersandt.

4

Nachdem dem Beklagten mit Beschluss vom 23. April 2012 (OVG Münster - 13 B 127/12 - NVwZ 2012, 767) untersagt worden war, die Verlautbarungen über die rechtliche Einordnung der E-Zigarette und der Liquids zu wiederholen, hat die Klägerin im Mai 2012 Klage auf Unterlassung der Äußerungen erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Inhalt der Pressemitteilung und des Erlasses sei unrichtig. Nikotinhaltige E-Zigaretten seien keine Arzneimittel. Eine therapeutische Funktion komme ihnen nicht zu. Es handele sich vielmehr um Genussmittel. Zudem sei das Ministerium für die in Rede stehende Informationstätigkeit unzuständig. Zu öffentlichen Warnungen vor Arzneimitteln sei allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berufen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Äußerungen stellten ein zulässiges Informationshandeln des Beklagten dar. Insbesondere verletzten sie nicht das Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit. Die öffentliche Information über die arzneimittel- und medizinprodukterechtliche Einstufung der E-Zigarette sei auch nicht als funktionales Äquivalent einer Verbotsverfügung anzusehen und unterliege daher nicht den für einen Grundrechtseingriff geltenden Bindungen. Dasselbe gelte für den Erlass an die nachgeordneten Behörden. Abgesehen davon sei die Rechtsauffassung des Ministeriums nicht zu beanstanden. Nikotinhaltige Liquids erfüllten die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Die E-Zigarette als Applikator sei gemäß § 2 Abs. 3 MPG ein Medizinprodukt.

6

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und der Klage stattgegeben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung der streitigen Äußerungen, weil deren Wiederholung drohe und sie rechtswidrig in die Berufsfreiheit der Klägerin eingriffen. Zwar stelle die verfassungsunmittelbare Aufgabenzuweisung der Staatsleitung grundsätzlich eine hinreichende Ermächtigung der Regierung zur Information der Öffentlichkeit dar. Auch liege kein Verstoß gegen die Kompetenzordnung vor, da § 69 Abs. 4 AMG einer Informationstätigkeit der Länder nicht entgegenstehe. Jedoch genügten die Äußerungen nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein zulässiges staatliches Informationshandeln. Zum Zeitpunkt der Verlautbarung habe eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestanden, ob E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes unterfielen. Das Ministerium hätte seine Rechtsauffassung daher als vorläufig kennzeichnen oder als mit Unsicherheiten behaftet bezeichnen müssen. Unabhängig davon erwiesen sich die Äußerungen als funktionales Äquivalent einer Verbotsregelung; denn sie beeinträchtigten den Absatz der E-Zigaretten und Liquids faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung. Die verbotsähnliche Wirkung sei vom Ministerium auch bezweckt gewesen und durch den Erlass vom 16. Dezember 2011, der über die nachgeordneten Behörden hinaus auch den Apothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden sei, noch verstärkt worden. Wegen dieses Eingriffscharakters unterlägen die Äußerungen denselben Rechtmäßigkeitsanforderungen wie ein belastender Verwaltungsakt. Offen bleiben könne, ob für sie eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich sei. Ihre Rechtswidrigkeit ergebe sich jedenfalls daraus, dass die verlautbarte Rechtsauffassung unzutreffend sei. Im Regelfall seien nikotinhaltige Liquids nicht als Arzneimittel einzustufen und erfüllten E-Zigaretten nicht die Voraussetzungen eines Medizinprodukts. Etwas anderes gelte nur, wenn ihnen von Seiten der Hersteller oder Vertreiber im Sinne eines Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG eine Bestimmung zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zugeschrieben werde. Dafür sei indes nichts ersichtlich. Die Erzeugnisse seien auch keine Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass marktübliche nikotinhaltige Liquids den menschlichen Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.

7

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Er macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsurteil stehe nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum staatlichen Informationshandeln. Die Grundsätze über die Richtigkeit und Sachlichkeit einer Information könnten nicht auf die amtliche Äußerung einer Rechtsauffassung übertragen werden. Anders als Tatsachen seien rechtliche Wertungen nicht dem Beweis zugänglich und ließen sich daher nicht abschließend als richtig oder falsch qualifizieren. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Eingriffsschwelle erst überschritten werde, wenn die Rechtsauffassung völlig abwegig oder unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt mehr vertretbar erscheine. Abgesehen davon überzeuge die Annahme einer Rechtsunsicherheit nicht; denn die zahlreichen Stellungnahmen, die eine Arzneimitteleigenschaft bejahten, blieben unerwähnt. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Arzneimitteleigenschaft der nikotinhaltigen Liquids zu Unrecht verneint. Das Vorliegen eines therapeutischen Nutzens sei für die Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht zwingend. Auch die Voraussetzungen einer funktionalen Eingriffsäquivalenz seien nicht erfüllt. Die streitigen Äußerungen seien in ihrer Zielsetzung und Wirkung nicht mit einer Verbotsverfügung vergleichbar. Ein wirtschaftlicher Schaden der Klägerin sei nicht dargelegt. Er - der Beklagte - habe auch nicht bezweckt, den Handel mit E-Zigaretten und Liquids faktisch unmöglich zu machen. Die offenkundig missverständliche Interpretation der amtlichen Äußerungen durch Teile der Medien müsse er sich nicht zurechnen lassen. Selbst wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs bejaht würden, sei er gerechtfertigt, weil das Ministerium die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft habe.

8

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. Ergänzend trägt sie vor, dass die Äußerungen wegen ihrer eingriffsgleichen Wirkung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften, an der es fehle.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass der Beklagte die Marktteilnehmer nicht auf verbleibende Unsicherheiten bei der rechtlichen Einstufung der E-Zigarette hätte hinweisen müssen. Gelangten die zuständigen Überwachungsbehörden zu dem Schluss, dass nikotinhaltige E-Zigaretten ohne arzneimittelrechtliche Zulassung nicht verkehrsfähig seien, müssten sie ein Inverkehrbringen unverzüglich und wirksam unterbinden. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Ministerium wegen der Vielzahl der befürchteten Verstöße auf diesen Sachverhalt aufmerksam mache und seine rechtliche Bewertung für Hersteller und Verbraucher deutlich mache.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die in Rede stehenden Äußerungen rechtswidrig in ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung eingreifen.

11

1. Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung der Wiederholung einer amtlichen Äußerung setzt voraus, dass diese rechtswidrig in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift und die konkrete Gefahr ihrer Wiederholung droht. Fehlt es - wie hier - an einer spezialgesetzlichen Grundlage, leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Betroffenen ab. Die Grundrechte schützen vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Der Betroffene kann daher, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweilige Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <77 f.> und vom 21. Mai 2008 - 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 Rn. 13; Beschluss vom 11. November 2010 - 7 B 54.10 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen vor.

12

2. Dass die Klägerin die Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Äußerungen durch den Beklagten zu besorgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 34 und vom 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 Rn. 21), hat das Oberverwaltungsgericht ausgehend von seinen das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zutreffend angenommen.

13

3. Die streitigen Äußerungen verletzen die Klägerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit.

14

a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt (u.a.) die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung einschließlich der Teilhabe am Wettbewerb (BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 - 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 <189> und vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66). Zwar haben die Wettbewerber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge unterliegen vielmehr den jeweiligen Funktionsbedingungen des Marktes. Entsprechend ist nicht jedes marktbezogene Informationshandeln des Staates schon als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <265 ff.>; Nichtannahmebeschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 2566/95 - NJW-RR 2004, 1710 <1711>; BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f.). Eine staatliche Informationstätigkeit, die sich nachteilig auf die unternehmerische Wettbewerbsposition auswirken und den Markterfolg des Unternehmers behindern kann, stellt aber jedenfalls dann eine Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine behördliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Bei Vorliegen eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs hängt die Rechtmäßigkeit des Informationshandelns davon ab, dass die für Grundrechtseingriffe maßgeblichen rechtlichen Anforderungen erfüllt sind (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <273> und vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76, 78>; Kammerbeschluss vom 31. August 2009 - 1 BvR 3275/07 - NVwZ 2009, 1486 Rn. 11).

15

b) Danach greifen die Äußerungen über die rechtliche Einstufung der E-Zigaretten und Liquids unzulässig in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin ein.

16

aa) Die Verlautbarungen des Ministeriums stellen sich als funktionales Äquivalent eines klassischen Grundrechtseingriffs mittels hoheitlicher Regelung dar. Eine solche eingriffsgleiche Maßnahme liegt vor, wenn der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will. Der nachteilige Effekt darf nicht nur zufällig eintreten oder unvorhersehbare Folge des staatlichen Handelns sein (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f. und vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 29 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllt. Danach haben die streitigen Äußerungen die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung beeinträchtigt. Der Hinweis auf die drohenden strafrechtlichen Konsequenzen sei in besonderem Maße geeignet gewesen, Marktteilnehmer vom Handel mit E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids abzuhalten. Vergleichbares gelte für die Information des Ministeriums, es habe die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung unterrichtet; denn dadurch sei den Marktteilnehmern der Eindruck vermittelt worden, es sei mit einem baldigen ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen den Vertrieb der E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids zu rechnen. Damit seien die Absatzmöglichkeiten der Klägerin (und anderer Hersteller) erheblich behindert worden. Der nachteilige Effekt für den Handel und Verkauf dieser Produkte sei von dem Ministerium auch beabsichtigt gewesen (UA S. 21 ff.). Diese Annahmen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Zielsetzung und Wirkungen der Äußerungen gehört zur Tatsachenfeststellung und -würdigung, die für den Senat bindend ist. Durchgreifende Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben (§ 137 Abs. 2 VwGO).

17

Ein Rechtsfehler liegt auch nicht in der Annahme des Berufungsgerichts, durch die mediale Berichterstattung über die Äußerungen des Ministeriums sei deren verbotsähnlicher Effekt noch verstärkt worden. Bei der Bewertung der Wirkungen, die von der Presseinformation vom 16. Dezember 2011 ausgegangen sind, ist maßgeblich darauf abzuheben, wie die Äußerungen vom verständigen Durchschnittspublikum aufgenommen und verstanden worden sind (objektiver Empfängerhorizont). Dabei ist auch die Medienberichterstattung zu berücksichtigen, die zur Verbreitung der Äußerungen in besonderem Maße beigetragen hat. Die Einbeziehung der Medien als Multiplikatoren war von dem Ministerium zudem beabsichtigt; denn die Mitteilung war ausdrücklich an die Presse gerichtet. Soweit der Beklagte auf eine teilweise missverständliche Interpretation der Presseinformation in den Medien verweist, hat das Berufungsgericht dem entgegengesetzt, dass es sich um eine unerhebliche Abweichung gehandelt hat und es im Übrigen an dem Beklagten liegt, den mit einer unzutreffenden Berichterstattung verbundenen Wirkungen seines Informationshandelns erforderlichenfalls entgegenzusteuern. Dagegen ist aus Sicht des Revisionsrechts nichts zu erinnern.

18

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben den Verlautbarungen in der Pressemitteilung auch Äußerungen aus dem Erlass vom 16. Dezember 2011 Eingriffswirkung beigemessen hat. Richtig ist allerdings, dass das Ministerium die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids informieren durfte. Solches Handeln gehört zum Aufgabenkreis einer obersten Aufsichtsbehörde. Die Weitergabe von Informationen an nachgeordnete Stellen im Erlasswege ist auch keine öffentliche Informationstätigkeit, sondern vielmehr eine interne Verwaltungsmaßnahme. Dass der Erlass nachrichtlich an die Landesapothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden ist, steht dem nicht entgegen; denn sie sind in die öffentliche Aufgabe, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 AMG, § 1 Abs. 1 ApoG), nach Maßgabe der Vorschriften des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes einbezogen. Das Berufungsgericht durfte die in dem Erlass getroffenen Aussagen zur arzneimittelrechtlichen und medizinprodukterechtlichen Beurteilung der E-Zigaretten und Liquids aber gleichwohl berücksichtigen, weil das Ministerium hierauf in seiner Pressemitteilung ausdrücklich Bezug genommen und den Erlass damit zum Gegenstand seines öffentlichen Informationshandelns gemacht hat. Demzufolge bezieht sich der tenorierte Unterlassungsanspruch der Klägerin, worauf der Senat zur Klarstellung hinweist, nur auf öffentliche Äußerungen und nicht auf Mitteilungen diesen Inhalts mit rein verwaltungsinterner Zweckbestimmung.

19

bb) Der Grundrechtseingriff ist nicht gerechtfertigt, weil dem Beklagten für die Äußerungen die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) fehlt.

20

Die unmittelbar durch die Landesverfassung zugewiesene Aufgabe der Staatsleitung bietet insoweit keine hinreichende Grundlage. Erweist sich die staatliche Informationstätigkeit - wie hier - als funktionales Äquivalent eines Eingriffs, ist auch dafür eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich, weil andernfalls durch die Wahl der Handlungsform die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Grundrechtseingriff umgangen werden könnten (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerwGE 105, 279 <303>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 26 f.). Angesichts dessen braucht die in diesem Zusammenhang von den Beteiligten aufgeworfene Frage nicht beantwortet zu werden, ob für die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns, das die Äußerung von Rechtsansichten zum Gegenstand hat, auf die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung abzustellen ist und ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, die Marktteilnehmer auf die Vorläufigkeit der rechtlichen Bewertung hinzuweisen.

21

Die angegriffenen Äußerungen des Beklagten lassen sich auch nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) stützen. Zwar kann die Vorschrift dahin ausgelegt werden, dass die zuständigen Landesbehörden zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichenfalls auch befugt sind, öffentliche Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 69 AMG, Rn. 20; Delewski, in: Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 69 Rn. 6: keine Beschränkung der Handlungsformen). Die materiellen Eingriffsvoraussetzungen liegen jedoch mangels Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass nikotinhaltige Liquids im Regelfall - und so auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte - keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Ebenso scheidet § 26 Abs. 2 Satz 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) als Ermächtigungsgrundlage aus, da E-Zigaretten nicht als Medizinprodukte im Sinne von § 2 Abs. 3 oder § 3 Nr. 1 bis 3 MPG einzustufen sind.

22

(1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1) fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).

23

Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die von der Klägerin hergestellten Liquids und E-Zigaretten sowie sonstige marktübliche Erzeugnisse dieser Art nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.

24

(2) Die Produkte erfüllen auch nicht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG. Hierzu zählen alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).

25

Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.

26

Danach sind nikotinhaltige Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den marktüblichen Liquids in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber rechtsfehlerfrei zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Für die Genussmitteleigenschaft spricht, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Ein solcher therapeutischer Nutzen kommt der E-Zigarette nicht zu. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich eine Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat der Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).

27

Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG , die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist ). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).

28

§ 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).

29

Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).

30

(3) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.