Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0425.12D1.18.00
bei uns veröffentlicht am25.04.2018

Tenor

Dem Vollstreckungsschuldner wird die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,- Euro angedroht, weil er seiner aus dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18.12.2017 (11 A 221/17) folgenden Verpflichtung, über die Bewerbung des Vollstreckungsgläubigers erneut unter der Beachtung der Rechtsauffassung zu entscheiden, nicht nachgekommen ist.

Der Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsgeldfestsetzung abwenden, wenn er der vorstehend genannten Verpflichtung innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses nachkommt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Vollstreckungsschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag des Vollstreckungsgläubigers,

2

dem Vollstreckungsschuldner nach Maßgabe des § 172 VwGO unter Fristsetzung ein Zwangsgeld anzudrohen, nach fruchtlosem Fristablauf festzusetzen und von Amts wegen zu vollstrecken,

3

hat Erfolg.

4

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Vollstreckungsbegehren liegen vor; eine Vollstreckungsklausel ist zwischenzeitlich – unter dem 24.04.2018 - erteilt worden. Auch sonst sind Zulässigkeitsmängel nicht erkennbar.

5

Auch die materiellen Voraussetzungen für eine Vollstreckung liegen vor. Nach der Bestimmung des § 172 VwGO kann das Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis zu 10.000 € durch Beschluss androhen und nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn die Behörde u.a. im den Fall des § 113 Abs. 5 VwGO der ihr im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt.

6

So liegt es hier.

7

Der Vollstreckungsschuldner ist trotz Aufforderung des Vollstreckungsgläubigers vom 05.03.2018 nicht der im Urteil vom 18.12.2017 enthaltenden Vorgabe nachgekommen. Das Gericht hat dort im Wesentlichen in drei Punkten das in Rede stehende Auswahlverfahren beanstandet:

8

1. Der Beklagte habe die Aussagen der dienstlichen Beurteilungen im Rahmen des Leistungsvergleiches nicht beachtet.

9

2. Es liege eine fehlerhafte, weil in sich widersprüchliche Auswahl des Beigeladenen in Bezug auf den Kläger vor.

10

3. Der Auswahlvermerk messe dem im Anforderungsprofil des Ausschreibungstextes festgelegten deklaratorischen Merkmal nicht konsequent eine besondere Bedeutung bei.

11

Ausgehend davon hat das Gericht den Vollstreckungsschuldner zur Neubescheidung über die Bewerbung des Vollstreckungsgläubigers verpflichtet.

12

Dieser Rechtsauffassung ist der Vollstreckungsschuldner nicht gefolgt. Er hat stattdessen das Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen (s. Schreiben vom 02.03.2018) und sich damit seiner auferlegten Pflicht entzogen. Damit stellt der Vollstreckungsschuldner seine eigene Bewertung gegen die des Verwaltungsgerichts. Er verstößt somit gegen die Vorschrift des § 121 Nr. 1 VwGO. Nach dieser Bestimmung binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden ist. Die so geregelte materielle Rechtskraft umfasst im Falle des Bescheidungsurteils nicht nur die Verpflichtung der Behörde zur Neubescheidung überhaupt, sondern auch die „Rechtsauffassung des Gerichts“, so wie sie in den Entscheidungsgründen des Bescheidungsurteils niedergelegt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 1994 – 3 C 30/93 -, Juris, Rn. 31). Die Rechtsauffassung des Gerichts ist damit für den Vollstreckungsschuldner maßgeblich. Er hat deswegen seiner Neubescheidung die Umstände des bisherigen Auswahlverfahrens zugrunde zu legen und diese bei seiner Entscheidung im Weiteren zu berücksichtigen.

13

Der Abbruch des Verfahrens war auch nicht rechtmäßig; er entbehrt einer sachlichen Grundlage, so dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Vollstreckungsgläubigers nicht untergegangen ist.

14

Nach den Bestimmungen des § 9 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) dürfen öffentliche Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Dies gilt entsprechend bei (bloßen) Dienstpostenbesetzungen, wenn der Dienstherr – wie hier – die Auswahl nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG vornimmt. Dabei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des angestrebten Amtes/Dienstpostens genügt und sich darin voraussichtlich bewähren wird. Jeder Bewerber hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen.

15

Der Bewerbungsverfahrensanspruch erlischt, wenn ein Mitbewerber rechtsbeständig ernannt worden und das Auswahlverfahren damit abgeschlossen ist. Es erlischt ferner, wenn sich das Auswahlverfahren erledigt, weil die Ämtervergabe nicht mehr stattfinden soll. Die in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Grundsätze sind auf eine Auswahlentscheidung bezogen. Dementsprechend ist der Bewerbungsverfahrensanspruch auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren gerichtet und besteht grundsätzlich nur, wenn eine Ernennung oder – wie hier – eine Dienstpostenvergabe vorgenommen werden soll. Entfällt der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung, weil die Stelle nicht mehr zu Verfügung steht oder weil sich der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt entschieden hat, das ausgeschriebene Amt /den Dienstposten so nicht zu vergeben, wird das hierauf bezogene Auswahlverfahren gegenstandslos (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.2014 - 2 A 3.13 - Juris Rn. 16). Das Bewerbungsverfahren kann schließlich auch durch einen wirksamen Abbruch beendet werden, wenn der Dienstherr die Stelle zwar weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält. Wirksam ist diese Entscheidung indes nur, wenn sie rechtmäßig ist (BVerwG, Urteil vom 03.12.2014 a.a.O). Der Abbruch kommt vor allem in Betracht, um auf Verstöße gegen Art. 33 Abs. 2 GG im Auswahlverfahren oder bei der Auswahlentscheidung zu reagieren. Erkennt der Dienstherr, dass das Verfahren fehlerbehaftet ist, darf er abbrechen. Es kann nicht von ihm verlangt werden, „sehenden Auges“ eine Auswahlentscheidung zu treffen oder aufrecht zu erhalten, die nach eigener Erkenntnis gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt. Allerdings müssen die neuen Erkenntnisse vertretbar sein, wobei Maßstab der Stand der Rechtsprechung ist. Allgemein anerkannt ist die Berechtigung zum Abbruch, wenn die Auswahlentscheidung von einem Verwaltungsgericht durch Erlass einer einstweiligen Anordnung beanstandet worden ist, die die Ernennung oder die Dienstpostenvergabe an den ausgewählten Bewerbers verbietet. Daraus kann der Dienstherr regelmäßig den Schluss ziehen, seine bisherige Verfahrensweise begegne erheblichen Zweifel im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG. In einer solchen Situation kann das bisherige Verfahren beendet werden, damit in einem anschließenden neuen Verfahren (ggf. unter Einbeziehung eines aktualisierten Bewerberkreises) eine Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 a.a.O). Er kann aber auch nach pflichtgemäßem Ermessen das vom Verwaltungsgericht als fehlerhaft angesehene Auswahlverfahren ab dem festgestellten Fehler fortsetzen, um den Fehler zu beheben und das Verfahren zeitnah abzuschließen (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 01.07.2015 - 2 B 10497/15 - Juris Rn. 14 m.w.N.).

16

Nach Auffassung der Kammer hat sich aufgrund der vorliegenden besonderen Konstellation das Ermessen des Vollstreckungsschuldners darauf reduziert, dass er das Verfahren nicht abbrechen durfte, sondern unter Beachtung und Vermeidung der vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18.12.2017 festgestellten Mängel fortzuführen und damit der ihm im Urteil auferlegten Verpflichtung nachzukommen hatte. Dem Vollstreckungsschuldner ist nämlich durch ein Gericht nicht nur im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens wegen Fehlern im Verfahren untersagt worden, die Stelle mit dem ausgewählten Bewerber zu besetzten, sondern es ist ihm durch Urteil aufgegeben worden, über die Bewerbung des Vollstreckungsgläubigers erneut (unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts) zu entscheiden. Während im Anordnungsverfahren im Wege der Sicherungsanordnung grundsätzlich die Stellenbesetzung mit dem Mitbewerber (vorläufig) nur verhindert wird, wird dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Vollstreckungsgläubigers (im Rahmen des alten Verfahrens) durch die vom Gericht im Hauptsacheverfahren ausgeurteilte Neubescheidung entsprochen. Es heißt nämlich dort ausdrücklich, dass über die „… Bewerbung des Klägers erneut zu entscheiden…“ (ist). Der Vollstreckungsgläubiger hat insofern bereits eine gewisse Rechtsposition erreicht, die ihm durch den vollständigen Abbruch des Verfahrens so ohne weiteres nicht wieder entzogen werden kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Dienstherr die Stelle erneut ausschreiben will (s. Schreiben des Vollstreckungsgläubiger vom 02.03.2018). Infolgedessen gebietet es der gerichtliche Tenor, unter Einbeziehung des bisherigen Bewerberkreises, insbesondere des Vollstreckungsgläubigers und des im Rechtsstreit bisher Beigeladenen, eine neue Auswahlentscheidung zu treffen, ohne das Verfahren komplett abzubrechen und ein ganz neues Auswahlverfahren zu beginnen. Der Vollstreckungsgläubiger kann aufgrund des Urteils mehr verlangen, als er in einem einstweiligen Anordnungsverfahren hätte erreichen können. Andernfalls, d.h. bei einem vollständigen Abbruch des Verfahrens, wäre er um die Früchte seines Erfolges gebracht. Dies wird besonders dann deutlich, wenn er sich nicht auf eine Neuausschreibung (nach einem Abbruch) bewerben würde. Dann wäre das von ihm erwirkte Urteil aufgrund des Abbruchs für ihn nutzlos. Insofern ist der vorliegende Fall nicht mit den in der Rechtsprechung bisher entschiedenen bzw. in Bezug genommenen Fallgestaltungen betreffend den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens vergleichbar.

17

Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens ist auch nicht rechtsbeständig geworden. Das wäre nur dann der Fall, wenn kein Bewerber innerhalb angemessener Zeit (zwei Wochen) nach Mitteilung der Abbruchentscheidung Rechtsschutz zur Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens beantragt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 – 2 C 6.11 - Juris Rn. 12).

18

Der Vollstreckungsgläubiger hat mit der Stellung seines Antrages auf Fortsetzung am 15.03.2018 auf die Mitteilung des Vollstreckungsschuldners vom 02.03.2018, dass das bisherige Stellenbesetzungsverfahrens beendet werde, reagiert.

19

Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist mit 5.000.- Euro angemessen, aber auch erforderlich.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m Satz 2 der Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs (Hälfte des angedrohten Zwangsgeldes).


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 172


Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Apr. 2018 - 12 D 1/18 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 01. Juli 2015 - 2 B 10497/15

bei uns veröffentlicht am 01.07.2015

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. April 2015 wird der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens beider...

Referenzen

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. April 2015 wird der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25.514,40 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizamtfrauen und -männer im Bereich des Oberlandesgerichts Zweibrücken zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 ausgeschriebenen 1,9 Stellen der Besoldungsgruppe A 12 Landesbesoldungsordnung - LBesO - zu sichern sucht, ablehnen müssen. Denn der Antragsteller hat hierfür zwar einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

2

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der ausgeschriebenen Beförderungsstellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, Art. 19 Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV - und § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt.

3

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die vorläufige Verhinderung der Beförderung der Beigeladenen nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil einige der sich hierbei stellenden Fragen im Hauptsacheverfahren zu klären wären. Zwar entspricht es der verwaltungsgerichtlichen Praxis, im Rahmen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes tatsächliche Fragen, die zwischen den Beteiligten umstritten sind, in der Regel offen zu lassen und diese später in einem sich anschließenden Hauptsacheverfahren, ggf. mit einer dann erforderlichen Beweisaufnahme, zu klären. Auftretende Rechtsfragen unterfallen einer solchen „summarischen“ Prüfung jedoch regelmäßig nicht. Diese sind vielmehr auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aus Gründen der Rechtschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 124 LV) vollständig und umfassend zu beantworten.

4

Dieser allgemeine verwaltungsprozessuale Grundsatz gilt in umso stärkerem Maße für beamtenrechtliche Beförderungseilverfahren. Mit der vom Bundesverwaltungsgericht zwischenzeitlich mehrfach bekräftigten Rechtsprechung, nach der diese Verfahren wegen der mit einer Beförderung verbundenen Ämterstabilität die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241 und vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20 [23 f.], so auch BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, NVwZ 2004, 95;) steht es nicht in Einklang, sich hier stellende Rechtsfragen offen zu lassen. Nicht zuletzt ist dies auch die Rechtfertigung für die im Vergleich zu früher relativ hohen Streitwerte in beamtenrechtlichen Beförderungseilverfahren, die das Bundesverwaltungsgericht und – ihm folgend – der erkennende Senat festsetzt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 -, juris Rn. 40, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 145, 112 ff.; und vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, Rn. 58, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 147, 20 ff.; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13.OVG -, AS 42, 108 ff. und juris, dort Rn. 14 ff.).

5

2. Die danach inhaltlich zumindest in rechtlicher Hinsicht umfassend zu überprüfende Neuauswahl der Bewerber um die ausgeschriebenen Beförderungsstellen, die wegen des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 25. Juni 2014 (1 L 419/14.NW) und des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2014 (2 B 10624/14.OVG,juris) erforderlich wurde, führt zur Ablehnung des vom Antragsteller beanspruchten Eilrechtsschutzes.

6

a) Zu bewerten ist hierbei allein der Besetzungsbericht des Antragsgegners vom 16. Dezember 2014, nicht dagegen dessen frühere Entscheidung vom 6. März 2014. Dass die zweite Besetzungsentscheidung erst aufgrund des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2014 ergangen ist, mit dem die frühere Auswahl unter den Beförderungsbewerbern als rechtswidrig angesehen und der Antragsgegner deshalb eine neue Entscheidung treffen musste, ist unerheblich.

7

b) Für die Beantwortung der zwischen den Beteiligten umstrittenen und von der Vorinstanz offen gelassenen Frage, ob es auf den Zeitpunkt der ursprünglichen oder der neuen Besetzungsentscheidung des Antragsgegners vom 16. Dezember 2014 ankommt, ist von Folgendem auszugehen:

8

Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage stets aus dem materiellen Recht. Diesem sind nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermächtigungsgrundlage (Anfechtungssituation) oder eines Anspruchs selbst (Verpflichtungssituation), sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 2 C 45.03 -, BVerwGE 121, 140 [143]). Dies gilt insbesondere bei Verpflichtungs- und Bescheidungsbegehren (BVerwG, Urteil vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 -, BVerwGE 128, 329 [334]).

9

Danach gilt, dass zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 – 1 WB 59.10 –, juris).

10

Auch wenn in der älteren Rechtsprechung teilweise nur auf die Sach- und Rechtslage abgestellt wurde, die für die Beförderungsaktion maßgeblich war und es danach nur darauf ankam, ob der in der Beförderungskonkurrenz unterlegene Beamte bei einem Leistungsvergleich aller Bewerber anhand der damals aktuellen dienstlichen Beurteilungen befördert worden wäre (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147, [154]), geht die neuere Rechtsprechung nunmehr davon aus, dass für die gerichtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der hier vorliegenden Konstellation der Anfechtung einer Auswahlentscheidung, verbunden mit dem Verpflichtungsantrag, über die Besetzung des Dienstpostens im Hauptsacheverfahren neu zu entscheiden, der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (so BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 39.07 -, BVerwGE 133, 1, [2]).

11

Aus dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zu folgern, dass grundsätzlich zwischen der Anfechtung der ursprünglichen Auswahlentscheidung und dem damit zugleich geltend gemachten Anspruch auf Beförderung zu unterscheiden ist. Das führt wiederum zu folgenden Maßgaben:

12

Hinsichtlich des erstgenannten Verfahrensgegenstandes (die Anfechtungssituation) ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung entscheidend. Damit allein ist dem in einer beamtenrechtlichen Konkurrenzsituation unterlegenen Bewerber jedoch nicht gedient; sein Rechtsschutzbegehren zielt im Ergebnis darauf ab, befördert zu werden. Deshalb kommt es – im Gegensatz zu dieser Anfechtungssituation – für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf das Verpflichtungsbegehren (wie bei allen Bescheidungsbegehren) auf den Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung bzw., wenn diese – wie in Eilverfahren in der Regel – in Gestalt des Widerspruchsbescheids noch nicht vorliegt, auf den Zeitpunkt der letztinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen (Beschwerde-)Entscheidung an.

13

Für das hier zu entscheidende Beschwerdeverfahren folgt daraus: Das gesamte Bewerberfeld ist einzubeziehen, nicht nur der Antragsteller und die im ersten Konkurrentenstreitverfahren beigeladenen Mitbewerber. Es besteht nämlich insoweit gerade kein Vertrauensschutz des im ersten Durchlauf obsiegenden Antragstellers. Es ist auch nichts für die Annahme ersichtlich, die im Besetzungsbericht des ersten Durchgangs aufgeführten Konkurrenten würden an ihrer Bewerbung jetzt nicht mehr festhalten. Die Bestandskraft der Negativmitteilungen steht dem nicht entgegen, da es sich vorliegend um eine neue Entscheidung mit neuen Auswahlkriterien handelt.

14

c) Darüber hinaus hat der Antragsgegner nach Erhalt der Beschwerdeentscheidung des Senats einen zureichenden sachlichen Grund für den Abbruch und die anschließende Fortsetzung des Auswahlverfahrens sehen dürfen. Denn nach der verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stellt es ohne Weiteres eine sachlichen Grund für den Abbruch eines beamtenrechtlichen Auswahlverfahrens dar, wenn ein Verwaltungsgericht die ursprüngliche Auswahlentscheidung als rechtswidrig angesehen und deswegen die Ernennung des Auswahlsiegers vorläufig untersagt hat (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 -, IÖD 2012, 38; BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012, - 2 A 7.09 -, BVerwGE 141, 361 [368]; vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, BVerwGE 145, 185 [189] und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 -, IÖD 2015, 98). Anhaltspunkte für die Annahme, der Antragsgegner habe das Auswahlverfahren gezielt zur Vereitelung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers oder aus anderen unsachlichen Gründen abgebrochen, bestehen bei der hier vorliegenden Konstellation nicht.

15

Hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise besteht für den Dienstherr ein Wahlrecht: Er kann entweder die Stelle(n) neu ausschreiben und anschließend das gesamte Auswahlverfahren neu durchführen. Er kann aber auch nach pflichtgemäßem Ermessen das vom Verwaltungsgericht als fehlerhaft angesehene Auswahlverfahren ab dem festgestellten Fehler fortsetzen, um diesen zu beheben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, IÖD 2012, 4; OVG RP, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11.OVG -, DÖD 2012, 133). Die Fortsetzung des ursprünglichen Beförderungsverfahrens zur Fehlerbehebung ohne Neuausschreibung war mithin zulässig.

16

d) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Antragstellers durften bei der Fortführung der ursprünglichen Auswahlverfahren grundsätzlich alle bereits vorhandenen Bewerber in die neue Beförderungsentscheidung einbezogen werden. Denn der Senat hat die ursprüngliche Beförderungsentscheidung nicht nur teilweise, sondern insgesamt, und zwar hinsichtlich aller Bewerber, als fehlerhaft angesehen. Bei dieser Sachlage war es nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten, für die Vergabe der Beförderungsstellen eine vollständig neue Auswahlentscheidung zu treffen. Dass sich hierbei die neue Auswahl nicht nur auf diejenigen Bewerber zu beschränken hat, die sich selbst gegen die ursprünglich vorgesehenen Beförderungen zur Wehr gesetzt haben, ist nicht nur sachgerecht, sondern zwingend.

17

Bei einer anderen Sichtweise würde der vom Bundesverwaltungsgericht und dem Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellte Kausalitätsgrundsatz ausgehebelt. Dieser besagt, dass der in einer Beförderungskonkurrenz unterlegene Beamte verwaltungsgerichtlichen Eilrechtschutz zur Verhinderung von grundsätzlich nicht mehr rückgängig zu machenden Rechtsnachteilen nur dann erfolgreich geltend machen kann, wenn – erstens – die Auswahlentscheidung fehlerhaft ist und er – zweitens – bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlvorgangs zu berücksichtigen wäre. Vor allem bei Massenbeförderungen der vorliegenden Art haben deshalb die Verwaltungsgerichte stets auch zu untersuchen, ob im Fall der rechtswidrigen Berücksichtigung eines leistungsschwächeren Bewerber statt des jeweiligen Antragstellers möglicherweise ein anderer (im Besetzungsvorgang zulässigerweise in die Bewerberkohorte aufgenommener) Mitbewerber auszuwählen wäre. Dies schließt es notwendigerweise ein, diese Beamten nach einem abgebrochenen und neu durchgeführten Auswahlverfahren durch den Dienstherrn einzubeziehen.

18

Bei dieser neuen Auswahlentscheidung durfte mithin die Beigeladene berücksichtigt werden, auch wenn sie gegen die erste Auswahlentscheidung keine Rechtsmittel eingelegt hatte. Denn durch die vollständige Auswechslung der Auswahlkriterien hat der Antragsgegner für seine Auswahlentscheidung ein neues Verfahren in Gang gesetzt, bei dem sämtliche der früheren Bewerber einzubeziehen waren. Auch dies ergibt sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Diese lautet:

19

„Kommt die Behörde zutreffend zu der Erkenntnis, dass das bisherige Verfahren nicht die Auswahl des für den Dienstposten am besten geeigneten Kandidaten sicherstellt, kann sie das Verfahren abbrechen. Der Aufgabe des Auswahlverfahrens entspricht es gerade, das bisherige Verfahren möglichst rasch zu beenden, um in einem anschließenden Verfahren aufgrund eines aktualisierten Bewerberkreises eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung treffen zu können. Schützenswerte Rechte der Bewerber werden durch diesen Abbruch nicht berührt. Das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenplanstellen ist vorrangig“ (BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 - 2 A 2.09 -, NVwZ 2011, 1528).

20

Dem Senat ist dabei bewusst, dass mit der vollständigen Einbeziehung des ursprünglichen Bewerberkreises der in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren obsiegende Bewerber je nach Sichtweise möglicherweise um den „Ertrag“ seiner im ersten Eilverfahren erstrittenen Rechtsposition gebracht werden kann. Unterstellt, dies läge vor, so wäre es aus verfassungsrechtlicher Sicht hinzunehmen. Der Senat sieht insofern, wie das Bundesverwaltungsgericht in der vorstehenden Entscheidung vom 31. März 2011, das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenplanstellen als vorrangig an. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde ist erfolglos geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat zu der sich im damaligen Verfahren gleichfalls stellenden Frage des „Bestandsschutzes“ ausgeführt:

21

„Hierdurch ist der Beschwerdeführer aber nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht, indem es angenommen hat, dass der Schadensersatzanspruch nicht besteht, wenn das Bewerbungsverfahren aufgrund der Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung abgebrochen wird, die richterrechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise näher ausgestaltet und konkretisiert, ohne dass hierdurch der Bewerbungsverfahrensanspruch in unzulässiger Weise entwertet würde. Diesem käme zwar ein noch höheres Sanktionspotential zu, ließe der durch eine rechtswidrige Auswahlentscheidung ausgelöste Schadensersatzanspruch sich nicht durch den Abbruch des Verfahrens ausschließen. Verfassungsrechtlich geboten ist dies jedoch nicht“ (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03. Juli 2013 - 2 BvR 1541/11 -, IÖD 2013, 218 und juris, dort Rn. 4).

22

Wenn somit auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts der Abbruch des Auswahlverfahrens und die anschließende Stellenvergabe auf einen anderen Bewerber keine schützenswerte Rechte des obsiegenden Antragstellers in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren entgegenstehen, so muss dies in umso stärkerem Maße in einem Fall gelten, in dem – wie hier – nicht neue Bewerber in das wiederholte bzw. neu durchgeführte Auswahlverfahren einbezogen, sondern lediglich das ursprüngliche Bewerberfeld beibehalten wurde. Jedenfalls bei einer solchen Verfahrenssituation ist kein Missbrauch erkennbar.

23

3. Die am 16. Dezember 2014 wiederholte Auswahlentscheidung zur Besetzung der zum 18. Mai 2014 ausgeschriebenen Beförderungsstellen hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Vor allem bei den (hier vorliegenden) Massenbeförderungen im Rahmen der sog. Topfwirtschaft mit „gebündelten“ Dienstposten sind Beförderungsentscheidungen auf der Grundlage der Ergebnisse der über die Bewerber erstellten dienstlichen Beurteilungen zu treffen. Nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und § 9 BeamtStG haben Bewerber um eine Beförderungsstelle einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen. Diesen kommt deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 - 2 VR 1.14 -, IÖD 2015, 38; stRspr).

24

Diesen beamtenrechtlichen Grundsatz hat der Antragsgegner beachtet, als er seiner Auswahlentscheidung die über die Bewerber erstellten dienstlichen Beurteilungen zugrunde gelegt und bei der Heranziehung ihrer Ergebnisse einen Leistungs- und Eignungsvorsprung der Beigeladenen festgestellt hat, der ihre Beförderung rechtfertigt. Denn die Leistungen dieser Beamtin sind mit der Gesamtnote „2.2“ (= obere Grenze der Notenstufe „Übertrifft die Anforderungen“) und damit um eine Zwischennote besser als die des Antragstellers (nur „2.3“ = mittlerer Bereich dieser Notenstufe) beurteilt worden. Da den Zwischennoten bei Beurteilungen von Beamten des zweiten und dritten Einstiegsamtes im Personalbereich der Rechtspflege in Rheinland-Pfalz nach der Rechtsprechung des Senats der Charakter einer Notenstufe zukommt (vgl. Beschlüsse vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, ZBR 2014, 57; und vom 14. Oktober 2014, a. a. O.), ist die Beigeladene für die Übertragung der ausgeschrieben Beförderungsstelle ohne jeden Rechtsfehler ausgewählt worden.

25

Es ist vorliegend auch kein Anhalt für die Annahme ersichtlich, für die Beigeladene habe keine dienstliche Beurteilung erstellt werden dürfen. Ein solcher Einwand kann in einem laufenden Konkurrenteneilverfahren allenfalls mit dem Argument eingeführt werde, diese Beurteilung sei offenkundig nicht in Einklang mit den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben zustande gekommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1970 - 2 C 8/78 -, BVerwGE 60, 245 [246]; OVG RP, Urteil vom 28. November 2008 - 2 A 11028/08.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP, sowie Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12 -, juris, stRspr). Das macht hier der Antragsteller geltend, in dem er – wie die Vorinstanz – auf den relativ kurzen Zeitraum zwischen der aktuellen und der davor liegenden dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen abstellt. Zutreffend ist insoweit, dass nach der hierbei maßgeblichen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007 (MinBl. S. 279 ff.) - BeurteilungsVV - eine Anlassbeurteilung wegen der (bei der Beigeladenen angenommenen) erheblichen Leistungssteigerung grundsätzlich nur dann erstellt werden soll, wenn diese mindestens zwei Jahre angedauert hat (Nr. 2.1.4 BeurteilungsVV). Ein solcher Beurteilungsanlass ist hier jedoch gegeben, weil bereits die letzte (Bezugnahme-)Beurteilung der Beigeladenden schlüssig und nachvollziehbar ihre langjährige Leistungssteigerung bescheinigt. Zwar führte dies nicht zu der Verbesserung des Gesamturteils. Aus dem textlichen Teil der Bezugnahmebeurteilung vom 18. Januar 2013 wird jedoch für jeden unbefangenen Leser deutlich, dass die Beigeladene schon auf der Grenze zur nächsthöheren Note lag. Dann ist es aber auch nur konsequent, wenn in der nächstfolgenden Beurteilung die sich bereits Anfang 2013 andeutende Leistungssteigerung auch vollzogen wird. Insbesondere wegen der Ausgestaltung von 2.1.4 BeurteilungsVV als „Soll-Vorschrift“ lag bei dieser Sachlage ein Beurteilungsanlass, da die Verbesserung der Leistungen der Beigeladenen ihre neue Beurteilung rechtfertigten.

26

4. Unabhängig davon hat der Eilantrag des Antragstellers noch aus einem anderen Grund keinen Erfolg. Da bei insgesamt lediglich 1,9 zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen eine volle Stelle, wie mit Beschluss vom heutigen Tag (2 B 10498/15.OVG) entschieden wurde, zu Recht für die dortige Beigeladene vorgesehen ist, verbleibt nur noch ein Stellenanteil von 0,9 und damit keine Vollzeitstelle mehr. Da der Antragssteller indessen eine volle Stelle hat, wäre eine Beförderung für ihn nur noch dann möglich, wenn er mit seiner Bewerbung zugleich seine Bereitschaft erklärt hätte, seine Arbeitszeit in dem entsprechenden Umfang zu reduzieren. Da er dies nicht erklärt hat, kann er nicht erfolgreich verlangen, an Stelle der (nur mit einem Arbeitskraftanteil von 0,75 beschäftigten) Beigeladenen befördert zu werden.

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem unterlegenen Antragsteller gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese hat weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren Anträge gestellt und sich somit selbst im Fall des Unterliegens keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

28

IV. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 6 Gerichtskostengesetz - GKG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2082). Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 12 LBesO (in der – hier maßgeblichen – Endstufe monatlich 4.169,00 Euro) zzgl. der allgemeinen Stellenzulage nach Nr. 12 der Vorbemerkungen zur Landesbesoldungsordnung (monatlich 83,40 €) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (vgl. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren. Eine weitere Halbierung nach den Empfehlungen von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169) erfolgt mit Blick auf die Funktion des Eilverfahrens, das hier diejenige des Hauptsacheverfahrens übernimmt, nicht (BVerwG, Beschlüsse vom 22. November 2012 und 20. Juni 2013, jeweils a.a.O.; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 25. August 2014 - 5 ME 116/14 -, NVwZ-RR 2014, 941).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.