Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Sept. 2016 - 3 A 94/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0913.3A94.14.0A
bei uns veröffentlicht am13.09.2016

Tenor

Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung iHv 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht‚ der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wehrt sich gegen die Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung.

2

Gegen den Kläger und seinen Vater wurde aufgrund einer Strafanzeige vom 12.11.2013 durch die Staatsanwaltschaft Lübeck ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges (§ 263 StGB) eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens hinsichtlich des Klägers ist die Beschuldigung, im Jahre 2011 einen Kaufvertrag mit dem Ehepaar … in … über ihr Grundstück abgeschlossen zu haben, ohne die Absicht gehabt zu haben, den Kaufpreis iHv 100.000,-- € zu entrichten und die Eheleute … darüber hinaus dazu gebracht zu haben, den Verzicht bezüglich der Zahlung des Kaufpreises zu erklären. Das Ermittlungsverfahren (…) wurde mit Verfügung vom 26.08.2014 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Ein Einstellungsbescheid erging an den Sohn der Eheleute … , der gegen die Einstellung Beschwerde einlegte, die durch Entscheidung des Generalstaatsanwaltes des Landes Schleswig-Holstein vom 25. Juli 2016 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass anhand der zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht nachzuweisen sei, dass der Beschuldigte bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Absicht gehabt habe, den Kaufpreis nicht zu zahlen oder eine sonstige vertragliche Verpflichtung nicht zu erbringen. Dass der Beschuldigte seine sonstigen Verpflichtungen, insbesondere die Zahlung der Leibrente nicht erfüllt habe, sei nicht sicher nachzuweisen, da entsprechende Zahlungen nach den Angaben des Sohnes des Ehepaars … jedenfalls ab September 2013 erfolgt seien und Frau … auch für die davor liegende Zeit Zahlungen bestätigt habe. Auch sei ein hinreichender Tatverdacht nicht im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 02. Dezember 2011 zu begründen, mit welcher sich das Ehepaar … gegenüber dem Beschuldigten für befriedigt bekannt und die Löschung der zur Sicherung des Kaufpreises bestellten Grundstücksschuld bewilligt habe. Zwar könne dieser Vereinbarung eine Täuschung über Tatsachen zugrundeliegen, jedoch könne aufgrund der Demenz des Ehepaares nicht sicher festgestellt werden, welche Erklärungen der Beschuldigten im Zusammenhang mit dem Abschluss dieser Vereinbarung überhaupt abgegeben habe. Die zeugenschaftliche Vernehmung der Mutter durch die Kriminalpolizei in … sei insoweit ebenso unergiebig wie die zeugenschaftliche Vernehmung in dem vor dem Landgericht A-Stadt geführten Rechtsstreit. Eine Täuschung erscheine zwar als möglich, Beweismittel durch welche eine Täuschung im Rahmen einer gerichtlichen Hauptverhandlung nachzuweisen wäre stünden jedoch nicht zur Verfügung.

3

Mit Bescheid vom 04.02.2014 wurde der Kläger zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81 b Alt. 2 StPO vorgeladen. Zur Begründung wurde auf das Ermittlungsverfahren wegen Betruges verwiesen. Es sei davon auszugehen, dass auch in Zukunft wegen ähnlicher Straftaten gegen den Kläger zu ermitteln sein werde. Insbesondere sei das Rechtsgeschäft mit dem Vater abgewickelt worden, der bereits wegen des Verdachts des Wuchers in Erscheinung getreten sei. Um gegen den Kläger ebenfalls als Tatverdächtigen ermitteln zu können, sei das Vorhandensein von Bildaufnahmen und Fingerabdrücken erforderlich.

4

Der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

5

Der Kläger hat am 16.05.2014 Klage erhoben.

6

Er macht geltend, dass in der Sache … in dem Zivilprozess vor dem Landgericht A-Stadt ein Vergleich geschlossen worden sei. Ebenso sei das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft endgültig eingestellt worden. Die Tatbestandsmerkmale des § 81b 2. Alt. StPO seien nicht erfüllt. Gegen ihn seien keine weiteren Ermittlungsverfahren anhängig, die in dem streitgegenständlichen Bescheid von der Beklagten gestellte Prognose hinsichtlich der Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung sei unzutreffend, was sich daran zeige, dass mittlerweile vier Jahre vergangen seien, ohne dass der Beschuldigte strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.

7

Der Kläger beantragt,

8

die Verfügung der Beklagten vom 04.02.2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie ist der Auffassung, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Verfügung die getroffenen Maßnahmen notwendig gewesen seien. Es hätten hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestanden, der Kläger könne künftig erneut in den Verdacht einer Straftat aus dem Bereich der Betrugsdelikte geraten, bei deren Aufklärung die erkennungsdienstlichen Unterlagen - sei es für den Kläger be- oder entlastend - förderlich sein könnten. Diese Anhaltspunkte resultierten insbesondere aus der Art der Begehungsweise der dem Kläger im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftat und der Persönlichkeit des Klägers.

12

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Parteien und dem Verwaltungsvorgang der Beklagten, der der Kammer vorgelegen hat, verwiesen.

13

Der Rechtsstreit wurde der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

15

Der Bescheid vom 04.02.2014 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2014 über die Vorladung zu erkennungsdienstlichen Behandlung ist rechtmäßig ergangen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

16

Rechtsgrundlage für die umstrittene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist § 81 b Alt. 2 StPO. Danach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.

17

Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist zunächst, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (BVerwG, Urteil vom 03.11.1955, 1 C 176.53 in juris). Hierbei ist für die Eigenschaft als Beschuldiger auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen (BVerwG, Beschluss vom 14.07.2014 - 6 B 2/14 - in juris). Ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 b Alt. 2 StPO gegenüber dem Beschuldigten getroffen worden, so wird ihre Rechtmäßigkeit nicht dadurch berührt, dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsaktes die Beschuldigten-Eigenschaft verliert (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.1982 - 1 C 29/79 - in juris).

18

Die Notwendigkeit einschlägiger Maßnahmen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen - den Betroffenen überführend oder entlastend - fördern könnten (BVerwG, Urteil vom 19.10.1982 a.a.O.). Zu berücksichtigen sind dabei alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie der Zeitraum, während dessen er strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung in diesem Sinne kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Beschuldigte erstmalig, wie hier geltend gemacht, in Erscheinung getreten ist.

19

Die vorgenannten Voraussetzungen lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vor. Die Beklagte hat zu Recht die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gegenüber dem Kläger dem Grunde und dem Umfang nach für notwendig erachtet. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung die Eigenschaft als Beschuldigter inne. Gegen den Kläger war zu diesem Zeitpunkt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges bei der Staatsanwaltschaft Lübeck anhängig. Dabei handelte es sich um die Beschuldigung, dass der Kläger einen Grundstückskaufvertrag mit den Eheleuten … eingegangen sei, ohne die Absicht der Kaufpreiszahlung iHv 100.000,-- € gehabt zu haben. Darüber hinaus soll es durch den Kläger zu einer Verzichtserklärung hinsichtlich des Kaufpreises seitens der Eheleute … gekommen sein. Bei dem seinerzeit erhobenen Tatvorwurf gegenüber dem Kläger handelt es sich um eine schwere Straftat mit einem erheblichen Schaden, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Situation alter hilfebedürftiger Menschen ausgenutzt wurde. Eine derartige Tat ist geprägt von hoher krimineller Energie und die Bereitschaft die Situation älterer der Hilfe bedürftigen Menschen zum eigenen Vorteil auszunutzen. Dem Kläger konnte eine derartige Tat nicht nachgewiesen werden. Ausweislich des Einstellungsbescheides der Staatsanwaltschaft und der Entscheidung des Generalstaatsanwaltes wurde das Strafverfahren mangels Beweises eingestellt, da eine in Betrugsabsicht erfolgte Täuschung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden könne. Weshalb es im Ergebnis zu dem möglicherweise als für den Beschuldigten A. günstig einzustufenden Rechtsgeschäft gekommen sei, sei aufgrund der mittlerweile fortgeschrittenen Demenz der Eheleute … nicht mehr aufzuklären. Den Strafvorwürfen in der Anlasstat ist ein schwerwiegendes Gewicht beizumessen aufgrund der Begehungsart und -weise und des hohen Schadens bei den potentiellen Opfern. Eine derartige Tat, auch wenn sie später dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden kann, rechtfertigt die Anordnung der vorgenannten erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch wenn der Beschuldigte nicht vorbestraft ist.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 167 Abs. 1 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Juli 2014 - 6 B 2/14

bei uns veröffentlicht am 14.07.2014

Gründe 1 Die allein auf die Grundsatzrüge gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist zulässig, aber unbegründet.

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

1

Die allein auf die Grundsatzrüge gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist zulässig, aber unbegründet.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers auf der Grundlage von § 81 b Alt. 2 StPO abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Der Kläger hält demgegenüber die Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig, zu welchem Zeitpunkt die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer vollzogenen erkennungsdienstlichen Maßnahme zu beurteilen sei, nämlich dem Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme oder dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

3

Die Grundsatzrüge ist unbegründet § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet ist. Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die mit der Grundsatzrüge angesprochene Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer vollzogenen erkennungsdienstlichen Maßnahme betrifft denkbarer Weise zwei Tatbestandsmerkmale in § 81b Alt. 2 StPO, nämlich die Stellung des Pflichtigen als "Beschuldigter" und die "Notwendigkeit" der Maßnahme.

4

Soweit es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 81b Alt. 2 StPO auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen. Grundlage einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO - die funktional keine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern eine Verwaltungsmaßnahme darstellt - ist die als Verwaltungsakt ergehende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung, durch die die gesetzliche Pflicht des Betroffenen zur Duldung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen präzisiert und die im Einzelfall konkret beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung bestimmt wird. Dies folgt aus der in § 81b Alt. 2 StPO normierten Duldungspflicht des Betroffenen als Beschuldigter eines gegen ihn gerichteten Strafverfahrens. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist daher, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (Urteil vom 3. November 1955 - BVerwG 1 C 176.53 - BVerwGE 2, 302 <303 f.>). Ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO gegenüber dem Beschuldigten getroffen worden, so wird ihre Rechtmäßigkeit - im Gegensatz zur Rechtmäßigkeit von Maßnahmen nach § 81b Alt. 1 StPO - nicht dadurch berührt, dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsakts die Beschuldigteneigenschaft verliert (Urteile vom 19. Oktober 1982 - BVerwG 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192 <195> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 201 S. 28 f. und vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 2.05 - Buchholz 306 § 81b StPO Nr. 4 S. 5).

5

Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Auch insoweit ist die Frage nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab (Urteil vom 19. Oktober 1982 a.a.O. S. 197 f. bzw. S. 31).

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.